Gewährleistungsrecht beim Kauf: Gefahr von
Altlasten beim Grundstückskauf als Sachmangel i.S.d. objektiven
Fehlerbegriffs (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB); Unwirksamkeit eines
Gewährleistungsausschlusses nach § 444 BGB
BGH, Urteil vom 8. Juli 2016 - V ZR
35/15 - OLG Schleswig
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Begründet die frühere Nutzung
des verkauften Grundstücks die Gefahr von erheblichen Schadstoffbelastungen,
weist es unabhängig von dem mit dem Kauf verfolgten Zweck in aller Regel
nicht die übliche Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB
auf.
Zentrale Probleme:
Die Gefahr, dass ein verkauftes Grundstück mit
Altlasten belastet ist, stellt für sich genommen einen Sachmangel i.S. des
objektiven Fehlerbegriffs dar (zum Mangelverdacht als Mangel s.
BGH v. 22.10.2014 -
VIII ZR 195/13). Weiter geht es hier um die Frage der Unwirksamkeit
eines Gewährleistungsausschlusses wegen arglistigen Verschweigens eines
Mangels (§ 444 BGB), s. dazu auch BGHZ 190, 272.
©sl 2016
Tatbestand:
1 Die beklagte Bundesrepublik
Deutschland war Eigentümerin eines 15.000 qm großen Grundstücks, das Teil
des Bundeseisenbahnvermögens (im Folgenden: BEV) war; hierbei handelt es
sich um ein nicht rechtsfähiges Sondervermögen des Bundes. Seit Zeiten der
Reichsbahn waren auf dem Grundstück sechs Gleise verlegt, die bis zum Jahr
1966 für den Bahnbetrieb genutzt wurden. Von 1943 bis 1991 war es an einen
Schrotthandel vermietet. Mit notariellem Vertrag vom 3. Dezember 2007 kaufte
die Klägerin das Grundstück für rund 130.000 €. Die
Sachmängelhaftung wurde gemäß § 8 Abs. 2 des Kaufvertrags ausgeschlossen. In
§ 8 Absatz 3 des Vertrags wurde ausdrücklich geregelt, dass das BEV keine
Garantie für die Freiheit des Kaufgegenstandes von (näher definierten)
Altlasten oder eines hierauf gerichteten Verdachts abgibt. Ferner erklärte
das BEV in § 8 Abs. 4, dass „ihm nichts darüber bekannt ist und dass ihm
auch keine Anhaltspunkte vorliegen, die darauf hinweisen könnten, dass auf
der Kauffläche umweltschädigende Stoffe abgelagert oder eingesickert wären.
Garantien werden nicht abgegeben."
2 Die Klägerin nutzte das Grundstück zunächst als Abstellfläche für
Lastkraftwagen. Im Jahr 2012 wollte sie es bebauen und stellte dabei eine
erhebliche Bodenbelastung fest. Der - soweit von Interesse - auf
Rückabwicklung des Vertrags, Zahlung von Schadensersatz, Feststellung des
Annahmeverzugs und Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichteten Klage
hat das Landgericht stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das
Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen
Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, will die Klägerin das
Urteil des Landgerichts wiederherstellen lassen.
Entscheidungsgründe:
I.
3 Das Berufungsgericht meint, den geltend gemachten Ansprüchen stehe der
vertraglich vereinbarte Ausschluss der Sachmängelhaftung entgegen. Die
Beklagte sei nicht gemäß § 444 BGB gehindert, sich auf diesen zu berufen.
Die frühere Nutzung als Bahnbetriebsgelände und für Zwecke des
Schrotthandels stelle schon keinen Sachmangel dar. Zwar sei die künftige
Bebaubarkeit des Grundstücks stillschweigend zum Vertragsgegenstand gemacht
worden. Aber von einer Nutzung, bei der Anhaltspunkte für die Entstehung von
Altlasten bestünden, sei vorliegend nicht auszugehen. Aus dem Bahnbetrieb
auf sechs Gleisen bis zum Jahr 1966 lasse sich eine Gefährdung des Bodens
durch Altlasten nicht ableiten. Die Behandlung von Gleisschwellen in
früheren Zeiten mit heute nicht mehr zugelassenen Bio-, Herbi- und
Insektiziden erlaube nicht den Schluss, dass eine Verunreinigung des Bodens
nahezu fünfzig Jahre nach Einstellung des Bahnbetriebs heute noch vorhanden
sei. Unabhängig davon scheine es sich um ein kleineres Rangiergelände
gehandelt zu haben. Dass über die Verpachtung an den Schrotthandel habe
aufgeklärt werden müssen, habe die Klägerin nicht dargelegt, weil es an
näheren Angaben zu der Art des gelagerten Schrotts fehle.
4 Ohnehin sei die Klage mangels Kausalität eines etwaigen Verschweigens für
den Willensentschluss der Klägerin unbegründet. Der Klägerin sei die Nutzung
als Bahnbetriebsgelände hinreichend bekannt gewesen. Zwar sei ihr
Geschäftsführer bei Einstellung des Bahnbetriebs erst fünf Jahre alt
gewesen. Aber sein verstorbener Vater sei ebenfalls Geschäftsführer und
jedenfalls nach Urkundslage bei Vertragsschluss noch aktiv gewesen. Da sich
die Geschäftsniederlassung der Familie in dem maßgeblichen Zeitraum
durchgehend in der Nähe des Grundstücks befunden habe, müsse ihm die Nutzung
zu Bahnbetriebszwecken bekannt gewesen sein. Die höchstrichterliche
Rechtsprechung, wonach die Kausalität eines arglistig verschwiegenen
Sachmangels für den Kaufentschluss nicht erforderlich sei, gelte nur für
objektiv zu verzeichnende Mängel, nicht aber für einen Altlastenverdacht.
Schließlich habe die Beklagte einen Verdacht als solchen auch nicht
arglistig verschwiegen. Weder sei dem maßgeblichen Mitarbeiter die Altlast
als solche bekannt gewesen noch könne aus den Weisungen der internen
Verwaltung des BEV gefolgert werden, dass der Beklagten ein
Altlastenverdacht zurechenbar bekannt gewesen sei.
II.
5 Die Revision ist begründet. Auf der Grundlage der bisherigen
Feststellungen kann weder der geltend gemachte Rückabwicklungsanspruch (§
437 Nr. 2, §§ 323, 346 BGB) noch der Schadensersatzanspruch (§ 437 Nr. 3, §§
280, 281 BGB) verneint werden.
6 1. Rechtsfehlerfrei verneint das Berufungsgericht allerdings Ansprüche,
die sich aus der Kontamination des Bodens als solcher ergeben.
Mangels gegenteiliger Feststellungen ist für das Revisionsverfahren zwar
davon auszugehen, dass das Grundstück bereits bei Gefahrübergang
kontaminiert und damit mangelhaft war. Insoweit kann sich die Beklagte aber
auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen. §
444 BGB steht dem nicht entgegen. Ein arglistiges Verschweigen der konkreten
Kontamination setzt nämlich in subjektiver Hinsicht voraus, dass die
Beklagte von dieser Kenntnis hatte oder sie zumindest für möglich hielt
(vgl. Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003,
989, 990; Urteil vom 12.
April 2013 - V ZR 266/11, NJW 2013, 2182 Rn. 12), was das
Berufungsgericht ohne Rechtsfehler verneint.
7 2. Als verfahrensfehlerhaft erweist sich dagegen die Annahme des
Berufungsgerichts, die frühere Nutzung des Grundstücks als
Bahnbetriebsgelände stelle keinen Sachmangel dar.
8 a) Im Ausgangspunkt kann - was auch das Berufungsgericht nicht
verkennt - die frühere Nutzung eines Grundstücks als solche einen
offenbarungspflichtigen Sachmangel darstellen. Zwar ist nicht jedes
Grundstück, dessen Nutzung als Industriegelände schon Jahrzehnte
zurückliegt, von vornherein als altlastenverdächtig einzustufen
(vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 1993 - III ZR 156/92, DNotZ 1994, 452,
453, insoweit in BGHZ 123, 363 nicht abgedruckt; OLG Celle, NJW-RR 1997,
848, 850). Anders liegt es aber, wenn die frühere Nutzung die Gefahr
von erheblichen Schadstoffbelastungen begründet. Ein darauf beruhender
Sachmangel ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt worden
für die frühere Nutzung als wilde Müllkippe (Senat, Urteil vom 12.
Juli 1991 - V ZR 121/90, NJW 1991, 2900, 2901), als Deponie
(BGH, Urteil vom 19. März 1992 - III ZR 16/90, BGHZ 117, 363, 369), als
Werksdeponie in den 60er und 70er Jahren des letzten
Jahrhunderts (Senat, Urteil vom 3. März 1995 - V ZR 43/94, NJW 1995, 1549,
1550) oder als Tankstelle (Senat, Urteil vom 1. Oktober
1999 - V ZR 218/98, NJW 1999, 3777, 3778 unter II. 1.).
9 b) Ob hier das Grundstück in der Vergangenheit auf eine solche Weise
genutzt worden ist oder nicht, lässt sich auf der Grundlage der bisherigen
Feststellungen nicht beurteilen. Hinsichtlich der Nutzung als Schrottplatz
nimmt das Berufungsgericht zwar vertretbar an, dass diese für sich genommen
keinen Altlastenverdacht begründe, da die Klägerin besondere,
gefahrenträchtige Formen der Schrottlagerung, wie etwa eine
Altautoverwertung, nicht behauptet habe. Anders liegt es aber im Hinblick
auf den früheren Bahnbetrieb. Hierzu hat die Klägerin vorgetragen,
dass aufgrund eines über Jahrzehnte hinweg erfolgten intensiven Fahr-,
Abstell- und Verladebetriebs auf den Bahngleisen die Gefahr einer
erheblichen Schadstoffbelastung des Grundstücks - insbesondere durch
Schmiermittelverluste, Unkrautbekämpfung und Bahnschwellenimprägnierung -
entstanden sei, was der Beklagten, namentlich dem fachkundigen BEV, bekannt
gewesen sei.
10 aa) Dieser Vortrag ist erheblich. Seine Richtigkeit unterstellt,
wäre das Grundstück mangelhaft. Dabei kann dahinstehen, ob die
Annahme des Berufungsgerichts, die Parteien hätten die zukünftige Bebauung
stillschweigend zum Vertragsgegenstand gemacht, der von der Beklagten
erhobenen Gegenrüge standhielte; auch ist unerheblich, ob das
Berufungsgericht - wie es die Beklagte annimmt - hiermit eine
Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB meint oder - was
näher liegen dürfte - die künftige Bebauung als eine bei Vertragsschluss
vorausgesetzte Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB ansieht
(vgl. hierzu Senat, Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, NZM 2012, 469 Rn.
16). Denn jedenfalls wiese das Grundstück einen Sachmangel gemäß §
434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB auf.
11 Nach dieser Vorschrift muss sich der Kaufgegenstand für die
gewöhnliche Verwendung eignen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei
Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache
erwarten kann. Begründet die frühere Nutzung des verkauften Grundstücks die
Gefahr von erheblichen Schadstoffbelastungen, weist es unabhängig von dem
mit dem Kauf verfolgten Zweck in aller Regel nicht die übliche
Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB auf (vgl.
MüKoBGB/Westermann, 6. Aufl., § 434 Rn. 56; Gaier, NZM 2005, 161, 162).
Denn ein Grundstückskäufer muss üblicherweise jedenfalls nicht damit
rechnen, als Zustandsstörer für die Beseitigung einer möglichen Altlast
herangezogen zu werden (vgl. § 4 Abs. 3 BBSchG; Gaier, NZM 2005,
161). Aber auch unabhängig von den öffentlichrechtlichen Folgen stellt die
Gefahr von Schadstoffbelastungen bei nahezu jeder denkbaren
Grundstücksnutzung einen wertmindernden Faktor dar, der nicht üblich ist und
den ein Grundstückskäufer nicht erwartet. Zudem erwiese sich nach dem
Vortrag der Klägerin die in § 8 Abs. 4 des Kaufvertrags enthaltene Erklärung
als unrichtig, wonach dem BEV „keine Anhaltspunkte vorliegen, die darauf
hinweisen könnten, dass auf der Kauffläche umweltschädigende Stoffe
abgelagert oder eingesickert wären."
12 bb) Infolgedessen hätte das Berufungsgericht dem angebotenen
Sachverständigenbeweis nachgehen müssen. Seine Einschätzung, es liege nicht
nahe, dass der Eisenbahnbetrieb auf den vorhandenen sechs Gleisen noch heute
vorhandene Kontaminationen verursacht habe, erschöpft sich in einer
Vermutung und stellt eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung dar.
Es ist nicht ersichtlich, auf welcher tatsächlichen Grundlage das
Berufungsgericht zu dieser Annahme gelangt ist und warum es über die zur
Beurteilung dieser Frage erforderliche Sachkunde verfügt. Gleiches gilt,
soweit das Berufungsgericht aus dem Betrieb der Züge herrührende
Verunreinigungen mit der Begründung verneint, es scheine sich um ein
kleineres Rangiergelände gehandelt zu haben. Abgesehen davon, dass der
Kläger unter Beweisantritt vorgetragen hat, solche Verunreinigungen könnten
gerade durch Rangier- und Abstellgleise verursacht werden, ist für das
Revisionsgericht nicht erkennbar, aus welchen konkreten Unterlagen das
Berufungsgericht seine Erkenntnisse gewonnen hat und woraus es insoweit
seine Sachkunde herleitet.
13 2. Das Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§
561 ZPO).
14 a) Dass das Berufungsgericht die Klage mangels Kausalität eines etwaigen
Verschweigens für den Willensentschluss der Klägerin für unbegründet hält,
weil der Vater des jetzigen Geschäftsführers der Verwaltungsgesellschaft der
Klägerin Kenntnis von dem Bahnbetrieb gehabt haben müsse, ist aus mehreren
Gründen rechtsfehlerhaft.
15 aa) Zunächst schließt die Kenntnis des Käufers von einem
Sachmangel die Sachmängelhaftung nur unter den Voraussetzungen von § 442
Abs. 1 BGB aus. Die hiervon zu unterscheidende Frage, ob dem
Verkäufer die Berufung auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss der
Sachmängelhaftung gemäß § 444 BGB verwehrt ist, obwohl die Arglist für den
Kaufentschluss nicht kausal war, stellt sich nur dann, wenn der Käufer
gerade keine Kenntnis von dem Sachmangel hat, den Kaufvertrag aber auch bei
der gebotenen Aufklärung über diesen unverändert geschlossen hätte. Dass es
sich so verhielt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
16 bb) Dahingehende Feststellungen sind ohnehin entbehrlich.
Denn nach der Rechtsprechung des Senats ist die
Ursächlichkeit der Arglist für den Kaufentschluss im Rahmen von § 444 BGB
unerheblich; diese Bestimmung soll den Käufer allein vor einer unredlichen
Freizeichnung des Verkäufers schützen (Senat,
Urteil vom 15. Juli 2011 - V ZR 171/10, BGHZ 190, 272 Rn.
13). Sofern die Voraussetzungen vorliegen, unter denen über eine frühere
Nutzung aufgeklärt werden muss, besteht objektiv ein offenbarungspflichtiger
Sachmangel. Anders als das Berufungsgericht meint, setzt § 444 BGB auch bei
einem Altlastenverdacht nur voraus, dass dieser Sachmangel arglistig
verschwiegen wurde; die Norm differenziert nicht zwischen verschiedenen
Arten von Sachmängeln.
17 b) Schließlich sind die Rechte der Klägerin auch nicht nach § 442 Abs. 1
Satz 1 BGB ausgeschlossen. Voraussetzung hierfür wäre, dass sie bei
Vertragsschluss nicht nur die frühere Nutzung als Bahnbetriebsgelände,
sondern auch die damit verbundene Gefahr einer Bodenkontamination kannte.
Dass der Geschäftsführer der Verwaltungsgesellschaft der Klägerin über diese
Kenntnisse verfügte, verneint das Berufungsgericht. Allerdings meint es im
Zusammenhang mit § 444 BGB, der Vater des jetzigen Geschäftsführers als
früherer Geschäftsführer müsse Kenntnis von der Nutzung gehabt haben.
Insoweit ist aber schon zweifelhaft, ob das Berufungsgericht eine positive
Feststellung trifft oder lediglich eine Vermutung anstellt. Sollte es sich
um eine Feststellung handeln, stünde diese substanzlos im Raum. Wie die
Klägerin zutreffend hervorhebt, bedürfte es aufgrund des erheblichen
Zeitablaufs von mehr als vierzig Jahren zwischen dem Ende der Bahnnutzung
und dem Vertragsschluss für die Annahme einer fortwährenden positiven
Kenntnis besonderer Anhaltspunkte. Zudem ist nicht erkennbar, warum dem
früheren Geschäftsführer die von der Nutzung als Bahnbetriebsgelände
ausgehende Gefahr einer Bodenbelastung bekannt gewesen sein sollte.
Verbleibende Unsicherheiten wirkten sich zu Lasten der Beklagten aus.
Sie trägt als Verkäuferin die Darlegungs- und Beweislast für die
Kenntnis der Klägerin von dem Sachmangel im Sinne von § 442 Abs. 1 Satz 1
BGB (vgl. Senat,
Urteil vom 18. November 2010 - V ZR 181/09, BGHZ 188, 43
Rn. 17); dies gilt auch für die Behauptung der Klägerin, der frühere
Geschäftsführer habe sich lange vor dem Vertragsschluss aus dem
Geschäftsleben zurückgezogen, was einer Wissenszurechnung gemäß § 166 BGB
analog ebenfalls entgegenstünde.
III.
18 Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
19 Bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen
Mangels handelt arglistig im Sinne von § 444 BGB, wer einen
Sachmangel mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit
rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Sachmangel
nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem
vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (vgl. nur Senat, Urteil vom
3. März 1995 - V ZR 43/94, NJW 1995, 1549, 1550). Sollte das Gericht nach
Beweisaufnahme zu der Auffassung gelangen, dass die Nutzung als
Bahnbetriebsgelände einen Sachmangel darstellt, müsste es unter
Berücksichtigung der sachverständigen Erkenntnisse beurteilen, ob die
genannten Voraussetzungen der Arglist bei dem fachkundigen BEV vorliegen,
und zwar unter Beachtung der Rechtsprechung zu der Wissenszurechnung bei
juristischen Personen (vgl. Senat, Urteil vom 8. Dezember 1989 - V ZR
246/87, BGHZ 109, 327, 330 ff.). Maßgeblich ist insoweit der Kenntnisstand
des Verkäufers bei Vertragsschluss; liegen Umstände vor, aufgrund deren er
davon ausgehen darf, eine Schadstoffbelastung bestehe trotz einer
gefahrenträchtigen Nutzung nicht, kann die subjektive Seite der Arglist zu
verneinen sein (näher BGH, Urteil vom 14. Oktober 1993 - III ZR 156/92,
DNotZ 1994, 452, 453, insoweit in BGHZ 123, 363 nicht abgedruckt). Soweit
sich die Beklagte in der Revisionserwiderung darauf stützt, sie habe - unter
anderem aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft zu dem Betrieb der Klägerin
-davon ausgehen dürfen, dass dieser der frühere Bahnbetrieb bekannt war,
trägt sie die sekundäre Darlegungslast. Es ist Sache des Verkäufers,
diejenigen Umstände in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu
konkretisieren, aufgrund deren er trotz unterbliebener eigener Aufklärung
davon ausgegangen sein will, der Käufer habe Kenntnis von dem Mangel - hier
also von der Gefahr einer Bodenbelastung aufgrund der Nutzung - gehabt
(eingehend Senat, Urteil vom 18. November 2010 - V ZR 181/09, BGHZ 188, 43
Rn. 15).
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