Anforderungen an eine
Vertragsübernahme bzw. einen Schuldbeitritt bei Zahlung des Auftraggebers an
einen Subunternehmer; kein Anspruch des Subunternehmers gegen den
Auftraggeber aus Bereicherungsrecht oder Geschäftsführung ohne Auftrag
(„Auch fremdes Geschäft“)
BGH, Urteil vom 15. April 2004 - VII ZR
212/03
Fundstelle:
NJW-RR 2004, 956
Zentrale Probleme:
s. die Anm. zu BGH, Urteil vom 21. Oktober 2003 -
X ZR 66/01. Zur Rolle der GoA bei der Leistung auf nichtige Verträge s.
die Anm. zu
BGH NJW 2000, 1560
sowie
BGH NJW 2003, 3193.
S. auch BGH v. 28.6.2011 - VI ZR 184/10.
Amtl. Leitsatz:
Ein Unternehmer, der unter
umfassender Regelung seines Werklohns von einem Generalunternehmer mit
Bauleistungen beauftragt wird, hat gegen den Auftraggeber des
Generalunternehmers, dem die Bauleistungen zugute kommen, keinen
Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt Vergütung für Bauleistungen.
Die Beklagten zu 1-3, handelnd als Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(Beklagte zu 4), beauftragten die O.-GmbH als Generalunternehmerin mit
Bauleistungen an zuvor von ihnen erworbenen Gebäuden. An der O.-GmbH ist die
Beklagte zu 1 als Gesellschafterin beteiligt, der Beklagte zu 3 war dies bis
zum 8. November 1999. Die O.-GmbH übertrug im Juni 1999 der Klägerin Dämm-
und Malerarbeiten. Die Klägerin erstellte acht Abschlagsrechnungen, die sie
an die Beklagte zu 4 adressierte. Nach ihrem Vortrag geschah dies auf eine
nach der zweiten Abschlagsrechnung geäußerte Bitte des Beklagten zu 3. Die
ersten beiden Abschlagsrechnungen wurden von der O.-GmbH bezahlt, die
restlichen von der Beklagten zu 4. Die Arbeiten der Klägerin wurden am 19.
Januar 2000 von der O.-GmbH abgenommen. Neben Vertretern der
Bauvertragsparteien war auch der Beklagte zu 2 anwesend. Er unterschrieb
ebenfalls das Abnahmeprotokoll, nach dem Vortrag der Klägerin als
Auftraggeber. Die Schlußrechnung der Klägerin vom 20. Januar 2000 wies eine
Restwerklohnforderung von 94.750,27 DM (= 48.090,72 €) aus. Sie wurde von
der O.-GmbH nicht beglichen. Am 1. September 2000 wurde über deren Vermögen
das Insolvenzverfahren eröffnet.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 48.090,72 € gerichtete Klage
abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Die Klägerin
verfolgt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ihren Anspruch
weiter. Sie hat die zunächst gegen alle Beklagten eingelegte Revision
hinsichtlich der Beklagten zu 1 und 3 zurückgenommen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision
hat keinen Erfolg.
Die Beurteilung richtet sich nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zum
31. Dezember 2001 geltenden Fassung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
I. Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stünden Ansprüche weder aus
Vertrag noch aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis zu.
Eine Vertragsübernahme scheitere schon daran, daß die Klägerin zu der
erforderlichen Zustimmung der O.-GmbH nichts vorgetragen habe. Die
Umstände belegten auch keinen Schuldbeitritt. Nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme stehe ferner nicht fest, daß der Beklagte zu 2 am Ende des
Abnahmetermins eine rechtlich verbindliche Erklärung dahin abgegeben habe,
daß er oder die Beklagte zu 4 neben der O.-GmbH für die Werklohnforderungen
der Klägerin einstehen wollten. Ein Schuldbeitritt sei auch nicht darin zu
sehen, daß der Beklagte zu 2 nach dem Vortrag der Klägerin bei einem mit dem
Geschäftsführer der Klägerin geführten Telefonat erklärt habe, er werde sich
für die Zahlung einsetzen und sich vergleichen.
Die Klägerin könne ihren Anspruch nicht auf Geschäftsführung ohne Auftrag
stützen. Handele es sich bei den Werkleistungen um ein eigenes Geschäft der
Klägerin, fehle es an dem nach außen in Erscheinung getretenen Willen, das
Geschäft auch für die Beklagten zu führen. Die Adressierung der Rechnungen
an die Beklagte zu 4 reiche hierfür nicht aus. Handele es sich um ein auch
fremdes Geschäft, würde die Zulassung von Aufwendungsersatzansprüchen aus
Geschäftsführung ohne Auftrag die im Gefüge der Vertragsrechtsordnung
angelegte und auf die Privatautonomie zurückzuführende Risikoverteilung
unterlaufen und sei daher jedenfalls innerhalb intakter vertraglicher
Leistungsbeziehungen abzulehnen. Ansprüche aus ungerechtfertigter
Bereicherung schieden wegen Vorrangs der Leistungskondiktion aus.
Die Revision werde im Hinblick auf die entgegenstehende Entscheidung des
Oberlandesgerichts Brandenburg vom 8. März 2001 - 12 U 107/00 zur Klärung
der Frage zugelassen, ob im Rahmen bauvertraglicher Rechtsverhältnisse
Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag zwischen dem Bauherrn und dem
Subunternehmer bestehen können, weil letzterer Rechnungen anstatt an den
Hauptunternehmer an den Bauherrn adressiert.
II. Die Revision ist nicht begründet.
1. Der Senat hat die Verfahrensrügen geprüft und nicht für durchgreifend
erachtet; von einer Begründung wird abgesehen, § 564 ZPO.
2. Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht vertragliche Ansprüche
der Klägerin.
a) Dem Sachvortrag der Klägerin läßt sich der Abschluß eines eigenständigen
Werkvertrages zwischen der Klägerin und den Beklagten zusätzlich zu den
bereits bestehenden Verträgen zwischen den Beklagten und der O.-GmbH
einerseits sowie der O.-GmbH und der Klägerin andererseits nicht entnehmen.
Die Klägerin leitet einen Vertragsschluß daraus ab, daß der Beklagte zu 3
gebeten habe, die Abschlagsrechnungen an die Beklagte zu 4 zu adressieren,
dies geschehen sei, die Beklagte zu 4 weitgehend gezahlt habe und der
Beklagte zu 2 das Abnahmeprotokoll als Auftraggeber unterschrieben habe. Aus
diesen Umständen allein ergeben sich die für den Abschluß eines Vertrages
erforderlichen gegenseitigen rechtsverbindlichen Willenserklärungen nicht.
Unerheblich ist insbesondere, daß auch der Beklagte zu 2 das
Abnahmeprotokoll unterschrieben hat. Die Beklagten waren Auftraggeber der
O.-GmbH.
b) Die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen belegen auch eine
Übernahme des zwischen ihr und der O.-GmbH geschlossenen Werkvertrags oder
einen Beitritt zu diesem Vertrag durch die Beklagten nicht. Zudem fehlt,
worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist, Vortrag der Klägerin zu der
erforderlichen Zustimmung der O.-GmbH.
c) Das Berufungsgericht hat den von ihm unterstellten Wunsch des Beklagten
zu 3, die Abschlagsrechnungen an die Beklagte zu 4 zu adressieren, zu Recht
nicht als Schuldbeitritt gewertet. Seine tatrichterliche Würdigung ist nicht
zu beanstanden. Gleiches gilt, soweit das Berufungsgericht aus den
behaupteten Erklärungen der Beklagten zu 2 und 3 nicht auf einen
Schuldbeitritt geschlossen hat. Revisionsrechtlich relevante Fehler zeigt
die Revision nicht auf. Das Berufungsgericht hat insbesondere das Interesse
der Klägerin an der Sicherung ihrer Forderung und das Interesse der
Beklagten an einer Fortsetzung der Werkleistung nicht verkannt. Der
Entscheidung des Senats vom 19. Mai 1994 - VII ZR 124/93, BauR 1994, 624 =
ZfBR 1994, 210, auf die sich die Revision beruft, lag ein anderer
Sachverhalt zugrunde.
3. Aufwendungsersatzansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683,
670 BGB) stehen der Klägerin nicht zu. Eine Inanspruchnahme des
"Geschäftsherrn" kommt dann nicht in Betracht, wenn die Verpflichtung des
"Geschäftsführers" auf einem mit einem Dritten wirksam geschlossenen Vertrag
beruht, der Rechte und Pflichten des "Geschäftsführers" und insbesondere die
Entgeltfrage umfassend regelt. Eine solche umfassende Regelung der
Entgeltfrage innerhalb der wirksamen Vertragsbeziehung ist hinsichtlich des
Ausgleichs für die jeweils erbrachten Leistungen auch im Verhältnis zu
Dritten grundsätzlich abschließend. Den Rückgriff auf
Aufwendungsersatzansprüche verwehrt der aus der Parteiautonomie folgende
Vorrang der vertraglichen Rechte gegenüber dem Ausgleich der aus der
erbrachten Leistung resultierenden Vorteile Dritter, die außerhalb des
Vertrags stehen. Mit der vereinbarten Vergütung erhält der Vertragspartner
die Bezahlung, die er nach der Privatrechtsordnung erwarten kann. Die
spätere Insolvenz des Vertragspartners ändert hieran nichts (BGH,
Urteil vom 21. Oktober 2003 - X ZR 66/01, BauR 2004, 333, 336). In dem
zwischen der Klägerin und der O.-GmbH geschlossenen Bauvertrag ist die
Entgeltfrage umfassend geregelt. Als Vergütung war ein Pauschalbetrag von
412.551,74 DM vereinbart. Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten aus
Geschäftsführung ohne Auftrag scheiden damit aus.
4. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung stehen der Klägerin nicht
zu.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 269 Abs
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