Verjährungsbeginn nach §
199 BGB: Erfordernis der Fälligkeit (§ 271 BGB); Fälligkeit einer Bürgschaft
auf erstes Anfordern
BGH, Urteil vom 8. Juli
2008 - XI ZR 230/07
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Die Fälligkeit der
Forderung aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern tritt, sofern die
Parteien nichts anderes vereinbaren, mit der Fälligkeit der Hauptschuld ein
und ist nicht von einer (formgerechten) Leistungsaufforderung des Gläubigers
abhängig.
Zentrale Probleme:
Es geht um den Beginn der Regelverjährung nach § 199 I
BGB. Dieser setzt neben den subjektiven Voraussetzungen das Entstehen der
Forderung, mithin derer Fälligkeit nach § 271 BGB voraus. Im speziellen Fall
ging es um die Fälligkeit einer Bürgschaft auf erstes Anfordern.Die
Entscheidung legt dar, daß eine Bürgschaft grundsätzlich mit der Hauptschuld
fällig wird und das - vorbehaltlich eines anderen Parteiwillens - das auch
für die Bürgschaft auf erstes Anfordern gilt, deren Eigenart sehr schön kurz
dargelegt wird. S. dazu auch die Anm. zu
BGH NJW 1999,
55 ff; BGH NJW 2001, 282 ff;
BGH NJW 2003,
352.
©sl 2008
Tatbestand:
1 Die Kläger zu 3) und 4), die von einem Bauträgervertrag zurückgetreten
sind, nehmen die beklagte Bank aus einer Bürgschaft über 185.000 DM auf
Erstattung von Teilzahlungen in Anspruch, die sie an die Bauträgerin
geleistet haben.
2 Die Beklagte übernahm im Dezember 1995 eine Bürgschaft für künftige
Ansprüche der Kläger zu 3) und 4) auf Rückgewähr von Zahlungen, die diese an
eine Bauträgerin (im Weiteren: Hauptschuldnerin) als Kaufpreis für einen
Laden in einem zu errichtenden Wohn- und Geschäftshaus in E. bereits vor
dessen Fertigstellung erbringen sollten. Die Bürgschaftsurkunde bezieht sich
im Vorspann auf den zwischen der Hauptschuldnerin und den Klägern
geschlossenen Vertrag und enthält Regelungen zur Sicherung von Ansprüchen im
Falle einer Zahlung des Kaufpreises vor Eintritt der Fälligkeit nach der
Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). In der Bürgschaftsurkunde heißt es
in Übereinstimmung mit der den Klägern zu 1) und 2) ausgehändigten u.a.:
"Wir verpflichten uns, Zahlung bis zur Höhe des Bürgschaftsbetrages an de[n]
Käufer zu leisten, wenn das Bauvorhaben endgültig nicht durchgeführt oder
nicht fristgerecht vollendet wird und deshalb der Käufer vom Vertrag
zurücktritt oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangt. ...
Unsere Verpflichtung aus dieser Bürgschaft erlischt, wenn der Kaufpreis, auf
den sich die Bürgschaft bezieht, nach § 3 Abs. 2 MaBV fällig geworden ist
oder fällig werden würde. Sie vermindert sich bei Fälligkeit um die
Kaufpreisteilbeträge nach § 3 Abs. 2 MaBV".
3 Die Kläger zu 3) und 4) traten wegen Überschreitung der vereinbarten
Bauzeit im April 1998 von dem Bauträgervertrag wirksam zurück. Die
Hauptschuldnerin, die rechtskräftig zur Erstattung der von den Klägern
geleisteten, die Bürgschaftssumme übersteigenden Teilzahlungen auf den
Kaufpreis verurteilt wurde, ist vermögenslos.
4 Die Parteien streiten um die Auslegung der Bestimmungen zum Umfang der
Bürgschaftsverpflichtung. Darüber hinaus hat die Beklagte, der der von den
Klägern zu 3) und 4) erst im Dezember 2005 beantragte Mahnbescheid am 2.
Februar 2006 zugestellt worden ist, die Einrede der Verjährung erhoben.
5 Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung
der Beklagten ist von dem Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Mit der -
vom Senat nur in Bezug auf die Kläger zu 3) und 4) zugelassenen - Revision
begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
6 Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils
und zur Abweisung der Klage der Kläger zu 3) und 4).
I.
7 Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, die in BauR 2008, 375 ff.
veröffentlicht ist, im Wesentlichen wie folgt begründet:
8 Die Bürgschaft sichere in voller Höhe des Bürgschaftsbetrags
Rückforderungsansprüche der Kläger zu 3) und 4) bei Nichtdurchführung des
Bauvorhabens oder bei Rücktritt. Das Interesse der Erwerber bestehe im Fall
eines Rücktritts gerade darin, bereits gezahlte Kaufpreisraten unabhängig
vom Baufortschritt zurückzuerhalten. So hätten die Kläger zu 3) und 4) als
sorgfältige und vernünftige Empfänger des Bürgschaftsversprechens den
Wortlaut der Bürgschaftsurkunde verstehen dürfen. Die "Abschmelzungsklausel"
trete gleichrangig neben diese Regelung und betreffe nur Ansprüche der
Kläger zu 3) und 4) bei Durchführung des Kaufvertrags und Ziehung der
Bürgschaft. Die Bürgschaftsforderung sei nicht verjährt, da die
Verjährungsfrist erst mit dem erstmaligen Erfüllungsverlangen der Kläger zu
3) und 4) in den Jahren 2005 und 2006 begonnen habe.
II.
9 Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten in einem entscheidenden Punkt
rechtlicher Überprüfung nicht stand.
10 1. Entgegen der Ansicht der Revision sind die Ausführungen des
Berufungsgerichts zur Auslegung der Bürgschaftsurkunde, die mit der den
Klägern zu 1) und 2) ausgehändigten im Wesentlichen wortgleich ist,
allerdings auch dann zutreffend, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen
vorliegen. Nach ihrem Wortlaut, der von dem der
Individualbürgschaftserklärung deutlich abweicht, über die im Senatsurteil
vom 6. Mai 2003 (XI ZR 33/03, WM 2003, 1259 ff.) zu entscheiden war,
verpflichtet die Bürgschaft die Beklagte für den Fall, dass das Bauvorhaben
endgültig nicht durchgeführt oder nicht fristgerecht vollendet wird und der
Käufer deshalb - wie hier - vom Vertrag wirksam zurücktritt, zur Rückzahlung
des Kaufpreises bis zur Höhe des Bürgschaftsbetrages. Zu verstehen ist
darunter jedenfalls unter Berücksichtigung der Unklarheitenregelung des § 5
AGBG (jetzt: § 305c Abs. 2 BGB) ohne Rücksicht auf erbrachte Werkleistungen
die Rückzahlung des gesamten von der Bürgschaftssumme gedeckten im Voraus
gezahlten Kaufpreises.
11 Dafür spricht auch der Sinn und Zweck der von der Hauptschuldnerin nach
dem Bauträgervertrag zu stellenden Bankbürgschaft nach § 7 Abs. 1 MaBV.
Durch diese soll dem Käufer das Insolvenzrisiko des Bauträgers abgenommen
und ihm eine Sicherheit für die von ihm eingegangene Verpflichtung gewährt
werden, die Vergütung für das herzustellende Werk sofort und nicht erst, wie
es § 3 Abs. 2 MaBV vorsieht, in Raten entsprechend dem Baufortschritt zu
entrichten (BGHZ 162, 378, 382, 383; Senatsurteil vom 29. Januar 2008 - X ZR
160/07, WM 2008, 729, 731 Tz. 17, für BGHZ vorgesehen). Dieser Schutzzweck
erfordert es, dass die bürgende Bank dem Käufer, wenn er - wie hier die
Kläger zu 3) und 4) - wirksam vom Bauträgervertrag zurücktritt, in Höhe der
Bürgschaftssumme auf die Rückzahlung des gesamten im Voraus geleisteten
Kaufpreises haftet (BGHZ 160, 277, 281 f.). Denn im Falle des Rücktritts hat
der Käufer etwa bereits erlangte Teilleistungen des Bauträgers
zu-rückzugewähren und ist regelmäßig nicht in der Lage, deren Wert
wirtschaftlich zu realisieren.
12 Entgegen der Ansicht der Revision wird der Klausel über die Abschmelzung
der Bürgschaft nach Baufortschritt durch diese Auslegung nicht etwa jeder
Anwendungsbereich genommen. Die Abschmelzungsklausel betrifft vielmehr den
Fall, aber auch nur den Fall, dass der Bauträgervertrag zwar durchgeführt
wird, der Käufer aber für den geleisteten Kaufpreis keine vollwertige
Gegenleistung erhalten hat, etwa weil eine teilweise Nicht- oder aber eine
Schlechterfüllung des Bauträgervertrages vorliegt (vgl. dazu BGHZ 151, 147,
152 f.; 172, 63, 77 Tz. 53 f.; BGH, Urteile vom 14. Januar 1999 - IX ZR
140/98, WM 1999, 535, 537, vom 19. Juli 2001 - IX ZR 149/00, WM 2001, 1756,
1758, vom 22. Oktober 2002 - XI ZR 393/01, WM 2002, 2411, 2412 und vom 18.
September 2007 - XI ZR 211/06, WM 2007, 2352, 2355 Tz. 30 f.).
13 2. Die Bürgschaftsforderung der Kläger zu 3) und 4) ist jedoch, anders
als das Berufungsgericht gemeint hat, verjährt. Die Verjährungsfrist von
drei Jahren (§ 195 BGB) begann nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 1.
Januar 2002 und endete gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB am 31.
Dezember 2004. Die Zustellung des Mahnbescheids am 2. Februar 2006
konnte die zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichene Verjährungsfrist nicht
mehr nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB hemmen.
14 a) Die Frist für die Verjährung der Bürgschaftspflicht des Beklagten
beträgt nach der für das Verjährungsrecht geltenden Überleitungsvorschrift
in Artikel 229 § 6 EGBGB gemäß § 195 BGB in der seit dem 1. Januar 2002
geltenden Fassung drei Jahre, da diese Frist kürzer ist als die davor
geltende regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. von 30 Jahren (Art.
229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB).
15 Der Lauf dieser Verjährungsfrist beginnt am 1. Januar 2002, sofern zu
diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB vorliegen, d.h.
der Anspruch aus der Bürgschaft entstanden ist und der Gläubiger von den
anspruchsbegründenden Tatsachen sowie der Person des Schuldners Kenntnis
erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis hätte erlangen müssen.
Dies gilt auch für die Berechnung einer Verjährungsfrist auf Grundlage
der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB (Senat, BGHZ 171,
1, 8 ff. Tz. 23 ff.).
16 b) Der Bürgschaftsanspruch der Kläger zu 3) und 4) ist bereits mit
Erklärung des Rücktritts vom Bauträgervertrag im April 1998 entstanden.
17 aa) Ein Anspruch ist nach § 199 Abs. 1 BGB entstanden, sobald er
erstmals vom Gläubiger geltend gemacht und mit einer Klage durchgesetzt
werden kann. Dies setzt grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs voraus,
da erst von diesem Zeitpunkt an (§ 271 Abs. 2 Halbs. 1 BGB) der Gläubiger
mit Erfolg die Leistung fordern und gegebenenfalls den Ablauf der
Verjährungsfrist durch Klageerhebung unterbinden kann (BGHZ 53, 222,
225; 55, 340, 341 f.; 113, 188, 193; BGH, Urteil vom 23. Januar 2001 - X ZR
247/98, WM 2001, 687, 689).
18 bb) Der Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden (Senat,
Urteile vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, WM 2008, 729, 731 f. Tz. 22 ff.,
für BGHZ vorgesehen, und vom 11. März 2008 - XI ZR 81/07, Urteilsumdruck, S.
4 ff. Tz. 9 ff.), dass, sofern eine andere Vereinbarung der Parteien nicht
besteht, die Verjährungsfrist jedenfalls für selbstschuldnerische
Bürgschaften mit Fälligkeit der gesicherten Forderung beginnt. Da im
Gesetz eine Leistungsaufforderung des Gläubigers als Entstehungs- oder
Fälligkeitsvoraussetzung der Bürgschaftsforderung nicht vorgesehen ist,
kommt es für den Beginn der Verjährungsfrist entgegen der Ansicht des
Berufungsgerichts nicht auf die Geltend-machung der Bürgenverpflichtung
durch den Gläubiger an. Der Gesetzgeber ist bei der Neufassung des § 771 BGB
durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001
(BGBl. I S. 3138) ausdrücklich davon ausgegangen, dass „der Anspruch des
Gläubigers gegen den Bürgen gleichzeitig mit der Hauptforderung“ entsteht
(Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen
Bundestages vom 9. Oktober 2001, BT-Drucks. 14/7052, S. 206). Auch der
Grundsatz der Akzessorietät, d.h. der Abhängigkeit der Forderung aus der
Bürgschaft von der Hauptschuld im Hinblick auf Entstehung, Durchsetzbarkeit
und Erlöschen, spricht dafür, dass die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung
mit der Fälligkeit der Hauptschuld eintritt. Überdies widerspräche es dem
mit dem Rechtsinstitut der Verjährung verfolgten Regelungszweck, den
Schuldner vor unangemessen langer Inanspruchnahme zu schützen und
Rechtsfrieden herzustellen, die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung von
einer Leistungsaufforderung des Gläubigers abhängig zu machen und diesem
damit die Möglichkeit zu eröffnen, den Verjährungsbeginn und die
Notwendigkeit verjährungsunterbrechender Maßnahmen nach seinem Belieben
hinauszuzögern (Senat, Urteile vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, WM
2008, 729, 732 Tz. 24, für BGHZ vorgesehen, und vom 11. März 2008 - XI ZR
81/07, Urteilsumdruck, S. 6 Tz. 11, jeweils m.w.Nachw.).
19 c) Die Kläger zu 3) und 4) hatten mit Erklärung des Rücktritts im Jahr
1998 Kenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 BGB von den Umständen, die sowohl
die Fälligkeit des Anspruchs auf Rückgewähr als auch der
Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten begründeten.
III.
20 Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann auch nicht mit anderer
Begründung aufrecht erhalten werden (§ 561 ZPO).
21 1. Auch bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern, die die
Hauptschuldnerin möglicherweise zu stellen hatte und von deren Vereinbarung
zu Gunsten der Kläger zu 3) und 4) im Revisionsverfahren ausgegangen werden
soll, beginnt die Verjährungsfrist grundsätzlich mit der Fälligkeit der
Hauptforderung.
22 a) Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist kein Sicherungsmittel
eigener Art, sondern stellt lediglich eine besondere Form der Bürgschaft
dar, die den Gläubiger bei der Durchsetzung privilegiert (BGHZ 151, 229,
235; 152, 246, 251; 154, 378, 385). Sie weist gegenüber einer
selbstschuldnerischen Bürgschaft keine den Beginn der Verjährungsfrist
beeinflussende Besonderheit auf. Ihre Eigenart erschöpft sich darin, im
Bürgschaftsprozess bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs Einwände des Bürgen
gegen die Zahlungspflicht zunächst auszuschließen. Deren Klärung bleibt nach
Zahlung durch den Bürgen einem späteren Rückforderungsprozess vorbehalten
(BGH, Urteile vom 27. Februar 1992 - IX ZR 57/91, WM 1992, 773, 776 und
vom 28. September 2000 - VII ZR 460/97, WM 2000, 2373, 2375; Senat, Urteil
vom 10. September 2002 - XI ZR 305/01, WM 2002, 2192, 2193; BGH, Urteil vom
28. Juni 2007 - VII ZR 199/06, WM 2007, 1609, 1610 Tz. 17). Zu der für den
Verjährungsbeginn entscheidenden Frage, wann der die Fälligkeit auslösende
Sicherungsfall eingetreten ist, weicht damit die Bürgschaft auf erstes
Anfordern nicht von den allgemein für selbstschuldnerische Bürgschaften
geltenden Regeln ab (vgl. BGH, Urteile vom 5. April 1984 - VII ZR 167/83, WM
1984, 892 f., vom 28. September 2000 - VII ZR 460/97, WM 2000, 2373, 2375
und vom 28. Juni 2007 - VII ZR 199/06, WM 2007, 1609, 1610 f. Tz. 18). Der
Anspruch aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern entsteht folglich
ebenfalls mit Fälligkeit der gesicherten Forderung (BGHZ 152, 246, 251; BGH,
Beschluss vom 12. September 2002 - IX ZR 497/00, WM 2002, 2325), sodass auch
bei dieser Form der Bürgschaft der Lauf der Verjährungsfrist grundsätzlich
zu diesem Zeitpunkt beginnt.
23 b) Die Gegenansicht (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 199 Rdn. 3;
Staudinger/Horn, BGB Bearb. 1997 Vorbem. zu §§ 765 ff. Rdn. 27; Gay NJW
2005, 2585, 2586 f.; kritisch dazu OLG Brandenburg, Urteil vom 9. Mai 2007 -
4 U 187/06, zitiert nach juris Tz. 35; Bräuer NZBau 2007, 477, 478)
übersieht, dass die Inanspruchnahme des Bürgen bei der Bürgschaft auf erstes
Anfordern nicht die materielle Bürgenhaftung beeinflusst, sondern nur die
Berücksichtigung von Einwendungen des Bürgen im Zahlungsprozess modifiziert.
Die von den Parteien des Bürgschaftsvertrages bei Vereinbarung einer
Bürgschaft auf erstes Anfordern vielfach vorgesehenen, besonderen förmlichen
Anforderungen beschreiben die Voraussetzungen, die dem Gläubiger die
Möglichkeit einer von nicht offensichtlichen und nicht liquide beweisbaren
Einwendungen entlasteten Klage eröffnen, nicht aber den Zeitpunkt, von dem
ab der Gläubiger die Leistung verlangen kann. Die strengen förmlichen
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dienen vielmehr dem Schutz des
Bürgen. Diesem Schutzzweck widerspricht es, die Fälligkeit einer Bürgschaft
auf erstes Anfordern von einer ordnungsgemäßen Zahlungsaufforderung abhängig
zu machen und damit dem Gläubiger die Möglichkeit zu geben, den Beginn der
Verjährung, die ebenfalls dem Schutz des Schuldners dient, beliebig
hinauszuzögern.
24 2. Die Parteien haben auch keine abweichende Vereinbarung zur Fälligkeit
der Bürgschaft oder unmittelbar zum Verjährungsbeginn getroffen, die den
gesetzlichen Regelungen vorgehen könnte (vgl. OLG Frankfurt, WM 2007, 1369,
1370; MünchKomm/Krüger, BGB 5. Aufl. 2007, § 271 Rdn. 7; Palandt/Heinrichs,
BGB 67. Aufl. § 199 Rdn. 3).
25 a) Eine ausdrückliche Regelung zur Fälligkeit der
Bürgschaftsverpflichtung findet sich in der Bürgschaftsurkunde nicht. Jedoch
wird in einem einleitenden Abschnitt die Verpflichtung der Hauptschuldnerin
aus dem Bauträgervertrag wiedergegeben, Sicherheit solle durch eine
"selbstschuldnerische, unwiderrufliche und auf erstes Anfordern fällig
gestellte Bürgschaft" geleistet werden. Dies kann von dem Revisionsgericht
ausgelegt werden, weil weitere tatsächliche Feststellungen nicht
erforderlich sind und dadurch der Rechtsstreit zu einer abschließenden
Entscheidung geführt wird (vgl. BGHZ 65, 107, 112; 124, 39, 45; 139, 357,
366 f.).
26 b) Gegen eine von der gesetzlichen Regel abweichende Vereinbarung der
Parteien zur Fälligkeit der Bürgschaft sprechen Wortlaut und systematische
Einordnung des von der Revision dafür in Anspruch genommenen
Einleitungssatzes der Bürgschaftsurkunde sowie die für die Auslegung
bedeutsamen beiderseitigen wirtschaftlichen Interessen.
27 Nach dem Wortlaut haben die Parteien in dem Einleitungssatz keine
Vereinbarung zur Fälligkeit der Bürgschaft getroffen, sondern es wird
lediglich eine Verpflichtung der Hauptschuldnerin zur Bestellung einer
bestimmten Sicherheit wiedergegeben. Die Festlegungen der Parteien zur
Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten beginnen erst im nachfolgenden
Absatz, der mit den Worten "dies vorausgeschickt" eingeleitet wird. In der
Beschreibung der Bürgenhaftung findet sich keine Regelung zur Fälligkeit,
die die Geltendmachung der Bürgschaft durch die Gläubiger verlangt. Es ist
auch keine Regelungslücke erkennbar, die es rechtfertigen würde, zur
Ergänzung des von den Parteien Gewollten auf den den Bauträgervertrag
beschreibenden Einleitungssatz zurückzugreifen.
28 Ebenso liefern die beiderseitigen wirtschaftlichen Interessen der
Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keinen Anhalt dafür, dass die
Fälligkeit der Bürgenverpflichtung von einer Leistungsaufforderung der
Kläger zu 3) und 4) abhängen sollte. Das Rechtsinstitut der Verjährung dient
dem Schutz des Schuldners, von dem nicht über einen unangemessenen Zeitraum
hin die Bereitstellung seiner Leistungsfähigkeit verlangt werden kann, und
sichert damit nach Ablauf der Verjährungsfrist den Rechtsfrieden. Dieser
Schutzintention widerspräche es, bei Fehlen einer ausdrücklichen
Vereinbarung durch Auslegung dem Gläubiger einer Bürgschaftsforderung die
Rechtsmacht zu eröffnen, den Verjährungsbeginn nach seinem Belieben dadurch
hinauszuzögern, dass er den Fälligkeitszeitpunkt der Bürgschaftsforderung
durch eine Leistungsaufforderung bestimmen kann. Besondere wirtschaftliche
Interessen der Parteien, die hier eine Abweichung von diesem allgemeinen
Grundsatz (vgl. Senat, Urteile vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, WM 2008,
729, 731 f. Tz. 24, für BGHZ vorgesehen, und vom 11. März 2008 - XI ZR
81/07, Urteilsumdruck, S. 6 Tz. 11) rechtfertigen könnten, sind nicht
erkennbar. Auch bei einer Bürgschaft, die den Rückgewähranspruch des
Erwerbers nach Rücktritt von einem Bauträgervertrag sichert, ist dem Bürgen
eine Durchsetzung seines Bürgschaftsanspruchs innerhalb der mit Fälligkeit
des Rückforderungsanspruchs beginnenden Verjährungsfrist ohne weiteres
zumutbar. Die bürgende Bank, die vom Rücktritt nicht zwingend informiert
sein muss und auch über detaillierte Kenntnisse zur Höhe der verbürgten
Erstattungsforderung nicht immer verfügen wird, hat das von dem Bürgen bei
verständiger Sicht zu akzeptierende Interesse, dass mit einer Klärung ihrer
möglichen Bürgenhaftung innerhalb der mit Fälligkeit der Hauptforderung
beginnenden Verjährungsfrist zumindest begonnen wird.
29 3. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung nicht rechtsmissbräuchlich
erhoben. Soweit die Revisionserwiderung diesen Vorwurf auf eine Erklärung
der Beklagten zur Regelung der Freigabe des erworbenen Grundstücks aus der
grundpfandrechtlichen Haftung gemäß § 3 MaBV stützen will, ist ein
bedeutsamer rechtlicher Zusammenhang mit der Verjährung der
Bürgschaftsverpflichtung weder dargetan noch ersichtlich.
IV.
30 Nach alledem war das Berufungsurteil aufzuheben und die Klage der Kläger
zu 3) und 4) abzuweisen.
|