Haftung für falsches (tierärztliches) Gutachten
aus §§ § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB
(Werkvertrag); gesamtschuldnerische Haftung mit dem Verkäufer; (beschränkte)
Gesamtwirkung eines Vergleichs (§ 423 BGB)
BGH, Urteil vom 22. Dezember 2011 -
VII ZR 7/11
Fundstelle:
NJW 2012, 1071
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
1. Ein Tierarzt, der seine Pflichten aus einem
Vertrag über die Ankaufsuntersuchung eines Pferdes verletzt und deshalb
einen unzutreffenden Befund erstellt hat, haftet seinem Vertragspartner auf
Ersatz des Schadens, der diesem dadurch entstanden ist, dass er das Pferd
aufgrund des fehlerhaften Befundes erworben hat.
2. Beruht der fehlerhafte Befund darauf, dass der Tierarzt einen Mangel des
Pferdes nicht erkannt oder seinem Vertragspartner nicht mitgeteilt hat,
haftet er mit dem zu Schadensersatz oder Rückgewähr verpflichteten Verkäufer
des Pferdes als Gesamtschuldner.
3. Einem mit einem Gesamtschuldner geschlossenen Vergleich kommt eine
beschränkte Gesamtwirkung nur zu, wenn die Parteien den erkennbaren Willen
haben, den Gesamtschuldner auch von dem Risiko zu befreien, dass der
Vergleich durch einen Gesamtschuldnerausgleich ganz oder teilweise wertlos
wird.
Zentrale Probleme:
Die Entscheidung geht noch
weiter als die im wesentlichen gleichlautende Entscheidung
BGH v. 22.12.2011 - VII ZR
136/11: Ein Tierarzt macht im Auftrag eines Kaufinteressenten ein
Gutachten über das anzukaufende Reitpferd und stellt dabei eine falsche
Diagnose. Der Käufer kann nach §§ 634 Nr. 3, 280 I BGB Schadensersatz (neben
der Leistung) verlangen. Das führt im Extremfall dazu, dass der Tierarzt
nach § 249 I BGB den gesamtem Kaufpreis zu erstatten hat und Zug-um-Zug das
Pferd übernehmen muss. Im Urteil BGH, Urteil vom
22. Dezember 2011 - VII ZR 136/11 geht es darum, ob der Käufer
stattdessen zunächst den Verkäufer in Anspruch nehmen muss. Im vorliegenden
Fall kommt noch die Problematik der Gesamtwirkung eines Vergleichs bei
Gesamtschuldnern hinzu: Der Käufer hat mit dem Verkäufer einen Vergleich
geschlossen. Dabei stellt sich die Frage, ob dieser Auswirkungen auf die
Forderung gegen den Tierarzt hat. Nach § 423 BGB wirkt ein Erlass (der sonst
nicht im Wege eines Vertrags zugunsten Dritter erfolgen kann, s.
BGH NJW 2010, 64) auch
gegenüber dem anderen Gesamtschuldner, wenn die Parteien das wollten
(Auslegungsfrage). Ist das nicht der Fall, beeinträchtigt der Erlass
gegenüber einem Gesamtschuldner nicht den Regress des anderen
Gesamtschuldner, dem nichts erlassen wurde und voll in Anspruch genommen
wurde. Der im Vergleich enthaltene Erlass ist dann uU wertlos, wenn der
andere Teil im Wege des Regresses dann letztlich doch (ganz oder teilweise)
in Anspruch genommen werden kann. S. auch BGH v.
26.1.2012 - VII ZR 164/11.
©sl 2012
Tatbestand:
1 Die Klägerin verlangt von dem
Beklagten, einem Tierarzt, Schadensersatz wegen einer mangelhaft
durchgeführten Ankaufsuntersuchung.
2 Die Klägerin, die einen Trakehner Wallach als Dressurpferd erwerben
wollte, beauftragte den beklagten Tierarzt mit der Ankaufsuntersuchung. In
dem von ihm erstellten Untersuchungsprotokoll wurden als Röntgenbefunde
angegeben: "Oxspring: vorne rechts und links geringgradige
Hufbeinastverknöcherung; Zehe: seitlich vorne links kleine isolierte
Verschattung; Knie: rechts Kontur des medialen Rollkamms." Im Übrigen wurde
das Untersuchungsergebnis als o.b.B. (ohne besonderen Befund) bezeichnet.
Daraufhin erwarb die Klägerin das Pferd im August 2005 zum Kaufpreis von
60.000 €. Einige Wochen nach dem Erwerb lahmte das Pferd. Nachdem sich dies
als Dauerzustand herausgestellt hatte und der Wallach damit als Dressurpferd
ungeeignet war, trat die Klägerin vom Kaufvertrag zurück. In dem
nachfolgenden Rechtsstreit forderte sie von dem Verkäufer die Rückzahlung
des Kaufpreises sowie die Erstattung von Unterstellkosten, Tierarztkosten
und Transportkosten in Höhe von insgesamt 9.704,47 €. Beinhaltet waren
insoweit Kosten für die Unterbringung und tierärztliche Behandlung des
Pferdes bis 7. Februar 2006. Zudem erhob sie Feststellungsklage.
3 Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens über den
Gesundheitszustand des Pferdes zum Zeitpunkt der Übergabe an die Klägerin
schloss diese mit dem Verkäufer am 11. Dezember 2007 einen Vergleich. Darin
verpflichtete sich der Verkäufer, zur Abgeltung der Klageforderungen
einschließlich weitergehender Ansprüche wegen des Unterhalts (Aufwendungen
für Unterstellungen, Fütterung und Pflege, tierärztliche Untersuchungen und
Behandlungen sowie Inanspruchnahme eines Hufschmiedes) an die Klägerin
75.000 € zu zahlen. Die damaligen Parteien vereinbarten, dass damit alle
Ansprüche der Klägerin gegen den damaligen Beklagten bis einschließlich 31.
Dezember 2007 abgegolten sein sollten.
4 Mit der jetzigen Klage begehrt die Klägerin von dem beklagten Tierarzt
Ersatz der Behandlungs- und Unterbringungskosten des Pferdes für die Zeit
vom 8. Februar 2006 bis 29. Dezember 2007 in Höhe von 28.268,77 €. Sie
behauptet, aus den dem Beklagten bei der Ankaufsuntersuchung vorliegenden
Röntgenbildern seien die bei dem Wallach bestehenden erheblichen
pathologischen Befunde im Bereich der Dornfortsätze, des rechten Knies und
des Gleichbeins vorne rechts ersichtlich gewesen. Auf diese Befunde hätte
sie der Beklagte hinweisen müssen. Bei dem gebotenen Hinweis hätte sie den
Kaufvertrag nicht geschlossen. Der Beklagte hafte neben dem Verkäufer für
den ihr entstandenen Schaden.
5 Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen zur
Zahlung von 4.600 € nebst Zinsen verurteilt. Dagegen habe beide Parteien
Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin
zurückgewiesen und auf das Rechtsmittel des Beklagten die Klage abgewiesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung
weiter.
Entscheidungsgründe:
6 Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
7 Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stehe der geltend
gemachte Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten nicht zu. Es könne
offenbleiben, ob das Landgericht zu Recht eine Haftung des Beklagten aus §
634 Nr. 4, §§ 636, 280 Abs. 1 BGB festgestellt habe. Denn durch den zwischen
der Klägerin und dem Verkäufer geschlossenen Vergleich vom 11. Dezember 2007
und der daraufhin geleisteten Zahlung von 75.000 € sei Erfüllung nach § 422
Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. Erlass gemäß § 423 BGB eingetreten. Der Beklagte und
der Verkäufer seien im Hinblick auf die Verpflichtung zur Zahlung von
Schadensersatz Gesamtschuldner nach § 421 BGB. Der mit dem Verkäufer
geschlossene Vergleich wirke auch zugunsten des Beklagten. Ein derartiger
Abfindungsvergleich entfalte im Zweifel Gesamtwirkung gegenüber dem weiteren
Gesamtschuldner. Die Klägerin und der Verkäufer hätten, wie sich aus der
Formulierung "Abgeltung" ergebe, mit dem Vergleich eine Abfindung für den
gesamten Besitzzeitraum der Klägerin vereinbaren wollen. Denn sie hätten mit
dem Vergleich die Rechtsstreitigkeit endgültig beilegen wollen. Diese
Wirkung erstrecke sich auf den Beklagten als Gesamtschuldner, dessen Haftung
im Innenverhältnis zum Verkäufer zudem eine untergeordnete Bedeutung habe.
Das Gleiche gelte auch dann, wenn man nur eine beschränkte Gesamtwirkung
annehmen wollte. Denn der Verkäufer hätte im Innenverhältnis die Forderung
allein zu tragen.
II.
8 Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
9 1. Für das Revisionsverfahren ist mangels anderer Feststellungen
des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass der Beklagte entsprechend dem
Vortrag der Klägerin seine Pflichten aus dem Vertrag über die
Ankaufsuntersuchung verletzt hat, insbesondere weil er die sich aus den
Röntgenbildern ergebenden Befunde in seinem Untersuchungsbericht nicht
angegeben hat.
10 2. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen nicht die Annahme, der
Anspruch der Klägerin auf Ersatz des ihr durch die Unterbringung des Pferdes
und dessen tierärztliche Behandlung in der Zeit vom 8. Februar 2006 bis 29.
Dezember 2007 entstandenen Schadens sei mit dem zwischen ihr und dem
Verkäufer abgeschlossenen Vergleich erloschen.
11 a) Gemäß § 423 BGB wirkt ein zwischen dem Gläubiger und einem
Gesamtschuldner vereinbarter Erlass auch für die übrigen Schuldner, wenn die
Vertragsschließenden das ganze Schuldverhältnis aufheben wollen.
Entsprechendes gilt für den Abschluss eines Vergleichs und zwar auch für
eine lediglich beschränkte Gesamtwirkung (BGH, Urteil vom 26. Juni
2003 - VII ZR 126/02, BGHZ 155, 265, 272).
12 b) Noch richtig geht das Berufungsgericht davon aus, dass eine
gesamtschuldnerische Haftung des Verkäufers und des beklagten Tierarztes in
Betracht kommt. Nach § 421 BGB haften mehrere Schuldner als
Gesamtschuldner, wenn jeder von ihnen die ganze Leistung zu bewirken
verpflichtet, der Gläubiger die Leistung aber nur einmal zu fordern
berechtigt ist. Diese Voraussetzungen können vorliegen.
13 aa) Das Berufungsgericht hat allerdings nicht geklärt, ob der
Verkäufer für die geltend gemachten Unterbringungs- und Behandlungskosten
haftete. Ungeachtet der Verpflichtung aus dem Vergleich kommt in
Betracht, dass die Klägerin wegen einer unterstellt mangelhaften Leistung
des Verkäufers gegen diesen einen Anspruch auf Ersatz der
Unterbringungskosten hatte, sei es gemäß § 437 Nr. 2, 3, § 90a BGB
in Verbindung mit §§ 280 ff. BGB oder in Verbindung mit §§ 323, 347 Abs. 2
BGB, soweit es um ersatzfähige Verwendungen der Klägerin geht.
14 bb) Nach dem im Revisionsverfahren zu unterstellenden Sachverhalt hat der
Beklagte die sich aus dem Vertrag über die Durchführung der
Ankaufsuntersuchung ergebenden Pflichten verletzt und insoweit seine
Leistung nicht wie geschuldet erbracht. Der mit der Ankaufsuntersuchung
beauftragte Tierarzt schuldet einen fehlerfreien Befund. Erfüllt er
insoweit seine Pflichten nicht, haftet er, weil der Vertrag als Werkvertrag
einzuordnen ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 1983 - VII ZR 174/81,
BGHZ 87, 239), gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz des
Schadens, der bei dem Vertragspartner dadurch entstanden ist, dass er das
Pferd aufgrund des fehlerhaften Befundes erworben hat. In der
Revision ist zu unterstellen, dass die geltend gemachten Unterbringungsund
Behandlungskosten - worüber die Parteien streiten - ein ersatzfähiger
Schaden sind.
15 cc) Die Verpflichtungen des Verkäufers und des Tierarztes auf
Ersatz der Unterbringungs- und Behandlungskosten stehen gleichstufig
nebeneinander.
16 (1) Allerdings wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte eine
Gleichstufigkeit der Haftung des Verkäufers mit derjenigen des Tierarztes
teilweise unter Hinweis darauf verneint, vom Verkäufer verlange der Käufer
das positive Interesse, vom Tierarzt hingegen das negative Interesse (OLG
Schleswig, RdL 2011, 208; Urteil vom 23. Juni 2011 - 13 U 22/10; vgl. auch
OLG Karlsruhe, NJW-RR 1998, 601; OLG Frankfurt, OLGR 2007, 697). Der Käufer
müsse deshalb zunächst den Verkäufer in Anspruch nehmen, soweit das positive
Interesse auch das gegen den Tierarzt geltend gemachte negative Interesse
darstelle. Der Verkäufer sei "näher am Schadensgeschehen dran", dem Tierarzt
komme nur eine Beratungsfunktion zu.
17 (2) Dem kann nicht gefolgt werden (so auch OLG Hamm, Urteil vom 26.
Januar 2005 - 12 U 121/04 nach juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Mai 2011
- 1 U 6/11; Brückner/Rahn, Pferdekauf heute, 3. Aufl., S. 230).
18 Die Gleichstufigkeit der Verpflichtungen ergibt sich daraus, dass
sowohl der Verkäufer als auch der Tierarzt die Unterbringungs- und
Behandlungskosten mit einer Geldzahlung ersetzen müssen, ohne dass einer der
Schuldner nur subsidiär oder vorläufig für die andere Verpflichtung
einstehen muss (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2006 - VI ZR
136/05, NJW 2007, 1208). Auf die Einordnung als Verwendungsersatz
gemäß § 347 Abs. 2 BGB oder als Schadensersatz kommt es ebenso wenig an wie
auf die Frage, ob ein Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses oder des
positiven Interesses geltend gemacht wird. Auch ist unerheblich,
dass der Verkäufer möglicherweise trotz fehlenden Verschuldens haftet,
während die Haftung des Tierarztes Verschulden voraussetzt (OLG Stuttgart,
Urteil vom 10. Mai 2011 - 1 U 6/11). Entscheidend ist allein, dass
sowohl der Verkäufer als auch der Tierarzt verpflichtet sind, die
Unterbringungs- und Behandlungskosten zu ersetzen. Insoweit wird ein
inhaltsgleiches Gläubigerinteresse befriedigt. Sowohl der Verkäufer
als auch der Tierarzt haben für die Beseitigung des gleichartigen
Vermögensnachteils einzustehen, den der Käufer dadurch erlitten hat, dass
jeder von ihnen seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllt hat (vgl. BGH,
Beschluss vom 1. Februar 1965 - GSZ 1/64, BGHZ 43, 227, 230; Urteil vom 19.
Dezember 1968 - VII ZR 23/66, BGHZ 51, 275, 277). Es kommt auch nicht darauf
an, dass Verkäufer und Tierarzt, bezogen auf das Kaufgeschäft, nicht im
selben Lager stehen und kein gemeinsames Interesse verfolgen. Ohne Belang
ist auch, dass Verkäufer und Tierarzt unterschiedliche
Hauptleistungspflichten zu erfüllen haben (OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Mai
2011 - 1 U 6/11, S. 7).
19 Daran ändern auch nichts die Erwägungen, mit denen eine größere
Sachnähe des Verkäufers begründet wird. Diese Erwägungen lassen im Übrigen
unberücksichtigt, dass der Tierarzt mit einem fehlerhaften Befund zur
Ankaufsuntersuchung die eigentliche Ursache für den Ankauf gesetzt haben
kann und bagatellisieren zu Unrecht die Aufklärungsfunktion der
Ankaufsuntersuchung.
20 c) Die Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen nicht
die Annahme, dass durch den Vergleich der Klägerin mit dem Verkäufer eine
Gesamtwirkung eingetreten ist.
21 aa) Ob ein Vergleich eine Gesamtwirkung haben soll, ist durch
Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Im Zweifel kommt entgegen der Annahme
des Berufungsgerichts einem Vergleich mit einem Gesamtschuldner
grundsätzlich keine Gesamtwirkung zu (vgl. BGH, Urteil vom 21. März
2000 - IX ZR 39/99, NJW 2000, 1942; Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR
249/01, NJW-RR 2005, 34 f.). Eine Gesamtwirkung kann aber angenommen
werden, wenn sich aus dem Vergleich ausdrücklich oder den Umständen nach
ergibt, dass der Gläubiger den Willen hatte, auch gegenüber dem nicht am
Vergleich beteiligten Gesamtschuldner auf weitergehende Ansprüche zu
verzichten und ihn deshalb nicht mehr in Anspruch zu nehmen. Eine
dahingehende Auslegung hat das Berufungsgericht nur unvollkommen
vorgenommen. Aus dem Umstand, dass nach dem Vergleich die im Rechtsstreit
zwischen der Klägerin und dem Verkäufer erhobenen Forderungen abgegolten
sein sollten, lässt sich nicht entnehmen, dass auch eine etwaige noch
bestehende Forderung gegen den Beklagten abgegolten sein sollte.
22 bb) Das Berufungsgericht hält es wohl auch für möglich, dass die Parteien
eine beschränkte Gesamtwirkung vereinbart haben. Ein Gesamtschuldner
kann mit dem Gläubiger gemäß § 423 BGB auch zugunsten anderer
Gesamtschuldner vereinbaren, dass deren Inanspruchnahme ausgeschlossen ist,
soweit sie sich im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs bei dem die
Vereinbarung schließenden Gesamtschuldner schadlos halten könnten
(vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2000 - IX ZR 39/99, NJW 2000, 1942; OLG Köln,
NJW-RR 1992, 1398; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1998, 601; OLG Hamm, BauR 1997,
1056; Kniffka, BauR 2005, 274, 282 ff.). Insoweit kommt ein Vertrag
zugunsten des am Vergleich nicht beteiligten Gesamtschuldners in Betracht
(BGH, Urteil vom 21. März 2000 - IX ZR 39/99, aaO; Urteil vom 9.
März 1972 - VII ZR 178/70, BGHZ 58, 216, 220); dieser ist kraft der
gesetzlichen Anordnung des § 423 BGB nicht dadurch ausgeschlossen, dass
ansonsten gemäß § 328 BGB ein Erlassvertrag zugunsten Dritter nicht möglich
ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 1994 - XI ZR 183/93, BGHZ 126,
261, 266).
23 Dazu, dass die Parteien eine solche beschränkte Gesamtwirkung
gewollt haben, hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.
Allein der Umstand, dass der Vergleichspartner im Innenverhältnis allein
haftet (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2000 - IX ZR 39/99, NJW 2000,
1942; OLG Köln, NJW-RR 1992, 1398), reicht insoweit nicht aus.
Es kommt auf den Willen der Parteien an, ihn auch von dem Risiko zu
befreien, dass der Vergleich durch einen Gesamtschuldnerausgleich ganz oder
teilweise wertlos wird. Ohne weitere Anhaltspunkte aus dem
Vergleich oder den ihm zugrunde liegenden Verhandlungen kann von einem
solchen Willen nicht ausgegangen werden. Denn der Gläubiger hat
grundsätzlich ein Interesse daran, sich bei dem anderen Gesamtschuldner
schadlos halten zu können.
24 Im Übrigen kann entgegen der nicht begründeten Auffassung des
Berufungsgerichts nach den bisherigen Feststellungen nicht davon ausgegangen
werden, dass der Verkäufer im Innenverhältnis allein für die
Unterbringungsund Behandlungskosten haftet. Hat sich der Verkäufer,
was er im Prozess geltend gemacht hat, ebenso wie die Klägerin auf das
Ankaufsgutachten verlassen, kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass
der Verkäufer für diese Kosten im Verhältnis zum Beklagten allein haftet. In
diesem Fall könnte auch nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass der
Verkäufer deshalb im Innenverhältnis das alleinige oder überwiegende
Verschulden trägt, weil er den Rücktritt nicht sofort akzeptiert hat.
25 3. Unbegründet sind die Bedenken des Berufungsgerichts, die Klägerin
müsse sich möglicherweise entgegenhalten lassen, sich durch den Vergleich
der Ansprüche des Beklagten auf Herausgabe des Pferdes begeben zu haben, die
im Falle eines gegen den Beklagten bestehenden Schadensersatzanspruches
diesem zugestanden hätten. Dem allein auf Zahlung der
Unterbringungsund Behandlungskosten in Anspruch genommenen Beklagten steht
kein Zug um Zug zu verwirklichender Anspruch auf Herausgabe des Pferdes zu.
Dafür fehlt es an jeder Rechtsgrundlage.
III.
26 Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Das Berufungsurteil
war daher aufzuheben und die Sache war zur Nachholung der erforderlichen
Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
|