Die synallagmatische Verknüpfung von Leistungen auf (nichtige) gegenseitige Verträge verlangt, daß bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung weiterhin eine Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung berücksichtigt wird ("Weiterdenken" des Synallagmas). Solange sowohl Leistung als auch Gegenleistung noch vorhanden, ergeben sich keine Probleme: Jeder Vertragspartner kann nach § 812 I 1 Alt. 1 beim anderen seine Leistung kondizieren, beide Ansprüche sind gem. § 273, 274 Zug um Zug zu erfüllen. Wenn aber die Gegenleistung beim Empfänger (teilweise) untergegangen ist, wäre es unbillig, wenn dieser einerseits seine Leistung voll kondizieren könnte, sich andererseits aber - auch beim verschuldeten Untergang - nach § 818 III auf Entreicherung bezüglich der Gegenleistung berufen könnte, so daß das ZBR aus § 273 mangels Gegenanspruch ins Leere ginge (sog. "Zweikondiktionentheorie"). Der Bereicherungsgläubiger würde nämlich so auch das Risiko des verschuldeten Unterganges seiner Leistung bei dem Leistungsempfänger tragen. Wertungsgesichtpunkte (vgl. Larenz/Canaris SR II/2 § 73 III 2 a):
1. Saldotheorie (Rspr.) Als Gegenstand des Bereicherungsanspruches sind bei gegenseitigen Verträgen nicht jeweiligen Leistungen anzusehen, sondern nur der Überschuß, der sich aus der Saldierung von Leistung und Gegenleistung zugunsten einer Partei ergibt (vgl. etwa BGH NJW 1999, 1181). Es existiert also von vorneherein nur ein Bereicherungsanspruch in der Person, zu deren Gunsten sich ein positiver Überschuß (Saldo) ergibt. Leistung und Gegenleistung sind nur unselbständige Rechnungsposten. Das gilt auch für wechselseitige Ansprüche auf Nutzungsersatz (vgl. etwa BGH NJW 2000, 3046). Die Feststellung dieses Saldo erfolgt unabhängig von § 818 III , erst auf den nach der Saldierung verbleibenden (einzigen) Bereicherungsanspruch ist § 818 III anwendbar. Damit bleibt die Gegenleistung bis zur Höhe des Saldos auch dann berücksichtigt, wenn sie ersatzlos untergegangen ist.
Einschränkungen der Saldotheorie erfolgen nach h.M. dann, wenn der Bereicherungsgläubiger besonders schützenswert ist:
Diese (und andere) Schwächen der Saldotheorie haben in der Wissenschaft in jüngerer Zeit zu alternativen Lösungsansätzen, insbesondere zur von Canaris begründeten Lehre von der "Gegenleistungskondiktion" geführt (vgl. zum ganzen jüngst zusammenfassend Thier JuS-Lernbogen 2/1999 Seite L 9 ff sowie Medicus SBT Rn. 694 f). 2. Modifizierte Zweikondiktionentheorie (Lehre von der Gegenleistungskondiktion) Die inzwischen wohl h.M. in der Literatur geht angesichts der Schwächen der Saldotheorie vom Grundsatz der Zweikondiktionentheorie aus, schränkt aber die Berufung auf § 818 III (1. Fallgruppe) wegen des Unterganges des Gegenstandes aufgrund einer teleologischen Reduktion des § 818 III ein. Danach darf sich ein Partner eines gegenseitigen Vertrages wegen des Untergangs des ihm geleisteten Gegenstandes nicht auf § 818 III berufen, wenn er für den Untergang "verantwortlich" ist. Dabei ist aber auch die Wertung des § 346 III zu berücksichtigen. Nach a.A. (Canaris, Medicus) kommt es auf "Verschulden" nicht an, sondern alleine auf Zurechenbarkeit: § 818 III schützt beim nichtigen gegenseitigen Vertrag zwar den guten Glauben an die Wirksamkeit des Vertrags. Man darf also - solange man glaubt, daß ein wirksamer Vertrag vorliegt - darauf vertrauen, die Sache behalten zu dürfen und bei Verlust keinen Ersatz leisten zu müssen. Allerdings weiß man dann auch, daß man die Gegenleistung erbringen muß bzw. diese ebenfalls "verloren" ist. Deswegen ist § 818 III dann nicht anzuwenden, wenn der Verlust der Sache "zurechenbar" ist. Für diese Frage wird im wesentlichen auf die Wertung der §§ 104 ff abgestellt (Larenz/Canaris SR II/2 § 73 III 4; Medicus, SBT Rn. 696). De facto ist die modifizierte Zweikondiktionenlehre also eine mehrfache teleologische Reduktion von § 818 III (bzw. eine Analogie zu §§ 819 I, 818 IV), welche im Ergebnis nur dort von Bedeutung ist, wo die Saldotheorie aus og. Gründen "versagt". Allerdings wird § 818 III dadurch nicht bedeutungslos. Auch bei Wirksamkeit des gegenseitigen Vertrages hätte der Bereicherungsschuldner nur seine eigene Gegenleistung erbracht. Ist der Wert des ihm geleisteten Gegenstandes höher, so haftet er dennoch nur bis zur Höhe seiner Gegenleistung (Medicus SR BT Rn. 696: "Opfergrenze"). Weiter ist § 818 III dann uneingeschränkt anwendbar, wenn der Schutzzweck der nichtigkeitsauslösenden Norm der faktischen Durchführung des Synallagmas entgegensteht, so insbesondere bei Minderjährigen oder bei arglistiger Täuschung. Es gelten also inhaltlich die gleichen Ausnahmen wie bei der Saldotheorie.
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