Verbrauchsgüterkauf, Unternehmerbegriff (§ 14
BGB): Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs i.S.v. § 474 I BGB bei
"branchenfremden Geschäft" eines Unternehmers; Voraussetzungen der
Entbehrlichkeit der Fristsetzung wegen ernsthafter und endgültiger
Erfüllungsverweigerung
BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 - VIII ZR 215/10
Fundstelle:
NJW 2011, 3435 mit
Besprechungsaufsatz Witt aaO S. 3402 ff.
Amtl. Leitsatz:
a) Der Verkauf beweglicher Sachen durch eine GmbH an
einen Verbraucher fällt, auch soweit es sich um branchenfremde
Nebengeschäfte handelt, im Zweifel unter die Bestimmungen der §§ 474 ff. BGB
zum Verbrauchsgüterkauf (im Anschluss an BGH, Urteil vom 9. Dezember 2008 -
XI ZR 513/07, BGHZ 179, 126, zum Verbraucherdarlehensvertrag).
b) Beim Verbrauchsgüterkauf ist bei einem behebbaren Sachmangel eine
Fristsetzung zur Nacherfüllung als Voraussetzung für einen Rücktritt vom
Vertrag auch im Falle eines - unwirksamen - formularmäßigen
Gewährleistungsausschlusses nicht entbehrlich (Aufgabe des Senatsurteils vom
15. November 2006 - VIII ZR 3/06,
BGHZ 170, 31 Rn. 44).
Zentrale Probleme (s. auch die
Pressemeldung
des BGH):
Eine lehrreiche Entscheidung zum
(Verbrauchsgüter-)Kaufrecht. Vollkommen zu Recht wendet der Senat die §§ 474
BGB auch bei einem "branchenfremden" Geschäft eines Unternehmers an. Die §§
474 ff BGB erfassen auch atypische“ Geschäfte, sofern sie nur mit der
selbständigen beruflichen/gewerblichen Tätigkeit in Zusammenhang stehen. Das
aber wird nach § 344 HGB vermutet. Es ist daher nicht erforderlich, dass der
Verkäufer „professioneller Verkäufer“ ist, dh. seine selbständige berufliche
oder gewerbliche Tätigkeit gerade im Abschluss von Kaufverträgen besteht.
S. dazu auch BGH v.
18.10.2017 -
VIII ZR 32/16: Keine Vermutung analog § 344 HGB bei natürlichen
Personen.
Zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung s. auch
BGH v.
29.6.2011 - VIII ZR 202/10.
©sl 2011
Tatbestand:
1 Der Ehemann der
Klägerin (im Folgenden: Zedent) kaufte am 29. Dezember 2006 von der
Beklagten unter Ausschluss jeglicher Gewährleistungsrechte einen
gebrauchten, sieben Jahre alten Pkw Renault Espace zum Preis von 7.540 €.
Das Fahrzeug wurde am selben Tag bezahlt und übergeben. Mit Anwaltsschreiben
vom 10. Januar 2007 erklärte der Zedent die Anfechtung des Vertrages wegen
arglistiger Täuschung mit der Begründung, die Beklagte habe ein
Klappergeräusch im Motorbereich verschwiegen. Die Beklagte erwiderte mit
Anwaltsschreiben vom 18. Januar 2007, das Fahrzeug sei zum Zeitpunkt der
Übergabe mangelfrei gewesen, wies die Anfechtung zurück und lehnte eine
Rückabwicklung ab.
2 Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin aus abgetretenem Recht des Zedenten
Zahlung von 7.540 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs
sowie Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten. Das Landgericht hat die
Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht
unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das erstinstanzliche Urteil
abgeändert und die Beklagte - unter Abzug von Nutzungswertersatz in Höhe von
118 € - zur Zahlung von 7.422 € nebst Zinsen verurteilt und dem
Feststellungsantrag entsprochen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer
vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
3 Die Revision hat Erfolg.
I.
4 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:
5 Anhaltspunkte für eine Rückabwicklung des Vertrages nach § 812 BGB lägen
nicht vor. Der Kaufvertrag sei nicht wegen der vom Zedenten erklärten
Anfechtung von Anfang an unwirksam. Denn der Nachweis eines arglistigen
Verhaltens des Geschäftsführers der Beklagten sei der Klägerin nicht
gelungen.
6 Die Klägerin habe aber gegen die Beklagte einen Anspruch auf
Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß §§ 437, 440, 323 BGB.
Ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen B. stehe mit hinreichender
Sicherheit fest, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt des Gefahrübergangs
mangelhaft im Sinne des § 434 BGB gewesen sei. Der Sachverständige habe zwar
festgestellt, dass sich sowohl das Motorgeräusch als auch das
Schleifgeräusch in der Kurvenfahrt nicht auf mechanische Ursachen
zurückführen ließen, sondern Verschleißerscheinungen darstellten. Hierbei
handele es sich aber nicht um übliche Verschleißerscheinungen, mit denen ein
durchschnittlicher Käufer rechnen müsse. Es handele sich auch nicht um einen
unerheblichen Mangel.
7 Der vereinbarte Gewährleistungsausschluss sei gemäß § 475 BGB unwirksam,
weil ein Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 BGB vorliege. Der Zedent sei
unzweifelhaft Verbraucher im Sinne des § 13 BGB. Auch sei die Beklagte
Unternehmer im Sinne des § 14 BGB. Für sie als eine im Handelsregister
eingetragene juristische Person gehöre grundsätzlich alles zur gewerblichen
Tätigkeit, also auch - wie hier - ein branchenfremdes Nebengeschäft. Wollte
man nach dem Geschäftszweck im engeren Sinn abgrenzen, wären die §§ 474 ff.
BGB nur auf gewerbliche Verkäufer anwendbar. Schon der regelmäßige Verkauf
von Gebrauchtfahrzeugen durch eine Leasing- oder Mietwagenfirma fiele dann
nicht darunter. Das würde den Schutzzweck des § 474 BGB zu sehr
einschränken. Für eine umfassendere Anwendung spreche auch der Vergleich mit
§ 491 BGB, der den Verbraucherdarlehensvertrag regele. Nach nahezu
einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur könne Darlehensgeber
im Sinne von § 491 Abs. 1 BGB auch ein Unternehmer sein, dessen
unternehmerische Tätigkeit sich nicht auf die Kreditvergabe beziehe.
8 Zwar habe es der Zedent unterlassen, der Beklagten vor der Erklärung des
Rücktritts eine Frist zur Nacherfüllung einzuräumen. Eine Fristsetzung sei
hier aber nach § 323 Abs. 1 Nr. 1 BGB entbehrlich gewesen, weil die Beklagte
die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert habe. Es komme nicht auf die
zwischen den Parteien streitige Frage an, ob der Geschäftsführer der
Beklagten bereits im ersten Telefonat eine Nacherfüllung abgelehnt habe.
Auch könne dahinstehen, ob in dem Anfechtungsschreiben vom 10. Januar 2007
eine Rücktrittserklärung enthalten gewesen sei. Jedenfalls sei die
Geltendmachung des Rücktritts durch die Klageerhebung erfolgt, mit der die
Rückabwicklung der Leistungen Zug um Zug verlangt worden sei. Zu diesem
Zeitpunkt habe die Beklagte eine Nacherfüllung bereits ernsthaft und
eindeutig abgelehnt, indem sie im Schreiben vom 18. Januar 2007 die
Mangelhaftigkeit der Sache bestritten und eine Rückabwicklung verweigert
habe. Auch das Verhalten der Beklagten während des Rechtsstreits zeige, dass
sie sich auf eine Nacherfüllung nicht eingelassen hätte, da sie sowohl
tatsächlich als auch rechtlich ihre Verantwortlichkeit bestreite.
II.
9 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem
entscheidenden Punkt nicht stand. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf
Rückabwicklung des Kaufvertrags vom 29. Dezember 2006.
10 Im Revisionsverfahren ist aufgrund der rechtsfehlerfreien
Beweiswürdigung des Berufungsgerichts nicht mehr im Streit, dass die vom
Zedenten erklärte Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung nicht
durchgreift und damit ein Anspruch der Klägerin auf eine
bereicherungsrechtliche Rückabwicklung gemäß §§ 812 ff. BGB ausscheidet. Der
Klägerin steht aber, anders als das Berufungsgericht meint, auch ein
vertraglicher Rückabwicklungsanspruch wegen eines Sachmangels des gekauften
Fahrzeugs (§ 346 i.V.m. §§ 437, 440, 323 BGB) nicht zu.
11 1. Allerdings rügt die Revision ohne Erfolg, das Berufungsgericht hätte
der Klage unter dem Gesichtspunkt der vertraglichen Sachmangelgewährleistung
schon deshalb nicht stattgeben dürfen, weil der Klägerin ein daraus etwa
herzuleitender Rückabwicklungsanspruch bereits durch das Urteil des
Landgerichts rechtskräftig aberkannt worden sei. Das trifft nicht zu.
12 a) Das Landgericht hat mit Recht in der Anfechtungserklärung des
Zedenten zugleich eine Rücktrittserklärung gesehen (vgl.
Senatsurteil vom 10. März 2010 -
VIII ZR 182/08, NJW 2010, 2503
Rn. 15 f.) und folgerichtig den von der Klägerin
geltend gemachten Rückabwicklungsanspruch sowohl unter dem Gesichtspunkt
einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung wegen arglistiger Täuschung
als auch einer vertraglichen Rückabwicklung wegen eines Sachmangels geprüft.
Es hat die Voraussetzungen beider Anspruchsgrundlagen verneint. Dagegen hat
die Klägerin unter Wiederholung ihrer erstinstanzlichen Anträge
uneingeschränkt Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht war deshalb
prozessual nicht daran gehindert, der Klage im Hinblick auf einen
vertraglichen Rückabwicklungsanspruch aus §§ 437, 440, 323, 346 BGB
stattzugeben.
13 b) Der Umstand, dass die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung nur die
Beweiswürdigung des Landgerichts zur Frage der arglistigen Täuschung
beanstandet hat, nicht aber die Ausführungen des Landgerichts zum
vertraglichen Rückabwicklungsanspruch wegen eines Sachmangels, rechtfertigt
keine andere Beurteilung.
14 Das Berufungsgericht ist nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, den
vorgetragenen Sachverhalt im Hinblick auf alle für den geltend gemachten
Klageanspruch in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen zu beurteilen. Etwas
anderes ergibt sich auch nicht aus § 520 Abs. 3 ZPO. Die in dieser
Bestimmung vorgeschriebene Angabe der Berufungsgründe ist nur Voraussetzung
für die Zulässigkeit des Rechtsmittels, hat aber keine Beschränkung des
Prüfungsumfangs des Berufungsgerichts auf die in der Berufungsbegründung
angeführten Beanstandungen zur Folge. So kann und muss das Berufungsgericht
konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen
Feststellungen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO) berücksichtigen, die ihre
Grundlage im erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien haben, auch wenn das
Übergehen dieses Vortrags vom Berufungskläger nicht zum Gegenstand einer
Berufungsrüge gemacht worden ist (BGH, Urteil vom 12. März 2004 - V ZR
257/03, BGHZ 158, 269, 278 f.). Erst recht gilt dies für die
materiell-rechtliche Beurteilung des Klageanspruchs in der Berufungsinstanz.
Sie unterliegt auch in der Berufungsinstanz keinen Einschränkungen und ist
nicht auf die in der Berufungsbegründung angeführten rechtlichen
Gesichtspunkte beschränkt (§ 529 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
15 Deshalb stellt auch der Hinweis des Berufungsgerichts an die Parteien,
dass die Beklagte Unternehmer im Sinne des § 14 Abs. 1 BGB sei, entgegen der
Auffassung der Revision keinen Verfahrensverstoß dar. Mit diesem
materiell-rechtlichen Hinweis hat das Berufungsgericht lediglich in
zulässiger Weise zu erkennen gegeben, dass ein Verbrauchsgüterkauf (§ 474
BGB) vorliegen könne und damit ein vertraglicher Rückabwicklungsanspruch
wegen eines Sachmangels in Betracht komme. Bei der Frage, ob der
vorgetragene Sachverhalt einen bereicherungsrechtlichen oder einen
vertraglichen Rückabwicklungsanspruch rechtfertigt, geht es, anders als die
Revision meint, nicht um verschiedene Streitgegenstände, sondern
lediglich um unterschiedliche Anspruchsgrundlagen für das Klagebegehren
aufgrund des von der Klägerin vorgetragenen einheitlichen
Lebenssachverhalts.
16 2. Vergeblich beanstandet die Revision auch, dass das
Berufungsgericht den vereinbarten Gewährleistungsausschluss gemäß § 475 BGB
für unwirksam gehalten hat. Entgegen der Auffassung der Revision
handelt es sich bei dem Kaufvertrag vom 29. Dezember 2006 um einen
Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 BGB, bei dem der Beklagten als
Unternehmer die Berufung auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss
verwehrt ist (§ 475 Abs. 1 Satz 1 BGB).
17 Die Revision stellt nicht in Frage, dass der Zedent bei
Abschluss des Vertrages Verbraucher war (§ 13 BGB), und bezweifelt auch
nicht, dass die Beklagte als juristische Person nicht Verbraucher sein kann
(§ 13 BGB), sondern als GmbH eine Handelsgesellschaft ist, die ein
Handelsgewerbe betreibt (§ 13 Abs. 1 GmbHG, §§ 5, 6 Abs. 1 HGB).
Sie meint aber, dass die Beklagte den vorliegenden Kaufvertrag nicht, wie es
§ 14 Abs. 1 BGB für den Unternehmer voraussetzt, "in Ausübung ihrer
gewerblichen Tätigkeit" geschlossen habe, weil der Geschäftszweck der
Beklagten nur die Herstellung und Veräußerung von Druckerzeugnissen umfasse,
nicht aber den Verkauf eines gebrauchten Pkw. Damit dringt die
Revision nicht durch.
18 a) Der Bundesgerichtshof hat für den Verbraucherdarlehensvertrag
bereits entschieden, dass Darlehensgeber im Sinne des § 491 BGB auch ein
Unternehmer sein kann, dessen unternehmerische Tätigkeit sich nicht auf die
Kreditvergabe bezieht. Notwendig ist nur, dass er bei Abschluss des
Darlehensvertrages in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen
beruflichen Tätigkeit handelt. Bei Kaufleuten wie einer
GmbH streitet gemäß §§ 343, 344 HGB eine Vermutung für einen unmittelbaren
Bezug des Darlehensvertrags zur gewerblichen Tätigkeit des Darlehensgebers
(BGH, Urteil vom 9. Dezember 2008 - XI ZR 513/07, BGHZ 179, 126 Rn.
14 ff., 22).
19 b) Für den Verbrauchsgüterkauf gilt nichts anderes. Auch der
Verkauf beweglicher Sachen durch eine GmbH an einen Verbraucher gehört im
Zweifel zum Betrieb des Handelsgewerbes der GmbH (§ 344 Abs. 1 HGB) und
fällt damit, auch soweit es sich um branchenfremde Nebengeschäfte handelt,
unter die Bestimmungen der §§ 474 ff. BGB für den Verbrauchsgüterkauf,
sofern die gesetzliche Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB nicht widerlegt ist.
Die Anwendung der §§ 343, 344 HGB bei der Prüfung, ob bei Kaufleuten ein
Unternehmergeschäft im Sinne der §§ 14, 474 BGB vorliegt, entspricht nicht
nur der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum
Verbraucherdarlehensvertrag, sondern auch der ganz einhelligen Auffassung im
Schrifttum (MünchKommBGB/Micklitz, 5. Aufl., § 14 Rn. 16 ff.;
Soergel/Pfeiffer, BGB, 13. Aufl., § 13 Rn. 36, § 14 Rn. 10; Soergel/Wertenbruch,
aaO, § 474 Rn. 23 und 34 mit einer - hier nicht einschlägigen -
Einschränkung; Staudinger/Habermann, BGB, Neubearb. 2004, § 14 Rn. 35;
Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2004, § 474 Rn. 15;
Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, BGB, 2. Aufl., § 14 Rn. 8; Palandt/
Heinrichs, BGB, 70. Aufl., § 14 Rn. 2; Erman/Saenger, BGB, 12. Aufl., § 14
Rn. 8 ff., 11).
20 Die von der Revision für den Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen
durch eine Handelsgesellschaft geforderte Beschränkung des
Anwendungsbereichs der §§ 474 ff. BGB auf professionelle Verkäufer, das
heißt den engeren Kreis gewerblicher Kraftfahrzeughändler, ist abzulehnen
(ebenso MünchKommBGB/ S. Lorenz, aaO, § 474 Rn. 21;
Bamberger/Roth/Faust, aaO, § 474 Rn. 12 aE; aA Brüggemeier, WM 2002, 1376,
1385). Sie findet in der gesetzlichen Regelung keine Stütze und
liefe auch dem weiten Schutzzweck der §§ 474 ff. BGB zuwider, bei denen es
auf die Schutzbedürftigkeit des Käufers und nicht auf die des Verkäufers
ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2008 - XI ZR 513/07, aaO
Rn. 18 f. zum Verbraucherdarlehensvertrag).
21 c) Das Berufungsgericht ist auf dieser Grundlage rechtsfehlerfrei zu dem
Ergebnis gelangt, dass die Beklagte beim Abschluss des Kaufvertrags vom 29.
Dezember 2006 als Unternehmer im Sinne der §§ 14, 474 BGB gehandelt hat.
Feststellungen, aufgrund derer die Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB als
widerlegt anzusehen wäre, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Dagegen
bringt die Revision nichts vor. Es kann dahingestellt bleiben, ob
Verkaufsgeschäfte einer GmbH überhaupt außerhalb der gewerblichen Tätigkeit
der ein Handelsgewerbe betreibenden GmbH liegen können. Die Revision
jedenfalls vermag keinen vom Berufungsgericht etwa übergangenen Sachvortrag
aufzuzeigen, aufgrund dessen der Verkauf des Kraftfahrzeugs an die Klägerin
- entgegen der Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB - nicht zum Betrieb des
Handelsgewerbes der Beklagten gehören sollte.
22 2. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den
Klappergeräuschen im Motorbereich, wie das Berufungsgericht angenommen hat,
um nicht übliche Verschleißerscheinungen handelt, die einen Mangel
darstellen, der so erheblich ist, dass der Rücktritt nicht gemäß § 323 Abs.
5 Satz 2 BGB ausgeschlossen wäre. Unabhängig davon ist der Zedent nicht
wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.
23 Ein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines Sachmangels
könnte dem Zedenten, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, aufgrund
des Vorrangs der Nacherfüllung nur unter den Voraussetzungen der §§ 440, 323
BGB zustehen, also wenn der Zedent der Beklagten erfolglos eine angemessene
Frist zur Nacherfüllung bestimmt hätte (§ 323 Abs. 1 BGB) oder eine solche
Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 2 oder § 440 BGB entbehrlich gewesen wäre
(st. Rspr.; Senatsurteil vom 10. März 2010 -
VIII ZR 310/08, NJW 2010, 1448 Rn.
10 mwN). Diese Voraussetzungen für den Rücktritt
sind hier nicht erfüllt. Der Zedent hat die Beklagte zu keinem
Zeitpunkt, auch im Laufe des Rechtsstreits nicht, zur Nacherfüllung
aufgefordert. Ein solche Aufforderung war nicht deshalb entbehrlich, weil
die Beklagte, wie das Berufungsgericht angenommen hat, eine Nacherfüllung
ernsthaft und endgültig verweigert hätte (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Entgegen der Auffassung der Revision ist auch aus dem Recht der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen nicht herzuleiten, dass der Kläger der Obliegenheit,
der Beklagten Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben, enthoben gewesen wäre.
24 a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das
Vorliegen einer ernsthaften und endgültigen Verweigerung im Sinne des § 323
Abs. 2 Nr. 1 BGB strenge Anforderungen zu stellen. Eine
Erfüllungsverweigerung liegt nur vor, wenn der Schuldner unmissverständlich
und eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten unter
keinen Umständen nachkommen. Dafür reicht das bloße Bestreiten des Mangels
oder des Klageanspruchs nicht aus. Vielmehr müssen weitere Umstände
hinzutreten, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Schuldner seinen
Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen will und es damit
ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer Fristsetzung hätte
umstimmen lassen (Senatsurteil
vom 21. Dezember 2005 - VIII ZR 49/05, NJW 2006, 1195 Rn. 25 mwN).
25 Solche Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Sie liegen
nach dem unstreitigen Sachverhalt auch nicht vor. Auch die
Revisionserwiderung des Klägers zeigt keinen vorinstanzlichen Sachvortrag
auf, aus dem sich eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung
seitens der Beklagten herleiten ließe.
26 aa) Hinsichtlich des Telefonats, das die Parteien Anfang Januar 2007
geführt haben, bevor der Zedent mit Schreiben vom 10. Januar 2007 die
Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung erklärte, hat das
Berufungsgericht offen gelassen, ob der Geschäftsführer der Beklagten eine
Nacherfüllung abgelehnt hat. Aus dem insoweit unstreitigen Sachverhalt
ergibt sich, dass die Beklagte in diesem Telefonat eine Nacherfüllung nicht
verweigert hat. Für die Annahme einer ernsthaften und endgültigen
Erfüllungsverweigerung reicht es nicht aus, dass der Geschäftsführer der
Beklagten in diesem Telefonat - von sich aus - angeboten hat, sich aus
Kulanz an den Kosten einer etwaigen Mangelbeseitigung beteiligen zu wollen.
In diesem Angebot ist schon deshalb keine Verweigerung der Nacherfüllung zu
sehen, weil der Zedent den Geschäftsführer der Beklagten in diesem Telefonat
nicht aufgefordert hat, den beanstandeten Mangel zu beseitigen, sondern
stattdessen Rückabwicklung des Vertrages verlangt hat. Letzteres
hat die Beklagte mit Recht abgelehnt. Denn dem Zedenten stand ein
Rücktrittsrecht im Zeitpunkt des Telefonats aufgrund des Vorrangs der
Nacherfüllung nicht zu.
27 bb) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aus dem Schreiben der
Beklagten vom 18. Januar 2007 eine ernsthafte und endgültige
Erfüllungsverweigerung hergeleitet. Dass die Beklagte in diesem Schreiben
den Mangel bestritt, reicht, wie ausgeführt, nicht aus, um eine ernsthafte
und endgültige Erfüllungsverweigerung anzunehmen, zumal die Beklagte auch in
dem vorangegangenen Anfechtungsschreiben des Zedenten nicht zur
Mangelbeseitigung aufgefordert worden war. Eine Verweigerung der
Nacherfüllung liegt auch nicht darin, dass die Beklagte in ihrem Schreiben -
ebenso wie in dem vorangegangenen Telefonat - eine Rückabwicklung des
Vertrages ablehnte. Denn dazu war sie weiterhin berechtigt, weil dem
Zedenten auch zu diesem Zeitpunkt ein Recht zum Rücktritt vom Vertrag nicht
zustand.
28 cc) Es ist nicht Angelegenheit des Verkäufers, vom Käufer eine
Gelegenheit zur Nacherfüllung zu erbitten, sondern eine Obliegenheit des
Käufers, vom Verkäufer Nacherfüllung zu verlangen (Senatsurteil
vom 10. März 2010 - VIII ZR 310/08, aaO Rn. 12 mwN).
Das hat der Zedent versäumt. Damit bestand auch im Zeitpunkt der
Klageerhebung, in der das Berufungsgericht den Rücktritt gesehen hat, kein
Rücktrittsrecht des Zedenten. Daran hat sich im Laufe des Rechtsstreits
nichts geändert. Zur Nacherfüllung ist die Beklagte auch nicht aufgefordert
worden, nachdem sie im zweiten Rechtszug ausdrücklich (auch) gerügt hatte,
dass ihr vom Zedenten keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden sei.
29 b) Die Revision hat in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf
das Senatsurteil vom 15. November 2006 (VIII
ZR 3/06, BGHZ 170, 31) die Auffassung vertreten,
einer Aufforderung zur Nacherfüllung seitens des Klägers habe es nicht
bedurft, weil es sich bei dem im Vertrag enthaltenen
Gewährleistungsausschluss um eine von der Beklagten verwendete Allgemeine
Geschäftsbedingung handele und deshalb der Grundsatz Anwendung finde, dass
sich der Verwender einer Formularbestimmung nicht auf deren Unwirksamkeit
berufen könne. Damit dringt die Revision nicht durch.
30 aa) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Gewährleistungsausschluss im
vorliegenden Fall individualvertraglich vereinbart wurde oder ob es sich um
eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. §
475 Abs. 1 BGB differenziert nicht zwischen Individualvereinbarungen und
Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die Vereinbarung eines
Gewährleistungsausschlusses beim Verbrauchsgüterkauf zieht in beiden Fällen
nur die Rechtsfolge nach sich, dass sich der Unternehmer gegenüber dem
Verbraucher auf den Gewährleistungsausschluss nicht berufen kann (§ 475 Abs.
1 BGB), führt aber nicht ohne Weiteres dazu, dass der Verbraucher
mindern, zurücktreten oder Schadensersatz statt der Leistung verlangen
könnte, ohne dem Verkäufer zuvor Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben zu
haben. Eine so weitgehende Rechtsfolge lässt sich aus der gesetzlichen
Regelung nicht ableiten. § 475 Abs. 1 BGB macht zwar den Weg dafür frei,
dass der Verbraucher die ihm wegen eines Mangels gesetzlich zustehenden
Rechte geltend machen kann, entbindet den Verbraucher aber nicht davon, die
gesetzlichen Voraussetzungen dieser Rechte zu erfüllen.
31 Die Grundsätze des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Sanktion für die Verwendung
unwirksamer Formularklauseln besteht darin, dass sich der Verwender mit der
für ihn ungünstigeren Regelung des dispositiven Gesetzesrechts begnügen
muss, die der ersatzlose Wegfall der unzulässigen Klausel zur Folge hat,
geht aber nicht so weit, dass dem Verwender die Berufung auf das
dispositive Gesetzesrecht verwehrt wäre (Senatsurteil vom 24. März
2010 - VIII ZR 177/09, BGHZ 185, 114 Rn. 23). Die Beklagte ist deshalb auch
dann, wenn es sich bei dem vereinbarten Gewährleistungsausschluss um eine
Formularklausel handeln sollte, nicht daran gehindert, sich darauf zu
berufen, dass der Kläger dem gesetzlichen Erfordernis einer Fristsetzung zur
Nacherfüllung nicht nachgekommen ist. Ob es einer Fristsetzung zur
Nacherfüllung als Voraussetzung für einen Rücktritt vom Kaufvertrag
ausnahmsweise nicht bedarf, ist nicht aus dem Recht der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen herzuleiten, sondern richtet sich nach den Bestimmungen
in § 323 Abs. 2 und § 440 BGB, in denen die Voraussetzungen, unter denen
eine Fristsetzung zur Nacherfüllung für einen Rücktritt vom Kaufvertrag
ausnahmsweise entbehrlich ist, abschließend geregelt sind.
32 bb) Das Vorbringen der Revision, dass es einer Fristsetzung zur
Nacherfüllung bei einem formularmäßigen Gewährleistungsausschluss in einem
Verbrauchsgüterkaufvertrag generell nicht bedürfe, zielt auf eine Anwendung
des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Nach dieser Bestimmung ist eine Fristsetzung zur
Nacherfüllung entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter
Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt
rechtfertigen.
Derartige Umstände sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden und
werden auch von der Revision nicht aufgezeigt.
33 Die Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB sind nicht, wie
die Revision meint, bereits dann erfüllt, wenn in einem
Verbrauchsgüterkaufvertrag ein formularmäßiger Gewährleistungsausschluss
enthalten ist, auf den sich der Unternehmer gemäß § 475 Abs. 1 BGB nicht
berufen kann. Der Senat hat zwar in dem von der Revision
angeführten Urteil, ohne auf die Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB
ausdrücklich Bezug zu nehmen, eine Fristsetzung zur Nacherfüllung beim
Verbrauchsgüterkauf im Falle eines formularmäßigen
Gewährleistungsausschlusses für entbehrlich gehalten (Senatsurteil
vom 15. November 2006 - VIII ZR 3/06, aaO Rn. 44).
Daran hält er jedoch nicht fest. Die vom Senat zur
Begründung angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dem
Grundsatz, dass sich der Verwender einer Formularbestimmung nicht auf deren
Unwirksamkeit berufen kann (Senatsurteil vom 5. April 2006 - VIII ZR 152/05,
NJW 2006, 2115 Rn. 19 mwN), betrifft andere Fallgestaltungen, aus denen sich
nicht ableiten lässt, dass beim Verbrauchsgüterkauf im Falle eines
formularmäßigen Gewährleistungsausschlusses das Erfordernis einer
Fristsetzung zur Nacherfüllung als Voraussetzung für einen Rücktritt des
Verbrauchers vom Vertrag nicht eingehalten werden müsste.
34 Der Grundsatz, dass sich der Verwender einer Formularbestimmung nicht auf
deren Unwirksamkeit berufen kann, soll verhindern, dass der Klauselgegner
durch die Unwirksamkeit der Klausel schlechter gestellt wird, als er im
Falle ihrer Wirksamkeit stünde (Senatsurteil vom 5. April 2006 - VIII ZR
152/05, aaO; vgl. auch die dort zitierte Rechtsprechung: BGH, Urteile vom 4.
Dezember 1997 - VII ZR 187/96, NJW-RR 1998, 594 unter III 2b, und vom 13.
Oktober 2004 - I ZR 249/01, NJW-RR 2005, 34 unter III). Eine solche
Schlechterstellung des Verbrauchers liegt in den Fällen des § 475 Abs. 1 BGB
nicht vor. Der Verbraucher wird dadurch, dass ihm aufgrund der Regelung des
§ 475 Abs. 1 BGB das gesetzliche Rücktrittsrecht bei einem Sachmangel -
unter den dafür geltenden Voraussetzungen - zusteht, nicht schlechter,
sondern besser gestellt, als er stünde, wenn der Gewährleistungsausschluss
durchgreifen würde. § 475 Abs. 1 BGB bezweckt gerade, dem Verbraucher die
gesetzlichen Mängelrechte und -ansprüche zu verschaffen, die dem Verbraucher
nicht zustünden, wenn sich der Unternehmer auf den Gewährleistungsausschluss
berufen könnte. Aus dem Grundsatz, dass sich der Verwender einer
Formularbestimmung nicht auf deren Unwirksamkeit berufen kann, lässt sich
deshalb nicht herleiten, dass eine Fristsetzung zur Nacherfüllung als
Voraussetzung für einen Rücktritt vom Kaufvertrag entbehrlich wäre, wenn bei
einem Verbrauchsgüterkauf formularmäßig ein Gewährleistungsausschluss
vereinbart worden ist.
III.
35 Das Berufungsurteil kann aus den dargelegten Gründen keinen Bestand
haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in
der Sache selbst, weil weitere Feststellungen nicht zu treffen sind (§ 563
Abs. 3 ZPO). Da der Klägerin der ihr vom Berufungsgericht zuerkannte
Anspruch aus §§ 434, 437, 440, 323, 346 BGB auf Rückabwicklung des
Kaufvertrags vom 29. Dezember 2006, wie ausgeführt, nicht zusteht, ist die
Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts
zurückzuweisen. |