Verjährung: Hemmung bei
Einreichung eines Güteantrags bei Bekanntgabe "demnächst" (§ 204 I Nr. 4
BGB)
BGH, Urteil vom 22.
September 2009 - XI ZR 230/08
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
a) Bei der Beurteilung der Frage, ob
eine Bekanntgabe "demnächst" im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB veranlasst
worden ist, kann auf die zu § 167 ZPO entwickelten Grundsätze
zurückgegriffen werden.
b) Verzögerungen bei der Bekanntgabe des Güteantrags, die auf einer
Arbeitsüberlastung der Gütestelle beruhen, sind dem Antragsteller
grundsätzlich nicht zuzurechnen.
Zentrale Probleme:
S. dazu auch BGH NJW 2006, 3206; BGH NJW 2009, 984
sowie die Anm. zu BGH NJW
1993, 2320: "Demnächst" kann auch später sein .....
©sl 2009
Tatbestand:
1 Die Kläger machen gegen die beklagte Bank Schadensersatzansprüche wegen
fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an einem
Immobilienfonds geltend.
2 Die Kläger wurden im Jahr 1994 von einem Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin
der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) geworben, sich zwecks Steuerersparnis
über einen Treuhänder an dem in Form einer Kommanditgesellschaft betriebenen
geschlossenen Immobilienfonds " Anlage Nr. .." (im Folgenden: Fonds) zu
beteiligen. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schlossen sie mit der
Beklagten am 30. September 1994 einen Darlehensvertrag über 55.000 DM mit
einer Laufzeit bis zum 30. Dezember 2002 und einer Zinsfestschreibung bis
zum 30. Oktober 1999. Gemäß Nr. 5 des Darlehensvertrages sollte das Darlehen
aus Fondsrückflüssen getilgt werden; darüber hinaus sollten Sondertilgungen
bis zu insgesamt 10.000 DM pro Jahr während der Zinsbindung möglich sein.
Jeweils im Februar 2000 und 2003 vereinbarten die Parteien unter Änderung
des Zinssatzes eine Prolongation des Darlehens.
3 Die Kläger leisteten an die Beklagte in den Jahren 1994 bis 2004 auf den
Darlehensvertrag Zinszahlungen in Höhe von insgesamt 17.852,52 €. In den
Jahren 1998 und 1999 erhielten sie Fondsausschüttungen über insgesamt
1.022,58 €. Mit einem am 31. Dezember 2004 bei der Öffentlichen
Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle der Freien und Hansestadt Hamburg (ÖRA)
eingegangenen Anwaltsschreiben vom 30. Dezember 2004 beantragten die Kläger
gegen die Beklagte wegen eines Schadensersatzanspruchs aus
Beratungsverschulden die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens. Auf
fernmündliche Nachfragen wurde dem von den Klägern beauftragten Rechtsanwalt
erklärt, die Schlichtungsstelle sei überlastet und ein weiteres Betreiben
des Verfahrens sei nicht absehbar. Am 5. September 2005 wurde von den
Klägern ein Gebühren-vorschuss angefordert. Der Antrag wurde der Beklagten
zusammen mit einer Ladungsverfügung vom 6. Februar 2006 bekannt gegeben. Das
Schlichtungsverfahren wurde am 23. März 2006 eingestellt.
4 Mit der am 25. September 2006 eingereichten und am 17. Oktober 2006
zugestellten Klage verlangen die Kläger unter Abzug der Fondsausschüttungen
die Erstattung ihrer Zinszahlungen nebst Zinsen. Ferner begehren sie die
Feststellung, dass der Beklagten gegen sie aus dem Darlehensvertrag keine
weiteren Ansprüche mehr zustehen. Sie behaupten, von der Beklagten über die
Chancen und Risiken der Kapitalanlage fehlerhaft belehrt worden zu sein;
insbesondere sei ihnen zugesichert worden, das Darlehen werde durch
Fondsausschüttungen und Steuervorteile getilgt. Die Beklagte beruft sich
unter anderem auf die Einrede der Verjährung.
5 Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der - vom
Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren
weiter.
Entscheidungsgründe:
6 Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
7 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:
8 Nach dem Vorbringen der Kläger könne zwar von einer schuldhaften
Beratungspflichtverletzung der Beklagten ausgegangen werden; ein ihnen
daraus erwachsener Schadensersatzanspruch sei aber verjährt. Die hierfür
zunächst geltende regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 195 BGB
aF sei gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB von dem 1. Januar 2002 an durch die
neue dreijährige Regelverjährung des § 195 BGB nF abgelöst worden. Da die
Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von den den
Schadensersatzanspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners
gehabt hätten, sei die Verjährung mit Ablauf des 31. Dezember 2004
eingetreten.
9 Die Einleitung des Schlichtungsverfahrens habe nicht zu einer Hemmung der
Verjährung geführt. Die Veranlassung der Bekanntgabe des Antrags an die
Beklagte als Schuldnerin sei nicht mehr in unverjährter Zeit erfolgt. Die
Bekanntgabe sei auch nicht "demnächst" nach der Einreichung des Antrags
veranlasst worden. Die Kläger hätten nach der ihnen erteilten Auskunft, die
Schlichtungsstelle sei überlastet und ein Betreiben des Verfahrens sei nicht
absehbar, nicht auf ungewisse Zeit an ihrem Antrag festhalten dürfen.
Vielmehr hätten sie stattdessen Klage erheben oder das Mahnverfahren
einleiten müssen. Darüber hinaus sei Verjährung auch dann eingetreten, wenn
die Bekanntgabe des Antrags an die Beklagte am 9. Februar 2006 noch als
"demnächst" angesehen werde; da die Verjährungsfrist bei Einreichung des
Antrags bis auf einen Tag verstrichen gewesen sei, hätten die Kläger
unmittelbar nach Einstellung des Schlichtungsverfahrens am 23. März 2006
Klage erheben müssen.
10 Der von den Klägern verfolgte Feststellungsantrag sei ebenfalls
unbegründet. Die Kläger hätten mit dem von ihnen geltend gemachten
Schadensersatzanspruch nicht wirksam gegen den Darlehensrückzahlungsanspruch
aufrechnen können, weil dieser bis zum Eintritt der Verjährung des
Schadensersatzanspruchs nicht erfüllbar gewesen sei.
II.
11 Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden
Punkt nicht stand. Das Berufungsgericht hat den von den Klägern
verfolgten Schadensersatzanspruch zu Unrecht als verjährt angesehen.
12 1. Das Berufungsgericht geht im Ansatz allerdings zutreffend davon
aus, dass der von den Klägern verfolgte Schadensersatzanspruch aus
Beratungsverschulden seit dem 1. Januar 2002 der dreijährigen
Regelverjährung des § 195 BGB unterliegt. Da diese Verjährungsfrist
kürzer ist als die bis zum 31. Dezember 2001 geltende Regelverjährung von 30
Jahren, ist sie nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz
1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB von dem 1. Januar 2002 an zu berechnen. Dies gilt
nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 171, 1, Tz. 23 ff.;
Urteile vom 25. Oktober 2007 - VII ZR 205/06, WM 2008, 40, Tz. 22 f., vom 9.
November 2007 - V ZR 25/07, WM 2008, 89, Tz. 8 und vom 3. Juni 2008 - XI ZR
319/06, WM 2008, 1346, Tz. 23) aber nur dann, wenn zu diesem Zeitpunkt auch
die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorgelegen haben.
Die Kläger müssten also von den den Anspruch begründenden Umständen und der
Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder diese nur infolge grober
Fahrlässigkeit nicht erlangt haben. Nach den nicht angegriffenen,
fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts war dies im Laufe des
Jahres 2001 der Fall. Ohne eine verjährungshemmende Maßnahme wäre Verjährung
danach mit Ablauf des 31. Dezember 2004 eingetreten.
13 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Verjährung durch
die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrages gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4
BGB gehemmt worden. Der - den geltend gemachten Anspruch hinreichend genau
bezeichnende - Güteantrag ist durch den Prozessbevollmächtigten der Kläger
noch innerhalb der mit Ablauf des 31. Dezember 2004 endenden
Verjährungsfrist bei der ÖRA eingereicht worden. Die Bekanntgabe des
Antrags ist gegenüber der Beklagten am 6. Februar 2006 "demnächst" im Sinne
von § 204 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 2 BGB veranlasst worden.
14 a) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Bekanntgabe "demnächst" im
Sinne der gesetzlichen Bestimmung veranlasst worden ist, kann auf die vom
Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur gleichgelagerten Fragestellung
im Rahmen der Zustellung nach § 167 ZPO zurückgegriffen werden. Die
Anknüpfung in § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB an die formlose Bekanntgabe des
Güteantrags anstelle der förmlichen Zustellung beruht allein darauf, dass §
15a Abs. 5 EGZPO die nähere Ausgestaltung des Güteverfahrens dem Landesrecht
überlässt und dieses nicht notwendigerweise die Zustellung des Güteantrags
verlangen muss (vgl. BT-Drucksache 14/6040 S. 114). Dies rechtfertigt es,
bei der Auslegung des in § 204 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 2 BGB verwendeten
Begriffs "demnächst" dieselben Maßstäbe anzulegen wie bei § 167 ZPO.
15 aa) Wie dort darf auch im Rahmen des § 204 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 2 BGB
nicht auf eine rein zeitliche Betrachtungsweise abgestellt werden. Vielmehr
sollen, da die Bekanntgabe von Amts wegen geschieht, die Parteien vor
Nachteilen durch Verzögerungen innerhalb des Geschäftsbetriebes der
Gütestelle bewahrt werden, weil diese Verzögerungen von ihnen nicht
beeinflusst werden können (vgl. BGHZ 103, 20, 28 f.; 145, 358, 362; 168,
306, Tz. 17). Es gibt deshalb keine absolute zeitliche Grenze, nach deren
Überschreitung eine Bekanntgabe nicht mehr als "demnächst" anzusehen ist.
Dies gilt auch dann, wenn es - wie hier - zu mehrmonatigen Verzögerungen
kommt (vgl. nur BGHZ 103, 20, 28; BGH, Urteile vom 7. April 1983 - III
ZR 193/81, WM 1983, 985, 986 und vom 11. Juli 2003 - V ZR 414/02, NJW 2003,
2830, 2831 m.w.N.). Denn Verzögerungen bei der Bekanntgabe, die durch
eine fehlerhafte Sachbehandlung der Gütestelle verursacht sind, muss sich
der Antragsteller grundsätzlich nicht zurechnen lassen (vgl. BGHZ 103,
20, 28; 145, 358, 363; BGH, Urteil vom 1. April 2004 - IX ZR 117/03, NJW-RR
2004, 1575; jeweils m.w.N.).
16 bb) Allerdings geht der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu
§ 167 ZPO auch davon aus, dass einer Partei solche nicht nur
geringfügigen Verzögerungen zuzurechnen sind, die sie oder ihr
Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden
können (BGHZ 145, 358, 362; 168, 306, Tz. 18). Das ist nicht nur in
Fällen angenommen worden, in denen Mängel der Klageschrift, etwa die Angabe
einer falschen Anschrift der beklagten Partei, das Zustellungsverfahren
verzögert haben (vgl. dazu die Nachweise in BGHZ 145, 358, 362 f.), sondern
auch dann, wenn nach Einreichung der Klage trotz vollständiger und
ordnungsgemäßer Angabe aller maßgeblichen Verfahrensdaten die Anforderung
des Gerichtskostenvorschusses ausbleibt. In diesen Fällen hat der
Bundesgerichtshof angenommen, der Kläger oder sein Prozessbevollmächtigter
müssten nach angemessener Frist wegen der ausstehenden Vorschussanforderung
nachfragen. Zwar sind beide nicht gehalten, von sich aus den Vorschuss zu
berechnen und mit der Klage einzuzahlen (BGHZ 69, 361, 363 f. m.w.N.; BGH,
Urteil vom 29. Juni 1993 - X ZR 6/93, NJW 1993, 2811, 2812), doch dürfen sie
nicht unbegrenzt lange untätig bleiben, sondern müssen bei ausbleibender
Vorschussanforderung beim Gericht nachfragen und so auf eine größtmögliche
Beschleunigung der Zustellung hinwirken (BGHZ 168, 306, Tz. 18; BGH, Urteil
vom 18. Dezember 2008 - III ZR 132/08, WM 2009, 566, Tz. 18; jeweils
m.w.N.). Dagegen besteht für den Kläger und seinen Prozessbevollmächtigten
keine Obliegenheit oder Verpflichtung, durch eine Kontrolle des
gerichtlichen Vorgehens auf eine größtmögliche Beschleunigung des Verfahrens
hinzuwirken, nachdem sie alle für eine ordnungsgemäße Klagezustellung von
ihnen geforderten Mitwirkungshandlungen erbracht haben; denn dann liegt die
weitere Verantwortung für den ordnungsgemäßen Gang des Zustellungsverfahrens
ausschließlich in den Händen des Gerichts, dessen Geschäftsgang der Kläger
und sein Prozessbevollmächtigter nicht unmittelbar beeinflussen können (BGHZ
168, 306, Tz. 20 f.).
17 b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann den Klägern, anders als
das Berufungsgericht meint, die Verzögerung der Bekanntgabe des Güteantrags
nicht angelastet werden. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger erkundigte
sich nach Einreichung des Güteantrags am 31. Dezember 2004 durch
fernmündliche Nachfragen bei der ÖRA nach dem Stand des Verfahrens und
erhielt die Auskunft, die Schlichtungsstelle sei überlastet und ein
Betreiben des Verfahrens sei nicht absehbar. Der Gebührenvorschuss wurde am
5. September 2005 eingefordert und von den Klägern eingezahlt. Daraufhin
wurde der Güteantrag mit Ladungsverfügung vom 6. Februar 2006 der Beklagten
bekannt gegeben. Die Kläger haben somit alle von ihnen geforderten
Mitwirkungshandlungen erbracht, um die Bekanntgabe zu erreichen. Aufgrund
der Arbeitsüberlastung der ÖRA kann nicht davon ausgegangen werden, dass die
Kläger durch weitere Nachfragen bei der ÖRA oder durch eine Einzahlung des
Kostenvorschusses auch ohne vorherige Anforderung die Bearbeitung ihres
Güteantrags hätten beschleunigen können. Dass die Kläger den
Gebührenvor-schuss nach der Anforderung durch die ÖRA nicht innerhalb
angemessener Zeit eingezahlt haben und dies nachweislich zu einer
Verzögerung der Bekanntgabe des Güteantrags geführt hat, ist weder
festgestellt noch von der Beklagten behauptet worden (zur Darlegungs- und
Beweislast siehe BGH, Urteil vom 27. April 2006 - I ZR 237/03, NJW-RR 2006,
1436, Tz. 19, 21).
18 c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat für die Kläger auch
keine Verpflichtung oder Obliegenheit bestanden, nach der Auskunft durch die
ÖRA zu ihrer Arbeitsüberlastung den Klageweg zu beschreiten oder das
Mahnverfahren einzuleiten. Hierfür fehlt die rechtliche Grundlage. Sie
ergibt sich weder aus dem zwischen den Parteien bestehenden Schuldverhältnis
noch aus einer etwaigen zwischen ihnen aufgrund der Einleitung des
Güteverfahrens entstandenen Sonderverbindung.
19 Im Rahmen des beantragten Güteverfahrens haben die Kläger alles getan,
was die gesetzlichen Vorschriften für die Bekanntgabe des Güteantrags von
ihnen fordern. Darüber hinausgehende Sorgfaltspflichten im Interesse der
Beklagten wegen deren möglicherweise wachsenden Vertrauens in den
materiellrechtlichen Ablauf der Verjährungsfrist trafen die Kläger nicht.
Dies liefe ihrem eigenen Rechtsverfolgungsinteresse zuwider. Sie wollten mit
der Einreichung ihres Güteantrags die Rechtsfolge des Fristablaufs gerade
vermeiden und hatten ihrerseits bereits alles für eine ordnungsgemäße
Bekanntgabe Gebotene erfüllt. Sie durften sich daher darauf verlassen, dass
die ÖRA im Weiteren das Schlichtungsverfahren in eigener Zuständigkeit
ordnungsgemäß betreibt. Dass bei der ÖRA im Jahr 2005 aufgrund der durch die
Änderung des Verjährungsrechts hervorgerufenen Sondersituation einer
drohenden Verjährung von sog. Altansprüchen zum 31. Dezember 2004 eine
erhebliche Arbeitsüberlastung auftrat (vgl. dazu auch OLG Hamburg, NJW-RR
2008, 1090), kann den Klägern nicht zum Nachteil gereichen.
20 Der Umstand, dass die ÖRA aufgrund der Arbeitsüberlastung das von den
Klägern beantragte Güteverfahren im Jahr 2005 nicht weiter betrieben hat,
könnte rechtliche Relevanz allenfalls im Rahmen des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB
erlangen, wenn dieser einer Beendigung des eingeleiteten Verfahrens
gleichzusetzen wäre. Das ist indes nicht der Fall. Hiergegen spricht schon,
dass verjährungsrechtliche Vorschriften im Interesse der Rechtssicherheit
grundsätzlich in enger Anlehnung an den Wortlaut auszulegen sind (vgl. BGHZ
123, 337, 343 m.w.N.; BGH, Urteil vom 22. Februar 2008 - V ZR 86/07, Tz. 9).
Die Beendigung eines Schlichtungsverfahrens erfolgt durch den Abschluss
eines Vergleichs, die Rücknahme des Güteantrags oder durch die Einstellung
des Verfahrens wegen Scheiterns des Einigungsversuchs (vgl. BGHZ 123, 337,
346). Das Nichtbetreiben des Verfahrens durch die Gütestelle infolge
Arbeitsüberlastung fällt nicht darunter. Dies ergibt sich im Umkehrschluss
auch daraus, dass das Nichtbetreiben des Verfahrens in § 204 Abs. 2 Satz 2
BGB eine eigene Regelung erfahren hat, nach der die Verjährungshemmung nur
dann endet, wenn das Verfahren dadurch in Stillstand gerät, dass die
Parteien es nicht betreiben. Der zeitweilige Stillstand des Verfahrens
infolge Arbeitsüberlastung des Gerichts oder - wie hier - der Gütestelle
wird von dieser Vorschrift nicht erfasst (vgl. Erman/Schmidt-Räntsch, BGB,
12. Aufl., § 204 Rn. 54). Die Parteien sind in einem solchen Fall auch nicht
gehalten, das Verfahren bei der Gütestelle in Erinnerung zu bringen oder auf
die Vornahme von Maßnahmen zu dringen (vgl. BGH, Urteile vom 10. Juli 1979 -
VI ZR 81/78, NJW 1979, 2307, 2308, vom 13. April 1994 - VIII ZR 50/93,
NJW-RR 1994, 889 und vom 9. Februar 2005 - XII ZB 118/04, NJW 2005, 1194,
1195). Ob dies auch dann gilt, wenn dem Anspruchsgläubiger greifbare
Anhaltspunkte bekannt sind, dass das Verfahren bei der Gütestelle in
Vergessenheit geraten ist, bedarf keiner Entscheidung; dies war hier nicht
der Fall.
21 3. Die Hemmung der Verjährung durch die Einreichung des Güteantrags hat
gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB frühestens sechs Monate nach der Einstellung
des Verfahrens am 23. März 2006 geendet, wobei dahingestellt bleiben kann,
ob maßgeblicher Anknüpfungspunkt für den Beginn der Nachlauffrist der Tag
der Verfahrenseinstellung oder der Zeitpunkt der Bekanntgabe der
Einstellungsverfügung an den Gläubiger ist (vgl. dazu OLG Celle, ZGS 2007,
195, 196; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 12. Aufl., § 204 Rn. 43). Da der 23.
September 2006 ein Samstag war, endete die Hemmung erst am folgenden Montag
(§ 193 BGB). Mit der Einreichung der Klage am 25. September 2006, die - nach
Anforderung und Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses - der Beklagten am
17. Oktober 2006 "demnächst" i.S. des § 167 ZPO zugestellt worden ist, haben
die Kläger die Verjährung des von ihnen geltend gemachten
Schadensersatzanspruchs gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB erneut in unverjährter
Zeit gehemmt.
22 Soweit die Revisionserwiderung meint, dass in Fällen der
Verjährungshemmung durch ein Güteverfahren die Nachlauffrist des § 204 Abs.
2 Satz 1 BGB nicht anwendbar sei, weil der Anspruchsgläubiger während der
Verfahrensdauer ausreichend Zeit zur Prüfung der Erfolgsaussichten einer
Rechtsverfolgung habe, kann dem aufgrund des klaren Wortlauts der Vorschrift
und der vom Gesetzgeber bezweckten Gleichbehandlung der verjährungshemmenden
Maßnahmen (vgl. BT-Drucksache 14/6040 S. 117) nicht gefolgt werden.
III.
23 Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die
Sache in Bezug auf den Grund und die Höhe des geltend gemachten Anspruchs
nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an
das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). |