Wettbewerbswidrigkeit von "Tippfehler-Domains";
keine Verletzung des Namensrechts (§ 12 BGB) - wetteronlin.de
BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - I
ZR 164/12 - OLG Köln
Fundstelle:
NJW 2014, 1534
Amtl. Leitsatz:
a) Das Verwenden eines Domainnamens (hier:
"wetteronlin.de"), der aus der fehlerhaften Schreibweise einer bereits zuvor
registrierten Internetadresse (hier: "wetteronline.de") gebildet ist (sog.
"Tippfehler-Domain"), verstößt unter dem Gesichtspunkt des Abfangens von
Kunden gegen das Verbot unlauterer Behinderung gemäß § 4 Nr. 10 UWG, wenn
der Internetnutzer auf eine Internetseite geleitet wird, auf der er nicht
die zu erwartende Dienstleistung (hier: Wetterinformationen), sondern
lediglich Werbung (hier: Werbung für Krankenversicherungen) vorfindet.
b) Wird der Internetnutzer auf der Internetseite, die er bei versehentlicher
Eingabe der "Tippfehler-Domain" erreicht, sogleich und unübersehbar auf den
Umstand aufmerksam gemacht, dass er sich nicht auf der Internetseite
befindet, die er aufrufen wollte, wird eine unlautere Behinderung regelmäßig
zu verneinen sein.
Tatbestand:
1 Die Klägerin führt die Firma "WetterOnline Meteorologische
Dienstleistungen GmbH". Sie betreibt unter dem für sie seit dem 25. November
1996 registrierten Domainnamen "www.wetteronline.de" eine durch Werbung
finanzierte Internetseite, auf der sie über das Wetter informiert und
Dienstleistungen zu den Themen Wetter und Klima erbringt.
2 Für den Beklagten ist seit dem 2. Oktober 2003 der im Streitfall von der
Klägerin beanstandete Domainname "www.wetteronlin.de" registriert. Außerdem
ist er Inhaber der Domainnamen "www.autoscot24.de", "www.altavister.de" und
"www.bafoegantrag.de". Rief ein Nutzer diese Domainnamen auf, wurde er
jeweils auf die Seite "www.sedoparking.com" geleitet, auf der unter der
Überschrift "pkvleistung24.de" private Krankenversicherer ihre Leistungen
anboten. Hierfür erhielt der Beklagte ein Entgelt.
3 Nach Ansicht der Klägerin hat der Beklagte den Domainnamen
"www.wetteronlin.de" bewusst in einer fehlerhaften Schreibweise ihres
bereits zuvor registrierten Domainnamens - sogenannte "Tippfehler-Domain" -
angemeldet, um Interessenten, die eigentlich die Internetseite der Klägerin
aufsuchen wollten, deren Domainnamen versehentlich aber nur unvollständig
eintippten, auf eine Internetseite mit Werbung umzuleiten. Dies sei als
wettbewerbsrechtswidrige Behinderung und als Verletzung ihres bekannten
Unternehmenskennzeichens unzulässig.
4 Bereits Ende 2004 hatte die Klägerin den Beklagten abgemahnt und die
Einstellung der Nutzung des beanstandeten Domainnamens "wetteronlin.de"
sowie seine Löschung verlangt. Daraufhin gab der Beklagte am 6. Januar 2005
eine auf meteorologische Waren, Dienstleistungen und Informationen begrenzte
Unterlassungserklärung ab. Eine ausdrückliche Annahme dieser Erklärung durch
die Klägerin erfolgte nicht. Mit Schreiben vom 3. März 2011 mahnte die
Klägerin den Beklagten erneut ab. Daraufhin veranlasste der Beklagte die
"Abschaltung" der Internetseite, gab aber keine strafbewehrte
Unterlassungserklärung ab.
5 Die Klägerin hat beantragt (Klageantrag zu 1.1), den Beklagten unter
Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, den
Domain-Namen "wetteronlin.de" als Titel für Internet-Homepages und/oder als
Second-Level-Domain-Bezeichnung "www.wetteronlin.de" zu benutzen und/oder
benutzen zu lassen.
6 Ferner hat die Klägerin den Beklagten auf Einwilligung in die Löschung des
Domainnamens "wetteronlin.de" (Klageantrag zu 1.2) sowie auf Auskunft in
Anspruch genommen (Klageantrag zu 1.3) und die Feststellung der
Schadensersatzpflicht (Klageantrag zu 2) begehrt.
7 Das Landgericht hat den Beklagten - unter Einschränkung des
Feststellungsantrags auf die Zeit ab dem 25. September 2010 - gemäß den
Anträgen der Klägerin verurteilt. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos
geblieben (OLG Köln, WRP 2012, 989). Das Berufungsgericht hat lediglich
klarstellend auch den auf Auskunft gerichteten Urteilsausspruch des
Landgerichts auf die Zeit ab dem 25. September 2010 begrenzt.
8 Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin
beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
9 A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden die geltend
gemachten Ansprüche aus §§ 8, 9, 4 Nr. 10 UWG sowie aus §§ 12, 823, 1004 BGB
zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:
10 Zwischen den Parteien bestehe ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, weil
sich die Verwendung des beanstandeten Domainnamens behindernd auf den
Wettbewerb der Klägerin auswirken könne. Eine gezielte Behinderung liege
darin, dass das Geschäftsmodell des Beklagten darauf gerichtet sei, Nutzer,
die auf die Internetseite der Klägerin gelangen wollten, auf die eigene
Internetseite umzulenken. Für ein zielgerichtetes Verhalten spreche auch der
Umstand, dass sich der Beklagte eine Vielzahl weiterer "Tippfehler-Domains"
gesichert habe. Die Klägerin werde auch dann behindert, wenn der
irregeleitete Nutzer alsbald bemerke, dass er nicht zum gewünschten Ziel
gelangt sei. Eine Vielzahl der fehlgeleiteten Nutzer werde sich aus
Verärgerung oder weil sie sich mit dem Grund der Fehlleitung nicht näher
befassen wollten, einen anderen Wetterdienst suchen. Auf diese Weise gingen
der Klägerin Werbeeinnahmen verloren.
11 Die geltend gemachten Ansprüche rechtfertigten sich zudem aus §§ 12, 823,
1004 BGB. In der Verwendung des jedenfalls abstrakt mit der Firma der
Klägerin verwechslungsfähigen Domainnamens liege eine Verletzung ihres
Namensrechts. Es bestehe kein schützenswertes Interesse des Beklagten,
potentielle Besucher der Internetseite der Klägerin auf die von ihm geführte
Seite umzuleiten. Demgegenüber habe die Klägerin ein erhebliches Interesse
daran, dass ihr Name nicht zu diesem Zweck missbraucht werde.
12 B. Die gegen die Verurteilung des Beklagten gerichteten Angriffe der
Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und
zur Abweisung der Klage, soweit die Klägerin ihre Anträge auf die
Verletzung ihres Namensrechts gemäß § 12 BGB gestützt hat (dazu B
II). Im Hinblick auf die Anträge, die auf eine unlautere Behinderung gemäß
§§ 3, 4 Nr. 10 UWG gestützt sind, führt die Revision zur Aufhebung des
Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht,
soweit es den geltend gemachten Unterlassungsanspruch und die darauf
bezogenen Folgeanträge auf Auskunftserteilung und Feststellung der
Schadensersatzpflicht betrifft (dazu B III). Der auf eine unlautere
Behinderung gestützte Antrag auf Einwilligung in die Löschung des
Domainnamens "wetteronlin.de" ist abzuweisen (dazu B IV).
13 I. Im Streitfall ist sowohl über eine Verletzung des Namensrechts
als auch über eine wettbewerbswidrige Behinderung der Klägerin zu
entscheiden. Es liegen insoweit zwar unterschiedliche
Streitgegenstände vor. Die Klägerin hat ihr Klagebegehren aber im Wege der
kumulativen Klagehäufung auf beide Streitgegenstände gestützt.
14 Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der
Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem
sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den
Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte
Rechtsfolge herleitet (BGH, Urteil vom 19. April 2012 - I ZR 86/10, GRUR
2012, 1145 Rn. 17 = WRP 2012, 1392 - Pelikan). Bei einem einheitlichen
Klagebegehren liegen verschiedene Streitgegenstände vor, wenn die
materiellrechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine
Verselbständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich
ausgestaltet (BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194,
314 Rn. 19 - Biomineralwasser). Das ist etwa der Fall, wenn der Kläger sein
Klagebegehren auf ein Schutzrecht und auf ein wettbewerbswidriges Verhalten
des Beklagten stützt oder seinen Anspruch aus mehreren Schutzrechten
herleitet. Dann liegen auch bei einem einheitlichen Klagebegehren mehrere
Streitgegenstände vor (BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 60/11, GRUR
2013, 397 Rn. 13 = WRP 2013, 499 - Peek & Cloppenburg III, mwN). So verhält
es sich im Streitfall. Die Klägerin hat ihre Klageanträge sowohl auf eine
Verletzung ihres Namensrechts als auch auf den Gesichtspunkt der unlauteren
Behinderung gestützt. Über beide Streitgegenstände ist zu entscheiden, weil
die Klägerin erklärt hat, im Wege der kumulativen Klagehäufung vorzugehen.
15 II. Die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, dass das
Berufungsgericht die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin aufgrund eines
Rechts an ihrem Namen bejaht hat.
16 1. Allerdings ist der Anwendungsbereich des Namensschutzes gemäß § 12 BGB
nicht bereits deswegen verschlossen, weil das Landgericht eine Verletzung
der von der Klägerin in erster Instanz geltend gemachten Rechte aus ihrem
Unternehmenskennzeichen verneint hat. § 12 BGB bleibt neben den Ansprüchen
aus §§ 5, 15 MarkenG anwendbar, soweit der Funktionsbereich des Unternehmens
ausnahmsweise durch eine Verwendung der Unternehmensbezeichnung außerhalb
der kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr berührt wird, weil die
Unternehmensbezeichnung nicht im geschäftlichen Verkehr oder
- wie es das Landgericht im Streitfall angenommen hat - außerhalb der
erforderlichen Branchennähe benutzt wird (vgl.
BGH, Urteil vom 22. November
2001 - I ZR 138/99, BGHZ 149, 191, 198 - shell.de;
Urteil vom 9. September
2004
- I ZR 65/02, GRUR 2005, 430, 431 = WRP 2005, 488 - mho.de;
Urteil vom 24.
April 2008 - I ZR 159/05, GRUR 2008, 1099 Rn. 10 = WRP 2008, 1520
- afilias.de). Entsprechendes gilt, wenn - wie im Streitfall - mit der
Löschung eines Domainnamens eine Rechtsfolge begehrt wird, die aus
kennzeichenrechtlichen Vorschriften grundsätzlich nicht hergeleitet werden
kann (BGH, Urteil vom 9. November 2011 - I ZR 150/09, GRUR 2012, 304 Rn. 32
= WRP 2012, 330 - Basler Haar-Kosmetik).
17 2. Im Streitfall liegen jedoch die Voraussetzungen des § 12 BGB nicht
vor.
18 a) Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann
bereits nicht angenommen werden, dass der Klägerin an dem Firmenbestandteil
"WetterOnline" ein Namensrecht zusteht.
19 Der Schutz des Namensrechts gemäß § 12 BGB setzt namensmäßige
Unterscheidungskraft der Bezeichnung von Haus aus oder aufgrund von
Verkehrsgeltung voraus (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 - I ZR 69/02,
GRUR 2005, 517, 518 = WRP 2005, 614 - Literaturhaus, mwN). Daran fehlt es im
Streitfall. Dem Firmenbestandteil "WetterOnline" kommt im Hinblick auf den
Unternehmensgegenstand der Klägerin keine originäre Unterscheidungskraft zu,
weil diese Bezeichnung den Geschäftsgegenstand, "online" Informationen und
Dienstleistungen zum Thema "Wetter" anzubieten, unmittelbar beschreibt. Das
Berufungsgericht hat auch nicht festgestellt, dass der Firmenbestandteil
"WetterOnline" über Verkehrsgeltung verfügt und er deshalb namensmäßige
Unterscheidungskraft zugunsten der Klägerin erlangt hat. Ohne namensmäßige Unterscheidungskraft scheiden sämtliche auf eine Verletzung des Namensrechts
gestützten Ansprüche aus.
20 b) Der Anspruch auf Einwilligung in die Löschung des Domainnamens
(Klageantrag zu 1.2) besteht zudem deshalb nicht, weil auch die weiteren
Voraussetzungen des § 12 Satz 1 BGB nicht vorliegen.
21 aa) Eine im Streitfall allein in Betracht kommende unberechtigte
Namensanmaßung nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB ist gegeben, wenn ein Dritter
unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung
eintritt und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden
(vgl. BGH, GRUR 2008, 1099 Rn. 18 -
afilias.de;
GRUR 2012, 304 Rn. 37 - Basler Haar-Kosmetik). Diese Voraussetzungen können
auch durch eine bloße Registrierung des Domainnamens erfüllt werden. Das kommt in Betracht, wenn mit der
Registrierung eine erhebliche Beeinträchtigung der namensrechtlichen
Befugnisse verbunden ist (BGH, Urteil vom 13. März 2008 - I ZR 151/05, GRUR
2008, 912 Rn. 36 = WRP 2008, 1353 - Metrosex, mwN). Das ist im Streitfall
weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
22 bb) Nach der Rechtsprechung des Senats liegt die Beeinträchtigung des
Namensrechts durch die Registrierung eines Domainnamens in der dadurch
eintretenden Sperrwirkung, die es ausschließt, dass der Berechtigte unter
seinem Namen als Teil der Internetadresse aufgefunden wird (vgl.
BGHZ 149,
191, 198 - shell.de). An einer vergleichbaren Interessenbeeinträchtigung
fehlt es in Bezug auf die Registrierung eines Domainnamens, der aus der
fehlerhaften Schreibweise einer bereits zuvor registrierten Internetadresse
gebildet ist. Eine solche Registrierung hindert den Namensinhaber nicht
daran, seinen Namen in der richtigen Schreibweise als Internetadresse weiter
zu benutzen. Hier ist die Klägerin Inhaberin eines Domainnamens, in dem ihr
Unternehmensschlagwort "wetteronline" in der richtigen Schreibweise
enthalten ist. Das Berufungsgericht hat auch keine Umstände festgestellt,
die dafür sprechen könnten, dass die Klägerin zum Schutz ihres Namensrechts
auch auf den angegriffenen Domainnamen angewiesen ist (vgl. BGH, Urteil vom
2. Dezember 2004 - I ZR 207/01, GRUR 2005, 687, 689 = WRP 2005, 893 - weltonline.de). Es hat zudem nicht
festgestellt, dass die Klägerin ein Interesse daran hat, den angegriffenen
Domainnamen selbst zu nutzen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2004 - I ZR
82/01, GRUR 2004, 619, 621 = WRP 2004, 769 - kurt-biedenkopf.de; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., Nach § 15 Rn. 89, 91). Dann
steht ihr auch kein Anspruch auf Einwilligung in die Löschung des
Domainnamens zu.
23 c) Eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht bedarf es im
Hinblick auf die geltend gemachten namensrechtlichen Ansprüche nicht, weil
der Senat auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts selbst
beurteilen kann, dass deren Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 563 Abs. 3
ZPO).
24 III. Die Revision hat ferner Erfolg, soweit sie sich gegen die auf die
Annahme einer unlauteren Behinderung gemäß §§ 3, 4 Nr. 10 UWG gestützte
Verurteilung wendet. Zwar behindert der Beklagte durch die beanstandete
Verwendung des Domainnamens die Klägerin in unlauterer Weise im Sinne von §§
3, 4 Nr. 10 UWG (dazu sogleich unter B III 1). Das Unterlassungsgebot ist
jedoch nicht auf die konkrete Verletzungsform beschränkt. Dem Beklagten ist
es verboten worden, den Domain-Namen "wetteronlin.de"
als Titel für Internet-Homepages und/oder als
Second-Level-Domain-Bezeichnung "www.wetteronlin.de"
zu benutzen und/oder benutzen zu lassen. Dieses von der konkreten Verwendung
des Domainnamens losgelöste generelle Verbot hat in der vom Berufungsgericht
dafür gegebenen, auf die konkrete Verwendung dieses Domainnamens für eine
Internetseite mit Versicherungswerbung bezogenen Begründung keine
hinreichende Grundlage. Es erfasst auch erlaubte Sachverhalte und kann daher
keinen Bestand haben (dazu unter B III 2).
25 1. Allerdings wendet sich die Revision vergeblich gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, dass die Verwendung des angegriffenen Domainnamens für
eine Internetseite, über die der Nutzer auf eine weitere Seite mit Werbung
für private Krankenversicherer weitergeleitet wird, den Tatbestand einer
unlauteren Behinderung gemäß §§ 3, 4 Nr. 10 UWG erfüllt.
26 a) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin im
Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG Mitbewerber des Beklagten ist. Zwischen den
Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, weil sie versuchen,
gleichartige Dienstleistungen innerhalb desselben Abnehmerkreises abzusetzen
mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten die
Klägerin beeinträchtigen, also in ihrem Absatz behindern oder stören kann
(vgl.
BGH, Urteil vom 13. Juli 2006 - I ZR 241/03, BGHZ 168, 314 Rn. 14 -
Kontaktanzeigen, mwN). Die Klägerin ermöglicht Dritten die entgeltliche
Werbung auf ihrer Internetseite. Auch der Beklagte stellt seine
Internetseite Dritten gegen Entgelt zu Werbezwecken zur Verfügung. Da die
Attraktivität von Internetwerbung nach der Lebenserfahrung davon abhängt,
wie häufig und intensiv die Internetseite von Interessenten besucht wird,
kann das beanstandete Umleiten von Besucherströmen durch das Betreiben einer
"Tippfehler-Domain" den Absatz des Beklagten fördern und denjenigen der
Klägerin behindern.
27 b) Erfolglos wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, durch die beanstandete Verwendung des Domainnamens "www.wetteronlin.de"
für eine Internetseite, auf der für Versicherungsangebote geworben werde,
habe der Beklagte die Klägerin im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG unlauter
behindert.
28 aa) Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG
setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten
der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene
Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist.
Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der
Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie
dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die
beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung
nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese
Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung
der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der
Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie der
Allgemeinheit beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 - I ZR
150/07, GRUR 2010, 346 Rn. 12 = WRP 2010, 633 - Rufumleitung; Urteil vom 12.
November 2009 - I ZR 183/07, GRUR 2010, 642 Rn. 53 = WRP 2010, 764 -
WM-Marken; Urteil vom 22. Juni 2011
- I ZR 159/10, GRUR 2011, 1018 Rn. 65 = WRP 2011, 1469 -
AutomobilOnlinebörse, mwN).
29 bb) Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es
hat unter Bezugnahme auf die Begründung des Landgerichts angenommen, die
Verwendung des angegriffenen Domainnamens beeinträchtige die Interessen der
Klägerin, weil Verbraucher, die auf die Internetseite der Klägerin gelangen
wollten, bei irrtümlich fehlerhafter Eingabe der Internetadresse über die
Internetseite des Beklagten auf eine Seite mit Krankenversicherungsangeboten
umgeleitet würden. Eine Behinderung der wettbewerblichen
Entfaltungsmöglichkeiten der Klägerin sei auch gegeben, wenn der
irregeleitete Nutzer alsbald merke, dass er nicht zu der gewünschten
Internetseite gelangt sei. Eine Vielzahl dieser Betroffenen werde sich aus
Verärgerung oder weil sie sich mit dem Grund der Fehlleitung nicht näher
befassen wollten, einen anderen Wetterdienst suchen als denjenigen, den die
Klägerin anbiete und den sie eigentlich in Anspruch nehmen wollten. Es sei
nicht davon auszugehen, dass die Nutzer den Fehler nur bei sich suchen und
die richtige Schreibweise in der Browserzeile nicht kontrollieren würden.
Auf diese Weise gingen der Klägerin zumindest Werbeeinnahmen verloren. Der
Beklagte habe auch zielgerichtet gehandelt. Er habe sich nicht nur den
streitbefangenen Domainnamen, sondern eine Vielzahl weiterer
"Tippfehler-Domains" gesichert. Das könne nur den Sinn gehabt haben, auf
diese Weise Internetnutzer, die die Internetseite der Klägerin aufsuchen
wollten, umzuleiten.
30 cc) Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
31 (1) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der
Beklagte mit der Registrierung und Verwendung des Domainnamens "www.wetteronlin.de"
den Zweck verfolgt hat, solche Nutzer auf die unter dieser Adresse von ihm
betriebene Internetseite zu leiten, die eigentlich die
Internetseite mit dem Domainnamen "www.wetteronline.de"
aufsuchen wollten, irrtümlich aber den Buchstaben "e" am Ende der
Second-Level-Domain nicht eingegeben haben. Auf den vom Berufungsgericht
herangezogenen Umstand, dass der Beklagte mit den Internetadressen "www.autoscot24.de"
und "www.altavister.de" weitere als
"Tippfehler-Domains" in Betracht kommende Internetadressen registriert und
verwendet hat, kommt es nicht an.
32 (2) Das Berufungsgericht hat auch die weiteren Voraussetzungen einer
wettbewerbsrechtswidrigen Behinderung der Klägerin rechtsfehlerfrei bejaht.
33 Allerdings ergibt sich eine unlautere Behinderung nicht aus dem
Gesichtspunkt der Ausnutzung einer fremden Einrichtung (aA Köhler in Köhler/Bornkamm,
UWG, 32. Aufl., § 4 Rn. 10.27b). Bei dieser Fallgruppe liegt die gezielte
Behinderung eines Mitbewerbers darin, dass die von oder für einen
Mitbewerber geschaffenen Einrichtungen für eigene Zwecke ausgenutzt werden,
ohne dafür ein Entgelt zu entrichten (BGH, GRUR 2010, 346 Rn. 15, 18 ff. -
Rufumleitung; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 10.27b). Der Senat hat
dies in einem Fall angenommen, in dem der Mitbewerber eines
Telekommunikationsunternehmens die Bereithaltung eines Mobilfunkanschlusses
und die Unterhaltung eines Mobilfunknetzes durch die Einrichtung einer
Rufumleitung ausnutzt und damit den Anfall eines Zusammenschlussentgelts
zugunsten des Telekommunikationsunternehmens und damit die Möglichkeit
verhindert, die getätigten Investitionen zu erwirtschaften (vgl. BGH, GRUR
2010, 346 Rn. 15, 18 ff. - Rufumleitung). Im Streitfall liegt kein damit
vergleichbarer Sachverhalt vor. Der Beklagte nutzt nicht das Bereithalten
der Internetseite der Klägerin, sondern die falsche Eingabe des Domainnamens
aus.
34 (3) Eine unlautere Behinderung ergibt sich im Streitfall jedoch aus dem
Gesichtspunkt des Abfangens von Kunden.
35 Das Eindringen in einen fremden Kundenkreis und das Ausspannen sowie
Abfangen von Kunden gehören allerdings grundsätzlich zum Wesen des
Wettbewerbs. Eine unlautere Behinderung des Mitbewerbers ist deshalb erst
gegeben, wenn auf Kunden, die bereits dem Wettbewerber zuzurechnen sind, in
unangemessener Weise eingewirkt wird, um sie als eigene Kunden zu gewinnen
oder zu erhalten. Eine solche unangemessene Einwirkung auf den Kunden liegt
vor, wenn sich der Abfangende gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und
dessen Kunden stellt, um diesen eine Änderung ihres Entschlusses, das
Angebot des Mitbewerbers in Anspruch zu nehmen, aufzudrängen (BGH, Urteil
vom 5. Februar 2009 - I ZR 119/06, GRUR 2009, 876 Rn. 21 = WRP 2009, 1086
- Änderung der Voreinstellung II; BGH, GRUR 2010, 346 Rn. 15 - Rufumleitung;
BGH, Urteil vom 24. November 2011 - I ZR 154/10, GRUR 2012, 645 Rn. 17 = WRP
2012, 817 - Mietwagenwerbung, mwN). Diese Voraussetzungen liegen im Hinblick
auf die konkret beanstandete Verwendung des Domainnamens für eine
Internetseite mit Versicherungswerbung vor.
36 Der wettbewerbliche Charakter einer "Tippfehler-Domain" zeichnet sich
dadurch aus, dass der Inhaber eines solchen Domainnamens den Kunden, der
- entweder direkt in das Adressenfeld seines Internetbrowsers oder in eine
Suchmaschine - eine bestimmte Internetadresse eingibt und sich deshalb
gewissermaßen bereits auf dem direkten Weg zur so gekennzeichneten
Internetseite befindet, durch das Ausnutzen typischer und deshalb
vorhersehbarer Versehen bei der Adresseneingabe auf das eigene Angebot
leitet.
37 Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, es bestehe kein
schützenswertes Interesse des Beklagten, potentielle Besucher der
Internetseite der Klägerin auf die von ihm betriebene Internetseite mit
Versicherungswerbung umzuleiten. Dagegen ist das Interesse der Klägerin
beeinträchtigt, ihre Leistungen am Markt durch eigene Anstrengungen in
angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts gehen der
Klägerin durch den Betrieb der Internetseite des Beklagten mit der
"TippfehlerDomain" Aufrufe ihrer Internetseite verloren.
38 Die Revision macht dagegen vergeblich geltend, dem auf die Internetseite
des Beklagten gelangten Nutzer werde sogleich deutlich, dass ein Fehler
vorliegen müsse. Er werde deshalb durch eine Neueingabe des Domainnamens der
Klägerin deren Wetterdienst aufsuchen, so dass der Klägerin diese
Interessenten nicht als Kunden verlorengingen.
39 Das Berufungsgericht hat angenommen, eine Behinderung der
wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Klägerin sei auch dann
gegeben, wenn der irregeleitete Nutzer alsbald bemerke, dass er nicht zu dem
gewünschten Ziel gelangt sei. Eine Vielzahl dieser Betroffenen werde sich
aus Verärgerung oder weil sie sich mit dem Grund der Fehlleitung nicht näher
befassen wollten, einen anderen Wetterdienst suchen als denjenigen, den die
Klägerin anbiete und den sie eigentlich nutzen wollten. Es könne nicht davon
ausgegangen werden, dass die Nutzer den Fehler nur bei sich suchen und die
richtige Schreibweise in der Browserzeile kontrollieren würden. Diese auf
tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler
erkennen. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass Nutzer, die die
Internetseite der Klägerin aufrufen wollen, weil sie entweder das Angebot
der Klägerin bereits kennen oder aber jedenfalls den Anbieter eines
Wetterdienstes unter dem Domainnamen "wetteronline.de" vermuten, verärgert
reagieren werden, wenn sie stattdessen auf eine Internetseite mit
Versicherungswerbung gelangen. Ebenso ist es nicht erfahrungswidrig, dass
eine erhebliche Anzahl der Nutzer nicht von einem eigenen Eingabefehler
ausgehen, sondern annehmen wird, dass der unter dem Domainnamen
"wetteronline.de" auftretende Anbieter durch das Angebot von Werbefläche
kommerziellen Nutzen aus dem Interesse an dieser Internetadresse ziehen
will.
40 (4) Das beanstandete Verhalten des Beklagten beeinträchtigt zudem
Verbraucherinteressen. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass kein
Internetnutzer, der die Internetseite "wetteronline.de"
aufsuchen wolle, einen Vergleich von Versicherungsanbietern erwarte. Die
Wahl eines Domainnamens, der als "Tippfehler-Domain" gebildet ist, führt
deshalb zu einer den Internetnutzer belästigenden Fehlleitung. Dies gilt
auch im Hinblick auf Verbraucher, die die Klägerin als Anbieter von
Wetterdienstleistungen im Internet nicht kennen, sondern den Domainnamen der
Klägerin wegen seines beschreibenden Charakters eingeben und sich dabei
verschreiben.
41 (5) Eine unlautere Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG ist nicht
deshalb zu verneinen, weil der Domainname, an den sich die beanstandete
"Tippfehler-Domain" anlehnt, aus einem rein beschreibenden Begriff besteht
(vgl. OLG Jena, MMR 2005, 776, 777; Omsels in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl.,
§ 4 Nr. 10 Rn. 86; Hasselblatt in Gloy/Loschelder/Erdmann, Wettbewerbsrecht,
4. Aufl., § 57 Rn. 31; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rn.
10.51; aA LG Hamburg, K&R 2009, 745, 746; M. Viefhues in Hoeren/Sieber,
Multimedia-Recht, 25. Lief., Teil 6.1. Rn. 214). Der Verkehr weiß, dass in
vielen Fällen auch generische Domainnamen von einem bestimmten Anbieter
kommerziell genutzt werden (vgl. BGH, GRUR 2005, 687, 688 - weltonline.de). Er wird deshalb auch beim
Aufsuchen einer Internetseite mit einer generischen Internetadresse in
Rechnung stellen, zum Angebot eines bestimmten Anbieters zu gelangen.
Die
Registrierung und Nutzung von generischen Domainnamen von einem Anbieter zu
kommerziellen Zwecken ist rechtlich zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai
2001 - I ZR 216/99, BGHZ 148, 1, 9 ff. -
Mitwohnzentrale.de; BGH, GRUR 2005, 687, 688 - weltonline.de).
Solchen
Domainnamen kann deshalb der wettbewerbsrechtliche Schutz gemäß § 4 Nr. 10
UWG nicht grundsätzlich versagt werden. Die vorliegende Fallkonstellation
ist auch nicht mit der Verwendung von Gattungsbegriffen in unterschiedlicher
Schreibweise - etwa
mit und ohne Umlaute - vergleichbar, die vielfach nicht als
wettbewerbsrechtlich unlauter beurteilt werden (OLG Köln, GRUR-RR 2006, 19;
Ohly in Piper/Ohly/ Sosnitza aaO § 4 Rn. 10.51; Fezer/Götting, UWG, 2.
Aufl., § 4-10 Rn. 103; Om-sels in Harte/Henning aaO § 4 Nr. 10 Rn. 86; Wirtz
in Götting/Nordemann, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 10 Rn. 10.58; Hasselblatt in
Gloy/Loschelder/Erdmann aaO § 57 Rn. 31). Die Verwendung unterschiedlicher
Schreibweisen ein und desselben Gattungsbegriffs ist in der Verwendung
derartiger Bezeichnungen angelegt und Teil des Wettbewerbs.
42 (6) Der Annahme einer unlauteren Behinderung steht schließlich auch nicht
entgegen, dass das Verhalten des Beklagten vorrangig darauf gerichtet sein
mag, über fehlgeleitete Aufrufe seiner Internetseite Werbeeinnahmen zu
erzielen. Unlauter ist eine Wettbewerbshandlung auch dann, wenn sie sich
zwar als Entfaltung eigenen Wettbewerbs darstellt, aber - wie im Streitfall
- das Eigeninteresse des Handelnden unter Berücksichtigung des Grundsatzes
der Wettbewerbsfreiheit weniger schutzwürdig ist als die Interessen der
übrigen Beteiligten und der Allgemeinheit. Eine auf die Behinderung
gerichtete Absicht ist für die Annahme einer gezielten Behinderung im Sinne
von § 4 Nr. 10 UWG nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - I
ZR 135/06, GRUR 2009, 685 Rn. 41 = WRP 2009, 803 - ahd.de).
43 c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, die Ansprüche der Klägerin seien nicht verwirkt.
44 aa) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass wegen eines
vorsätzlichen Verhaltens des Beklagten hohe Anforderungen an die Annahme
einer Verwirkung zu stellen sind, die im Streitfall nicht erfüllt sind. Zwar
sei der Beklagte schon 2004 umfassend abgemahnt worden, habe eine auf
meteorologische Dienstleistungen und Informationen beschränkte
Unterlassungserklärung abgegeben und sich an diese auch gehalten. Daraus,
dass die Klägerin
anschließend wegen der Nutzung außerhalb des Bereichs der Meteorologie
zunächst keine Ansprüche geltend gemacht habe, habe der Beklagte aber nicht
den Schluss ziehen können, die Klägerin werde nicht mehr gegen ihn vorgehen.
Es sei auch nicht ersichtlich, worin der schützenswerte Besitzstand liege,
den der Beklagte durch die Fehlleitung der Nutzer erworben haben könnte.
Diese Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
45 bb) Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe den
Vortrag des Beklagten nicht berücksichtigt, wonach auf seiner Internetseite
bereits im Jahr 2004 für Krankenversicherungen geworben worden sei, betrifft
dies vorrangig das Zeitmoment der Verwirkung. Das Berufungsgericht hat
jedoch das Umstandsmoment und den Gesichtspunkt des schutzwürdigen
Besitzstandes verneint. Mit ihrem Vorbringen, der Beklagte habe aufgrund des
Umstands, dass die Klägerin sich mit einer auf meteorologische
Dienstleistungen eingeschränkten Unterlassungserklärung zufriedengegeben
habe und mehr als sechs Jahre lang untätig geblieben sei, davon ausgehen
dürfen, dass die Klägerin gegen die von ihm vorgenommene Werbung für
Krankenversicherungen im Rahmen eines Domain-Parking-Systems nichts
einzuwenden habe, legt die Revision keinen Rechtsfehler des
Berufungsgerichts dar. Sie begibt sich insoweit vielmehr auf das ihr
revisionsrechtlich verschlossene Gebiet der tatrichterlichen Würdigung.
46 2. Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch dagegen, dass das
Berufungsgericht das Verbot nicht auf die konkrete Verwendung des
beanstandeten Domainnamens für eine Internetseite mit Werbung für
Versicherungsanbieter begrenzt hat, sondern die Verwendung generell, also
unabhängig davon verboten hat, ob unter dem Domainnamen eine Internetseite
betrieben wird und ggf. welchen Inhalt diese Seite hat.
47
a) Ein Klageantrag ist unbegründet, wenn er aufgrund seiner zu weiten
Fassung die vom Kläger geltend gemachte konkrete Verletzungsform verfehlt,
weil er auch erlaubte Verhaltensweisen erfasst (BGH, Urteil vom 29. März
2007
- I ZR 164/04, GRUR 2007, 987 Rn. 19 = WRP 2007, 1341 - Änderung der
Voreinstellung I; Urteil vom 18. Oktober 2012 - I ZR 137/11, GRUR 2013, 409
Rn. 21 = WRP 2013, 496 - Steuerbüro, mwN; Urteil vom 15. August 2013
- I ZR 188/11, GRUR 2013, 1161 Rn. 53 ff. = WRP 2013, 1465 - Hard Rock
Café). So liegt es auch im Streitfall.
48 b) Eine unlautere Behinderung im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 10 UWG ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter
Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger
Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit festzustellen. Im Streitfall beruht
die Annahme einer unlauteren Behinderung auf der Feststellung des
Berufungsgerichts, dass ein erheblicher Teil der Verbraucher unter der
Internetadresse "wetteronline.de" das
Angebot von Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Thema Wetter und keine
Werbung für Versicherungsunternehmen erwarten wird. Dagegen scheidet eine
unlautere Behinderung dann aus, wenn der Nutzer auf der Internetseite des
Beklagten sogleich und unübersehbar auf den Umstand aufmerksam gemacht wird,
dass er sich nicht auf der Seite "wetteronline.de" befindet, weil er sich
vermutlich bei der Eingabe des Domainnamens vertippt hat. In einem solchen
Fall kann nicht angenommen werden, dass ein erheblicher Teil der Nutzer aus
Verärgerung eine andere Internetseite mit Wetterinformationen aufsuchen
werde und der Klägerin deshalb werberelevante Aufrufe ihrer Internetseite
verlorengehen werden. In diesem Fall werden auch keine Verbraucherinteressen
beeinträchtigt, weil der Betroffene auf die fehlerhafte Eingabe sofort
hingewiesen wird.
49 c) Die zu weite Fassung des Unterlassungsantrags führt allerdings nicht
zu seiner Abweisung. Nach der Rechtsprechung des Senats gebieten bei
erstmals in der Revisionsinstanz festgestellten Mängeln des Klageantrags der
Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Anspruch der Parteien auf ein
faires Gerichtsverfahren, dem Kläger durch die Wiedereröffnung der
Berufungsinstanz Gelegenheit zu geben, den insoweit bestehenden Bedenken
durch eine angepasste Antragsfassung Rechnung zu tragen (BGH, Urteil vom 8.
März 2012 - I ZR 85/10, GRUR 2012, 1153 Rn. 16 = WRP 2012, 1390 -
Unfallersatzgeschäft; BGH, GRUR 2013, 409 Rn. 23 - Steuerbüro, jeweils mwN).
50 3. Aus den vorstehenden Gründen ist die Sache auch im Hinblick auf die
Folgeanträge auf Auskunftserteilung und Feststellung der
Schadensersatzpflicht an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Diese
Anträge sind auf den Unterlassungsanspruch bezogen und teilen deshalb sein
rechtliches Schicksal.
51 IV. Die Revision hat ferner Erfolg, soweit sie sich gegen die auf den
Gesichtspunkt der unlauteren Behinderung gemäß §§ 3, 4 Nr. 10 UWG gestützte
Verurteilung zur Einwilligung in die Löschung des Domainnamens "wetteron-lin.de"
gegenüber der DENIC eG wendet.
52 1. Die Registrierung eines Domainamens kann nur bei Vorliegen besonderer
Umstände den Tatbestand einer unlauteren Mitbewerberbehinderung erfüllen
(vgl. BGH, GRUR 2009, 685 Rn. 41 - ahd.de).
Solche besonderen Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
53 Der Umstand, dass die Klägerin wegen der Registrierung des beanstandeten
Domainnamens daran gehindert ist, diesen für ihr Unternehmen zu nutzen, ist
Folge des bei der Vergabe von Domainnamen geltenden Prioritätsprinzips. Die
darin liegende Beeinträchtigung ihrer wettbewerblichen
Entfaltungsmöglichkeiten hat die Klägerin daher grundsätzlich hinzunehmen
(BGH, GRUR 2009,
685 Rn. 42 - ahd.de). Dass sie ein Interesse
daran hat, die als "TippfehlerDomain" angegriffene Internetadresse selbst zu
nutzen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
54 Das Verhalten des Beklagten stellt sich auch nicht als
rechtsmissbräuchlich dar. Es ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich,
dass er den Domainnamen ohne einen ernsthaften Benutzungswillen in der
Absicht hat registrieren lassen, sich diesen vom Inhaber eines
entsprechenden Kennzeichen- oder Namensrechts abkaufen zu lassen (vgl. BGH,
GRUR 2008, 1099 Rn. 33
- afilias.de). Zudem kann eine unlautere Behinderung ausgeschlossen werden,
indem die unter dem angegriffenen Domainnamen betriebene Internetseite
- etwa durch klar erkennbare, eindeutige Hinweise auf eine möglicherweise
fehlerhafte Eingabe - derart gestaltet ist, dass eine unzutreffende
Vorstellung der Verbraucher über den Betreiber der aufgerufenen
Internetseite sofort ausgeschlossen wird. Kann der Beklagte aber unter dem
angegriffenen Domainnamen eine rechtlich zulässige Internetseite betreiben
und kann ihm deshalb die Registrierung und das Halten des Domainnamens nicht
generell untersagt werden, ist ein Antrag auf Zustimmung zur Löschung
unbegründet.
55 2. Eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht bedarf es im
Hinblick auf den Löschungsantrag nicht. Der Senat hat hinsichtlich des
Löschungsanspruchs in der Sache selbst zu entscheiden, weil sie zur
Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der auf das Wettbewerbsrecht
gestützte
Löschungsantrag ist abzuweisen, weil dessen Voraussetzungen nicht vorliegen,
was der Senat auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts selbst
beurteilen kann.
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