Ausschluss der
Rechtsbehelfe des Käufers bei "Vereitelung der Nacherfüllung" auch bei
Unkenntnis des Mangels; Mängelvermutung nach § 476 BGB bei äußerlichen
Mängeln; Einfluss des Verweigerungsrechts des Verkäufers nach § 439 III BGB
BGH, Urteil vom 21.
Dezember 2005 - VIII ZR 49/05
Fundstelle:
ZGS 2006, 152
NJW 2006, 1195
Amtl. Leitsatz:
1. Dass der Käufer eines
Gebrauchtwagens nicht weiß, ob ein binnen sechs Monaten nach der Übergabe
durch den Verkäufer aufgetretener Defekt des Fahrzeugs auf einen Sachmangel
im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB zurückzuführen ist, entlastet ihn nicht
von der Obliegenheit, dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben,
bevor er das Fahrzeug selbst reparieren lässt und wegen des Mangels die
Minderung erklären oder einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung
geltend machen kann.
2. § 439 Abs. 3 BGB gewährt dem Verkäufer eine Einrede gegenüber der vom
Käufer beanspruchten Art der Nacherfüllung, die der Verkäufer ausüben kann,
aber nicht muss. Der Käufer kann deshalb nicht wegen unverhältnismäßiger
Kosten der Nacherfüllung sogleich die Minderung erklären, ohne dem Verkäufer
Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben zu haben.
Zentrale Probleme (s. dazu
Lorenz NJW 2006, 1175 sowie den
Telefonkommentar in Ausgabe 4/2006
der NJW-CD/Cassette):
Der BGH bestätigt seine bisherige
Rspr. (1) zur Mängelvermutung nach § 476 BGB sowie (2)
zum Problem der "Selbstvornahme" der Mängelbeseitigung
zu (1): Die Mängelvermutung des § 476 BGB ist danach wegen der "Art des
Mangels" nicht bereits dann ausgeschlossen, wenn der Mangel typischerweise
jederzeit eintreten kann. Maßgeblich soll vielmehr die Erkennbarkeit für den
fachlich nicht versierten Käufer
(s. dazu
BGH NJW 2005, 3490
sowie die Anm. zu Vorinstanz
OLG Stuttgart v. 18.1.2005 - 10 U
179/04 = ZGS 2005, 276). Diese Ansicht
hat der Senat in BGH v.
18.7.2007 - VIII ZR 259/06 bestätigt.
zu (2): Nach Auffassung des BGH hat der Käufer auch keine Ansprüche
gegen den Verkäufer, wenn er den Mangels selbst beseitigt, ohne vorher dem
Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben. Das ist
grundsätzlich richtig und unstr. für die Frage von Rücktritt, Minderung und
Schadensersatz statt der Leistung. Str. ist insoweit allein, ob der Käufer
hier nicht Anspruch auf Ersatz der dem Verkäufer ersparten
Nacherfüllungsaufwendungen (s. § 439 II BGB) hat. Auch das verneint der BGH
entgegen der wohl hM in der Literatur aus Konkurrenzgründen (s. dazu die
Anm. zu
BGH NJW 2005, 1384
sowie
BGH NJW 2005, 3211
und BGH v. 7.12.2005 - VIII ZR 126/05).
In der vorliegenden Entscheidung präzisiert der BGH dies auch für den Fall,
daß der Verkäufer die Nacherfüllung nach § 439 III BGB verweigern könnte:
Täte er dieses, so könnte der Käufer sofort zurücktreten oder mindern (§§
437 Nr. 2, 440 S. 1, 323, 441 oder, wenn man den Fall des § 439 III mit §
275 II, III gleichstellt §§ 437 Nr. 2, 326 V, 323, 441) bzw. bei
Vertretenmüssen Schadensersatz statt der Leistung verlangen.
Zum Bezugspunkt des Vertretenmüssens in diesen Fällen
s. die Anm. zu
BGH NJW 2005, 2852;
Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen SchuldR Rn. 536;sowie
Köhler/Lorenz PdW SchuldR 2 Fall 49: Die Verweigerungsgründe des §
439 III BGB sind als „besondere Ausprägung des Rechtsgedankens von § 275
II, III BGB“ zu verstehen (so die Begründung des RegE, BT-Dr 14/6040, S.
232). Ebenso wie dort handelt es sich damit um der Unmöglichkeit gleich
gestellte Tatbestände, bei welchen der Einredecharakter dem Schuldner
nur die Möglichkeit einer überobligationsmäßigen Leistung eröffnen soll.
Ebenso wenig wie aber im Falle der Unmöglichkeit Bezugspunkt des
Vertretenmüssens die Nichtleistung als solche, sondern der zur
Unmöglichkeit führende Umstand ist, ist im Falle von § 275 II, III BGB
und damit auch im Falle von § 439 III BGB Bezugspunkt des
Vertretenmüssens die Erhebung der Einrede (dann läge nämlich stets eine
vorsätzliche Pflichtverletzung vor), sondern der die Einrede begründende
Umstand.
Das Verweigerungsrecht ist allerdings nur eine Option des
Verkäufers und enthebt den Käufer nicht vom Fristsetzungserfordernis. Da
auch die Voraussetzungen einer ernsthaften Verweigerung der Nacherfüllung
nach §§ 323 II, 281 II BGB nicht vorlagen, kamen Rücktritt, Minderung und
Schadensersatz statt der Leistung nach Ansicht des BGH nicht in Betracht.
Die besondere Bedeutung der Entscheidung liegt aber darin, daß der BGH dem
Verkäufer diese Fristsetzung auch dann zumutet, wenn er gar nicht weiß, daß
der aufgetretene Defekt einen Sachmangel darstellt oder auf einen solchen
zurückzuführen ist. Damit wendet der BGH die Vermutung des § 476 BGB
letztlich gegen den Käufer, was verbraucherfeindlich ist und auch der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie widersprechen dürfte. Der BGH müßte jetzt
endlich dogmatisch klären, warum der Käufer bei der Selbstvornahme das
Rücktritts- oder Minderungsrecht verliert. Das liegt richtigerweise daran,
daß mit der Selbstvornahme Unmöglichkeit der Nacherfüllung eintritt (was
freilich nicht immer der Fall ist, insbesondere nicht bei einer
Ersatzbeschaffung, s. die Anm. zu s. auch
BVerfG v. 26.9.2006 - 1 BvR 2389/04. Der
Rücktritt (und nach § 441 I BGB die Minderung) ist dann nach § 326 V, 323 VI
BGB ausgeschlossen, wenn der Käufer für die Unmöglichkeit der Nacherfüllung
"allein oder weit überwiegend verantwortlich" ist. Davon kann nicht die Rede
sein, wenn er die Tatsache, daß ein Mangel vorlag, weder kannte noch kennen
mußte. Wohl aber etwa, wenn er die Kaufsache zerstört und dadurch die
Nacherfüllung vereitelt (s. dazu die Anm. zu
OLG München v. 21.7.2006 - 19 U
2503/05).
S. auch BGH v. 10.3.2010 -
VIII ZR 310/08.
©sl 2006
Tatbestand:
Der Kläger kaufte am 23. September 2002 bei der Beklagten, einer
gewerblichen Autohändlerin, einen 1999 erstmals zugelassenen gebrauchten Pkw
D. , der ihm am 26. September 2002 übergeben wurde. In dem Kaufvertrag sind
als Unfallschäden angegeben "Lack + Blechschaden, Frzg. teilweise
nachlackiert".
Am 23. November 2002 suchte der Kläger nach Aufleuchten der
Motor-Management-Kontrollleuchte während einer Fahrt auf der Autobahn in
Höhe L. die nächstgelegene M. Niederlassung auf. Dort wurde ein Defekt des
Katalysators festgestellt, der auf ein Aufsetzen des Fahrzeugs
zurückzuführen war. Für die Reparatur wurden dem Kläger von der
Niederlassung 1.390,59 € in Rechnung gestellt.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger zunächst Kosten für die
Beseitigung eines nach seiner Behauptung durch das Aufsetzen des Fahrzeugs
insgesamt verursachten Schadens in Höhe von 5.060,77 € nebst Zinsen geltend
gemacht. Die Beklagte hat das Vorliegen von Mängeln im Zeitpunkt der
Übergabe bestritten und beanstandet, dass ihr keine Gelegenheit zur
Nacherfüllung gegeben worden sei. Nach Abweisung der Klage durch das
Landgericht hat der Kläger mit seiner Berufung nur noch Zahlung von 2.246,38
€ nebst Zinsen verlangt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den
Reparaturkosten für den Katalysator von 1.390,59 €, Kosten für eine
Fahrzeugvermessung von 355,79 € und einem Minderungsbetrag von 500 € für
eine geringfügige Eindrückung am rechten Rahmenlängsträger. Die Berufung ist
erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
verfolgt der Kläger sein zweitinstanzliches Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Gewährleistungsansprüchen des Klägers stehe entgegen, dass nicht vom
Vorliegen eines Mangels im Zeitpunkt des Gefahrübergangs (§ 434 BGB)
ausgegangen werden könne und die Beweislastumkehr des § 476 BGB nicht
eingreife. Nach den Feststellungen des vom Landgericht beauftragten
Sachverständigen seien die Beschädigungen am rechten Rahmenlängsträger sowie
am rechten Katalysator durch einen Aufsetzvorgang verursacht worden, der im
Laufe des weiteren Fahrbetriebes zur Verstopfung des Auspuffrohrs durch sich
ablösende Teile geführt habe. Ob das Aufsetzen des Fahrzeugs vor oder
während der Besitzzeit des Klägers erfolgt sei, habe der Sachverständige
nicht beurteilen können, weshalb mangels Beweisangeboten des Klägers das
Vorliegen eines Mangels im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht festzustellen
sei.
Auf die Vorschrift des § 476 BGB, nach der im Falle des Verbrauchsgüterkaufs
bei Auftreten eines Sachmangels binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang in
zeitlicher Hinsicht vermutet werde, dass der Mangel bereits im Zeitpunkt des
Gefahrübergangs vorgelegen habe, könne der Kläger sich nicht berufen. Sie
komme nicht zur Anwendung bei Mängeln, bei denen das Auftreten innerhalb der
ersten sechs Monate nach Gefahrübergang keinen hinreichenden Rückschluss auf
das Vorliegen dieses Mangels bereits zur Zeit des Gefahrübergangs zulasse.
Das sei anzunehmen, wenn der Mangel - wie hier -auf einer äußeren Einwirkung
beruhe. Es bestehe kein Erfahrungssatz dahingehend, dass die Ursache für den
Schaden vor der Übergabe der Kaufsache an den Käufer entstanden sei. Die
Vermutung des § 476 BGB sei nur gerechtfertigt, wenn ein entsprechender
Rückschluss auf das Vorliegen des später aufgetretenen Mangels zum Zeitpunkt
des Gefahrübergangs mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit möglich sei.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts scheitern
Gewährleistungsansprüche des Klägers nach §§ 437, 434, 433 Abs. 1 Satz 2 BGB
nicht schon daran, dass er das Vorliegen eines Mangels im Zeitpunkt des
Gefahrübergangs, der Übergabe des Fahrzeugs (§ 446 Satz 1 BGB), nicht
bewiesen hat.
1. Die Beschädigungen des Fahrzeugs am rechten Katalysator sowie am rechten
Rahmenlängsträger stellen, soweit sie bereits bei Gefahrübergang vorhanden
waren, einen Sachmangel des Fahrzeugs im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB
dar. Nach dem Kaufvertrag sollte das Fahrzeug an Unfallschäden (nur) Lack-
und Blechschäden erlitten haben und teilweise nachlackiert sein. Nach den
nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts wies es Ende
November 2002 darüber hinaus gehende Beschädigungen des rechten Katalysators
und des rechten Rahmenlängsträgers auf, die durch einen Aufsetzvorgang
verursacht worden waren.
2. Da sich dieser Mangel innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe des
Fahrzeugs am 29. September 2002 gezeigt hat, ist, anders als das
Berufungsgericht meint, gemäß § 476 BGB zu vermuten, dass das Fahrzeug
bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war.
a) § 476 BGB findet gemäß § 474 Abs. 1 BGB auf den hier zu beurteilenden
Kauf eines Kraftfahrzeugs, einer beweglichen Sache, durch den Kläger als
Verbraucher (§ 13 BGB) von der Beklagten, die als Kraftfahrzeughändlerin
Unternehmerin (§ 14 BGB) ist, Anwendung. Dass der Kläger das Fahrzeug zu
einem Zweck erworben hat, der weder einer gewerblichen noch einer
selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, hat auch die
Beklagte im Laufe des Rechtsstreits nicht in Frage gestellt.
b) Nach § 476 BGB wird vermutet, dass ein Sachmangel, der sich innerhalb von
sechs Monaten seit Gefahrübergang zeigt, bereits bei Gefahrübergang
vorhanden war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder
des Mangels unvereinbar.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil
vom 2. Juni 2004 - VIII ZR 329/03, BGHZ 159, 215 = NJW 2004, 2299;
Urteil vom 14. September 2005 - VIII ZR 363/04,
NJW 2005, 3490, unter B II 1 b bb (1)) begründet § 476 BGB eine
(lediglich) in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass ein Mangel
bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag; dem Käufer kommt die
Beweislastumkehr grundsätzlich zugute, wenn das Vorliegen eines Sachmangels
allein davon abhängt, ob eine Abweichung von der Sollbeschaffenheit, die
sich innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe der Sache an den Käufer
zeigt, bereits bei Gefahrübergang vorhanden war.
So liegt der Fall hier. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind
die Beschädigungen des Fahrzeugs am Rahmenlängsträger und am Katalysator auf
einen Aufsetzvorgang zurückzuführen. Die Ursache für den Schaden steht also
(anders als in dem Fall, der dem Senatsurteil
BGHZ 159, 215 zugrunde lag) fest. Für die Beantwortung der Frage, ob es
sich dabei um einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt,
kommt es allein darauf an, ob sich der Aufsetzvorgang vor oder nach der
Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger ereignet hat.
bb) Die Vermutung, dass die Beschädigungen schon bei der Übergabe des
Fahrzeugs an den Kläger vorhanden waren, ist weder mit der Art der Sache
noch mit der Art des Mangels unvereinbar. Wie der Senat nach Erlass des
angefochtenen Urteils bereits entschieden hat (Urteil
vom 14. September 2005, aaO, unter B II 1 b cc (2)), wird die Vermutung
des § 476 BGB nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich um einen Mangel
handelt, der typischerweise jederzeit eintreten kann und der für sich
genommen keinen hinreichend wahrscheinlichen Rückschluss auf sein Vorliegen
schon zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs zulässt. Die gegenteilige Auffassung
des Berufungsgerichts widerspricht dem in § 476 BGB normierten
Regel-Ausnahme-Verhältnis. Die mit ihr verbundene Einengung der
Beweislastumkehr ließe die Vermutungsregelung gerade in den Fällen leer
laufen, in denen der Entstehungszeitpunkt des Mangels nicht zuverlässig
festgestellt werden kann, und würde den mit der Regelung beabsichtigten
Verbraucherschutz weitgehend aushöhlen.
Die Vermutung, dass ein Mangel bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hat,
ist nur dann mit der Art des Mangels unvereinbar, wenn es sich um äußerliche
Beschädigungen der Kaufsache handelt, die auch dem fachlich nicht versierten
Käufer auffallen müssen. Denn in einem solchen Fall ist zu erwarten, dass
der Käufer den Mangel bei der Übergabe beanstandet (Senatsurteil
vom 14. September 2005, aaO, unter B II 1 b cc (2)). Um eine derartige
Beschädigung handelt es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
hier indessen nicht. Das Fahrzeug wies einen Schaden ausschließlich auf der
Unterseite auf; dem Käufer musste deshalb das Schadensbild bei einer
üblichen Besichtigung des auf dem Boden - nicht auf einer Hebebühne oder
über einer Grube - stehenden Fahrzeugs nicht auffallen.
III. Das Berufungsurteil kann deshalb mit der gegebenen Begründung keinen
Bestand haben. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber aus
anderen Gründen als richtig dar, so dass die Revision zurückzuweisen ist (§
561 ZPO). Dem Kläger steht ein auf Zahlung gerichteter
Gewährleistungsanspruch gegenüber der Beklagten nicht zu, weil er ihr keine
Gelegenheit gegeben hat, den Mangel des Fahrzeugs selbst zu beseitigen.
Es kann offen bleiben, ob der Kläger wegen der Kosten für die Reparatur des
Katalysators und für die Fahrzeugvermessung Schadensersatz statt der
Leistung gemäß §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB verlangt oder ob er insoweit - wie
auch wegen der Eindrückung am rechten Rahmenlängsträger - gemäß §§ 437 Nr.
2, 441 BGB die Minderung des Kaufpreises erklärt hat und
Kaufpreisrückzahlung nach § 441 Abs. 4 BGB fordert. Sowohl das Recht des
Käufers, den Kaufpreis gemäß §§ 437 Nr. 2, 441 BGB zu mindern, als auch der
Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 437 Nr. 3, 440, 280
Abs. 1 und 3, 281 BGB setzen - wenn nicht einer der gesetzlich geregelten
Ausnahmetatbestände eingreift - voraus, dass der Käufer dem Verkäufer
erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung (§ 439 BGB) bestimmt hat
(Senatsurteile vom 23. Februar 2005 - VIII ZR
100/04, NJW 2005, 1348, unter II 1 a, zur Veröffentlichung in BGHZ 162, 219
bestimmt; vom 22. Juni 2005 - VIII ZR 1/05, ZGS
2005, 433, unter II 1; vom 7. Dezember 2005 -
VIII ZR 126/05, zur Veröffentlichung bestimmt, unter II 2). Das ist nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geschehen. Die Revision macht
Gegenteiliges nicht geltend. Einer der Ausnahmetatbestände, in denen es nach
den §§ 440, 281 Abs. 2, 323 Abs. 2 BGB einer Fristsetzung zur Nacherfüllung
nicht bedarf, ist hier nicht gegeben.
1. Gemäß §§ 281 Abs. 2 Halbsatz 2, 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist eine
Fristsetzung unter anderem dann entbehrlich, wenn besondere Umstände
vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige
Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs bzw. den sofortigen Rücktritt
(gemäß § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB alternativ die sofortige Minderung)
rechtfertigen. Solche Umstände ergeben sich weder aus den Feststellungen des
Berufungsgerichts noch aus dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden
Sachvortrag des Klägers.
a) Soweit es um die Kosten für die Reparatur des Katalysators geht, hat der
Kläger lediglich geltend gemacht, er habe im Zeitpunkt der Beauftragung der
Werkstatt keine Kenntnis vom Vorliegen eines Sachmangels gehabt und er sei
auf das Fahrzeug angewiesen gewesen. Beides entlastete ihn nicht von seiner
Obliegenheit, der Beklagten Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben.
aa) Zwar kann ein plötzlich auftretender Defekt an einem Fahrzeug
verschiedenste Ursachen haben und muss ein solcher auch, wenn das Fahrzeug
erst zwei Monate zuvor erworben worden ist, nicht zwingend auf einen
Sachmangel zurückzuführen sein, der dem Fahrzeug schon im Zeitpunkt der
Übergabe anhaftete. Dennoch ist der Käufer gehalten, jedenfalls eine
solche Möglichkeit in Betracht zu ziehen, wenn er etwaige Rechte gegenüber
dem Verkäufer nicht verlieren will. Dass ihm wegen des Defekts
Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Verkäufer zustehen können, ist
zumindest, wenn die Übergabe wie hier weniger als sechs Monate zurückliegt
und dem Käufer deshalb die Vermutungsregelung des § 476 BGB zugute kommt,
nicht so fern liegend, dass der Käufer damit nicht zu rechnen brauchte. Er
kann deshalb nicht ohne Gefährdung seiner Rechte gegenüber dem Verkäufer
sogleich eine Reparatur selbst vornehmen oder vornehmen lassen, wenn er
nicht weiß, wodurch der Defekt verursacht worden ist. Vielmehr obliegt es
ihm zur Erhaltung etwaiger Gewährleistungsansprüche auch in diesem Fall,
zunächst dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben. Der
grundsätzliche Vorrang der Nacherfüllung durch den Verkäufer soll diesen
unter anderem in die Lage versetzen, eigene Feststellungen dazu zu treffen,
ob die verkaufte Sache einen Mangel aufweist, auf welcher Ursache dieser
beruht und ob er bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen hat (Senatsurteil
vom 23. Februar 2005, aaO, unter II 2 b bb (2)). Die Kosten eines dafür
erforderlichen Transports des Fahrzeugs zum Verkäufer fallen nicht dem
Käufer zur Last, sondern sind, wenn tatsächlich ein Mangel vorliegt, gemäß §
439 Abs. 2 BGB vom Verkäufer zu tragen.
bb) Der Kläger hat nicht dargetan, dass oder aus welchen Gründen es ihm
nicht möglich oder nicht zumutbar (§ 440 Satz 1 BGB) war, der Beklagten
Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben. Er hat zwar behauptet, er sei auf
das Fahrzeug angewiesen gewesen. Aus dem vom Landgericht, auf dessen
Feststellungen das Berufungsgericht verweist, in Bezug genommenen Schreiben
des Klägers vom 7. Januar 2003 ergibt sich jedoch, dass auch die M.
Niederlassung in L. den Katalysator nicht unmittelbar reparieren konnte und
der Kläger deshalb zunächst seine Fahrt mit einem Mietwagen fortsetzte.
Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, warum er nicht, statt den
Schaden durch die Niederlassung in L. sogleich beheben zu lassen, zunächst
der Beklagten hätte Gelegenheit geben können, die Ursache festzustellen und
den Mangel selbst zu beseitigen.
b) Soweit der Kläger Erstattung der Kosten einer Fahrzeugvermessung sowie
Minderung wegen der Eindrückung am Rahmenlängsträger verlangt, macht er nach
der Wiedergabe seines Sachvortrags im Berufungsurteil selbst nicht geltend,
es lägen besondere Umstände vor, die unter Abwägung der beiderseitigen
Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs bzw. die
sofortige Minderung rechtfertigten. Darüber hinausgehenden Sachvortrag zeigt
auch die Revision nicht auf.
2. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung war weiter nicht deshalb entbehrlich,
weil die Beklagte die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert hätte
(§ 281 Abs. 2 Halbsatz 1, § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Hinsichtlich der
Reparatur des Katalysators hatte sie dazu keine Gelegenheit, weil der Kläger
die Reparatur unmittelbar selbst in Auftrag gegeben hat. Hinsichtlich der
Fahrzeugvermessung - unterstellt eine solche war oder ist zur endgültigen
Behebung eines Sachmangels erforderlich - und der Beseitigung des Schadens
am rechten Rahmenlängsträger könnte als konkludente Erfüllungsverweigerung
allenfalls das Bestreiten eines Sachmangels durch die Beklagte in diesem
Rechtsstreit in Betracht kommen. Der Kläger hat nicht vorgetragen, ob und
gegebenenfalls wann er die Fahrzeugvermessung, für die er Kostenerstattung
begehrt, tatsächlich vorgenommen hat. Sollte dies bereits vor Klageerhebung
der Fall gewesen sein, scheidet eine Erfüllungsverweigerung durch das
Verhalten der Beklagten im Prozess schon aus zeitlichen Gründen aus, weil
ihr eine Nacherfüllung dann bereits zu Beginn des Verfahrens nicht mehr
möglich war.
Im Übrigen sind an die tatsächlichen Voraussetzungen für die Bejahung einer
endgültigen Erfüllungsverweigerung strenge Anforderungen zu stellen; sie
liegt nur vor, wenn der Schuldner eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde
seinen Vertragspflichten nicht nachkommen (Senatsurteil, BGHZ 104, 6, 13;
BGH, Urteil vom 15. Dezember 1998 - X ZR 90/96, NJW-RR 1999, 560, unter II
1). Daran fehlt es hier. In dem Bestreiten von Mängeln liegt nicht ohne
weiteres eine endgültige Nacherfüllungsverweigerung; denn das Bestreiten ist
prozessuales Recht des Schuldners. Vielmehr müssen zu dem bloßen Bestreiten
weitere Umstände hinzutreten, welche die Annahme rechtfertigen, dass der
Schuldner über das Bestreiten der Mängel hinaus bewusst und endgültig die
Erfüllung seiner Vertragspflichten ablehnt und es damit ausgeschlossen
erscheint, dass er sich von einer Fristsetzung hätte oder werde umstimmen
lassen (BGH, Urteil vom 12. Januar 1993 - X ZR 63/91, WM 1993, 623 = NJW-RR
1993, 882, unter II 3 a). Das ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat von
Beginn des Rechtsstreits an stets auch gerügt, ihr sei keine Gelegenheit zur
Nachbesserung gegeben worden. Es erscheint deshalb zumindest möglich, dass
sie bei einer an sie gerichteten Aufforderung des Klägers zur Nacherfüllung
keinen Streit über das Vorliegen eines Sachmangels (mehr) geführt, sondern
die Fahrzeugschäden beseitigt hätte.
3. Zugunsten des Klägers kann schließlich auch keine Berücksichtigung
finden, dass nach dem Ergebnis des vom Landgericht eingeholten
Sachverständigengutachtens die Beseitigung des - geringfügigen - Schadens am
rechten Rahmenlängsträger nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.
Das würde zwar möglicherweise die Beklagte dazu berechtigen, die Beseitigung
des Mangels gemäß § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB zu verweigern, den Kläger aber
nicht von der Notwendigkeit befreien, von der Beklagten gemäß § 439 Abs. 1
BGB Nacherfüllung in Form der Mangelbeseitigung oder in Form der
Ersatzlieferung zu verlangen. Absatz 3 der Vorschrift gewährt dem Verkäufer
eine Einrede gegenüber der vom Käufer beanspruchten Art der Nacherfüllung
(vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des
Schuldrechts, BT-Drucks. 14/6040, S. 232). Dieses Recht kann der Verkäufer
ausüben, er muss es aber nicht. Ihm soll durch die Ausgestaltung als Einrede
vorbehalten bleiben, die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung auch mit
überobligatorischen Anstrengungen vorzunehmen (Staudinger/Matusche-Beckmann,
BGB (2004), § 439 Rdnr. 39; Faust in Bamberger/Roth, BGB, § 439 Rdnr. 35).
Deshalb kann der Käufer nicht unter Hinweis auf § 439 Abs. 3 BGB wegen
unverhältnismäßiger Kosten der Nacherfüllung sogleich die Minderung des
Kaufpreises erklären, ohne zuvor dem Verkäufer zumindest Gelegenheit zur
Nacherfüllung gegeben zu haben.
|