Bedeutung des
deklaratorischen Schuldanerkenntnisses: Ausschluß (nur) bekannter
Einwendungen
BGH, Beschluss vom
30.03.2006 - III ZR 187/05
Fundstelle:
noch nicht bekannt
(Eigene) Leitsätze:
1. Erklärt ein
Schuldner, daß eine Forderung zu Recht bestehe oder daß er sie anerkenne,
liegt darin ein bestätigendes Anerkenntnis, durch das nur solche
Einwendungen ausgeschlossen werden, die dem Schuldner bekannt sind oder mit
denen er rechnen muß.
2. Ein Verzicht auf andere Einwendungen kann nur angenommen werden, wenn
dieser in der Erklärung des Schuldners eindeutig zum Ausdruck kommt.
Zentrale Probleme:
S. die Anm. zu
BAG
NJW 1999, 2059 sowie zu
BGH
NJW
2000, 2501: Während beim konstitutiven
Schuldanerkenntnis eine neue, abstrakte und damit auch kondizierbare Verbindlichkeit
entsteht (= der Schuldner kann sein Schuldanerkenntnis nach § 812
I 1 Alt. 1 BGB [Leistungskondiktion] zurückfordern, wenn er es rechtsgrundlos
abgegeben hat, weil die zu bestätigende Forderung nicht bestand),
ist das deklaratorische Schuldanerkenntnis i.d.R. (d.h. im Wege der Auslegung)
als ein Verzicht auf alle zur Zeit seiner Abgabe bekannten oder für
möglich erachteten Einwendungen gegen die anfängliche Forderung
anzusehen. Dies ist nicht kondizierbar. Während also das abstrakte
Schuldverhältnis "lediglich" die Beweislast umdreht (nicht der Gl.
muß beweisen, daß die ursprüngliche Forderung bestand,
sondern der die Kondiktion geltend machende Schuldner das Nichtbestehen,
freilich kann das vertraglich ausgeschlossen werden, s.
BAG NJW 2005, 3164),
ist das deklaratorische Schuldanerkenntnis ein endgültiger Einwendungsverzicht
(s. auch BAG NJW
2005, 3164).
Ob ein abstraktes oder ein kausales Anerkenntnis vorliegt, ist eine Frage
der Auslegung (zu den Kriterien vgl. etwa BAG
NJW 1999, 2059 sowie
BAG NJW 2005, 3164).
Maßgeblich kommt es darauf an, ob die Parteien lediglich die Beweislast
"umdrehen" wollten oder ob sie (zugleich) Unsicherheiten über das Bestehen
des Anspruchs beseitigen wollten. S. dazu auch
BGH v. 3.6.2008 - XI ZR 239/07.
©sl 2006
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und eine Entscheidung des
Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr.
2 ZPO).
1. ... (wird ausgeführt)
Überdies ist die Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis nicht zu
beanstanden. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 14. April 2004 den Rücktritt
vom Vertrag mit der Klägerin erklärt. Die hieraus möglicherweise folgende
Einwendung gegenüber der Vergütungsforderung der Klägerin, dass sich die
etwaigen Vertragsverhältnisse in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt
haben, ist durch das Anerkenntnis vom 19. März 2003 nicht ausgeschlossen.
Erklärt der Schuldner, die Forderung bestehe zu Recht oder er erkenne sie
an, so liegt darin regelmäßig ein bestätigendes Anerkenntnis, durch das nur
solche Einwendungen ausgeschlossen werden, die dem Schuldner bekannt sind
oder mit denen er rechnen muss (z.B.: BGH, Urteil vom 23. März 1983 VIII
ZR 335/81 - NJW 1983, 1903, 1904 m.w.N.). Da die Interessen des
Gläubigers und des Schuldners typischerweise gegensätzlich sind, kann
hingegen ein Verzicht auf erst künftig erkennbare Einwendungen nur
angenommen werden, wenn dies, wie es hier nicht der Fall ist, in der
Erklärung des Schuldners auch für diesen unmissverständlich - klar und
eindeutig zum Ausdruck kommt (BGH aaO m.w.N.).
Ein etwaiger wirksamer Rücktritt kann sich sowohl auf den "anerkannten" Teil
der Klageforderung als auch auf den Rest auswirken. Ob der Rücktritt wirksam
war und welche Auswirkungen er gegebenenfalls hat, ist deshalb eine Frage,
die sich für die durch das Teilurteil entschiedenen Ansprüche ebenso stellen
kann wie für die übrigen Forderungen, so dass die erstinstanzliche
Entscheidung bereits aus diesem Grunde unzulässig war.
2. Weiterhin führt die Rüge der Beschwerde, das Berufungsgericht habe sich
mit seinen Erwägungen zur Wirkung der Saldenbestätigung vom 19. März 2003
unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG über Vortrag der Klägerin hinweg
gesetzt, nicht zur Revisionszulassung. Zwar trifft es zu, dass die Klägerin
behauptet hat, der Vorstand der Beklagten habe den einschränkenden Zusatz
auf der Bestätigung getilgt, nachdem sie, die Klägerin, erklärt habe, die
Forderungen müssten und würden mit Nachdruck verfolgt werden, wenn die
Schuld von der Beklagten nicht anerkannt werde. Weiter ist nicht erkennbar,
ob sich das Berufungsgericht mit diesem für die Richtigkeit des Standpunkts
der Klägerin sprechenden Vorbringen auseinander gesetzt hat.
Die gerügte Verletzung des Grundrechts auf Gewährung des rechtlichen Gehörs
ist aber jedenfalls nicht entscheidungserheblich, da sie sich auf die
Entscheidung nicht tragende Teile des Berufungsurteils bezieht, die an der
Bindungswirkung nicht teilnehmen. Die beanstandeten Ausführungen sind, wie
auch das Berufungsgericht durch die Einleitung von Nummer 2 der
Urteilsgründe zu B klargestellt hat, lediglich Hinweise für das weitere
Verfahren, an die das Gericht der ersten Instanz nicht gebunden ist (vgl.
Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., § 538 Rn. 60).
3. Gleiches gilt für die Beanstandung der Beschwerde, das Berufungsgericht
sei mit seiner Annahme, die am 19. März 2003 abgegebene Erklärung der
Beklagten sei nicht als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu verstehen,
von dem fehlerhaften Rechtssatz ausgegangen, die Vermutung der Richtigkeit
und Vollständigkeit einer über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunde
gelte nicht für solche Urkunden, die zunächst eine Einschränkung des
rechtlichen Bindungswillens einer Partei ausgewiesen hätten und danach auf
Wunsch der anderen Partei ohne diese Beschränkung erneut aufgenommen worden
seien. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass das Berufungsgericht den von
der Nichtzulassungsbeschwerde unterstellten allgemeinen Rechtssatz nicht
aufgestellt hat. Vielmehr beruhen die Ausführungen der Vorinstanz auf einer
wenngleich bedenklichen - Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2,
2. Halbsatz ZPO ab. |