IPR/Gesellschaftsrecht: Substitution: Einreichung einer Gesellschafterliste durch ausländischen Notar


BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - II ZB 6/13 - OLG München


Fundstelle:

NJW 2014, 2026
BGHZ 199, 270


Amtl. Leitsatz:

a) Das Registergericht darf eine zum Handelsregister eingereichte Gesellschafterliste nicht schon deshalb zurückweisen, weil sie von einem Notar mit Sitz in Basel/Schweiz eingereicht worden ist.
b) Eine nach dem GmbHG erforderliche Beurkundung kann auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) durch einen ausländischen Notar vorgenommen werden, sofern die ausländische Beurkundung der deutschen gleichwertig ist (Fortführung von BGH, Beschluss vom 16. Februar 1981 - II ZB 8/80, BGHZ 80, 76).


Zentrale Probleme:

Im Mittelpunkt der Entscheidung steht die Frage, ob die Beurkundung durch einen ausländischen Notar ausreichend ist, wenn eine Norm des auf den Fall anwendbaren Rechts (hier: § 40 II GmbHG) eine notarielle Beurkundung vorsieht. Das keine genuin kollisionsrechtliche Frage, sondern eine Frage der Auslegung und Anwendung der betr. Formvorschrift, die im IPR als "Substitution" bezeichnet wird. Mit diesem Begriff wird das Problem der Subsumierbarkeit von Auslandstatsachen unter den Tatbestand einer Sachnorm bezeichnet. Anders als bei der Vorfragenproblematik geht es hier ohne Einschaltung einer weiteren Anknüpfung darum, ob die fremde Rechtserscheinung den Anforderungen der (eigenen oder fremden) Sachnorm genügt. Substitution ist damit zunächst eine Frage der (teleologischen) Auslegung der anzuwendenden Sachnorm. Genau diese nimmt der BGH hier bei der in Frage stehenden Regelung des § 40 II GmbHG vor.
Bei der Substitution ist zunächst nach der Substituierbarkeit, dh. danach zu fragen, ob die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals durch eine Auslandstatsache überhaupt in Betracht kommt (verneint etwa bei § 925 BGB durch BGH v. 13.2.2020 - V ZB 3/16). Ist dies zu bejahen, kommt es auf die Gleichwertigkeit der Auslandstatsache mit den von der Sachnorm vorgesehenen Tatsachen an.
So wird etwa § 925 BGB nach hM im Wege der Auslegung entnommen, dass die dort vorgesehene notarielle Beurkundung der Auflassung nur durch einen inländischen Notar erfolgen kann, vgl. KG DNotZ 1987, 44 ff. = NJW-RR 1986, 1462 ff. Verlangt etwa § 311b I BGB die notarielle Beurkundung eines (schuldrechtlichen) Grundstücksgeschäfts, stellt sich die Frage, ob eine solche Beurkundung auch im Ausland vor einem ausländischen Notar erfolgen kann.
Vgl. dazu auch vgl. etwa BGHZ 80, 76 ff. (Beurkundung der Satzungsänderung einer GmbH durch schweizerischen Notar), OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 1627 (Erbrecht des Adoptivkindes), LG München I IPRax 1998, 117 (Errichtung eines notariellen Testaments) sowie BGH FamRZ 2003, 221.
 

©sl 2014


Gründe:

I.

1 Die Beschwerdeführerin zu 1 ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts München eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Das Registergericht hat mit Beschluss vom 6. November 2012 die Aufnahme einer von einem in Basel/Schweiz ansässigen Notar am 5. November 2012 erstellten und eingereichten Gesellschafterliste, in der die Beschwerdeführerin zu 2 als neue Inhaberin des (einzigen) Geschäftsanteils Nummer 1 genannt wird, in den elektronischen Registerordner der Beschwerdeführerin zu 1 abgelehnt.

2 Die durch die Beschwerdeführerinnen eingelegten Beschwerden hat das Oberlandesgericht (OLG München, ZIP 2013, 458) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Registergericht habe zu prüfen, ob die eingereichte Liste den formalen Anforderungen entspreche. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da nach dem Sinn und Zweck der in § 40 GmbHG getroffenen Regelungen bei einer Auslandsbeurkundung ausschließlich der Geschäftsführer zur Erstellung und Unterzeichnung der Gesellschafterliste, nicht aber der ausländische Notar befugt sei. Für die Einreichung der Gesellschafterliste sei gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG in der Fassung nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG; im Folgenden nur MoMiG) grundsätzlich der Geschäftsführer zuständig. Die Verpflichtung gehe zwar gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG auf den Notar über, wenn dieser an der in die Liste aufzunehmenden Veränderung mitgewirkt habe. Ein ausländischer Notar könne durch ein deutsches Gesetz aber nicht zur Einreichung verpflichtet werden, so dass es bei der Zuständigkeit des Geschäftsführers bleibe. Eine Berechtigung des ausländischen Notars ohne korrespondierende Verpflichtung sei nicht denkbar, weil § 40 GmbHG die Zuständigkeit von Geschäftsführer und Notar alternativ regele.

3 Hiergegen richten sich die vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerden der Beschwerdeführerinnen, mit denen sie weiterhin die Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner begehren.

II.

4 Die Rechtsbeschwerden haben Erfolg. Sie führen unter Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen zur Weisung an das Registergericht, die von dem Notar mit Sitz in Basel/Schweiz eingereichte Gesellschafterliste der Beschwerdeführerin zu 1 in den Registerordner aufzunehmen.

5 1. Die Rechtsbeschwerden sind nach ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

6 2. Die Rechtsbeschwerden sind auch begründet. Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht angenommen, dass das Registergericht die Entgegennahme der Gesellschafterliste mit der Begründung ablehnen durfte, sie sei nicht von den Geschäftsführern unterzeichnet und die Unterzeichnung eines in Basel/Schweiz ansässigen Notars sei unzureichend.

7 a) Das Registergericht nimmt die Gesellschafterliste lediglich entgegen und verwahrt sie, ohne eine inhaltliche Prüfpflicht zu haben. Dies ergibt sich schon aus der Begründung des Regierungsentwurfs zum MoMiG, in dem ausgeführt ist, dass die Gesellschafterliste privat geführt wird und das Handelsregister eine die Liste inhaltlich nicht prüfende, sondern lediglich entgegennehmende, verwahrende und die allgemeine Kenntnisnahme ermöglichende Stelle ist (BT-Drucksache 16/6140 S. 38, 44). Die Annahme einer inhaltlichen Prüfpflicht wäre auch mit den durch das MoMiG eingeführten Publizitätswirkungen der Gesellschafterliste nicht zu vereinbaren. Nur derjenige, der in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste als Inhaber des Geschäftsanteils eingetragen ist, gilt gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG im Verhältnis zur Gesellschaft als solcher. Die Eintragung und die Aufnahme der Liste in das Handelsregister sind zwar keine Wirksamkeitsvoraussetzungen für den Erwerb eines Geschäftsanteils. Ohne die Eintragung und Aufnahme der Liste in das Handelsregister bleibt dem Neugesellschafter jedoch die Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG verwehrt (BT-Drucksache 16/6140, S. 37). Nach § 16 Abs. 3 GmbHG kann ferner ein Geschäftsanteil oder ein Recht daran unter bestimmten Voraussetzungen durch Rechtsgeschäft wirksam von einem Nichtberechtigten erworben werden, wenn der Veräußerer als Inhaber des Geschäftsanteils in der beim Handelsregister verwahrten Gesellschafterliste eingetragen ist. Wegen dieser nachteiligen Wirkungen für den wahren Rechtsinhaber ist die nach Eintritt einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung den wahren Rechtszustand wiedergebende Gesellschafterliste nach ihrer Einreichung auch zügig in das Handelsregister aufzunehmen. Eine inhaltliche Prüfpflicht des Registergerichts würde dagegen unweigerlich in einer Vielzahl von Fällen zu nicht unerheblichen Verzögerungen führen.

8 b) Das Beschwerdegericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass das Registergericht gleichwohl prüfen darf, ob die Gesellschafterliste den formalen Anforderungen des § 40 GmbHG entspricht, und dass es bei Beanstandungen die Entgegennahme verweigern darf (BGH, Beschluss vom 20. September 2011 - II ZB 17/10, BGHZ 191, 84 Rn. 10 mwN). Mit der von ihm vorgenommenen Prüfung, ob ein im Ausland ansässiger Notar oder jedenfalls ein Notar mit Sitz in Basel/Schweiz eine Gesellschafterliste einreichen darf, hat das Registergericht jedoch die Grenzen seines auf die formalen Anforderungen des § 40 GmbHG beschränkten Prüfungsrechts überschritten.

9 aa) Zu den Voraussetzungen, unter denen eine gem. § 40 GmbHG eingereichte Gesellschafterliste in das Handelsregister aufzunehmen ist, gehört nicht nur, dass Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung bereits eingetreten sind (BGH, Beschluss vom 20. September 2011 - II ZB 17/10, BGHZ 191, 84 Rn. 10), sondern auch, dass die geänderten Eintragungen in der eingereichten Gesellschafterliste von dem Geschäftsführer (§ 40 Abs. 1 Satz 2 GmbHG) oder dem Notar stammen, der an den Veränderungen mitgewirkt hat (§ 40 Abs. 2 Satz 1 und 2 GmbHG). Das formale Prüfungsrecht des Registergerichts ist insoweit aber auf die Prüfung beschränkt, ob es sich bei der Person, die eine geänderte Gesellschafterliste zur Aufnahme in das Handelsregister einreicht, um eine der in § 40 Abs. 1 und 2 GmbHG genannten Personen, d.h. um einen Geschäftsführer der Gesellschaft oder einen Notar handelt, der an den Veränderungen mitgewirkt hat, denen die geänderten Eintragungen entsprechen. Ist dies offensichtlich nicht der Fall, weil die Liste von einem Dritten eingereicht wurde, kann das Registergericht die Liste zurückweisen. Die Frage der formalen Einreichungszuständigkeit lässt sich durch das Registergericht in kurzer Zeit zweifelsfrei klären und durch die Prüfung des Registergerichts kann verhindert werden, dass in das Handelsregister Listen aufgenommen werden, die von offensichtlich Unbefugten eingereicht wurden und bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie die wahre Rechtslage nicht wiedergeben und deshalb zu berichtigen sind.

10 Etwaige Zweifel, ob der Geschäftsführer oder Notar zur Einreichung der von ihm unterzeichneten Liste im konkreten Fall befugt ist, können dagegen im Registerverfahren nicht ohne Weiteres geklärt werden. In der Regel wird die Prüfung, ob über die formalen Anforderungen hinaus die weitergehenden (materiellen) Voraussetzungen von § 40 Abs. 1 oder 2 GmbHG gegeben sind, nur anhand einer eingehenden Beurteilung des der neuen Gesellschafterliste zugrundeliegenden Übertragungsaktes oder sonstigen Veränderungsvorgangs möglich sein (vgl. OLG Frankfurt, GmbHR 2011, 198, 200; GmbHR 2011, 823, 825 f.; MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 238; Koppensteiner/Gruber in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 40 Rn. 7; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 40 Rn. 75; Hasselmann, NZG 2013,
325, 326; Herrler, GmbHR 2013, 617, 629 f.; Süß, DNotZ 2011, 414, 415; Wachter, GmbHR 2010, 206; vgl. ferner Wicke, DB 2013, 1099; Gerber, EWiR 2013, 549, 550; Mayer, ZIP 2009, 1037, 1039).

11 bb) Von dem formellen Prüfungsrecht des Registergerichts wäre die Beanstandung der durch den ausländischen Notar eingereichten Liste daher nur umfasst, wenn ein Notar mit Sitz im Ausland oder jedenfalls ein Notar mit Sitz in Basel/Schweiz unter keinen Umständen zur Einreichung einer Gesellschafterliste berechtigt wäre und er deshalb einem Dritten gleichstünde, dessen fehlende Berechtigung vom Registergericht ohne weiteres festgestellt werden könnte. Dies ist nicht der Fall.

12 (1) Dabei kommt es nicht darauf an, ob der ausländische Notar, der eine Anteilsübertragung beurkundet hat, zur Einreichung der Gesellschafterliste gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG verpflichtet ist oder diese Pflicht wegen des Territorialprinzips nur deutschen Notaren obliegt. Das Beschwerdegericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass zur Einreichung der Liste nur berechtigt sein kann, wer dazu auch verpflichtet ist. Diese Annahme beruht auf der rechtsirrigen Auffassung, dass sich die Zuständigkeiten des Geschäftsführers und des beteiligten Notars nach § 40 Abs. 1 und 2 GmbHG gegenseitig ausschließen. In § 40 GmbHG ist jedoch lediglich bezüglich der Verpflichtung zur Einreichung der Gesellschafterliste geregelt, dass diese alternativ den Geschäftsführer oder den beteiligten Notar trifft. Dagegen kann eine Berechtigung des Geschäftsführers, die Liste einzureichen, auch in den Fällen bestehen, in denen der Notar gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG zur Einreichung verpflichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - II ZR 21/12 Rn. 32 ff. zur Berechtigung des Geschäftsführers, eine von einem Notar eingereichte Gesellschafterliste zu berichtigen). Für den umgekehrten Fall, dass ein beteiligter Notar nicht zur Einreichung der Gesellschafterliste verpflichtet ist, gilt nichts anderes. Er kann gleichwohl dazu berechtigt sein.

13 (2) Ein im Ausland ansässiger Notar ist zur Einreichung der Gesellschafterliste über eine Veränderung, an der er mitgewirkt hat, jedenfalls dann berechtigt, wenn die von ihm im Ausland vorgenommene Beurkundung, wie hier einer Anteilsübertragung, einer Beurkundung durch einen deutschen Notar gleichwertig und deshalb im Inland wirksam ist (OLG Düsseldorf, ZIP 2011, 564, 567; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 15 Rn. 22a; Koppensteiner/Gruber in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 40 Rn. 9; Landbrecht/Becker, BB 2013, 1290, 1292; Mankowski, NZG 2010, 201, 203; Mayer, DNotZ 2008, 403, 411; Müller, RIW 2010, 591, 597 f.; Peters, DB 2010, 97, 99; U.H.Schneider, GmbHR 2009, 393, 396;Vossius, DB 2007, 2299, 2304; im Ergebnis ebenso, allerdings unter Zugrundelegung einer privatautonom zu begründenden Verpflichtung des Notars zur Listeneinreichung: Herrler, GmbHR 2013, 617, 629; Wicke, DB 2013, 1099, 1101; aA LG Frankfurt, ZIP 2010, 88; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 40 Rn. 18; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 40 Rn. 27; MünchKomm-GmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 225; Krafka/Kühn, Registerrecht, 9. Aufl., Rn. 1103; Seibt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 15 Rn. 87c; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 40 Rn. 69; Bauer/Anders, BB 2012, 593, 595; Hasselmann, ZIP 2010, 2486, 2490; derselbe, NZG 2013, 325, 327; Hermanns, RNotZ, 2011, 224, 228; Mayer, ZIP 2009, 1037, 1046; Olk, NZG 2011, 381, 383). Die Einreichungskompetenz ergibt sich als Annex aus seiner Beurkundungskompetenz. Alles andere wäre ein unnötiger Umweg, der zudem dem Ziel des MoMiG, eine zügige Aufnahme der Gesellschafterliste im Handelsregister zu erreichen, zuwiderlaufen würde. Die Gefahr, dass Geschäftsführer und ausländischer Notar divergierende Gesellschafterlisten einreichen könnten, steht dem nicht entgegen. Vielmehr geben solche sich widersprechenden Listen den Gesellschaftern und dem Geschäftsführer Anlass, die Richtigkeit der Gesellschafterliste zu prüfen und gegebenenfalls eine Korrektur zu veranlassen.

14 (3) Vor Inkrafttreten des MoMiG war anerkannt, dass eine nach dem GmbHG erforderliche Beurkundung durch einen ausländischen Notar vorgenommen werden kann, sofern die ausländische Beurkundung der deutschen gleichwertig ist. Gleichwertigkeit ist gegeben, wenn die ausländische Urkundsperson nach Vorbildung und Stellung im Rechtsleben eine der Tätigkeit des deutschen Notars entsprechende Funktion ausübt und für die Errichtung der Urkunde ein Verfahrensrecht zu beachten hat, das den tragenden Grundsätzen des deutschen Beurkundungsrechts entspricht. Dann schadet es auch nicht, wenn der ausländische Notar keine genaue Kenntnis des deutschen Gesellschaftsrechts besitzt. Zwar wird die Auslandsbeurkundung der in § 17 Abs. 1 BeurkG vorgesehenen Prüfungs- und Belehrungsfunktion unter Umständen nicht gerecht. Diese ist jedoch nicht Wirksamkeitsvoraussetzung der Beurkundung, sondern verzichtbar. Ein solcher Verzicht ist anzunehmen, wenn die Beteiligten einen ausländischen Notar aufsuchen, von dem sie regelmäßig eine genaue Kenntnis des deutschen Gesellschaftsrechts und deshalb eine umfassende Belehrung von vornherein nicht erwarten können (BGH, Beschluss vom 16. Februar 1981 - II ZB 8/80, BGHZ 80, 76, 78 f.; Urteil vom 22. Mai 1989 - II ZR 211/88, ZIP 1989, 1052, 1054 f.).

15 (4) Dies hat sich durch das Inkrafttreten des MoMiG nicht geändert (OLG Düsseldorf, ZIP 2011, 564, 565 f.; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 40 Rn. 91; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 15 Rn. 27a; § 15 Rn. 90 f.; MünchKommGmbHG/Reichert/Weller, § 15 Rn. 144; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 15 Rn. 22a; Seibt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 15 Rn. 87a ff.; Albers, GmbHR 2011, 1078, 1083; Götze/ Mörtel, NZG 2011, 727, 729; Hasselmann, ZIP 2010, 2486; 2490; Landbrecht/ Becker, BB 2013, 1290, 1291; Mankowski, NZG 2010, 201, 204 f.; Müller, RIW 2010, 591, 598; Olk, NZG 2011, 381, 382; Peters, DB 2010, 97, 100; mit Einschränkungen hinsichtlich der Anforderungen an die Gleichwertigkeit: Bayer, GmbHR 2013, 897, 911 f.; aA Süß, DNotZ 2011, 414, 424; zweifelnd: Görner in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 15 Rn. 58; Wicke, DB 2011, 1037, 1041; derselbe, DB 2013, 1099, 1101).

16 Die Regelung des § 15 Abs. 3 GmbHG über das Erfordernis eines in notarieller Form geschlossenen Anteilsübertragungsgeschäfts, deren Wortlaut durch das MoMiG nicht verändert wurde, enthält keinen Hinweis darauf, dass die notarielle Beurkundung nur im Inland vorgenommen werden dürfte.

17 In systematischer Hinsicht wird gegen die Möglichkeit der Auslandsbeurkundung vorgebracht, durch das MoMiG sei § 8 Abs. 3 GmbHG dahingehend geändert worden, dass die Belehrung der Geschäftsführer über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht nach § 53 Abs. 2 BZRG durch einen Notar oder einen im Ausland bestellten Notar, durch einen Vertreter eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufs oder einen Konsularbeamten erfolgen kann. Der ausdrücklichen Nennung des ausländischen Notars wird im Umkehrschluss entnommen, dass dort, wo im Gesetz nur vom „Notar" die Rede ist, allein der deutsche Notar gemeint sei (vgl. MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 225; Ulmer/Paefgen, GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 40 Rn. 56; Wachter in Bork/Schäfer, GmbHG, 2. Aufl., § 40 Rn. 33; Mayer, ZIP 2009, 1037, 1046).

18 Dagegen spricht jedoch, dass der Gesetzgeber mit der Aufnahme der ausländischen Notare Klarheit lediglich hinsichtlich einer in der Praxis zu der bis dahin geltenden Fassung des § 8 Abs. 3 GmbHG aufgetretenen Frage schaffen und die in Literatur und Rechtsprechung vertretene Ansicht kodifizieren wollte, nach der eine schriftliche Belehrung eines sich im Ausland aufhaltenden Geschäftsführers durch einen ausländischen Notar oder einen deutschen Konsularbeamten ausreichend sei (BT-Drucksache 16/6140 S. 35; vgl. zum Streitstand nach altem Recht: Winter in Scholz, GmbHG, 9. Aufl., § 8 Rn. 26 Fn. 71; Schmidt-Leithoff in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl., § 8 Rn. 25). Eine über die Belehrung nach § 8 Abs. 3 GmbHG i.V.m. § 53 Abs. 2 BZRG hinausgehende Bedeutung dahingehend, dass die Tätigkeit eines ausländischen Notars im Bereich des GmbH-Rechts auf besagte Belehrung beschränkt werden sollte, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Hinzu kommt, dass die Belehrung gem. § 8 Abs. 3 GmbHG durch jeden im Ausland bestellten Notar erfolgen kann und nicht etwa nur durch den einem deutschen Notar gleichwertigen, und dass zudem die Belehrung auch durch Rechtsanwälte als Vertreter eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufs vorgenommen werden kann, die ebenfalls nicht einem deutschen Notar gleichwertig im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Auslandsbeurkundung sein müssen. Aus § 8 Abs. 3 GmbHG kann deshalb nicht der Schluss gezogen werden, dass unter den Begriff des Notars an anderen Stellen des Gesetzes nicht zumindest auch der gleichwertige ausländische Notar zu fassen ist.

19 Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Meinung (vgl. Bauer/Anders, BB 2012, 593, 595; Süß, DNotZ 2011, 414, 422 f.) kann aus der Begründung des Regierungsentwurfs zur Neufassung von § 16 Abs. 1 GmbHG, wonach „die Bestimmungen zur Gesellschafterliste bereits durch das Handelsrechtsreformgesetz vom 22. Juni 1998 nachgebessert und verschärft worden" seien, jedoch weiterhin „Lücken" bestünden, „z.B. bei der Auslandsbeurkundung, die nunmehr geschlossen" würden (BT-Drucksache 16/6140 S. 37), nicht hergeleitet werden, dass eine Beurkundung durch einen im Ausland ansässigen Notar im Bereich des GmbHG gänzlich ausgeschlossen werden sollte. In der Praxis traten bei Auslandsbeurkundungen Probleme hinsichtlich der Aktualität der Gesellschafterliste im Handelsregister auf, weil bei diesen oftmals keine Mitteilung der Veränderung im Gesellschafterbestand an das Registergericht erfolgte. Die Begründung des Regierungsentwurfs des Handelsrechtsreformgesetzes von 1997 hatte diesen aufgrund fehlender Mitteilungspflicht des ausländischen Notars bestehenden Missstand bereits vorausgesehen, aber hingenommen und war damit explizit von der Wirksamkeit der Auslandsbeurkundung ausgegangen (vgl. BR-Drucksache 340/97 S. 80). Es liegt nahe, dass eine etwaige Abkehr hiervon in der Gesetzesbegründung zum MoMiG eindeutig erläutert worden wäre. In den Gesetzesmaterialien zu § 16 GmbHG wird in diesem Zusammenhang aber lediglich ausgeführt, die Aufwertung der Gesellschafterliste werde dazu führen, dass auch im Falle der Auslandsbeurkundung von Seiten der Gesellschafter aus Eigeninteresse ein stärkeres Augenmerk darauf gerichtet werde, Veränderungen jeweils durch Einreichung einer aktuellen Gesellschafterliste publik zu machen, und bis dahin in der Praxis häufig anzutreffende Nachlässigkeiten für die Zukunft nicht mehr zu erwarten seien, womit das Ziel der Neuregelung, den Gesellschafterbestand stets aktuell, lückenlos und unproblematisch im Handelsregister nachvollziehbar zu machen, erreicht werde (BT-Drucksache 16/6140 S. 38). Es erschien dem Gesetzgeber demnach nicht erforderlich, die Auslandsbeurkundungen generell auszuschließen.

20 Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich außerdem, dass im Gesetzgebungsverfahren sogar über die vollständige Aufgabe oder zumindest Erleichterungen des Beurkundungserfordernisses bei der Abtretung von Geschäftsanteilen diskutiert, eine Entscheidung hierüber jedoch einer späteren Gesetzesnovelle vorbehalten wurde (BT-Drucksache 16/6140 S. 25 f.). Dies lässt den Schluss zu, dass jedenfalls eine Verschärfung der Anforderungen an die Form der Anteilsübertragung nicht beabsichtigt war.

21 Sinn und Zweck des § 15 Abs. 3 GmbHG stehen der Zulassung von Auslandsbeurkundungen, soweit die Beurkundung durch den im Ausland ansässigen Notar im Sinne der Rechtsprechung des Senats als gleichwertig anzusehen ist, ebenso wenig entgegen wie die mit den Änderungen durch das MoMiG im Übrigen angestrebten Ziele. Vielmehr verfolgte der Gesetzgeber mit der Reform des GmbH-Rechts durch das MoMiG ausdrücklich den Zweck, die GmbH zu deregulieren und zu modernisieren und dadurch ihre Attraktivität gegenüber konkurrierenden ausländischen Rechtsformen zu steigern (BT-Drucksache 16/6140 S. 25). Deshalb wurde unter anderem durch Streichung von § 4a Abs. 2 GmbHG aF die Möglichkeit geschaffen, dass sich deutsche Gesellschaften mit ihrer Hauptverwaltung im Ausland niederlassen und nicht wie bisher ihren Verwaltungssitz auch dann am Satzungssitz im Inland wählen müssen, wenn ihre Geschäftstätigkeit ganz oder überwiegend im Ausland erfolgt (BT-Drucksache 16/6140 S. 29).

22 (5) Die gesteigerte Bedeutung der Gesellschafterliste und das damit einhergehende gewachsene Interesse an der materiellen Richtigkeit der Gesellschafterliste rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die verstärkte Einbeziehung des Notars in die Aktualisierung der Gesellschafterliste wird in den Gesetzesmaterialien nicht mit einer höheren Richtigkeitsgewähr bei Beteiligung eines (deutschen) Notars, sondern mit verfahrensökonomischen Erwägungen begründet. Es sei sinnvoll und dränge sich zur Vereinfachung der Verfahrensabläufe im Interesse aller Beteiligten geradezu auf, mit der Abtretung zugleich auch die Folgeformalien mit zu erledigen, da die Berichtigung der Liste - wegen § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG - ohnehin in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Wirksamwerden der Abtretung erledigt werden müsse (BT-Drucksache 16/6140 S. 44). Die Publizitätswirkungen des § 16 GmbHG treten außerdem in allen Fällen einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung ein und nicht nur dann, wenn die mit der Gesellschafterliste dem Registergericht bekanntzugebende Veränderung durch einen Notar beurkundet werden muss, also auch, wenn der Geschäftsführer, der oftmals juristischer Laie ist, die Gesellschafterliste erstellt. Eine Beschränkung auf inländische Notare kann deshalb - unabhängig von der Frage, welche Prüfungspflicht den Notar hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit der Gesellschafterliste trifft - nicht damit begründet werden, dass deutsche Notare zur Prüfung besser geeignet seien als ausländische und deshalb die gewünschte materielle Richtigkeit der Gesellschafterliste eher gewährleisten könnten.

23 (6) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich auch nicht deshalb als richtig dar, weil das Registergericht jedenfalls die von dem Schweizer Notar mit Sitz in Basel eingereichte Gesellschafterliste zurückweisen durfte. Zwar wird teilweise vertreten, dass dem Registergericht neben dem Recht, die formalen Voraussetzungen des § 40 GmbHG zu prüfen, ein begrenztes inhaltliches Prüfungsrecht dahingehend zustehen soll, dass es die Aufnahme der Gesellschafterliste verweigern darf, wenn es sichere Kenntnis von ihrer inhaltlichen Unrichtigkeit hat (OLG München, ZIP 2009, 1421; OLG Frankfurt, GmbHR 2011, 198, 201; GmbHR 2011, 823, 826; OLG Jena, GmbHR 2010, 598, 599 jeweils mwN). Ob dem Registergericht ein so weitgehendes Prüfungsrecht eingeräumt ist, braucht aber vorliegend nicht entschieden zu werden. Da eine Auslandsbeurkundung im Inland als wirksam anzusehen ist, wenn sie der Beurkundung eines deutschen Notars gleichwertig ist, kann der Umstand, dass die in der Gesellschafterliste aufgenommene Veränderung im Ausland beurkundet wurde, allenfalls dann die offensichtliche Unrichtigkeit der Gesellschafterliste begründen, wenn für das Registergericht ohne Weiteres feststeht, dass der beurkundende ausländische Notar nicht gleichwertig ist. Dies ist bei einem Notar mit Sitz in Basel/Schweiz nicht der Fall, dessen Gleichwertigkeit jedenfalls bis zum Inkrafttreten des MoMiG und der Reform des Schweizer Obligationenrechts von 2008 anerkannt war (BGH, Urteil vom 22. Mai 1989 - II ZR 211/88, ZIP 1989, 1052, 1054 f. für alle Schweizer Notare ohne Differenzierung nach Kantonen; OLG München, DB 1998, 125, 126; OLG Frankfurt, GmbHR 2005,
764, 766 f., OLG Düsseldorf, ZIP 2011, 564, 565).

24 3. Das Oberlandesgericht hätte daher der Beschwerde stattgeben und das Registergericht zur Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner anweisen müssen. Dies kann der Senat selbst nachholen, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG).