Bedeutung der
Bezeichnung „fabrikneu“ beim Kauf eines Kfz – konkludente
Beschaffenheitsvereinbarung, Aufklärungspflichten des Verkäufers bei
bevorstehendem Modellwechsel, Haftung aus culpa in contrahendo ("Fabrikneu
I")
BGH, Urteil vom 16. Juli
2003 - VIII ZR 243/02 - OLG Köln
Fundstelle:
NJW 2003, 2824
Zentrales Problem:
Im Mittelpunkt des
Falles, der noch unter dem vor dem 1.1.2002 geltenden Kaufrecht zu
beurteilen war, steht die Frage des Fehlerbegriffs. Die Klägerin macht als
Leasingnehmerin aus abgetretenem Recht des Leasinggebers gegen die Bekl.
Gewährleistungsansprüche aus dem Kauf eines Pkw geltend. Das an den
Leasinggeber als „Neuwagen“ verkaufte Fahrzeug, welches an die Kl. im
September 2000 übergeben wurde, war bereits im Februar 2000 vom Hersteller
an die Verkäuferin ausgeliefert worden. Ab September 2000 wurde das Modell
vom Hersteller nicht mehr produziert. Der genaue Zeitpunkt des
Vertragsschlusses ist zwischen den Parteien streitig. Für die Revision war
davon auszugehen, daß die Herstellung des verkauften Modells zum Zeitpunkt
des Vertragsschlusses bereits eingestellt war.
Der BGH, der letztlich zur weiteren Beweiserhebung über den Zeitpunkt des
Vertragsschlusses und der Produktionseinstellung an die Vorinstanz
zurückverwies, legt in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung (s.
BGH NJW 2000, 2018) dar, daß
die Bezeichnung eines Pkw als „Neuwagen“ nach der Verkehrsauffassung als
„fabrikneu“ zu verstehen ist. „Fabrikneu“ ist ein Pkw aber wiederum nur
dann, wenn das betreffende Modell zum Zeitpunkt des Abschlusses des
Kaufvertrags noch unverändert hergestellt wird. Für irrelevant hält der
Senat im Gegensatz zum Berufungsgericht hingegen den Zeitpunkt der
Auslieferung eines evtl. Nachfolgemodells an den Handel. Dieser Zeitpunkt
könne nämlich willkürlich hinausgeschoben werden bzw. von Zufälligkeiten
abhängen.
Der Senat erörtert das Problem noch im Kontext der Haftung für das Fehlen
zugesicherter Eigenschaften nach § 463 S. 1 BGB a.F.. Hierfür muß der
fragliche Umstand eine zusicherungsfähige Eigenschaft i.S.v. § 459 Abs. 2
BGB a.F. darstellen sowie tatsächlich nicht nur als geschuldete
Beschaffenheit i.S. des „subjektiven Fehlerbegriffs“ nach § 459 Abs. 1 BGB
a.F. vereinbart, sondern darüber hinaus zugesichert sein. Eine solche
„Zusicherung“ setzt den rechtsgeschäftlich verankerten Willen des Verkäufers
voraus, unabhängig von Verschulden für alle Folgen des Fehlens der
betreffenden Eigenschaft einzustehen (sog. Garantiewille). Diesen
sieht der BGH bei der Bezeichnung als „Neuwagen“ implizit als gegeben an.
Die Ausführungen des Senats sind auch unter dem seit dem 1.1.2002 geltenden
neuen Schuldrecht von gleichbleibender Relevanz. Auch nach dem Fehlerbegriff
des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB n.F. kommt es nämlich für die Frage eines
Sachmangels primär auf den Begriff der „Beschaffenheit“ sowie die
Parteivereinbarung und deren Auslegung an. Durch den Wegfall der Kategorie
der zugesicherten Eigenschaft ist hier überdies eine begriffliche „Verschlankung“
eingetreten: Wenn man unter dem bisherigen Recht teilweise zwischen
„Beschaffenheiten“ im Sinne des subjektiven Fehlerbegriffs und
„zusicherungsfähigen Eigenschaften“ unterschieden hat, so ist jetzt
jedenfalls alles, was bisher „zusicherungsfähige Eigenschaft“ war, unter den
Beschaffenheitsbegriff des § 434 Abs. 1 BGB zu subsumieren.
„Beschaffenheiten“ sind damit weiterhin nicht nur die natürlichen
(physischen) Eigenschaften einer Sache, sondern auch rechtliche und
wirtschaftliche Beziehungen der Sache zur Umwelt, sofern sie nach der
Verkehrsanschauung für die Brauchbarkeit oder den Wert der Sache bedeutsam
sind und ihren Grund in der Sache selbst haben. Die Qualifikation
„fabrikneu“ ist damit, weil sie die Herkunft der Sache aus einer
eingestellten Produktion betrifft, nach altem wie nach neuem Recht eine
„Beschaffenheit“ deren Fehlen, wenn sie (ausdrücklich oder konkludent)
vereinbart ist, einen Sachmangel i.S. des subjektiven Fehlerbegriffs
begründet. Auch eine verschuldensunabhängige Haftung auf Schadensersatz
„statt der Leistung“ läßt das neue Recht selbstverständlich weiterhin zu.
Die Garantiehaftung bedarf nur keines eigenen Tatbestandes im Bereich des
Kaufrechts mehr, sondern geht im erweiterten Begriff des „Vertretenmüssens“
des § 276 Abs. 1 BGB n.F. auf, der nunmehr u.a. auch die Übernahme einer
Garantie beinhaltet (s. hierzu nur Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen
Schuldrecht, 2002, Rn. 537 sowie jetzt
BGH NJW 2007, 1346).
Nur andeuten kann der BGH die Frage einer Haftung aus culpa in contrahendo
wegen der Verletzung einer Aufklärungspflicht. Sollte das gekaufte Modell
nämlich tatsächlich noch „fabrikneu“ im hier definierten Sinne gewesen sein
und damit keinen Sachmangel aufgewiesen haben, kommt eine Haftung wegen
einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung in Bezug auf einen
bevorstehenden Modellwechsel in Betracht. Da dieser Umstand nicht in der
Sache selbst begründet wäre und daher keine „Beschaffenheit“ i.S. des
Fehlerbegriffs darstellen würde, wäre ein solcher auf das negative Interesse
gerichteter Schadensersatzanspruch nicht durch die sowohl nach altem wie
nach neuem Schuldrecht vorrangigen Regelungen über die Sachmängelhaftung
verdrängt (s. hierzu die Anm. zu
OLG Hamm ZGS 2003, 394). Die (nunmehr in §§
280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB positivrechtlich verankerte) Haftung
aus culpa in contrahendo würde freilich neben Vertretenmüssen voraussetzen,
daß der Verkäufer eine Aufklärungspflicht über einen bevorstehenden
Modellwechsel hatte (was der BGH offen läßt).
Der Senat hat seine Rechtsprechung zwischenzeitlich in einem
Urteil vom
15.10.2003 - VIII ZR 227/02, NJW 2004, 160 noch weiter präzisiert. Danach ist ein
ungebrauchter Pkw auch dann, wenn er z.Zt. des Vertragsschlusses noch
unverändert hergestellt wird, nicht „fabrikneu“, wenn er entweder
standzeitbedingte Mängel aufweist oder zwischen Herstellung und Abschluß des
Kaufvertrags mehr als 12 Monate liegen (s. dazu auch die
Pressemeldung des BGH v. 15.10.2003).
S. auch BGH v. 15.9.2010 - VIII ZR 61/09.
Es ist erfreulich, daß damit eine bislang uneinheitliche Rechtsprechung der
Oberlandesgerichte beendet wird. Ungeklärt ist freilich die Frage, ob ein
solcher Pkw dann als „gebrauchte“ Sache i.S.v. § 475 Abs. 2 BGB n.F.
qualifiziert werden kann, was dem Händler zumindest ermöglichen würde, die
Verjährung von Gewährleistungsansprüchen vertraglich auf ein Jahr zu
beschränken. Die Frage dürfte wohl zu bejahen sein.
Zu dieser auch
nach neuem Recht fortbestehenden Konkurrenzproblematik zwischen
Sachmängelhaftung und culpa in contrahendo s. die Anm. zu
OLG Hamm ZGS 2003, 394.
©sl 2003
Amtl. Leitsatz:
Ein als Neuwagen
verkaufter Pkw ist entgegen der in der Regel hierin liegenden konkludenten
Zusicherung nicht mehr "fabrikneu", wenn das betreffende Modell im Zeitpunkt
des Verkaufs nicht mehr unverändert hergestellt wird (Bestätigung von
BGH,
Urteil vom 22. März 2000 - VIII ZR 325/98, NJW 2000, 2018).
Tatbestand:
Im Sommer 2000 schloß die
Klägerin mit der BMW Leasing GmbH einen Leasingvertrag über ein Neufahrzeug
BMW 523i, Baujahr 2000. Der Vertrag wurde durch die Beklagte, die als
BMW-Vertragshändlerin ein Autohaus betreibt, vermittelt. Zuvor hatte die
Klägerin ein mit "Neue Kraftfahrzeuge - Bestellung" überschriebenes Formular
unterzeichnet. Das Bestellformular ist auf den 19. Juni, die
Auftragsbestätigung der Beklagten auf den 21. Juni 2000 datiert. Der
undatierte Leasingantrag der Klägerin wurde unter dem 20. Juni 2000 von der
BMW Financial Services - BMW Bank GmbH im Namen und für Rechnung der BMW
Leasing GmbH bestätigt. In dem Leasingvertrag hat die Leasinggeberin ihre
Gewährleistungsansprüche an die Klägerin abgetreten.
Am 5. September 2000
übergab die Beklagte das Fahrzeug, das bereits im Februar 2000 an sie
ausgeliefert worden war, an die Klägerin. Gleichzeitig gab die Klägerin ein
Anfang 1999 durch die Vermittlung der Beklagten geleastes Auto desselben
Typs, das sich von dem neuen Fahrzeug nur durch die manuell gesteuerte
Klimaanlage unterschied, zurück. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß
der Hersteller BMW bei der 5er-Reihe spätestens im September/Oktober 2000
eine sog. Modellpflege vornahm, die u.a. dazu führte, daß der von der
Klägerin geleaste Typ 523i nicht mehr produziert wurde.
Nach vorangegangenem
Schriftwechsel begehrt die Klägerin mit ihrer Klage die Rückabwicklung des
Kaufvertrages im Wege der Wandelung bzw. des Schadensersatzes mit der
Begründung, dem Wagen habe eine zugesicherte Eigenschaft gefehlt, weil es
sich nicht um ein Neufahrzeug gehandelt habe. Überdies habe die Beklagte bei
Vertragsabschluß, der tatsächlich erst Ende August 2000 erfolgt sei, ihr
gegenüber arglistig verschwiegen, daß eine "Modellpflege" bevorstehe. Zur
Verschleierung ihrer diesbezüglichen Hinweispflichtverletzung habe die
Beklagte die Urkunden auf Juni 2000 zurückdatiert.
Die Beklagte hat behauptet,
sie habe die Klägerin darauf hingewiesen, daß es sich bei dem Pkw um ein
Lagerfahrzeug gehandelt habe. Eine Pflicht zur Aufklärung über den
bevorstehenden Modellwechsel habe nicht bestanden, weil der Vertrag
tatsächlich bereits im Juni 2000 abgeschlossen worden sei.
Das Landgericht hat die
Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das
Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer Revision, die der Senat auf die
Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zugelassen hat, verfolgt
die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht,
dessen Urteil in VersR 2003, 517 abgedruckt ist, hat im wesentlichen
ausgeführt:
Entgegen der Auffassung der
Klägerin fehle dem Pkw keine zugesicherte Eigenschaft. Zwar liege in dem
Abschluß eines Kaufvertrages über ein Neufahrzeug die entsprechende
(stillschweigende) Zusicherung des Verkäufers.
Auch wenn man aber zugunsten der Klägerin davon ausgehe, daß der Vertrag
erst Ende August abgeschlossen worden und der Modellwechsel bereits Anfang
September 2000 erfolgt sei, sei die Zusicherung "Neufahrzeug" noch erfüllt.
"Fabrikneu" sei ein Neufahrzeug nach der Rechtsprechung insbesondere des
Bundesgerichtshofes dann nicht, wenn das Modell im Zeitpunkt des Verkaufs
nicht mehr unverändert hergestellt werde. Der Zeitpunkt der werksinternen
Produktionsumstellung, der dem Händler und dem Käufer häufig verschlossen
bleibe, könne nach dieser Rechtsprechung aber nicht eindeutig als maßgeblich
angesehen werden. Vielmehr sei in Übereinstimmung mit einer
wettbewerbsrechtlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 3. Dezember
1998 (I ZR 63/96, NJW 1999, 2190) auf den Zeitpunkt der Auslieferung des
neuen Modells an den Handel abzustellen. Bis dahin sei es gerechtfertigt,
die Fahrzeuge der alten Modellserie noch als Neufahrzeuge im Rechtssinne
anzusehen.
Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz erstmals behauptet habe, schon
zum Zeitpunkt des Verkaufs sei mit der Auslieferung der neuen Modelle
begonnen worden, sei dies unsubstantiiert. Der Klägerin stehe ein
Schadensersatzanspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens
bei Vertragsverhandlungen zu. Solange die Auslieferung der Fahrzeuge der
neuen Modellserie an die Händler noch nicht begonnen habe, sei der Verkäufer
nicht verpflichtet, von sich aus auf den bevorstehenden Modellwechsel
hinzuweisen. Wenn es dem Kunden hierauf entscheidend ankomme, könne er sich
durch Nachfrage beim Händler entsprechend absichern.
II. Die Ausführungen des
Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang
stand. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand kann ein
Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Fehlens einer zugesicherten
Eigenschaft (§ 463 Satz 1 BGB a.F., Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) nicht
verneint werden.
1. Nach der Rechtsprechung
des Senats ist ein als Neuwagen verkaufter Pkw entgegen der in der Regel
hierin liegenden konkludenten Zusicherung nicht mehr "fabrikneu", wenn das
betreffende Modell im Zeitpunkt des Verkaufs nicht mehr unverändert
hergestellt wird (Urteil vom 6. Februar 1980 - VIII ZR 275/78, NJW 1980,
1097 unter II 2 c; Urteil vom 18. Juni 1980 - VIII ZR 185/79, WM 1980, 1068
= NJW 1980, 2127 unter II 1 und 3; Urteil vom 22. März 2000 - VIII ZR
325/98, WM 2000, 1646 = NJW 2000, 2018 unter II 1 a und 2 a = BGHR BGB § 459
Abs. 2 Eigenschaft, zugesicherte 26, BGHR BGB § 463 Satz 1, Zusicherung 5).
Zwar geht auch das Berufungsgericht von diesem Grundsatz aus; es meint
jedoch, der Zeitpunkt der fabrikinternen Produktionsumstellung sei jener
Rechtsprechung nicht eindeutig als maßgeblich zu entnehmen; vielmehr sei auf
den Zeitpunkt der Auslieferung der neuen Modellserie an den Handel
abzustellen. Dem ist nicht zu folgen.
Wenn der Senat in den angeführten Entscheidungen auf die "unveränderte
Herstellung" eines Fahrzeugmodells abgestellt hat, ist damit ausgesprochen,
daß die Einstellung der Produktion des bisherigen Modells den maßgebenden
Zeitpunkt für Beurteilung der Frage darstellt, ob ein angebotenes Fahrzeug
noch als "fabrikneu" in dem dargelegten Sinn anzusehen ist. Dieser Zeitpunkt
ist objektiv feststellbar. Darauf, ob der Händler oder Kunde als
Außenstehende ihn erkennen können, kommt es entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts nicht an. Der Umstand, daß die gesamte
Produktionsumstellung von einem auf ein neues oder anderes Pkw-Modell wegen
der erforderlichen Umrüstung der Produktionsanlagen, etwa damit verbundener
Werksferien und der Anlaufzeit für die Herstellung des neuen Typs
möglicherweise mehrere Wochen in Anspruch nimmt, spricht deshalb nicht
dagegen, die Produktionsumstellung als maßgeblichen Zeitpunkt anzusehen, ab
wann ein Fahrzeug nicht mehr unverändert hergestellt wird und das
betreffende Modell demzufolge nicht mehr als fabrikneu im Sinne der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu beurteilen ist. Soweit das
Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auf die Auslieferung des neuen
Modells an den Handel abstellen will, würde dies im übrigen den berechtigten
Interessen des Käufers zuwiderlaufen, weil der maßgebende Zeitpunkt noch
weiter hinausgeschoben werden würde.
2. Das Berufungsgericht
unterstellt, daß der Kaufvertrag erst Ende August 2000 geschlossen worden
ist. Verfahrensfehlerhaft ist es dabei jedoch, wie die Revision zu Recht
rügt, dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin nicht nachgegangen,
daß das von ihr bestellte Modell ab den Werksferien nicht mehr produziert
und im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, also Ende August 2000, schon mit der
Auslieferung der neuen Modelle begonnen worden sei. Darin lag zugleich die
Behauptung, die Produktion des Typs 523i sei bereits vor Vertragsschluß
eingestellt worden.
Das Oberlandesgericht ist auf diesen - von der erstinstanzlichen
Klagebegründung teilweise abweichenden - Vortrag der Klägerin nicht näher
eingegangen, weil es ihn für nicht hinreichend substantiiert gehalten und
unter anderem Ausführungen dazu vermißt hat, woher die Klägerin ihre
Kenntnis von dem Zeitpunkt der Auslieferung hatte. Diese Erwägungen
rechtfertigten ein Absehen von der beantragten Beweiserhebung nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf die
Beweisaufnahme über eine beweiserhebliche Tatsache nur dann abgelehnt
werden, wenn die unter Beweis gestellte Behauptung so ungenau ist, daß ihre
Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie gleichsam "ins
Blaue hinein" aufgestellt und deshalb rechtsmißbräuchlich ist (Senatsurteil
vom 8. November 1995 - VIII ZR 227/94, NJW 1996, 394 unter III = BGHR ZPO §
138 Abs. 1, Prozeßvortrag 1 m.w.Nachw.). Beides war hier nicht der Fall. Die
Behauptung der Klägerin, die Auslieferung des neuen Modells der 5er-Reihe
habe bereits vor dem - nach ihrem Vorbringen Ende August 2000 erfolgten -
Abschluß des Kaufvertrages begonnen, war hinreichend genau, um damit ihre
Erheblichkeit beurteilen und bejahen zu können. Insbesondere war es nicht
erforderlich, daß die Klägerin den genauen Zeitpunkt des
Auslieferungsbeginns benannte; denn es lag auf der Hand, daß sich dieser
Vortrag auf einen eng umgrenzten Zeitraum von allenfalls einigen Wochen vor
Ende August bezog. Das war ausreichend substantiiert. Anhaltspunkte für eine
Behauptung "ins Blaue hinein" liegen nicht vor.
Schließlich war die Klägerin auch nicht aus Rechtsgründen gehindert, in
ihrer Berufungsbegründung in teilweiser Abweichung von ihrem
erstinstanzlichen Vorbringen Ausführungen zum Beginn der Auslieferung des
neuen Modells zu machen, zumal der jetzige Vortrag sich nur unwesentlich von
der früheren Behauptung unterschied, die technischen Änderungen seien "mit
Wirkung ab dem 1. September 2000" vorgenommen worden (vgl. auch Senatsurteil
vom 8. November 1995 aaO).
III. Nach alledem kann das
angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es war daher auf die Revision der
Klägerin aufzuheben. Zugleich war die Sache, da es weiterer tatsächlicher
Feststellungen bedarf, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562
Abs. 1, 563 Abs. 1 ZPO). Sollte die neue Berufungsverhandlung ergeben, daß
zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Produktion des älteren Modells
noch nicht eingestellt war, dennoch aber die neuen Modelle der 5er-Reihe
bereits im Handel angeboten wurden, wird das Oberlandesgericht erneut zu
prüfen haben, ob der Schadensersatzanspruch der Klägerin unter dem
Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen wegen Verletzung
einer Aufklärungspflicht über den Modellwechsel begründet ist (vgl. dazu
Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Aufl., Rdnr. 214).
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