Duldungsvollmacht,
Anscheinsvollmacht und Vertragsschluß durch kaufmännisches
Bestätigungsschreiben bei Vertragsschluß durch falsus procurator
BGH v. 10.1.2007 - VIII ZR
380/04
Fundstelle:
NJW 2007, 987
(Eigener) Leitsatz:
Zum Vertragsschluß durch
kaufmännisches Bestätigungsschreiben bei Handeln eines Vertreters ohne
Vertretungsmacht.
Zentrale Probleme:
Eine sehr lehrreiche Entscheidung mit einem klassischen
Klausursachverhalt: Es geht um den Vertragsschluß durch kaufmännisches
Bestätigungsschreiben im Falle zweier Vertragsschlüsse. Die Voraussetzungen
eines solchen (s. dazu BGH
NJW-RR 2001, 680:
vorausgegangene Vertragsverhandlungen;
zeitliche Nähe; gute Glaube des Bestätigenden an eine bereits geschlossenen
Vertrag; keine objektiv erhebliche Abweichung vom tatsächlich Vereinbarten)
werden dabei, weil offenbar unproblematisch, nicht en Detail weiter
erörtert. Die Entscheidung bestätigt aber zum wiederholten Male, daß dies
auch bei Vertragsschluß durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht denkbar
ist. Daß die Voraussetzungen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht (s.
dazu etwa
BGH NJW 1988, 1199
sowie
BGH NJW 2005, 2985)
uU nicht vorlagen (dann hätte es eines Rückgriffs auf das kaufmännische
Bestätigungsschreiben nicht bedurft. weil ein Vertrag bereits vor der
Bestätigung zustande gekommen wäre), stellt dabei selbstverständlich kein
Hindernis dar. Deshalb konnte der Senat offen lassen, ob die (näher
dargelegten) Voraussetzungen einer Duldungsvollmacht vorlagen, da jedenfalls
ein Vertragsschluß im Wege des Schweigens auf ein kaufmännisches
Bestätigungsschreiben zu bejahen war. Von Interesse ist auch die
(zutreffende) Ablehnung einer Anscheinsvollmacht beim Abschluß des zweiten
Vertrages, bzgl. dessen die Voraussetzungen eines Vertragsschlusses im Wege
eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens nicht vorlagen.
Zum Vertragsschluß durch Schweigen im Handelsverkehr s. auch BGH v. 12.12.2006 - XI
ZR 20/06 (Bedeutung einer "Bitte um Gegenbestätigung");
zu Grenzfällen des Schweigens als Zustimmung ("beredtes Schweigen") s. etwa
BGH
NJW 1996, 919.
©sl 2007
Tatbestand:
1 Die Klägerin, die einen Landhandel betreibt, begehrt von den Beklagten die
Bezahlung von Ware, die der Zeuge Ku. bei ihr im Namen der Firma K. , deren
Inhaberin die Beklagte zu 1 ist, bestellt und abgeholt hat.
2 Der mehrfach unter anderem wegen Betruges vorbestrafte Zeuge Ku. schloss
nach einer Haftentlassung mit dem Beklagten zu 2, dem Ehemann der Beklagten
zu 1 und früheren Inhaber der Firma K. , am 15. April 1999 einen
schriftlichen Vertrag. Darin heißt es:
"Mit dieser Vereinbarung ermögliche
ich [= Beklagter zu 2] Herrn D. Ku. , durch die Betreibung eines
Transportgewerbes mit den Schwerpunkten Baustoff- und Agrartransporte,
eine Existenz aufzubauen, mit der Maßgabe, jeglichen Gewinn, bis auf den
notwendigsten Eigenbedarf, den Eheleuten E. und I. K. [= Beklagte zu 2
und 1], zukommen zu lassen. Erst nach Abtragung der alten privaten
Schuld … kann der Gewinn, einschließlich der erworbenen Betriebsmittel,
freigegeben werden. Solange werden alle Einnahmen über ein von K.
eingerichtetes Konto der Sparkasse G. fließen müssen. Den Eheleuten K.
ist uneingeschränkte Einsicht in alle Geschäftsbewegungen zu gewähren,
sowie letzte und wichtige Entscheidungen ihnen vorzubehalten. Die Summe
der Verbindlichkeiten zwischen den Partnern liegt etwa bei 150.000,- DM.
Nach Freigabe durch K. kann Ku. wieder über alles verfügen. Solange
haben Dritte keinen Anspruch auf Begleichung ihrer Forderungen."
3 Zugleich unterzeichnete der Zeuge Ku.
folgende mit "Abtretung" überschriebene Erklärung:
"Ich, D. Ku. , bestätige mit meiner
Unterschrift, dass ich meine Kundenforderungen an die Eheleute I. und E.
K. abtrete, bis zur Begleichung meiner Verbindlichkeiten ihnen
gegenüber."
4 Am 23. September 2001 schloss der
Zeuge Ku. mit der Beklagten zu 1 eine schriftliche Vereinbarung folgenden
Inhalts:
"In Anlehnung an den Vertrag und die
Abtretung vom 14.04.99 bestätige ich [= Zeuge Ku. ] hiermit erneut, dass
ich ab dem 15.08.01 meine Kundenforderungen im Namen der Fa. K. stellen
werde. K. bekommt für die Bereitstellung der Güterverkehrsgenehmigungen
und helfende geschäftsführende Tätigkeiten eine mntl. Summe von DM
2000,-. Die Einnahmen aus meiner Tätigkeit sollen auf ein von K.
eingerichtetes Konto fließen und gemäß den Verträgen vom 15.04.99
verwendet werden. Forderungen irgendwelcher Art an K. sind ohne die
ausdrückliche Zustimmung von I. K. wirkungslos. Die Kundenforderungen
sollen mit befreiender Wirkung nur auf das von I. K. eingerichtete Konto
fließen, das nur im Haben geführt werden kann. … Für sämtliche straf-
und zivilrechtliche Belange trägt D. Ku. die Verantwortung."
5 Am 28. September 2001 sowie am 10.
Oktober 2001 rief der Zeuge Ku. bei der Klägerin an und kaufte im Namen der
Firma K. bei dem ersten Anruf 100 Tonnen Weizen und bei dem zweiten Anruf 50
Tonnen Triticale. Die Klägerin bestätigte der Firma K. die Kaufverträge mit
Schreiben vom 28. September 2001 und 15. Oktober 2001. Das erste Schreiben,
das an die Anschrift der Beklagten gerichtet ist, ging diesen zu. Das zweite
Schreiben, das die Anschrift des Zeugen Ku. trägt, erreichte die Beklagten
nicht. Nachdem der Zeuge die bestellte Ware bei der Klägerin abgeholt hatte,
stellte diese der Firma K. den Weizen mit insgesamt 21.216,30 € und die
Triticale mit insgesamt 7.069,27 € einschließlich Mehrwertsteuer in
Rechnung.
6 In dem vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin die beiden Beklagten als
Gesamtschuldner auf Zahlung von insgesamt 28.285,57 € nebst Prozesszinsen in
Anspruch genommen. Weiter hat sie die Feststellung begehrt, dass ihr
Anspruch aus §§ 823, 826 BGB in Verbindung mit § 263 StGB folge. Die
Klägerin hat behauptet, die Beklagten hätten aufgrund der getroffenen
Vereinbarungen davon gewusst, dass der Zeuge Ku. in ihrem Namen Waren kaufe.
Sie hätten mit dem Zeugen betrügerisch zusammengearbeitet, um diesem die
Tilgung seiner Schulden bei ihnen zu ermöglichen. Die Beklagten haben dies
bestritten und behauptet, der Beklagte zu 2 habe dem Bestätigungsschreiben
der Klägerin vom 28. September 2001 sofort telefonisch widersprochen.
7 Im Verlauf des Rechtsstreits ist der Zeuge Ku. unter anderem wegen Betrugs
in 34 Fällen, darunter auch den hier in Rede stehenden Vorgängen, zu einer
mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das staatsanwaltschaftliche
Ermittlungsverfahren gegen die beiden Beklagten ist mangels hinreichenden
Tatverdachts eingestellt worden.
8 Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 antragsgemäß zur Zahlung verurteilt
und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten zu 1 hat
das Oberlandesgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung der
Klägerin hat es zurückgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der
Klägerin hat der Senat die Revision insoweit zugelassen, als durch das
Berufungsurteil auf die Berufung der Beklagten zu 1 unter Abänderung des
erstinstanzli-chen Urteils die Klage gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen
worden ist. Im Übrigen hat er die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
9 Das Berufungsgericht hat, soweit hier von Interesse, ausgeführt:
10 Die Klägerin habe keinen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit
§ 263 StGB oder aus § 826 BGB gegen die Beklagten. Aus den Erklärungen der
Beklagten in ihrer persönlichen Anhörung und den vorgelegten Urkunden ergebe
sich zwar, dass die Beklagten von der kriminellen Vergangenheit des Zeugen
Ku. gewusst und auch eine erneute Straffälligkeit für möglich gehalten
hätten. Damit hätten sie aber noch nicht gebilligt, dass Ku. in oder unter
ihrem Namen betrügerisch Getreide einkaufe. Nach ihrer Darstellung und der
schriftlichen Vereinbarung vom 23. September 2001 habe Ku. nur seine
Forderungen aus dem von ihm zu betreibenden Transportgewerbe im Namen der
Firma K. stellen und die entsprechenden Einnahmen auf ein von den Beklagten
eingerichtetes Konto fließen lassen sollen. Auf diese Weise habe Ku. seine
Verbindlichkeiten gegenüber den Beklagten begleichen sollen. Weder die
Urkunden noch die Äußerungen der Beklagten gäben aber her, dass Ku. auch im
Namen der Beklagten Geschäfte außerhalb des Transportgewerbes habe tätigen
und vor allem für sie Verbindlichkeiten habe eingehen dürfen. Es spreche
nichts dafür, dass die Beklagten sehenden Auges in Kauf genommen hätten, auf
diese Weise selbst von den geschädigten Vertragspartnern in Anspruch
genommen zu werden. Der Beweis für die klägerische Behauptung, der Zeuge Ku.
habe seine Betrügereien in Absprache mit den Beklagten verübt, sei mit
dessen Aussage nicht geführt. Er habe vielmehr ausgesagt, er habe nicht
ausdrücklich mit den Beklagten besprochen, dass er in ihrem Namen
Verbindlichkeiten eingehen werde; er wisse auch nicht, ob das den Beklagten
nicht klar gewesen sei. Als auf die Beklagten ausgestellte Rechnungen
eingegangen seien, habe er sie vertröstet. Der Beklagte zu 2 habe sich bei
ihm beschwert und gesagt, dies solle unterbleiben.
11 Entgegen der Ansicht des Landgerichts bestehe kein vertraglicher Anspruch
gegen die Beklagte zu 1. Ein solcher Anspruch setze voraus, dass sich die
Beklagte zu 1 das Handeln des Zeugen Ku. unter oder in ihrem Namen zurechnen
lassen müsse. Daran fehle es.
12 Eine ausdrückliche Vollmacht habe nicht bestanden. Der Senat sei nicht
davon überzeugt, dass die Beklagten sich in den Gesprächen mit dem Zeugen Ku.
damit einverstanden erklärt hätten, dass dieser den Namen der Firma K. nicht
nur als Auftragnehmer von Fuhrgeschäften, also als Rechnungsgläubiger, habe
benutzen dürfen, sondern auch für Geschäfte, in denen er seinerseits
Geldverbindlichkeiten eingehe. Dagegen spreche außer der objektiven
Interessenlage der Beklagten bereits die schriftliche Vereinbarung vom 23.
September 2001. Außerdem habe der Zeuge Ku. selbst bekundet, es sei nicht
ausdrücklich darüber gesprochen worden, dass er im Namen der Firma K.
Verbindlichkeiten eingehen werde.
13 Dagegen, dass das Landgericht eine Duldungsvollmacht angenommen habe,
wende sich die Beklagte zu 1 mit Recht. Dass sie von den Getreidekäufen des
Zeugen Ku. bei der Klägerin gewusst habe, sei nicht festzustellen. Allein
daraus, dass ihr die kriminelle Vergangenheit des Zeugen bekannt gewesen
sei, lasse sich ihr nicht vorwerfen, sie habe wissen müssen, dass dieser im
Namen der Firma K. auch Geldverbindlichkeiten eingehen werde. Dass der
Beklagten zu 1 bereits vor dem ersten mit der Klägerin am 28. September 2001
abgeschlossenen Vertrag bekannt geworden sei, dass Ku. andere
Geldforderungen gegen die Firma K. begründet gehabt habe, stehe nicht fest.
Soweit der Zeuge Ku. bekundet habe, er habe mit den Beklagten generell
darüber gesprochen, dass er auch auf dem Geschäftsfeld An- und Verkauf von
Getreide tätig werden und dafür den Namen der Firma K. benutzen wolle, habe
dies den Senat nicht davon überzeugt, dass die Beklagten zumindest allgemein
darüber informiert gewesen seien, dass Ku. in ihrem Namen Getreide kaufen
werde. Auch hier sprächen gegen eine solche Annahme die Interessenlage der
Beklagten und ihr späteres vom Zeugen geschildertes Verhalten. Nach der
Aussage des Zeugen sei es auch ohne weiteres vorstellbar, dass diese
Information über Ankaufgeschäfte unter ihrem Namen, wenn sie denn überhaupt
erfolgt sei, bei den Beklagten nicht richtig angekommen sei. Der Zeuge habe
jedenfalls auch ausgesagt, ausdrücklich habe er nicht darüber gesprochen,
dass er unter dem Namen der Beklagten Verbindlichkeiten begründen werde; ob
die Beklagten das verstanden hätten, könne er nicht sagen.
14 Unstreitig sei allerdings, dass die Beklagten vor Abschluss des am 10.
Oktober 2001 abgeschlossenen Vertrages von dem ersten Vertrag Kenntnis
erlangt hätten. Ob sich daraus für den zweiten Vertrag ein
Vertrauenstatbestand für eine Anscheinsvollmacht herleiten lasse, sei
zweifelhaft, könne aber letztlich dahinstehen. Für eine Duldungs- und
Anscheinsvollmacht sei weiter notwendig, dass der Geschäftspartner, hier die
Klägerin, schutzwürdig sei. Das setze voraus, dass die Klägerin die Umstände
gekannt habe, aus denen sich ein Rechtsschein herleite und dass diese
Kenntnis und das darauf gegründete Vertrauen in eine Vollmacht für den
Geschäftsabschluss ursächlich geworden sei. An beidem fehle es hier. Die
Klägerin behaupte nicht, dass ihr bekannt gewesen sei, dass Ku. bereits in
anderen Fällen Geldverbindlichkeiten begründende Verträge für die Firma K.
abgeschlossen habe. Sie trage auch nicht vor, dass sie irgendwelche
Kenntnisse von den zwischen Ku. und den Beklagten getroffenen Absprachen
oder von der Stellung Ku. `s in der Firma K. gehabt habe. Es sei deshalb
auch nicht ersichtlich, dass sie das erste Geschäft gerade im Vertrauen auf
einen durch derartige Kenntnisse begründeten Rechtsschein abgeschlossen
habe. Für den zweiten Vertrag ließe sich ein kausales Vertrauen der Klägerin
allenfalls daraus herleiten, dass sie am 28. September 2001 die
Auftragsbestätigung für den ersten Vertrag an die Firma K. versandt und –
wie sie behaupte – bis zum 10. Oktober keine Reaktion erhalten habe. Das sei
indessen unzureichend. Denn es kämen vielfältige Gründe dafür in Betracht,
dass sich die Firma K. nach so wenigen Tagen noch nicht gemeldet gehabt
habe. Unabhängig davon sei auch für eine Kausalität eines – unterstellten –
Vertrauenstatbestandes für den Vertragsabschluss nicht ausreichend
vorgetragen.
II.
15 Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nur zum
Teil stand.
16 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings die von der Klägerin im
Hinblick auf § 850f Abs. 2 ZPO in erster Linie geltend gemachten
Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB
und aus § 826 BGB verneint.
17 Für ein betrügerisches Zusammenwirken der beiden Beklagten mit dem Zeugen
Ku. zum Nachteil der Klägerin hat das Berufungsgericht weder der
Vereinbarung der Beklagten zu 1 mit dem Zeugen vom 23. September 2001 noch
der Aussage des Zeugen etwas zu entnehmen vermocht. Diese tatrichterliche
Beweiswürdigung, die nach § 559 Abs. 2 ZPO revisionsrechtlich nur beschränkt
überprüfbar ist (BGH, Urteil vom 14. Januar 1993 – IX ZR 238/91, WM 1993,
902 unter B II 3 a; Urteil vom 9. Juli 1999 – V ZR 12/98, WM 1999, 1889
unter II 2, st. Rspr), ist nicht zu beanstanden. Die Einwendungen der
Revision sind nicht berechtigt. So trifft es bereits nicht zu, dass die
Beklagten die vorgenannte Vereinbarung "entgegen § 138 Abs. 1 ZPO
verschwiegen" hätten. Die Beklagten hatten nach der Klageschrift nur keine
Veranlassung, von sich aus darauf einzugehen. Unerfindlich ist, woraus die
Revision herleitet, die Beklagten hätten sich "nicht für Geschäfte
interessiert, die unter der eigenen Firma getätigt" wurden. Daher musste das
Berufungsgericht dies auch nicht in seine Würdigung einbeziehen. Dass die
Beklagten von der Tätigkeit des Zeugen durch den Abbau von dessen Schulden
profitieren wollten und dass der Zeuge nach der Haftentlassung
zahlungsunfähig war, hat das Berufungsgericht entgegen der Darstellung der
Revision im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 23. September 2001
gewürdigt. Die Beurteilung des Berufungsgerichts wird letztlich auch dadurch
bestätigt, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsverfahren gegen beide
Beklagten mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt hat.
18 2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht dagegen den von der Klägerin gegen
die Beklagte zu 1 geltend gemachten Kaufpreisanspruch aus § 433 Abs. 2 BGB
in der unstreitigen Höhe von 21.216,30 € für den Weizen verneint, den der
Zeuge Ku. am 28. September 2001 im Namen der Firma K. von der Klägerin
gekauft hat.
19 a) Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das
Berufungsgericht keine rechtsgeschäftliche ("ausdrückliche") Vollmacht (§
166 Abs. 2 BGB) der Beklagten zu 1 als Inhaberin der Firma K. für den Zeugen
Ku. angenommen hat, im Namen der Firma K. Kaufverträge über Getreide
abzuschließen. Auch die Revision erhebt insoweit keine erheblichen
Einwendungen. Sie beanstandet lediglich, dass sich das Berufungsgericht
nicht davon hat überzeugen können, dass die Beklagten aufgrund der Gespräche
und Vereinbarungen mit dem Zeugen Ku. von dessen Getreidekäufen im Namen der
Firma K. Kenntnis hatten. Darauf kommt es indessen für die Erteilung einer
rechtsgeschäftlichen Vollmacht, die nach § 167 Abs. 1 BGB eine entsprechende
Erklärung des Vollmachtgebers voraussetzt, nicht an. Die streitige
Kenntnis der Beklagten zu 1 hat allenfalls Bedeutung für eine
Duldungsvollmacht, die nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs dann vorliegt, wenn der Vertretene es wissentlich
geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt, und
der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin versteht und
verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist
(BGHZ 5, 111, 116; BGH, Urteil vom 21. Juni 2005 – XI ZR 88/04, WM 2005,
1520 unter II 2 b bb (1) m. weit. Nachw.).
20 b) Die zwischen den Parteien streitige und vom Berufungsgericht
verneinte Frage, ob eine Duldungsvollmacht der Beklagten zu 1 gegeben ist,
bedarf jedoch im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung. Das
Berufungsgericht hat, wie die Revision mit Recht beanstandet, verkannt, dass
jedenfalls durch das Schweigen der Beklagten zu 1 auf das
Bestätigungsschreiben der Klägerin vom 28. September 2001 ein entsprechender
Kaufvertrag zwischen ihnen zustande gekommen ist.
21 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt ein Vertrag durch
Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben auch dann zustande,
wenn für den Empfänger des Schreibens bei den Vertragsverhandlungen ein
vollmachtloser Vertreter – wie hier der Zeuge Ku. für die Beklagte zu 1 –
aufgetreten ist (BGHZ 7, 187, 189; Urteil vom 15. Juni 1964 – II ZR
129/62, WM 1964, 1951 unter II; Senatsurteil vom 28. Juni 1967 – VIII ZR
30/65, WM 1967, 898 unter B II 2 a; Senatsurteil vom 27. September 1989 –
VIII ZR 245/88, WM 1990, 68 unter II 2 f). Mit dem Schreiben vom 28.
September 2001, das den Beklagten nach dem unstreitigen Sachverhalt noch vor
dem 10. Oktober 2001 zugegangen ist, hat die Klägerin der Firma K. den
Abschluss eines Kaufvertrages vom gleichen Tag über 100 Tonnen Weizen
bestätigt. Die Beklagte zu 1 ist ebenso wie die Klägerin Kaufmann im Sinne
des § 1 HGB, da sie ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Auskunft
aus dem Gewerberegister "Erdbau und Transporte sowie Baustoffhandel"
betreibt. Die Beklagte zu 1 hat dem Bestätigungsschreiben der Klägerin nicht
widersprochen. Die Beklagten haben zwar behauptet, der Beklagte zu 2
habe dies sofort nach Zugang des Schreibens telefonisch getan; sie haben
dafür jedoch nicht den der Beklagten zu 1 obliegenden (vgl. Senatsurteil vom
11. Oktober 1961 – VIII ZR 109/60, WM 1962, 46 unter II A 5; BGHZ 70, 232,
234) Beweis angetreten. Soweit die Beklagten in zweiter Instanz die eidliche
Vernehmung des Beklagten zu 2 beantragt haben, musste das Berufungsgericht
dem nicht nachkommen, da die Voraussetzungen der §§ 447, 448 ZPO nicht
erfüllt sind. Weder hat sich die Klägerin einverstanden erklärt, noch
besteht bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der
Behauptung der Beklagten (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 15. April 1997 – IX
ZR 112/96, WM 1997, 1045 unter I 3 b; Urteil vom 9. Dezember 1997 – VI ZR
386/96, NJW 1998, 814 unter II 1 a, jew. m. weit. Nachw.). Aus dem Umstand,
dass das Bestätigungsschreiben der Klägerin vom 15. Oktober 2001, anders als
das vom 28. September 2001, an die Anschrift des Zeugen Ku. gerichtet ist,
ergibt sich insoweit nichts.
Dies kann, was sogar näher liegt, auf Veranlassung des Zeugen geschehen
sein, der gemäß der Behauptung der Beklagten nach Zugang des Schreibens vom
28. September 2001 von dem Beklagten zu 2 aufgefordert worden ist, im Namen
der Firma K. keine Kaufverträge über Getreide abzuschließen.
22 3. Zu Recht verneint hat das Berufungsgericht wiederum den von der
Klägerin geltend gemachten Kaufpreisanspruch aus § 433 Abs. 2 BGB in Höhe
von 7.069,27 € für die Triticale, die der Zeuge Ku. am 10. Oktober 2001 im
Namen der Firma K. von der Klägerin gekauft hat.
23 a) Insoweit ist ein Kaufvertrag nicht durch Schweigen der Beklagten zu
1 auf das Bestätigungsschreiben der Klägerin vom 15. Oktober 2001 zustande
gekommen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Schreiben noch in
ausreichendem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit den
Vertragsverhandlungen am 10. Oktober 2001 steht, da es erst fünf Tage später
und zudem nach Auslieferung der Ware, die bereits am 13. Oktober 2001
erfolgt ist, abgefasst worden ist. Jedenfalls ist das Schreiben, anders
als das Bestätigungsschreiben vom 28. September 2001, den Beklagten nicht
zugegangen, da es an die Anschrift des Zeugen Ku. gerichtet war.
24 b) Der Zeuge Ku. hat die Beklagte zu 1 bei Abschluss des Kaufvertrages
vom 10. Oktober 2001 nicht wirksam vertreten. Er war auch insoweit nicht
rechtsgeschäftlich bevollmächtigt (vgl. oben unter II 2 a). Eine Duldungs-
oder Anscheinsvollmacht der Beklagten zu 1 liegt ebenfalls nicht vor.
25 Die Anscheinsvollmacht unterscheidet sich von der Duldungsvollmacht
(zu deren Voraussetzungen siehe ebenfalls oben unter II 2 a) dadurch, dass
bei ihr der Vertretene das Handeln des in seinem Namen Auftretenden zwar
nicht kennt und duldet, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen
müssen und verhindern können (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 1998 – III ZR
183/96, WM 1998, 819 unter II 2 a m.w.Nachw.). Wie die Duldungsvollmacht
erfordert jedoch auch die Anscheinsvollmacht, dass der Geschäftsgegner nach
Treu und Glauben annehmen darf, der als Vertreter Handelnde sei
bevollmächtigt (BGH, aaO). Das setzt in der Regel voraus, dass der
Geschäftsgegner die Tatsachen kennt, aus denen sich der Rechtsschein der
Bevollmächtigung ergibt (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1955 – II ZR 181/54,
WM 1956, 154 unter II 2; vgl. auch Senatsurteil vom 26. Februar 1962 – VIII
ZR 187/60, WM 1962, 531 unter II 2). An dieser Voraussetzung sowohl der
Duldungs- als auch der Anscheinsvollmacht fehlt es hier auf Seiten der
Klägerin, so dass offen bleiben kann, ob die Beklagte zu 1 entgegen der
Annahme des Berufungsgerichts aufgrund der Gespräche und der Vereinbarungen
mit dem Zeugen Ku. sowie dessen anschließenden Verhaltens gewusst und
geduldet hat oder zumindest hätte wissen müssen und verhindern können, dass
der Zeuge Kaufverträge über Getreide im Namen der Firma K. abschließt. Wie
das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt hat, hat die Klägerin nicht
behauptet, ihr seien die Absprachen und Vereinbarungen zwischen den
Beklagten und dem Zeugen Ku. oder anderweitige Kaufverträge über Getreide im
Namen der Firma K. bekannt gewesen. Danach bleibt als etwaige
Rechtsscheinsgrundlage nur der Umstand, dass die Beklagte zu 1 dem
Bestätigungsschreiben der Klägerin vom 28. September 2001 nicht
widersprochen hat. Insoweit hat das Berufungsgericht angenommen, die
Klägerin habe das Ausbleiben eines Widerspruchs der Beklagten zu 1 nicht so
verstehen dürfen, dass der Zeuge Ku. zum Abschluss des Kaufvertrages vom 10.
Oktober 2001 bevollmächtigt sei, weil dafür vielfältige Gründe in Betracht
kämen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Klägerin konnte
insbesondere schon nicht sicher sein, dass das Bestätigungsschreiben der
Beklagten zu 1 zugegangen war. Darüber hinaus war dieser einzelne Vorgang
auch deswegen nicht geeignet, den Rechtsschein einer Bevollmächtigung zu
erzeugen, weil dafür ein Verhalten von gewisser Häufigkeit und Dauer
erforderlich ist (BGH, Urteil vom 5. März 1998, aaO, m.w.Nachw.).
III.
26 Nach alledem kann das Berufungsurteil gemäß den Ausführungen unter II 2
keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht auf die Berufung der
Beklagten zu 1 unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage
gegen die Beklagte zu 1 wegen 21.216,30 € nebst Prozesszinsen abgewiesen
hat. Da es hierzu weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf, ist
der Rechtsstreit auch insoweit zur Endentscheidung reif. In dem bezeichneten
Umfang sind daher das Berufungsurteil aufzuheben und die Berufung der
Beklagten zu 1 gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Im Übrigen
ist die Revision der Klägerin nach den obigen Ausführungen unter II 1 und 3
zurückzuweisen.
|