Beweislastverteilung bei
Leistungskondiktion; Verjährungsbeginn nach § 199 I BGB bei nachträglicher
Klärung einer unklaren Rechtslage
BGH, Urteil vom 23.
September 2008 - XI ZR 262/07
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Ist der Beginn der
Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 BGB in Fällen unsicherer und
zweifelhafter Rechtslage ausnahmsweise wegen der Rechtsunkenntnis des
Gläubigers hinausgeschoben, beginnt die Verjährung mit der objektiven
Klärung der Rechtslage. Auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis
des Gläubigers von dieser Klärung kommt es nicht an.
b) Macht der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs geltend, der als
Rechtsgrund seiner Leistung in Betracht kommende Vertrag sei unwirksam, weil
er bei dessen Abschluss nicht wirksam vertreten worden sei, hat er die
tatsächlichen Voraussetzungen des Fehlens der Vertretungsmacht, ggf. auch
des Fehlens einer Rechtsscheinvollmacht gemäß §§ 171 f. BGB darzulegen und
zu beweisen.
Zentrale Probleme:
S. die Anm. zu
BGH v. 23.9.2008 - XI ZR 253/07;
BGH v. 19.3.2008 - III ZR 220/07;
BGH NJW 2007, 1584.
©sl 2008
Tatbestand:
1 Die Kläger nehmen die beklagte Sparkasse auf Rückabwicklung eines
Darlehensvertrages zur Finanzierung einer Immobilienfondsbeteiligung in
Anspruch.
2 Die Kläger, ein damals 47-jähriger EDV-Angestellter und seine damals 48
Jahre alte Ehefrau, eine Hausfrau, wollten sich 1995 zum Zweck der
Steuerersparnis mit einer Einlage von 52.284 DM an dem geschlossenen
Immobilienfonds "N. " (im Folgenden: GbR) beteiligen. Mit notarieller
Urkunde vom 20. Juli 1995 boten sie der K. Steuerberatungs GmbH (im
Folgenden: Treuhänderin), die über keine Erlaubnis nach dem
Rechtsberatungsgesetz verfügte, den Abschluss eines umfassenden Treuhand-
und Geschäftsbesorgungsvertrages mit einer ebensolchen Vollmacht an. Die
Treuhänderin nahm das Angebot an und schloss zur Finanzierung des für die
Kläger erklärten Beitritts am 25. August 1995 in deren Namen mit der
Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) einen Vertrag über
einen Tilgungskredit von 60.000 DM mit 10% Disagio. Bei Abschluss des
Darlehensvertrages lagen der Beklagten weder das Original noch eine
Ausfertigung der von den Klägern der Treuhänderin erteilten Vollmacht vor.
Der Nettokreditbetrag von 54.000 DM (= 27.609,76 €) wurde nach dem
Vorbringen der Beklagten auf Anweisung der Treuhänderin auf ein von dieser
für die GbR geführtes Treuhandkonto ausgezahlt. Nachdem die Kläger Zahlungen
in Höhe von insgesamt 8.645,67 € auf den Darlehensvertrag geleistet hatten,
lösten sie das Darlehen am 31. Januar 1998 mit einer Sondertilgung von
25.801,93 € ab.
3 Die erst im Jahre 2006 erhobene Klage auf Rückzahlung der Zins-und
Tilgungsleistungen sowie auf Erstattung von vorgerichtlichen
Rechtsverfolgungskosten in Höhe von insgesamt 35.378,52 € nebst Zinsen ist
in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
4 Die Revision ist teilweise begründet.
I.
5 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:
6 Der Anspruch auf Erstattung der Sondertilgung in Höhe von 25.801,93 € sei
verjährt. Die Verjährung richte sich allerdings - anders als bei den
Tilgungsanteilen der auf das Annuitätendarlehen gezahlten Raten - nicht nach
§ 197 BGB a.F., weil die Sondertilgung eine einmalige Leistung zur Erfüllung
der Darlehensrestschuld gewesen sei. Die Forderung sei aber gemäß §§ 195,
199 BGB n.F., Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB mit Ablauf des 31. Dezember
2005 verjährt. Die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gemäß
§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien im Jahre 2002 erfüllt gewesen. Auch bei nicht
fachkundigen Personen wie den Klägern könne von einer Kenntnis oder grob
fahrlässigen Unkenntnis der maßgeblichen Umstände bis zum 31. Dezember 2002
ausgegangen werden. Bis dahin habe die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
zur Unwirksamkeit von Darlehensverträgen der vorliegenden Art in weiten
Kreisen der Anleger Beachtung gefunden. Im Jahre 2002 hätten Anleger in
einer ersten Welle von Gerichtsverfahren Klage auf Rückabwicklung der
Anlagegeschäfte erhoben. Die Medien, insbesondere die Tagespresse, hätten
2002 über die neue Rechtsprechung berichtet. Falls die Kläger gleichwohl
erst aufgrund anwaltlicher Beratung im Jahre 2005 hiervon Kenntnis erlangt
hätten, beruhe ihre vorherige Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit. Nach dem
anzulegenden objektivabstrakten Maßstab hätten die Kläger ihre
Sorgfaltspflichten verletzt, wenn sie die einschlägigen Zeitungsberichte
nicht zur Kenntnis und zum Anlass genommen hätten, sich durch Einholung von
Rechtsrat Klarheit über ihre Rückzahlungsansprüche zu verschaffen. Gegenüber
der Verjährungseinrede greife der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht durch.
Die Beklagte habe zwar mit Schreiben vom 30. April 2004 geltend gemacht, die
Treuhandvollmacht sei unter Rechtsscheingesichtspunkten als wirksam zu
behandeln. Dieser Einwand gehöre aber nicht zu den anspruchsbegründenden
Tatsachen, auf die sich die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis gemäß
§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erstrecken müsse.
7 Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf Erstattung der bis Januar 1998
gezahlten Darlehensraten. Ein darauf gerichteter Bereicherungsanspruch sei
gemäß § 197 BGB a.F. verjährt. Ein Schadensersatzanspruch sei nicht gegeben,
weil die Kläger weder für die Verletzung eigener Aufklärungspflichten der
Beklagten noch für eine arglistige Täuschung des Anlagevermittlers konkrete
Tatsachen vorgetragen hätten.
Auch eine arglistige Täuschung durch den Fondsprospekt hätten sie nicht
aufgezeigt. Ihr Vorwurf, das Fondsgrundstück habe statt der im Prospekt
genannten 36 Millionen DM nur einen Wert von 8 Millionen DM, sei keine dem
Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung. Außerdem hätten die Kläger nicht
behauptet, diese angebliche Falschangabe sei für ihre Anlageentscheidung
ursächlich gewesen. Dasselbe gelte für die als irreführend gerügten
Prospektangaben über Verkaufsprovisionen. Es könne keine Rede davon sein,
dass die Provisionen das Verhältnis zwischen Kaufpreis und Verkehrswert so
wesentlich verschoben hätten, dass von einer sittenwidrigen Übervorteilung
der Kläger auszugehen sei. Demnach hätten die Kläger auch keinen Anspruch
auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
II.
8 Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in wesentlichen Punkten
nicht stand.
9 1. Der Anspruch der Kläger gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf
Erstattung der Sondertilgung in Höhe von 25.801,93 € ist entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts nicht verjährt.
10 a) Das Berufungsgericht ist allerdings rechtsfehlerfrei davon
ausgegangen, dass bei einer vorzeitigen Ablösung des Darlehenskapitals eines
Annuitätendarlehens § 197 BGB a.F. auf den Bereicherungsanspruch des
Darlehensnehmers keine Anwendung findet (Senat, Urteil vom 27. Mai 2008 - XI
ZR 409/06, WM 2008, 1258, 1259 Tz. 14 f.). Dies gilt auch, soweit in der
abschließenden Zahlung vom 31. Januar 1998 Zinsen enthalten gewesen sein
sollten (Senat, Urteile vom 4. Dezember 2007 - XI ZR 227/06, WM 2008, 244,
247 Tz. 33, für BGHZ 174, 334 vorgesehen, und vom 27. Mai 2008 - XI ZR
409/06, WM 2008, 1258, 1259 Tz. 13).
11 b) Maßgeblich ist vielmehr, da die Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB a.F.
am 1. Januar 2002 noch nicht abgelaufen war, gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz
1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB die Frist gemäß § 195 BGB n.F.. Diese Frist war
bei Klageerhebung am 23. Februar 2006 noch nicht abgelaufen, weil sie nicht
vor dem 1. Januar 2003 begonnen hat.
12 aa) Vor diesem Zeitpunkt waren zwar die objektiven Voraussetzungen des
Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB erfüllt, weil die
Klageforderung mit der Sonderzahlung am 31. Januar 1998 entstanden ist.
13 bb) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts,
auch die - erforderlichen (Senat BGHZ 171, 1, 7 ff. Tz. 19 ff.) -subjektiven
Voraussetzungen gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hätten vor dem 1. Januar 2003
vorgelegen. Die Kläger haben vor diesem Zeitpunkt von den den Anspruch
begründenden Umständen und der Person des Schuldners keine Kenntnis erlangt
und auch nicht ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müssen.
14 (1) Ein Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1
Satz 1 Alt. 1 BGB verfolgt, hat Kenntnis von den den Anspruch begründenden
Umständen, wenn er von der Leistung und dem Fehlen des Rechtsgrundes, d.h.
von den Tatsachen, aus denen dessen Fehlen folgt, weiß (Senat, Urteil
vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, WM 2008, 729, 732 Tz. 26, für BGHZ 175,
161 vorgesehen; Staudinger/Peters, BGB Neubearb. 2004 § 199 Rdn. 46). Bei
der Beurteilung der Frage, wann der Gläubiger diese Kenntnis besitzt, kann,
auch bei Bereicherungsansprüchen (BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR
220/07, WM 2008, 1077, 1078 Tz. 8), weitgehend auf die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. zurückgegriffen werden
(Senat, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346, 1349 Tz. 27,
m.w.Nachw.). Danach muss dem Anspruchsberechtigten die Erhebung einer
Feststellungsklage Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich
sein (st.Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 379/02,
NJW 2004, 510; Senat, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346,
1349 Tz. 27; jeweils m.w.Nachw.). Dazu ist nicht die Kenntnis aller
Einzelheiten erforderlich. Es genügt, dass der Anspruchsberechtigte den
Sachverhalt, etwa den Schadenshergang, in seinen Grundzügen kennt und weiß,
dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines
Anspruchs bietet (BGH, Urteil vom 29. Juni 1989 - III ZR 92/87, NJW
1990, 176, 179; MünchKomm/ Grothe, BGB 5. Aufl. § 199 Rdn. 25).
15 (a) Der Verjährungsbeginn setzt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ebenso wie
gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F. grundsätzlich nur die Kenntnis der den
Anspruch begründenden Tatsachen voraus. Hingegen ist es in der Regel
nicht erforderlich, dass der Anspruchsberechtigte aus den ihm bekannten
Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht (BGHZ 170, 260,
271 Tz. 28; Senat, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346,
1349 Tz. 27). Rechtsunkenntnis kann aber im Einzelfall bei unsicherer und
zweifelhafter Rechtslage den Verjährungsbeginn hinausschieben (BGHZ 138,
247, 252; 150, 172, 186; 160, 216, 231 f.; BGH, Urteile vom 15. Oktober 1992
- IX ZR 43/92, WM 1993, 251, 259, vom 24. Februar 1994 - III ZR 76/92, WM
1994, 988, 991, vom 17. Oktober 1995 - VI ZR 246/94, WM 1996, 125, 127, vom
25. Februar 1999 - IX ZR 30/98, WM 1999, 974, 975 und Beschluss vom 19. März
2008 - III ZR 220/07, WM 2008, 1077, 1078 Tz. 9). In diesem Fall fehlt es
an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für
den Verjährungsbeginn (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98,
WM 1999, 974, 975).
16 (b) Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn dem Gläubiger die
Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in
ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz nahe liegende Überlegungen
nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten
müssen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2004 - II ZR 17/03, WM 2005,
382, 384; MünchKomm/Grothe, BGB 5. Aufl. § 199 Rdn. 28; jeweils m.w.Nachw.).
17 (c) Die Feststellung, ob und wann der Gläubiger Kenntnis von bestimmten
Umständen hatte oder ob seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhte,
unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung nur einer eingeschränkten
Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob der Streitstoff umfassend,
widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt
worden ist (Senat, Urteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27
und vom 3. Juni 2008 - XI ZR 318/06, Urteilsumdruck Tz. 23) und ob der
Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der
Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer
Betracht gelassen hat (Senat BGHZ 145, 337, 340 und Urteil vom 15. Februar
2000 - XI ZR 186/99, WM 2000, 812, 813). Die Frage, wann eine für den Beginn
der Verjährung hinreichende Kenntnis vorhanden ist, ist allerdings nicht
ausschließlich Tatfrage, sondern wird maßgeblich durch den der Beurteilung
des Revisionsgerichts unterliegenden Begriff der Zumutbarkeit der
Klageerhebung geprägt (BGHZ 122, 317, 326; 138, 247, 253; BGH, Urteil vom
24. Februar 1999 - III ZR 76/92, WM 1994, 988, 991 f.).
18 (2) Nach diesen Grundsätzen waren die subjektiven Voraussetzungen des
Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bis zum 31. Dezember 2002
nicht erfüllt.
19 (a) Der Verjährungsbeginn hing allerdings entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts nicht von der Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis
der Kläger von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit
von Treuhändervollmachten der vorliegenden Art ab. Vor dieser
Rechtsprechung, d.h. auch im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung, war die
Rechtslage zwar unsicher und zweifelhaft, so dass die Rechtsunkenntnis der
Kläger den Verjährungsbeginn hinausschob. Die Rechtslage wurde aber durch
die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 28. September 2000 (BGHZ 145, 265),
vom 18. September 2001 (XI ZR 321/00, WM 2001, 2113, 2114) und vom 11.
Oktober 2001 (III ZR 182/00, WM 2001, 2260, 2261) geklärt. Nach dieser
Rechtsprechung sind Geschäftsbesorgungsverträge und Treuhändervollmachten
der vorliegenden Art wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz
unwirksam, und zwar auch im Zusammenhang mit kreditfinanzierten
Immobilienfondsbeteiligungen. Nach der Veröffentlichung dieser
Entscheidungen in der NJW als der auflagenstärksten juristischen
Fachzeitschrift in den Heften vom 4. Januar 2001, 17. Dezember 2001 und 2.
Januar 2002 stand die zuvor unklare Rechtslage dem Verjährungsbeginn nicht
mehr entgegen. Auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der Kläger
von der Klärung der Rechtslage kam es hierfür nicht an. An der
Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den
Verjährungsbeginn fehlt es bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage (vgl.
BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98, WM 1999, 974, 975) nur bis
zur objektiven Klärung der Rechtslage (Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. §
199 Rdn. 26). Danach ist die Klageerhebung zumutbar. Die Revisionserwiderung
weist zu Recht darauf hin, dass derjenige, der bei zunächst unklarer, aber
später geklärter Rechtslage die anspruchsbegründenden tatsächlichen Umstände
kennt, wegen fortdauernder Rechtsunkenntnis aber keine verjährungshemmenden
Maßnahmen ergreift, nicht anders behandelt werden darf als derjenige, der
bei von Anfang an klarer Rechtslage die anspruchsbegründenden tatsächlichen
Umstände kennt, wegen Rechtsunkenntnis aber keine Klage erhebt. In diesem
Fall wird der Verjährungsbeginn durch die Rechtsunkenntnis auch nicht
hinausgeschoben.
20 (b) Die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB waren
aber, was das Berufungsgericht verkannt hat und die Revision zu Recht rügt,
vor dem 1. Januar 2003 aus einem anderen Grund nicht erfüllt.
21 (aa) Zu den tatsächlichen Umständen, die einen Bereicherungsanspruch
gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB begründen, gehören auch die Tatsachen,
aus denen das Fehlen eines Rechtsgrundes der Leistung, d.h. die
Unwirksamkeit des Vertrages, zu dessen Erfüllung geleistet wurde, folgt. Der
Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs trägt die volle Darlegungs- und
Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des Mangels des rechtlichen
Grundes (BGHZ 128, 167, 171; 154, 5, 9; BGH, Urteil vom 6. Oktober 1994 -
III ZR 165/93, WM 1995, 20, 21, vom 27. September 2002 - V ZR 98/01, WM
2003, 640, 641 und vom 14. Juli 2003 - II ZR 335/00, WM 2004, 225, 226;
Senat, Urteil vom 6. Dezember 1994 - XI ZR 19/94, WM 1995, 189, 190).
Während der eine vertragliche Leistung fordernde Gläubiger die Wirksamkeit
des Vertrages darzulegen und zu beweisen hat, muss der eine erbrachte
Leistung zurückfordernde Bereicherungsgläubiger dessen Unwirksamkeit
vortragen und unter Beweis stellen (BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR
431/02, WM 2004, 195, 196; Beschluss vom 10. Oktober 2007 - IV ZR 95/07,
NJW-RR 2008, 273 Tz. 3). Macht der Bereicherungsgläubiger, wie im
vorliegenden Fall, geltend, der als Rechtsgrund in Betracht kommende Vertrag
sei unwirksam, weil er bei dessen Abschluss nicht wirksam vertreten worden
sei, hat er die tatsächlichen Voraussetzungen des Fehlens der
Vertretungsmacht darzulegen und zu beweisen. Dazu gehört, wie der Senat
bereits entschieden hat (Urteil vom 6. Dezember 1994 - XI ZR 19/94, WM 1995,
189, 190), bei einem In-Sich-Geschäft gemäß § 181 BGB das Fehlen einer
Zustimmung des Vertretenen. Ebenso sind bei einer Leistungskondiktion die
Umstände, die die Unwirksamkeit einer Vollmacht begründen, und das Fehlen
der Voraussetzungen einer Rechtsscheinvollmacht gemäß §§ 171 f. BGB
anspruchsbegründende Tatsachen, entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung nicht etwa rechtshindernde
Einwendungen, deren Kenntnis für den Verjährungsbeginn nicht erforderlich
wäre (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22. Juni 1993 - VI ZR 190/92, NJW 1993,
2614). Soweit der Senat in seinem Urteil vom 20. April 2004 (XI ZR
164/03, WM 2004, 1227, 1228) eine andere Auffassung vertreten hat, wird
daran nicht festgehalten.
22 (bb) Von diesen anspruchsbegründenden Tatsachen haben die Kläger vor dem
1. Januar 2003 keine Kenntnis erlangt; ihre Unkenntnis beruht auch nicht auf
grober Fahrlässigkeit.
23 Ihnen war zwar bekannt, dass der Darlehensvertrag durch eine Treuhänderin
abgeschlossen worden war und dass deren Vollmacht einen umfassenden Inhalt
hatte. Den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Vortrag der für den
Verjährungsbeginn darlegungsbelas-teten Beklagten ist aber nicht zu
entnehmen, dass die Kläger wussten, dass die Treuhänderin keine Erlaubnis
nach dem Rechtsberatungsgesetz besaß. Ob ihre Unkenntnis auf grober
Fahrlässigkeit beruhte, weil eine Erlaubnis gemäß § 17 Satz 1 RBerV zu
veröffentlichen ist und bei dem für ihre Erteilung zuständigen Präsidenten
des Landgerichts erfragt werden kann, ist zweifelhaft. Diese Frage bedarf
indes keiner abschließenden Entscheidung.
24 Jedenfalls hatten die Kläger vor dem 1. Januar 2003 keine Kenntnis davon,
dass der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages am 25. August 1995
nicht, wie für eine Rechtsscheinvollmacht gemäß § 171 f. BGB erforderlich,
eine Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde vom 20. Juli 1995
vorgelegen hat. Eine solche Kenntnis ist vom Berufungsgericht nicht
festgestellt und von den Parteien nicht vorgetragen worden. Diese Unkenntnis
der Kläger beruhte nicht auf grober Fahrlässigkeit. Zahlreiche
Kreditinstitute haben sich bei vergleichbaren Geschäften vor Abschluss des
Darlehensvertrages regelmäßig eine Ausfertigung der notariellen Urkunde der
Treuhändervollmacht vorlegen lassen. Für die Kläger als juristische Laien
lag die Nichtvorlage einer Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vor Abschluss
des Darlehensvertrages vom 25. August 1995 keinesfalls so nahe, dass sie
dieser Frage nachgehen mussten. Es ist auch nicht festgestellt oder
vorgetragen worden, dass sie auf eine entsprechende Rückfrage bei der
Beklagten eine zutreffende Auskunft erhalten hätten. Die Beklagte selbst
wirft den Klägern insoweit keine grobe Fahrlässigkeit vor.
25 2. Einen Anspruch auf Erstattung der bis Januar 1998 gezahlten
Darlehensraten hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als unbegründet
angesehen.
26 a) Der darauf gerichtete Bereicherungsanspruch ist, wie auch die Revision
nicht in Zweifel zieht, gemäß § 197 BGB a.F. verjährt (BGHZ 112, 352, 354
und Urteile vom 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06, WM 2007, 731, 732 Tz. 20 und
vom 27. Mai 2008 - XI ZR 409/06, WM 2008, 1258, 1259 Tz. 12).
27 b) Auch einen Schadensersatzanspruch wegen Aufklärungsverschuldens hat
das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Die Revision macht ohne
Erfolg geltend, die Fondsinitiatoren bzw. der für sie tätige Vermittler
hätten die Kläger über die Fondsbeteiligung arglistig getäuscht. Hierfür
fehlt substantiiertes Vorbringen in den Tatsacheninstanzen. Die Kläger haben
lediglich behauptet, nach dem ihnen vorgelegten Fondsprospekt habe das
Fondsgrundstück für knapp 28 Millionen DM erworben werden sollen, während es
tatsächlich nur einen Wert von 8 Millionen DM habe. Es ist bereits sehr
zweifelhaft, ob in dieser Prospektangabe die konkludente Behauptung liegt,
das Grundstück habe einen Wert von 28 Millionen DM. Jedenfalls ist dem
Vortrag der Kläger nicht zu entnehmen, in welchem Zeitpunkt das Grundstück
den von ihnen behaupteten Wert gehabt haben soll. In ihren Schriftsätzen ist
sowohl vom 2. Oktober 1995 als auch vom 28. Februar 1998 die Rede. Darüber
hinaus haben die Kläger eine - auch eine subjektive Komponente umfassende
(Senat, Urteil vom 6. November 2007 - XI ZR 322/03, WM 2008, 115, 120 Tz.
49) - arglistige Täuschung nicht substantiiert vorgetragen.
28 Da die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches nicht erfüllt sind
und über den geschuldeten Betrag von 25.801,93 € keine wirksame Mahnung
vorliegt, haben die Kläger auch keinen Anspruch auf Erstattung
vorgerichtlicher Anwaltskosten.
III.
29 Das Berufungsurteil stellt sich, soweit es rechtsfehlerhaft ist, nur in
geringem Umfang aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
30 1. Der Anspruch der Kläger auf Zinsen aus dem Betrag von 25.801,93 € für
die Zeit vor dem 1. Januar 2002 ist verjährt. Dieser Anspruch gemäß § 818
Abs. 1 BGB auf Herausgabe von Nutzungszinsen verjährt als Anspruch auf
regelmäßig wiederkehrende Leistungen gemäß § 197 BGB a.F. in vier Jahren
(Senat, Urteil vom 15. Februar 2000 - XI ZR 76/99, WM 2000, 811, 812). Diese
Frist war für die Zeit bis zum 31. Dezember 2001 abgelaufen, bevor im Jahr
2006 Klage erhoben wurde.
31 2. Hingegen ist der Anspruch der Kläger gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1,
§ 818 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung der am 31. Januar 1998 geleisteten
Schlusszahlung in Höhe von 25.801,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2002
begründet.
32 a) Die Beklagte hat diesen Betrag durch Leistung der Kläger ohne
rechtlichen Grund erlangt. Der Darlehensvertrag vom 25. August 1995 ist
unwirksam, weil die Treuhänderin, die den Vertrag namens der Kläger
geschlossen hat, nicht wirksam bevollmächtigt war. Die ihr erteilte
Vollmacht ist im Hinblick auf ihre umfassenden Befugnisse wegen Verstoßes
gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig (st.Rspr., s. nur Senat, Urteil vom
26. Februar 2008 - XI ZR 74/06, WM 2008, 683, 686 Tz. 26 m.w.Nachw.).
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Voraussetzungen einer
Vertretungsbefugnis gemäß §§ 171 f. BGB und einer Dul-dungs- oder
Anscheinsvollmacht nicht vorliegen.
33 b) Die von den Klägern aufgrund der Fondsbeteiligung erlangten
Steuervorteile mindern entgegen der Auffassung der Beklagten den
Rückzahlungsanspruch nicht. Anders als die Rückabwicklung eines nach § 1
HWiG widerrufenen Darlehensvertrages, der mit einem finanzierten
Fondsanteilserwerb ein verbundenes Geschäft bildet (vgl. hierzu Senat BGHZ
172, 147, 153 ff. Tz. 23 ff.), bei der der Darlehensnehmer die Rückzahlung
seiner auf den Darlehensvertrag erbrachten Leistungen Zug-um-Zug gegen
Abtretung des Fondsanteils verlangen kann, führt die Unwirksamkeit des
Darlehensvertrages wegen des Verstoßes der Treuhändervollmacht gegen das
Rechtsberatungsgesetz nicht zu einer Rückabwicklung der kreditfinanzierten
Fondsbeteiligung. Da die Kläger, zumindest nach den Grundsätzen über den
fehlerhaften Beitritt zu einer Gesellschaft (vgl. BGHZ 153, 214, 221 f.),
Gesellschafter der Fonds-GbR sind und bei Erfüllung ihres
Rückzahlungsanspruchs gegen die Beklagte bleiben, sind ihnen die aus dieser
Kapitalanlage resultierenden Vorteile, d.h. Fondsausschüttungen und
Steuervorteile, zu belassen.
34 c) Die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit einem Gegenanspruch auf
Herausgabe der Darlehensvaluta ist unbegründet. Ein Kreditinstitut, das
aufgrund eines wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG unwirksamen
Darlehensvertrages die Immobilienfondsbeteiligung eines Kapitalanlegers
finanziert und die Darlehensvaluta unmittelbar an den als GbR betriebenen
Fonds ausgezahlt hat, kann den Kapitalanleger für die Bereicherungsschuld
der GbR gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB nicht in entsprechender
Anwendung des § 128 HGB persönlich in Anspruch nehmen (Senat, Urteil vom 17.
Juni 2008 - XI ZR 112/07, WM 2008, 1356, 1358 f. Tz. 18 ff., für BGHZ
vorgesehen).
IV.
35 Das Berufungsurteil war demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit in
Höhe von 25.801,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2002 zum Nachteil der Kläger
entschieden worden ist. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hatte der
Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Beklagte
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Zahlung dieses Betrages
zu verurteilen. Im Übrigen war die Revision zurückzuweisen. |