Reichweite des
Formerfordernisses nach § 313 BGB a.F. (= § 311b I BGB n.F.); Verjährung von
Ansprüchen auf Übertragung des Eigentums an Grundstücken und Ansprüchen auf
die Gegenleistung nach § 196 BGB: Anwendbarkeit auf gesetzliche
(Sekundär-)Ansprüche (hier: Bereicherungsrecht); Begriff der "Gegenleistung"
BGH, Urt. v. 25. Januar
2008 - V ZR 118/07
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) § 196 BGB ist auch
auf gesetzliche Ansprüche anwendbar. Dazu gehören Ansprüche aus der
Rückabwicklung von (nichtigen) Verträgen.
b) Gesetzliche Ansprüche können im Sinne von § 196 BGB in einem
Gegenseitigkeitsverhältnis zueinander stehen. Das gilt insbesondere für die
beiderseitigen Ansprüche aus der Rückabwicklung eines (nichtigen) Vertrags.
c) Ein Anspruch auf die Gegenleistung unterliegt der Verjährungsfrist des §
196 BGB auch dann, wenn die Leistung nicht erbracht wird.
Zentrale Probleme:
Es geht um eine verjährungsrechtliche Frage von
erheblicher Bedeutung, dabei wird auch die Reichweite des Formerfordernisses
von § 311b I S. 1 BGB in sehr lehrreicher Weise resümiert. Die Kläger
verlangen Rückzahlung einer "Reservierungspauschale" aus einem formnichtigen
Vertrag. Der Senat legt dar, daß es sich hierbei um eine "Gegenleistung"
i.S.v. § 196 BGB handelt, welche der 10jährigen Verjährung unterliegt: Ein
Rückübertragungsanspruch der Beklagten, hätten sie das Grundstück
übereignet, würde nämlich unter § 196 BGB fallen, so daß es sich bei dem
gegenläufigen Bereicherungsanspruch um eine "Gegenleistung" i.S.v. § 196
handelt. Der Senat berücksichtigt dabei letztlich, ohne den Begriff zu
erwähnen, vollkommen zutreffend den aus der bereicherungsrechtlichen
Rückabwicklung gegenseitiger Verträge (im Zusammenhang mit der Problematik
der Saldotheorie) bekannten
Gedanken des "faktischen" Synallagma (s. dazu z.B. die Anm. zu
BGH NJW 2000, 3562).
©sl 2008
Tatbestand:
1 Die Klägerin und ihr damaliger Lebensgefährte schlossen am 7. Oktober 1998
eine als "Verbindliche Reservierungsvereinbarung" bezeichnete
privatschriftliche Vereinbarung. Darin sagten die Beklagten der Klägerin und
ihrem damaligen Lebensgefährten gegen Zahlung einer Reservierungspauschale
von 30.000 DM eine verbindliche unwiderrufliche Reservierung für die noch zu
vermessende Teilfläche eines näher bezeichneten Grundstücks zu einem näher
bestimmten Preis zu. Die Reservierungspauschale sollte mit der
Unterzeichnung der Vereinbarung fällig sein, auf den Grundstückskaufpreis
verrechnet werden und "Bestandteil des Grundstückspreises" sein; die
"restliche Kaufsumme" sollte spätestens zehn Tage nach Abschluss des
notariellen Kaufvertrags fällig werden. Die Reservierung sollte einem
Vorkaufsrecht gleichgestellt sein. Die Klägerin und ihr Lebensgefährte
zahlten sogleich die 30.000 DM. Zu dem Erwerb des Grundstücks kam es nicht.
2 Im Sommer 2004 stellte die Klägerin fest, dass die Beklagten das
reservierte Grundstück ohne Wissen der Klägerin (oder ihres früheren
Lebensgefährten) teilweise anderweitig verkauft hatten. Sie verlangt aus
eigenem und abgetretenem Recht ihres Lebensgefährten Rückzahlung der
Reservierungspauschale. Die Beklagten berufen sich auf Verjährung.
3 Das Landgericht hat der am 11. Februar 2005 eingegangenen Klage
stattgegeben. Die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur
Rückzahlung der Reservierungspauschale hat das Oberlandesgericht
zurückgewiesen (ZGS 2007, 272). Dagegen richtet sich die von dem
Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit welcher sie
weiterhin eine Abweisung der Klage erreichen möchten. Die Klägerin beantragt
die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
4 Das Berufungsgericht hält die Klage für begründet. Die überwiegenden
Gründe sprächen zwar dafür, dass die Reservierungsvereinbarung unwirksam
sei, weil sie nach § 313 BGB a. F. notariell habe beurkundet werden müssen.
Das könne aber offen bleiben. Sei die Vereinbarung wirksam, folge der
Anspruch aus verschuldeter Unmöglichkeit gemäß §§ 325 Abs. 1 Satz 3, 323
Abs. 3 BGB a. F. i. V. m. §§ 812, 818 BGB. Die Beklagten hätten nicht
dargelegt, dass sie nach deren Verkauf noch in der Lage seien, der Klägerin
und ihrem Lebensgefährten die reservierte Teilfläche zu verschaffen. Dieser
Anspruch sei erst 2004 entstanden, seine Verjährung durch die Klage
rechtzeitig gehemmt worden. Sei der Vertrag aber formnichtig, folge der
Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Er sei dann zwar mit der
Zahlung der Reservierungspauschale entstanden, aber ebenfalls nicht
verjährt. Der Anspruch unterliege nämlich nicht der regelmäßigen Verjährung
nach §§ 195, 199 BGB, sondern der Sonderverjährung nach § 196 BGB, weil es
sich bei diesem um einen Anspruch auf die Gegenleistung für die Übertragung
des Rechts an einem Grundstück handele.
II.
5 Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung stand. Die Klage ist
begründet.
6 1. Ein vertraglicher Anspruch auf Ersatz der Reservierungspauschale
stehen der Klägerin und ihrem früheren Lebensgefährten allerdings nicht zu,
weil die Reservierungsvereinbarung nicht, wie geboten, notariell beurkundet
worden und deshalb nach § 125 Satz 1 BGB nichtig ist.
7 a) Nach dem hier gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB noch anwendbaren § 313
Satz 1 BGB a. F. (jetzt: § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB) bedarf ein Vertrag der
notariellen Beurkundung, wenn er die Verpflichtung einer Vertragspartei
enthält, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben.
Eine solche Verpflichtung muss nicht darauf gerichtet sein, das
Grundeigentum sogleich zu veräußern oder zu erwerben (Palandt/Grüneberg,
BGB, 67. Aufl., § 311b Rdn. 11). Auch eine bedingte Verpflichtung genügt
(Senat, BGHZ 57, 394, 396; OLG Celle NJW 1977, 52; Bamberger/Roth/Gehrlein,
BGB, 2. Aufl., § 311b Rdn. 13). Beurkundungspflichtig ist deshalb auch
ein Vorvertrag, wenn er eine Partei bereits verpflichtet (Senat, BGHZ
82, 398, 403; 97, 147, 153 f.; PWW/Medicus, BGB, 2. Aufl., § 311b Rdn. 4).
Das gleiche gilt für einen Vertrag, mit dem ein Vorkaufsrecht eingeräumt
werden soll (Senat, Urt. v. 17. Mai 1967, V ZR 96/64, DNotZ 1968, 93;
BGH, Urt. v. 7. November 1990, XII ZR 11/89, NJW-RR 1991, 205, 206; RGZ 72,
385, 392 f.; 110, 327, 333; 148, 105, 108; Erman/Grziwotz, BGB, 11. Aufl., §
311b Rdn. 42). Die Verpflichtung muss auch nicht unmittelbar auf die
Veräußerung oder den Erwerb von Grundeigentum gerichtet sein. Es reicht
vielmehr aus, wenn der Vertrag Regelungen enthält, welche an die
Nichtveräußerung oder den Nichterwerb des Grundeigentums wesentliche
wirtschaftliche Nachteile knüpfen, die mittelbar zur Veräußerung oder zum
Erwerb des Grundeigentums zwingen (BGHZ 76, 43, 47; BGH, Urt. v. 1. Juli
1970, IV ZR 1178/68, NJW 1970, 1915, 1916; Urt. v. 19. September 1989, XI ZR
10/89, NJW 1990, 390, 391; Palandt/Grüneberg, aaO, § 311b Rdn.13; PWW/Medicus,
aaO, § 311b Rdn. 5).
8 b) Ob die Reservierungsvereinbarung eine unmittelbare oder mittelbare
Veräußerungs- oder Erwerbsverpflichtung enthält, hat das Berufungsgericht
offen gelassen. Die dazu erforderliche Auslegung der Vereinbarung kann der
Senat nachholen, da das Berufungsgericht die notwendigen Feststellungen
getroffen hat und zusätzliche Erkenntnisse nicht zu erwarten sind. Sie
ergibt, wozu auch das Berufungsgericht neigt, dass die Vereinbarung sowohl
eine Veräußerungspflicht der Beklagten als auch eine Erwerbspflicht der
Erwerber enthält, die sie nach § 313 BGB a. F. beurkundungspflichtig machen.
9 c) In der Reservierungsvereinbarung haben sich die Beklagten zwar nicht
unmittelbar dazu verpflichtet, den Erwerbern das Eigentum an der
reservierten Teilfläche zu übertragen. Der Revisionserwiderung ist auch
zuzugeben, dass die Verpflichtung, ein Grundstück keinem anderen als dem
Versprechensempfänger zu veräußern, nicht nach § 313 Satz 1 BGB a. F. (oder
§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB) beurkundungspflichtig ist (Senat, BGHZ 31, 13,
19; BGHZ 103, 235, 238; Senat, Urt. v. 20. März 1963, V ZR 89/62, NJW 1963,
1602, 1603; Erman/Grziwotz, aaO, § 311b Rdn. 8). Dabei sind die Parteien
aber nicht stehen geblieben. Sie haben die Reservierung nicht befristet und
die reservierte Teilfläche sowie Umfang und Fälligkeit des Kaufpreises
festgelegt. Die angestrebte "verbindliche Reservierung" ließ sich auch nur
erreichen, wenn die Beklagten auf Verlangen der Klägerin zur Veräußerung der
Teilfläche verpflichtet waren. Diesen Gestaltungswillen haben sie sinnfällig
damit beschrieben, dass die Reservierung die "Wirkungen eines
Vorkaufsrechts" haben sollte. Auch wenn sie hiermit nicht die Einräumung
eines Vorkaufsrechts im technischen Sinne angestrebt haben sollten, wie die
Revisionserwiderung meint, so haben sie doch eine, wenn auch durch das
Kaufverlangen der Erwerber bedingte, Verpflichtung der Beklagten zur
Veräußerung der reservierten Teilfläche vereinbart.
10 d) Ob die Vereinbarung auch deshalb der Beurkundung bedurfte, weil sie
die Klägerin wirtschaftlich zum späteren Erwerb zwang und deshalb eine
mittelbare Erwerbsverpflichtung enthielt, bedarf keiner Entscheidung.
11 e) Die Reservierungsvereinbarung verstößt gegen § 313 Satz 1 BGB a.F. und
ist deshalb nach § 125 Satz 1 BGB nichtig. Anhaltspunkte dafür, dass
diese Folge für die Klägerin oder ihren früheren Lebensgefährten schlechthin
unerträglich wäre (zu diesem Erfordernis:
Senat, Urt. v. 16. Juli 2004, V ZR 222/03, NJW 2004, 3330, 3331) und den
Beklagten deshalb die Berufung auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung
versagt sein könnte, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch sonst
nicht ersichtlich.
12 2. Die Beklagten sind der Klägerin aber aus ungerechtfertigter
Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1, § 818 Abs. 1 und 2 BGB zur Herausgabe der
Reservierungspauschale verpflichtet.
13 a) Die Klägerin hat die Reservierungspauschale nämlich ohne Rechtsgrund
gezahlt, weil die Reservierungsvereinbarung Grundlage der Zahlung war und
die Vereinbarung unwirksam ist. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass sie
dabei gewusst hat, nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein, und ihr Anspruch
deshalb an § 814 BGB scheitern könnte, haben die Beklagten nicht
vorgetragen. Die Klägerin mag aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit Erfahrung
mit Reservierungsvereinbarungen und auch Kenntnis der Umstände gehabt haben,
aus denen sich die Formnichtigkeit der vorliegenden
Reservierungsvereinbarung ergibt. Ein Bereicherungsanspruch ist nach §
814 BGB nur ausgeschlossen, wenn der Bereicherungsgläubiger positive
Kenntnis von der Nichtschuld hat, aus den ihm möglicherweise bekannten
Umstände mithin im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre auch die
richtigen Schlüsse gezogen hat (BGH, Urt. v. 7. Mai 1997, IV ZR 35/96,
NJW 1997, 2381, 2382; v. 20. Juli 2005, VIII ZR 199/04, NJW-RR 2005, 1464,
1466; BAG NZA 2005, 814, 816). Das hat die Klägerin bestritten. Die Revision
verweist nicht auf Vortrag der Beklagten, aus dem sich das Gegenteil ergibt.
14 b) Einer Zahlungsverpflichtung der Beklagten steht auch nicht
entgegen, dass sie diese teilweise für die Renovierung ihres Hauses
verbraucht haben. Sie haben damit nämlich die Aufwendung entsprechender
eigener Mittel erspart und bleiben deshalb bereichert. Sie haben nach § 818
Abs. 2 BGB hierfür in entsprechendem Umfang Ersatz in Geld zu leisten.
15 c) Der Anspruch ist auch nicht verjährt.
16 aa) Seine Verjährung richtet sich gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB
nach dem vom 1. Januar 2002 an geltenden Recht, weil er vor diesem Tag
entstanden, aber noch nicht verjährt war. Er unterliegt nicht der
regelmäßigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB, sondern, wie das
Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend entschieden hat, der - bei
Klageeinreichung noch nicht abgelaufenen - besonderen Verjährungsfrist von
zehn Jahren nach § 196 BGB.
17 bb) Nach § 196 BGB verjähren in zehn Jahren Ansprüche auf Übertragung
des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder
Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts
eines solchen Rechts, also nach § 873 BGB zu erfüllende Ansprüche, sowie
Ansprüche auf die Gegenleistung. Auf einen Anspruch auf Herausgabe einer
ohne Rechtsgrund geleisteten Zahlung, um den es hier geht, ist diese
Regelung deshalb nur anwendbar, wenn die rückabzuwickelnde Zahlung als
Gegenleistung für einen Vertrag über ein Recht an einem Grundstück zu
qualifizieren ist.
18 cc) Eine solche Einordnung des Anspruchs der Klägerin scheitert nicht
daran, dass er der Rückabwicklung einer gescheiterten Vereinbarung dient.
19 (1) Ob die Vorschrift auch Rückabwicklungsansprüche erfasst, ist
allerdings umstritten. Nach herrschender Ansicht erfasst § 196 BGB nicht nur
vertragliche Ansprüche, die nach § 873 BGB zu erfüllen sind, sondern auch
gesetzliche und diese auch dann, wenn es sich um Sekundäransprüche handelt
(Erman/Schmidt-Räntsch, aaO, § 196 Rdn. 4; Palandt/Heinrichs, aaO, § 196
Rdn. 5; PWW/Kesseler, aaO, § 196 Rdn. 3; MünchKomm-BGB/Grothe, 5. Aufl., §
196 Rdn. 5; Staudinger/Peters, BGB [2003], § 196 Rdn. 9). Teilweise wird
demgegenüber die Ansicht vertreten, Ansprüche auf Rückabwicklung von
Verträgen seien hiervon auszunehmen, weil die Schwierigkeiten beim Vollzug
solcher Ansprüche, die Anlass für die Regelung gegeben hätten, hier nicht
bestünden (LG Rottweil, NJW-RR 2007, 452, 453; AnwK/Mansel/Stürner, aaO,
§ 196 Rdn. 29; Bamberger/Roth/Henrich, § 196 Rdn. 3). Träfe das zu, wäre
nicht nur die Rückabwicklung der Verfügung über das Grundstück aus dem
Anwendungsbereich des § 196 BGB ausgenommen, sondern auch die Rückabwicklung
der geleisteten Zahlung. Diese könnte dann nämlich keine Gegenleistung
sein.
20 (2) Dem folgt der Senat nicht. Die Vorschrift stellt allein auf den
Inhalt, nicht aber auf den Grund des Anspruchs ab. Sie geht damit auch
nicht über das angestrebte Ziel hinaus. Mit der Sonderverjährung für die
beschriebenen Ansprüche hat der Gesetzgeber nach den Materialien den
Besonderheiten dieser Ansprüche Rechnung tragen wollen. Diese Besonderheiten
hat der Gesetzgeber nach der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks.
14/6040 S. 105) vor allem darin gesehen, dass die Erfüllung von
Ansprüchen über Rechte an Grundstücken nicht allein von dem Schuldner,
sondern von der Mitwirkung staatlicher Stellen abhängt. Verfügungen über ein
Grundstück oder ein Recht an einem Grundstück setzten deren Eintragung in
das Grundbuch voraus. Diese könne sich verzögern, auch wenn der Schuldner
alles seinerseits Erforderliche veranlasst habe. Es könne eine
Teilungsvermessung erforderlich, aber nicht schnell zu erreichen sein. Die
Erteilung der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung könne sich in die
Länge ziehen. Nicht zuletzt brauche das Grundbuchamt selbst Zeit zur
Prüfung. Darin unterscheiden sich Rückabwicklungsansprüche nicht
substantiell von Erfüllungsansprüchen. Zwar mag sich das
Verzögerungspotential bei Vermessung und steuerlicher Prüfung verringern,
etwa weil das zu teilende Grundstück bereits geteilt und bei der
Rückabwicklung eines Vertrags Grunderwerbsteuer nicht zu zahlen ist. Es
können sich aber neue Verzögerungsgefahren etwa daraus ergeben, dass das
zurückzuübertragende Grundstück mit anderen Grundstücken verschmolzen worden
und erneut zu teilen oder dass es lastenfrei zu machen ist. Vor allem aber
ändert sich nichts daran, dass auch die Rückabwicklung eines
Grundstücksgeschäfts im Grundbuch zu vollziehen ist und sich der
Grundbuchvollzug verzögern kann. Das entzieht einer teleologischen
Reduktion der Vorschrift den Boden.
21 dd) Die Anwendung des § 196 BGB auf einen Bereichungsanspruch scheitert
auch nicht daran, dass bei einem solchen Anspruch ein
Gegenseitigkeitsverhältnis nicht besteht. Zur Beschreibung eines "Anspruchs
auf die Gegenleistung" wird zwar teilweise auf den dem Vertragsrecht
entlehnten Begriff des Synallagma Bezug genommen (Bamberger/Roth/Henrich,
aaO, § 196 Rdn. 11; Erman/Schmidt-Räntsch, aaO, § 196 Rdn. 5; PWW/Kesseler,
aaO, § 196 Rdn. 6; im Ansatz auch MünchKomm-BGB/Grothe, aaO, § 196 Rdn. 7).
Die Wechselbezüglichkeit der Ansprüche, die damit angesprochen wird, ist
aber nicht auf vertragliche Ansprüche begrenzt. Sie kann auch bei
gesetzlichen Ansprüchen vorliegen. Deshalb ist etwa anerkannt, dass § 196
BGB auch auf die Rückabwicklungsansprüche aus einem nichtigen
Grundstückskaufvertrag anwendbar ist (Staudinger/Peters, aaO, § 196 Rdn.
11; im Ergebnis auch MünchKomm-BGB/Grothe aaO).
22 ee) Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
23 (1) Die gescheiterte Reservierungsvereinbarung enthielt die Verpflichtung
zur Übertragung des Eigentums an der reservierten Teilfläche. Die Beklagten
haben sich darin zwar nicht unmittelbar zur Übertragung des Eigentums an der
Teilfläche verpflichtet. Es mag auch zweifelhaft sein, ob sie der Klägerin
ein Vorkaufsrecht eingeräumt haben. Sie haben ihr aber jedenfalls ein
Erwerbsrecht eingeräumt. Das wiederum setzt, wie oben dargelegt, eine durch
das Ankaufverlangen der Klägerin und den Abschluss des Kaufvertrags bedingte
Verpflichtung der Beklagten zur Veräußerung der Teilfläche voraus. Eine
solche bedingte Verpflichtung reicht, wie bei § 313 Satz 1 a. F. BGB (= §
311b Abs. 1 Satz 1 BGB) auch bei § 196 BGB aus.
24 (2) Unerheblich ist auch, dass es nicht zu der beabsichtigten
Rechtsänderung an der Teilfläche, sondern lediglich zur Zahlung der
Reservierungspauschale gekommen ist. Die Vorschrift sieht eine solche
Einschränkung nicht vor und begnügt sich damit, dass der Anspruch in einem
Gegenseitigkeitsverhältnis zu einem Anspruch auf, soweit hier von Bedeutung,
Übertragung des Eigentums an einem Grundstück steht. Dem entspricht es, dass
die Verjährungsfrist für den Übertragungsanspruch nicht davon abhängt, dass
es eine Gegenleistung gibt (Erman/Schmidt-Räntsch, aaO, § 196 Rdn. 6). Nur
dieses Verständnis entspricht dem Zweck der Einbeziehung von Ansprüchen auf
die Gegenleistung in die Vorschrift. Bei diesem Anspruch ergeben sich
zwar die Schwierigkeiten nicht, die den Gesetzgeber zur Einführung der
Sonderverjährung veranlasst haben. Ohne die Einbeziehung der Ansprüche auf
die Gegenleistung in die Vorschrift hätten sich jedoch unterschiedliche
Verjährungsfristen regelmäßig wechselbezüglicher Ansprüche ergeben, was
wiederum das Synallagma gestört hätte. Das wollte der Gesetzgeber mit der
Einbeziehung auch dieser Ansprüche vermeiden (Beschlussempfehlung der
Ausschüsse in BT-Drucks. 14/7052
S. 179). Dann aber kann es nur darauf ankommen, ob die Ansprüche in
einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen.
25 (3) Ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis liegt hier vor.
26 a) Aus dem Inhalt des Anspruchs selbst lässt es sich allerdings nicht
ableiten, weil dieser als Bereicherungsanspruch für sich genommen nicht
aussagekräftig ist. Ein Gegenseitigkeitsverhältnis kann sich aber
auch aus dem Anlass und dem Zusammenhang ergeben, in dem die rechtsgrundlose
Leistung erbracht wurde. Dazu gehört bei der bereicherungsrechtlichen
Rückabwicklung der (gescheiterte) Vertrag, aufgrund dessen die darin
vorgesehenen Leistungen erbracht wurden, die rückabgewickelt werden sollen.
Anders ließe sich, wie von dem Gesetzgeber angestrebt, nicht erreichen, dass
die Ansprüche beider Parteien einer gleich langen Verjährungsfrist
unterliegen. Denn der Anspruch auf Rückabwicklung der Verfügung
unterläge einer Verjährungsfrist von zehn Jahren, der Anspruch auf
Rückabwicklung der Zahlung dagegen, anders als der Zahlungsanspruch aus dem
vorgesehenen Vertrag bei dessen Wirksamkeit, der regelmäßigen
Verjährungsfrist von drei Jahren. Für einen solchen Unterschied gibt es nach
der Grundentscheidung des Gesetzgebers für eine "verjährungsrechtliche
Waffengleichheit" keinen Grund.
27 b) Nach der Reservierungsvereinbarung sollte die Reservierungspauschale
nicht nur für das bloße Stillhalten der Beklagten gezahlt werden. Dagegen
spricht schon ihre Höhe; die Pauschale macht etwa ein Drittel des
vorgesehenen Kaufpreises aus. Sie war vielmehr für das Erwerbsrecht und
damit gerade auch für die vorgesehene bedingte Verpflichtung der Beklagten
gezahlt worden, der Klägerin auf Verlangen das Eigentum an der reservierten
Teilfläche zu übertragen. Nur so ist es zu erklären, dass die Pauschale auf
den nach Vertragsschluss zu zahlenden Kaufpreis angerechnet werden sollte.
Sie war damit als Gegenleistung für die Übertragung des Eigentums gedacht.
Daran ändert das Scheitern der Vereinbarung nichts. Das
Gegenseitigkeitsverhältnis setzt sich vielmehr bei ihrer Rückabwicklung
fort.
III. 28 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
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