Beginn der
Widerrufsfrist bei Haustürgeschäften (§§§ 312, 355 BGB) mit Abgabe der
Willenserklärung des Verbrauchers unabhängig vom Zeitpunkt des
Vertragsschlusses
BGH, Urteil vom 23.
September 2010 - VII ZR 6/10
Fundstelle:
NJW 2010, 3503
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
Der Beginn der Widerrufsfrist bei
einem Haustürgeschäft setzt nicht die Annahme des Angebots des Verbrauchers
durch den Unternehmer voraus.
Zentrale Probleme:
Eine praktisch wichtige Entscheidung zur
Widerrufsbelehrung bei Haustürgeschäften und ihre Rolle für den Beginn der
Widerrufsfrist. Der Senat klärt die in
BGH v. 12.4.2007 - VII ZR 122/06 noch
offen gelassene Frage. Sehr lehrreich ist die schulmäßige systematische und
teleologische sowie europarechtskonforme Auslegung. S. aber auch
BGH v. 17.3.2004 -
VIII ZR 265/03 zum Beginn der Widerrufsfrist beim Kauf auf Probe. Zur
Frage, ob auch ein Widerrufsrecht bei einem unwirksamen Vertrag besteht s. BGH v. 25.11. 2009 - VIII ZR 318/08.
©sl 2010
Tatbestand:
1 Die Klägerin macht gegen den Beklagten einen Anspruch auf
Vergütung nach Kündigung eines Werkvertrages geltend. Die Parteien streiten
darum, ob der Beklagte den Vertrag wirksam gemäß §§ 312, 355 BGB widerrufen
hat.
2 Am 2. April 2008 suchte der für die Klägerin tätige Handelsvertreter B. in
Begleitung einer weiteren Person den Beklagten in dessen Wohnung auf. Am
Ende des Gesprächs unterschrieb der Beklagte eine "Bestellung" auf einem
Formular der Klägerin, dessen Text u.a. lautete: "Ich bestelle hiermit unter
Anerkennung der auf dieser Seite und auf der Rückseite abgedruckten
Bedingungen die Lieferung/den Einbau nachgenannter Elemente für/in mein/das
nebenstehend bezeichnete bebaute Grundstück". Anzahl und Größe von insgesamt
fünf bestellten Fenstern waren handschriftlich in das Formular eingetragen
und näher bezeichnet. Durch Ankreuzfelder war weiter angegeben, dass die
Klägerin die alten Fenster demontieren und entsorgen sowie die neu
gelieferten einbauen und einputzen sollte. Als Gegenleistung sollte der
Beklagte einen "Festpreis" von 5.642,26 € zuzüglich Mehrwertsteuer,
gegebenenfalls abzüglich Skonto, erbringen. Weiter war ausgeführt, dass sich
die Klägerin für die Annahme der Bestellung eine Frist von fünf Wochen
vorbehielt.
3 In einem eingerahmten Kasten war auf der Vorderseite des Formulars
folgende Widerrufsbelehrung aufgedruckt:
"Der Besteller kann diese Bestellung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben
von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der
Sache widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt mit der Aushändigung eines
Durchschlages dieses Bestellscheins mit der schriftlichen
Widerrufsbelehrung. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des
Widerrufs oder der Sache. Im Fall des Widerrufs bestehen keinerlei Ansprüche
der Firma H. gegen den Besteller. Der Widerruf ist zu richten an: H. ..."
4 Der Beklagte hat auch diese Erklärung gesondert unterschrieben.
5 Auf der Rückseite des Formulars waren allgemeine Geschäftsbedingungen
enthalten, deren Ziffer V.1) lautete:
"Kündigt der Auftraggeber den Vertrag nach § 649 BGB oder tritt der
Auftraggeber mit Einverständnis der Auftragnehmerin aus nicht von dieser zu
vertretenden Gründen vor Fertigung der in Auftrag gegebenen Elemente vom
Vertrag zurück, so ist die Auftragnehmerin berechtigt, eine
Aufwandsentschädigung in Höhe von 30 % des Netto-Auftragswertes zu
berechnen, es sei denn, der Auftraggeber kann nachweisen, dass der der
Auftragnehmerin durch die Kündigung bzw. den Rücktritt entstandene Schaden
(entstandene Kosten und entgangener Gewinn) niedriger oder gar kein Schaden
entstanden ist."
6 Eine Durchschrift der Bestellung verblieb beim Beklagten. Mit Schreiben
vom 9. April 2008 übersandte die Klägerin ihm eine der Bestellung
entsprechende Auftragsbestätigung. Mit E-Mail vom 21. April 2008 erklärte
der Beklagte, "er würde die Auftragserteilung gerne noch etwas nach hinten
schieben", da er über die Finanzierung der gesamten Modernisierungsmaßnahme
mit seiner Bank verhandle. Mit E-Mail vom 6. Juni 2008 teilte der Beklagte
mit: "Wir würden gerne den oben genannten Auftrag (Nr. 286395) stornieren,
da wir uns anderweitig entschieden haben!"
7 Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung von 1.692,50 € nebst Zinsen
abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht den Beklagten
antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag
weiter.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
9 Auf das Rechtsverhältnis der Parteien ist § 649 BGB in der bis zum 31.
Dezember 2008 geltenden Fassung anwendbar, Art. 229 § 19 Abs. 1 EGBGB. § 355
BGB ist in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung anzuwenden, Art. 229
§ 22 Abs. 2 EGBGB.
I.
10 Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der durch den Antrag des Beklagten
vom 2. April 2008 und die Annahme der Klägerin vom 9. April 2008 zustande
gekommene Werkvertrag über die im Einzelnen näher bezeichneten Bauleistungen
sei nicht durch einen Widerruf des Beklagten nach §§ 312, 355 BGB aufgehoben
worden, so dass seine Erklärung, den Vertrag stornieren zu wollen, die
Rechtsfolge des § 649 Satz 2 BGB auslöse. Zwar liege ein Haustürgeschäft
nach § 312 BGB vor. Der Widerruf des Beklagten sei aber nicht in der
Zwei-Wochen-Frist des § 355 Abs. 1 BGB erfolgt. Diese Widerrufsfrist habe
mit dem Ablauf des 16. April 2008 geendet. Denn am 2. April 2008 sei dem
Beklagten anlässlich der Abgabe seines Vertragsangebots die nach § 355 Abs.
2 BGB erforderliche Widerrufsbelehrung zusammen mit der Durchschrift seines
Vertragsantrags übergeben worden. Entgegen einer vom OLG Karlsruhe (ZGS
2006, 399) vertretenen Ansicht beginne die Widerrufsfrist nicht erst mit dem
Zustandekommen des Vertrages, sondern bereits mit der Abgabe der auf den
Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers. Form
und Inhalt der verwendeten Widerrufsbelehrung begegneten keinen Bedenken.
Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Pauschale halte
einer Inhaltskontrolle stand; sie sei angemessen und darüberhinaus
branchenüblich.
II.
11 Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
12 1. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Beginn
der Widerrufsfrist bei einem Haustürgeschäft nicht vom Zeitpunkt des
Zustandekommens des Vertrages abhängt.
13 a) Das einem Verbraucher gemäß § 312 BGB eingeräumte Widerrufsrecht bei
Haustürgeschäften ist gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB innerhalb von zwei
Wochen auszuüben. Diese Frist beginnt gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB mit
dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine dort näher beschriebene Belehrung
über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist. Das Gesetz
regelt nicht ausdrücklich, wann dem Verbraucher diese Belehrung mitzuteilen
ist. Jedoch bezieht sich der Widerruf auf die auf den Abschluss des
Vertrages gerichtete Willenserklärung des Verbrauchers, § 355 Abs. 1 Satz 1
BGB. Das legt nahe, dass dem Verbraucher zugleich oder jedenfalls im
Zusammenhang mit der Abgabe dieser Erklärung eine Belehrung über die
Widerrufsmöglichkeit zu erteilen ist.
14 aa) Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass eine verfrühte
Widerrufsbelehrung unwirksam und nicht geeignet ist, die Widerrufsfrist in
Gang zu setzen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, NJW 2002,
3396, 3398 m.w.N.). Dem mit der Einräumung eines Widerrufsrechts bei
Haustürgeschäften bezweckten Schutz des Verbrauchers widerspricht es, dass
seine gesetzlich vorgeschriebene Belehrung über das ihm zustehende Recht zum
Widerruf seiner auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärung
bereits vor deren Abgabe erteilt wird. Die Belehrung soll dem Verbraucher
sein Widerrufsrecht klar und deutlich vor Augen führen. Dieses Ziel wird
aber nur dann erreicht, wenn sich die Belehrung auf eine konkrete
Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht. Das setzt voraus, dass der
Verbraucher eine solche Vertragserklärung bereits abgegeben hat oder
zumindest zeitgleich mit der Belehrung abgibt. Denn nur unter dieser
Voraussetzung steht ihm eine Entscheidungsfreiheit zu, die durch die
Gewährung einer nachträglichen Überlegungsfrist wiederhergestellt werden
soll (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs des Bundesrats zum HWiG, BT-Drucks.
10/2876, S. 7). Dagegen ist eine Widerrufsbelehrung, die dem Verbraucher
bereits vor der Abgabe der Vertragserklärung erteilt worden ist, von
vornherein mit dem mit zunehmendem zeitlichen Abstand immer größer werdenden
Risiko behaftet, dass dieser sie zum Zeitpunkt der Abgabe seiner
Vertragserklärung bereits wieder vergessen hat. Dementsprechend vermag die
dem Verbraucher eingeräumte Bedenkfrist unter dieser Voraussetzung ihren
Sinn nicht zu erfüllen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, aaO).
15 Eine zusammen mit der Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers
erteilte Belehrung erfüllt danach jedoch ihren Zweck, die
Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers durch eine nachträgliche
Überlegungsfrist wieder herzustellen.
16 bb) Es besteht keine Veranlassung, dies in den Fällen anders zu
beurteilen, in denen es zum Vertragsschluss erst durch eine später
nachfolgende Annahmeerklärung des Unternehmers kommt (ebenso
MünchKommBGB/Masuch, 5. Aufl., § 355 BGB, Rn. 40; Witt, NJW 2007, 3759,
3761; a.A. MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl., § 355 BGB, Rn. 41; Palandt/Grüneberg,
BGB, 69. Aufl., § 355 Rn. 12; OLG Karlsruhe, ZGS 2006, 399 = OLGR 2006,
649).
17 Bereits die Systematik des Gesetzes zeigt, dass auch dann die
Widerrufsfrist grundsätzlich bereits mit der bei der Abgabe des Angebots
erfolgten Mitteilung der Widerrufsbelehrung beginnt. Denn § 312d Abs. 2 BGB
geht davon aus, dass die Widerrufsfrist "abweichend von § 355 Abs. 2 Satz 1"
bei Fernabsatzverträgen "bei Dienstleistungen nicht vor dem Tage des
Vertragsschlusses" beginnt. Daraus, dass diese Regelung ausdrücklich als
Abweichung von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB bezeichnet wird, folgt, dass letztere
Vorschrift gerade nicht den Beginn der Frist mit dem Tage des
Vertragsschlusses vorsieht (ebenso MünchKommBGB/Masuch, 5. Aufl., § 355 BGB,
Rn. 40). Der Sonderregel in § 312d Abs. 2 BGB bedürfte es sonst nicht.
18 Dieser Gesetzesaufbau zeigt auch, dass die Erwähnung eines Vertrages in §
312 BGB ebenso wie in § 312d BGB lediglich den Anwendungsbereich der
Widerrufsvorschriften beschreibt, nicht jedoch den wirksamen Abschluss des
jeweiligen Vertrages als Voraussetzung für ein Widerrufsrecht erfordert.
Gleiches gilt für den Verweis auf die Rücktrittsvorschriften in § 357 BGB.
Deren Rückgewährregeln kommen ohnehin nur zum Tragen, wenn bereits
Leistungen ausgetauscht worden sind. Das ist auch im Falle eines Widerrufes
binnen 14 Tagen nach Vertragsschluss weder zwingend noch regelmäßig der
Fall.
19 Von diesem Verständnis ging ersichtlich auch die
BGBInformationspflichten-Verordnung (BGB-InfoV) in der bis zum 10. Juni 2010
geltenden Fassung aus. Denn das Muster für die Widerrufsbelehrung der
dortigen Anlage 2 sah vor, dass in den Fällen des § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB
hinter dem Hinweis, dass die Widerrufsfrist nach Erhalt dieser Belehrung in
Textform beginne, der Zusatz einzufügen sei, "jedoch nicht vor
Vertragsschluss". Daraus ergibt sich zum einen, dass die Belehrung auch vor
Vertragsschluss abgegeben werden kann, und zum anderen, dass damit
grundsätzlich der Lauf der Widerrufsfrist beginnt.
20 Für diese Auslegung spricht auch die seit dem 11. Juni 2010 geltende
gesetzliche Vorschrift des Art. 246 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB mit ihrer Anlage
1. Nach diesem Muster für die Widerrufsbelehrung beginnt das Widerrufsrecht
nach Erhalt dieser Belehrung in Textform. Nach dem Gestaltungshinweis [1]
ist eine Ausnahmeregelung für den Fall vorgesehen, dass die Belehrung "nicht
spätestens bei, sondern erst nach Vertragsschluss mitgeteilt" wird. Hieraus
folgt, dass sie auch vor Vertragsschluss im Zusammenhang mit der Abgabe der
Vertragserklärung des Verbrauchers erteilt werden kann. Aus dem
Gestaltungshinweis [3] b) bb) ergibt sich, dass in Fällen des § 312b Abs. 1
Satz 1 BGB bei der Erbringung von Dienstleistungen die Frist ausnahmsweise
nicht vor Vertragsschluss zu laufen beginnt. Im Umkehrschluss ergibt sich
hieraus, dass sie im Übrigen auch zuvor zu laufen beginnen kann. Es ist
nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit Einführung dieser
Musterwiderrufsbelehrung, die der BGB-InfoV nachgebildet ist, den Inhalt des
§ 355 BGB sachlich hat ändern wollen. Zwar ist zum gleichen Zeitpunkt auch §
355 BGB textlich geändert worden. Auch hier gibt es jedoch keine
Anhaltspunkte dafür, dass damit eine inhaltliche Veränderung im Hinblick auf
den Beginn des Laufs der Widerrufsfrist verbunden sein sollte. § 355 Abs. 3
BGB n.F. entspricht inhaltlich § 355 Abs. 2 Sätze 1, 3 und 4 BGB in der bis
zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung.
21 b) Die Widerrufsregelung in § 355 BGB dient nach der amtlichen Anmerkung
unter anderem der Umsetzung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20.
Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von
Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, ABl. EG Nr. L 372 vom 31. Dezember
1985, Seite 31. Diese ist bei der Auslegung der nationalen
Rechtsvorschriften über das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei
Haustürgeschäften daher ergänzend heranzuziehen, wobei Divergenzen zu der
Richtlinie so weit wie möglich zu vermeiden sind. Die nationalen
Rechtsvorschriften sind so weit wie möglich unter Berücksichtigung des
Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen (BGH, Urteil vom 4. Juli
2002 - I ZR 55/00, NJW 2002, 3396, 3399 m.w.N.).
22 Diese Richtlinie sieht in Art. 1 Abs. 4 ausdrücklich vor, dass ein
bindendes Angebot widerrufen werden kann. Die Widerrufsbelehrung ist dem
Verbraucher nach Art. 4 Satz 3 lit. c der Richtlinie zum Zeitpunkt der
Abgabe seines Angebots auszuhändigen. Der Verbraucher besitzt das Recht, von
der eingegangenen Verpflichtung innerhalb von mindestens sieben Tagen nach
Erteilung dieser Belehrung zurückzutreten, Art. 5 Abs. 1 Satz 1.
23 Noch deutlicher wird derselbe Mechanismus in dem Entwurf für eine
Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der
Verbraucher vom 8. Oktober 2008, die unter anderem die Richtlinie 85/577/EWG
ersetzen soll. Dort ist in Art. 12 Abs. 2 vorgesehen, dass im Fall eines
außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags die Widerrufsfrist an
dem Tag zu laufen beginnt, an dem der Verbraucher das Bestellformular
unterzeichnet. In Art. 15 lit. b wird als Wirkung des Widerrufs das Ende der
Verpflichtungen der Vertragsparteien zum Abschluss eines Vertrags außerhalb
von Geschäftsräumen, sofern der Verbraucher ein Angebot abgegeben hat,
genannt. Dass hiermit eine Einschränkung der Verbraucherrechte im Vergleich
zur bisherigen Richtlinie 85/577/EWG beabsichtigt wäre, ist nicht
ersichtlich.
24 Es ist nicht erkennbar, dass der deutsche Gesetzgeber über die
Vorgaben der Richtlinie 85/577/EWG hinaus den Beginn der Widerrufsfrist in
diesen Fällen auf den Vertragsschluss hat hinausschieben wollen. Eine
Abweichung zugunsten des Verbrauchers wäre nach Art. 8 der Richtlinie zwar
möglich. Es gibt jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, dass bei der Umsetzung
der Richtlinie in diesem Punkt hiervon Gebrauch gemacht werden sollte.
25 c) Durch den an die Übergabe der Widerrufsbelehrung bei der Abgabe der
bindenden Willenserklärung des Verbrauchers geknüpften Beginn der
Widerrufsfrist wird der mit § 312 BGB verfolgte Zweck des Widerrufsrechts
nicht beeinträchtigt. § 312 BGB soll den Verbraucher vor der Gefahr
schützen, bei durch Anbieter initiierten Vertragsanbahnungen außerhalb eines
ständigen Geschäftslokals in seiner rechtlichen Entscheidungsfreiheit
überfordert bzw. überrumpelt zu werden. Durch das in § 312 BGB eingeräumte
Widerrufsrecht soll der Verbraucher die Möglichkeit erhalten, sich von der
in einem Überraschungsmoment abgegebenen, für ihn bereits bindenden
Willenserklärung wieder lösen zu können (vgl. Erwägungsgrund 5. zur
Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den
Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen
Verträgen, aaO). Zur Erreichung dieses Zweckes ist es gleichgültig, ob
die vom Verbraucher zu widerrufende Willenserklärung bereits vom
Gewerbetreibenden angenommen worden ist oder ob der Verbraucher lediglich
nach § 147 Abs. 2 BGB an seinen Antrag gebunden ist. Hat der Verbraucher
eine solche für ihn bindende, auf den Abschluss eines Vertrages gerichtete
Willenserklärung abgegeben und ist ihm bei der Abgabe eine
Widerrufsbelehrung ausgehändigt worden, in der er ordnungsgemäß über sein
Widerrufsrecht belehrt worden ist, hat er ab diesem Zeitpunkt ausreichend
Gelegenheit, ohne den Druck der Haustürsituation seine Entscheidung zu
überdenken.
26 2. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Beklagte auf dem Formular
ordnungsgemäß über den Fristbeginn belehrt worden. Es reicht aus, dass das
den Lauf der Frist auslösende Ereignis, nämlich die Aushändigung eines
Durchschlags dieses Bestellscheins mit der schriftlichen Widerrufsbelehrung,
benannt wurde. Insbesondere ist keine zusätzliche Belehrung auch über den
Inhalt des § 187 Abs. 1 und des § 188 Abs. 2 BGB, aus denen sich Beginn und
Ende der Widerrufsfrist ergeben, notwendig (vgl. BGH, Urteil vom 27. April
1994 - VIII ZR 223/93, BGHZ 126, 56, 62).
27 Die Einwände der Revision gegen die weiteren Feststellungen des
Berufungsgerichts zur ausreichenden Deutlichkeit der Widerrufsbelehrung
haben ebenfalls keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat ohne
Verfahrensfehler festgestellt, dass die Belehrung gegenüber dem übrigen
Vertragstext ausreichend hervorgehoben ist.
28 3. Die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Angemessenheit der
verlangten Entschädigung sind von der Revision nicht angegriffen.
III.
29 Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. |