Reisevertrag/IZPR: Internationale Zuständigkeit
für Streitigkeiten aus der Vermietung eines Ferienhauses; Anwendbarkeit des
Reisevertragsrechts (§§ 651a ff BGB) auf die Vermietung einer
Ferienunterkunft durch einen Reiseveranstalter
BGH, Urteil vom 23. Oktober 2012 - X
ZR 157/11 - LG Schwerin
Fundstelle:
NJW 2013, 308
Amtl. Leitsatz:
1. Macht ein Verbraucher gegenüber einem
Reiseveranstalter Ansprüche aus einem Vertrag geltend, in dem sich der
Reiseveranstalter zur zeitweisen Überlassung eines in einem anderen
Vertragsstaat belegenen und einem Dritten gehörenden Ferienhauses
verpflichtet hat, unterfällt der Rechtsstreit nicht der ausschließlichen
Zuständigkeit des Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO.
2. Auf Verträge, in denen sich der Reiseveranstalter gegenüber seinem Kunden
allein zur Bereitstellung einer Ferienunterkunft verpflichtet hat, sind die
Vorschriften des Reisevertragsrechts insgesamt entsprechend anzuwenden
(Bestätigung von BGH, Urteil vom 9. Juli 1992 - VII ZR 7/92, BGHZ 119, 152).
Zentrale Probleme:
Es geht um einen Rechtsstreit
aus der Vermietung eines im Ausland belegenen Ferienhauses. Der BGH verneint
eine ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Lageorts nach Art. 22
Nr. 1 der Brüssel-I-VO und bejaht
demzufolge den Verbrauchergerichtsstand nach Art. 15 Nr. 1 c
Brüssel-I-VO. Das geschieht auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung
des EuGH, weshalb eine Vorlage an diesen gem. Art. 267 III AEUV nicht
notwendig war (sog. "acte claire").
Materiellrechtlich bestätigt der BGH die frühere Rechtsprechung zur analogen
Anwendung des Reiserechts der §§ 651a ff BGB auf die Vermietung von
Ferienwohnungen durch Reiseveranstalter: §651a I versteht als
Reisevertrag die entgeltliche Verpflichtung eines Reiseveranstalters, einem
Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen zu erbringen. Es muss sich
also um mindestens zwei Leistungen (z. B. Transport und Unterbringung)
handeln, wobei völlig untergeordnete Leistungen (z. B. der Gepäcktransport
bei der Beförderung) unberücksichtigt bleiben. Die Rechtsprechung wendet
jedoch die §§ 651a ff. analog auf Verträge über einzelne Reiseleistungen an,
wenn die einzelne Reiseleistung den Urlaub maßgebend prägt,
Vertragsgegenstand also letztlich nicht die einzelne Leistung ist, sondern
die Pflicht, „die Reise erfolgreich zu gestalten“.
Zum Begriff des Reisevertrags s. auch
BGH v. 18.12.2012 - X ZR 2/12 sowie EuGH
NJW 2011, 505.
©sl 2012
Tatbestand:
1 Die Beklagte, die ihren Sitz in Dänemark hat, bietet in der
Bundesrepublik Deutschland in einem Katalog Ferienhäuser an. Die in
Deutschland wohnhaften Kläger mieteten bei der Beklagten für die Zeit vom
21. Juli bis 4. August 2007 ein im Katalog näher beschriebenes Ferienhaus in
Belgien zum Preis von 758 €, das nicht der Beklagten, sondern einem Dritten
gehörte. Bei ihrer Anreise stellten die Beklagten fest, dass das
Ferienhaus erhebliche Mängel aufwies. Die Kläger zeigten die Mängel
der Beklagten an und teilten mit, dass sie den Aufenthalt in dem Ferienhaus
nicht für zumutbar hielten. Da die Beklagte keine Abhilfe leistete, reisten
die Kläger am Folgetag ab. Die Beklagte bot den Klägern die Erstattung des
gezahlten Preises an, zahlte jedoch nicht.
2 Mit der Klage beim Amtsgericht ihres Wohnsitzes machen die Kläger neben
der Rückzahlung des Betrages von 758 € die Erstattung nutzloser Aufwendungen
für die An- und Abreise und von Telefonkosten sowie eine Entschädigung wegen
nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit geltend.
3 Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist
ohne Erfolg geblieben. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht
zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie die Aufhebung des
Berufungsurteils und die Abweisung der Klage erstrebt. Die Kläger treten der
Revision entgegen.
Entscheidungsgründe:
4
I. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der
deutschen Gerichte zu Recht bejaht.
5 1. Es hat dies wie folgt begründet:
6 a) Als das Gericht des Wohnsitzes der klagenden Verbrauchers
sei das Amtsgericht gemäß
Art. 15
Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates
vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die
Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
(ABl. 2001 Nr. L 12 S. 1, ber. ABl. Nr. L 307 S. 28 und ABl. 2010 Nr. L 328
S. 36; nachfolgend: Brüssel-I-VO) zuständig. Die Verordnung gelte auf
Grund des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem
Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung
und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. Nr. L
299 vom 16. November 2005, S. 62 bis 67; nachfolgend: Abkommen) auch im
Verhältnis zur Beklagten.
7 b) Die Klageansprüche unterfielen nicht der ausschließlichen
Zuständigkeit gemäß Art. 22 Nr. 1
Brüssel-I-VO. In ihren in den Vertrag einbezogenen allgemeinen
Geschäftsbedingungen habe die Beklagte selbst auf Regelungen des (deutschen)
Reisevertragsrechts hingewiesen. Diesem Reisevertragsrecht liege, wie sich
aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergebe, die Annahme zugrunde,
dass der Vermieter eines Ferienhauses wie ein Reiseveranstalter hafte. Art.
22 Nr. 1 Brüssel-I-VO
setze demgegenüber voraus, dass der Rechtsstreit Verpflichtungen des
Vermieters und des Mieters aus einem Mietvertrag betreffe. Das
Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 27. Januar 2000 (C-8/98,
Slg. 2000, I-393 = NJW 2000, 2009 - Dansommer AS/Götz) stehe dem nicht
entgegen. Dort habe der Gerichtshof die Anwendbarkeit der Art. 22 Nr. 1
Brüssel-I-VO entsprechenden wortgleichen Vorgängerregelung des Art. 16 Nr. 1
des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen vom 27. September 1968 (ABl. Nr. L 99 vom 31. Dezember
1972, S. 32 ff.; nachfolgend: EuGVÜ) deshalb für anwendbar gehalten, weil
der Ferienhausanbieter sich die Ansprüche des Eigentümers habe abtreten
lassen und Ansprüche allein oder in erster Linie auf die abgetretenen
Ansprüche des Eigentümers gestützt habe. So liege der Fall hier nicht, da es
hier nicht um Ansprüche des Eigentümers gehe. Die zugrunde liegenden
allgemeinen Geschäftsbedingungen differenzierten zwischen dem Vertrag, den
die Parteien abgeschlossen hätten, und möglichen Ansprüchen (der Kläger)
gegenüber dem Eigentümer des Hauses. Die Beklagte vertrete daher nicht die
Rechtsposition des Eigentümers, sondern eine davon zu unterscheidende
Rechtsposition, wobei es wegen der gebotenen autonomen Auslegung nicht
darauf ankomme, ob der Vertrag nach deutschem Recht als Reisevertrag,
Mietvertrag, gemischter Vertrag oder Vertrag eigenen Typs einzuordnen sei.
8 2. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich die
internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte aus Art. 15 Abs. 1 Buchst.
c, Art. 16 Abs. 1
Brüssel-I-VO
ergibt, die nach dem Abkommen für die nach dem 1. Juli 2007
erhobene Klage im Verhältnis der Parteien gilt. Diese Zuständigkeit wird
nicht durch die ausschließliche Zuständigkeit gemäß Art. 22 Nr. 1
Brüssel-I-VO verdrängt.
9 a) Nach Art. 22 Nr. 1
Brüssel-I-VO
sind für Klagen, die die Miete von unbeweglichen Sachen zum
Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaats, in dem die unbewegliche
Sache belegen ist, ausschließlich zuständig. Die ausschließliche
Zuständigkeit hat ihren Grund in der engen Verknüpfung von Miete und Pacht
mit der rechtlichen Regelung des Eigentums an unbeweglichen Sachen und mit
den im allgemeinen zwingenden Vorschriften, die seine Nutzung regeln, wie
z.B. die Rechtsvorschriften über die Kontrolle der Miet- und Pachthöhe und
über den Schutz der Mieter und Pächter (EuGH, Urteil vom 26. Februar 1992 -
C-280/90, Slg. 1992 = NJW 1992, 1029 Rn. 28 - Hacker/Euro Relais GmbH,
zu Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ). Das Gericht des Belegenheitsstaats ist wegen der
räumlichen Nähe am besten in der Lage, sich durch Nachprüfungen,
Untersuchungen und Einholung von Sachverständigengutachten genaue Kenntnis
des Sachverhalts zu verschaffen (EuGH - Dansommer AS/Götz, aaO Rn. 27;
Urteil vom 13. Oktober 2005 - C-73/04, Slg. 2005 I-8681 - Klein/Rhodos
Management Ltd., ebenfalls zu Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ).
Der Begriff der
Miete von unbeweglichen Sachen in Art. 22 Nr. 1
Brüssel-I-VO ist autonom auszulegen.
Dabei gilt Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO für alle Verträge über die
Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen unabhängig von ihren besonderen
Merkmalen und damit auch für kurzfristige Verträge und für solche, die sich
nur auf die Gebrauchsüberlassung einer Ferienwohnung beziehen
(EuGH, Urteil vom 15. Januar 1985 - C-241/83, Slg. 1985, 99 = NJW 1985, 905
Rn. 24, 25 - Rösler/Rottwinkel zu Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ).
10 b) Als Ausnahme von den allgemeinen Zuständigkeitsregeln darf
Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO allerdings nicht weiter ausgelegt werden, als es
das Ziel der Vorschrift erfordert, denn sie bewirkt, dass den Parteien die
ihnen sonst mögliche Wahl des Gerichtsstands genommen wird und sie in
bestimmten Fällen vor einem Gericht zu verklagen sind, das für keine von
ihnen das Gericht ihres Wohnsitzes bzw. Sitzes ist (EuGH, Urteil
vom 14. Dezember 1977 - C-73/77, Slg. 1977, 2283 = NJW 1978, 1107 Rn. 17
- Sanders/van der Putte, zu Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ; EuGH - Hacker/Euro Relais
GmbH, aaO, Rn. 12; EuGH - Dansommer AS/Götz, aaO Rn. 21; EuGH - Klein/Rhodos
Management Ltd., aaO Rn. 15; BGH, Urteil vom 25. Juni 2008 - VIII ZR 103/07,
NJW-RR 2008, 1381; Urteil vom 16. Dezember 2009 - VIII ZR 119/08, NJW-RR
2010, 712). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union ist deshalb Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO bei der
Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Vertrag nicht anwendbar, der
zwischen einem gewerblichen Reiseveranstalter und seinem Kunden an dem Ort
geschlossen wird, an dem sie ihren Sitz bzw. Wohnsitz haben.
Unabhängig von seiner Bezeichnung bringt ein solcher Vertrag
nämlich, wie der Gerichtshof der Europäischen Union ausgeführt hat, wenn
auch die darin vorgesehene Leistung in der Überlassung des Gebrauchs einer
Ferienwohnung für einen kurzen Zeitraum besteht, weitere Leistungen mit
sich. Er hat als solche in dem seiner Entscheidung zugrunde liegenden
Rechtsstreit angesehen: Auskünfte und Ratschläge, wenn der Reiseveranstalter
dem Kunden eine Reihe von Ferienangeboten unterbreitet, weiter die
Reservierung einer Wohnung für den vom Kunden gewählten Zeitraum, die
Reservierung von Plätzen für die Beförderung, den Empfang am Ort und
gegebenenfalls eine Reiserücktrittsversicherung (EuGH - Hacker/Euro
Relais GmbH, aaO Rn. 14).
11 c) Auch im Streitfall hat sich die Beklagte, ein
Reiseveranstalter, gegenüber den Klägern zur Überlassung eines Ferienhauses
für einen kurzen Zeitraum verpflichtet und nicht lediglich den Abschluss des
Mietvertrags zwischen den Klägern und dem Eigentümer des Ferienhauses
vermittelt.
12 aa) Reiseunternehmen können als Erbringer von Reiseleistungen in eigener
Verantwortung tätig werden, wobei sie sich Dritter als Leistungsträger
bedienen können, sie können aber auch bloß Vermittler solcher
Reiseleistungen sein. Welche Art von Tätigkeit vorliegt, hängt vom Inhalt
und den weiteren Umständen der Vertragsverhandlungen ab. Hierbei ist
entscheidend darauf abzustellen, wie das Reiseunternehmen aus der Sicht des
Reisenden auftritt. Reiseveranstalter und damit Vertragspartner des
Reisevertrags ist derjenige, der aus der maßgeblichen Sicht eines
durchschnittlichen Reisekunden als Vertragspartei Reiseleistungen in eigener
Verantwortung erbringt (vgl.
BGH, Urteil vom 30. September 2010 - Xa ZR 130/08, NJW 2011, 599).
13 bb) Die Abgrenzung der Vertragsstellung als Reiseveranstalter von der
eines Reisevermittlers unterliegt bei einer Individualvereinbarung dem
Tatrichter, der im Wege der Auslegung der Willenserklärungen die
Gesamtumstände und die Interessen der Parteien zu würdigen hat, soweit
sie erkennbar wurden. Das Revisionsgericht prüft nur, ob der Auslegungsstoff
vollständig berücksichtigt ist und gesetzliche Auslegungsregeln,
Erfahrungssätze oder - sofern gerügt - Verfahrensvorschriften verletzt sind
(BGH - Xa ZR 130/08, aaO Rn. 10). Das Berufungsgericht hat sich mit der
Qualifikation des Vertragsverhältnisses jedoch nicht ausdrücklich befasst.
Seine Ausführungen lassen nicht eindeutig erkennen, ob es von einer
Vermittlung oder einer Vermietung des Ferienhauses durch die Beklagte
ausgegangen ist. Da weitere Feststellungen weder erforderlich noch zu
erwarten sind, kann der Senat die Auslegung selbst vornehmen. Danach ergibt
sich, dass nach der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Reisekunden
anzunehmen ist, dass die Beklagte als Vertragspartei eine Reiseleistung in
eigener Verantwortung erbringen wollte.
14
cc) Die Beklagte hat Ferienhäuser in einem eigenen Ferienhauskatalog
angeboten, der auch Grundlage des Vertragsschlusses zwischen den Parteien
war. Das Angebot einer Vielzahl von Ferienunterkünften in einem Katalog
spricht aus Sicht eines Kunden bereits dafür, dass der Reiseunternehmer
nicht für eine Vielzahl von verschiedenen Eigentümern der Immobilien handeln
will, sondern die Überlassung der Wohnungen in eigener Verantwortung
übernimmt, hierfür selbst einstehen will und eine eigene Vertrauenswerbung
entfaltet (vgl. zur Verwendung eines Katalogs BGH, Urteil vom 9. Juli 1992 -
VII ZR 7/92, BGHZ 119, 152, 160; Urteil vom 17. Januar 1985 - VII ZR 163/84,
NJW 1985, 906). Ausweislich der den Klägern übersandten Buchungsbestätigung
ist die Beklagte diesen gegenüber auch als Vertragspartner der
Gebrauchsüberlassung aufgetreten. Denn auf der Buchungsbestätigung findet
sich lediglich der Name der Repräsentanz der Beklagten (vgl. Nr. 14 Abs. 2
der allgemeinen Geschäftsbedingungen). Ein Hinweis auf den Eigentümer der
Immobilie als Vertragspartner fehlt, so dass aus der Sicht eines
durchschnittlichen Reisekunden die Beklagte selbst sich zur
Gebrauchsüberlassung der Immobilie verpflichtet. Auch ist der Preis als
einheitlicher Preis ausgewiesen, ohne dass eine Provision für eine Vermittlungsleistung ausgewiesen wäre (vgl.
BGH, Urteil vom 9. Juli 1992 - VII ZR 7/92, BGHZ 119, 152, 160). Schließlich
erwecken auch die dem Vertrag zugrunde liegenden allgemeinen
Geschäftsbedingungen den Eindruck, dass die Beklagte und nicht ein Dritter
Vertragspartner des Gebrauchsüberlassungsvertrags werden sollte. So kommt
gemäß Nr. 1 die Buchung (allein) durch die Annahme der Anmeldung durch die
Beklagte zustande, ohne dass ersichtlich ist, dass der Vertragsschluss noch
der Zustimmung oder Rücksprache mit dem Eigentümer bedürfte; die Beklagte
ist berechtigt, nach Nr. 1 Abs. 2 den Kunden ein geändertes Angebot zu
unterbreiten. In Nr. 2 Abs. 3 ist lediglich von den Voraussetzungen der
Leistungserbringung durch die Beklagte selbst die Rede. In Nrn. 3.1.1 a aa,
3.1.2 a aa, c ca und 5 Abs. 3 wird der zwischen den Parteien geschlossene
Vertrag als Reisevertrag und nicht etwa Vermittlungsvertrag bezeichnet. Nach
Nr. 14 ist Veranstalter die Beklagte, die sich für Kunden in Deutschland
nach Abschluss des Vertrags der Dienste ihrer deutschen Niederlassung (oder
Tochter) bedienen kann. Damit tritt allein die Beklagte als diejenige auf,
die die Leistungen zu erbringen hat, ohne dass auf den Eigentümer
hingewiesen wird. Zu keiner anderen Beurteilung führt, dass in Nr. 2 Abs. 7,
4 und 9 von einem - von der Beklagten zu unterscheidenden - Vermieter die
Rede ist, der bestimmte Rechte hat, wie die Anforderung einer Kaution, die
Abweisung überzähliger Personen und die Abhilfe bei Mängeln. Diese dem
Eigentümer oder Hauptvermieter zugewiesenen Rechte sind begrenzt und haben
nach den Regelungen insbesondere keinen Einfluss auf Abschluss des Vertrags
und die Verpflichtung der Beklagten zur Leistungserbringung.
15
d) Da Gegenstand des Rechtsstreits damit Ansprüche aus einem
Vertrag sind, in dem sich die Beklagte als Reiseveranstalter gegenüber den
Klägern, ihren privaten Kunden, zur zeitweisen Überlassung eines
Ferienhauses, das in einem anderen Vertragsstaat belegen ist und einem
Dritten gehört, verpflichtet hat, unterfällt der Rechtsstreit auf der
Grundlage der genannten Ausführungen des Gerichtshofs in der Rechtssache Hacker
gegen Euro Relais GmbH nicht der ausschließlichen Zuständigkeit des Art. 22
Nr. 1 Brüssel-I-VO. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob die zwischen den
hiesigen Parteien ausweislich der Buchungsbestätigung neben der
Gebrauchsüberlassung vereinbarte Verpflichtung der Beklagten zur
Endreinigung mit den weiteren Leistungen vergleichbar ist, zu der sich der
Reiseveranstalter in dem Rechtsstreit verpflichtet hatte, der der
Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Hacker gegen Euro Relais
GmbH zugrunde lag. Denn der Gerichtshof hat in der Rechtssache Hacker gegen
Euro Relais GmbH nicht auf die „weiteren Leistungen" als solche, sondern
darauf abgestellt, ob der Vertrag, auch wenn er sich nur auf die zeitweise
Überlassung eines Ferienhauses und damit auf eine einzige Reiseleistung
bezieht, zwischen einem gewerblichen Reiseveranstalter und einem privaten
Kunden geschlossen wird, weitere (Nebenleistungen wie die dort genannten
„mit sich bringt" (EuGH - Hacker/Euro Relais GmbH, aaO Rn. 14) und damit
nicht das Gepräge eines Mietvertrags im Sinne des Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO
trägt
.
16
e) Aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 27. Januar
2000 in der Rechtssache Dansommer AS gegen Götz ergibt sich nichts anderes.
In dieser Rechtssache hat der Gerichtshof die genannte Rechtsprechung in der
Rechtssache Hacker gegen Euro Relais GmbH nicht aufgegeben oder auch nur
relativiert, sondern ausgeführt, dass sich der Sachverhalt des
Ausgangsrechtsstreits von dem der Rechtssache Hacker gegen Euro Relais GmbH
unterscheide (EuGH - Dansommer AS/Götz, aaO Rn. 32). Gegenstand des der
Rechtssache Dansommer AS gegen Götz zugrunde liegenden Ausgangsrechtsstreits
waren Ansprüche des Eigentümers eines Ferienhauses gegen den Mieter (EuGH -
Dansommer AS/Götz, aaO Rn. 36). Der klagende gewerbliche Reiseveranstalter
trat beim dortigen Vertragsschluss nur als Vermittler auf (EuGH - Dansommer
AS/Götz, aaO Rn. 8) und machte im dortigen
Rechtsstreit aus abgetretenem Recht die Ansprüche des Eigentümers geltend
(EuGH - Dansommer AS/Götz, aaO Rn. 12). Der Gerichtshof hob in der
Rechtssache Dansommer AS gegen Götz ausdrücklich hervor, dass die Klägerin
im Ausgangsverfahren nicht als gewerblicher Reiseveranstalter handele,
sondern so, als wäre sie selbst Eigentümerin der fraglichen unbeweglichen
Sache (EuGH - Dansommer AS/Götz, aaO Rn. 37). Damit ergibt sich aus den
Ausführungen des Gerichtshofs in der Rechtssache Dansommer AS gegen Götz,
dass für die Klage des Zessionars aus abgetretenem Recht des Eigentümers
gegen den Mieter eines Ferienhauses der ausschließliche Gerichtsstand gemäß
Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO bestehen kann. Für den vorliegenden Streitfall,
in dem - ebenso wie in dem Rechtsstreit Hacker gegen Euro Relais GmbH -
Ansprüche des Mieters gegen den gewerblichen Reiseveranstalter im Streit
stehen, der sich selbst zur Überlassung des einem Dritten gehörenden
Ferienhauses verpflichtet hatte, ergibt sich damit aus dem Urteil des
Gerichtshofs in der Rechtssache Dansommer AS gegen Götz nicht die
ausschließliche Zuständigkeit gemäß Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO.
17
f) Der Senat ist nicht gehalten, den Rechtsstreit gemäß Art. 267
Abs. 3 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung des Art. 22
Nr. 1 Brüssel-I-VO vorzulegen. Diese Vorschrift entspricht der
Vorgängervorschrift des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ, deren Auslegung durch die
Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt ist; sie ist hier
lediglich auf den Einzelfall anzuwenden.
18
II. Im Ergebnis zur Recht hat das Berufungsgericht angenommen,
dass die geltend gemachten Ansprüche bestehen.
19
1. Das Amtsgericht hat die Klageansprüche für sachlich gerechtfertigt erachtet. Das Berufungsgericht hat gemeint, einer sachlichen Prüfung
enthoben zu sein, da die Beklagte hiergegen keine Berufungsangriffe geführt
habe.
20 2. Zwar hat das Berufungsgericht zu Unrecht die Verpflichtung zur
sachlich-rechtlichen Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils verneint, da
es hiervon nach § 529 Abs. 2 Satz 2 ZPO ungeachtet insoweit fehlender Rügen
der Berufung nicht enthoben war. Der revisionsrechtlichen Überprüfung hält
die Zuerkennung der Klageansprüche jedoch stand.
21
a) Auf den Vertrag ist deutsches Recht anwendbar.
22
aa) Das anwendbare Recht bestimmt sich mangels zeitlicher Anwendbarkeit der
Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse
anzuwendende Recht (Rom I, ABl. Nr. L 177 S. 6, ber. 2009
Nr. L 309 S. 87) nach Art. 27 ff. EGBGB aF.
23
bb) Aus dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt
ergibt sich, dass die Parteien gemäß Art. 27 EGBGB aF wirksam die
Anwendbarkeit deutschen Rechts vereinbart haben, so dass Art. 28 EGBGB aF
nicht anwendbar ist. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, die
in den Vertrag einbezogen wurden, sehen die Geltung der deutschen Regelungen
über den Reisevertrag vor. Nrn. 2 und 3 sehen die Verpflichtung zur Übergabe
eines Sicherungsscheins gemäß § 651d BGB und den Abschluss einer
entsprechenden Versicherung vor. In Nr. 6 Abs. 4 weist die Beklagte darauf
hin, dass sie im Falle des Rücktritts eine angemessene Entschädigung gemäß §
651j BGB verlangen könne, und verweist auf § 651l Abs. 3 BGB. Nr. 9 Abs. 4
weist auf die besonderen Voraussetzungen für eine Kündigung des Vertrags
durch den Kunden infolge Mangels hin. Nach Nr. 9 Abs. 5 sind die Mängel
unter Verweis auf § 651g BGB fristgerecht bei der Beklagten anzumelden.
Damit ergibt sich die Geltung deutschen Rechts für den Vertrag mit
hinreichender Sicherheit aus dessen Bestimmungen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2
EGBGB aF).
25 b) Die geltend gemachten Ansprüche auf Rückzahlung des Mietpreises für das Ferienhaus, auf Erstattung nutzloser Aufwendungen für die
An- und Abreise und von Telefonkosten sowie auf Entschädigung wegen nutzlos
aufgewendeter Urlaubszeit stehen den Klägern entsprechend § 651 e Abs. 3
Satz 1 und § 651f Abs. 1 und 2 BGB zu.
aa) Zwar stellt der auf die Bereitstellung des Ferienhauses gerichtete
Vertrag keinen Reisevertrag im Sinne des § 651a BGB dar, da die Beklagte
nicht eine Gesamtheit von Reiseleistungen zu erbringen hatte, sondern
lediglich zur Überlassung der Wohnung verpflichtet war. Die Vorschriften der
§§ 651a ff. BGB sind daher nicht unmittelbar anwendbar. Doch sind auf
Veranstaltungsverträge, die auf die Bereitstellung einer Ferienunterkunft
als alleinige Reiseleistung gerichtet sind, die Vorschriften des
Reisevertragsrechts insgesamt entsprechend anwendbar. Soweit solche Verträge
nicht unter § 651a ff. BGB fallen, liegt ausweislich der Gesetzesmaterialien
eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes vor. Dem Gesetzgeber ging es
in der Sache darum, den Reiseveranstaltungsvertrag als einen Vertrag mit
gesteigerter Haftung und Verantwortung von dem Reisevermittlervertrag
abzugrenzen. Hierbei wurde der zu regelnde Reiseveranstaltungsvertrag mit
der Pauschalreise, bei der eine Gesamtheit von Leistungen geschuldet wird,
gleichgesetzt und von der Vermittlung von einzelnen Leistungen abgegrenzt.
Übersehen wurde hierbei, dass die wesentlichen Merkmale einer Reiseveranstalterreise auch dann vorliegen können, wenn nur eine einzelne
Reiseleistung gebucht wird. Die entsprechende Anwendung der reiserechtlichen
Vorschriften auf die bloße Buchung einer Ferienunterkunft ist bei einem
Veranstalter auch sachlich gerechtfertigt, da die Interessenlage der
Beteiligten unter allen wesentlichen Gesichtspunkten gleich gelagert ist:
Ebenso wie der Veranstalter von Aufenthalten in Ferienunterkünften ist der
Veranstalter von Pauschalreisen, der eine Gesamtheit von Leistungen
erbringt, zwischen Kunden und Leistungsträger geschaltet. Beide erbringen
Leistungen in eigener Verantwortung. Für den Kunden macht es keinen
Unterschied, ob er bei einem Veranstalter lediglich eine Ferienunterkunft
als einzelne Reiseleistung oder eine Gesamtheit von Reiseleistungen bucht
(BGH, Urteil vom 9. Juli
1992 - VII ZR 7/92, BGHZ 119, 152, 161 -164).
26 b) Die Kläger können nach wirksamer Kündigung des Reisevertrags gemäß § 651e Abs. 3 Satz 1 BGB analog Rückzahlung des Mietpreises
verlangen. Die vom Amtsgericht als unstreitig festgestellten groben Mängel
des Ferienhauses rechtfertigen ohne weiteres die Annahme, dass das Haus für
den beabsichtigten Ferienaufenthalt der Kläger untauglich, die von der
Beklagten versprochene Reiseleistung mithin erheblich beeinträchtigt war und
die Kläger deshalb zur Kündigung des Vertrages berechtigt waren. Ihnen steht
zudem entsprechend § 651f Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Erstattung der
nutzlosen Aufwendungen für An- und Abreise sowie der durch die Versuche, von
der Beklagten Abhilfe zu erlangen, entstandenen Telefonkosten zu. Ferner
haben die Kläger entsprechend § 651f Abs. 2 BGB Anspruch auf eine
Entschädigung in Geld wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit; gegen die
Bemessung der Entschädigung ist nichts zu erinnern.
27 III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
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