Subjektive
Unmöglichkeit (Unvermögen) bei u.U. vorübergehenden Leistungshindernissen;
Gleichstellung mit endgültiger Unmöglichkeit bei möglicher Vereitelung des
Vertragszwecks und der Unzumutbarkeit weiteren Abwartens
BGH, Urteil
vom 16.3.2005 - IV ZR 246/03
Fundstelle:
WM 2005, 1232
Leitsatz:
1. Die Übertragung eines Grundstücks in
der ehemaligen DDR auf einen im Westen lebenden Vermächtnisnehmer war auf
Dauer unmöglich, wenn das Grundstück gemäß § 6 der
Vermögenssicherungsverordnung vom 17. Juli 1952 in staatliche Verwaltung
genommen worden war.
2. Zur Verjährung eines Anspruchs aus § 281 BGB a.F., der mit Inkrafttreten
des Vermögensgesetzes entstanden ist.
Zentrale Probleme:
Im Zusammenhang mit reichlich komplizierten
Fragen des Vermögensgesetzes stellte sich hier - unter altem Schuldrecht -
das Problem der Unmöglichkeit der Erfüllung eines Vermächtnisses eines
früher unter staatlicher Verwaltung der DDR stehenden Grundstückes. Es geht
dabei um die Frage, wann überhaupt subjektive Unmöglichkeit vorliegt (s. die
fett markierten Passagen). Insoweit ist die Problematik auch unter
neuem Recht (§§ 275 I, 311a BGB) von Interesse. Der BGH legt - zum
wiederholten Male (s.
BGH NJW 1999, 2034 = BGHZ 141, 179 m.w.N.; BGH
v. 15.6.2005 - VIII ZR 271/04) dar,
daß die bloße Tatsache, daß der Schuldner nicht Rechtsinhaber ist und den
geschuldeten Leistungsgegenstand daher derzeit nicht verschaffen kann, noch
kein Unvermögen (subj. Unmöglichkeit) darstellt, weil er ihn sich ja u.U.
beschaffen kann. In einem solchen Fall liegt keine endgültige Unmöglichkeit
vor, die alleine den Tatbestand von § 275 I BGB n.F. erfüllt.
Leistungspflicht. Subjektive)
Unmöglichkeit (sog. "Unvermögen") liegt auch nach der Rechtsprechung des BGH
nicht schon dann vor, wenn die Erfüllung von dem Willen eines Dritten
abhängt, solange die Möglichkeit besteht, daß der Schuldner rechtlich oder
auch nur tatsächlich auf den Dritten einwirken und so die Leistung erbringen
kann (BGH NJW 1995, 515, 516). In einem solchen Fall kann freilich eine
Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 II BGB gegeben sein (s. dazu etwa
Köhler/Lorenz, PdW Schuldrecht AT Fall 9 oder
Übungsfall 7 aus der
Vorlesung "Schuldrechtsreform nach
Anspruchsgrundlagen").
Jedoch steht nach wohl allg. M. (vgl. BGHZ 83, 197, 200; zum neuen Recht s.
Lorenz/Riehm, Rn. 260; MüKo/Ernst, § 275 Rn. 139 ff. sowie
Köhler/Lorenz,
Prüfe Dein Wissen, Bd. 3: Schuldrecht I - Allgemeiner
Teil Fall 15) die
vorübergehende Unmöglichkeit der dauernden gleich, wenn durch sie die
Erreichung des Vertragszwecks gefährdet und der betroffenen Partei ein
weiteres Zuwarten nicht zumutbar ist. Wird die Leistung nachträglich doch
noch unerwartet möglich, so ist dies ohne Belang, der Schuldner wird also
nach § 275 I BGB endgültig befreit. Dieses bejaht der BGH hier
mit zutreffenden Gründen.
Freilich wird die Notwendigkeit zu einer
solchen Gleichstellung aus Gläubigersicht nach neuem Recht in Frage
gestellt, weil ja nach § 323 BGB aus dem Gesichtspunkt der Verzögerung der
(möglichen) Leistung ein Rücktrittsrecht für den Gl. gegeben ist, wobei die
Unzumutbarkeit weiteren Abwartens nach § 323 II BGB als
Fristsetzungsentbehrlichkeitstatbestand Berücksichtung finden kann. Deshalb
will eine starke Literaturmeinung die Gleichstellung vorübergehender mit
endgültiger Unmöglichkeit nur noch vornehmen, wenn aus der Sicht des
Schuldners ein solches Abwarten unzumutbar ist (so Canaris, Karlsruher Forum
2002, S. 53; für einen Beispielsfall s. Köhler/Lorenz,
PdW Schuldrecht AT Fall 15). Im Ergebnis macht das freilich keinen
wesentlichen Unterschied, wenngleich der Wegfall der Leistungspflicht bei
Anwendung von § 323 BGB nicht ipso iure erfolgt, sondern eine
Rücktrittserklärung erfordert (s. auch die Anm. zu
OLG Karlsruhe
NJW 2005, 989). Der vorliegende Fall, indem es um die Geltendmachung
eines aufgrund der Unmöglichkeit erlangten Surrogats
(Rückerstattungsanspruch aus dem VermG) aus § 281 BGB a.F. = § 285 BGB n.F.
geht, zeigt, daß sich auch aus Schuldnersicht die Notwendigkeit einer
Gleichstellung weiterhin ergeben kann. Über §§ 323 bzw. §§ 280 I, III, 281
BGB n.F. käme man nämlich nicht zu einem Anspruch aus § 285 BGB n.F.. Eine
weitere Besonderheit des Falles besteht darin, daß der ursprüngliche
Vermächtnisanspruch auf Übereignung des Grundstücks (§ 2174 BGB) mit dem
Surrogatanspruch inhaltlich identisch ist, da das Grundstück den Erben als (Natural)Ersatz
zurückerstattet wurde.
©sl 2005
Tatbestand:
Die Kläger sind als Erbeserben ihres Vaters Mitglied einer Erbengemeinschaft
nach dem väterlichen Großvater, der 1947 in Potsdam gestorben ist. Die
Erbanteile der übrigen Miterben nach dem Großvater sind auf die Kläger sowie
auf den nicht mit den Klägern verwandten Beklagten übergegangen, der
Erbeserbe der pflegebedürftigen der beiden Schwestern des Vaters der Kläger
geworden ist. Zum Nachlaß des Großvaters gehörten zwei Mehrfamilienhäuser in
Potsdam, für die die Parteien nach Rückübertragung durch das Amt für offene
Vermögensfragen in ungeteilter Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen
sind. Mit der Klage wird die Auflassung des dem Beklagten zustehenden
Eigentumsanteils an die Kläger in ungeteilter Erbengemeinschaft aus §§ 2174,
281 BGB a.F. geltend gemacht.
Der Großvater der Kläger hatte in einem eigenhändigen Testament seiner
Ehefrau, seinen Töchtern sowie einer Pflegerin Wohn- und Nutzungsrechte an
Haus und Garten zugedacht, seinem Sohn, dem Vater der Kläger, aber
sämtlichen Grundbesitz "zu eigen" überlassen. Er sollte dessen Reineinnahmen
mit seiner Mutter und seinen Schwestern teilen, die Häuser erhalten sowie
den Grund und Boden niemals verkleinern, sondern eher vergrößern.
Abschließend heißt es: "Ich will keinen benachteiligen, aber ich möchte
auch, daß die Familie ... Tradition und Wohlstand sichert u. wahrt!"
Das Amtsgericht wies 1947 durch Erbschein den Vater der Kläger sowie dessen
Mutter und dessen beide Schwestern als Erben nach dem Großvater zu je einem
Viertel aus. Da der Vater der Kläger und eine der Schwestern schon beim
Erbfall im Westen lebten, wurden deren Anteile an dem Grundbesitz in Potsdam
aufgrund von § 6 der Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17.
Juli 1952 (GBl. der DDR S. 615; Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus,
VermG Bd. 2 Stand Juli 2004 Anh. I 4) in die vorläufige Verwaltung der
Organe der Deutschen Demokratischen Republik übernommen. Verwalter wurde der
VEB Kommunale Wohnungsverwaltung Potsdam. Die Großmutter siedelte 1961 in
die Bundesrepublik über, wo sie 1964 starb. Die pflegebedürftige Schwester
zog im Jahre 1974 von Potsdam an den Chiemsee und verstarb dort 1990. Im
Jahre 1984 wurden die Grundstücke gemäß § 14 Aufbaugesetz vom 6. September
1950 (GBl. der DDR S. 965) in Verbindung mit § 9 des Entschädigungsgesetzes
vom 25. April 1960 (GBl. der DDR I S. 257) in Volkseigentum überführt. Der
Vater der Kläger, der das Verfahren auf Rückerstattung des Grundbesitzes
eingeleitet hat, starb 1992.
Der Beklagte beruft sich unter anderem auf die Einrede der Verjährung. Das
Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr
stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung
des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision
bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht legt seiner Auslegung des Testaments die
übereinstimmende Ansicht der Parteien zugrunde, daß der Erblasser den Vater
der Kläger nicht zum Alleinerben bestimmt habe, sondern die Erbfolge im
Erbschein zutreffend wiedergegeben worden sei. Da der Erblasser den Vater
des Klägers aber wertmäßig habe begünstigen wollen, liege ein
Vorausvermächtnis zu dessen Gunsten vor. Die Erfüllung dieses
Vorausvermächtnisses sei den Miterbinnen jedoch infolge der bereits am 18.
Juli 1952 in der DDR in Kraft getretenen Verordnung zur Sicherung von
Vermögenswerten nachträglich unmöglich geworden, spätestens aber durch die
Überführung des Grundbesitzes in Volkseigentum im Jahre 1984. Durch dessen
Restitution auf der Grundlage des Vermögensgesetzes hätten die Mitglieder
der Erbengemeinschaft nach dem Großvater Ersatz erlangt. Den Klägern als
Erbeserben ihres Vaters stehe deshalb ein Anspruch aus § 281 BGB a.F. [Anm.:
= § 285 BGB n.F.) zu. Die Verjährung dieses Anspruchs habe erst mit
Erlaß des Vermögensgesetzes begonnen und sei bei Klageerhebung im Jahre 2002
noch nicht abgelaufen. Zumindest sei die Verjährung seit Inkrafttreten der
Vermögenssicherungsverordnung am 18. Juli 1952 bis zum Inkrafttreten des
Vermögensgesetzes gehemmt gewesen.
II. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Den Klägern steht der geltend gemachte
Anspruch zu.
1. Der Auslegung des Testaments hat das Berufungsgericht mit Recht das
Bürgerliche Gesetzbuch in seiner vor Inkrafttreten des Zivilgesetzbuchs der
DDR am 1. Januar 1976 geltenden Fassung zugrunde gelegt (vgl. § 8 EGZBG;
BGHZ 124, 270, 272 ff.). Davon geht auch die Revision aus und rügt, das
Berufungsgericht habe nicht erwogen, daß das Testament wie folgt ergänzend
auszulegen sei: Sinn des Vorausvermächtnisses zugunsten des Vaters der
Kläger sei nämlich nach dem Wortlaut des Testamentes, daß dieser die Gebäude
nicht in eigenem Interesse, sondern im Interesse der Familie verwaltete, um
Einnahmen zu erwirtschaften und den Besitz zu erhalten. Nach Krieg und
Gefangenschaft habe sich der Vater der Kläger im Westen niedergelassen und
einen Vertriebenenausweis erhalten; eine Einreise in die damalige Ostzone
und später in die DDR sei ihm nicht möglich gewesen. Der Erblasser hätte,
wenn er diese Entwicklung vorausgesehen hätte, die Grundstücke nicht allein
seinem Sohn zugedacht, sondern allen Miterben, da er ausdrücklich niemanden
habe benachteiligen wollen.
Der Schlußsatz des Testaments betont indessen neben der Absicht, niemanden
zu benachteiligen, gerade die Erhaltung von Tradition und Wohlstand. Das
spricht dafür, daß der Erblasser seinen Sohn schon deshalb bevorzugt hat,
weil er den Namen des Erblassers fortführte und an die nächste Generation
weitergeben konnte. Daß er unter den schwierigen Nachkriegsverhältnissen
nicht ohne weiteres für die Erhaltung und Mehrung des Immobilienbesitzes
würde sorgen können, dürfte dem Erblasser bei Errichtung des Testaments im
Januar 1946 klar gewesen sein, mußte aus seiner Sicht aber nichts daran
ändern, daß für diese Aufgabe, wenn sie überhaupt zu erfüllen war, unter
seinen Abkömmlingen nur der Sohn in Betracht kam. Die Auslegung des
Tatrichters erweist sich danach als zumindest vertretbar und
rechtsfehlerfrei; sie ist deshalb für das Revisionsgericht bindend (vgl.
BGHZ 121, 357, 363).
2. Die Erfüllung des Anspruchs des Vaters der Kläger auf das
Vorausvermächtnis aus § 2174 BGB ist jedoch infolge der sogenannten
vorläufigen Verwaltung des Grundbesitzes durch Organe der DDR auf der
Grundlage der Vermögenssicherungsverordnung nachträglich unmöglich geworden;
dadurch ist der Anspruch erloschen (§ 275 BGB a.F.; für das Bestehen der
vor Inkrafttreten des ZGB begründeten Rechte blieb auch nach dem 1. Januar
1976 das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Recht maßgebend, § 2 Abs. 2 Satz 2
EGZGB).
a) Allerdings liegt Unmöglichkeit nicht schon dann vor, wenn der
Schuldner über den Gegenstand nicht mehr verfügen kann und auf ihn auch
keinen Anspruch hat; vielmehr muß feststehen, daß der Schuldner die
Verfügungsmacht auch nicht mehr erlangen und zur Erfüllung des geltend
gemachten Anspruchs nicht auf die Sache einwirken kann (BGHZ
141, 179, 181 f.). Das kommt jedoch nicht nur in Betracht, wenn der
geschuldete Gegenstand in der DDR in Volkseigentum überführt wurde (dazu
vgl. BGH, Urteil vom 19. September 1995 - VI ZR 377/94 - DtZ 1996, 26 unter
II 2 g). Auch das Inkrafttreten der Verordnung über den Verkehr mit
Grundstücken vom 11. Januar 1963 (DDR-GVVO; GBl. DDR II S. 159) führte in
Fällen, bei denen eine Genehmigung im Hinblick auf Aufenthaltsort und Beruf
des Gläubigers im Westen zwingend zu versagen war, zur nachträglichen
Unmöglichkeit der Pflicht zur Eigentumsverschaffung (BGH, Urteil vom 25.
März 1994 - V ZR 171/92 -DtZ 1994, 247 unter II 2 b und 3). Schon wenn
die Erteilung einer zur Erfüllung notwendigen Genehmigung völlig
unwahrscheinlich geworden ist und den Parteien nach Treu und Glauben nicht
mehr zugemutet werden kann, um eine Genehmigung nachzusuchen, tritt eine von
keiner Partei zu vertretende Unmöglichkeit ein (BGHZ 76, 242, 248;
Urteil vom 25. März 1994 aaO unter II 2 a). Nach den in der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätzen ist ein an
sich zeitweiliges Erfüllungshindernis - wie der Ausbruch eines Krieges oder
innerer Unruhen, wenn deren Ende nicht absehbar ist - einem dauernden gleich
zu achten, wenn die Erreichung des Vertragszwecks durch die vorübergehende
Unmöglichkeit in Frage gestellt wird und deshalb dem Vertragsgegner nach dem
Grundsatz von Treu und Glauben unter billiger Abwägung der Belange beider
Vertragsteile die Einhaltung des Vertrages nicht zugemutet werden kann;
dabei ist die Frage, ob ein Leistungshindernis zu einer dauernden oder nur
vorübergehenden Unmöglichkeit führt, nach dem Zeitpunkt des Eintritts dieses
Hindernisses zu beurteilen (BGHZ 83, 197, 200 f.).
b) Mit dem Inkrafttreten der Vermögenssicherungsverordnung am 18. Juli 1952
wurde nach deren § 6 das gesamte, in der DDR befindliche Vermögen des Vaters
der Kläger und seiner ebenfalls bereits im Westen wohnenden Schwester in
eine sogenannte vorläufige Verwaltung der Organe der Deutschen
Demokratischen Republik übernommen. Für die Durchführung dieser Bestimmung
galten Richtlinien für die Räte der Städte und Gemeinden (vom 1. September
1952, vgl. Fieberg/Reichen-bach/Messerschmidt/Neuhaus, aaO Anh. I 4/3);
darin war festgelegt, wer vorläufiger Verwalter wurde und wie die vorläufige
Verwaltung, insbesondere im Hinblick auf Mietwohngrundstücke und Wohnraum
auszuüben war. In einer Rundverfügung des Ministeriums der Justiz (Nr. 9/53
vom 15. April 1953, Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, aaO Anh. I
4/4) wurde insbesondere bestimmt, daß für Ansprüche der früher Berechtigten
der Rechtsweg unzulässig sei, weil die vorläufige Verwaltung (etwa gemäß § 6
der Vermögenssicherungsverordnung) die Gerichte binde (vgl. II a der
Rundverfügung); Verfügungen und Prozeßhandlungen konnten nur noch durch den
vorläufigen Verwalter vorgenommen werden (III 2, vgl. auch § 6 - Handbuch
für die örtlichen Staatsorgane unter 1.3, Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus,
aaO Anh. I 4/6). Ein Anspruch auf Aufhebung der vorläufigen Verwaltung
bestand nach Ziff. I 5 einer Richtlinie des Staatssekretariats für Innere
Angelegenheiten betr. vorläufige Verwaltung von Vermögenswerten westberliner
und westdeutscher Eigentümer durch die Räte der Städte und Gemeinden vom 5.
August 1953 (Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, aaO Anh. I 4/5) nur,
wenn der Eigentümer seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in das Gebiet
der DDR oder in den demokratischen Sektor von Groß-Berlin verlegte oder die
vorläufig verwalteten Vermögenswerte durch Genehmigung eines
rechtsgeschäftlichen Erwerbs in das Eigentum eines Bürgers der DDR oder des
demokratischen Sektors von Groß-Berlin übergegangen waren. Dem "westberliner
oder westdeutschen Eigentümer" stand ein Anspruch auf Aufhebung ausdrücklich
auch in Härtefällen nicht zu (vgl. dazu auch § 6 - Handbuch für die
örtlichen Staatsorgane, Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, aaO Anh.
I 4/6 unter Ziff. 13.6.1).
Die Vermögenssicherungsverordnung wurde zwar am 11. Juni 1953 gemäß § 2 der
Verordnung über die in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik und
den demokratischen Sektor von Groß-Berlin zurückkehrenden Personen (Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/
Neuhaus aaO Anh. I 6) außer Kraft gesetzt. In der Richtlinie des
Staatssekretariats für Innere Angelegenheiten betr. vorläufige Verwaltung
von Vermögenswerten westberliner und westdeutscher Eigentümer durch die Räte
der Städte und Gemeinden vom 5. August 1953 (Fieberg/Reichen-bach/Messerschmidt/Neuhaus,
aaO Anh. I 4/5) wird aber unter I 1 bestimmt, daß die Aufhebung der
Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. Juli 1952 auf die
bereits in Verwaltung genommenen Vermögenswerte westberliner oder
westdeutscher Eigentümer keinen Einfluß habe; nach I 2 dieser Richtlinie
sollten sogar Vermögenswerte, die vor dem 11. Juni 1953 in vorläufige
Verwaltung hätten übernommen werden müssen, nacherfaßt werden. Daraus zieht
das Berufungsgericht mit Recht den von den Parteien nicht angegriffenen
Schluß, daß damit die staatliche Verwaltung den vorläufigen Charakter
jedenfalls verloren habe (so auch Nentwig/Nethe in Fieberg/Reichenbach/Messer-schmidt/Neuhaus,
aaO § 11 VermG Rdn. 11). In dem später erschienenen Handbuch zu § 6 für die
örtlichen Staatsorgane (Fieberg/Reichen-bach/Messerschmidt/Neuhaus, aaO Anh.
I 4/6) heißt es einleitend zu den politischen Grundlagen, "das politische
und wirtschaftspolitische Verhalten der Regierung der BRD und des Senats von
Westberlin sowie von Bürgern und Einrichtungen habe die Regierung der DDR
veranlaßt, das in der DDR befindliche Vermögen in staatliche Verwaltung zu
nehmen ..."; "wegen der langen Zeitdauer, die durch das gleiche Verhalten
der Regierung der BRD und des Senats von Westberlin verursacht wurde, habe
die staatliche Verwaltung den Charakter ihrer Vorläufigkeit verloren".
c) Der Anspruch des Vaters der Kläger aus § 2174 BGB konnte aufgrund der
dargestellten Rechtsfolgen der Vermögenssicherungsverordnung vom 17. Juli
1952 in der DDR nicht mehr gegenüber den Miterben nach dem Großvater erfüllt
werden. Jedenfalls nachdem auch das Außerkraftsetzen der
Vermögenssicherungsverordnung durch die Verordnung vom 11. Juni 1953 nichts
am Fortbestehen der staatlichen Verwaltung des Vermögens von Deutschen
änderte, die ihren Wohnsitz damals bereits im Westen hatten, muß die
Erfüllung des Anspruchs aus § 2174 BGB als auf Dauer unmöglich angesehen
werden. Mit einer grundlegenden Änderung der politischen Verhältnisse konnte
nicht gerechnet werden. Dem Vater des Klägers konnte auch nicht zugemutet
werden, in die DDR zu übersiedeln; eine zumutbare Aussicht, den Anspruch aus
§ 2174 BGB gegen ein angemessenes Entgelt an einen Bürger der DDR
abzutreten, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die in Potsdam gebliebene,
pflegebedürftige Schwester des Vaters der Kläger überließ im Jahre 1969 auch
ihren Miteigentumsanteil durch Privatvollmacht der staatlichen Verwaltung
und verließ die DDR 1974.
3. Die unter staatliche Verwaltung der DDR gekommenen und 1984 in
Volkseigentum überführten Grundstücke sind 1999 auf der Grundlage des
Vermögensgesetzes an die aus den Parteien bestehende Erbengemeinschaft
zurückübertragen worden. Damit haben die Miterben in Zusammenhang mit den
Umständen, die ihre Verpflichtung zur Erfüllung des
Vorausvermächtnisanspruchs des Vaters der Kläger unmöglich gemacht haben,
einen Ersatzgegenstand erlangt (näher zur Kausalität vgl. Senatsurteil vom
16. März 2005 - IV ZR 272/03 - unter 3 b). Dieser Ersatzgegenstand ist zwar
mit dem Gegenstand, dessen Leistung unmöglich geworden war, tatsächlich
weitgehend identisch. Das ändert jedoch rechtlich nichts daran, daß den
Klägern als Erben ihres Vaters ein Anspruch aus § 281 BGB a.F. auf
Auflassung dieses Grundvermögens zusteht (vgl. BGHZ 123, 76, 79; BGH, Urteil
vom 19. September 1995 - VI ZR 377/94 - DtZ 1996, 26 unter II 2 g; KG ZEV
1999, 494, 495 f. sowie den dazu ergangenen Nichtannahmebeschluß des Senats
vom 9. Juni 1999 - IV ZR 278/98 - ZEV 1999, 496 = BGHR BGB § 2174 Verjährung
1).
4. Der Anspruch aus § 281 BGB a.F. ist auch nicht verjährt.
a) Wenn es um den Ersatz für eine unmöglich gewordene Leistung aufgrund
einer Restitution nach dem Vermögensgesetz geht, beginnt die Verjährung des
Anspruchs aus § 281 BGB a.F. mit Inkrafttreten des Vermögensgesetzes (BGH,
Urteil vom 19. September 1995 aaO unter II 2 i aa; Nichtannahmebeschluß vom
9. Juni 1999 aaO; vgl. Senatsurteil vom 28. April 2004 - IV ZR 85/03 - ZEV
2004, 377 unter II 2). Dafür spricht der Zweck des Vermögensgesetzes, einen
Ausgleich für entzogene Vermögenswerte zu schaffen (Küpper, VIZ 2000, 195,
197 unter Hinweis auf BGHZ 123, 76, 82 f.).
b) Fraglich könnte sein, ob ein Anspruch aus § 281 BGB a.F. noch in Betracht
kommt, wenn der ursprüngliche Anspruch - hier aus § 2174 BGB - bei Eintritt
der Unmöglichkeit bereits verjährt war (dazu Küpper, aaO; BGH, Urteil vom
15. Oktober 2004 - V ZR 100/04 - ZIP 2004, 2345 unter B II 2 c). Diese Frage
bedarf hier keiner Entscheidung. Der Anspruch aus § 2174 BGB entstand mit
dem Erbfall im Jahre 1947 und verjährte nach § 195 BGB a.F. im Jahre 1977.
Daran hat sich durch das Inkrafttreten des Zivilgesetzbuchs gemäß § 11 Abs.
1 EGZGB nichts geändert, weil die seit 1. Januar 1976 aufgrund des § 474
Abs. 1 Ziff. 2 ZGB geltende Verjährungsfrist von zwei Jahren später
abgelaufen wäre. Im Jahre 1977 war der Anspruch aus § 2174 BGB indessen
bereits nach § 275 BGB a.F. erloschen. Tritt Unmöglichkeit in noch
unverjährter Zeit ein - wie hier -, hat der Schuldner jedenfalls keinen
Anlaß, darauf zu vertrauen, daß er den geschuldeten Gegenstand behalten
könne (so auch Küpper, aaO).
c) Die Revision macht weiter geltend, jedenfalls sei es mit der Funktion der
Verjährungsvorschriften, Rechtsfrieden zu stiften, nicht vereinbar, wenn ein
Anspruch aus § 281 BGB a.F. auch auf ein Surrogat zugebilligt werde, das
erst lange nach Ablauf der 30jährigen Verjährung des ursprünglichen
Leistungsanspruchs - hier im Jahre 1977 - entstanden sei. Mit dieser
Auffassung versucht die Revision die für den ursprünglichen Anspruch
geltende Verjährungsfrist auch auf den Surrogatanspruch zu erstrecken. Als
selbständiger Anspruch ist der Beginn seiner Verjährung jedoch im Hinblick
auf § 198 Satz 1 BGB a.F. (ebenso wie bei anderen Sekundäransprüchen auch)
vom Beginn der Verjährung des Primäranspruchs unabhängig (st. Rspr., vgl.
BGH, Urteil vom 10. Februar 1988 - IVa ZR 249/86 - NJW-RR 1988, 902 unter 4;
BGHZ 142, 36, 44). Der Senat hat die von der Revision vertretene Auffassung
in seinem Nichtannahmebeschluß vom 9. Juni 1999 (aaO) auch im Hinblick auf
den in der Vorschrift des § 2162 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken
zurückgewiesen.
d) Schließlich meint die Revision, auch wenn die Verjährung des Anspruchs
auf das Surrogat erst mit Inkrafttreten des Vermögensgesetzes begonnen habe,
sei die zweijährige Verjährungsfrist des § 474 Abs. 1 Nr. 2 ZGB bei Erhebung
der Klage im März 2002 längst abgelaufen gewesen. Daran ist richtig, daß das
Vermögensgesetz in der DDR bereits am 29. September 1990 in Kraft getreten
ist (vgl. BGHZ 131, 22, 30). Die Verjährung des Anspruchs auf das Surrogat
(vgl. § 91 ZGB) richtete sich jedenfalls seit dem 3. Oktober 1990 nach dem
Bürgerlichen Gesetzbuch (Art. 231 § 6 EGBGB) und betrug nach dessen § 195
a.F. 30 Jahre (vgl. Senatsurteil vom 20. März 1996 - IV ZR 366/94 - DtZ
1996, 207 = ZIP 1996, 850 jeweils unter I 2). Diese Frist war - auch unter
Berücksichtigung von Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB - bei Klageerhebung im
März 2002 noch nicht verstrichen.
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