IPR/Gesellschaftsrecht: Substitution: Einreichung
einer Gesellschafterliste durch ausländischen Notar
BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2013
- II ZB 6/13 - OLG München
Fundstelle:
NJW 2014, 2026
BGHZ 199, 270
Amtl. Leitsatz:
a) Das Registergericht darf eine zum
Handelsregister eingereichte Gesellschafterliste nicht schon deshalb
zurückweisen, weil sie von einem Notar mit Sitz in Basel/Schweiz eingereicht
worden ist.
b) Eine nach dem GmbHG erforderliche Beurkundung kann auch nach dem
Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur
Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) durch einen ausländischen Notar
vorgenommen werden, sofern die ausländische Beurkundung der deutschen
gleichwertig ist (Fortführung von BGH, Beschluss vom
16. Februar 1981 - II ZB 8/80, BGHZ 80, 76).
Zentrale Probleme:
Im Mittelpunkt der Entscheidung steht die
Frage, ob die Beurkundung durch einen ausländischen Notar ausreichend ist,
wenn eine Norm des auf den Fall anwendbaren Rechts (hier:
§ 40 II
GmbHG) eine notarielle Beurkundung vorsieht. Das keine genuin kollisionsrechtliche Frage,
sondern eine Frage der Auslegung und Anwendung der betr. Formvorschrift, die
im IPR als "Substitution" bezeichnet wird. Mit diesem Begriff wird das Problem der Subsumierbarkeit von Auslandstatsachen
unter den Tatbestand einer Sachnorm bezeichnet. Anders als bei der
Vorfragenproblematik geht es hier ohne Einschaltung einer weiteren
Anknüpfung darum, ob die fremde Rechtserscheinung den Anforderungen der
(eigenen oder fremden) Sachnorm genügt. Substitution ist damit zunächst eine Frage
der (teleologischen) Auslegung der anzuwendenden Sachnorm. Genau diese nimmt
der BGH hier bei der in Frage stehenden Regelung des § 40 II GmbHG vor.
Bei der Substitution
ist zunächst nach der Substituierbarkeit, dh. danach zu fragen, ob die
Erfüllung des Tatbestandsmerkmals durch eine Auslandstatsache überhaupt in
Betracht kommt (verneint etwa bei § 925 BGB durch
BGH v. 13.2.2020 - V ZB 3/16). Ist dies zu bejahen, kommt es auf die Gleichwertigkeit der
Auslandstatsache mit den von der Sachnorm vorgesehenen Tatsachen an.
So wird etwa § 925 BGB nach hM im
Wege der Auslegung entnommen, dass die dort vorgesehene notarielle
Beurkundung der Auflassung nur durch einen inländischen Notar erfolgen kann,
vgl. KG DNotZ 1987, 44 ff. = NJW-RR 1986, 1462 ff. Verlangt etwa § 311b I
BGB die notarielle Beurkundung eines (schuldrechtlichen)
Grundstücksgeschäfts, stellt sich die Frage, ob eine solche Beurkundung auch
im Ausland vor einem ausländischen Notar erfolgen kann.
Vgl. dazu auch vgl. etwa BGHZ 80, 76 ff.
(Beurkundung der Satzungsänderung einer GmbH durch schweizerischen Notar),
OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 1627 (Erbrecht des
Adoptivkindes), LG München I IPRax 1998, 117
(Errichtung eines notariellen Testaments) sowie
BGH FamRZ 2003, 221.
©sl 2014
Gründe:
I.
1 Die Beschwerdeführerin zu 1 ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts
München eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Das
Registergericht hat mit Beschluss vom 6. November 2012 die Aufnahme einer
von einem in Basel/Schweiz ansässigen Notar am 5. November 2012 erstellten
und eingereichten Gesellschafterliste, in der die Beschwerdeführerin zu 2
als neue Inhaberin des (einzigen) Geschäftsanteils Nummer 1 genannt wird, in
den elektronischen Registerordner der Beschwerdeführerin zu 1 abgelehnt.
2 Die durch die Beschwerdeführerinnen eingelegten Beschwerden hat das
Oberlandesgericht (OLG München, ZIP 2013, 458) zurückgewiesen. Zur
Begründung hat es ausgeführt: Das Registergericht habe zu prüfen, ob die
eingereichte Liste den formalen Anforderungen entspreche. Dies sei
vorliegend nicht der Fall, da nach dem Sinn und Zweck der in § 40 GmbHG
getroffenen Regelungen bei einer Auslandsbeurkundung ausschließlich der
Geschäftsführer zur Erstellung und Unterzeichnung der Gesellschafterliste,
nicht aber der ausländische Notar befugt sei. Für die Einreichung der
Gesellschafterliste sei gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG in der Fassung nach
Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur
Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG; im Folgenden nur MoMiG) grundsätzlich
der Geschäftsführer zuständig. Die Verpflichtung gehe zwar gemäß § 40 Abs. 2
Satz 1 GmbHG auf den Notar über, wenn dieser an der in die Liste
aufzunehmenden Veränderung mitgewirkt habe. Ein ausländischer Notar könne
durch ein deutsches Gesetz aber nicht zur Einreichung verpflichtet werden,
so dass es bei der Zuständigkeit des Geschäftsführers bleibe. Eine
Berechtigung des ausländischen Notars ohne korrespondierende Verpflichtung
sei nicht denkbar, weil § 40 GmbHG die Zuständigkeit von Geschäftsführer und
Notar alternativ regele.
3 Hiergegen richten sich die vom Oberlandesgericht zugelassenen
Rechtsbeschwerden der Beschwerdeführerinnen, mit denen sie weiterhin die
Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner begehren.
II.
4 Die Rechtsbeschwerden haben Erfolg. Sie führen unter Aufhebung der
Entscheidungen der Vorinstanzen zur Weisung an das Registergericht, die von
dem Notar mit Sitz in Basel/Schweiz eingereichte Gesellschafterliste der
Beschwerdeführerin zu 1 in den Registerordner aufzunehmen.
5 1. Die Rechtsbeschwerden sind nach ihrer Zulassung durch das
Beschwerdegericht gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen
zulässig.
6 2. Die Rechtsbeschwerden sind auch begründet. Das Beschwerdegericht hat zu
Unrecht angenommen, dass das Registergericht die Entgegennahme der
Gesellschafterliste mit der Begründung ablehnen durfte, sie sei nicht von
den Geschäftsführern unterzeichnet und die Unterzeichnung eines in
Basel/Schweiz ansässigen Notars sei unzureichend.
7 a) Das Registergericht nimmt die Gesellschafterliste lediglich entgegen
und verwahrt sie, ohne eine inhaltliche Prüfpflicht zu haben. Dies ergibt
sich schon aus der Begründung des Regierungsentwurfs zum MoMiG, in dem
ausgeführt ist, dass die Gesellschafterliste privat geführt wird und das
Handelsregister eine die Liste inhaltlich nicht prüfende, sondern lediglich
entgegennehmende, verwahrende und die allgemeine Kenntnisnahme ermöglichende
Stelle ist (BT-Drucksache 16/6140 S. 38, 44). Die Annahme einer inhaltlichen
Prüfpflicht wäre auch mit den durch das MoMiG eingeführten
Publizitätswirkungen der Gesellschafterliste nicht zu vereinbaren. Nur
derjenige, der in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste
als Inhaber des Geschäftsanteils eingetragen ist, gilt gemäß § 16 Abs. 1
Satz 1 GmbHG im Verhältnis zur Gesellschaft als solcher. Die Eintragung und
die Aufnahme der Liste in das Handelsregister sind zwar keine
Wirksamkeitsvoraussetzungen für den Erwerb eines Geschäftsanteils. Ohne die
Eintragung und Aufnahme der Liste in das Handelsregister bleibt dem
Neugesellschafter jedoch die Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte gem. § 16
Abs. 1 Satz 1 GmbHG verwehrt (BT-Drucksache 16/6140, S. 37). Nach § 16 Abs.
3 GmbHG kann ferner ein Geschäftsanteil oder ein Recht daran unter
bestimmten Voraussetzungen durch Rechtsgeschäft wirksam von einem
Nichtberechtigten erworben werden, wenn der Veräußerer als Inhaber des
Geschäftsanteils in der beim Handelsregister verwahrten Gesellschafterliste
eingetragen ist. Wegen dieser nachteiligen Wirkungen für den wahren
Rechtsinhaber ist die nach Eintritt einer Veränderung in den Personen der
Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung den wahren Rechtszustand
wiedergebende Gesellschafterliste nach ihrer Einreichung auch zügig in das
Handelsregister aufzunehmen. Eine inhaltliche Prüfpflicht des
Registergerichts würde dagegen unweigerlich in einer Vielzahl von Fällen zu
nicht unerheblichen Verzögerungen führen.
8 b) Das Beschwerdegericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass
das Registergericht gleichwohl prüfen darf, ob die Gesellschafterliste den
formalen Anforderungen des § 40 GmbHG entspricht, und dass es bei
Beanstandungen die Entgegennahme verweigern darf (BGH, Beschluss vom 20.
September 2011 - II ZB 17/10, BGHZ 191, 84 Rn. 10 mwN). Mit der von ihm
vorgenommenen Prüfung, ob ein im Ausland ansässiger Notar oder jedenfalls
ein Notar mit Sitz in Basel/Schweiz eine Gesellschafterliste einreichen
darf, hat das Registergericht jedoch die Grenzen seines auf die formalen
Anforderungen des § 40 GmbHG beschränkten Prüfungsrechts überschritten.
9 aa) Zu den Voraussetzungen, unter denen eine gem. § 40 GmbHG eingereichte
Gesellschafterliste in das Handelsregister aufzunehmen ist, gehört nicht
nur, dass Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs
ihrer Beteiligung bereits eingetreten sind (BGH, Beschluss vom 20. September
2011 - II ZB 17/10, BGHZ 191, 84 Rn. 10), sondern auch, dass die geänderten
Eintragungen in der eingereichten Gesellschafterliste von dem
Geschäftsführer (§ 40 Abs. 1 Satz 2 GmbHG) oder dem Notar stammen, der an
den Veränderungen mitgewirkt hat (§ 40 Abs. 2 Satz 1 und 2 GmbHG). Das
formale Prüfungsrecht des Registergerichts ist insoweit aber auf die Prüfung
beschränkt, ob es sich bei der Person, die eine geänderte
Gesellschafterliste zur Aufnahme in das Handelsregister einreicht, um eine
der in § 40 Abs. 1 und 2 GmbHG genannten Personen, d.h. um einen
Geschäftsführer der Gesellschaft oder einen Notar handelt, der an den
Veränderungen mitgewirkt hat, denen die geänderten Eintragungen entsprechen.
Ist dies offensichtlich nicht der Fall, weil die Liste von einem Dritten
eingereicht wurde, kann das Registergericht die Liste zurückweisen. Die
Frage der formalen Einreichungszuständigkeit lässt sich durch das
Registergericht in kurzer Zeit zweifelsfrei klären und durch die Prüfung des
Registergerichts kann verhindert werden, dass in das Handelsregister Listen
aufgenommen werden, die von offensichtlich Unbefugten eingereicht wurden und
bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie die wahre
Rechtslage nicht wiedergeben und deshalb zu berichtigen sind.
10 Etwaige Zweifel, ob der Geschäftsführer oder Notar zur Einreichung der
von ihm unterzeichneten Liste im konkreten Fall befugt ist, können dagegen
im Registerverfahren nicht ohne Weiteres geklärt werden. In der Regel wird
die Prüfung, ob über die formalen Anforderungen hinaus die weitergehenden
(materiellen) Voraussetzungen von § 40 Abs. 1 oder 2 GmbHG gegeben sind, nur
anhand einer eingehenden Beurteilung des der neuen Gesellschafterliste
zugrundeliegenden Übertragungsaktes oder sonstigen Veränderungsvorgangs
möglich sein (vgl. OLG Frankfurt, GmbHR 2011, 198, 200; GmbHR 2011, 823, 825
f.; MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 238; Koppensteiner/Gruber in Rowedder/Schmidt-Leithoff,
GmbHG, 5. Aufl., § 40 Rn. 7; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20.
Aufl., § 40 Rn. 75; Hasselmann, NZG 2013,
325, 326; Herrler, GmbHR 2013, 617, 629 f.; Süß, DNotZ 2011, 414, 415;
Wachter, GmbHR 2010, 206; vgl. ferner Wicke, DB 2013, 1099; Gerber, EWiR
2013, 549, 550; Mayer, ZIP 2009, 1037, 1039).
11 bb) Von dem formellen Prüfungsrecht des Registergerichts wäre die
Beanstandung der durch den ausländischen Notar eingereichten Liste daher nur
umfasst, wenn ein Notar mit Sitz im Ausland oder jedenfalls ein Notar mit
Sitz in Basel/Schweiz unter keinen Umständen zur Einreichung einer
Gesellschafterliste berechtigt wäre und er deshalb einem Dritten
gleichstünde, dessen fehlende Berechtigung vom Registergericht ohne weiteres
festgestellt werden könnte. Dies ist nicht der Fall.
12 (1) Dabei kommt es nicht darauf an, ob der ausländische Notar,
der eine Anteilsübertragung beurkundet hat, zur Einreichung der
Gesellschafterliste gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG verpflichtet ist oder diese
Pflicht wegen des Territorialprinzips nur deutschen Notaren obliegt.
Das Beschwerdegericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass zur Einreichung
der Liste nur berechtigt sein kann, wer dazu auch verpflichtet ist. Diese
Annahme beruht auf der rechtsirrigen Auffassung, dass sich die
Zuständigkeiten des Geschäftsführers und des beteiligten Notars nach § 40
Abs. 1 und 2 GmbHG gegenseitig ausschließen. In § 40 GmbHG ist jedoch
lediglich bezüglich der Verpflichtung zur Einreichung der
Gesellschafterliste geregelt, dass diese alternativ den Geschäftsführer oder
den beteiligten Notar trifft. Dagegen kann eine Berechtigung des
Geschäftsführers, die Liste einzureichen, auch in den Fällen bestehen, in
denen der Notar gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG zur Einreichung verpflichtet ist
(vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - II ZR 21/12 Rn. 32 ff. zur
Berechtigung des Geschäftsführers, eine von einem Notar eingereichte
Gesellschafterliste zu berichtigen). Für den umgekehrten Fall, dass ein
beteiligter Notar nicht zur Einreichung der Gesellschafterliste verpflichtet
ist, gilt nichts anderes. Er kann gleichwohl dazu berechtigt sein.
13 (2) Ein im Ausland ansässiger Notar ist zur Einreichung der
Gesellschafterliste über eine Veränderung, an der er mitgewirkt hat,
jedenfalls dann berechtigt, wenn die von ihm im Ausland vorgenommene
Beurkundung, wie hier einer Anteilsübertragung, einer Beurkundung durch
einen deutschen Notar gleichwertig und deshalb im Inland wirksam ist (OLG
Düsseldorf, ZIP 2011, 564, 567; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20.
Aufl., § 15 Rn. 22a; Koppensteiner/Gruber in Rowedder/Schmidt-Leithoff,
GmbHG, 5. Aufl., § 40 Rn. 9; Landbrecht/Becker, BB 2013, 1290, 1292;
Mankowski, NZG 2010, 201, 203; Mayer, DNotZ 2008, 403, 411; Müller, RIW
2010, 591, 597 f.; Peters, DB 2010, 97, 99; U.H.Schneider, GmbHR 2009, 393,
396;Vossius, DB 2007, 2299, 2304; im Ergebnis ebenso, allerdings unter
Zugrundelegung einer privatautonom zu begründenden Verpflichtung des Notars
zur Listeneinreichung: Herrler, GmbHR 2013, 617, 629; Wicke, DB 2013, 1099,
1101; aA LG Frankfurt, ZIP 2010, 88; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7.
Aufl., § 40 Rn. 18; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 40 Rn.
27; MünchKomm-GmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 225; Krafka/Kühn, Registerrecht, 9.
Aufl., Rn. 1103; Seibt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 15 Rn. 87c;
Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 40 Rn. 69;
Bauer/Anders, BB 2012, 593, 595; Hasselmann, ZIP 2010, 2486, 2490; derselbe,
NZG 2013, 325, 327; Hermanns, RNotZ, 2011, 224, 228; Mayer, ZIP 2009, 1037,
1046; Olk, NZG 2011, 381, 383). Die Einreichungskompetenz ergibt sich als
Annex aus seiner Beurkundungskompetenz. Alles andere wäre ein unnötiger
Umweg, der zudem dem Ziel des MoMiG, eine zügige Aufnahme der
Gesellschafterliste im Handelsregister zu erreichen, zuwiderlaufen würde.
Die Gefahr, dass Geschäftsführer und ausländischer Notar divergierende
Gesellschafterlisten einreichen könnten, steht dem nicht entgegen. Vielmehr
geben solche sich widersprechenden Listen den Gesellschaftern und dem
Geschäftsführer Anlass, die Richtigkeit der Gesellschafterliste zu prüfen
und gegebenenfalls eine Korrektur zu veranlassen.
14 (3) Vor Inkrafttreten des MoMiG war anerkannt, dass eine nach dem
GmbHG erforderliche Beurkundung durch einen ausländischen Notar vorgenommen
werden kann, sofern die ausländische Beurkundung der deutschen gleichwertig
ist. Gleichwertigkeit ist gegeben, wenn die ausländische Urkundsperson nach
Vorbildung und Stellung im Rechtsleben eine der Tätigkeit des deutschen
Notars entsprechende Funktion ausübt und für die Errichtung der Urkunde ein
Verfahrensrecht zu beachten hat, das den tragenden Grundsätzen des deutschen
Beurkundungsrechts entspricht. Dann schadet es auch nicht, wenn der
ausländische Notar keine genaue Kenntnis des deutschen Gesellschaftsrechts
besitzt. Zwar wird die Auslandsbeurkundung der in § 17 Abs. 1 BeurkG
vorgesehenen Prüfungs- und Belehrungsfunktion unter Umständen nicht gerecht.
Diese ist jedoch nicht Wirksamkeitsvoraussetzung der Beurkundung, sondern
verzichtbar. Ein solcher Verzicht ist anzunehmen, wenn die Beteiligten einen
ausländischen Notar aufsuchen, von dem sie regelmäßig eine genaue Kenntnis
des deutschen Gesellschaftsrechts und deshalb eine umfassende Belehrung von
vornherein nicht erwarten können (BGH,
Beschluss vom 16. Februar 1981 - II ZB 8/80, BGHZ 80, 76, 78 f.; Urteil
vom 22. Mai 1989 - II ZR 211/88, ZIP 1989, 1052, 1054 f.).
15 (4) Dies hat sich durch das Inkrafttreten des MoMiG nicht geändert (OLG
Düsseldorf, ZIP 2011, 564, 565 f.; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7.
Aufl., § 40 Rn. 91; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 15 Rn.
27a; § 15 Rn. 90 f.; MünchKommGmbHG/Reichert/Weller, § 15 Rn. 144; Fastrich
in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 15 Rn. 22a; Seibt in Scholz, GmbHG,
11. Aufl., § 15 Rn. 87a ff.; Albers, GmbHR 2011, 1078, 1083; Götze/ Mörtel,
NZG 2011, 727, 729; Hasselmann, ZIP 2010, 2486; 2490; Landbrecht/ Becker, BB
2013, 1290, 1291; Mankowski, NZG 2010, 201, 204 f.; Müller, RIW 2010, 591,
598; Olk, NZG 2011, 381, 382; Peters, DB 2010, 97, 100; mit Einschränkungen
hinsichtlich der Anforderungen an die Gleichwertigkeit: Bayer, GmbHR 2013,
897, 911 f.; aA Süß, DNotZ 2011, 414, 424; zweifelnd: Görner in Rowedder/Schmidt-Leithoff,
GmbHG, 5. Aufl., § 15 Rn. 58; Wicke, DB 2011, 1037, 1041; derselbe, DB 2013,
1099, 1101).
16 Die Regelung des § 15 Abs. 3 GmbHG über das Erfordernis eines in
notarieller Form geschlossenen Anteilsübertragungsgeschäfts, deren Wortlaut
durch das MoMiG nicht verändert wurde, enthält keinen Hinweis darauf, dass
die notarielle Beurkundung nur im Inland vorgenommen werden dürfte.
17 In systematischer Hinsicht wird gegen die Möglichkeit der
Auslandsbeurkundung vorgebracht, durch das MoMiG sei § 8 Abs. 3 GmbHG
dahingehend geändert worden, dass die Belehrung der Geschäftsführer über
ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht nach § 53 Abs. 2
BZRG durch einen Notar oder einen im Ausland bestellten Notar, durch einen
Vertreter eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufs oder einen
Konsularbeamten erfolgen kann. Der ausdrücklichen Nennung des ausländischen
Notars wird im Umkehrschluss entnommen, dass dort, wo im Gesetz nur vom
„Notar" die Rede ist, allein der deutsche Notar gemeint sei (vgl.
MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 225; Ulmer/Paefgen, GmbHG, Ergänzungsband
MoMiG, § 40 Rn. 56; Wachter in Bork/Schäfer, GmbHG, 2. Aufl., § 40 Rn. 33;
Mayer, ZIP 2009, 1037, 1046).
18 Dagegen spricht jedoch, dass der Gesetzgeber mit der Aufnahme der
ausländischen Notare Klarheit lediglich hinsichtlich einer in der Praxis zu
der bis dahin geltenden Fassung des § 8 Abs. 3 GmbHG aufgetretenen Frage
schaffen und die in Literatur und Rechtsprechung vertretene Ansicht
kodifizieren wollte, nach der eine schriftliche Belehrung eines sich im
Ausland aufhaltenden Geschäftsführers durch einen ausländischen Notar oder
einen deutschen Konsularbeamten ausreichend sei (BT-Drucksache 16/6140 S.
35; vgl. zum Streitstand nach altem Recht: Winter in Scholz, GmbHG, 9.
Aufl., § 8 Rn. 26 Fn. 71; Schmidt-Leithoff in Rowedder/Schmidt-Leithoff,
GmbHG, 4. Aufl., § 8 Rn. 25). Eine über die Belehrung nach § 8 Abs.
3 GmbHG i.V.m. § 53 Abs. 2 BZRG hinausgehende Bedeutung dahingehend, dass
die Tätigkeit eines ausländischen Notars im Bereich des GmbH-Rechts auf
besagte Belehrung beschränkt werden sollte, ist den Gesetzesmaterialien
nicht zu entnehmen. Hinzu kommt, dass die Belehrung gem. § 8 Abs. 3
GmbHG durch jeden im Ausland bestellten Notar erfolgen kann und nicht etwa
nur durch den einem deutschen Notar gleichwertigen, und dass zudem die
Belehrung auch durch Rechtsanwälte als Vertreter eines vergleichbaren
rechtsberatenden Berufs vorgenommen werden kann, die ebenfalls nicht einem
deutschen Notar gleichwertig im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung
zur Auslandsbeurkundung sein müssen. Aus § 8 Abs. 3 GmbHG kann deshalb nicht
der Schluss gezogen werden, dass unter den Begriff des Notars an anderen
Stellen des Gesetzes nicht zumindest auch der gleichwertige ausländische
Notar zu fassen ist.
19 Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Meinung (vgl. Bauer/Anders, BB
2012, 593, 595; Süß, DNotZ 2011, 414, 422 f.) kann aus der Begründung des
Regierungsentwurfs zur Neufassung von § 16 Abs. 1 GmbHG, wonach „die
Bestimmungen zur Gesellschafterliste bereits durch das
Handelsrechtsreformgesetz vom 22. Juni 1998 nachgebessert und verschärft
worden" seien, jedoch weiterhin „Lücken" bestünden, „z.B. bei der
Auslandsbeurkundung, die nunmehr geschlossen" würden (BT-Drucksache 16/6140
S. 37), nicht hergeleitet werden, dass eine Beurkundung durch einen im
Ausland ansässigen Notar im Bereich des GmbHG gänzlich ausgeschlossen werden
sollte. In der Praxis traten bei Auslandsbeurkundungen Probleme hinsichtlich
der Aktualität der Gesellschafterliste im Handelsregister auf, weil bei
diesen oftmals keine Mitteilung der Veränderung im Gesellschafterbestand an
das Registergericht erfolgte. Die Begründung des Regierungsentwurfs des
Handelsrechtsreformgesetzes von 1997 hatte diesen aufgrund fehlender
Mitteilungspflicht des ausländischen Notars bestehenden Missstand bereits
vorausgesehen, aber hingenommen und war damit explizit von der Wirksamkeit
der Auslandsbeurkundung ausgegangen (vgl. BR-Drucksache 340/97 S. 80). Es
liegt nahe, dass eine etwaige Abkehr hiervon in der Gesetzesbegründung zum
MoMiG eindeutig erläutert worden wäre. In den Gesetzesmaterialien zu § 16
GmbHG wird in diesem Zusammenhang aber lediglich ausgeführt, die Aufwertung
der Gesellschafterliste werde dazu führen, dass auch im Falle der
Auslandsbeurkundung von Seiten der Gesellschafter aus Eigeninteresse ein
stärkeres Augenmerk darauf gerichtet werde, Veränderungen jeweils durch
Einreichung einer aktuellen Gesellschafterliste publik zu machen, und bis
dahin in der Praxis häufig anzutreffende Nachlässigkeiten für die Zukunft
nicht mehr zu erwarten seien, womit das Ziel der Neuregelung, den
Gesellschafterbestand stets aktuell, lückenlos und unproblematisch im
Handelsregister nachvollziehbar zu machen, erreicht werde (BT-Drucksache
16/6140 S. 38). Es erschien dem Gesetzgeber demnach nicht erforderlich, die
Auslandsbeurkundungen generell auszuschließen.
20 Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich außerdem, dass im
Gesetzgebungsverfahren sogar über die vollständige Aufgabe oder zumindest
Erleichterungen des Beurkundungserfordernisses bei der Abtretung von
Geschäftsanteilen diskutiert, eine Entscheidung hierüber jedoch einer
späteren Gesetzesnovelle vorbehalten wurde (BT-Drucksache 16/6140 S. 25 f.).
Dies lässt den Schluss zu, dass jedenfalls eine Verschärfung der
Anforderungen an die Form der Anteilsübertragung nicht beabsichtigt war.
21 Sinn und Zweck des § 15 Abs. 3 GmbHG stehen der Zulassung von
Auslandsbeurkundungen, soweit die Beurkundung durch den im Ausland
ansässigen Notar im Sinne der Rechtsprechung des Senats als gleichwertig
anzusehen ist, ebenso wenig entgegen wie die mit den Änderungen durch das
MoMiG im Übrigen angestrebten Ziele. Vielmehr verfolgte der Gesetzgeber mit
der Reform des GmbH-Rechts durch das MoMiG ausdrücklich den Zweck, die GmbH
zu deregulieren und zu modernisieren und dadurch ihre Attraktivität
gegenüber konkurrierenden ausländischen Rechtsformen zu steigern
(BT-Drucksache 16/6140 S. 25). Deshalb wurde unter anderem durch
Streichung von § 4a Abs. 2 GmbHG aF die Möglichkeit geschaffen, dass sich
deutsche Gesellschaften mit ihrer Hauptverwaltung im Ausland niederlassen
und nicht wie bisher ihren Verwaltungssitz auch dann am Satzungssitz im
Inland wählen müssen, wenn ihre Geschäftstätigkeit ganz oder überwiegend im
Ausland erfolgt (BT-Drucksache 16/6140 S. 29).
22 (5) Die gesteigerte Bedeutung der Gesellschafterliste und das damit
einhergehende gewachsene Interesse an der materiellen Richtigkeit der
Gesellschafterliste rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die verstärkte
Einbeziehung des Notars in die Aktualisierung der Gesellschafterliste wird
in den Gesetzesmaterialien nicht mit einer höheren Richtigkeitsgewähr bei
Beteiligung eines (deutschen) Notars, sondern mit verfahrensökonomischen
Erwägungen begründet. Es sei sinnvoll und dränge sich zur Vereinfachung der
Verfahrensabläufe im Interesse aller Beteiligten geradezu auf, mit der
Abtretung zugleich auch die Folgeformalien mit zu erledigen, da die
Berichtigung der Liste - wegen § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG - ohnehin in engem
zeitlichen Zusammenhang mit dem Wirksamwerden der Abtretung erledigt werden
müsse (BT-Drucksache 16/6140 S. 44). Die Publizitätswirkungen des § 16 GmbHG
treten außerdem in allen Fällen einer Veränderung in den Personen der
Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung ein und nicht nur dann,
wenn die mit der Gesellschafterliste dem Registergericht bekanntzugebende
Veränderung durch einen Notar beurkundet werden muss, also auch, wenn der
Geschäftsführer, der oftmals juristischer Laie ist, die Gesellschafterliste
erstellt. Eine Beschränkung auf inländische Notare kann deshalb - unabhängig
von der Frage, welche Prüfungspflicht den Notar hinsichtlich der
inhaltlichen Richtigkeit der Gesellschafterliste trifft - nicht damit
begründet werden, dass deutsche Notare zur Prüfung besser geeignet seien als
ausländische und deshalb die gewünschte materielle Richtigkeit der
Gesellschafterliste eher gewährleisten könnten.
23 (6) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich auch nicht
deshalb als richtig dar, weil das Registergericht jedenfalls die von dem
Schweizer Notar mit Sitz in Basel eingereichte Gesellschafterliste
zurückweisen durfte. Zwar wird teilweise vertreten, dass dem Registergericht
neben dem Recht, die formalen Voraussetzungen des § 40 GmbHG zu prüfen, ein
begrenztes inhaltliches Prüfungsrecht dahingehend zustehen soll, dass es die
Aufnahme der Gesellschafterliste verweigern darf, wenn es sichere Kenntnis
von ihrer inhaltlichen Unrichtigkeit hat (OLG München, ZIP 2009, 1421; OLG
Frankfurt, GmbHR 2011, 198, 201; GmbHR 2011, 823, 826; OLG Jena, GmbHR 2010,
598, 599 jeweils mwN). Ob dem Registergericht ein so weitgehendes
Prüfungsrecht eingeräumt ist, braucht aber vorliegend nicht entschieden zu
werden. Da eine Auslandsbeurkundung im Inland als wirksam anzusehen ist,
wenn sie der Beurkundung eines deutschen Notars gleichwertig ist, kann der
Umstand, dass die in der Gesellschafterliste aufgenommene Veränderung im
Ausland beurkundet wurde, allenfalls dann die offensichtliche Unrichtigkeit
der Gesellschafterliste begründen, wenn für das Registergericht ohne
Weiteres feststeht, dass der beurkundende ausländische Notar nicht
gleichwertig ist. Dies ist bei einem Notar mit Sitz in Basel/Schweiz nicht
der Fall, dessen Gleichwertigkeit jedenfalls bis zum Inkrafttreten des MoMiG
und der Reform des Schweizer Obligationenrechts von 2008 anerkannt war (BGH,
Urteil vom 22. Mai 1989 - II ZR 211/88, ZIP 1989, 1052, 1054 f. für alle
Schweizer Notare ohne Differenzierung nach Kantonen; OLG München, DB 1998,
125, 126; OLG Frankfurt, GmbHR 2005,
764, 766 f., OLG Düsseldorf, ZIP 2011, 564, 565).
24 3. Das Oberlandesgericht hätte daher der Beschwerde stattgeben und das
Registergericht zur Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner
anweisen müssen. Dies kann der Senat selbst nachholen, weil die Sache zur
Endentscheidung reif ist (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG).
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