Hauptpflichten
beim Vertrag auf Erstellung von individuellen EDV-Lösungen
(Programmdokumentation)
BGH, Urt. v. 20. Februar 2001 - X ZR 9/99 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Fundstelle:
NJW 2001,
1718
Amtl. Leitsätze:
a) Der Anspruch des Bestellers einer individuell auf
seine Bedürfnisse zugeschnittenen Software auf Lieferung einer zum Betrieb der
Software erforderlichen Dokumentation wird grundsätzlich erst mit dem Abschluß
der Arbeiten an dem Programm fällig.
b) Läßt sich eine abweichende Vereinbarung nicht feststellen, kann von einem
Softwarehersteller nicht ohne weiteres erwartet werden, daß er ohne Rücksicht
auf mögliche künftige Erweiterungen und Änderungen des Programms in jedem
Stadium seiner Arbeiten eine diesen entsprechende Dokumentation gestaltet.
Zentrale Probleme:
Im Mittelpunkt des
Rechtsstreits, mit welchem sich der BGH bereits zum zweiten Mal zu befassen
hatte (s. BGH NJW 1998, 2132),
stehen Fragen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts: Die Klägerin hatte von
der Beklagten ein aus Soft- und Hardware bestehendes EDV-System erworben, das
auf von der Beklagten entwickelten Programmen für einen Anbieter von
Termingeschäften aufbaut, jedoch speziell an die Bedürfnisse der Klägerin
angepaßt werden sollte. Nachdem die Beklagte einen Teil der Hard- und Software
geliefert und installiert hatte, beanstandete die Klägerin die Dokumentation
der Software (Handbücher) als unzureichend, forderte die Beklagte mehrfach zur
Lieferung einer ausreichenden Dokumentation auf und trat nach einer weiteren,
mit Ablehnungsandrohung versehenen Fristsetzung vom Vertrag zurück. Mit der
Klage macht sie die Rückerstattung geleisteter Vorauszahlungen geltend. Die
Beklagte wendet ein, daß die Software mangels notwendiger Angaben der Klägerin
hinsichtlich der benötigten Eingabefelder ("Formulare") noch nicht
fertiggestellt sei und daher eine Dokumentation der endgültig fertiggestellten
Software noch nicht habe erstellt werden können.
Der BGH qualifiziert den Vertrag
zwischen den Parteien als
einen
einheitlichen
Vertrag über die Lieferung eines aus Hard- und Softwarekomponenten bestehenden
individuell auf die Bedürfnisse der Klägerin zugeschnittenen EDV-Systems als
Werkvertrag. Die Lieferung einer ausreichenden Dokumentation gehöre hierbei zu
den Hauptpflichten, ihre Verletzung könne daher auf Seiten des Bestellers
Ansprüche aus §§ 325, 326 BGB auslösen. Der Anspruch auf Überlassung einer
Dokumentation sei jedoch erst fällig, wenn die geschuldeten Arbeiten am System
fertiggestellt seien, weil erst dann die zu dokumentierenden Funktionen
endgültig feststünden. Vorbehaltlich abweichender Abreden sei der Unternehmer
nicht verpflichtet, vor der abschließenden Fertigstellung der Software eine dem
jeweils erreichten Ausbauzustand entsprechende Dokumentation zu liefern. Nach
dem revisionsrechtlich zugrundezulegenden Sachverhalt war jedoch davon
auszugehen, daß mangels der Vornahme notwendiger Mitwirkungshandlungen die
Beklagte zur Herstellung des geschuldeten Werkes in seinem endgültigen Zustand
noch nicht in der Lage und damit auch nicht zur Herstellung einer Dokumentation
der EDV-Lösung in ihrem bisherigen Stand verpflichtet war.
Die Entscheidung enthält in Bezug auf die Rechtsprobleme der Lieferung von
individuell angepaßter Software keine Neuerung, sondern bestätigt die
bisherige Rechtsprechung in mehrfacher Hinsicht. Im Gegensatz zu Verträgen
über die dauernde Überlassung von Standardsoftware, die rechtlich nach h.M.
zumindest wie Sachkauf behandelt werden (BGHZ 102, 135 ff), werden Verträge
über individuell hergestellte Software, wozu auch auf individuelle Bedürfnisse
des Kunden umgearbeitete Standardsoftware gehört, als Werkverträge
qualifiziert (BGH NJW 1987, 1259). Umfaßt der Vertrag auch die Lieferung von
Hardware, d.h. eine komplette EDV-Lösung durch aufeinander abgestimmte Hard-
und Software, so ist bei Standardsoftware von einem einheitlichen Kaufvertrag (s.
BGHZ
102, 135 sowie BGH
NJW 2000, 1415 und jetzt BGH v. 15.11.2006
- XII ZR 120/04),
bei Individualsoftware von einem einheitlichen Werklieferungsvertrag i.S.v. §
651 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB auszugehen. In Rechtsprechung und Literatur ist
weiter auch unstreitig, daß die Lieferung von Handbüchern, ohne die eine
Benutzung der Software zumindest nicht in zumutbarer Weise ermöglicht wird, zu
den Hauptpflichten des Verkäufers/Unternehmers gehört und der Besteller im
Falle des Verzugs damit nach § 326 BGB vorgehen kann. Daß einen Unternehmer
bei der Herstellung von Individualsoftware diese Verpflichtung vorbehaltlich
abweichender Vereinbarung erst mit Abschluß der Programmierarbeiten trifft und
er in diesem Fall mit der Lieferung von Handbüchern nicht in Verzug geraten
kann, solange er sich nicht mit den Programmierarbeiten in Verzug befindet, ist
angesichts der Komplexität solcher EDV-Lösungen zweifelsohne zutreffend. Für
einen Verzug der Beklagten mit den Programmierarbeiten fehlte es aber nach dem
revisionsrechtlich maßgeblichen Sachverhalt jedenfalls am notwendigen
Verschulden (§ 285 BGB), da diese wegen der fehlenden Mitwirkung der Klägerin
nicht beendet werden konnten.
Der rechtlich relativ einfach zu bewertende Sachverhalt gibt Anlaß, auf die zum
Jahreswechsel geplante "große"
Schuldrechtsreform hinzuweisen. Ein wesentlicher Punkt des dort vorgesehenen
reformierten Leistungsstörungsrechts besteht in der Einführung eines
verschuldensunabhängigen Rücktrittsrechts bei Nicht- oder Schlechterbringung
einer fälligen Leistung aus einem gegenseitigen Vertrag, bei welcher es sich
abweichend vom geltenden Recht nicht um eine Hauptleistungspflicht handeln muß
(§ 323
BGB i.d.F. des Regierungsentwurfs vom 9.5.2001): Verzug ist nicht mehr
Rücktrittsvoraussetzung, der Gläubiger muß lediglich eine angemessene Frist
zur Leistungserbringung setzen. Entbehrlich wird auch die Ablehnungsandrohung,
jedoch bleibt sie (insbesondere bei der Nichterfüllung von Nebenpflichten)
weiter empfehlenswert, denn der Rücktritt soll ausgeschlossen sein, wenn der
Schuldner - was er allerdings zu beweisen hat - trotz der Fristsetzung
"nicht mit einem Rücktritt rechnen mußte". Freilich ist der
Rücktritt auch dann ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den zum Rücktritt
berechtigenden Umstand "allein oder weit überwiegend verantwortlich
ist". Ein wesentlicher Unterschied zum geltenden Recht (§ 326 Abs. 1 S. 2
Halbs. 2 BGB) besteht darin, daß der Erfüllungsanspruch des Gläubigers nach
der geplanten Neuregelung erst nach Ausübung des Rücktrittsrechts, nicht aber
bereits mit Ablauf der Nachfrist ipso iure wegfallen soll. Der
vorliegende Fall wäre freilich mangels Fälligkeit der Pflicht zur Lieferung
einer Dokumentation auch nach der vorgeschlagenen Neuregelung nicht anders zu
lösen gewesen. Die "neue" Lösung zeigt aber auch, daß die
vorgesehene Schuldrechtsreform nicht - wie behauptet bzw. befürchtet
- wesentlich neue, bisher unbekannte Ordnungselemente enthält.
© sl 2001
Tatbestand:
Die Klägerin befaßt sich mit der Vermittlung von
Warentermingeschäften. Die Beklagte ist ein Softwareunternehmen, das neben
Software auch aus Soft- und Hardware bestehende Systeme vertreibt.
Anfang 1993 erwarb die Klägerin bei der Beklagten ein in
deren Auftragsbestätigung vom 26. Februar 1993 näher bezeichnetes, aus Hard-
und Software bestehendes EDV-System, das auf von der Beklagten entwickelten
Programmen für einen Anbieter von Termingeschäften aufbaut. Die in diesem
Zusammenhang erworbene Hardware war von der Beklagten als zum Betrieb ihrer
Programme notwendig bezeichnet worden. Der Auftrag wurde später durch eine
Reihe von Zusatzarbeiten erweitert, wobei insbesondere auch die Anforderungen an
die Software verändert und diese dabei durch eine teilweise neu entwickelte
Version ersetzt wurden.
Nachdem die Beklagte einen Teil der Hardware und dieser
Software ausgeliefert und installiert hatte, beanstandete die Klägerin die
Dokumentation für das von der Beklagten neu entwickelte System als
unzureichend, weil sie eine Arbeit mit der Software nicht ermögliche, und
forderte sie unter Hinweis hierauf seit Ende August 1993 mehrfach zur
Überlassung einer ausreichenden Dokumentation auf. Im September 1993 von der
Beklagten übersandte Handbücher wies sie als unzureichend zurück. Nachdem sie
auf eine weitere Aufforderung mit Fristsetzung aus ihrer Sicht keine genügende
Dokumentation erhalten hatte, trat sie vom Vertrag insgesamt zurück und
verlangte Erstattung der von ihr für Hard- und Software geleisteten
Vorauszahlungen in Höhe von insgesamt 159.542,40 DM nebst Zinsen Zug-um-Zug
gegen Rücknahme näher bezeichneter Hard- und Software.
Die Beklagte hat im Wege der Widerklage eine ihrer Ansicht
nach noch ausstehende Restvergütung verlangt.
Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen entsprochen und
die Widerklage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb
im Ergebnis ohne Erfolg; das Berufungsgericht hat die angefochtene Entscheidung
lediglich dahingehend abgeändert, daß die im Wege der Zug-um-Zug-Leistung von
der Klägerin herauszugebenden Gegenstände genauer bezeichnet wurden.
Gegen die Zurückweisung ihres Rechtsmittels hat die Beklagte
Revision eingelegt. Auf dieses Rechtsmittel hat der Senat mit Urteil vom 10.
März 1998 (veröffentlicht in NJW 1998, 2132 = CR 1998, 393) die angefochtene
Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung
an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses hat die Klage wiederum als dem
Grunde nach berechtigt angesehen, der Klägerin jedoch ein Mitverschulden
angelastet, das es mit 1/3 bemessen hat. Im Umfang dieses Mitverschuldens hat es
die Klage abgewiesen; im übrigen hat es die Berufung der Beklagten wieder
zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die erneute Revision der Beklagten, mit
der sie ihren Antrag auf volle Abweisung der Klage weiterverfolgt. Die Klägerin
tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg. Sie führt
im Umfang der Anfechtung durch die Beklagte zur Aufhebung der angefochtenen
Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beklagte
nach § 326 BGB dem Grunde nach zur Erstattung der erhaltenen Vorausleistungen
verpflichtet, weil sie trotz Mahnung und Fristsetzung die für die Software
geschuldete Dokumentation nicht an die Klägerin geliefert habe. Der aus dem
Vertrag der Beteiligten folgende Anspruch auf Überlassung einer solchen
Dokumentation sei bei Fristsetzung durch die Klägerin am 13. September 1993
fällig gewesen. Die Klägerin habe die von ihr geschuldeten Vorleistungen
erbracht. Sie habe insbesondere die Vorauszahlungen in dem vertraglich
vorgesehenen Umfang geleistet. Auf weitere Mitwirkungshandlungen ihrerseits sei
es, soweit deren Ausbleiben überhaupt festgestellt werden könne, nicht
angekommen. Auch die Beklagte habe sich, wie ihr Schreiben vom 1. Oktober 1993
ergebe, am Abschluß der Arbeiten nicht gehindert gesehen. In diesem Schreiben
habe sie ausgeführt, daß anläßlich der Erstinstallation der ursprünglich
vereinbarten "P.-Version" am 3. und 4. August 1993 diese Version durch
die "A.-Version" ersetzt worden sei, die sie der Klägerin vorgeführt
habe, von der sie für gut befunden worden sei. Bei diesem Sachstand habe im
September 1993 eine diese Version betreffende Dokumentation zur Verfügung
gestellt werden können und müssen, was nicht geschehen sei. Nachdem die
Beklagte selbst bereits von Erfüllung und Abnahme ausgegangen sei, hätten
anschließend erheblich nur noch konkret verlangte Mitwirkungshandlungen ,der
Klägerin sein können. Daran fehle es. Geltend gemacht habe die Beklagte nur
die fehlende Korrektur für die Formulare. Ob diese Rügen, wie die Klägerin
geltend mache, hinreichend verständlich gewesen seien, könne dahinstehen, da
die Handbücher auch ohne die Korrekturen hätten fertiggestellt werden können.
Davon sei auch die Beklagte ausgegangen, die im September 1993 auch ohne die
Vornahme dieser Korrekturen ein Anwenderhandbuch mit individuellen Anpassungen
in Aussicht gestellt habe. Hinsichtlich der weiter durch die Beklagte als
unterblieben beanstandeten Mitwirkungshandlungen fehle es schon daran, daß sie
diese seinerzeit im Hinblick auf ihre vertragliche Grundlage hinreichend
bezeichnet habe. Insoweit seien im übrigen Versäumnisse der Klägerin auch in
der Sache nicht festzustellen.
2. Diese Würdigung greift die Revision im Ergebnis mit
Erfolg an.
a) Im rechtlichen Ausgangspunkt ist das Berufungsgericht ohne
Rechtsfehler davon ausgegangen, Gegenstand der Vereinbarung unter den Parteien
nach dem zuletzt erreichten Vertragszustand sei eine einheitliche Absprache
über die Herstellung eines individuell auf die Bedürfnisse der Klägerin
zugeschnittenen Hard- und Software einschließenden EDV-Systems gewesen, die
rechtlich als Werkvertrag einzuordnen ist. Im Rahmen eines solchen Vertrages ist
der Unternehmer, der das System herzustellen und zu liefern hat, regelmäßig
auch zur Überlassung einer Dokumentation an den Besteller verpflichtet, die
diesen in die Lage versetzt, mit dem System zu arbeiten. Die Überlassung einer
solchen Dokumentation gehört zu seinen Hauptpflichten (vgl. BGH, Urt. v.
30.1.1986 - 1 ZR 242/83, MDR 1986, 910; siehe auch BGH, Urt. v. 4.11.1992 - VIII
ZR 165/91, MDR 1993,121 = NJW 1993, 461; OLG Köln NJW-RR 1998, 343 u. OLG
Saarbrücken NJW-RR 1997,558 für die vergleichbare Problematik beim
Kaufvertrag); die Verletzung dieser Verpflichtung kann auf seiten des Bestellers
die Rechte nach den §§ 325, 326 BGB auslösen. Daß die Parteien vom Regelfall
abweichende Absprachen getroffen hätten, die diese Verpflichtung hätten
entfallen lassen können, ist durch das Berufungsgericht nicht festgestellt
worden und wird auch von der Revision nicht geltend gemacht.
b) Wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, ist der Anspruch auf
Überlassung dieser Dokumentation erst nach Herstellung des Werkes, d.h. nach
Abschluß der geschuldeten Arbeiten an dem System fällig.
Sofern die Parteien keine anderen Absprachen getroffen haben oder sich diese
nicht aus den Umständen ergeben, kann von dem Unternehmer nach Treu und Glauben
nicht verlangt werden, vor der abschließenden Fertigstellung der Software eine
dem jeweils erreichten Ausbauzustand entsprechende Dokumentation zu liefern. Er
kann und darf deren endgültige Herstellung vielmehr in der Regel bis zum Abschluß
der geschuldeten Arbeiten an dem System zurückstellen, da erst dann endgültig
feststeht, welche Funktionen in das System implementiert sind und wie sich diese
in ihrer konkreten Erscheinung dem Benutzer, insbesondere bei dessen
Kommunikation mit dem Rechner und ihrem Erscheinungsbild auf dem Monitor,
darstellen. Da die Dokumentation dazu dient, dem Benutzer die Arbeit mit dem
System zu ermöglichen, kommt es insoweit entscheidend auf diese Darstellung an;
welche Schritte der Anwender für die Benutzung des Systems unternehmen muß,
ist endgültig erst geklärt, wenn die Funktionen des Programms und ihre
Darstellung sowie Art und Inhalt der Kommunikation des Benutzers mit dem System
endgültig feststehen. Das schließt insbesondere auch die endgültige Fassung
der jeweiligen Bildschirnimaske ein, in die der Benutzer seine Eingaben
vornehmen soll, um die jeweiligen Werte dem System mitzuteilen und deren
Abarbeitung durch das System zu ermöglichen. Von einer Dokumentation kann und
darf er erwarten, daß ihm auch diese Darstellung in den Bildschirmmasken
erläutert wird; solche Erläuterungen sind erst möglich, wenn auch die
konkrete Gestalt der Masken jeweils endgültig festgelegt ist.
e) Daß ein solcher Abschluß der Arbeiten erreicht worden ist, kann den
tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnommen werden.
aa) In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob - wie die Revisionserwiderung
meint - die ursprünglich geschuldete "P.-Version" als fertiges
Programm vorlag und für diese daher ein Handbuch hätte geliefert werden
können. Ebenso kann offenbleiben, ob die insoweit aus dem ursprünglichen
Vertrag resultierenden Verpflichtungen der Beklagten noch fortbestanden oder
infolge der Ersetzung des ursprünglichen Vertragsgegenstandes durch die
angepaßte "A.-Version" entfallen sind. Auch wenn man davon ausgeht,
daß die Beklagte für die zuerst gelieferte Version ein Handbuch zu liefern
hatte, lassen sich hierauf die geltend gemachten Erstattungsansprüche nicht
stützen. Weder hat die Klägerin die Beklagte zur Lieferung eines solchen
Handbuches aufgefordert noch kann die von ihr erklärte Fristsetzung mit
Ablehnungsandrohung auf dieses bezogen werden. Ihre Erklärungen betreffen schon
nach dem Wortlaut ausschließlich die später vereinbarte, an die Stelle des
ursprünglichen Vertragsgegenstandes getretene Version, wie sich etwa daraus
ergibt, daß sie eine Dokumentation "mit allen individuellen
Anpassungen" verlangt und nur wegen dieser Version Fristsetzung mit
Ablehnungsandrohung erklärt hat.
bb) Soweit das Berufungsgericht meint, auch die Arbeiten an dem zuletzt
geschuldeten System seien abgeschlossen gewesen, zumindest aber müsse die
Beklagte sich so behandeln lassen, als habe ein derartiger Abschluß
stattgefunden, findet das in seinen tatsächlichen Feststellungen keine
tragfähige Grundlage.
Die Installation der "A.-Version" im August 1993 hat nach den
tatrichterlichen Feststellungen einen die Fälligkeit des Anspruchs auf die
Dokumentation führenden Abschluß der Arbeiten nicht mit sich gebracht. Wie
sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, sind beide Parteien auch nach der
Installation davon ausgegangen, daß die aufgespielte Version noch weiterer
Anpassungen an die Bedürfnisse der Klägerin bedurfte. Das Berufungsgericht hat
nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe angenommen, daß der Beklagten zu
diesem Zeitpunkt die Formulare der Klägerin, von deren Gestalt nach ihrer
Behauptung u.a. die Gestaltung der Bildschirmmasken abging, nicht in ihrer
endgültigen Form vorlagen. Ferner fehlten nach der Behauptung der Beklagten, zu
der das Berufungsgericht konkrete Feststellungen nicht getroffen hat, zu diesem
Zeitpunkt und in der Folge der Kostenplan der Klägerin sowie deren Bilanz-,
ihre Gewinn- und Verlustrechnung und ihre Provisionsstruktur; nicht vollzogen
war schließlich auch die mit Blick auf die im Vertrag vereinbarte Verpflichtung
der Beklagten zur Lieferung eines vernetzten Systems erforderliche Klärung von
Struktur und Aufbau der Vernetzung. Auf das Fehlen dieser Voraussetzungen hat
die Beklagte in ihrem Schreiben vom 20. September 1993 hingewiesen und dabei
zugleich die in diesem Zusammenhang fehlenden Mitwirkungshandlungen der
Klägerin angemahnt. Daß diese den Aufforderungen der Beklagten mit der
Begründung entgegengetreten wäre, deren Leistungen seien bereits abgeschlossen
gewesen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Insoweit ist, wie sich
auch aus der Einlassung der Beklagten im Prozeß, zu der gegenteilige
Feststellungen bislang ebenfalls nicht getroffen sind, ergibt, auch die
Klägerin davon ausgegangen, daß noch weitere Arbeiten an dem Programm
erforderlich gewesen sind.
cc) Das Berufungsgericht hat die danach fehlenden Unterlagen überwiegend
deshalb als unerheblich angesehen, weil die Beklagte die Arbeiten an dem
Programm auch ohne sie hätte abschließen können, zum Teil deshalb, weil sie
die entsprechenden Mitwirkungshandlungen nicht oder nicht hinreichend konkret
angefordert habe. Dieser Würdigung kann, wie die Revision mit Recht geltend
macht, aufgrund des festgestellten Sachverhalts nicht beigetreten werden.
Das von der Beklagten mit Schreiben vom 20. September 1993 und insoweit konkret
beanstandete Fehlen wesentlicher Hardware in Form der Vernetzung und der dafür
erforderlichen Einrichtungen ist nach Auffassung des Berufungsgerichts deshalb
unwesentlich, weil die Klägerin von der Erstellung einer Vernetzung zunächst
im Hinblick auf einen geplanten Umzug abgesehen hat und danach auf diesen Punkt
nicht zurückgekommen ist, weil sie mangels Dokumentation mit der Anlage ohnehin
nicht habe arbeiten können.
Diese Bewertung berücksichtigt nicht hinreichend, daß die Beklagte nach dem
Inhalt des Vertrages zur Herstellung einer netzwerkfähigen Version der Software
verpflichtet war, das von ihr zu liefernde Programm also auf der von der
Klägerin ursprünglich geplanten, nach den Behauptungen der Beklagten in seinen
Einzelheiten nicht abschließend festgelegten vernetzten Anlage lauffähig sein
mußte. Hierzu hat das Berufungsgericht Feststellungen nicht getroffen, so daß
die Darlegungen der Beklagten im Revisionsverfahren zugrunde zu legen sind.
Insoweit hat die Beklagte weiter geltend gemacht, daß sowohl von der
Hardwareseite als auch bei der für den Betrieb des Netzwerks erforderlichen
Software unterschiedliche Lösungen in Betracht kommen, vor deren endgültiger
Festlegung ein Abschluß der Arbeiten an dem geschuldeten Programm nicht
möglich gewesen sei. Auch hierzu hat das Berufungsgericht abweichende
Feststellungen nicht getroffen, so daß im Revisionsverfahren von diesem
Vorbringen auszugehen ist. War deshalb ein Abschluß der Arbeiten an dem
Programm nicht möglich, stand schon das der Fälligkeit des Anspruchs auf die
Dokumentation entgegen.
Daß, worauf das Berufungsgericht hingewiesen hat, die Klägerin von sich aus
auf diesen Teil der Leistung nicht mehr zurückgekommen und diesen insbesondere
nicht abgerufen hat, bedeutete aus der Sicht der Beklagten nicht zwangsläufig,
daß dieser Teil ihrer Leistungspflicht entfallen sollte. Einen ihr gegenüber
erklärten Verzicht, die Vernetzung bei der Programmierung einzuplanen, hat das
Berufungsgericht ebenfalls nicht festgestellt. Für das Revisionsverfahren ist
demgemäß davon auszugehen, daß die Beklagte sich mangels gegenteiliger
Anhaltspunkte weiterhin als verpflichtet ansehen mußte, auch diesen Teil der
Programmentwicklung zu leisten. Vor diesem Hintergrund kann nach dem
festgestellten Sachverhalt von einem fälligen Anspruch auf die Dokumentation
nicht ausgegangen werden.
Dem kann die Revisionserwiderung nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Beklagte
selbst habe einen solchen Anspruch zugrunde gelegt. Dem auch vom
Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zitierten Schreiben der Beklagten ist
nach dem Wortlaut lediglich zu entnehmen, daß diese den Wünschen ihres Kunden
entgegenkommen sowie eine dem erreichten Ausbauzustand entsprechende
Dokumentation zusammenstellen und liefern wollte. Daß sie sich zu einer solchen
Leistung auch rechtlich verpflichtet gesehen hat, ist dem Schreiben
demgegenüber um so weniger zu entnehmen, als sie bei der Erklärung ihrer
Bereitschaft erkennbar von der Unvollständigkeit der Dokumentation ausgegangen
ist, was auch aus ihrer Sicht eine Verpflichtung zur Lieferung der endgültigen
Anweisungen der Programmbedienung ausschließen mußte.
dd) Begründet sind ferner die Rügen, mit denen die Revision die Auffassung des
Berufungsgerichts angreift, auch hinsichtlich der Software sei das Unterbleiben
notwendiger Maßnahmen auf seiten der Klägerin durch die Beklagte nicht
hinreichend dargelegt worden. In ihrem Schreiben vom 20. September 1993 hat die
Beklagte in einer längeren Auflistung die ihrer Ansicht nach noch fehlenden
Mitwirkungshandlungen der Klägerin aufgezählt. Auf der Grundlage des
Vorbringens der Beklagten, zu dem es auch insoweit an ausreichenden
gegenteiligen Feststellungen fehlt, war diese Aufforderung für die Klägerin
hinreichend verständlich. Für die Softwareherstellung bildeten die Erstellung
eines Pflichtenheftes für die Anforderungen, die die Klägerin an die Software
stellte, Testdaten in ausreichender Menge, Testformulare, der Kontenplan, die
Bilanzgliederung, der Plan der Verkabelung und die Art der Vernetzung
wesentliche Voraussetzungen für den Abschluß der Arbeiten. Was damit im
einzelnen gemeint war, dürfte der Klägerin als einem kaufmännisch
ausgerichteten Unternehmen nicht verborgen geblieben sein. Nach dem Vorbringen
der Beklagten sollte diese ein Komplettsystem liefern, das den gesamten
kaufmännischen Bedarf der Klägerin abdeckte. Dazu bedurfte es neben einer
abschließenden Festlegung dessen, was die Klägerin von der zu leistenden
Software erwartete, einer Kenntnis dessen, in welcher Weise in ihrem Hause die
Buchhaltung vollzogen werden sollte, sowie einer Reihe von Testdaten, um anhand
des Betriebsablaufs der Klägerin die Software endgültig ausrichten und testen
zu können. Davon, daß auch die Gestellung ausreichend kompetenter Mitarbeiter
für einen erfolgreichen Abschluß der Arbeiten erforderlich ist, ist auch das
Berufungsgericht ausgegangen, das das Fehlen der Bereitstellung dieser
Mitarbeiter als eine schuldhafte Mitverursachung der eingetretenen Schäden
durch die Klägerin bewertet und dieser deswegen einen Teil des begehrten
Schadensersatzes abgesprochen hat.
Die Beklagte hat in Abrede gestellt, daß die Klägerin diese
Mitwirkungshandlungen im erforderlichen Umfang erbracht hat. Gegenteiliges ist
durch das Berufungsgericht nicht festgestellt worden. Es hat der Beklagten die
Berufung auf die mangelnde Mitwirkung vielmehr mit der Begründung versagt,
diese habe sich nach ihren Erklärungen aus der Zeit vor Vertragsschluß die als
fehlend beanstandeten Daten, soweit sie überhaupt erforderlich gewesen seien,
anderweitig, nän-dich durch Rückgriff auf ihre Standardvorgaben beschaffen
können. Dazu wäre erforderlich gewesen, daß diese vorvertraglichen
Erläuterungen der Beklagten in den späteren Vertrag Eingang gefunden hätten.
Hierzu fehlt es jedoch an ausreichenden Feststellungen des Berufungsgerichts.
Daß die Beklagte vorvertraglich auf die von ihr üblicherweise zugrunde
gelegten Standardwerte und die Möglichkeit von deren Übernahme hingewiesen
hat, bedeutet nicht zwangsläufig, daß eine solche Ersetzungsmöglichkeit
Eingang in den späteren Vertrag gefunden hat. Gegen eine solche Annahme spricht
bereits, daß sich die Äußerung der Beklagten nur auf das von ihr
fertiggestellte Standardprogramm und dessen mögliche Lieferung bezogen, die,
wie aus ihrem Schreiben vom September 1993 hervorgeht, gerade nicht Gegenstand
der Absprache unter den Parteien geblieben ist. Danach sollte die Beklagte
vielmehr eine individuell angepaßte Software liefern, wie auch durch das
Fristsetzungsschreiben der Klägerin bestätigt wird, die dort gerade die
Dokumentation für ein Programm unter Einschluß aller individuellen Anpassungen
verlangt hat. Mit dieser Zielsetzung des Vertrages ist ein Rückgriff auf
Standardwerte und Vorgaben nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen; die
insoweit getroffenen Feststellungen sprechen daher vielmehr eher dafür, daß
die Beklagte gehalten war, jeweils die konkreten Vorgaben der Klägerin zu
berücksichtigen und zu beachten. Vor diesem Hintergrund ist mangels
gegenteiliger Feststellungen davon auszugehen, daß die von der Beklagten
verlangten Daten eine wesentliche Voraussetzung für den Abschluß der Arbeiten
an dem Programm bildeten.
ee) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Rüge der unterbliebenen Mitwirkung
sei zu allgemein und deswegen unbeachtlich, steht im Widerspruch zu dem Inhalt
des Schreibens vom 20. September 1993, in dem die Beklagte konkret verschiedene
Mitwirkungshandlungen angemahnt und diese im einzelnen auf Bl. 2 des Schreibens
angeführt hat. Einer Wiederholung dieser Rügen bedurfte es nicht.
Zu Recht rügt die Revision in diesem Zusammenhang auch die
Feststellung des Berufungsgerichts, die Codierung sei vorgegeben und bekannt
gewesen. Wie die Revisionsbegründung zutreffend ausführt, hat die Beklagte
unter Beweisantritt ausgeführt, daß das Codeverzeichnis von R. und C. habe
zugrunde gelegt werden sollen, wobei eine Übernahme sämtlicher Codes bei dem
insgesamt zur Verfügung stehenden begrenzten Raum technisch nicht möglich
gewesen sei. Das habe es erforderlich gemacht, daß die Klägerin die für sie
zutreffenden Codes habe heraussuchen und der Beklagten mitteilen müssen. Diese
Auswahl hat die Klägerin nach der Behauptung der Beklagten nicht vorgenommen;
das Berufungsgericht hat auch hierzu gegenteilige Feststellungen nicht
getroffen.
Berechtigt sind weiter die Rügen der Revision, die an den
Einwand der Beklagten anknüpfen, die Klägerin habe die notwendigen Angaben zur
Provisionsstruktur und zur Währungsumrechnung nicht gemacht. Insoweit hatte die
Beklagte, wie die Revisionsbegründung nüt Recht ausführt, behauptet, daß
nach den getroffenen Absprachen unter den Parteien hinsichtlich dieser Punkte
eine Anpassung des Programms erfolgen sollte. Für dessen Umsetzung habe
geklärt werden müssen, ob im Terminhandel der Klägerin ausschließlich in der
Handelswährung gebucht und lediglich bei den Finanzkosten die entsprechenden
Beträge in DM umgerechnet werden oder bereits im Warentern-iingeschäft eine
solche Umrechnung erfolgen sollte. Wie die Beklagte geltend gemacht hat, habe es
sich dabei um Funktionen gehandelt, die in das Programm selbst aufzunehmen
gewesen seien, was ohne die Entscheidung der Klägerin über die von dieser
bevorzugten Methoden abschließend nicht möglich gewesen sei. Diese Darstellung
ist inhaltlich nachvollziehbar; mit ihr wird zum Ausdruck gebracht, daß vor
einer Fertigstellung des Programms auch diese Frage habe geklärt werden
müssen. Mangelnde Konkretisierung kann diesem Vorbringen daher nicht
entgegengehalten werden.
ff) Ob für die Fertigstellung des Programms die von der
Revision angeführten fremdsprachlichen Texte erforderlich gewesen sind, hat das
Berufungsgericht ebenfalls nicht geklärt. Demgemäß ist für das
Revisionsverfahren die Behauptung der Beklagten zugrunde zu legen, daß diese
Notwendigkeit bestanden habe. Da diese Texte nach ihrer unbestrittenen
Darstellung der Beklagten von der Klägerin nicht zur Verfügung gestellt worden
sind, stand auch dies dann einem Abschluß der Arbeiten an dem Programm
entgegen; auch könnte dies die Feststellung eines fälligen Anspruchs auf
Lieferung der Dokumentation ausschließen.
Auf die von der Revision weiter angesprochene Frage, in
welchem Umfang sich die unterbliebene Mitwirkung der Klägerin auf die
Fertigstellung der Handbücher auswirken mußte, kommt es vor diesem Hintergrund
nicht an. Mangels gegenteiliger Feststellungen durch das Berufungsgericht ist
nichts dafür zu erkennen, daß die Beklagte rechtlich gehalten war, im Vorgriff
auf einen späteren Abschluß der Arbeiten an dem Programm schon jetzt zu
prüfen, ob und in welchem Umfang eine Teildokumentation fertiggestellt und
ausgehändigt werden konnte. Ein rechtlicher Anspruch auf diese Dokumentation,
der allein die Voraussetzungen des § 326 BGB ausfüllen könnte, kann insoweit
nach den getroffenen tatrichterlichen Feststellungen nicht zugrunde gelegt
werden. Läßt sich eine abweichende Vereinbarung nicht feststellen, kann von
einem Softwarehersteller nicht ohne weiteres erwartet werden, daß er ohne
Rücksicht auf mögliche künftige Erweiterungen und Änderungen des Programms
eine Dokumentation in jedem Stadium seiner Arbeiten gestaltet und damit einen
zusätzlichen Aufwand treibt, der bei gehöriger Erfüllung der
Mitwirkungspflichten ohne weiteres zu vermeiden ist.
3. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat nicht
möglich. Das Berufungsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig,
keine abschließenden Feststellungen zum Inhalt des zwischen den Parteien
geschlossenen Vertrages getroffen, insbesondere zu der Frage, ob und in welchem
Umfang nach den getroffenen Absprachen auch ein Anspruch auf eine
Teildokumentation in Betracht kommt. Es ist ferner dem Vorbringen der Parteien
zur Notwendigkeit der von der Beklagten als fehlend gerügten Daten nicht
abschließend nachgegangen. Insoweit bedarf der Rechtsstreit noch weiterer
Aufklärung, zu der das Verfahren an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
ist.
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