Voraussetzungen der
Duldungs- und Anscheinsvollmacht sowie des Schutzes nach § 172 BGB; keine Duldungs- oder
Anscheinsvollmacht bei unerkannter Nichtigkeit der erteilten Vollmacht
BGH, Urteil vom 21. Juni
2005 - XI ZR 88/04
Fundstelle:
NJW 2005, 2985
Amtl. Leitsatz:
Das Handeln eines
Geschäftsbesorgers/Treuhänders im Anschluß an einen wegen Verstoßes gegen
das Rechtsberatungsgesetz nichtigen Geschäftsbesorgungsvertrag mit
umfassender Vollmacht kann dem Vollmachtgeber (Anleger) schon deshalb nach
den allgemeinen Regeln der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht nicht
zugerechnet werden, weil er die Nichtigkeit der Vollmacht nicht kannte oder
kennen mußte.
Zentrale Probleme:
Es geht wieder einmal um einen der zahlreichen
"Schrottimmobilienfälle", s. dazu die Anm. zu
BGH v.
3. Juni 2003 - XI ZR 289/02 =
NJW-RR 2003, 1203; zu BGH v.
20. April 2004 - XI ZR 171/03, BGH v. 14.6.2004- II ZR 407/02
sowie BGH NJW 2005, 664.
Die Fallkonstellation ist hier ähnlich wie in BGH v.
22.10.2003 - IV ZR 398/02.
Über diese Problematik, in deren Mittelpunkt insbesondere um
Fragen der Haustürgeschäfte, "verbundenen Geschäfte" sowie um Fragen des
Stellvertretungsrechts geht, sind hier die auch im Leitsatz herausgehobenen
Ausführungen zur Anscheins- und Duldungsvollmacht von allgemeinem Interesse.
Der BGH geht zu recht davon aus, daß eine nichtige Vollmacht außerhalb der
gesetzlich geregelten Fälle der §§ 171, 172 BGB nicht unter dem Aspekt einer
Rechtsscheinvollmacht (Anscheins- oder Duldungsvollmacht) aufrechterhalten
werden kann, wenn der Vollmachtgeber die Unwirksamkeit nicht kennt und auch
nicht kennen muß. Eine Duldungsvollmacht setzt nämlich nicht nur voraus, daß
der Vertretene das Auftreten einer Person als Vertreter kennt oder kennen
muß und duldet, vielmehr muß sich diese Kenntnis bzw. dieses Kennenmüssen
gerade auch darauf beziehen, daß diese Person Vertreter ohne
Vertretungsmacht ist.
Kurz: Auch und gerade im Fall von nichtigen Vollmachten
sind die §§ 171, 172 BGB sowie die ungeschriebenen Regeln über die Duldungs-
und Anscheinsvollmacht anwendbar, der Tatbestand einer Duldungs- oder
Anscheinsvollmacht ist aber nicht erfüllt, wenn der Vollmachtgeber die
Nichtigkeit der Vollmacht weder kennt noch kennen muß. Entschiede man
anders, wäre der Schutzzweck der nichtigkeitsbegründenden Norm vollkommen
verfehlt, weil dann im Falle einer nichtigen Vollmacht stets eine
Duldungsvollmacht vorliegen würde.
©sl 2005
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer
vollstreckbaren notariellen Urkunde. Dem liegt folgender Sachverhalt
zugrunde:
Der Kläger, ein damals 30 Jahre alter, unverheirateter Maschinenschlosser,
wurde im Jahre 1992 von einem Vermittler geworben, ohne Einsatz von
Eigenkapital ein noch zu errichtendes Studentenappartement im Rahmen eines
Steuersparmodells in M. zu kaufen. Zu diesem Zweck beauftragte er am 3.
April 1992 die H. Steuerberatungsgesellschaft mbH (nachfolgend:
Geschäftsbesorgerin) mit dem Erwerb und erteilte ihr gleichzeitig eine
unwiderrufliche notarielle Vollmacht zum Abschluß aller dazu erforderlichen
Verträge, einschließlich der Bewilligung und Eintragung von
Grundpfandrechten nebst dinglicher sowie persönlicher
Zwangsvollstreckungsunterwerfung. Am 3. Juni 1992 schloß die
Geschäftsbesorgerin, die über keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz
verfügte, im Namen des Klägers mit der Bauträgerin einen notariellen
Kaufvertrag über die Eigentumswohnung und nahm für ihn mit Vertrag vom 5.
Juni 1992 zur Finanzierung des Kaufpreises von 89.152 DM sowie der
Nebenkosten bei der beklagten Bank einen Zwischenkredit über 138.930 DM auf.
Mit Schreiben vom selben Tag wies die Beklagte den Kläger auf die
Kontoeröffnung hin, ohne von ihm eine Antwort zu erhalten. Der endgültige
Darlehensvertrag über 118.092 DM und 20.839 DM wurde am 29. September 1992
von der Geschäftsbesorgerin in Namen des Klägers geschlossen und von der
Beklagten vereinbarungsgemäß erfüllt. Nach ihren Allgemeinen
Vertragsbedingungen ist der Kläger als Darlehensnehmer verpflichtet, an dem
finanzierten Objekt eine "fällige Grundschuld mit dinglicher und
persönlicher Zwangsvollstreckungsunterwerfung über 139.000 DM" zu bestellen.
Schon vorher hatte der Kläger, vertreten durch die Geschäftsbesorgerin, der
Beklagten in notarieller Urkunde vom 3. Juni 1992 an dem Kaufgegenstand eine
Grundschuld über 139.000 DM zuzüglich Zinsen bestellt, für diesen Betrag die
persönliche Haftung übernommen und eine dingliche sowie persönliche
Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung abgegeben.
Nachdem der Kläger die Zahlung der vereinbarten Darlehensraten eingestellt
hatte, kündigte die Beklagte den ausgereichten Kredit am 30. Juli 2001
fristlos. Wegen der nach Verwertung der zur Sicherheit abgetretenen
Kapitallebensversicherung rechnerisch noch verbleibenden
Darlehensrückzahlungsforderung über 49.547,08 € betreibt sie die
Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 3. Juni 1992.
Der Kläger macht vor allem geltend, es fehle an einem wirksamen Titel, da
die von der Geschäftsbesorgerin in seinem Namen abgegebene notarielle
Vollstreckungsunterwerfungserklärung mangels wirksamer Vollmacht nichtig
sei. Aus demselben Grund sei auch ein Darlehensvertrag nicht zustande
gekommen; dieser sei überdies nach dem Haustürwiderrufsgesetz wirksam
widerrufen worden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist
erfolglos geblieben. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt er
seinen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt
zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache
an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der
notariellen Urkunde vom 3. Juni 1992 als zulässig angesehen und zur
Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Ein wirksamer Titel gegen den Kläger liege allerdings nicht vor. Bei Abgabe
der Vollstreckungsunterwerfungserklärung in seinem Namen habe die
Geschäftsbesorgerin ohne Vertretungsmacht gehandelt, weil der
Geschäftsbesorgungsvertrag mitsamt der ihr erteilten umfassenden Vollmacht
wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG i.V. mit § 134 BGB
nichtig sei. Die auf Rechtsscheingesichtspunkten beruhenden §§ 171 ff. BGB
fänden auf die prozessuale Vollmacht für die Vollstreckungsunterwerfung
keine Anwendung, da die §§ 78 ff. ZPO insoweit ein abschließendes
Sonderrecht bildeten.
Dem Kläger sei es aber nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf
die Unwirksamkeit der Unterwerfungserklärung zu berufen. Nach dem
formularmäßigen Darlehensvertrag vom 29. September 1992 sei er verpflichtet,
ein abstraktes Schuldanerkenntnis in Höhe des Grundschuldbetrages abzugeben
und sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes
Vermögen zu unterwerfen. Der Darlehensvertrag sei nach den allgemeinen
Grundsätzen der Duldungsvollmacht wirksam. Die §§ 171 Abs. 1 und 172 Abs. 1
BGB sowie die Regeln über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht seien auch
dann anwendbar, wenn die Vollmachtserteilung unmittelbar gegen Art. 1 § 1
RBerG verstoße und gemäß § 134 BGB nichtig sei. Dabei könne offenbleiben, ob
der Beklagten bei Abschluß des Darlehensvertrages entweder das Original oder
eine Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde vom 3. April 1992 gemäß
§ 172 Abs. 1 BGB vorgelegen habe. Der Kläger müsse sich das Handeln der
Geschäftsbesorgerin jedenfalls nach der Rechtsfigur der Duldungsvollmacht
zurechnen lassen. Da er auf die mit Schreiben der Beklagten vom 5. Juni 1992
mitgeteilte Kontoeröffnung geschwiegen habe, habe die Beklagte davon
ausgehen müssen, daß die Geschäftsbesorgerin für den Abschluß des
endgültigen Kreditvertrages bevollmächtigt worden sei. Daß sich das
Schreiben möglicherweise nur auf die Zwischenfinanzierung beziehe, ändere
nichts. Der Kläger handele daher treuwidrig, wenn er sich nunmehr auf die
Nichtigkeit der Vollstreckungsunterwerfung berufe.
Ob der endgültige Darlehensvertrag nach dem Haustürwiderrufsgesetz wirksam
widerrufen worden sei, könne dahinstehen, weil der Beklagten jedenfalls ein
von der weiten Sicherungsabrede erfaßter Anspruch auf Rückzahlung der
ausgezahlten Valuta zuzüglich marktüblicher Verzinsung zustehe (§ 3 HWiG).
Ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG liege nicht vor, da der
Kreditvertrag von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht
und zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen
geschlossen worden sei (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG).
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung in einem
entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, daß
der Kläger bei Abgabe der Vollstreckungsunterwerfungserklärung von der
Geschäftsbesorgerin nicht wirksam vertreten worden und somit ein Titel nicht
entstanden ist.
a) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf
derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung
eines Grundstückserwerbs oder Fondsbeitritts im Rahmen eines
Steuersparmodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1
RBerG. Ein - wie hier - ohne diese Erlaubnis abgeschlossener
Geschäftsbesorgungsvertrag mit derartigen umfassenden Befugnissen ist
nichtig. Die Nichtigkeit erfaßt nach dem Schutzgedanken des Art. 1 § 1 RBerG
i.V. mit § 134 BGB auch die der Geschäftsbesorgerin/Treuhänderin erteilte
umfassende Abschlußvollmacht (st.Rspr., BGHZ 153, 214, 220 f.;
Senatsurteile vom 11. Januar 2005 - XI ZR 272/03, WM 2005, 327, 328, vom 15.
Februar 2005 - XI ZR 396/03, Umdruck S. 8 f. und vom 22. Februar 2005 - XI
ZR 41/04, WM 2005, 786, 787; siehe ferner BGH, Urteil vom 8. Oktober 2004 -
V ZR 18/04, WM 2004, 2349, 2352). Dies zieht auch die Revision nicht in
Zweifel.
b) Die auf Abgabe der Vollstreckungsunterwerfungserklärung gerichtete
umfassende Vollmacht der Geschäftsbesorgerin stellt inhaltlich eine
Prozeßvollmacht dar, deren Nichtigkeit nicht mit Hilfe der §§ 171, 172 BGB
überwunden werden kann. Nach der neueren Rechtsprechung des IV. Zivilsenats
des Bundesgerichtshofs (siehe BGHZ 154, 283, 286 ff.; bestätigt durch
Urteile vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02, WM 2003, 2372, 2374 und
IV ZR
33/03, WM 2003, 2375, 2377; siehe auch bereits Nichtannahmebeschluß vom 30.
Oktober 1986 - III ZR 262/85, WM 1987, 307 f. sowie BGH, Urteil vom 18.
Dezember 2002 - VIII ZR 72/02, NJW 2003, 963, 964) finden die
materiell-rechtlichen, dem Schutz des Geschäftsgegners und des
Rechtsverkehrs dienenden Vorschriften der §§ 171 f. BGB auf die dem
Geschäftsbesorger erteilte prozessuale Vollmacht zur Abgabe eines
vollstreckbaren Schuldanerkenntnisses keine Anwendung. Die
Zivilprozeßordnung enthält vielmehr
- wie auch das Berufungsgericht angenommen hat - in ihren §§ 80, 88 und 89
eigenständige und abschließende Spezialregelungen, die durch eine Anwendung
der §§ 171, 172 BGB nicht ersetzt oder ergänzt werden dürfen. Der erkennende
Senat hat sich dieser Auffassung bereits in seinem Urteil vom 18. November
2003 (XI ZR 332/02, WM 2004, 27, 30) angeschlossen, sich mit den gegen sie
erhobenen Einwendungen in seinen Entscheidungen vom 2. Dezember 2003 (XI ZR
421/02, WM 2004, 372, 375; XI ZR 428/02, Umdruck S. 13 und XI ZR 429/02,
Umdruck S. 13) auseinandergesetzt und hält daran weiterhin fest
(Senatsurteile vom 2. März 2004 - XI ZR 267/02, BKR 2004, 236, 238 und vom
15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830).
2. Dem Berufungsgericht kann aber nicht gefolgt werden, soweit es meint, daß
es dem Kläger aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstands nach dem
Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sei, sich gegenüber der
Beklagten auf die Nichtigkeit der Vollstreckungsunterwerfung zu berufen.
a) Richtig ist allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, daß der Kläger
die schwebend unwirksame Vollstreckungsunterwerfungserklärung gemäß § 242
BGB genehmigen und ihr damit rückwirkend Wirksamkeit verleihen muß, wenn die
Darlehensverträge vom 29. September 1992 wirksam sind.
aa) Das Berufungsgericht hat die in den formularmäßigen Darlehensverträgen
vom 5. Juni und 29. September 1992 enthaltene Klausel über die Bestellung
einer "fälligen Grundschuld mit dinglicher und persönlicher
Zwangsvollstreckungsunterwerfung über 139.000 DM" als eine Verpflichtung des
Klägers gedeutet, ein Schuldanerkenntnis im Sinne des § 780 BGB in Höhe des
Grundschuldbetrages abzugeben und sich insoweit der sofortigen
Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Diese
Auslegung wird durch den Wortlaut der Vertragsklausel ohne weiteres gedeckt
und entspricht - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - der bei
derartigen Bankgeschäften schon seit Jahrzehnten üblichen, von der
höchstrichterlichen Rechtsprechung (siehe z.B. BGHZ 99, 274, 282;
Senatsurteile BGHZ 114, 9, 13, vom 26. November 2002 - XI ZR 10/00, WM 2003,
64, 65 f., vom 28. Oktober 2003 - XI ZR 263/02, WM 2003, 2410, 2411, vom 15.
März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830 f. und vom 5. April 2005 - XI ZR
167/04, WM 2005, 1076, 1078; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Oktober 2003 - IV
ZR 398/02, WM 2003, 2372, 2374) gebilligten Praxis.
bb) Muß der Darlehensnehmer nach dem Inhalt des Darlehensvertrages ein
derartiges selbständiges Schuldversprechen mit einer
Vollstreckungsunterwerfungserklärung als die Grundschuld verstärkende
persönliche Sicherheit abgeben, so verhält er sich treuwidrig, wenn er
versucht, aus der bisherigen Nichterfüllung seiner Verpflichtungen einen
Vorteil zu ziehen. Dem Kläger ist es daher nach dem Grundsatz von Treu und
Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Nichtigkeit der
Vollstreckungsunterwerfung zu berufen (st.Rspr., siehe BGH,
Nichtannahmebeschluß vom 30. Oktober 1986 - III ZR 262/85, WM 1987, 307,
308; Nichtannahmebeschluß des Senats vom 18. Februar 2003 - XI ZR 138/02,
Umdruck S. 3; BGH, Urteile vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02, WM 2003,
2372, 2374 und IV ZR 33/03, WM 2003, 2376, 2378
sowie vom 10. März 2004 - IV
ZR 143/03, WM 2004, 922, 923; Senatsurteile vom 18. November 2003 - XI ZR
332/02, WM 2004, 27, 30, vom 2. Dezember 2003 - XI ZR 421/02, WM 2004, 372,
375, vom 2. März 2004 - XI ZR 267/02, BKR 2004, 236, 239, vom 15. Februar
2005 - XI ZR 396/03, Umdruck S. 11 und vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM
2005, 828, 830), wenn er an die Kreditverträge gebunden ist.
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Kläger bei Abschluß
der Darlehensverträge von der Geschäftsbesorgerin aber nicht nach den
allgemeinen Regeln über die Duldungsvollmacht wirksam vertreten worden.
aa) § 171 und § 172 BGB sowie die allgemeinen Grundsätze über die
Duldungs- und Anscheinsvollmacht sind allerdings auch dann anwendbar, wenn
die umfassende Bevollmächtigung des Treuhänders unmittelbar gegen Art. 1 § 1
RBerG verstößt und gemäß § 134 BGB nichtig ist. Die §§ 171 bis 173 BGB sowie
die Regeln der Duldungs- und Anscheinsvollmacht sind Anwendungsfälle des
allgemeinen Rechtsgrundsatzes, daß derjenige, der einem gutgläubigen Dritten
gegenüber zurechenbar den Rechtsschein einer Bevollmächtigung eines anderen
setzt, sich so behandeln lassen muß, als habe er dem anderen wirksam
Vollmacht erteilt (vgl. BGHZ 102, 60, 64; Senatsurteil vom 14. Mai 2002
- XI ZR 155/01, WM 2002, 1273, 1274 f.). Dies gilt, soweit
gesetzgeberische Wertungen nicht entgegenstehen, grundsätzlich ohne
Rücksicht darauf, aus welchen Gründen sich die Bevollmächtigung eines
anderen als nichtig erweist (vgl. Senatsurteile BGHZ 144, 223, 230 und
vom 22. Oktober 1996 - XI ZR 249/95, WM 1996, 2230, 2232). Nur so kann dem
Schutz des Vertragsgegners und des Rechtsverkehrs, den die allgemeine
Rechtsscheinhaftung bezweckt, ausreichend Rechnung getragen werden.
bb) Indessen liegen die Voraussetzungen einer Duldungs- oder
Anscheinsvollmacht, wie die Revision zu Recht rügt, hier nicht vor.
(1) Läßt der Vertretene es - in aller Regel in mehreren Fällen und über
einen längeren Zeitraum - zu, daß ein anderer ohne eine Bevollmächtigung als
sein Vertreter auftritt, so daß Dritte daraus berechtigterweise auf das
Bestehen einer Vollmacht schließen können, so muß er sich so behandeln
lassen, als habe er ihm Vollmacht erteilt. Voraussetzung dafür ist, daß der
Vertretene das Verhalten des nicht von ihm bevollmächtigten Vertreters
kannte und nicht dagegen eingeschritten ist, obgleich ihm das möglich
gewesen wäre (st.Rspr., siehe etwa BGHZ 5, 111, 116; BGH, Urteile vom
10. März 1953 - I ZR 76/52, LM § 167 Nr. 4, vom 5. November 1962 - VII ZR
75/61, LM § 167 Nr. 13, vom 9. November 1989 - VII ZR 200/88, BGHR § 167 -
Duldungsvollmacht 1, vom 24. Januar 1991 - IX ZR 121/90, NJW 1991, 1225 und
vom 13. Mai 1992 - IV ZR 79/91, VersR 1992, 989, 990; vgl. auch Senatsurteil
vom 25. März 2003 - XI ZR 227/02, WM 2003, 1064, 1066 m.w.Nachw.). Die
Duldungsvollmacht stellt daher eine "bewußt hingenommene" Anscheinsvollmacht
dar (Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl. §
48 Rdn. 23), bei der der Vertretene das unbefugte Auftreten des Vertreters zwar nicht kannte, also auch nicht duldete, aber bei
pflichtgemäßer Sorgfalt hätte bemerken und verhindern können (zu den
Voraussetzungen der Anscheinsvollmacht siehe z.B. BGH, Urteil vom 5. März
1998 - III ZR 183/96, NJW 1998, 1854, 1855 m.w.Nachw.; vgl. ferner
Senatsurteil vom 15. Februar 2005, aaO Umdruck S. 10).
(2) So ist es hier aber nicht: Dem steht entgegen, daß der Kläger nicht
gewußt hat oder hätte wissen müssen, daß die Geschäftsbesorgerin für ihn
als Vertreterin ohne Vollmacht auftritt. Vielmehr durfte er davon ausgehen,
daß sie eine wirksame notarielle Vollmacht besitzt. Den vor dem Jahre 2000
ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ließ sich nämlich nichts
entnehmen, was für einen Verstoß eines umfassenden Treuhand- oder
Geschäftsbesorgungsvertrages und der mit ihm verbundenen Vollmacht des
Geschäftsbesorgers gegen Art. 1 § 1 RBerG i.V. mit § 134 BGB gesprochen
hätte (st.Rspr., vgl. etwa die Nachweise im Senatsurteil vom 9. November
2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 75). Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (siehe jüngst Senatsurteil vom 15. März 2005 - XI ZR
135/04, WM 2005, 828, 832) kann der kreditgebenden Bank daher in Fällen der
vorliegenden Art gewöhnlich keine Kenntnis oder ein Kennenmüssen der
Nichtigkeit der Vollmachtserteilung gemäß § 173 BGB zur Last gelegt werden.
Es liegt daher fern, dem Kläger vorzuwerfen, die Vollmachtlosigkeit des
Vertreterhandelns entsprechend den Regeln der Anscheins- oder
Duldungsvollmacht nicht rechtzeitig erkannt oder gar bewußt geduldet zu
haben. Dafür, daß die Geschäftsbesorgerin bereits vor Abschluß des
Geschäftsbesorgungsvertrages mit umfassender Vollmacht als vollmachtlose
Vertreterin des Klägers im Rechtsverkehr aufgetreten ist und dadurch aus
Sicht der Beklagten möglicherweise ein ihm zurechenbarer
Anschein hinsichtlich einer im Innenverhältnis erteilten Vollmacht
hervorgerufen wurde (vgl. Senatsurteil vom 22. Oktober 1996 - XI ZR 249/95,
WM 1996, 2230, 2232), ist nichts vorgetragen.
(3) Zudem hat das Berufungsgericht auch sonst an das Vorliegen einer
Duldungsvollmacht zu geringe Anforderungen gestellt. Wie der erkennende
Senat bereits in seinem Urteil vom 25. März 2003 (XI ZR 227/02, WM 2003,
1064, 1066) in einem fast gleichgelagerten Fall entschieden hat, reicht ein
bloßes Schweigen des Kreditnehmers auf die Mitteilung über die Einrichtung
eines Kontos zur Vorfinanzierung des Kaufpreises für die Annahme einer
Duldungsvollmacht hinsichtlich des zeitlich nachfolgenden endgültigen
Darlehensvertrages nicht aus. Daß die Beklagte bei Abschluß des
Darlehensvertrages vom 29. September 1992 nicht nur auf die notarielle
Vollmachtsurkunde vom 3. April 1992 vertraut, sondern das Schweigen des
Klägers auf ihr Schreiben vom 5. Juni 1992 für ein bewußtes "Dulden" des
späteren Vertreterhandelns der Geschäftsbesorgerin gehalten und zur
Grundlage ihrer Willensentscheidung gemacht hat, ist von ihr in den
Tatsacheninstanzen auch nicht geltend gemacht worden.
3. Der Revision kann indes nicht gefolgt werden, soweit sie meint, daß die
Darlehensverträge nach dem Haustürwiderrufsgesetz wirksam widerrufen worden
seien und infolgedessen die rechtliche Grundlage für den dolo-facit-Einwand
der Beklagten entfallen sei. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt,
daß die beiden Darlehensverträge von der Geschäftsbesorgerin in einer
Haustürsituation geschlossen worden sind. Ein Widerruf des notariell
beurkundeten Geschäftsbesorgungsvertrags sowie der umfassenden Vollmacht
scheidet nach dem eindeutigen und
damit nicht auslegungsfähigen Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 3 HWiG aus, da
insoweit eine notarielle Erklärung vorliegt (siehe Senatsurteile vom 29.
April 2003 - XI ZR 201/02, WM 2004, 21, 23 und vom 2. Dezember 2003 - XI ZR
421/02, WM 2004, 372, 376).
III.
Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als
richtig dar (§ 561 ZPO).
1. Entgegen der Ansicht der Revision ist eine Anwendung des § 172 BGB
zugunsten der Beklagten allerdings nicht von vornherein ausgeschlossen.
a) Die §§ 171, 172 BGB knüpfen an die Kundgabe der Vollmachtserteilung als
solche an und lassen sie nach dem Willen des Gesetzgebers unter bestimmten
Voraussetzungen zum Schutz des Verhandlungspartners und des Rechtsverkehrs
"als Bevollmächtigung" gelten (vgl. Protokolle I, S. 146). Ein in aller
Regel erst durch eine gewisse Häufigkeit und Dauer des vollmachtlosen
Vertreterhandelns erzeugter Rechtsschein und ein Verschulden des Vertretenen
sind daher nicht erforderlich (Senatsurteil vom 15. Februar 2005, aaO
Umdruck S. 10, 11). Entscheidend ist nicht einmal, ob der Vertragsgegner den
Inhalt der notariellen Vollmachtsurkunde im Sinne des § 172 BGB vor oder bei
Vertragsschluß tatsächlich zur Kenntnis genommen hat (BGHZ 76, 76, 78 f.;
BGH, Urteil vom 15. Oktober 1987 - III ZR 235/86, NJW 1988, 697, 698; siehe
ferner Staudinger/Schilken, BGB Neubearb. 2004 § 172 Rdn. 3 m.w.Nachw.).
b) Der Umstand, daß die Initiatoren des Anlagemodells die
Geschäftsbesorgerin/Treuhänderin - nach Behauptung des Klägers mit
Billigung der Beklagten - allein ausgesucht und deren umfassende
Beauftragung den Anlegern vorgeschrieben haben, steht einer Anwendung der §§
171, 172 BGB nicht entgegen. Diese setzen - wie das Vertretungsrecht
überhaupt - kein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Vertretenem und
Vertreter voraus, sondern stellen allein auf die eigenverantwortliche
Vollmachtskundgabe des Vertretenen ab. Für eine andere Betrachtungsweise
besteht in den vorliegenden Fällen auch aus Billigkeitsgründen kein
Bedürfnis, weil der einzelne Anleger nach den Regeln über den
Vollmachtsmißbrauch vor schädigenden Handlungen des Vertreters hinreichend
geschützt wird (Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 255/03, WM 2005,
127, 131 zur Veröffentlichung in BGHZ 161, 15 ff. bestimmt, und vom 9.
November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 74). Überdies kann ohne konkrete
Feststellungen zu kollusiven Absprachen zwischen Bank, Initiatoren des
Anlagemodells und Geschäftsbesorger/Treuhänder nicht ohne weiteres
unterstellt werden, die kreditgebende Bank wisse, daß der Vertreter Teil
einer den Erwerber benachteiligenden einheitlichen Vertriebsorganisation ist
(Senatsurteile vom 26. Oktober 2004, aaO und vom 9. November 2004, aaO).
Die vom II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in den Fällen
strukturvertriebener Beteiligungen an einem Immobilienfonds entwickelten und
davon zum Teil abweichenden Grundsätze stehen dem nicht entgegen. Sie
beruhen auf der Annahme, daß Darlehensvertrag und Anteilserwerb aufgrund der
Eingliederung der kreditgebenden Bank in die Vertriebsorganisation
regelmäßig ein verbundenes Geschäft im Sinne des§ 9 VerbrKrG darstellen (siehe dazu jüngst BGH, Urteil vom 21. März 2005 -
II ZR 411/02, WM 2005, 843, 844 m.w.Nachw.). Diese Voraussetzung war aber
nach langjähriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe z.B.
Senatsurteil vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 73 m.w.Nachw.)
bei einem finanzierten Grundstücksgeschäft wie dem vorliegenden schon vor
Inkrafttreten des Verbraucherkreditgesetzes grundsätzlich nicht erfüllt und
ist im Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ausnahmslos nicht
gegeben. Ob der Kläger die Grundschuld über 139.000 DM selbst bestellt hat,
ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ohne Belang
(Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 255/03, WM 2005, 127, 130 f. und
vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 74). Überdies ist die
Behauptung des Klägers, es liege hier ein verbundenes Geschäft vor,
substanz- und beweislos.
Eine Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen nach § 132 Abs. 2 oder 4
GVG ist entgegen der Ansicht der Revision nicht veranlaßt. Der Senat weicht
nicht von tragenden Gründen einer Entscheidung des II. Zivilsenats ab. Für
die Kreditfinanzierung von Immobilien existieren, was auch der II.
Zivilsenat, der in seinem Urteil vom 21. März 2005 (II ZR 411/02, WM 2005,
843, 845) von einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen ausdrücklich
abgesehen hat, nicht anders sieht, in der EU-Verbraucherkreditrichtlinie und
im deutschen Verbraucherkreditrecht besondere Regelungen.
c) Eine Anwendung des § 172 BGB ist auch nicht nach § 173 BGB
ausgeschlossen. Besondere Umstände, die dafür sprechen könnten, daß die
Beklagte im Jahre 1992 die Nichtigkeit der Vollmachtserteilung ausnahmsweise hätte kennen müssen, vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Daß
die notariell beurkundete Vollmacht die Geschäftsbesorgerin auch zur
Vertretung des Klägers gegenüber Gerichten und Behörden ermächtigte, ist
entgegen der Ansicht der Revision kein solcher Umstand (Senatsurteil vom 11.
Januar 2005 - XI ZR 272/03, WM 2005, 327, 329).
2. Zu der unter Beweis gestellten entscheidungserheblichen Behauptung der
Beklagten, daß ihr spätestens bei Abschluß des Darlehensvertrages vom 29.
September 1992 eine Ausfertigung der die Geschäftsbesorgerin als Vertreterin
des Klägers ausweisenden notariellen Vollmachtsurkunde vom 3. April 1992
vorlag (zu dieser Voraussetzung siehe etwa BGHZ 102, 60, 63, zuletzt
Senatsurteile vom 20. April 2004 - XI ZR 164/03, WM 2004, 1227, 1228 sowie
XI ZR 171/03, WM 2004, 1230, 1232, vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 255/01, ZIP
2005, 69, 74, vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 75, vom 14.
Dezember 2004 - XI ZR 142/03, Umdruck S. 16 und vom 22. Februar 2005 - XI ZR
41/04, WM 2005, 786, 787), hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt
aus konsequent - keine Feststellungen getroffen. Nach dem für die Revision
zugrunde zu legenden Sachverhalt kann die nichtige Vollmacht der
Geschäftsbesorgerin für den Abschluß der Darlehensverträge daher nicht gemäß
§ 172 Abs. 1 BGB gegenüber der Beklagten als wirksam angesehen werden.
IV.
Damit das Berufungsgericht die notwendige Beweisaufnahme vornehmen kann, war
das angefochtene Berufungsurteil aufzuheben (§ 562
Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
|