Vertragsnichtigkeit nach § 138 I, II BGB; Haftung
aus §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB (culpa in contrahendo) bei der Verletzung
von Aufklärungspflichten; Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens,
Haftungsausfüllung; Vorteilsausgleichung
BGH, Urteil vom 1. Juni 2017 - VII ZR
95/16 - LG Frankfurt am Main
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
Ein Gutachter, der dem Geschädigten eines
Verkehrsunfalls die Erstellung eines Gutachtens zu den Schäden an dem
Unfallfahrzeug zu einem Honorar anbietet, das deutlich über dem ortsüblichen
Honorar liegt, muss diesen über das Risiko aufklären, dass der gegnerische
Kfz-Haftpflichtversicherer das Honorar nicht in vollem Umfang erstattet
(Anschluss an BGH, Urteile vom 28. Juni 2006 - XII
ZR 50/04, BGHZ 168, 168; vom 24. Oktober 2007 - XII ZR 155/05, NJW-RR
2008, 470; vom 25. März 2009 - XII ZR 117/07, NJW-RR 2009, 1101).
Zentrale Probleme:
Es geht um einen sehr lehrreichen Fall der Haftung aus cic ( §§
280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB). Der Geschädigte eines Autounfalls
gab ein Schadensgutachten in Auftrag, für das der Gutachter ein Honorar
verlangte, das in dieser Höhe vom Schadensversicherer nicht erstattungsfähig
war. Der Senat bejaht hier eine Aufklärungspflicht des Gutachters und damit
dessen Haftung aus § 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB. Für die Frage
der Kausalität der Pflichtverletzung für den Schaden (Vertragsabschluss)
greift der Senat auf die anerkannte sog. "Vermutung aufklärungsrichtigen
Verhaltens" zurück (s. dazu zuletzt
BGH v. 15.7.2016 - V
ZR 168/15 sowie
BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 -
II ZR 273/12).
Rechtsfolge ist eine Pflicht zur Herabsetzung des Honorars bzw. teilweiser
Erstattung (§ 249 Abs. 1 BGB).
Da der Versicherer (gegen Abtretung der Ansprüche des Geschädigten) die
Gutachterkosten dennoch bezahlt hatte, klagt dieser nun gegen den Gutachter.
Zutreffend stellt der Senat fest, dass die Tatsache, dass die Versicherung
auch den überhöhten Gutachterhonorar erstattet hat, nach wertender
Betrachtung nichts am Schaden des Auftraggebers ändert. Daneben enthält die
Entscheidung grundsätzlich Ausführungen zu § 138 Abs. 1 und 2 BGB).
©sl 2017
Tatbestand:
1 Die Klägerin, ein
Kfz-Haftpflichtversicherer, begehrt von dem beklagten
Kraftfahrzeugsachverständigen aus abgetretenem Recht Rückzahlung eines
angeblich überhöhten Gutachterhonorars in Höhe eines Teilbetrages von 392,72
€. Der Beklagte macht - ebenfalls aus abgetretenem Recht - widerklagend
Erstattung restlichen Gutachterhonorars in Höhe von 3,09 € geltend.
2 Der Beklagte wurde am 6. Juni 2011 nach einem von dem
Versicherungsnehmer der Klägerin schuldhaft verursachten Verkehrsunfall von
dem Geschädigten mit der Begutachtung der entstandenen Schäden an dessen
Kraftfahrzeug beauftragt. Anlässlich der Beauftragung unterzeichnete der
Geschädigte eine Honorarvereinbarung, nach der ein anhand der Schadenssumme
zu berechnendes Grundhonorar sowie die Zahlung von Pauschalbeträgen für
bestimmte Nebenkosten vorgesehen waren. Ferner trat er seinen "auf
Reparaturaufwand bzw. auf Wiederbeschaffungsaufwand gerichteten
Schadensersatzanspruch" aus dem Verkehrsunfall in Höhe der Honorarforderung
sicherungshalber an den Beklagten ab.
3 Der Beklagte erstattete am 8. Juni 2011 ein Gutachten, das Reparaturkosten
in Höhe von 2.294,44 € netto auswies. Mit Rechnung vom gleichen Tag
berechnete er hierfür ein sich aus einem Grundhonorar von 680 € und
Nebenkosten von 197,40 € zusammensetzendes Honorar von 877,40 € netto,
zuzüglich Umsatzsteuer insgesamt 1.044,11 €.
4 Die Klägerin zahlte auf das Honorar einen Teilbetrag von 848 € und
lehnte eine weitere Regulierung ab. Der Geschädigte zahlte
daraufhin den noch offenen Betrag in Höhe von 196,11 € an den Beklagten und
begehrte in einem gegen die Klägerin geführten Rechtsstreit dessen
Erstattung. Das Gericht gab der Klage statt und führte zur
Begründung aus, es bestünden keine Anhaltspunkte, dass der Geschädigte im
Zeitpunkt der Beauftragung oder der Zahlung die deutliche Überhöhung des
Honorars habe erkennen können, er habe auch keine Markterforschung betreiben
müssen, um einen möglichst preisgünstigen Gutachter zu finden. Die
Klägerin zahlte den tenorierten Betrag an den Geschädigten und ließ sich von
diesem mit Vereinbarung vom 9. Juli 2014 sämtliche Ansprüche gegen
den Beklagten im Zusammenhang mit der Honorarrechnung vom 8. Juni 2011
abtreten. Sie macht geltend, das Honorar des Beklagten übersteige
in Höhe eines Betrages von 392,72 € das übliche Honorar für eine
vergleichbare Leistung.
5 Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 341,95 € nebst Zinsen
stattgegeben, im Übrigen Klage und Widerklage abgewiesen und die Berufung
zugelassen. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die
Klage insgesamt abgewiesen und der Widerklage in Höhe von 3,09 € nebst
Zinsen stattgegeben; die Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen. Mit
der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr
Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
6 Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und
Entscheidung.
I.
7 Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klage sei unbegründet. Der
Klägerin stehe kein Rückzahlungsanspruch hinsichtlich des anteiligen
Honorars in Höhe von 392,72 € gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB aus
abgetretenem Recht zu, da der Beklagte und der Geschädigte bei
Vertragsschluss eine wirksame Honorarvereinbarung geschlossen hätten.
Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit der Honorarvereinbarung gemäß § 138
Abs. 1 BGB oder für Wucher gemäß § 138 Abs. 2 BGB lägen nicht vor. Ein
auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne des
§ 138 Abs. 2 BGB werde angenommen, wenn die verlangte Leistung um 100 % über
dem Marktwert liege. Hier sprächen zwar viele Anhaltspunkte dafür, dass der
Beklagte sowohl hinsichtlich des Grundhonorars als auch der Nebenkosten
deutlich höher abrechne als andere Gutachter. Das erstinstanzlich eingeholte
Gutachten komme jedoch - ungeachtet der Frage, ob es einen richtigen
Vergleichsmaßstab für ein übliches Honorar entwickelt habe - lediglich zu
dem Ergebnis, dass das Honorar von 1.044,11 € um ca. 400 € zu hoch sei.
Darin liege kein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und
Gegenleistung. Auch sei die Grenze zu einem sittenwidrigen Verhalten nicht
überschritten. Grundsätzlich bestehe Vertragsfreiheit und es gebe keine
Anhaltspunkte dafür, dass sich der Geschädigte beispielsweise in einer
Zwangslage bei Vertragsschluss befunden habe.
8 Der Klägerin stehe auch kein Schadensersatzanspruch in Höhe von 392,72 €
gemäß § 280 BGB aus abgetretenem Recht zu. Allerdings greife der Einwand des
Beklagten, der Geschädigte habe angesichts der Zahlung der Klägerin keinen
Schaden erlitten, nicht durch. Leistungen des Haftpflichtversicherers an den
Geschädigten könnten nicht im Wege des Vorteilsausgleichs angerechnet
werden, da der Haftpflichtversicherer nicht den Gutachter entlasten solle.
Es liege aber keine Pflichtverletzung des Beklagten vor. Die möglicherweise
überhöhte Honorarrechnung stelle keine Pflichtverletzung dar, da ihr eine
wirksame Honorarvereinbarung zugrunde liege. Der Beklagte sei bei Abschluss
einer Honorarvereinbarung in den Grenzen der §§ 138, 826 BGB frei. Ferner
sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte den Geschädigten darauf hinweisen
müsse, dass andere Gutachter für die gleiche Leistung ein geringeres Honorar
berechneten. Schließlich bestehe auch keine Pflicht des Beklagten, den
Geschädigten darüber aufzuklären, dass der Haftpflichtversicherer ein über
dem Üblichen liegendes Honorar möglicherweise nicht in vollem Umfang
regulieren werde. Die zur Aufklärungspflicht entwickelte Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs beziehe sich auf mögliche Regulierungsschwierigkeiten mit
dem Haftpflichtversicherer, wenn der Kraftfahrzeugvermieter dem Geschädigten
ein Ersatzfahrzeug nach einem von ihm speziell für Verkehrsunfälle
entwickelten, den Normaltarif übersteigenden Tarif anbiete. In jenen Fällen
könne ein überhöhter Tarif eindeutig festgestellt werden, da die Schätzung
des Normaltarifs anhand von anerkannten Preislisten möglich sei. Bei dem
hier maßgeblichen Gutachterhonorar gebe es dagegen keine derartigen
Schätzgrundlagen, so dass unklar sei, ab wann überhöht abgerechnet werde.
Bei Annahme einer Aufklärungspflicht würde dem Beklagten letztlich eine
Markterforschungspflicht auferlegt.
9 Dagegen sei die Widerklage des Beklagten begründet. Der Beklagte habe
gegen die Klägerin aus abgetretenem Recht des Geschädigten einen
Schadensersatzanspruch in Höhe des auf der Grundlage der getroffenen
Honorarvereinbarung noch offenen Honorars von 3,09 €. Dieser Betrag sei
erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, da für den Geschädigten
nicht erkennbar gewesen sei, dass das vereinbarte Honorar erheblich über dem
üblichen Honorar gelegen habe.
II.
10 Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
11 1. Ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung eines Teils des Honorars aus
abgetretenem Recht des Geschädigten kann mit der vom Berufungsgericht
gegebenen Begründung nicht abgelehnt werden.
12 a) Das Berufungsgericht ist allerdings ohne Rechtsfehler davon
ausgegangen, dass kein Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1
BGB besteht, da der zwischen dem Geschädigten und dem Beklagten geschlossene
Werkvertrag nicht nichtig und die Zahlung von der getroffenen
Honorarvereinbarung gedeckt ist.
13 aa) Der Vertrag ist nicht wegen Wuchers gemäß § 138 Abs. 2 BGB nichtig.
Die Vorschrift setzt neben einem auffälligen Missverhältnis zwischen
Leistung und Gegenleistung (objektives Tatbestandsmerkmal) die Ausnutzung
einer - auf einer Zwangslage, der Unerfahrenheit, dem Mangel im
Urteilsvermögen oder einer erheblichen Willensschwäche beruhenden -
besonderen Schwächesituation beim Bewucherten durch den Wucherer voraus
(subjektives Tatbestandsmerkmal). Eine Ausbeutungsabsicht des Wucherers ist
hierfür nicht erforderlich, wohl aber ist es notwendig, dass dieser Kenntnis
von dem auffälligen Missverhältnis und der Ausbeutungssituation hat und sich
diese Situation vorsätzlich zunutze macht (vgl. BGH, Urteil vom 25.
Februar 2011 - V ZR 208/09, NJW-RR 2011, 880 Rn. 9 f. m.w.N.). Diese
Voraussetzungen sind bereits deshalb nicht erfüllt, weil nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte dafür bestehen,
dass der Beklagte bei Abschluss des Vertrags das Vorliegen einer besonderen
Schwächesituation des Geschädigten aufgrund einer der in § 138 Abs. 2 BGB
genannten Umstände vorsätzlich ausgenutzt hat. Dies wird von der Revision
auch nicht geltend gemacht.
14 bb) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch eine
Nichtigkeit des Vertrags wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB
verneint.
15 (1) Ein gegenseitiger Vertrag ist als wucherähnliches
Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, wenn zwischen Leistung
und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und außerdem
mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei
Zusammenfassung der subjektiven und der objektiven Merkmale als sittenwidrig
erscheinen lässt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine verwerfliche
Gesinnung des Begünstigten hervorgetreten ist. Ist das Missverhältnis
zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob, kann dies den Schluss
auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zulassen (vgl.
BGH, Urteile vom 10. November 2016 - IX ZR 119/14, ZIP 2016, 2479 Rn. 18;
vom 15. Januar 2016 - V ZR 278/14, BauR 2016, 1040 Rn. 6; vom 7. März 2013 -
VII ZR 68/10, BGHZ 196, 299 Rn. 21, jeweils m.w.N.). Das Berufungsgericht
hat zugunsten der Klägerin deren auf dem erstinstanzlich eingeholten
Gerichtsgutachten beruhenden Vortrag unterstellt, dass das vereinbarte
Honorar des Beklagten in Höhe von 1.044,11 € das ortsübliche Honorar für
eine vergleichbare Leistung um ca. 400 € und damit um ca. 60 % übersteigt.
Auf dieser Tatsachengrundlage, die auch der Senat seiner
Entscheidung zugrunde zu legen hat, ist die Verneinung eines wucherähnlichen
Rechtsgeschäfts nicht zu beanstanden. Dabei kann offen bleiben, ob
ein besonders grobes Missverhältnis bei Verträgen über die Begutachtung von
Kraftfahrzeugschäden regelmäßig erst dann vorliegt, wenn der Wert der
Leistung und der Wert der Gegenleistung um mindestens 90 % voneinander
abweichen (so für Grundstückskaufverträge BGH, Urteil vom 15. Januar 2016 -
V ZR 278/14 aaO). Denn bei einem Honorar, das ca. 60 % über dem ortsüblichen
Honorar für eine vergleichbare Leistung liegt, kann ein besonders grobes
Missverhältnis, das einen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des
Beklagten zuließe, jedenfalls noch nicht angenommen werden.
16 (2) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich die
Nichtigkeit des Vertrags gemäß § 138 Abs. 1 BGB auch nicht unter dem
Gesichtspunkt eines sittenwidrigen Verhaltens zu Lasten der nicht am
Vertragsschluss beteiligten Klägerin. Die Sittenwidrigkeit kann nicht damit
begründet werden, dass der Beklagte unter Ausnutzung der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs zur subjektbezogenen Schadensbetrachtung im Rahmen des §
249 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. hierzu zuletzt BGH, Urteile vom 28.
Februar 2017 - VI ZR 76/16, VersR 2017, 636 Rn. 12; vom 19. Juli 2016 - VI
ZR 491/15, NJW 2016, 3363 Rn. 16 m.w.N.) mit dem Geschädigten ein das
ortsübliche Honorar deutlich übersteigendes Honorar zu Lasten der letztlich
erstattungspflichtigen Klägerin als Haftpflichtversicherer des Schädigers
vereinbart hat. Das folgt bereits daraus, dass die Vorschrift des §
138 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Interessen der
Allgemeinheit oder Dritter grundsätzlich nur anwendbar ist, wenn beide
Vertragsparteien sittenwidrig handeln (BGH, Versäumnisurteil vom
10. Januar 2007 - XII ZR 72/04, NJW 2007, 1447 Rn. 13; Urteil vom 27. Januar
1966 - VII ZR 16/64, WM 1966, 495, 496 unter I 1 m.w.N.), also die Tatsachen
kennen oder sich zumindest ihrer Kenntnis grob fahrlässig verschließen, die
die Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts begründen. Dafür bestehen nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte.
17 b) Das Berufungsgericht hat allerdings rechtsfehlerhaft die
Voraussetzungen verneint, unter denen eine Aufklärungspflicht des Beklagten
gegenüber dem Geschädigten betreffend mögliche Regulierungsschwierigkeiten
mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer angenommen werden kann.
18 aa) Nach § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB besteht bei Anbahnung
eines Vertragsverhältnisses eine Aufklärungspflicht einer Vertragspartei
hinsichtlich derjenigen Umstände, die erkennbar für die Willensbildung der
anderen Vertragspartei von ausschlaggebender Bedeutung sind, und deren
Mitteilung zumutbar ist sowie nach Treu und Glauben erwartet werden kann.
Das Bestehen und der Umfang der Aufklärungspflicht richten sich nach den
Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Person der
anderen Vertragspartei und deren erkennbarer Geschäftserfahrenheit
oder -unerfahrenheit. Allerdings ist eine Vertragspartei nicht
gehalten, der anderen Vertragspartei das Vertragsrisiko abzunehmen.
Grundsätzlich muss in der Marktwirtschaft derjenige, der den
Abschluss eines Vertrags beabsichtigt, selbst prüfen und entscheiden, ob
dieser für ihn vorteilhaft ist oder nicht. Das bedeutet, dass die
Interessen der Vertragsparteien unter Berücksichtigung des
Informationsbedürfnisses einerseits und der Zumutbarkeit andererseits
abzuwägen sind (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2006
- XII ZR 50/04, BGHZ 168, 168 Rn. 15, 28).
19 Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Bundesgerichtshof eine
Aufklärungspflicht des Vermieters von Kraftfahrzeugen bejaht, wenn er einem
durch einen Verkehrsunfall Geschädigten ein Mietfahrzeug zu einem
Tarif anbietet, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten
Markt liegt, und deshalb die Gefahr besteht, dass der Haftpflichtversicherer
des Schädigers nicht den vollen Tarif übernimmt (vgl. BGH,
Urteile vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04, BGHZ 168,
168 Rn. 16 ff., 29; vom 24. Oktober 2007 - XII ZR 155/05, NJW-RR 2008,
470; vom 25. März 2009 - XII ZR 117/07, NJW-RR 2009, 1101).
20 bb) Die dem zugrunde liegenden wesentlichen Erwägungen gelten
vorliegend entsprechend (ebenso OLG München, Urteil vom 26. Februar
2016 - 10 U 579/15, juris):
21 Ein durchschnittlicher Unfallgeschädigter gerät durch einen
Verkehrsunfall nicht nur unvermittelt, sondern in aller Regel erstmals in
eine Situation, ein Schadensgutachten über sein Kraftfahrzeug einholen zu
müssen. Wendet er sich an einen Gutachter, der derartige Gutachten zur
Einreichung bei dem gegnerischen Haftpflichtversicherer auf dem Markt
anbietet, geht er davon aus, dass dieser im Rahmen einer hundertprozentigen
Einstandspflicht das Gutachterhonorar in vollem Umfang erstattet. Liegt das
vereinbarte Honorar deutlich über dem ortsüblichen Honorar, besteht das
Risiko, dass der gegnerische Haftpflichtversicherer die Erstattung teilweise
ablehnt, weil die Kosten - bei objektiver Betrachtung - den zur Herstellung
erforderlichen Aufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB übersteigen. Der
Geschädigte ist in diesem Fall auf eine Auseinandersetzung mit dem
gegnerischen Haftpflichtversicherer verwiesen und läuft Gefahr, die
Differenz selbst tragen zu müssen. Dieser ihm drohende Nachteil ist dem
Besteller eines Schadensgutachtens in der Regel nicht bekannt; vielmehr geht
er davon aus, dass das Gutachterhonorar in vollem Umfang zu den objektiv
erforderlichen Herstellungskosten gehört und von dem gegnerischen
Haftpflichtversicherer akzeptiert wird.
22 Demgegenüber weiß ein Gutachter, der nach Verkehrsunfällen
Schadensgutachten über Kraftfahrzeuge zur Einreichung bei dem gegnerischen
Haftpflichtversicherer erstellt, dass ein deutlich über dem Ortsüblichen
liegendes Honorar zu dem genannten Nachteil führen kann, und er weiß auch,
dass dem Geschädigten dies in der Regel nicht bekannt ist, sondern dieser
davon ausgeht, dass das Gutachterhonorar ohne weiteres in vollem Umfang
ersetzt wird. Damit besteht zwischen den Vertragspartnern ein
Informationsgefälle. Treu und Glauben gebieten es
in einem solchen Fall, dass der Gutachter, der seine Leistungen zu einem
Honorar anbietet, das deutlich über dem ortsüblichen Honorar liegt, den
(unwissenden) Besteller aufklärt
.
23 Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass eine Aufklärung dem
Gutachter unzumutbar sei. Eine Unzumutbarkeit kann entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts insbesondere nicht damit begründet werden, dass ein
ortsübliches Gutachterhonorar im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB nicht zu
ermitteln sei. Das ist unzutreffend. Ortsüblich ist eine Vergütung, die zur
Zeit des Vertragsschlusses nach allgemeiner Auffassung der beteiligten
Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt, wobei
Vergleichsmaßstab Leistungen gleicher Art, gleicher Güte und gleichen
Umfangs sind und die Anerkennung der Üblichkeit gleiche Verhältnisse in
zahlreichen Einzelfällen voraussetzt (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2013
- VI ZR 363/12, NJW 2014, 1376 Rn. 12 m.w.N.). Bei der von Privatpersonen
beauftragten Erstellung von Schadensgutachten über Kraftfahrzeuge nach
Verkehrsunfällen zur Einreichung bei dem gegnerischen Haftpflichtversicherer
handelt es sich um massenhaft durchgeführte Geschäfte. Es besteht daher ein
hinreichend großer Markt, der die Ermittlung einer ortsüblichen Vergütung
ermöglicht. Zu diesem Zweck kann unter anderem auf frei zugängliche
Honorarumfragen von Verbänden freier Kraftfahrzeug-Sachverständiger, etwa
des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen
oder des Verbandes der unabhängigen Kfz-Sachverständigen e. V., und
Honorarangaben von Großanbietern, etwa der DEKRA Automobil GmbH oder des
TÜV, zurückgegriffen werden, die sich auf derartige Aufträge von
Privatpersonen beziehen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die
ortsübliche Vergütung regelmäßig nicht auf einen festen Satz oder gar einen
festen Betrag festgelegt ist, sondern sich innerhalb einer bestimmten
Bandbreite bewegen kann. Eine Üblichkeit im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB kann
sich auch über eine im Markt verbreitete Berechnungsregel ergeben, etwa über
eine Berechnung, die sich an der Schadenssumme orientiert (vgl. BGH, Urteil
vom 4. April 2006 - X ZR 122/05, BGHZ 167, 139 Rn. 10 ff.). Vor diesem
Hintergrund kann eine Unzumutbarkeit der Aufklärung auch nicht damit
begründet werden, dass dem Gutachter hierdurch eine aufwändige
Markterforschung auferlegt würde. Als Marktteilnehmer, der Privatpersonen
die Erstellung von Schadensgutachten über Kraftfahrzeuge nach
Verkehrsunfällen zur Einreichung bei dem gegnerischen Haftpflichtversicherer
anbietet, wird sich ein Gutachter schon aus Eigeninteresse regelmäßig einen
Überblick über die Honorare seiner Mitbewerber verschaffen. Dies ist ihm
angesichts der oben angeführten frei zugänglichen und zumindest den
Anbietern auf diesem Markt bekannten Quellen auch leicht möglich.
24 cc) Die Aufklärungspflicht richtet sich in einem solchen Fall darauf, den
Geschädigten auf das Risiko hinzuweisen, dass der
Haftpflichtversicherer das vereinbarte Honorar möglicherweise nicht in
vollem Umfang erstattet. Es ist dann Sache des Geschädigten, sich kundig zu
machen, etwa indem er Kontakt zum gegnerischen Haftpflichtversicherer
aufnimmt, weitere Angebote einholt oder sich anwaltlich beraten lässt
(vgl. BGH, Urteile vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04, BGHZ 168, 168
Rn. 29; vom 24. Oktober 2007 - XII ZR 155/05, NJW-RR 2008, 470 Rn. 13; vom
25. März 2009 - XII ZR 117/07, NJW-RR 2009, 1101 Rn. 18).
25 dd) Danach kommt vorliegend eine Aufklärungspflichtverletzung des
Beklagten gegenüber dem Geschädigten in Betracht. Denn das vom Beklagten
angebotene Honorar für die Erstellung des Schadensgutachtens lag nach dem in
der Revision zugunsten der Klägerin zu unterstellenden Sachverhalt mit ca.
60 % deutlich über dem ortsüblichen Honorar.
26 2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als
richtig dar. Nach den bisherigen Feststellungen kann ein Schaden des
Geschädigten nicht verneint werden.
27 a) Da der Geschädigte so zu stellen ist, wie er ohne das
schädigende Verhalten des Beklagten gestanden hätte, kommt es darauf an, wie
er sich bei erteilter Aufklärung verhalten hätte, wobei zugunsten des
Geschädigten die Vermutung "aufklärungsrichtigen" Verhaltens streitet.
Unsicherheiten darüber, ob der Geschädigte ein Schadensgutachten zu einem
günstigeren und im Rahmen des Ortsüblichen liegenden Honorar eingeholt
hätte, gehen deshalb zu Lasten des Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom
28. Juni 2006 - XII ZR 50/04, BGHZ 168, 168 Rn. 31).
28 b) Steht danach fest, dass der Geschädigte bei Aufklärung nur ein
Schadensgutachten zu einem ortsüblichen Honorar eingeholt hätte, kann er
grundsätzlich die Differenz zu dem vereinbarten höheren Honorar als Schaden
geltend machen. Der Schaden entsteht dabei bereits im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses, weil damit der höhere und hinsichtlich der
Erstattungsfähigkeit risikobehaftete Honoraranspruch gegen den Geschädigten
begründet wird
.
29 Dem Geschädigten steht zunächst ein Anspruch gegen den Gutachter
auf Freistellung von der Honorarverpflichtung zu, soweit diese über das
ortsübliche Honorar gemäß § 632 Abs. 2 BGB hinausgeht. Hat der
Geschädigte das Honorar bereits vollständig an den Gutachter gezahlt,
steht ihm als Schadensersatz ein Anspruch auf Rückzahlung in Höhe
des überschießenden Betrags zu.
30 c) Entgegen der Auffassung des Beklagten entfällt der Schaden
nicht im Wege der Vorteilsausgleichung dadurch, dass die Klägerin dem
Geschädigten das Honorar nach einem Rechtsstreit aufgrund des zu ihrem
Nachteil ergangenen Urteils in vollem Umfang erstattet hat.
31 Allerdings hat die Verletzung der Aufklärungspflicht
durch den Beklagten für den Geschädigten letztlich auch zu dem Vorteil
geführt, dass die Klägerin ihm nach den Grundsätzen der subjektbezogenen
Schadensbetrachtung das Honorar in vollem Umfang erstattet hat.
Dieser Vorteil führt bei wertender Betrachtung jedoch nicht zu einem
Erlöschen des Schadensersatzanspruchs des Geschädigten, sondern kann nach
Abtretung von der Klägerin geltend gemacht werden.
32 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geschädigte vom
Schädiger wegen Beschädigung eines Kraftfahrzeuges aufgrund eines
Verkehrsunfalls gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den zur Wiederherstellung
objektiv erforderlichen Geldbetrag erstattet verlangen. Hierzu gehört
grundsätzlich auch die Erstattung der objektiv erforderlichen
Gutachterkosten. Als erforderlichen Herstellungsaufwand sind die Kosten
anzusehen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden
Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig
und notwendig erscheinen. Der Geschädigte ist dabei nach dem
Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den
wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe
der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann.
Unter Berücksichtigung des Zieles der Schadensrestitution - nämlich, dem
Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers einen möglichst vollständigen
Schadensausgleich zukommen zu lassen -ist allerdings Rücksicht auf die
spezielle Situation des Geschädigten zu nehmen. Daher sind bei der
Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, insbesondere auch
seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie die möglicherweise gerade
für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu berücksichtigen, sogenannte
subjektbezogene Schadensbetrachtung. Zu einer Erforschung des ihm
zugänglichen Markts zwecks Beauftragung eines möglichst günstigen Gutachters
ist er nicht verpflichtet (vgl. BGH, Urteile vom 26. April 2016 -
VI ZR 50/15, NJW 2016, 3092 Rn. 13; vom 22. Juli 2014 - VI ZR 357/13, NJW
2014, 3151 Rn. 14 f.; Urteil vom 11. Februar 2014 - VI ZR 225/13, NJW 2014,
1947 Rn. 7; jeweils m.w.N.). Liegt das mit dem Gutachter vereinbarte und vom
Geschädigten beglichene Honorar über dem ortsüblichen Honorar, ist dies
jedoch für den Geschädigten nicht erkennbar, ist es folglich dennoch
erstattungsfähig. Bei wertender Betrachtungsweise dient die
Erstattungsfähigkeit solcher Kosten unter dem Gesichtspunkt der
subjektbezogenen Schadensbetrachtung damit allein dem Schutz des
Geschädigten. Erstattet der Haftpflichtversicherer auf dieser
Grundlage dem Geschädigten seinen Aufwand für das Gutachterhonorar, soll
dies mithin nicht den wegen Aufklärungspflichtverletzung
schadensersatzpflichtigen Gutachter entlasten.
33 3. Auch der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch des Beklagten
auf Erstattung restlichen Honorars aus abgetretenem Recht des Geschädigten
kann danach nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung bejaht
werden. Denn der Beklagte verhielte sich treuwidrig im Sinne des § 242 BGB,
wenn er einen Anspruch durchsetzen wollte, obwohl er verpflichtet wäre, das
Erlangte sofort wieder herauszugeben (dolo-agit-Einwand).
III.
34 Die Sache ist danach aufzuheben und zur neuen Verhandlung und
Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
|