(Dingliches) Geschäft "für den, den es angeht";
Inhalt der Annahme der Übereignungsofferte nach § 929 BGB; Übergabe und
Geheißerwerb; Voraussetzungen des mittelbaren Besitzes: Besitzmittlungswille
des unmittelbaren Besitzers; Aneignung von herrenlosen Sachen (§ 958 BGB)
BGH, Urteil vom 16. Oktober 2015 - V
ZR 240/14 - OLG Stuttgart
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Für wen eine
Übereignungsofferte „an den, den es angeht" angenommen werden soll, bestimmt
sich allein nach dem Willen des Empfängers der Erklärung. Will dieser selbst
Eigentum erwerben, scheidet ein Eigentumserwerb eines anderen auch dann aus,
wenn der Eigenerwerbswille im Innenverhältnis zu diesem pflichtwidrig ist.
Zentrale Probleme:
Ein wirklich extrem lehrreiche Entscheidung zum
Sachenrecht zu einem - zumindest im Kern - einfachen Sachverhalt: Wem gehört
das Altpapier, das vom bisherigen Eigentümer vor dem Haus zur Abholung
bereitgestellt wird?
Im konkreten Fall ging es um ein ziemlich
"verschachtelte" Sammlungsaktion, bei welcher ein Unternehmen als Verwerter
kraft (aufgehobener) vertraglicher Vereinbarung beteiligt. Dabei kommen zwei
Varianten in Betracht:
Die hier zuletzt diskutierte Variante ist diejenige,
dass der Eigentümer durch das Bereitstellen gem. § 959 BGB Eigentum aufgibt (s. bei
Rn. 25), diese damit herrenlos wird und der Sammler
originär Eigentum im Wege der Aneignung (§ 958 I BGB) erwirbt. Dann käme es
darauf an, ob der Kläger Besitz an der Sache erlangt hätte. Zwar genügt hier
auch mittelbarer Besitz gem. § 868 BGB, jedoch würde dies einen
entsprechenden Besitzmittlungswillen der unmittelbaren Besitzer (= der
Sammler) für den Kläger voraussetzen, woran es hier fehlte.
Bei der Frage einer Übereignung (s. Rn. 8 ff) kommt es zu
den Grundsätzen des Geschäfts, für den, den es angeht - die einzige echte
Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip des Stellvertretungsrechts: Bei
Bargeschäften des tägliche Lebens, in welchen es für Vertragspartner des
Stellvertreters in jeder Hinsicht irrelevant ist, wer sein Vertragspartner
ist, verzichtet man auf Seiten des Stellvertreters darauf, dass dieser
erkennbar im Namen des Vertretenen handelt. Das gibt es zwar auch bei
schuldrechtlichen Geschäften, ist dort aber selten, weil es dem Schuldner
i.d.R. gerade nicht egal ist, wem gegenüber er sich verpflichtet (und wer
sich im Gegenzug ihm gegenüber verpflichtet. Bei dinglichen Rechtsgeschäften
kommt das eher in Betracht (s.
BGHZ 154, 276). Hier kann man davon ausgehen, dass der bisherige
Eigentümer des Papiers mit dem Bereitlegen ein Angebot auf Übereignung
i.S.v. § 929 BGB macht. Ob dieses Angebot von dem Sammler für diesen selbst,
oder für einen Dritten angenommen wird, ist ihm i.d.R. gleichgültig. Auch
verzichtet er gem. § 151 BGB auf den Zugang der Annahme der dinglichen
Einigung. Ob nun das Angebot auf Übereignung von dem Sammler für sich selbst
oder für einen Dritten erfolgt, muss für den früheren Eigentümer nicht
erkennbar sein (weil es ihm egal ist, wer Eigentümer des Altpapiers wird).
Ob nun der sammelnde das Angebot zur Einigung nach § 929 BGB (konkludent)
für sich oder eine andere Person annimmt, richtet sich allein nach dessen
inneren Willen und muss ebenfalls nicht nach außen hervortreten.
Des weiteren erfordert die Übereignung nach § 929 BGB auch noch die Übergabe
(s. dazu bei Rn. 20 ff). Das ist etwas rein tatsächliches
und kein Rechtsgeschäft, so dass es dabei keine Stellvertretung gibt.
Dennoch lässt man auch hier eine Repräsentation zu: Übergabe bedeutet
eigentlich die Verschaffung unmittelbaren Besitzes beim Erwerber. Man lässt
es aber auch zu, dass der unmittelbare Besitz einer Hilfsperson des
Erwerbers verschafft wird, die "für diesen besitzt", d.h. ihm mittelbaren
Besitz verschafft. Entscheidend für § 929 BGB ist alleine, dass beim
Veräußerer kein Besitz mehr verbleibt. Das ist der sog. "Geheißerwerb". Der
Senat verneint hier bereits eine dingliche Einigung für den Kläger,
jedenfalls aber eine Übergabe: Die Sammler hatten nämlich keinen
Besitzwillen für diesen.
Lesen!!!
©sl 2016
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten um die
Eigentumsverhältnisse an gebrauchten Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe
und Kartonage (im Folgenden: PPK-Verpackungen). Der beklagte Landkreis ist
in seinem Gebiet der zuständige öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger. Die
Klägerin betreibt seit Einführung der Verpackungsverordnung im Jahre 1991
als sogenannte „Systembetreiberin" gemäß § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung
(VerpackV) bundesweit ein duales Entsorgungssystem, welches der
flächendeckenden und regelmäßigen Abholung gebrauchter
Verbrauchsverpackungen beim privaten Endverbraucher dient. An einem solchen
System haben sich Hersteller und Vertreiber, die mit Ware befüllte
Verkaufspackungen, welche typischerweise beim privaten Endverbraucher
anfallen, erstmals in den Verkehr bringen, gemäß § 6 Abs. 1 VerpackV
grundsätzlich zu beteiligen.
2 Die Klägerin führte und führt die Erfassung, also das Einsammeln der
Verkaufsverpackungen und deren Verwertung, nicht selbst durch, sondern
beauftragt(e) hierzu öffentliche und private Entsorgungsunternehmen.
Hinsichtlich der PPK-Verpackungen bestand die Besonderheit, dass diese
bereits vor Einführung der Verpackungsverordnung als Papierabfälle im
gesamten Bundesgebiet von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern -
auch von dem Beklagten - gesondert gesammelt wurden. Deshalb vereinbarte die
Klägerin mit den jeweiligen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern, dass
diese weiterhin mittels der bereits vorhandenen Sammeleinrichtungen die
gesamten Papierabfälle erfassen sollten. Die Mengenanteile sowie die
anteilige Kostentragung für die Erfassung von „normalem", so genanntem
graphischen Altpapier (Zeitungen, Zeitschriften etc.) einerseits und den
PPK-Verpackungen andererseits sollten auf Basis von Schätzungen festgelegt
werden. Die Erfassung des Altpapiers im Gebiet des Beklagten erfolgt(e)
unter anderem durch sogenannte Bündelsammlungen. Die Endverbraucher legen
hierzu das von ihnen gebündelte Altpapier zu bestimmten Terminen am
Straßenrand zur Abholung bereit. Dort wird es von Vereinen eingesammelt, die
der Beklagte hiermit beauftragt hat.
3 Die einheitliche Erfassung des Altpapiers (unter Einschluss der
PPK-Verpackungen) durch den Beklagten war Gegenstand mehrerer zwischen den
Parteien getroffener Vereinbarungen. Zuletzt schlossen sie 2011 einen
Vertrag, nach dem der Beklagte die Verpackungen weiterhin im Auftrag der
Klägerin gemeinsam mit dem übrigen Papierabfall erfassen sollte. Eine
bestimmte Menge an Altpapier sollte er der Klägerin monatlich zur Abholung
bereitstellen. Der Vertrag wurde von dem Beklagten fristgerecht gekündigt
und endete mit Ablauf des Jahres 2011. Eine Einigung über einen
Nachfolgevertrag kam nicht zustande. Seit Beginn des Jahres 2012 erhält der
Beklagte von der Klägerin für die Erfassung der PPK-Verpackungen durch die
von ihm beauftragten Vereine keine Entgelte mehr; umgekehrt wird kein
Altpapier aus den Vereinssammlungen mehr für die Klägerin bereitgestellt.
4 Die Klägerin verlangt mit der Klage - soweit für das
Revisionsverfahren von Interesse - die Feststellung, dass sie ab dem
1. Januar 2012 in Höhe eines näher bestimmten Anteils Miteigentümerin des
von dem Beklagten im Rahmen der sogenannten Vereinssammlung erfassten
Altpapiers ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das
Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der von dem
Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den
Feststellungsantrag weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des
Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
5 Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe kein (Mit-)Eigentum an dem
im Rahmen der Vereinssammlungen erfassten Altpapier erworben. Es
liege keine Eigentumsaufgabe durch den Endverbraucher vor, so dass nur ein
rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb in Frage komme. Ein solcher
finde jedoch nicht statt, da es bereits an einer Einigung über den Übergang
des Eigentums zwischen dem Endverbraucher und der Klägerin fehle. Es könne
zwar erwogen werden, in der Bereitstellung des Papierabfalls ein
konkludentes Angebot des Endverbrauchers auf Übereignung „an den, den es
angeht" anzunehmen, das nicht nur an den sammelnden Verein und den
Beklagten, sondern auch an die Klägerin als Systembetreiberin gerichtet sei.
Es liege aber keine Annahmeerklärung der Klägerin vor, da sie am
Erfassungsvorgang nicht beteiligt sei und weder der sammelnde Verein noch
der Beklagte eine Einigungserklärung als Stellvertreter der Klägerin abgebe.
Aus der Verpackungsverordnung ergebe sich nichts anderes, weil hierin die
Frage der Eigentumsverhältnisse am erfassten PPK-Material nicht geregelt
sei. Ein Eigentumserwerb der Klägerin scheitere im übrigen auch daran, dass
es an der gemäß § 929 Satz 1 BGB neben der Einigung erforderlichen Übergabe
fehle.
II.
6 Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
7 1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass die
Eigentumsverhältnisse an dem eingesammelten Altpapier einschließlich der
PPK-Verpackungen mangels besonderer abfallrechtlicher Sondervorschriften
nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zu beurteilen sind (vgl.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Dezember 2004 - VI-Kart 17/04 (V), juris
Rn. 58; VGH Mannheim, ZUR 2012, 685, 690; Schomerus in Versteyl/ Mann/Schomerus,
KrWG, 3. Aufl., § 17 Rn. 12; Gruneberg in Jahn/Deifuß-Kruse/Brandt, KrWG, §
17 Rn. 7; Scharnewski, AbfallR 2012, 102, 105; Schink, AbfallR 2013, 221,
228). Abfallrechtliche Wertungen können allenfalls - insbesondere
wenn sich der Eigentumsübergang durch konkludentes Verhalten vollzieht - bei
der Auslegung der dem Eigentumsübergang zugrunde liegenden
Willenserklärungen berücksichtigt werden (vgl. Schink, AbfallR
2013, 221, 228; Scharnewski, AbfallR 2012, 102, 105).
8 2. Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht einen
rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb der Klägerin an dem PPK-Material. Auf
der Grundlage seiner Feststellungen fehlt es sowohl an der nach § 929 Satz 1
BGB erforderlichen dinglichen Einigung als auch an einer Übergabe an die
Klägerin. Deshalb entsteht durch die Vermischung der Verkaufsverpackungen
mit dem sonstigen Altpapier kein Miteigentum der Klägerin an dem insgesamt
eingesammelten Altpapier gemäß §§ 947, 948 Abs. 1 und 2 BGB.
9 a) Die Einigung über den Eigentumsübergang ist ein dinglicher
Vertrag, dessen Zustandekommen sich nach den allgemeinen für Rechtsgeschäfte
geltenden Regeln richtet (vgl.
Senat, Urteil vom 9. Mai 2014 - V ZR
305/12, NJW 2014, 2790 Rn. 9; Staudinger/Wiegand, BGB
[2011], § 929 Rn. 9). Erforderlich sind deshalb zum einen ein
Übereignungsangebot des bisherigen Eigentümers und zum anderen eine Annahme
dieses Angebots durch den Erwerber. Ob der Einigungswille vorhanden ist,
beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Auslegung von
Rechtsgeschäften (BGH, Urteil vom 29. März 1990 - IX ZR 134/89, NJW
1990, 1913). Weder der bisherige Eigentümer noch der Erwerber müssen
persönlich handeln, vielmehr können bei der Einigung i.S.d. § 929 Satz 1 BGB
auf beiden Seiten Vertreter (§§ 164 ff. BGB) auftreten.
10 Zu berücksichtigen sind hierbei auch die
Grundsätze des so genannten Geschäfts für den, den es angeht. Ein solches
Geschäft ist dadurch gekennzeichnet, dass der handelnde Bevollmächtigte
nicht zu erkennen gibt, ob er für sich oder einen anderen handelt, aber für
einen anderen aufgrund einer erteilten Vollmacht handeln will und es dem
Geschäftsgegner gleichgültig ist, mit wem das Geschäft zustande kommt
(BGH, Urteil vom 25.
März 2003 - XI ZR 224/02, BGHZ 154, 276, 279).
Anerkannt ist dieses durch teleologische Reduktion des Offenheitsgrundsatzes
(§ 164 Abs. 2 BGB) entwickelte Rechtsinstitut insbesondere bei Bargeschäften
des täglichen Lebens, und zwar vor allem beim dinglichen Rechtserwerb
(BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 - VIII ZR 212/90, NJW 1991, 2958,
2959; Urteil vom 25. März
2003 - XI ZR 224/02, BGHZ 154, 276, 279). Für wen
eine Übereignungsofferte „an den, den es angeht" angenommen werden soll,
bestimmt sich hierbei allein nach dem Willen des Empfängers der Erklärung
(vgl. RGZ 140, 223, 229 f.; Soergel/Henssler, BGB, 13. Aufl., § 929
Rn. 45; RGRK/Pikart, BGB, 12. Aufl., § 929 Rn. 56). Will dieser
nicht für einen anderen, sondern für sich selbst Eigentum erwerben, scheidet
ein Eigentumserwerb des anderen aus (vgl. Palandt/Bassenge, BGB,
74. Aufl., § 929 Rn. 25).
11 b) Hieran gemessen fehlt es an einer Einigung zwischen dem
Endverbraucher und der Klägerin.
12 aa) Allerdings scheitert dies nicht bereits an einem Übereignungsangebot
des Endverbrauchers. Zwar kann auf der Grundlage der Feststellungen des
Berufungsgerichts nicht davon ausgegangen werden, dass die PPK-Verpackungen
speziell an die Klägerin zu Eigentum übertragen werden sollen. Die Klägerin
tritt hiernach nämlich bei der Entsorgung in keiner Weise gegenüber dem
Verbraucher oder sonst nach außen auf. Nicht ausgeschlossen ist es
aber, die Bereitstellung der PPK-Verpackungen nach den Grundsätzen des
Geschäfts für den, den es angeht als ein Angebot auf Übereignung an eine dem
Verbraucher nicht bekannte Person anzusehen, so dass auch die Klägerin als
Systembetreiberin gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV Adressat eines solchen Angebots
sein könnte. Dies liegt nicht fern, wenn es dem Verbraucher in erster Linie
darauf ankommt, dass seine Abfälle ordnungsgemäß verwertet werden und es ihm
gleichgültig ist, wer dabei zivilrechtlich Eigentum erwirbt.
Allgemeingültige Aussagen lassen sich insoweit nicht treffen,
vielmehr hängt es von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab, welcher
Erklärungsgehalt dem Verhalten des Endverbrauchers zukommt (vgl. zu
der Anwendung der Grundsätze des Geschäfts für den, den es angeht im
Zusammenhang mit der Erfassung von Papierabfällen - bejahend -OLG
Düsseldorf, Beschluss vom 29. Dezember 2004 - VI-Kart 17/04 (V), juris Rn.
58 f.; Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster, Beschluss vom 22.
September 2009 - VK 16/09, juris Rn. 100 ff.; ablehnend demgegenüber VG
Köln, Urteil vom 2. August 2012 - 13 K 3234/11, juris Rn. 58 f.; LG
Hildesheim, Teilurteil vom 29. August 2014 - 4 O 247/13, juris Rn. 22 ff.;
Schink, AbfallR 2013, 221, 236 ff.; Frenz, AbfallR 2009, 121 f.; Scharnewski,
AbfallR 2012, 102, 105 ff.; Hartwig, VKS-News, April 2011, 5 ff). Das
Berufungsgericht hat das Vorliegen eines entsprechenden Übereignungsangebots
des Endverbrauchers ebenfalls erwogen, die Frage aber offengelassen, ohne
hierzu abschließende Feststellungen zu treffen. Revisionsrechtlich
ist deshalb zu unterstellen, dass die Endverbraucher im Rahmen der sog.
Vereinssammlungen im Erfassungsgebiet des Beklagten bezogen auf die
PPK-Verpackungen eine Übereignungsofferte nach den Grundsätzen des Geschäfts
für den, den es angeht, abgeben.
13 bb) Es fehlt aber an einer Annahme dieses Angebots zu Gunsten der
Klägerin. Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen
des Berufungsgerichts haben weder die das Altpapier sammelnden Vereine noch
der Beklagte den Willen, die Klägerin bei der dinglichen Einigung zu
vertreten und das Eigentum für sie zu erwerben. Damit scheidet ein
Eigentumserwerb der Klägerin nach den Grundsätzen eines Geschäfts für den,
den es angeht aus.
14 (1) Soweit es um die sammelnden Vereine geht, folgt dies bereits
daraus, dass sie in keiner Vertragsbeziehung zu der Klägerin stehen, sondern
nur aufgrund von Absprachen mit dem Beklagten handeln, und dass ein
verständiger Beobachter nicht davon ausgeht, dass die Vereine ihre Tätigkeit
unentgeltlich erbringen. Hieraus schließt das Berufungsgericht
zutreffend, dass der Verein entweder selbst Eigentum erwerben wolle, um
sodann das Eigentum am Abfall an den Beklagten als seinem Auftraggeber gegen
Entgelt weiter zu übereignen, oder aber bei dem Eigentumserwerb im Namen
seines Auftraggebers, des Beklagten, handeln wolle.
15 (2) Auch wenn die Vereine bei der dinglichen Einigung als
Stellvertreter des Beklagten auftreten, weil sie in dessen Auftrag die
Sammlungen durchführen, führt dies nicht zu einem Eigentumserwerb der
Klägerin. Denn hierfür müsste der Beklagte seinerseits das Eigentum für die
Klägerin erwerben wollen. Dies ist nicht der Fall.
16 (aa) Anders als die Klägerin meint, ergibt sich ein solcher Wille
insbesondere nicht aus den zwischen den Parteien eingegangenen
Vertragsbeziehungen. Diese Annahme scheitert bereits im Ausgangspunkt daran,
dass der Beklagte den zuletzt mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrag über
die Erfassung gebrauchter PPK-Verpackungen gekündigt hat und diesbezüglich
zwischen den Parteien seit dem 1. Januar 2012 keine vertraglichen
Vereinbarungen mehr bestehen.
17 (bb) Ebensowenig ergibt sich ein Fremderwerbswille des Beklagten aus dem
System der Verpackungsverordnung. Richtig ist, dass der Verordnungsgeber die
Aufgabe, gebrauchte Verkaufsverpackungen zu entsorgen, aus dem Bereich der
öffentlichen Abfallentsorgung herausgenommen und auf die beteiligten
Hersteller und Vertreiber übertragen hat (vgl. hierzu OLG Köln, Urteil vom
12. Juni 2007 - 24 U 4/06, juris Rn. 56; VGH Mannheim, Urteil vom 24. Juli
2012 - 10 S 2554/10, juris Rn. 85 mwN [insoweit in ZUR 2012, 685 nicht
abgedruckt]). Aus diesem Umstand kann die Klägerin aber nichts zu ihren
Gunsten herleiten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat
der Beklagte ungeachtet dieser Regelungen den - auch in diesem Rechtstreit
eindeutig dokumentierten - Willen, selbst Eigentum an den eingesammelten
PPK-Verpackungen zu erwerben. Ein Eigenerwerbswille des Erklärungsempfängers
schließt einen Eigentumserwerb eines anderen aber selbst dann aus, wenn ein
solcher Eigenerwerbswille sich im Innenverhältnis zu diesem als
pflichtwidrig darstellen würde. Dies ist eine Folge des dem Eigentumserwerb
gemäß §§ 929 ff. BGB zugrundeliegenden Abstraktionsprinzips (vgl.
Senat, Urteil vom 12. Januar 1989 - V ZR 1/88, BGHZ 106, 253, 257 f.;
MüKoBGB/Oechsler, 6. Aufl., § 929 Rn. 8 ff.). Deshalb lässt sich der
tatsächlich nicht vorhandene Wille des Beklagten, Eigentum für die Klägerin
zu erwerben, entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht mit der
Überlegung begründen, bei dem Eigenerwerbswillen des Beklagten handele es
sich um eine protestatio facto contraria oder um ein treuwidriges Verhalten.
18 (3) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, selbst bei Verneinung einer
entsprechenden vertraglichen Verpflichtung habe der Beklagte zumindest im
Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag die Annahme der Übereignung mit
Wirkung für die Klägerin erklärt. Denn eine Geschäftsführung für
einen anderen setzt voraus, dass der Geschäftsführer das Geschäft nicht
(nur) als eigenes, sondern (auch) als fremdes führt, dass er also in dem
Bewusstsein und mit dem Willen handelt, zumindest auch im Interesse eines
anderen tätig zu werden (BGH, Urteil vom 25. April 1991 - III ZR
74/90, BGHZ 114, 248, 249 f.; RGZ 84, 390; RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl., vor
§ 677 Rn. 38; Soergel/Beuthien, BGB, 13. Aufl., § 677 Rn. 4; MüKoBGB/Seiler,
6. Aufl., § 677 Rn. 6). Der Fremdgeschäftsführungswille fehlt, wenn
der Geschäftsführer die Angelegenheit ausschließlich als eigene wahrnehmen
will (RGZ 130, 310, 311; RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl., vor § 677
Rn. 38; Erman/Dornis, BGB, 14. Aufl., § 677 Rn. 7). So liegt der Fall hier.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der - auch nach außen hin
geäußerte - Wille des Beklagten jedenfalls seit dem 1. Januar 2012, als die
vertragliche Zusammenarbeit der Parteien bezüglich der einheitlichen
Altpapiererfassung endete, darauf gerichtet, selbst Eigentum zu erwerben.
Dieser erklärte Eigenerwerbswille des Beklagten schließt einen
Fremdgeschäftsführungswillen aus.
19 (4) Ob der Beklagte durch den Eigentumserwerb und die Entsorgung
der PPK-Verpackungen ein Geschäft der Klägerin führt, muss nicht entschieden
werden. Etwaige hieraus resultierende Ansprüche wegen angemaßter
Eigengeschäftsführung gemäß § 687 Abs. 2 Satz 1, § 681 Satz 2, § 667 BGB
(vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4. Februar 2015 - VI-U (Kart)
16/14, Rn. 22) sind nicht Gegenstand der Klage.
20 c) Unabhängig von der fehlenden Einigung liegt auch die für einen
Eigentumserwerb der Klägerin nach § 929 Satz 1 BGB zusätzlich erforderliche
Übergabe nicht vor.
21 aa) Eine Übergabe setzt unter anderem voraus, dass der Erwerber
unmittelbaren (§ 854 BGB) oder mittelbaren (§ 868 BGB) endgültigen Besitz an
der Sache erlangt (vgl. Bamberger/Roth/Kindl, BGB, 3. Aufl., § 929
Rn. 26 ff.; jurisPK-BGB/Beckmann, 7. Aufl., § 929 BGB, Rn. 39). Da
es sich hierbei um einen rein tatsächlichen Vorgang handelt, ist - anders
als bei der Einigung -eine Stellvertretung nicht möglich (Senat,
Beschluss vom 16. September 2015 - V ZR 8/15, Rn. 21 - zur Veröffentlichung
bestimmt; BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 - IV ZR 188/54, BGHZ 16, 259,
263). Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei der Übergabe der Sache an
einen Dritten eine Übereignung gemäß § 929 Satz 1 BGB von vorneherein
ausgeschlossen ist. Wenn der Dritte Besitzdiener (§ 855 BGB), Geheißperson
oder Besitzmittler des Erwerbers ist, gilt die Sache als vom Veräußerer an
den Erwerber übergeben (vgl. speziell zu dem Geheißerwerb BGH,
Urteil vom 8. November 1972 - VIII ZR 79/71, NJW 1973, 141, 142;
Urteil vom 9. November 1998 - II ZR
144/97, NJW 1999, 425).
22 bb) Da es sich weder bei dem Beklagten noch den in seinem Auftrag
die Erfassung des Altpapiers vollziehenden Vereinen um Besitzdiener oder
Geheißpersonen der Klägerin handelt und sie selbst keinen unmittelbaren
Besitz an dem Altpapier erlangt, käme eine Übergabe an die Klägerin nur in
Betracht, wenn der Beklagte oder der sammelnde Verein als Besitzmittler der
Klägerin anzusehen wäre. Dies scheitert indes an dem fehlenden
Besitzmittlungswillen.
23 Voraussetzung für mittelbaren Besitz ist nämlich, dass der
unmittelbare Besitzer seinen Besitz in Anerkennung eines Herausgabeanspruchs
des mittelbaren Besitzers ausübt (vgl.
BGH, Urteil vom 10. November 2004
- VIII ZR 186/03, BGHZ 161, 90, 112; BGH, Urteil vom 19.
Januar 1955 - IV ZR 135/54, NJW 1955, 499; MüKoBGB/Joost, 6. Aufl., § 868
Rn. 17; Staudinger/Gutzeit, BGB [2012], § 868 Rn. 24; RGRK/Kregel, BGB, 12.
Aufl., 868 Rn. 9). Dieser Besitzmittlungswille ist kein
rechtsgeschäftlicher, sondern ein natürlicher Wille. Fehlt es an einer
entsprechenden Willensrichtung des unmittelbaren Besitzers, scheidet
mittelbarer Besitz aus (vgl. Soergel/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 868
Rn. 4; MüKoBGB/Joost, 6. Aufl., § 868 Rn. 17).
24 So liegt der Fall hier. Nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts hat der sammelnde Verein entweder Eigenbesitzwillen oder
er will für den Beklagten besitzen. Der Beklagte seinerseits will
Eigenbesitz begründen und nicht Fremdbesitz zu Gunsten der Klägerin.
25 3. Ein (Mit-)Eigentumserwerb der
Klägerin an dem eingesammelten Altpapier durch Aneignung gemäß § 958 Abs. 1
BGB scheidet ebenfalls aus. Es spricht viel für die
Auffassung des Berufungsgerichts, dass das Altpapier einer Aneignung bereits
deshalb nicht zugänglich ist, weil der Endverbraucher durch das
Bereitstellen des Altpapiers zur Abholung sein Eigentum hieran nicht gemäß §
959 BGB aufgeben möchte (vgl. auch Bamberger/Roth/Kindl, BGB, 3.
Aufl., § 959 Rn. 2; Grziwotz, MDR 2008, 726, 727). Dies kann im
Ergebnis dahinstehen, weil es jedenfalls an einer Aneignung durch die
Klägerin fehlt. Ein solcher Eigentumserwerb ist zwar auch durch den Einsatz
eines Besitzmittlers möglich (vgl. BeckOGKBGB/Schermaier, Stand:
15.06.2015, § 958 Rn. 14). Weder der Beklagte noch die sammelnden
Vereine haben jedoch den Willen, das eingesammelte Papier für die Klägerin
zu besitzen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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