Stillschweigende
Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts bei Übereignung eines gekauften Kfz
vor Kaufpreiszahlung unter Zurückbehaltung des Kfz-Briefes; Wirksamkeit auch
des vertragswidrigen Eigentumsvorbehalts; (kein) gutgl. Eigentumserwerb
eines Dritten nach § 932 BGB bei Nichtvorlage des Kfz-Briefes;
Anwartschaftsrecht als Recht zum Besitz gem. § 986 BGB
BGH, Urteil vom 13.
September 2006 - VIII ZR 184/05
Fundstelle:
NJW 2006, 3488
Amtl. Leitsatz:
Beim Autokauf kann der
Käufer, der den Kaufpreis noch nicht gezahlt hat, die Einbehaltung des
Fahrzeugbriefes bei der Übergabe des Fahrzeugs regelmäßig nur dahin
verstehen, dass der Verkäufer ihm das Eigentum am Fahrzeug zur Sicherung
seiner Kaufpreisforderung nur unter der aufschiebenden Bedingung
vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen will.
Zentrale Probleme:
Die Entscheidung betrifft eine Reihe von
sehr lehrreichen Grundsatzproblemen des Schuld- und Sachenrechts. Der Kl.
hatte als Verkäufer eines Kfz dem Käufer (K) das Fahrzeug übergeben, aber
den Kfz-Brief zurückbehalten. K hat das Kfz an den Bekl. weiterveräußert,
von dem es der Kl. jetzt nach § 985 BGB herausverlangt. Dazu müßte er
Eigentümer geblieben sein (1) und der Bekl. dürfte ihm gegenüber
nicht zum Besitz berechtigt sein, § 986 BGB (2):
Zu (1): a) Zunächst prüft der
Senat, ob er nicht bereits Eigentum durch Übereignung an K verloren hat und
verneint dies zutreffend. Er deutet die Übergabe unter Zurückbehaltung des
Kfz-Briefes sicherlich zutreffend als eine aufschiebend durch Zahlung des
Kaufpreises bedingte Übereignung (§§ 929, 158 I, 449 I BGB). Nach dem gem. §
157 BGB maßgeblichen Empfängerhorizont des K kann das Zurückhalten des
Kfz-Briefes trotz der Tatsache, daß dessen Übergabe rechtlich nicht zur
Übereignung des Kfz erforderlich ist, von diesem nur so verstanden werden.
Ob der Kl. verpflichtet gewesen wäre, unbedingt zu übereignen (was ohne
besondere Absprache gem. § 320 BGB gerade nicht der Fall gewesen wäre), ist
dabei irrelevant. Auch der vertragswidrig erklärte Eigentumsvorbehalt ist
wirksam.
Freilich darf das nicht verallgemeinert werden, zu Recht betont der Senat,
daß an eine solche Auslegung strenge Maßstäbe zu stellen sind (insbesondere
bei einem vertragswidrigen EV, s.
BGHZ 64, 395, 397). Der Senat
läßt jedenfalls die Frage offen, ob ein konkludent vereinbarter
Eigentumsvorbehalt allgemein schon dann anzunehmen ist, wenn der Käufer bei
Übergabe des Kaufgegenstandes den Kaufpreis nicht zahlt. Von einem solchen
bei Übergabe stillschweigend erklärten EV bei Vorleistung eines Verkäufers,
der nach § 320 I nur Zug-um-Zug gegen Zahlung leisten müsste, kann mE ohne
weitere Anhaltspunkte allenfalls im kaufmännischen Verkehr ausgegangen
werden (BGHZ 42, 53, 55).
b) Damit hatte der Kl. Eigentum nur verloren, wenn K vom Kl. i.S.v. § 185 I
ermächtigt gewesen wäre, das Kfz zu veräußern (was der Senat verneint) oder
der Bekl. nach § 932 I BGB gutgläubig vom nichtberechtigten K erworben
hätte. Das verneint der Senat zu Recht mangels guten Glaubens (§ 932 II
BGB): Bei Nichtvorlage des Briefes liegt grobfahrlässige Unkenntnis der
Nichtberechtigung des K vor: Es gehört zu den Mindestvoraussetzungen
gutgläubigen Erwerbs eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, dass sich der Käufer
den Kraftfahrzeugbrief vorlegen lässt, um die Berechtigung des Veräußerers
überprüfen zu können, s. dazu zuletzt die Anm. zu
BGH
NJW 2005, 1365 m.w.N. Zur Rolle des
Kfz-Briefs beim gutgl. Erwerb rechtsgeschäftlicher Pfandrechte
s. BGHZ
68, 323.
Zu (2): Für einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB ist aber weiter erforderlich,
daß der Bekl. oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht ableitet,
ggü. dem Kl. kein Recht zum Besitz hat. Über den Wortlaut hinaus gilt
letzteres auch dann, wenn der Besitzer (also der Bekl.) Eigenbesitzer ist. Kurz:
Ein Herausgabeanspruch des Kl. scheitert, wenn K oder der Bekl. ihm
gegenüber ein Recht zum Besitz hat. K könnte ein solches durch den
geschlossenen Kaufvertrag haben, so daß ein Herausgabeanspruch nur gegeben
ist, wenn der Kaufvertrag durch Rücktritt (nach § 323 BGB wegen Verzögerung
der Zahlung) erloschen bzw. der Übereignungsanspruch durch Geltendmachung
des Schadensersatzes statt der Leistung erloschen ist (§ 281 IV). Das ergibt
sich im Verhältnis zum Käufer jetzt auch (kürzer und spezieller) aus § 449 II BGB (bei
Verjährung der Kaufpreisforderung ermöglicht dabei § 216 II 2 BGB den
Rücktritt, der sonst mangels Fälligkeit bzw. Durchsetzbarkeit der
Kaufpreisforderung scheitern würde). Weiter hätte - wenn der Kaufvertrag
noch besteht - der Bekl. ein eigenes Besitzrecht, weil er (als minus zum
Volleigentum) von K zumindest dessen Eigentumsanwartschaft erworben hatte,
die ebenfalls zum Besitz berechtigt. Diese fällt freilich in sich zusammen,
wenn der Rücktritt vom Kaufvertrag erfolgt, weil dann die Bedingung (Zahlung
des Kaufpreises) nicht mehr eintreten kann.
Aus diesem Grund verweist der Senat zurück, damit geprüft werden kann, ob
der Kaufvertrag noch besteht.
©sl 2006
Tatbestand:
1
Mit Kaufvertrag vom 20. November 2003 verkaufte der Kläger sein Fahrzeug C.
zum Preis von 10.000 € an die O. W. GmbH (fortan: W. GmbH). Er übergab
dieser das Fahrzeug, nicht aber den zugehörigen Kraftfahrzeugbrief. Die W.
GmbH veräußerte den Kraftwagen, ohne den Kaufpreis an den Kläger bezahlt zu
haben, zum Preis von 11.560 € an den Beklagten. Der Beklagte zahlte den
Kaufpreis an die W. GmbH und erhielt das Fahrzeug. Zu dem Fahrzeugbrief
heißt es im Kaufvertrag vom 25. November 2003, dieser werde per Einschreiben
nachgeschickt. Dies geschah allerdings nicht. Der Kläger hat den
Fahrzeugbrief noch in Besitz.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger Herausgabe des Fahrzeugs sowie im Wege
der Stufenklage Auskunft über die von dem Beklagten mit dem Fahrzeug
zurückgelegte Fahrstrecke und Zahlung einer sich daraus errechnenden
Nutzungsvergütung. Der Beklagte begehrt im Wege der Widerklage Herausgabe
des Kraftfahrzeugbriefs. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der
Widerklage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat
das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat
zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren und seinen
Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Der Kläger habe gegen den Beklagten keinen Anspruch aus § 985 BGB auf
Herausgabe des Fahrzeugs. Nach § 1006 Abs. 1 BGB werde das Eigentum des
Beklagten an dem Pkw C. vermutet. Diese Vermutung habe der Kläger nicht zu
widerlegen vermocht. Auch der Besitzer eines Kraftfahrzeugbriefs, der darin
als Halter eingetragen sei, habe den Beweis zu führen, dass der
Fahrzeugbesitzer das Eigentum nie erlangt oder aber wieder verloren habe.
Für die Behauptung eines Kaufs unter Eigentumsvorbehalt finde sich in der
Vertragsurkunde vom 20. November 2003 keine Stütze. Sonstigen Beweis für
seine Behauptung habe der Kläger nicht angetreten. Es sei daher davon
auszugehen, dass er das Kraftfahrzeug der W. GmbH nach dem Abschluss des
Vertrages ausgehändigt und - so seine Erklärung vor dem Senat - erklärt
habe, den Kraftfahrzeugbrief bis zur Überweisung des Kaufpreises
zurückzubehalten. Aus der Sicht der W. GmbH habe der Kläger ihr damit das
Eigentum an dem Kraftwagen vorbehaltlos übertragen und lediglich den
Kraftfahrzeugbrief als Sicherheit bis zur Begleichung des Kaufpreises
einbehalten. Die W. GmbH habe demnach als Berechtigte über das Fahrzeug
verfügt, so dass sich die Frage nach einem etwaigen gutgläubigen Erwerb des
Kraftwagens durch den Beklagten nicht stelle.
II.
6
Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
7
1. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, dem Kläger stehe kein
Herausgabeanspruch gemäß § 985 BGB zu, weil das Eigentum des Beklagten an
dem Fahrzeug nach § 1006 Abs. 1 BGB vermutet werde und der Kläger diese
Vermutung nicht widerlegt habe. Das Berufungsgericht hat nicht erkannt, dass
der Kläger - bei rechtsfehlerfreier Auslegung des Verhaltens der Parteien -
Eigentümer des Fahrzeugs geblieben ist. Steht aber fest, wer Eigentümer
einer beweglichen Sache ist, bleibt für die zugunsten des Besitzers
sprechende Eigentumsvermutung des § 1006 BGB kein Raum (vgl. Schulte, BB
1977, 269, 270, 272).
8
Der Kläger hat sein Eigentum am Fahrzeug - was hier alleine in Betracht
kommt - weder auf die W. GmbH übertragen (a) noch an den Beklagten verloren
(b).
9
a) Der Kläger hat der W. GmbH das Eigentum an dem Fahrzeug nur unter der
aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen (§
449 Abs. 1 BGB). Da die W. GmbH den Kaufpreis nicht entrichtet hat, ist
diese Bedingung nicht eingetreten und das Eigentum nicht auf sie
übergegangen.
10
Dass der Kläger der W. GmbH das Fahrzeug nur unter der aufschiebenden
Bedingung der Kaufpreiszahlung übereignet hat, ergibt sich allerdings nicht
schon aus der vom Berufungsgericht getroffenen - wenn auch rechtlich
abweichend gewürdigten - Feststellung, der Kläger habe bei der Übergabe des
Fahrzeugs erklärt, den Kraftfahrzeugbrief bis zur Überweisung des
Kaufpreises zurückzubehalten. Denn die dahingehende Behauptung des Klägers
ist, wie die Revisionserwiderung mit Recht rügt, vom Beklagten bestritten
und vom Kläger nicht unter Beweis gestellt worden. Unabhängig davon verstößt
die Auslegung durch das Berufungsgericht gegen den Grundsatz einer nach
beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. BGHZ 152, 153, 156
m.w.Nachw.). Mit Rücksicht darauf, dass sie dem Kläger den Kaufpreis
nicht gezahlt hatte, konnte die W. GmbH das Einbehalten des Fahrzeugbriefes
auch ohne entsprechende Erläuterung redlicherweise nur dahin verstehen, dass
der Kläger seine Kaufpreisforderung sichern und sich deshalb das Eigentum an
dem Fahrzeug bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten wollte. Mit der
Entgegennahme des Fahrzeugs hat die W. GmbH dieses nur bedingte
Übereignungsangebot des Klägers angenommen.
11
Dieser Auslegung des Verhaltens der Parteien steht nicht entgegen, dass sich
aus der Kaufvertragsurkunde vom 20. November 2003 keine Anhaltspunkte für
die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts ergeben. Vorbehaltseigentum
kann auch dadurch nachträglich begründet werden, dass der Verkäufer - unter
Umständen sogar vertragswidrig - die dingliche Einigungserklärung nur unter
der Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung abgibt und der Käufer dies
hinnimmt. Voraussetzung ist allerdings, dass der Vorbehalt spätestens
bei der Besitzübergabe der verkauften Sache dem Empfänger gegenüber deutlich
erklärt wird, wobei an die Klarheit einer solchen Erklärung ein strenger
Maßstab anzulegen ist (Senat, BGHZ 64, 395, 397). Diese Voraussetzungen sind
hier jedoch erfüllt.
12
Es kann dahinstehen, ob ein konkludent vereinbarter Eigentumsvorbehalt
allgemein schon dann anzunehmen ist, wenn der Käufer bei Übergabe des
Kaufgegenstandes den Kaufpreis nicht zahlt (vgl. MünchKommBGB/H.P.
Westermann, 4. Aufl., § 449 Rdnr. 15 f. m.w.Nachw.; Bamberger/Roth/Faust,
BGB [2003] § 449 Rdnr. 12; Schulte, BB 1977, 269 ff.). Jedenfalls beim
Autokauf kann der Käufer, der den Kaufpreis noch nicht gezahlt hat, die
Einbehaltung des Fahrzeugbriefes bei der Übergabe des Fahrzeugs regelmäßig
nur dahin verstehen, dass der Verkäufer ihm das Eigentum am Fahrzeug zur
Sicherung seiner Kaufpreisforderung nur unter der aufschiebenden Bedingung
vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen will (vgl. OLG
Düsseldorf, OLGR 1997, 4, 6; vgl. zu einem Sonderfall Senat, Urteil vom 14.
Juli 1965 - VIII ZR 216/63, WM 1965, 1136 unter III 1).
13
Mit dem Einbehalten des Kraftfahrzeugbriefes bringt der Verkäufer in aller
Regel zum Ausdruck, sich gegen unberechtigte Verfügungen des Käufers über
das Fahrzeug schützen zu wollen. Dies folgt aus der den beteiligten
Verkehrskreisen bekannten Schutzfunktion des Kraftfahrzeugbriefes. Der
Kraftfahrzeugbrief ist nach § 25 Abs. 4 Satz 2 StVZO zur Sicherung des
Eigentums oder anderer Rechte am Fahrzeug bei jeder Befassung der
Zulassungsbehörde mit dem Fahrzeug, besonders bei Meldungen über den
Eigentumswechsel (§ 27 Abs. 3 StVZO), vorzulegen und soll dadurch - auch
wenn er kein Traditionspapier ist - den Eigentümer oder sonst dinglich am
Kraftfahrzeug Berechtigten vor Verfügungen Nichtberechtigter schützen (Senat,
Urteil vom 9. Februar 2005 - VIII ZR 82/03, WM 2005, 761 = NJW 2005, 1365
unter II 1; BGH, Urteil vom 13. Mai 1996 - II
ZR 222/95, WM 1996, 1318 = NJW 1996, 2226 unter 2 a m.w.Nachw.). Im
Streitfall gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Einbehalten des
Fahrzeugbriefes ausnahmsweise nicht diese Bedeutung beizumessen wäre. Dass
der Kläger den Brief möglicherweise nur deshalb nicht zusammen mit dem
Fahrzeug übergab, weil er ihn bei der Übergabe nicht verfügbar hatte, ist
lediglich eine unbeachtliche Vermutung des Beklagten.
14
Dem mit dem Einbehalten des Fahrzeugbriefes deutlich gemachten
Sicherungsinteresse des Verkäufers entspräche es nicht, das Einbehalten des
Fahrzeugbriefes nicht als Erklärung eines Eigentumsvorbehalts am Fahrzeug,
sondern lediglich als Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts am
Fahrzeugbrief zu verstehen. Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass
das Zurückbehalten des Fahrzeugbriefes kein taugliches Sicherungsmittel
darstellt. Alleine durch das Zurückbehalten des Fahrzeugbriefes kann der
Verkäufer nicht verhindern, dass der Käufer das Eigentum am Fahrzeug auf
einen Dritten überträgt. Denn ist der Käufer bereits Eigentümer geworden,
kann er als Berechtigter auch ohne Vorlage des Fahrzeugbriefes wirksam über
das Fahrzeug verfügen. Nur wenn der Verkäufer nicht nur den Fahrzeugbrief
einbehält, sondern sich auch das Eigentum am Fahrzeug vorbehält, kann er
eine Übertragung des Eigentums auf einen Dritten verhindern und damit einem
Verlust der dinglichen Sicherung seiner Kaufpreisforderung vorbeugen.
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b) Der Kläger hat sein Eigentum am Fahrzeug auch nicht dadurch verloren,
dass die W. GmbH das Fahrzeug an den Beklagten veräußert hat. Da die W. GmbH
nicht Eigentümerin des Fahrzeugs geworden ist, hat sie als Nichtberechtigte
über das Fahrzeug verfügt. Der Beklagte hätte daher nur dann Eigentum
erworben, wenn die Verfügung der W. GmbH mit Einwilligung des Klägers
erfolgt wäre (§ 185 Abs. 1 BGB) oder wenn der Beklagte hinsichtlich des
Eigentums oder der Verfügungsbefugnis der W. GmbH in gutem Glauben gewesen
wäre (§§ 932 Abs. 1 Satz 1 BGB, 366 Abs. 1 HGB). Dies ist jedoch nicht der
Fall.
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Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann nicht angenommen werden,
dass der Kläger die W. GmbH mit der Übergabe des Fahrzeugs stillschweigend
zur Veräußerung im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs ermächtigte.
Einer solchen Auslegung seines Verhaltens steht das durch das Einbehalten
des Kraftfahrzeugbriefes verdeutlichte Interesse des Klägers entgegen, zur
Sicherung seiner Kaufpreisforderung bis zur Kaufpreiszahlung Eigentümer des
Fahrzeugs zu bleiben.
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Der Beklagte hat das Eigentum am Fahrzeug auch nicht gutgläubig von der W.
GmbH erworben. Beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs begründet der
Besitz desselben allein nicht den für einen Gutglaubenserwerb nach § 932 BGB
bzw. § 366 HGB erforderlichen Rechtsschein. Der Beklagte kann sich entgegen
der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht mit Erfolg darauf berufen, er
sei hinsichtlich des Eigentums und der Verfügungsbefugnis der W. GmbH
gutgläubig gewesen, weil es sich bei der W. GmbH um eine überregional
bekannte Autohändlerin mit großem Geschäftsbetrieb und repräsentativen
Büroräumen gehandelt habe und ihm erklärt worden sei, der Fahrzeugbrief
befinde sich noch bei der Bank, werde aber unverzüglich übersandt. Es
gehört zu den Mindestvoraussetzungen gutgläubigen Erwerbs eines gebrauchten
Kraftfahrzeugs, dass sich der Käufer den Kraftfahrzeugbrief vorlegen lässt,
um die Berechtigung des Veräußerers überprüfen zu können (BGH, aaO;
Senat, Urteil vom 27. Januar 1965 - VIII ZR 62/63, WM 1965, 196 = NJW 1965,
687 unter 3). Dies ist vorliegend nicht geschehen. Indem der Beklagte sich
nicht anhand des Briefes über das Eigentum oder die Verfügungsbefugnis der
W. GmbH vergewisserte, handelte er grob fahrlässig i.S. von § 932 Abs. 2
BGB.
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Der Beklagte macht ohne Erfolg geltend, er habe von der W. GmbH gutgläubig
Eigentum erwerben können, weil für diese die Vermutung des § 1006 Abs. 2 BGB
streite. Zwar kommt die Vermutung, dass ein früherer Besitzer während der
Dauer seines Besitzes Eigentümer der beweglichen Sache gewesen ist, jedem
zugute, der sein Recht - wie hier der Beklagte als Käufer des Fahrzeugs -
von dem früheren Besitzer ableitet (Senat, BGHZ 161, 90, 108 f.; BGH, Urteil
vom 4. Februar 2002 - II ZR 37/00, WM 2002, 755 = NJW 2002, 2101 unter I 2
a). Die Vermutung des § 1006 BGB greift hier hinsichtlich eines
Eigentumserwerbs der W. GmbH jedoch nicht ein, weil feststeht, dass der
Kläger das Fahrzeug nur aufschiebend bedingt an die W. GmbH übereignet hat
und mangels Bedingungseintritts Eigentümer desselben geblieben ist.
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2. Als Eigentümer des Fahrzeugs kann der Kläger von dem Beklagten als dessen
Besitzer nach § 985 BGB Herausgabe des Fahrzeugs verlangen. Es bedarf
allerdings in tatsächlicher Hinsicht noch der Klärung, ob der Beklagte die
Herausgabe verweigern kann, weil er ein Recht zum Besitz am Fahrzeug hat (§
986 Abs. 1 Satz 1 BGB).
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a) Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, wenn der
mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem
Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist (§ 986 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2
BGB). Diese Regelung ist über ihren Wortlaut hinaus auch dann anwendbar,
wenn - wie im Streitfall - zwischen dem Besitzer und dem Vorbesitzer kein
Besitzmittlungsverhältnis besteht und der unmittelbare Besitzer daher nicht
Fremdbesitzer, sondern Eigenbesitzer ist (statt aller: Staudinger/Gursky,
BGB [2006], § 986 Rdnr. 37 m.w.Nachw.). Ein abgeleitetes Besitzrecht des
Beklagten bestünde jedoch nicht, wenn der Kläger von dem Kaufvertrag mit der
W. GmbH - etwa wegen ausbleibender Kaufpreiszahlung - zurückgetreten und die
W. GmbH gegenüber dem Kläger deshalb nicht mehr zum Besitz berechtigt wäre.
Die Parteien haben hierzu bislang nichts vorgetragen. Dazu werden sie im
wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit haben.
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b) Von der Klärung der Frage, ob der Kläger vom Kaufvertrag mit der W. GmbH
zurückgetreten ist, hängt es ferner ab, ob der Beklagte sich dem Kläger
gegenüber auf ein eigenes Recht zum Besitz berufen kann (§ 986 Abs. 1 Satz 1
Alt. 1 BGB). Als eigenes Besitzrecht des Beklagten käme allenfalls - dies
ist umstritten (vgl. zum Meinungsstand Staudinger/Gursky, aaO, Rdnr. 13
m.w.Nachw.) - ein dingliches Anwartschaftsrecht am Fahrzeug in Betracht. Der
Kläger hat der W. GmbH durch die aufschiebend bedingte Eigentumsübertragung
ein dingliches Anwartschaftsrecht am Fahrzeug verschafft. In der
fehlgeschlagenen Übertragung des Eigentums von der W. GmbH auf den Beklagten
liegt zugleich eine wirksame Übertragung dieses Anwartschaftsrechts (vgl.
dazu Senat, Urteil vom 25. November 1958 - VIII ZR 57/58, LM § 929 BGB Nr.
11 a unter 1; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I
1963, S. 257). Auch dieses Anwartschaftsrecht wäre indessen durch einen
Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag mit der W. GmbH hinfällig (vgl. Senat,
BGHZ 35, 85, 94).
III.
22
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Der
Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es noch weiterer
tatsächlicher Feststellungen bedarf. Daher ist das Berufungsurteil
aufzuheben, und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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