Falsa demonstratio beim
Grundstückskauf (Bestätigung und Fortführung von
BGH NJW 2002, 1038 und
BGHZ 87, 150 ff)
BGH, Urt. v. 18. Januar
2008 - V ZR 174/06
Fundstelle:
NJW 2008, 1658
Amtl. Leitsatz:
a) Beschreiben die
Parteien das verkaufte Anwesen im Kaufvertrag versehentlich mit einer
Grundstücksbezeichnung, die nur einen Teil des Anwesens umfasst, ist nach
den Grundsätzen der falsa demonstratio auch die übrige Fläche des Anwesens
mitverkauft (Fortführung von Senat, Urt. v. 7.
Dezember 2001, V ZR 65/01, NJW 2002, 1038).
b) Die Eigentumsverschaffungspflicht des Verkäufers ist auch dann
hinreichend bestimmt, wenn die verkaufte Teilfläche in der Örtlichkeit
eindeutig bestimmt ist und die Parteien ihre verbindliche Festlegung der
Durchführung des Vertrags überlassen haben (Bestätigung von Senat, BGHZ 150,
334).
Zentrale Probleme:
Die noch zum alten Schuldrecht ergangene Entscheidung
befaßt sich mit dem Problem der falsa demonstratio bei
beurkundungsbedürftigen Geschäften (s. dazu zuerst
BGHZ 87, 150 ff) Der
Senat bestätigt insbesondere, daß in einem solchen Fall die sog.
"Andeutungstheorie" nicht gilt. Der Anspruch des Klägers auf Ersatz der
Erwerbskosten für den verkauften, aber nicht geleisteten Grundstücksteil
würde sich nunmehr aus § 280 I, III, 281 BGB als Schadensersatz statt der
Leistung ergeben. Die hier bejahte Entbehrlichkeit der Fristsetzung wegen
ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung ergibt sich jetzt direkt
aus dem Gesetz (§ 281 II BGB).
©sl 2008
Tatbestand:
1 Die Beklagte erwarb 1991 von der Stadt E. ein Grundstück und bebaute es
mit einem Bürogebäude, das sie mit einer parkähnlichen Gartenanlage umgeben
ließ. Für das benachbarte unbebaute Grundstück, das ebenfalls der Stadt E.
gehörte, erhielt sie eine Kaufoption. Etwa 1.000 m2 dieses Grundstücks
wurden bei der Anlage des Gartens bepflanzt, was aber nicht auffiel. Im
Jahre 1999 suchte die Beklagte einen Käufer für das Anwesen und fand in der
Klägerin eine Interessentin. Diese besichtigte am 6. Juli 1999 das Anwesen
und nahm es mit Vertretern der Beklagten vom Dach des Bürogebäudes aus in
Augenschein. Dem äußeren Eindruck nach wurde das Anwesen dabei durch die
Gartenanlage zu dem Nachbargrundstück, einem naturbelassenen Wiesengelände,
abgegrenzt. Am 22. Juli 1999 verkaufte die Beklagte das Anwesen für etwa 8
Mio. € an die Klägerin. Als die Stadt E. später das Nachbargrundstück an ein
anderes Unternehmen verkaufen wollte, fiel auf, dass ein Teil der
Gartenanlage auf diesem Grundstück lag. Da die Beklagte es am 1. August 2003
ablehnte, der Klägerin das Eigentum auch an dieser Teilfläche zu
verschaffen, erwarb diese sie am 8. August 2003 von der Stadt E. hinzu. Sie
verlangt von der Beklagten Ersatz der Erwerbskosten, die sie mit 88.846,50 €
beziffert, nebst Zinsen.
2 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die
Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer von dem Senat zugelassenen
Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, strebt die Klägerin
weiterhin eine Verurteilung der Beklagten an.
Entscheidungsgründe:
I.
3 Das Berufungsgericht meint, ein Vertrag über die überpflanzte Teilfläche
sei nicht zustande gekommen. Zwar seien sich die Parteien darüber einig
gewesen, dass der Klägerin das gesamte Büroensemble, einschließlich des auf
dem Nachbargrundstück liegenden Teils der Gartenanlage, verkauft werden
sollte. Die Bezeichnung des Grundstücks mit seiner Grundbuchbezeichnung sei
eine falsa demonstratio gewesen. Der Vertrag über die Teilfläche scheitere
indes daran, dass diese nicht herausvermessen und deshalb weder bestimmt
noch bestimmbar gewesen sei. Dem Vertrag seien keinerlei Hinweise zu
entnehmen, wo die Grenze verlaufe. Die Beklagte hafte auch nicht auf
Schadensersatz nach § 463 BGB a.F., weil ihr keine Arglist nachzuweisen sei.
Zwar sei 1991 bekannt gewesen, dass man bei der Anlage des Gartens großzügig
vorgegangen sei. Es spreche aber nichts dafür, dass dies der Beklagten acht
Jahre später noch bewusst gewesen sei.
II.
4 Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
5 1. Die Klage ist im Wesentlichen begründet. Der Klägerin steht aus Verzug
nach den gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB hier noch maßgeblichen (dazu:
Senat, Urt. v. 13. Juli 2007, V ZR 189/06, MDR 2007, 1299 f.) §§ 440,
326, 288 BGB a.F. ein Anspruch auf Zahlung von 85.204,37 € nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. August 2003
zu. Im Übrigen sind die Klage und die Rechtsmittel unbegründet.
6 2. Die Beklagte war nach § 433 Abs. 1 BGB a.F. aus dem Kaufvertrag der
Parteien verpflichtet, der Klägerin das Eigentum auch an dem auf dem
Nachbargrundstück befindlichen Teil der Gartenanlage zu verschaffen. Diese
Verpflichtung war auch fällig (zu diesem Erfordernis:
Senat, Urt. v. 28. September 2007, V ZR 139/06, ZGS
2007, 470, 471).
7 a) Nach den Feststellungen der Vorinstanzen entsprach es dem Willen der
Parteien, dass der Klägerin nicht nur das der Beklagten gehörende Teil des
Bürogeländes, sondern das gesamte Ensemble, also auch der auf dem
Nachbargrundstück befindliche Teil der Gartenanlage, verkauft wurde.
8 aa) Die Vorinstanzen haben eine Einigung dieses Inhalts aus zwei Umständen
abgeleitet: Zum einen habe die von der Beklagten beauftragte Maklerin der
Klägerin Lichtbilder vorgelegt, auf welchen sich das zum Verkauf stehende
Betriebsgelände mit der Gartenanlage deutlich von den angrenzenden
Grundstücken abhebe. Zum anderen hätten die Vertreter der Beklagten der
Klägerin das Kaufgrundstück in seiner äußeren Gestalt so, nämlich mit dem
auf dem Nachbargrundstück befindlichen Teil der Gartenanlage, vorgestellt.
Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin dieser Teil des Ensembles nicht habe
verkauft werden sollen, hätten sich nicht ergeben. Diese tatrichterliche
Würdigung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar und in diesem
Rahmen nicht zu beanstanden.
9 bb) Die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erhobene Rüge, das
Berufungsgericht habe Vortrag und Beweisantritte nicht richtig gewürdigt,
ist unbegründet. Die Beklagte hat zwar mit Schriftsatz vom 7. Januar 2005
vorgetragen, die Erklärungen dreier namentlich benannter Zeugen seien zu
keinem Zeitpunkt dahin gegangen, dass das zu veräußernde Grundstück so weit
reichen würde, wie die Bepflanzung sich abzeichnete. Dieser Vortrag ist aber
unsubstantiiert. Die Beklagte selbst beschreibt den angestrebten Gegenstand
des Kaufvertrags uneinheitlich und spricht etwa in der Klageerwiderung
davon, dass wirklicher Wille der Parteien gewesen sei, „das Grundstück R.
-Str. 31, das ehemalige A. -Grundstück, zu verkaufen“ (Seite 12, GA 71),
womit das Anwesen in der Örtlichkeit angesprochen wird. Vor allem hat sie
dort vorgetragen, darüber, ob die Bepflanzung auf dem Nachbargrundstück zum
Gegenstand des Kaufvertrags gemacht werden sollte, sei nicht gesprochen
worden (Seite 13, GA 73). Es kam deshalb allein darauf an, welcher
Erklärungsgehalt dem von dem Berufungsgericht zugrunde gelegten, von der
Beklagten auch eingeräumten Verhalten der Beklagten und ihrer Mitarbeiter
beizumessen ist.
10 cc) Dass das Berufungsgericht dabei zu einer von der Einschätzung der
Beklagten abweichenden Bewertung gekommen ist, ist ebenfalls nicht zu
beanstanden. Der Beklagten ist zwar einzuräumen, dass der Verkäufer eines
Grundstücks dieses gewöhnlich nur in dem aus dem Grundbuch und dem
Liegenschaftskataster ersichtlichen Zuschnitt und Umfang verkaufen will. Es
ist deshalb nach der Rechtsprechung des Senats normalerweise ohne Bedeutung,
ob die Grenzeinrichtungen diese Abgrenzungen nach außen deutlich machen
(Urt. v. 2. Dezember 2005, V ZR 11/05, NJW-RR 2006, 662, 664) oder ob ein
auf dem verkauften Grundstück stehendes Gebäude auf das Nachbargrundstück
überbaut ist (Senat, Urt. v. 7. Dezember 2001, V ZR
65/01, NJW 2002, 1038, 1040). Die Beklagte hat sich nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts indes gerade nicht darauf beschränkt,
der Klägerin ihr Grundstück mit seinem aus dem Liegenschaftskataster
ersichtlichen Zuschnitt und Umfang zu verkaufen. Sie hat es ihr vielmehr bei
einer Besichtigung vorgestellt und so verkauft, wie es sich hierbei
darstellte. Damit kommt es hier, anders als in den von dem Senat
entschiedenen Fällen, nicht auf den aus dem Liegenschaftskataster
ersichtlichen, sondern auf den tatsächlichen Zuschnitt des Ensembles an, zu
dem auch der auf dem Nachbargrundstück befindliche Teil der Gartenanlage
gehört.
11 b) Diese Verpflichtung ist auch Inhalt des zwischen den Parteien
beurkundeten Kaufvertrags geworden.
12 aa) Darin wird allerdings, das ist der Beklagten zuzugeben, nur das der
Beklagten seinerzeit gehörende Grundstück unter Angabe seiner Größe, nicht
auch der darüber hinausgehende Teil der Gartenanlage als Kaufgegenstand
genannt. Das ist aber unschädlich, wenn, wie hier, feststeht, dass die
Vertragsparteien tatsächlich mehr verkaufen wollten. Denn dann handelt es
sich bei der Grundstücksbezeichnung im Vertragstext um eine versehentliche
Falschbezeichnung (falsa demonstratio). Eine solche Falschbezeichnung ändert
nach § 133 BGB nichts daran, dass – wie auch sonst – nicht das fehlerhaft
Erklärte, sondern das wirklich Gewollte gilt (BGHZ 71, 243, 247; BGH,
Urt. v. 20. Januar 1994, VII ZR 174/92, NJW 1994, 1528, 1529;
RGZ 99, 147, 148; AnwKomm-BGB/Looschelders, §
133 Rdn. 46; Bamberger/Roth/Eckert, BGB, 2. Aufl., § 133 Rdn. 27; Erman/Palm,
BGB, 11. Aufl., § 133 Rdn. 17; MünchKomm-BGB/Busche, 5. Aufl., § 133 Rdn.
14; PWW/Ahrens, BGB, 2. Aufl., § 133 Rdn. 21; Staudinger/Singer, BGB, Bearb.
2004, § 133 Rdn. 13). Dieser Grundsatz ist auch auf formgebundene
Rechtsgeschäfte anzuwenden (Senat, BGHZ 74, 116, 119;
87, 150, 153; Urt. v. 8. März 1991, V ZR 25/90,
NJW 1991, 1730, 1731; RGZ 133, 279, 281; Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB,
67. Aufl., § 133 Rdn. 8, 19; MünchKomm-BGB/Busche aaO; Staudinger/Singer,
aaO, § 133 Rdn. 34; Hagen/Krüger in: Hagen/Brambring/Krüger/Hertel, Der
Grundstückskauf, 8. Aufl., Rdn. 2; Wilhelm, Sachenrecht, 3. Aufl., Rdn.
818). Der Senat hat das für den Fall entschieden, dass im Vertragstext
als Kaufgegenstand das gesamte Grundstück genannt wird, obwohl die Parteien
nur eine bestimmte Teilfläche verkaufen wollten (Urt.
v. 7. Dezember 2001, V ZR 65/01, NJW 2002, 1038, 1039; ebenso insoweit
schon OLG Hamm, NJW-RR 1992, 152, 153). Für den hier vorliegenden,
umgekehrten Fall, dass die Parteien eine Fläche verkaufen wollen, die über
das dem Verkäufer bereits gehörende Grundstück hinausgeht, gilt nichts
anderes (Senat, BGHZ 87, 150, 155 f.).
13 bb) Auf die von dem Berufungsgericht offen gelassene Frage, ob der
Wille der Parteien in der Vertragsurkunde einen ausreichenden Niederschlag
gefunden hat, kommt es nicht an. Richtig ist zwar, dass das von den Parteien
Vereinbarte (dazu: Senat, Urt. v. 30. Juni 2006, V ZR 148/05, ZfIR 2007,
55, 56 m. abl. Anm. Kulke ebenda S. 58, 59; Krüger, ZfIR 2007, 175, 177)
bei einem – wie hier – formbedürftigen Rechtsgeschäft nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seinen – wenigstens andeutungsweisen –
Niederschlag in der Urkunde gefunden haben muss (Senat, BGHZ 74, 116,
119; 87, 150, 154; BGH, Urt. v. 17. Februar
2000, IX ZR 32/99, NJW 2000, 1569, 1570; Hagen/Krüger, aaO, Rdn. 11 f.;
kritisch: MünchKomm-BGB/Busche, aaO, § 133 Rdn. 57; Staudinger/Singer, aaO,
§ 133 Rdn. 31-33). Dieses Erfordernis gilt aber bei einer versehentlichen
Falschbezeichnung nicht. Hier reicht es aus, wenn das – von den Parteien in
anderem Sinne verstandene – objektiv Erklärte, hier die versehentlich
fehlerhafte Bezeichnung des Kaufgegenstands im Vertrag, dem Formerfordernis
genügt (Senat, BGHZ 87, 150, 155;
Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB, 67. Aufl., § 133 Rdn. 19; Staudinger/Singer,
aaO, § 133 Rdn. 33 f.). Beurkundet ist dann das wirklich Gewollte, nur
falsch Bezeichnete.
14 c) Der Wirksamkeit der Verpflichtung der Beklagten steht, anders als das
Berufungsgericht meint, nicht entgegen, dass die Teilfläche des
Nachbargrundstücks, an welcher die Beklagte der Klägerin das Eigentum zu
verschaffen hat, nicht hinreichend bestimmt wäre.
15 aa) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts,
dass ein Vertrag über den Verkauf einer noch zu vermessenden Teilfläche nach
der Rechtsprechung des Senats nur wirksam ist, wenn die Vertragsparteien
Einigkeit über die Größe, die Lage und den Zuschnitt der Fläche erzielt
haben und dieser Wille in der Urkunde seinen Niederschlag gefunden hat (BGHZ
150, 334, 339 f.; Senat, Urt. v. 23. April 1999, V ZR 54/98, NJW-RR 1999,
1030). Unzutreffend ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, dass dazu
eine vorherige Vermessung der zu verkaufenden Teilfläche erforderlich sei.
Ohne eine solche Vermessung kann das Eigentum an der Teilfläche zwar noch
aufgelassen werden (Senat, Urt. v. 7. Dezember 2001, V ZR 65/01, NJW 2002,
1038, 1039 f.), diese Auflassung aber nicht in das Grundbuch eingetragen
werden, weil ein noch nicht vermessener Grundstücksteil nicht als Grundstück
im Grundbuch gebucht werden kann, und zwar auch dann nicht, wenn die
Teilfläche in einem notariellen Vertrag mit Skizze hinreichend genau
bestimmt ist, weil es häufig zu Differenzen zwischen den mehr oder minder
genauen Planunterlagen in notariellen Urkunden und der endgültigen
Vermessung kommt (Senat, BGHZ 150, 334, 338; Urt. v. 21. Februar 1986, V ZR
246/84, NJW 1986, 1867, 1868). Für die Wirksamkeit des schuldrechtlichen
Vertrags (wie auch der Auflassung) kommt es darauf aber nicht an;
entscheidend ist vielmehr nur, dass der Inhalt der Leistungspflicht des
Verkäufers, aus der ausschließlich der Käufer Rechte herleiten kann,
hinreichend sicher bestimmt werden kann (Senat, BGHZ 150, 334, 339).
16 bb) Das setzt entgegen der Annahme des Berufungsgerichts (ähnlich auch:
OLG Hamm, NJW-RR 1992, 152, 153) nicht voraus, dass die verkaufte Teilfläche
eines Grundstücks zuvor vermessen, das Kaufgrundstück vorher also
katastertechnisch zerlegt wird. Die Bestimmung des Kaufgegenstands kann auch
auf andere Weise getroffen werden.
17 (1) So reicht es aus, wenn dem Vertrag ein maßstabsgerechter Plan oder
eine Skizze beigefügt wird, aus der hervorgeht, welche Teilfläche verkauft
werden soll (BGHZ 74, 116, 118 f.; Urt. v. 23. April 1999, V ZR 54/98,
NJW-RR 1999, 1030). Das Fehlen einer solchen Skizze kann dem Vertrag,
insofern ist dem Berufungsgericht im Ansatz Recht zu geben, zwar die
notwendige Bestimmtheit nehmen (BGHZ 74, 116, 120 f.; Urt. v. 23. April
1999, V ZR 54/98, NJW-RR 1999, 1030; vgl. auch Urt. v. 15. März 1967, V ZR
60/64, LM BGB § 155 Nr. 2, und Urt. v. 13. Juni 1980, V ZR 119/79, WM 1980,
1013, 1014). Das gilt, was das Berufungsgericht übersehen hat, aber nur,
wenn die Parteien den Kaufgegenstand bei der Veräußerung einer noch zu
vermessenden Grundstücksteilfläche durch eine bestimmte Grenzziehung in
einer der Kaufvertragsurkunde beigefügten zeichnerischen Darstellung
verbindlich festlegen wollen (Senat, BGHZ 150, 334, 340). Denn dann lässt
sich der Gestaltungswille der Parteien dem Vertrag nur entnehmen, wenn er
eine solche zeichnerische Darstellung enthält und wenn diese auch
maßstabsgerecht ist.
18 (2) Haben sich die Parteien dagegen bei Vertragsabschluss mit einem
geringeren Bestimmtheitsgrad zufrieden gegeben und die verbindliche
Festlegung der Durchführung des Vertrags oder einem Dritten überlassen, ist
das Verpflichtungsgeschäft auch ohne eine solche maßstabsgerechte
Darstellung wirksam (Senat, BGHZ 150, 334, 340). Unter dieser Voraussetzung
kann die Leistungspflicht des Verkäufers auch mit einer nicht
maßstabsgerechten Skizze hinreichend bestimmt sein (Senat, Urt. v. 30.
Januar 2004, V ZR 92/03, NJW-RR 2004, 735). Wenn eindeutig feststellbar ist,
welche Fläche verkauft werden soll, können die Parteien auch davon absehen,
die Vorgaben, anhand derer die Teilfläche bei der Durchführung später exakt
festgelegt werden soll, in den Vertrag aufzunehmen. Der Senat hat dies etwa
für den Fall anerkannt, dass die Parteien das zu verkaufende Anwesen
besichtigt haben, um dem Käufer eine Vorstellung von dem Kaufgegenstand zu
verschaffen, und diesem hierbei (im entschiedenen Fall: durch eine
unterschiedliche Pflasterung) klar vor Augen trat, welche Fläche Gegenstand
des Kaufvertrags sein sollte (Senat, Urt. v. 7.
Dezember 2001, V ZR 65/01, NJW 2002, 1038, 1040).
19 cc) Diese zuletzt genannte Fallgestaltung liegt hier vor. Nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Parteien das Anwesen der
Beklagten besichtigt und sich darüber geeinigt, es mit den Ausmaßen zu
verkaufen, die bei der gemeinsamen Besichtigung des Grundstücks zutage
getreten waren. Dazu gehörte danach auch der Teil der Gartenanlage, der sich
auf dem Nachbargrundstück befand. Dieser Teil des Nachbargrundstücks hob
sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts optisch durch seinen
Bewuchs und einen Hasenzaun von dem übrigen Nachbargrundstück ab, das als
naturbelassenes Wiesengelände angelegt war. Damit wird die
Eigentumsverschaffungspflicht der Beklagten zwar, das ist dem
Berufungsgericht zuzugeben, nicht mit der gleichen Präzision bestimmt wie
bei einer Vermessung oder bei der Beifügung einer maßstabsgerechten Skizze.
Darauf kommt es für die hier zu entscheidende Frage nach dem Umfang der
Eigentumsverschaffungspflicht des Verkäufers gegenüber dem Käufer aber, wie
bereits ausgeführt, nicht an. Die Parteien haben sich nach dem Inhalt ihrer
von dem Berufungsgericht festgestellten Einigung mit einem geringeren Maß an
Bestimmtheit, nämlich mit den in der Örtlichkeit vorhandenen Begrenzungen
durch Bewuchs und Zaun begnügt und alles Weitere der Durchführung des
Vertrags überlassen. Entscheidend ist deshalb allein, ob Bewuchs und Zaun
den mitverkauften Teil des Nachbargrundstücks so deutlich beschrieben, dass
die für die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch erforderliche
Bestimmung seiner exakten Grenzen bei der Durchführung des Vertrags möglich
war. Daran bestehen keine Zweifel. Die beiden Teile des Nachbargrundstücks
hoben sich optisch eindeutig voneinander ab. Dass sie theoretisch durch
einen Eingriff in den bisherigen Zustand hätten verändert werden können, ist
unerheblich. Denn die Vertragstreuepflicht der Parteien eines Kaufvertrags
verpflichtet diese wechselseitig dazu, den Kaufgegenstand nicht
vertragswidrig zu verändern (Senat, Urt. v. 17. Juni 2005, V ZR 328/03,
BGH-Report 2005, 1371).
20 d) An der Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin Eigentum an der
Gartenfläche auf dem Nachbargrundstück zu verschaffen, änderte es
schließlich nichts, wenn die Beklagte davon ausgegangen sein sollte, ihr
gehöre das gesamte Büroensemble. Das würde ihre Verpflichtung nach den
früher maßgeblichen Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nur
entfallen lassen, wenn auch die Klägerin hiervon ausgegangen und der
Beklagten ein Festhalten an dem Vertrag nicht zuzumuten war (Senat, BGHZ
25, 390, 395; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 242 Rdn. 131).
Jedenfalls an der zweiten Voraussetzung fehlt es. Der vereinbarte und der
Beklagten auch gezahlte Kaufpreis war die Gegenleistung für das
Gesamtensemble; ein Nacherwerb der Teilfläche war der Beklagten, wie
ausgeführt, möglich. Den dafür erforderlichen Kaufpreis hatte die Klägerin
mit dem Kaufpreis für das Gesamtensemble wirtschaftlich im Voraus gezahlt.
21 3. Die Beklagte hat es eindeutig und endgültig abgelehnt, der Klägerin
das Eigentum an der für die Gartenanlage mit in Anspruch genommenen
Teilfläche des Nachbargrundstücks zu verschaffen. Dazu war sie nach dem
Vertrag nicht berechtigt. Eine solche grundlose endgültige Verweigerung der
Erfüllung eines gegenseitigen Vertrags berechtigt den Gläubiger nach § 326
Abs. 1 BGB a.F. dazu, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Es
bedurfte dazu weder einer Mahnung (Senat, Urt. v. 28. September 2007, V
ZR 139/06, ZGS 2007, 470, 471), noch einer Nachfristsetzung (siehe nur
Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 326 Rdn. 22). Damit steht der
Klägerin der geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach zu.
22 4. Der Anspruch ist allerdings nur in zuerkannter Höhe begründet. Im
Übrigen ist er von der Beklagten substantiiert bestritten worden, ohne dass
die Klägerin ihren Vortrag ergänzt hätte. Mit diesen Einwänden hat sich das
Berufungsgericht, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, nicht befasst.
Hierüber kann der Senat selbst entscheiden, da es weiterer Aufklärung nicht
bedarf.
23 a) Die Klägerin hat nach dem Kaufvertrag mit der Stadt E. vom 8. August
2003 und dem Grunderwerbsteuerbescheid des Finanzamts E. vom 8. September
2003 für den Hinzuerwerb der Teilfläche nicht, wie geltend gemacht, 80.960
€, sondern nur 80.398,91 € gezahlt. Die gezahlte Grunderwerbsteuer betrug
nach dem vorgelegten Grunderwerbsteuerbescheid des Finanzamts E. nicht
2.833,60 €, sondern nur 2.813 €.
24 b) Die entstandenen Notarkosten hat die Klägerin nicht belegt. Das war
jedoch geboten, weil die Beklagte sie bestritten hat. Da der Hinzuerwerb
nach § 313 BGB a.F. (jetzt § 311b Abs. 1 BGB) beurkundungspflichtig war und
für die Beurkundung nach §§ 32, 36 Abs. 2, 140, 141, 151a KostO von Gesetzes
wegen mindestens zwei volle Gebühren zu 177 € nebst Umsatzsteuer angefallen
sind, ist das Bestreiten der Beklagten aber in diesem Umfang unsubstantiiert.
Der Klägerin sind deshalb insoweit 421,26 € zuzuerkennen.
25 c) Zuzuerkennen sind der Klägerin auch die angesetzten und belegten
Vermessungskosten von 1.571,20 €. Hiergegen wendet die Beklagte ein, die
Kosten hätten sich durch ein Zurückgreifen auf die Abmarkung geringer halten
lassen. Das trifft nicht zu. Die Teilung des Nachbargrundstücks und die
Abschreibung der hinzuerworbenen Teilfläche setzte nach § 2 Abs. 3 GBO seine
katastertechnische Zerlegung in zwei Flurstücke und eine entsprechende
Fortschreibung des Liegenschaftskatasters voraus. Die ist nur mit einer
Abmessung der Teilfläche zu erreichen. Eine Abmarkung reicht dazu nicht,
weil sie die aus dem Liegenschaftskataster ersichtlichen Grenzen in der
Örtlichkeit darstellen soll, diese aber gerade nicht verändern darf.
26 5. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB in der vom 1. Mai 2000 bis
zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung i.V.m. Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3, §
5 Satz 1 EGBGB. Denn der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist jedenfalls
erst mit der Weigerung der Beklagten vom 1. August 2003, ihr Eigentum auch
an dieser Teilfläche zu verschaffen, fällig geworden.
27 6. Ein Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Kosten ihres
Prozessbevollmächtigten steht der Klägerin dagegen nicht zu. Dieser ließe
sich als Verzögerungsschaden nur aus § 286 Abs. 1 BGB a.F. ableiten und ist
danach nicht begründet. Bei Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten war
die Beklagte mangels Mahnung oder Erfüllungsverweigerung noch nicht in
Verzug. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist ein Ersatz der Kosten auch
nicht im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass schwierige Fragen zu klären
waren. Ersatzfähig ist nämlich nur der Schaden, der durch den Verzug adäquat
kausal verursacht worden ist (RGZ 109, 97, 99; MünchKomm-BGB/Ernst, aaO §
280 Rdn. 122). Dazu gehörten die hier geltend gemachten Beratungskosten
jedenfalls nicht. Es war nämlich nicht damit zu rechnen, dass die Klägerin
Rechtsrat einholte, bevor sie die Beklagte überhaupt mit dem aufgetretenen
Problem konfrontierte und ihre Reaktion abwartete.
28 7. Den Ansprüchen der Klägerin steht auch nicht die von der Beklagten
erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Sie unterlagen nach § 195 BGB a.
F. bis zum Ablauf des 31. Dezember 2001 einer Verjährungsfrist von 30 und
seitdem nach § 195 BGB einer Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese begann
nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 1. Januar 2002 und ist durch die
Erhebung der Klage nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtzeitig gehemmt worden.
29 8. Darauf, ob sich ein Anspruch der Klägerin auch aus § 463 BGB a.F.
ableiten ließe, kommt es nicht an.
III.
30 Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
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