Unwirksamkeit eines Gewährleistungsausschlusses
bei arglistigem Verschweigen eines Mangels (§ 444 BGB): Kein
Kausalitätserfordernis; Voraussetzungen einer Aufklärungspflicht über einen
Mangel; öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen eines Grundstücks als
Sachmangel
BGH, Urteil vom 15. Juli 2011 - V ZR 171/10
Fundstelle:
NJW 2011, 3640
BGHZ 190, 272
Amtl. Leitsatz:
Auch wenn ein arglistig verschwiegener Sachmangel
für den Willensentschluss des Käufers nicht ursächlich war, ist dem
Verkäufer die Berufung auf den vereinbarten Haftungsausschluss gemäß § 444
BGB verwehrt.
Zentrale Probleme:
Der BGH entscheidet die unter dem seit 1.1.2002 geltenden
Kaufrecht noch nicht entschiedene Frage, ob die Unwirksamkeit eines
vertraglichen Gewährleistungsausschlusses wegen arglistigen Verschweigens (§
444 BGB) Kausalität des arglistigen Verschweigens für den Kaufentschluss des
Käufers voraussetzt. Die Kl. hatten vom Bekl. eine Eigentumswohnung unter
vertraglichem Ausschluss der Gewährleistungshaftung erworben. Dabei
verschwieg der Beklagte das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Baulast,
welche eine (ebenfalls öffentlich-rechtliche) Veränderungsbeschränkung
hinsichtlich des Gestaltwerts des Gebäudes sicherte. Die Kl. verlangen u.a.
Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückübereignung der
Eigentumswohnung.
1. Der Senat stellt zunächst fest, dass eine öffentlich-rechtliche Baulast
einen Sachmangel i.S.v. § 434 BGB darstellt. Das stimmt mit der bisherigen
Rspr. überein, die öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen (anders als
solche privatrechtlicher Natur) als Sach- und nicht als Rechtsmangel
qualifiziert, sofern sie von der Sache selbst ausgehen, also etwa auf ihre
Lage (hier: im Außenbereich nach § 35 BauGB) zurückzuführen sind (zur
Qualifikation von Baulasten als öffentlich-rechtliche Baubeschränkungen s.
bereits BGH NJW 1978, 1429).
2. Lagen somit die Voraussetzungen eines Rücktritts vom Kaufvertrag nach §
437 Nr. 2 i.V.m. § 323 oder § 326 Abs. 5 BGB vor (der Senat lässt offen, ob
ein behebbarer Mangel vorlag, da jedenfalls eine nach § 323 BGB
grundsätzlich erforderliche Fristsetzung wegen der Arglist des Verkäufers
nach § 440 S. 1 BGB unzumutbar gewesen wäre, s. dazu zuletzt
BGH NJW 2010, 1805 m.w.N.), so stellte sich
die Frage der Wirksamkeit des vertraglich vereinbarten
Gewährleistungsausschlusses. Auf diesen konnte sich der Verkäufer nach § 444
BGB nicht berufen, wenn er (oder sein Verkaufsagent, dessen Verhalten sich
der Verkäufer analog § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen muss) den Mangel
arglistig verschwiegen hatte.
3. Der Senat prüft und bejaht zunächst das Bestehen einer
Aufklärungspflicht. Er greift dabei auf die bekannte „Zauberformel“ zurück,
wonach „auch bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien
entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die Pflicht
(besteht), den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den
Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher für den Entschluss
eines verständigen Käufers von wesentlicher Bedeutung sind, sofern eine
Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwartet werden kann.“ Das ist nach
st. Rspr. bei verborgenen Mängeln stets der Fall. Zwar wird die Prüfung
einer solchen Aufklärungspflicht von der überwiegenden Ansicht in der
Literatur für unnötig gehalten, weil über bekannte Mängel immer aufzuklären
sei (s. nur BeckOK-BGB/Faust § 438 Rn. 37 m.w.N.). Praktisch dürfte es
keinen Unterschied machen, ob man das Vorliegen einer Aufklärungspflicht
prüft, diese aber bei verborgenen Mängeln stets bejaht oder aus ebendiesem
Grund von vorneherein auf eine Prüfung verzichtet. Die Dogmatik spricht m.E.
für das Vorgehen des Senats.
4. Damit kommt der Senat zu der zentralen Frage, ob die Unwirksamkeit des
Gewährleistungsausschlusses nach § 444 BGB Kausalität des arglistigen
Verschweigens für den Kaufentschluss des Käufers voraussetzt. Er verneint
dies mit überzeugender Begründung. Dabei stützt er sich zunächst auf den
Wortlaut der Norm, in welchem – im Gegensatz etwa zu § 123 BGB – ein
Kausalitätserfordernis keinerlei Ansatzpunkt findet. Überdies sei ein
solches Erfordernis auch systemwidrig: Während § 123 BGB die
rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit schütze, knüpften
Gewährleistungsansprüche von vorneherein unabhängig von der Kausalität des
Mangels für den Vertragswillen des Käufers allein an die Mangelhaftigkeit
der Kaufsache an. Auch Schadensersatzansprüche des Käufers hingen – anders
als nach früherem Recht – nicht mehr von der Verkäuferarglist oder einer
Zusicherung ab, sondern seien bereits bei Fahrlässigkeit gegeben. § 444
sanktioniere allein die Unredlichkeit der vertraglichen Freizeichnung. Dem
ist uneingeschränkt zuzustimmen. Wenngleich Sanktionsgedanken für
unredliches Verkäuferverhalten grundsätzlich nicht in das
Gewährleistungsrecht gehören (s. dazu S. Lorenz NJW 2006, 1925 ff), so sind
diese bei § 444 BGB teleologisch durchaus angebracht: Wer arglistig handelt,
verwirkt gleichsam die Berufung auf einen Gewährleistungsausschluss. Davor,
dass sich der Käufer lediglich „aus Anlass“ eines für ihn irrelevanten
Sachmangels aus sachfremden Motiven von einem aus anderen Gründen bereuten
Kaufvertrag löst, schützen in ausreichendem Maße der Vorrang des
Nacherfüllungsanspruchs sowie der Ausschluss von Rücktritt und
Schadensersatz statt der ganzen Leistung im Falle eines objektiv
unerheblichen Mangels durch § 323 Abs. 5 S. 2 bzw. § 281 Abs. 1 S. 3 BGB
(die über § 326 Abs. 5 bzw. § 283 S. 2 und § 311a Abs. 2 S. 3 BGB auch bei
unbehebbaren Sachmängel Anwendung finden). Dabei ist kritisch zu bemerken,
dass nach der Rspr. des BGH auch hier arglistiges Verhalten des Verkäufers
für die Frage der objektiven Erheblichkeit mitberücksichtigt wird (s. dazu
BGH NJW 2006, 1960, zur Kritik hieran s. etwa S. Lorenz NJW 2006, 1925 ff
sowie Looschelders JR 2007, 309 ff.).
5. Das deckt sich mit dem Umstand, dass auch § 377 HGB (Irrelevanz
unterlassener Mängelrüge im Falle der Arglist des Verkäufers) kein
entsprechendes Kausalitätserfordernis enthält (s. dazu bereits RGZ 55, 210
ff). Auch bei § 438 Abs. 3 S. 1 BGB (Geltung der Regelverjährung bei
arglistigem Verschweigen eines Mangels) wird man ein Kausalitätserfordernis
aus denselben Gründen zu verneinen haben (zutr. BeckOK-BGB/Faust § 438 Rn.
37).
6. Die Verneinung eines Kausalitätserfordernisses steht dabei nicht im
Widerspruch zu den subjektiven Voraussetzungen eines arglistigen
Verschweigens i.S.v. § 444 BGB. Zwar setzt Arglist voraus, dass es der
Verkäufer zumindest für möglich hält, dass der Käufer den Mangel nicht kennt
und er bei Offenbarung den Vertrag nicht oder zumindest nicht mit dem
vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (s. dazu in dieser Entscheidung
Tz. 19 sowie BGH NJW 2011, 1280
Rn. 14). Das
bedeutet aber nicht, wie sich aus der bei oberflächlicher Lektüre vielleicht
missverständlichen Formulierung des Senats ( Tz. 19)
schließen ließe, dass nun doch ein Kausalitätserfordernis bestünde, das eben
nur bei der Frage der Arglist anzusiedeln wäre. Es genügt vielmehr eine aus
der Sicht des Verkäufers denkbare Kausalität. Für die Arglist reicht es also
aus, wenn es der Verkäufer zumindest für möglich hält, dass der Käufer den
Fehler nicht kennt und er bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht so
geschlossen hätte. Ob das auch tatsächlich der Fall war, ist weder für die
Frage der Arglist noch für die Unwirksamkeit eines
Gewährleistungsausschlusses nach § 444 BGB relevant.
7. Nicht neu sind Ausführungen des Senats zur Beweislast (s. dazu bereits
BGH NJW 2011, 1280): Zwar hat im Fall von § 444 der Käufer die
Beweislast für das Unterbleiben einer Aufklärung, jedoch besteht insoweit
eine sekundäre Darlegungslast des Verkäufers. Der Käufer kann zunächst die
fehlende Aufklärung schlicht behaupten und sich anschließend darauf
beschränken, die vom Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher
Sicht zu spezifizierende Aufklärung zu widerlegen. Ähnliches gilt für die im
Rahmen des subjektiven Tatbestandes der Arglist relevante Frage, ob der
Verkäufer es für möglich gehalten hat, dass der Käufer den Mangel nicht
kannte und den Vertrag bei Kenntnis des Mangels nicht oder zumindest nicht
mit dem konkreten Inhalt geschlossen hätte. Auch hier muss der Verkäufer im
Rahmen einer sekundären Darlegungslast konkrete Umstände darlegen, aufgrund
derer er trotz unterbliebener eigener Aufklärung davon ausgegangen sein
will, der Käufer habe Kenntnis von dem Mangel gehabt oder der Mangel sei für
den Vertragswillen des Käufers irrelevant gewesen.
S. auch BGH v. 16.3.2012 - V ZR
18/11 sowie BGH v. 8.4.2016 - V ZR 150/15.
©sl 2011
Tatbestand:
1 Mit notariellem Vertrag vom 23. November 2007 erwarben die Kläger von dem
Beklagten eine Eigentumswohnung unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel.
Die Wohnung befindet sich in einem ehemaligen Brennereigebäude, das zuvor
nicht zu Wohnzwecken genutzt wurde und noch unrenoviert ist. Eine durch den
Beklagten selbst übernommene Baulast sichert öffentlichrechtliche
Veränderungsbeschränkungen hinsichtlich des Gestaltwerts des Gebäudes, dem
eine das Bild der Kulturlandschaft prägende Bedeutung zukommt (§ 35 Abs. 4
Nr. 4 BauGB). Auch der Vertreter des Beklagten bei den
Vertragsverhandlungen, ein Immobilienkaufmann, hatte hiervon Kenntnis. Im
Gegensatz zu vier anderen Baulasten wird diese Baulast in dem Kaufvertrag
nicht erwähnt.
2 Die Kläger sehen sich arglistig getäuscht und verlangen Rückabwicklung des
Vertrags. Ihre auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen
Rückübereignung der Eigentumswohnung, Erstattung von Nebenkosten und
vorgerichtlichen Anwaltskosten sowie Feststellung des Annahmeverzugs
gerichtete Klage ist in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit
der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte
beantragt, verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.3 Das Berufungsgericht unterstellt, dass die Kläger über die durch die
Baulast gesicherte Baubeschränkung nicht aufgeklärt worden sind. Dennoch
verneint es eine Haftung des Beklagten, weil der vereinbarte
Haftungsausschluss eingreife. Weder in objektiver noch in subjektiver
Hinsicht liege ein arglistiges Verhalten vor. Es fehle an einer
Aufklärungspflicht, weil der Mangel für den Kaufentschluss der Kläger nicht
wesentlich gewesen sei. Aufgrund der persönlichen Anhörung der Kläger stehe
fest, dass diese den Vertrag auch dann geschlossen hätten, wenn sie von der
Baulast gewusst hätten. Sie hätten nämlich keine baulichen Veränderungen in
Erwägung gezogen, die durch die Baulast eingeschränkt würden, und wollten
sich aus anderen Gründen von dem Vertrag lossagen. Selbst wenn eine
bestimmte aufgrund der Baulast ausgeschlossene Fassadengestaltung bei
Vertragsschluss in Rede gestanden haben sollte, könne nicht davon
ausgegangen werden, dass diese maßgeblich für den Kaufentschluss gewesen
sei. Erst recht fehle es dann in subjektiver Hinsicht an der Arglist, weil
weder der Beklagte noch sein Vertreter gewusst haben könnten, dass die
Kläger ihren Kaufentschluss von einer bestimmten Fassadengestaltung hätten
abhängig machen wollen.
II.
4 Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Die Verneinung des geltend gemachten Rückabwicklungsanspruchs (§ 437 Nr. 2
i.V.m. §§ 323, 346 BGB) und des Schadensersatzanspruchs (§ 437 Nr. 3 i.V.m.
§§ 280, 281 BGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5 1. Für das Revisionsverfahren ist zu unterstellen, dass der Beklagte die
Kläger über die durch die Baulast gesicherte Baubeschränkung nicht
aufgeklärt hat und diese nicht als Beschaffenheit der Eigentumswohnung im
Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbart worden ist. Inhalt der Baulast
ist die Verpflichtung des jeweiligen Eigentümers, das Gebäude entsprechend
dem gestellten Bauantrag umzubauen, künftig seinen Gestaltwert in der dann
bestehenden Form zu unterhalten und alle weiteren Baumaßnahmen in Abstimmung
mit der Baubehörde so zu planen, dass der Gestaltwert für die
Kulturlandschaft nicht beeinträchtigt wird. Eine solche
Baubeschränkung stellt - wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt
zutreffend annimmt - einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB
dar (vgl. Senat, Urteil vom 10. März 1978 - V ZR 69/76, ZMR 1978,
307; Masloh, NJW 1995, 1993, 1996 mwN).
6 2. Infolgedessen hat der Beklagte seine Pflicht zur Lieferung einer
mangelfreien Sache gemäß § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB verletzt.
Entscheidend ist, ob ihm die Berufung auf den vertraglich vereinbarten
Haftungsausschluss gemäß § 444 BGB verwehrt ist, weil er bzw. sein Vertreter
(§ 166 Abs. 1 BGB) den Mangel arglistig verschwiegen hat.
7 a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
besteht auch bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien
entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die
Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den
Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher für den Entschluss
eines verständigen Käufers von wesentlicher Bedeutung sind, sofern eine
Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwartet werden kann. Für den Kauf
eines Hausgrundstücks hat der Senat eine Pflicht zur Offenbarung verborgener
wesentlicher Mängel angenommen (vgl. nur Senat, Urteil vom 8.
Dezember 1989 - V ZR 246/87, BGHZ 109, 327, 330; Urteil vom 23. März 1990 -
V ZR 233/88, NJW-RR 1990, 847, 848 jeweils mwN).
8 b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt ein solcher
wesentlicher Mangel auch dann vor, wenn der Käufer - wie hier - den Vertrag
in Kenntnis des Mangels ebenfalls geschlossen hätte und dieser damit nicht
ursächlich für seinen Kaufentschluss geworden ist. Ob ein Mangel so
wesentlich ist, dass er ungefragt offenbart werden muss, kann, wie die
Revision zu Recht geltend macht, nicht aus der Sicht des jeweiligen Käufers
bestimmt werden. Klärt der Verkäufer über einen objektiv wesentlichen
Sachmangel nicht auf, kann er nämlich nicht wissen, ob dieser für die
Kaufentscheidung seines Vertragspartners bedeutsam ist oder nicht.
Maßgeblich ist allein, ob ein verständiger Verkäufer damit rechnen muss,
dass der verschwiegene Mangel Einfluss auf die Entscheidung des Käufers hat.
Dann ist der Mangel unabhängig von seinem tatsächlichen Einfluss auf den
Kaufentschluss wesentlich und der Verkäufer zur Offenbarung verpflichtet.
So liegt es hier. Nach der Verkehrsanschauung kann kein Zweifel
daran bestehen, dass die durch die Baulast gesicherte Baubeschränkung
angesichts des unrenovierten, nach Nutzungsänderung noch umzubauenden und
zudem in Wohnungseigentum aufgeteilten Haus einen wesentlichen Mangel
darstellt. Dabei ist ohne Bedeutung, ob die Kläger - wie sie erst in zweiter
Instanz vorgetragen haben - im Laufe der Vertragsverhandlungen konkret eine
durch die Baulast ausgeschlossene Außengestaltung des Gebäudes thematisiert
haben. Dann hätte erst recht eine Aufklärung erfolgen müssen, weil
Fragen unabhängig von der Erheblichkeit des Mangels stets vollständig und
wahrheitsgemäß zu beantworten sind (vgl. nur Senat,
Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205
Rn. 25 mwN). Ebenso rechtsfehlerhaft ist die Annahme des
Berufungsgerichts, wegen der dem Beklagten unbekannten fehlenden Kausalität
fehle es an den subjektiven Voraussetzungen der Arglist.
9 3. Das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar
(§ 561 ZPO).
10 a) Die seitens des Berufungsgerichts festgestellte fehlende
Ursächlichkeit des Mangels für den Kaufentschluss schließt die geltend
gemachten Ansprüche nicht aus. Ob sich ein Verkäufer auf den vereinbarten
Haftungsausschluss berufen kann, wenn ein arglistig verschwiegener Mangel
ohne Einfluss auf den Willensentschluss seines Vertragspartners war, ist für
§ 444 BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung höchstrichterlich
allerdings noch nicht entschieden worden.
11 aa) Während das Reichsgericht Kausalitätsfragen im Gewährleistungsrecht
allgemein für unerheblich hielt (RG WarnR 1933 Nr. 193; zu § 477 BGB aF RGZ
55, 210, 215 f.; zu § 463 BGB aF RGZ 102, 394, 395; ebenso
Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, 15. Aufl., S. 436; Planck/Knoke, BGB, 4.
Aufl., § 463 Anm. 2 a.E.), hat der Senat für § 463 Satz 2 BGB in der bis zum
31. Dezember 2001 geltenden Fassung angenommen, dass die von dem Verkäufer
zu beweisende fehlende Kausalität den Anspruch ausschließt. So differenziert
das Urteil des Senats vom 30. April 2003, auf das sich das Berufungsgericht
gestützt hat, zwischen der arglistigen Täuschung, für die es die Beweislast
bei dem Käufer sieht, und der von dem Verkäufer zu beweisenden fehlenden
Ursächlichkeit der Täuschung für den Willensentschluss (V ZR 100/02, NJW
2003, 2380, 2381; ebenso Senat, Urteil vom 7. Juli 1989 - V ZR 21/88, NJW
1990, 42, 43; Urteil vom 19. September 1980 - V ZR 51/78, NJW 1981, 45, 46;
BGH, Urteil vom 29. Juni 1977 - VIII ZR 43/76, NJW 1977, 1914, 1915; KG,
NJW-RR 1989, 972, 973). In der Literatur war die Frage umstritten. Teils
wurde vertreten, dass die fehlende Kausalität einen Schadensersatzanspruch
gemäß § 463 S. 2 BGB a.F. ausschließe (Erman/Grunewald, BGB, 10. Aufl., §
463 Rn. 6; Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 463 Rn. 29), teils wurde sie für
irrelevant gehalten (Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 463 Rn. 25; § 476 Rn.
9 f.; Staudinger/Honsell, BGB [1995] § 476 Rn. 24).
12 bb) Für § 444 BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden
Fassung wird - soweit zu dieser Frage überhaupt Stellung bezogen wird -
überwiegend angenommen, dass die Arglist nicht ursächlich für den
Vertragsschluss gewesen sein muss (Krüger in Krüger/Hertel, Der
Grundstückskauf, 9. Aufl., Rn. 748; allgemein zum Recht der
Sachmängelhaftung Bamberger/Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 438 Rn. 37;
widersprüchlich Staudinger/Matuschke-Beckmann, BGB [2004], § 444 Rn. 42
einerseits, § 438 Rn. 95 andererseits; aA Münch-Komm-BGB/Westermann, 5. Aufl,
§ 438 Rn. 35).
13 cc) Richtigerweise ist die Ursächlichkeit der Arglist für den
Kaufentschluss unerheblich. Anders als in § 123 Abs. 1 BGB
("zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung ...
bestimmt") findet die Kausalität in dem Wortlaut des § 444 BGB keine
Erwähnung ("kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel
arglistig verschwiegen ... hat"). Ein Kausalitätserfordernis wäre im Recht
der Sachmängelhaftung systemwidrig. Während die Anfechtbarkeit im Falle
einer arglistigen Täuschung die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit
schützt (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1968 - II ZR 214/66, BGHZ 51,
141, 147), sind Ansprüche aus Sachmängelhaftung an eine Verletzung
der in § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB normierten Pflicht zur Lieferung einer
mangelfreien Sache geknüpft. Sie setzen grundsätzlich nicht voraus, dass der
Mangel die Kaufentscheidung beeinflusst hat. Während das arglistige
Verhalten des Verkäufers nach § 463 Satz 2 BGB a.F. Voraussetzung für einen
Schadensersatzanspruch war, ist die Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien
Sache seit der Reform des Schuldrechts Teil des Erfüllungsanspruchs, § 433
Abs. 1 Satz 2 BGB. Ein Schadensersatzanspruch ist gemäß § 437 Nr. 3, § 280
Abs. 1 Satz 2, § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB auch bei einer fahrlässig
verschuldeten mangelhaften Lieferung gegeben. Das arglistige Verhalten des
Verkäufers ist in diesem Zusammenhang nur noch im Rahmen von § 444 BGB von
Bedeutung. Diese Vorschrift soll den Käufer allein vor einer
unredlichen Freizeichnung des Verkäufers von der Sachmängelhaftung schützen.
Eine solche unredliche Freizeichnung ist gegeben, wenn der Verkäufer
arglistig handelt. Weitere Voraussetzungen enthält § 444 BGB nicht.
14 b) Der Vorrang der Nacherfüllung, der sich für den Rücktritt aus
§ 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1 BGB und für den Schadens- bzw. Aufwendungsersatz
aus § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1, § 284 BGB ergibt, steht den von den
Klägern geltend gemachten Ansprüchen nicht entgegen. Ohnehin ist nicht
ersichtlich, dass der Beklagte die Baulast beseitigen könnte. Jedenfalls
aber wäre bei einer arglistigen Täuschung die Nacherfüllung unzumutbar
(Senat, Urteil vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05,
NJW 2007, 835 Rn. 10 ff.; BGH, Urteil vom
9. Januar 2008 - VIII ZR 210/06, NJW 2008, 1371 Rn. 19 f.).
15 4. Damit ist das Urteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 563
Abs. 1 Satz 1 ZPO). Denn das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt
aus folgerichtig - offen gelassen, ob die Aufklärung erfolgt ist. Auch
fehlen Feststellungen zu den subjektiven Voraussetzungen der Arglist.
16 5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
17 a) Die Darlegungs- und Beweislast für die unterbliebene Aufklärung tragen
im Grundsatz die Kläger. Dabei begründet die im Gegensatz zu den weiteren
Baulasten fehlende Erwähnung der Baulast in dem Vertrag zwar keine negative
Vermutung, weil es sich nicht um eine Vereinbarung, sondern um eine
Information handelt. Sie kann aber indizielle Bedeutung für die
Beweisführung haben (vgl. Senat, Urteil vom 20. Juni 1986 - V ZR 158/85,
juris Rn. 11 f.).
18 b) Zunächst trifft jedoch den Beklagten als Verkäufer
hinsichtlich der behaupteten Aufklärung durch seinen Vertreter eine
sekundäre Darlegungslast, weil es sich um eine negative Tatsache handelt.
Der Käufer kann sich in dieser Fallkonstellation darauf beschränken,
zunächst die fehlende Offenbarung zu behaupten. Er muss lediglich die von
dem Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu
spezifizierende Aufklärung ausräumen. Kommt der Verkäufer der sekundären
Darlegungslast nicht nach, ist sein Vorbringen nicht erheblich
(näher Senat, Urteil vom 12. November 2010 - V ZR
181/09, NJW 2011, 1280 Rn. 12 mwN, zum Abdruck in BGHZ vorgesehen). Das
Berufungsgericht wird daher zu prüfen haben, ob der bisherige Vortrag des
Beklagten zu der behaupteten mündlichen Aufklärung diesen Anforderungen
entspricht. Dabei dürfte sich die Aufklärung nicht in allgemein gehaltenen
Aussagen erschöpft haben, sondern müsste Art, Inhalt und Tragweite der
baurechtlichen Beschränkung in wesentlichen Zügen umfasst haben. Nicht
ausreichend wäre wegen der Wirkung der Baulast in die Zukunft die bloße
Vorstellung der bislang genehmigten Planung.
19 c) In subjektiver Hinsicht setzt die Arglist
neben der Kenntnis des Mangels voraus, dass der Verkäufer bzw. sein
Vertreter (§ 166 Abs. 1 BGB) weiß oder für möglich hält, dass der Käufer den
Fehler nicht kennt und er bei Offenbarung den Vertrag nicht oder zumindest
nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Sollte der
Beklagte aber in objektiver Hinsicht keine ausreichende Aufklärung darlegen,
träfe ihn auch in subjektiver Hinsicht die sekundäre Darlegungslast für
diejenigen Umstände, aufgrund derer er bzw. sein Vertreter trotz
unterbliebener eigener Aufklärung davon ausgegangen sein will, die Kläger
hätten Kenntnis von dem Mangel gehabt (vgl. zum Ganzen Senat aaO. Rn. 14
f.).
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