Eröffnung der AGB-Kontrolle (§ 307 III 1 BGB)
BGH, Urteil vom 28.10.2014 - X ZR 79/13
Fundstelle:
NJW 2015, 687
Amtl. Leitsatz:
Die Klauseln in den Allgemeinen
Geschäftsbedingungen eines Luftverkehrsunternehmens
"Prämiendokumente können ausschließlich an Personen verschenkt werden, mit
denen der Teilnehmer durch eine gegenseitige Beziehung persönlich verbunden
ist, z.B. Verwandte, Freunde und Bekannte, ..."
und
"Der Verkauf, der Tausch, das Anbieten zur Versteigerung oder die sonstige
Weitergabe von Prämiendokumenten an Dritte sind untersagt, sofern die
Weitergabe nicht ausdrücklich durch Ziffer ... gestattet ist."
stellen eine im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms zulässige Bestimmung
der vom Anbieter versprochenen Leistung dar und unterliegen damit nicht der
Inhaltskontrolle.
Zentrale Probleme:
Es geht in einem sehr speziellen
Fall um die Abgrenzung zwischen einer kontrollfähigen und einer nicht
kontrollfähigen Klausel in AGB. Nach § 307 III 1 BGB können in AGB
grundsätzlich nur solche Klauseln kontrolliert werden, die vom dispositiven
Gesetzesrecht abweichen. Damit sind Klauseln, welche die Leistungen der
Parteien festlegen, an sich nicht kontrollfähig (möglich ist aber eine
Transparenzkontrolle, s. § 307 III 2 iVm § 307 I 2 BGB). Die Rspr. ist dabei
zwar manchmal recht großzügig, weil sie auch solche Klauseln kontrolliert,
die sich "aus der Natur des Vertrags ergebende, wesentliche
Rechte und Pflichten oder sonst allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze
modifizieren", vorliegend war das aber nicht der Fall. S. dazu auch
BGH v. 13.5.2014 - XI ZR
405/12 sowie
BGH v. 25.9.2013 -
VIII ZR 206/12.
©sl 2015
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die
Mitgliedschaft und den Teilnehmerstatus des Klägers im Vielflieger- und
Prämienprogramm M. der beklagten ... L. AG sowie um die Wirksamkeit
einzelner Bestimmungen der hierfür geltenden Teilnahmebedingungen. Diese
enthalten in der Fassung vom 1. Januar 2011 in Bezug auf die Einlösung der
im Rahmen des Programms erworbenen Meilen unter der Überschrift "2. Meilen"
unter anderem folgende Regelungen (Nummerierung der Sätze durch den Senat
hinzugefügt):
"2.1 Allgemein
1Die rechnerische Basis von M. sind Meilen, die auf dem Meilenkonto des
Teilnehmers verbucht werden. 2Die Meilen können ausschließlich zu solchen
Zwecken verwendet werden, die in den Teilnahmebedingungen oder sonstigen
Kundeninformationen ausdrücklich aufgeführt sind. [...] 4Die Meilen und das
Meilenkonto sind nicht übertragbar und können nicht in Bargeld umgerechnet
werden, sofern dies nicht ausdrücklich vorgesehen ist.
2.4 Einlösen der Meilen 2.4.1 Allgemein
1Jeder Teilnehmer kann seine Meilen gegen Prämien einlösen, sobald sein
Meilenkonto ein entsprechendes Guthaben aufweist.
[.].
2.4.7 Prämiendokumente
(1) 1Wenn die angeforderte Prämie verfügbar ist, stellt M. Prämiendokumente
aus (Prämientickets und/oder Zertifikate für andere Prämien). [...]
(3) 1Flugprämiendokumente haben eine Gültigkeit von 12 Monaten ab
Ausstellung. [...] 3Prämiendokumente können ausschließlich an Personen
verschenkt werden, mit denen der Teilnehmer durch eine gegenseitige
Beziehung persönlich verbunden ist, z.B. Verwandte, Freunde und Bekannte,
nicht jedoch in andere Prämien oder Geldbeträge umgetauscht werden. [...].
2.4.8 Missbrauch
(1) 1Der Verkauf, der Tausch, das Anbieten zur Versteigerung oder die
sonstige Weitergabe von Prämiendokumenten an Dritte sind untersagt, sofern
die Weitergabe nicht ausdrücklich durch Ziff. 2.4.7 gestattet ist. 2Ebenso
untersagt sind die Vermittlung des An- oder Verkaufs von Meilen oder
Prämien, die Übertragung von Meilen entgegen Ziffer 2.1, der unberechtigte
Erwerb von Meilen sowie die unberechtigte Inanspruchnahme von Meilen,
Prämien oder Prämiendokumenten (sämtliche Fallgruppen dieses Absatzes werden
nachfolgend als "Missbrauch" bezeichnet). [.].
2.5 Meilenverfall
1Werden Meilen nicht innerhalb von 36 Monaten ab Ereignis (Antritt des
jeweiligen Fluges, [...]) auf dem Meilenkonto gegen eine Prämie eingelöst,
verfallen sie zum nächsten Quartalsende, sofern nicht in den
M. Kommunikationsmedien etwas Abweichendes bekannt gegeben worden ist. [.]."
Unter der Überschrift "3. Verstoß gegen Teilnahmebedingungen,
Vertragsbeendigung, Änderungen des Programms" stellte die Beklagte ihren
Kunden unter anderem folgende Vertragsbedingungen:
"3.1 Kündigung, Sperrung, Ausschluss von der Programmteilnahme
1Der Teilnehmer kann das Vertragsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist schriftlich kündigen. 2Eine Kündigung durch L. oder einen
Mitherausgeber ist nur unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen möglich,
sofern die Kündigung nicht aus wichtigem Grund fristlos erfolgt. 3Eine
fristlose Kündigung durch L. oder einen Mitherausgeber sowie ein Ausschluss
von der Programmteilnahme können aus wichtigem Grund mit Wirkung für die
Zukunft erfolgen. 4Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor bei einem
schwerwiegenden Verstoß des Teilnehmers gegen die Teilnahmebedingungen oder
Beförderungsbedingungen von L. , einem Mitherausgeber oder einem
Partnerunternehmen oder gegen sonstige in den Programmunterlagen oder
M. Kommunikationsmedien erwähnte Regeln für M. . 5Gleiches gilt im Falle
eines Missbrauchs gemäß Ziffer 2.4.8 sowie bei wesentlichen Falschangaben,
belästigendem oder schädigendem Verhalten gegenüber Mitarbeitern oder
Fluggästen von L. , eines Mitherausgebers oder Partnerunternehmens. [.] 8In
den hier genannten Fällen hat L. oder ein Mitherausgeber auch das Recht, die
Vergabe eines nach den M. Programmunterlagen vorgesehenen Vielfliegerstatus
(z.B. Frequent Traveller, Senator oder HON Circle Member) abzulehnen oder
einen bestehenden Status durch einseitige Erklärung fristlos zu beenden.
[...] 13Für die Abwicklung der Beziehung nach einer Kündigung gelten diese
Teilnahmebedingungen weiter.
3.2 Meilengültigkeit bei Kündigung
1Im Falle der ordentlichen Kündigung durch den Teilnehmer, durch L. , einen
Mitherausgeber oder ein Partnerunternehmen behalten die Meilen ihre
Gültigkeit für einen Zeitraum von sechs Monaten nach Zugang der Kündigung,
sofern nicht ein früherer Verfall gemäß Ziffer 2.5 eintritt. 2Im Falle einer
berechtigten fristlosen Kündigung durch L. oder einen Mitherausgeber
verfallen die Meilen mit dem Zugang der Kündigungserklärung beim
Teilnehmer."
Im Juni 2010 erkannte die Beklagte dem Kläger befristet bis zum 28.
Februar 2013 den höchsten Vielfliegerstatus ihres Programms zu (HON Circle
Member). Im Januar 2011 buchte der Kläger unter Einlösung von Meilen seines
Meilenkontos Prämientickets für Flüge von Frankfurt nach Los Angeles und von
New York nach Frankfurt für einen Dritten. Mit Schreiben vom 17. Februar
2011 kündigte "L. ... " die Teilnahme des Klägers an ihrem
Vielfliegerprogramm fristlos und entzog ihm den Status eines HON Circle
Members mit sofortiger Wirkung wegen Verstoßes gegen die
Teilnahmebedingungen, weil er von ihm gebuchte Prämientickets an eine mit
ihm nicht durch eine persönliche Beziehung verbundene Person verkauft habe.
Auf den Widerspruch des Klägers gegen die Kündigung erklärte die M.
International GmbH im Namen der Beklagten mit Schreiben vom 7. April 2011,
dass sie die außerordentliche Kündigung nicht widerrufe und die Teilnahme
des Klägers an ihrem Vielfliegerprogramm hilfsweise auch ordentlich kündige.
Mit Schreiben vom 2. Dezember 2011 sprach die Beklagte eine weitere
fristlose Kündigung aus, da der Kläger sich unter Verwendung einer neuen
Kontaktadresse ein weiteres Konto zur Teilnahme an dem Vielfliegerprogramm
der Beklagten beschafft habe.
Der Kläger verlangt mit seiner Klage die Feststellung, dass seine
Mitgliedschaft im Vielflieger- und Prämienprogramm der Beklagten nicht
beendet worden sei und sein Status als HON Circle Member fortbestehe. Weiter
begehrt er festzustellen, dass er berechtigt sei, von ihm erworbene Meilen
des Vielfliegerprogramms der Beklagten an Dritte zu übertragen sowie unter
Einlösung von Meilen seines Meilenkontos gebuchte Prämiendokumente zu
verkaufen und auch an Personen zu übertragen, denen er nicht durch eine
gegenseitige Beziehung verbunden sei. Ferner beantragt er die Feststellung,
dass erworbene Meilen nicht verfallen und er diese bei der Beklagten
zeitlich unbegrenzt einlösen könne. Schließlich verlangt er, festzustellen,
dass die Beklagte zum Ersatz des Schadens verpflichtet sei, der ihm aus der
seiner Ansicht nach unwirksamen Kündigung seiner Teilnahme an dem
Vielfliegerprogramm und dem Entzug des Status als HON Circle Member
entstanden sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat
das Berufungsgericht der Klage überwiegend stattgegeben und sie lediglich
hinsichtlich der begehrten Feststellung der zeitlich unbegrenzten
Einlösbarkeit von Meilen und der Schadensersatzpflicht der Beklagten
abgewiesen. Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen
beide Parteien ihr jeweiliges Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
6 Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Revision
des Klägers hat dagegen keinen Erfolg.
7 I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt
begründet.
8 Die Klageanträge seien zulässig. Für die Feststellungsanträge fehle weder
das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis noch das erforderliche
Feststellungsinteresse.
9 Die Klageanträge seien auch im Wesentlichen begründet. Die Mitgliedschaft
des Klägers in dem Vielfliegerprogramm der Beklagten sei nicht durch die von
der Beklagten unter ihrer im angelsächsischen Raum verwendeten
Geschäftsbezeichnung "L. ... " ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom
17. Februar 2011 beendet worden.
10 Allerdings hätten die Parteien die Teilnahmebedingungen jedenfalls
dadurch wirksam in den (Rahmen-)Vertrag einbezogen, dass der Kläger die mit
der Buchungsmaske verlinkten Bedingungen bei der Online-Buchung von
Prämientickets im Januar 2011 akzeptiert habe. Ebenso habe der Kläger den
Missbrauchstatbestand gemäß Abschnitt 2.4.8 Satz 1 der Teilnahmebedingungen
erfüllt. Ob der Kläger selbst das Prämienticket an den Fluggast veräußert
habe, wie die Beklagte geltend gemacht habe, oder ob er es seinem Vater
schenkweise überlassen oder gegen Entgelt übertragen habe und dieser es
entgeltlich oder unentgeltlich weitergegeben habe, sei unerheblich. Denn der
Kläger habe damit entweder den Tatbestand der Veräußerung oder den
Tatbestand der sonstigen Weitergabe eines Prämientickets im Sinne der
Teilnahmebedingungen erfüllt.
11 Die fristlose Kündigung sei jedoch unwirksam, weil das Verbot der Ver-
äußerung oder der sonstigen Weitergabe von Prämiendokumenten wegen
unangemessener Benachteiligung unwirksam sei. Diese Klausel sei
kontrollfähig. Sie weiche von dem aus den §§ 137, 398, 903 BGB folgenden,
für eine Marktwirtschaft wesentlichen Grundsatz ab, dass Rechte und
Ansprüche dinglich unbeschränkt und zugleich ohne schuldrechtliche
Einschränkungen gegenüber einem Vertragspartner übertragen werden könnten.
Die die freie Übertragbarkeit von Ansprüchen und Forderungen ausschließenden
Vorschriften der §§ 613, 399 BGB seien demgegenüber nicht einschlägig. Die
Beförderung mit einem Flugzeug stelle eine Werk- und keine Dienstleistung
dar, und im Falle der Personenbeförderung ändere sich der Leistungsinhalt
nicht, auch wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen
Gläubiger erbracht werde. Während das Verbot der Veräußerung und der
sonstigen Weitergabe von Prämiendokumenten, insbesondere von Prämientickets,
den Kunden in seinen berechtigten Interessen jedenfalls dann beeinträchtige,
wenn momentan oder auf Dauer weder er noch eine ihm verbundene Person
Verwendung für eine Prämie habe, fehle es auf Seiten der Beklagten an einem
schutzwürdigen Interesse an einem solchen Verbot.
12 Die Beklagte habe zwar ein Interesse, mit ihrem Programm und den hierfür
aufgestellten Teilnahmebedingungen eine langfristige Bindung der Kunden an
sie sicherzustellen. Das Verbot der Veräußerung und der sonstigen Weitergabe
von Prämiendokumenten sei jedoch zur Erreichung dieses Zwecks weder geeignet
noch erforderlich. Habe der Kunde die für die Ausstellung eines
Prämiendokuments erforderliche Menge an Meilen gesammelt und könne die
hierin liegende wertmäßige Rückvergütung in Anspruch nehmen, könne eine
Kundenbindung nicht mehr über einen wirtschaftlichen Anreiz erfolgen, der
durch ein Veräußerungs- und Übertragungsverbot abgesichert werden müsste.
Soweit die Beklagte geltend mache, die durch das Verbot der Veräußerung und
der sonstigen Weitergabe von Prämiendokumenten bezweckte Kundenbindung
beruhe nicht auf einem wirtschaftlichen Anreiz, sondern allein auf einem
psychologisch-emotionalen Effekt, weil das eigene Erleben der Prämie oder
das Erleben der Prämienleistung durch eine nahestehende Person einen
besonderen Kundenbindungseffekt auslöse, könne dem nicht gefolgt werden.
Soweit Kunden der Beklagten eine Veräußerung von Prämiendokumenten überhaupt
in Betracht zögen, stehe für sie der wirtschaftliche Wert des
Rückvergütungsversprechens im Vordergrund. In Bezug auf Kunden, die eine
Veräußerung von Prämiendokumenten nicht in Betracht zögen und emotionalen
Effekten eher zugänglich seien, bedürfe es zur Erreichung der angestrebten
Kundenbindung eines Veräußerungsverbots nicht, da deren "Sammelleidenschaft"
unabhängig von der Ausgestaltung der Teilnahmebedingungen zu einer
Kundenbindung führe. Die Beklagte könne auch nicht einen bei gestatteter
Veräußerung von Prämiendokumenten entstehenden Umsatzverlust als zu
berücksichtigendes Interesse geltend machen. Dass der Dritte, hätte er nicht
ein Prämienticket von einem Programmteilnehmer erworben, mit einem regulären
Flugticket der Beklagten geflogen wäre, sei keineswegs wahrscheinlicher, als
dass der das Prämienticket veräußernde Kunde sich bei seinem nächsten,
nunmehr nicht durch Einlösung von Meilen möglichen Flug für eine Reise mit
der Beklagten entscheide. Auch zur Wahrung des möglichen, von der Beklagten
jedoch nicht ausdrücklich geltend gemachten Interesses, dass Kunden
Prämientickets nicht mit Gewinn weiterveräußerten, bedürfe es keines
Veräußerungsverbots. Denn es müsse möglich sein, das jeweils für die
Erlangung von Meilen aufzuwendende Entgelt anzugleichen und den Meilen bei
der Einlösung in Prämien gleiche Werte zuzuweisen. Außerdem könne die
Beklagte eine solche, ihren Interessen zuwiderlaufende Verhaltensweise in
den Teilnahmebedingungen definieren und untersagen.
13 Ebenso wenig sei die Mitgliedschaft des Klägers im Vielfliegerprogramm
der Beklagten durch die mit Schreiben vom 7. April 2011 erklärte ordentliche
Kündigung oder die am 2. Dezember 2011 erklärte außerordentliche Kündigung
beendet worden.
14 Der Status eines HON Circle Members sei dem Kläger mithin nicht wirksam
entzogen worden und bestehe daher fort. Ferner sei antragsgemäß
festzustellen, dass der Kläger berechtigt sei, Meilen des
Vielfliegerprogramms der Beklagten auf Dritte zu übertragen und
Prämiendokumente zu verkaufen. Abschnitt 2.1 Satz 4 der
Teilnahmebedingungen, wonach Meilen nicht übertragbar seien, sei wegen
unangemessener Benachteiligung des Kunden unwirksam. Zwar erfordere und
rechtfertige die von der Beklagten angestrebte Kundenbindung ein
Übertragungsverbot, solange die für eine Prämie erforderliche Meilenzahl
nicht erreicht sei, da die Nutzbarkeit von Meilen vor der Prämienreife den
berechtigten Interessen der Beklagten entgegenstehe. Sobald jedoch ein
Programmteilnehmer die für einen Eintausch in ein Prämiendokument
erforderliche Anzahl an Meilen gesammelt habe, fehle es aus denselben
Gründen wie beim Verbot der Veräußerung oder sonstigen Weitergabe von
Prämiendokumenten an Dritte an einem schutzwürdigen Interesse der Beklagten
an der Unübertragbarkeit der prämienreifen Meilen.
15 Dagegen stehe dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz des ihm aus der
Kündigung seiner Teilnahme am Vielfliegerprogramm der Beklagten und dem
Entzug des Status als HON Circle Member entstandenen Schadens nicht zu. Die
Beklagte habe auch bei sorgfältiger Prüfung nicht von einem Verstoß der
Teilnahmebedingungen gegen das Benachteiligungsverbot ausgehen müssen.
16 Schließlich werde der Teilnehmer des Kundenbindungsprogramms durch die
Regelung in Abschnitt 2.5 der Teilnahmebedingungen, wonach Meilen innerhalb
von 36 Monaten ab dem Ereignis, das zum Anfall der Meilen geführt hat,
verfallen, nicht unangemessen benachteiligt.
17 II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht
stand, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Mitgliedschaft des
Klägers in dem Vielfliegerprogramm der Beklagten fortbestehe, weil das in
den Teilnahmebedingungen normierte Verbot, Prämiendokumente zu veräußern
oder an Dritte weiterzugeben, soweit nicht ausdrücklich gestattet, wegen
Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB
unwirksam sei und damit nicht als Grundlage für eine wirksame
außerordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses in Betracht komme.
18 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass
die Teilnahmebedingungen der Beklagten wirksam in die Vereinbarung zwischen
den Parteien über die Teilnahme des Klägers an dem Vielfliegerprogramm M.
einbezogen worden sind (§ 305 Abs. 2 BGB).
19 a) Bei den Teilnahmebedingungen handelt es sich, wie auch die
Revision der Beklagten nicht in Zweifel zieht, um Allgemeine
Geschäftsbedingungen (AGB) gemäß § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie sind für eine
Vielzahl von Fällen vorformulierte Vertragsbedingungen, die die Beklagte
ihren Vertragspartnern bei Abschluss eines Vertrages über die Teilnahme an
ihrem Vielflieger- und Prämienprogramm stellt.
20 b) Voraussetzung für die Einbeziehung von AGB in eine Vereinbarung ist
zum einen, dass der Verwender die andere Vertragspartei bei Vertragsschluss
ausdrücklich auf diese Bedingungen hinweist und ihr die Möglichkeit
verschafft, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Zum
anderen muss die andere Vertragspartei mit der Geltung der AGB einverstanden
sein (§ 305 Abs. 2 BGB).
21 Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die
Teilnahmebedingungen sind - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen
hat - jedenfalls dadurch Vertragsbestandteil geworden, dass der Kläger im
Zuge seiner nach den nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts vorgenommenen Online-Buchungen von
Prämientickets im Januar 2011 die Geltung der von der Beklagten gestellten
und mit der Buchungsmaske verlinkten Bedingungen, die der Kläger somit zur
Kenntnis nehmen konnte, durch Ankreuzen eines entsprechenden Kästchens
akzeptiert haben muss, weil aufgrund der Gestaltung der Buchungsmaske ohne
eine solche Einverständniserklärung eine Buchung der Prämienflüge nicht
möglich war.
22 2. Das Berufungsgericht hat jedoch zu Unrecht angenommen, dass
das in Abschnitt 2.4.8 der Teilnahmebedingungen normierte Verbot einer
Weitergabe von Prämiendokumenten, auf das die Beklagte die Kündigung
gestützt hat, nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle unterliegt.
23 a) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beschränkt die
Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in AGB, die von Rechtsvorschriften
abweichende oder diese ergänzende Regelungen enthalten, wobei unter
Rechtsvorschriften in diesem Zusammenhang nicht nur Gesetzesvorschriften im
materiellen Sinn zu verstehen sind. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB gestattet
vielmehr - insbesondere bei Fehlen entsprechender gesetzlicher Normen - eine
Inhaltskontrolle auch solcher Klauseln, die sich aus der Natur des Vertrags
ergebende, wesentliche Rechte und Pflichten oder sonst allgemein anerkannte
Rechtsgrundsätze modifizieren (vgl. BGH,
Urteile vom 8. Oktober 2013 - XI ZR
401/12, BGHZ 198, 250 Rn. 20 und vom 10. Dezember 2013 -
X ZR 24/13, NJW 2014, 1168 Rn. 16). Von der Inhaltskontrolle
ausgenommen sind demgegenüber solche Bestimmungen, die Art und Umfang des
vertraglichen Hauptleistungsversprechens und die hierfür zu zahlende
Vergütung unmittelbar festlegen. Leistung und Gegenleistung können von den
Vertragsparteien nach dem Grundsatz der Privatautonomie frei bestimmt
werden. Mangels gesetzlicher Vorgaben fehlt es daher insoweit auch an einem
Kontrollmaßstab (BGH, Urteile vom 20. Mai 2010 - Xa ZR 68/09, NJW
2010, 2719 Rn. 26; vom 10. Dezember 2013 - X ZR 24/13, NJW 2014, 1168 Rn.
16).
24 Ob eine Klausel danach kontrollfähig ist, ist durch Auslegung zu
ermitteln (BGHZ 198, 250 Rn.
21). Maßgeblich ist, wie der Wortlaut der Klausel
von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der
Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise nach dem objektiven
Inhalt und dem typischen Sinn der Klausel verstanden wird (BGH,
Urteil vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 16).
25 b) Das Berufungsgericht hat sich für die Beurteilung der Klausel
betreffend das Weitergabeverbot am gesetzlichen Leitbild des
Luftbeförderungsvertrags als Werkvertrag orientiert und die
Kontrollfähigkeit der Klausel bejaht, weil sie von dem aus den §§ 137, 398,
903 BGB folgenden und auch im Werkvertragsrecht geltenden Grundsatz
abweiche, dass Rechte und Ansprüche dinglich unbeschränkt und zugleich ohne
schuldrechtliche Einschränkungen gegenüber einem Vertragspartner übertragen
werden könnten. Dem kann nicht beigetreten werden.
26 Die fragliche Klausel ist nicht Gegenstand eines zwischen der Beklagten
und dem Kläger etwa geschlossenen Luftbeförderungsvertrags, sondern Teil der
Vereinbarung über die Teilnahme des Klägers an dem von der Beklagten
angebotenen Vielfliegerprogramm M. , das, wie es in den Teilnahmebedingungen
einleitend heißt, die "Treue als Kunde" belohnen soll.
27 Nach den Teilnahmebedingungen der Beklagten ist Kunde des
Vielfliegerprogramms nicht notwendigerweise der Vertragspartner des
Luftbeförderungsvertrags. Teilnahmeberechtigt sind vielmehr ausschließlich
einzelne natürliche Personen (Abschnitt 1.1 der Bedingungen), für die
jeweils ein einziges persönliches Meilenkonto eröffnet wird (Abschnitt 1.2
Abs. 1 der Bedingungen).
Die Beklagte schreibt diesem Kunden für die Inanspruchnahme bestimmter
Leistungen, wie Flüge oder Hotelaufenthalte, die er bei der Beklagten oder
einem ihrer Partnerunternehmen bucht, auf seinem Meilenkonto Meilen gut.
Diese Meilen können grundsätzlich nicht in Bargeld umgerechnet werden (vgl.
Abschnitte 2.1 und 2.3 der Teilnahmebedingungen), sondern nur gegen von der
Beklagten angebotene Prämien, zu denen unter anderem auch Flugprämien
gehören, eingelöst werden (Abschnitte 2.4.1 und 2.4.2 der Bedingungen). Die
Prämien können vom Kunden unter Angabe seiner M. -Kundennummer und einer
persönlichen Geheimnummer (PIN; Abschnitt 1.3 der Bedingungen) angefordert
werden (Abschnitt 2.4.5 der Bedingungen). Ist die angeforderte Prämie
verfügbar - was die Beklagte entscheidet (Abschnitt 2.4.6 der Bedingungen)
-, wird ein "Prämiendokument" ausgestellt, bei dem es sich um ein
Prämienticket handeln kann (Abschnitt 2.4.7 Abs. 1 Satz 1 der Bedingungen).
Prämiendokumente können, so heißt es in Abschnitt 2.4.7 Abs. 3 Satz 3 der
Bedingungen, "ausschließlich an Personen verschenkt werden, mit denen der
Teilnehmer durch eine gegenseitige Beziehung persönlich verbunden ist, z.B.
Verwandte, Freunde und Bekannte, nicht jedoch in andere Prämien oder
Geldbeträge umgetauscht werden".
28 Die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob eine solche Ausgestaltung
zur Erreichung des Zwecks des Kundenbindungsprogramms erforderlich oder auch
nur zweckmäßig ist, stellt sich nicht. Mangels eines gesetzlich geregelten
Leitbilds für Kundenbindungsprogramme und entsprechender Vorgaben hierfür
kann die Beklagte autonom bestimmen, welche Anreize sie zur Bindung ihrer
Kunden an ihr Unternehmen setzen will. Nicht ausgeschlossen ist dabei, dass
sie neben der Kundenbindung weitere eigennützige Zwecke verfolgt, indem sie
den Anspruch auf die Prämie so ausgestaltet, dass damit kein Zweitmarkt für
von ihr angebotene Beförderungsleistungen eröffnet und dadurch ihr Tarif-
und Vertriebssystem unterlaufen werden kann. Für den im Vordergrund der
Betrachtung stehenden Fall des Prämientickets, das regelmäßig ein
elektronisches Ticket (ETIX) ist (Abschnitt 2.4.7 Abs. 1 Satz 2 der
Bedingungen), verspricht die Beklagte, Flugscheine (nur) für den Kunden
selbst oder eine ihm persönlich nahestehende Person auszustellen, der der
Kunde den Flugschein schenkweise zuwenden will. Die Beklagte sagt dem
Teilnehmer insoweit mithin gerade keine frei handelbaren Ansprüche zu.
Vielmehr besteht ihre Hauptleistung zur Prämierung der Kundentreue von
vorneherein ausschließlich in dem Versprechen einer bestimmten Beförderung,
für die der Teilnehmer kein zusätzliches Entgelt zu entrichten braucht. Die
dem Teilnehmer eröffnete Möglichkeit der unentgeltlichen Überlassung wahrt
dabei den Charakter als Prämie und definiert zugleich ausreichend den Kreis
der dem Teilnehmer "durch eine gegenseitige Beziehung verbundenen" Personen,
da der Teilnehmer die ausschließlich schenkweise übertragbare Prämie in
aller Regel nur Personen zuwenden wird, denen er sich persönlich verbunden
fühlt.
29 Das in den Teilnahmebedingungen normierte Verbot der Veräußerung
an Dritte (Abschnitt 2.4.8 Satz 1 der Bedingungen) knüpft hieran an und
umschreibt die von der Beklagten versprochene Leistung weiter. Es ist damit
Teil der Leistungsbeschreibung und unterliegt als solche anders als
Einschränkungen oder Modifizierungen der Hauptleistung nicht der
Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.
30 Diese Beurteilung steht nicht im Widerspruch zum Urteil des Senats vom
28. Januar 2010 (Xa ZR 37/09, NJW 2010, 2046), das ebenfalls
Teilnahmebedingungen für das Flugprämienprogramm eines
Luftverkehrsunternehmens zum Gegenstand hatte. Dort hat der Senat
angenommen, dass eine Klausel, nach der bei einer Kündigung des
Teilnahmevertrags durch das Luftverkehrsunternehmen oder bei Beendigung des
Prämienprogramms erworbene und bis dahin innerhalb von fünf Jahren nach
Flugdatum gegen Prämienflüge einlösbare Bonuspunkte sechs Monate nach Zugang
der Kündigung ihre Gültigkeit verlieren, als Einschränkung des vertraglichen
Leistungsversprechens der Inhaltskontrolle unterliege (BGH, NJW 2010, 2046
Rn. 9). Das Hauptleistungsversprechen bestand in diesem Fall allerdings
darin, dass der teilnehmende Kunde mit jeder Buchung eines Fluges bei der
Beklagten eine flugstreckenabhängige Anzahl von Bonuspunkten erwerben und
diese innerhalb von fünf Jahren nach Flugdatum beim Erwerb eines
Prämientickets auf den Flugpreis anrechnen lassen konnte. Dadurch dass die
beanstandete Klausel für bestimmte Fallkonstellationen eine gegenüber der
nach den Teilnahmebedingungen regulären Gültigkeitsdauer von fünf Jahren
erheblich kürzere Frist für die Einlösung von an sich fünf Jahre gültigen
Bonuspunkte vorsah, stellte sie nicht eine weitere Konkretisierung der
versprochenen Hauptleistung dar, sondern schränkte diese vielmehr im
Nachhinein ein. Demgegenüber hat die Beklagte im Streitfall die
Hauptleistung von vorneherein so festgelegt, dass Flugprämien, die der
Teilnehmer nicht selbst nutzen will oder kann, nur schenkweise und nur
Personen überlassen werden dürfen, denen der Programmteilnehmer durch eine
gegenseitige Beziehung persönlich verbunden ist. Das Verbot einer -
entgeltlichen -Weitergabe an Dritte ist damit der Hauptleistung immanent und
schränkt nicht etwa zunächst unbeschränkt versprochene Ansprüche
hinsichtlich ihrer weiteren Verwertbarkeit wieder ein.
31 3. Der Kläger hat den in Abschnitt 2.4.8 Satz 1 der Teilnahmebedingungen
normierten Missbrauchstatbestand erfüllt. Ob der Kläger selbst das Ticket
veräußert oder ob er es schenkweise seinem Vater überlassen hat und dieser
es unmittelbar oder mittelbar weitergegeben hat, spielt - wie das
Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - keine Rolle. Nach den von der
Revision des Klägers nicht angegriffenen Feststellungen des
Berufungsgerichts hat der Kläger persönlich den Flug für einen Dritten
gebucht, zu dem keine persönliche Beziehung bestand. Er hat damit die
Weitergabe des Prämiendokuments an den im Flugschein bezeichneten Fluggast,
ohne die dieser den Flug nicht antreten konnte, in Gang gesetzt.
32 III. Das Berufungsurteil ist hiernach aufzuheben. Da weitere
Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der Senat abschließend in der
Sache entscheiden und unter Zurückweisung der Revision des Klägers das
landgerichtliche Urteil wiederherstellen, soweit es vom Berufungsgericht
abgeändert worden ist.
33 1. Der Antrag des Klägers, das Fortbestehen seiner Mitgliedschaft im
Vielfliegerprogramm M. festzustellen, ist ebenso unbegründet wie das
Schadensersatzbegehren. Die Beklagte konnte nach den Ausführungen unter II 2
die Vereinbarung mit dem Kläger über seine Teilnahme an dem Programm gemäß
Abschnitt 3.1 Satz 3 und 5 der Teilnahmebedingungen ohne Einhaltung einer
Frist außerordentlich kündigen. Eine vorherige Abmahnung hat das
Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung des Verhaltens des Klägers
rechtsfehlerfrei für gemäß § 314 Abs. 2 Satz 3 BGB entbehrlich erachtet. Auf
die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 7. April 2011 und der
außerordentlichen Kündigung vom 2. Dezember 2011 kommt es nicht mehr an.
34 2. Der Antrag des Klägers, festzustellen, dass sein Status als HON Circle
Member im Vielfliegerprogramm der Beklagten fortbestehe, ist ebenfalls
unbegründet. Abgesehen davon, dass die Beklagte dem Kläger diesen Status
ohnehin nur bis Ende Februar 2013 zuerkannt hatte, ist die Entziehung dieses
Status aus denselben Gründen wirksam wie die außerordentliche Kündigung der
Teilnahme des Klägers an dem Vielfliegerprogramm.
35 3. Die weiteren Anträge des Klägers, festzustellen, dass er berechtigt
sei, von ihm erworbene Meilen des Vielfliegerprogramms der Beklagten an
Dritte zu übertragen sowie unter Einlösung von Meilen seines Meilenkontos
gebuchte Prämiendokumente zu verkaufen und auch an Personen zu übertragen,
denen er nicht durch eine gegenseitige Beziehung verbunden ist, sind
angesichts der Beendigung seiner Mitgliedschaft im Vielfliegerprogramm M.
aufgrund der Kündigung ebenfalls unbegründet.
36 4. Der Antrag des Klägers, festzustellen, dass Meilen nicht verfallen,
sondern unbeschränkt von ihm gegenüber der Beklagten eingelöst werden
können, ist - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - dahin zu
verstehen, dass der Kläger damit nicht die Feststellung der generellen
Unwirksamkeit der Klausel in Abschnitt 2.5 der Teilnahmebedingungen
anstrebt, sondern - wie die Formulierung in dem Antrag "unbeschränkt von
ihm" nahelegt - lediglich einen persönlichen Anspruch auf eine zeitlich
unbeschränkte Einlösbarkeit erworbener Meilen festgestellt wissen will. Auch
dieser Klageantrag ist angesichts der durch die Kündigung beendeten
Mitgliedschaft unbegründet.
37 IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 ZPO.
|