Haftungsbegründende Kausalität, Erfordernis des
Zurechnungszusammenhangs; Nebenpflichtverletzung (§ 241 II BGB) aus
Stadionbesuchsvertrag
BGH, Versäumnisurteil vom 22.
September 2016 - VII ZR 14/16 - OLG Köln
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
Wirft ein Zuschauer eines
Fußballspiels einen gezündeten Sprengkörper auf einen anderen Teil der
Tribüne, kann er vertraglich auf Schadensersatz für eine dem Verein deswegen
gemäß § 9a Nrn. 1 und 2 der Rechts- und Verfahrensordnung des Deutschen
Fußball-Bundes e.V. auferlegte Geldstrafe haften.
Zentrale Probleme:
Ein (leider) fast alltäglicher Sachverhalt: Ein
Stadionbesucher wirft bei einem Fußballspiel einen Knallkörper, der
Heimverein wird daraufhin vom DFB mit einer Verbandsstrafe belegt. Der
Verein verlangt nun vom Zuschauer Ersatz der an den Verband gezahlten
Geldstrafe. Haftungsgrundlage sind hier §§ 280 I, 241 II BGB. Die
Berechtigung zum Besuch des Spiels erlangte der Beklagte hier im Wege der
Abtretung: Der Besucher hatte die Dauerkarte eines Bekannten benützt. Solche
Eintrittskarten sind "kleine" Inhaberpapiere i.S.v. § 807 BGB, bei welchen
das Recht aus dem Papier durch Übereignung des Papiers nach §§ 929 ff BGB
übertragen wird. Wenn Dauerkarten auf den Namen ausgestellt sind, handelt es
sich um ein Namenspapier i.S.v. § 808 BGB. Das verbriefte Recht wird hier
durch Abtretung (§ 398 BGB) übertragen. Der Stadionbesuchsvertrag
(Werkvertrag mit mietvertraglichen Elementen) kam dann (konkludent) mit
Betreten des Stadions zustande.
Die Pflichtverletzung steht hier außer Frage, ebenso die äquivalente und
adäquate Kausalität: Ohne das Zünden des Knallkörpers wäre es nicht zur
Verbandsstrafe gekommen (Äquivalenz) und es ist auch nicht außerhalb jeder
Wahrscheinlichkeit, dass es in diesem Fall zu einer Verbandsstrafe für den
Verein kommen kann. Einziges verbleibendes Kriterium, um das es hier geht,
ist der Zurechnungszusammenhang (s. bei Rn. 15).
Dieser kann in Ausnahmefällen unterbrochen sein,
wenn sich bei wertender Betrachtung durch die Verhängung der Verbandsstrafe
nicht mehr das Schadensrisiko des Böllerwurfs verwirklicht hat, d.h. nur ein
"äußerlicher", gleichsam "zufälliger" Zusammenhang zwischen beiden besteht,
der es als unbillig erscheinen lässt, den Beklagten dafür einstehen zu
lassen. Dies verneint der BGH.
©sl 2016
Tatbestand:
1 Die Klägerin betreibt den
Profifußballbereich des Sportvereins 1. Fußball-Club Köln 01/07 e.V. (1. FC
Köln). Sie verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen des
Zündens eines Knallkörpers bei einem Heimspiel ihrer Lizenzspielermannschaft
am 9. Februar 2014 in der 2. Bundesliga gegen den SC Paderborn 07.
2 Der Beklagte besuchte das Fußballspiel mit einer Dauerkarte, die ihm ein
Bekannter zur Verfügung gestellt hatte. Er verfolgte die Begegnung vom
Oberrang der Nordtribüne im RheinEnergieStadion. In der zweiten
Halbzeit zündete er einen Knallkörper, der aufgrund seiner Sprengenergie dem
Sprengstoffgesetz unterfällt, und warf ihn auf den Unterrang, wo er
detonierte. Durch die Explosion wurden sieben Zuschauer verletzt.
3 Wegen dieses Vorfalls und vier weiterer vorangegangener Vorfälle
bei anderen Spielen der Lizenzspielermannschaft der Klägerin verhängte das
Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes e.V. (DFB) mit Urteil vom 19. März
2014 eine Verbandsstrafe gegen die Klägerin, bestehend aus einer Geldstrafe
in Höhe von 50.000 € sowie einer zur Bewährung ausgesetzten Anordnung, zwei
Heimspiele unter teilweisem Ausschluss der Öffentlichkeit auszutragen.
Ferner erteilte es der Klägerin die Bewährungsauflage, insgesamt einen
Geldbetrag von 30.000 € für Projekte und Maßnahmen zu verwenden, die der
Gewaltprävention sowie der Ermittlung von konkreten Tätern bei den
Fußballspielen der Klägerin dienen. Auf diese Bewährungsauflage
wurde ein Betrag von 19.961,66 € angerechnet, den die Klägerin bereits zuvor
für die Anschaffung eines Kamerasystems aufgewendet hatte. Das Sportgericht
bildete die ausgeurteilte Gesamtstrafe in analoger Anwendung des § 54 StGB.
Für den vom Beklagten verursachten Vorfall wurde eine
Einzelgeldstrafe von 40.000 € festgesetzt, die als Einsatzstrafe
unvermindert in die ausgeurteilte Gesamtstrafe einfloss. Die
Einsatzstrafe wurde erhöht, indem die weiteren Einzelstrafen zu je 50%
hinzuaddiert wurden. Dies ergab einen Wert von 79.000 €, von dem 30.000 €
auf die zu leistenden Investitionen entfielen. Der verbleibende Betrag von
49.000 € wurde sodann zu der Gesamtgeldstrafe von 50.000 € aufgerundet.
4 Die Klägerin bezahlte die Geldstrafe. Sie verlangt vom Beklagten
Ersatz in Höhe von 30.000 €.
5 Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten
hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision
begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
6 Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
7 Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in SpuRt 2016, 83 sowie
in MDR 2016, 209 veröffentlicht ist, ist der Auffassung, dass zwischen der
Klägerin und dem Beklagten ein Zuschauervertrag zustande gekommen sei. Die
dem Beklagten hieraus erwachsenen Verhaltenspflichten habe dieser verletzt,
indem er einen Knallkörper zündete und ihn auf den Unterrang der Nordtribüne
warf. Durch das Zünden des Knallkörpers habe der Beklagte pflichtwidrig das
Interesse der Klägerin an einem ungestörten Spielablauf beeinträchtigt. Das
Zünden des Knallkörpers habe auch adäquat kausal im Sinne einer
Mitverursachung die Verhängung der Verbandsstrafe durch den DFB nach sich
gezogen.
8 Es fehle jedoch an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang.
Denn die Verhängung der Verbandsstrafe unterfalle nicht mehr dem Schutzzweck
der vom Beklagten verletzten Pflichten. Maßgeblich für das Verbot
des Zündens von Knallkörpern im Stadion und hierdurch verursachter
Spielstörungen sei die besondere Gefährlichkeit von Knallkörpern für die
menschliche Gesundheit. Diese vom Beklagten geschaffene Gefahrenlage habe
sich hinsichtlich des geltend gemachten Schadens jedoch nicht realisiert.
Realisiert habe sich vielmehr das durch die Unterwerfung der
Klägerin unter die Regeln des DFB geschaffene Risiko, dass der Verein für
sportliche Vergehen seiner Anhänger die Verantwortung zu übernehmen habe und
dementsprechend im Rahmen des Verbandes mit Strafen belegt werden könne.
9 Für eine Haftung aus § 826 BGB fehle es an dem dort
vorausgesetzten Schädigungsvorsatz des Beklagten. Hierzu gehöre,
dass der Schädiger Art und Richtung des Schadens und die Schadensfolgen
vorausgesehen und die Schädigung im Sinne eines direkten Vorsatzes gewollt
oder im Sinne eines bedingten Vorsatzes zur Erreichung seines Ziels
billigend in Kauf genommen habe. Der Vorsatz müsse sich danach auch auf den
Schaden erstrecken, eine nur allgemeine Vorstellung über mögliche
Schädigungen genüge nicht. Es sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte eine
hinreichend konkrete Vorstellung von den schädigenden Folgen seines Handelns
gehabt habe, und zwar gerade in Bezug auf die Verhängung einer Geldstrafe
durch das Sportgericht des DFB.
II.
10 Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der vom
Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin gemäß §
280 Abs. 1 BGB nicht verneint werden.
11 1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass
zwischen der Klägerin und dem Beklagten ein Zuschauervertrag zustande
gekommen ist. Revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist
die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe seine ihm aus
dem Zuschauervertrag gegenüber der Klägerin erwachsenen Verhaltenspflichten
verletzt, indem er einen Knallkörper zündete und diesen auf den Unterrang
der Nordtribüne warf. Diese Pflichten ergeben sich nach den
rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts
sowohl aus der wirksam in den Vertrag einbezogenen Stadionordnung als auch
unabhängig hiervon gemäß § 241 Abs. 2 BGB allgemein aus dem Zuschauervertrag
(vgl. etwa OLG Rostock, NJW 2006, 1819 = SpuRt 2006, 249).
Zutreffend gelangt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass der Beklagte
durch das Zünden des Knallkörpers pflichtwidrig das Interesse der Klägerin
an einem ungestörten Spielablauf beeinträchtigt hat.
12 Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht schließlich eine
adäquate Kausalität des Zündens des Knallkörpers durch den Beklagten für die
Verhängung der Verbandsstrafe durch das Sportgericht des DFB bejaht.
Insbesondere ist es weder völlig unwahrscheinlich noch ungewöhnlich, dass
Fußballclubs im Anschluss an Pyrotechnikvorfälle im Stadion Verbandsstrafen
auferlegt werden (vgl. nur Walker, NJW 2014, 119, 120; Kober,
Pyrotechnik in deutschen Fußballstadien, 2015, S. 131; Seip, causa sport
2016, 40, 43).
13 2. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht jedoch an, es
fehle an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen dem geltend
gemachten Schaden und der Pflichtverletzung des Beklagten.
14 a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus,
dass nicht jeder adäquat verursachte Schaden zu ersetzen ist. Es
entspricht ganz überwiegender Auffassung und der ständigen Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofes, dass die Schadensersatzpflicht durch den
Schutzzweck der Norm begrenzt wird. Eine Haftung besteht nur für diejenigen
äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, die aus dem Bereich der Gefahren
stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte
Vertragspflicht übernommen wurde. Der geltend gemachte Schaden muss in einem
inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage
stehen. Ein "äußerlicher", gleichsam "zufälliger" Zusammenhang
genügt dagegen nicht. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten
(vgl. BGH, Urteile vom 20. Mai 2014 - VI ZR 381/13, BGHZ 201, 263
Rn. 10; vom 26. Februar 2013
- VI ZR 116/12, NJW 2013, 1679 Rn. 12; vom 6. September
2012 - VII ZR 72/10, NJW 2012, 3371 Rn. 11;
vom 22. Mai 2012 - VI ZR 157/11,
NJW 2012, 2024 Rn. 14; vom 11.
Januar 2005 - X ZR 163/02, NJW 2005, 1420, 1421 f., juris
Rn. 18, jeweils m.w.N.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., vor § 249 Rn. 29
f. m.w.N.). Im Vertragsrecht hat der Schuldner nur für die Einbußen
einzustehen, die die durch den Vertrag geschützten Interessen betreffen
(Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 104 m.w.N.).
15 Nach der gefestigten Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs wird die haftungsrechtliche Zurechnung nicht schlechthin
dadurch ausgeschlossen, dass außer der in Rede stehenden Handlung noch
weitere Ursachen zu dem eingetretenen Schaden beigetragen haben. Dies gilt
auch dann, wenn der Schaden erst durch das (rechtmäßige oder rechtswidrige)
Dazwischentreten eines Dritten verursacht wird. Der Zurechnungszusammenhang
fehlt auch in derartigen Fällen nur, wenn die zweite Ursache den
Geschehensablauf so verändert hat, dass der Schaden bei wertender
Betrachtung nur noch in einem "äußerlichen", gleichsam "zufälligen"
Zusammenhang zu der durch die erste Ursache geschaffenen Gefahrenlage steht.
Wirken dagegen in dem Schaden die besonderen Gefahren fort, die
durch die erste Ursache gesetzt wurden, kann der haftungsrechtliche
Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden (vgl. BGH, Urteil vom
17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 55 m.w.N.).
16 b) Nach diesen Maßstäben fehlt es nicht an einem Zurechnungszusammenhang
zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten und dem von der Klägerin
geltend gemachten Schaden. Die der Klägerin auferlegte Verbandsstrafe stammt
aus dem Bereich der Gefahren, zu deren Abwendung die verletzte
Vertragspflicht besteht.
17 aa) Das Berufungsgericht hat - zutreffend - festgestellt, dass
sowohl die Vorschriften der Stadionordnung, nach denen unter anderem das
Mitführen und Abbrennen von Feuerwerkskörpern und das Werfen mit
Gegenständen verboten ist, als auch die allgemeine Nebenpflicht aus § 241
Abs. 2 BGB zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Klägerin (auch) dazu
dienen, einen ungestörten Spielablauf zu gewährleisten, und dass der
Beklagte pflichtwidrig dieses Interesse beeinträchtigt hat.
18 Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass ein Zuschauervertrag zum
Besuch eines Fußballspiels den Zuschauer, dessen einzige
Hauptleistungspflicht in der Zahlung des Eintrittspreises besteht, daneben
zur Rücksichtnahme auf das Interesse des Veranstalters an einem ungestörten
Ablauf des Fußballspiels verpflichtet. Denn dies ist ein auf der
Hand liegendes Hauptinteresse des Veranstalters. Es handelt sich dabei um
ein gleichgerichtetes Interesse mit allen Vertragspartnern (Zuschauern), die
ebenfalls einen ungestörten Spielablauf erwarten und erwarten können. Eine
derartige Rücksichtnahmepflicht belastet den Zuschauer nicht. Er ist
lediglich verpflichtet, alles zu unterlassen, was in einen ungestörten
Spielablauf eingreifen würde. Derartige Handlungen unterlässt der
verständige Zuschauer bereits aus dem eigenen Interesse eines ungestörten
Spielablaufs.
19 bb) Die von der Klägerin auf die gegen sie verhängte
Verbandsstrafe geleistete Zahlung steht in dem notwendigen inneren
Zusammenhang mit der Störung des Spielablaufs. Bei dieser Bewertung
und den daraus abgeleiteten rechtlichen Folgerungen handelt es sich um eine
Rechtsfrage, die der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt (vgl. BGH,
Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 47/14, WRP 2016, 489 Rn. 33).
20 Die hier in Rede stehende Verbandsstrafe ist eine für den
Veranstalter nicht zu vermeidende Folge gravierender Störungen des Ablaufs
eines Fußballspiels. Denn ihm ist die Durchführung eines
Profi-Fußballspiels im Rahmen eines Wettbewerbs (hier: 2. Bundesliga) nur
mit Hilfe einer übergeordneten Organisation wie eines Verbandes möglich.
Die Klägerin konnte somit nicht ohne eine durch ihre Mitgliedschaft
in dem Verband der deutschen Profifußballvereine vermittelte Unterwerfung
unter die Statuten des DFB ein Fußballspiel der 2. Bundesliga durchführen
und den Zuschauern den Besuch anbieten. Die Organisation oder der
Verband, der die Rahmenbedingungen festlegt, hat das gleichgerichtete
Interesse mit dem Veranstalter des einzelnen Spiels und den verständigen
Zuschauern an einem ungestörten Spielablauf. Um dies durchzusetzen, bedient
sich der Verband unter anderem des Mittels der Verbandsstrafe für
schuldhafte Störungen durch Zuschauer; dieses ist geeignet, präventiv direkt
auf die Vereine oder Veranstalter und indirekt auf ihre Fans einzuwirken,
damit es zu solchen Störungen nicht kommt.
21 Die Verurteilung durch das Sportgericht des DFB erfolgte auf der
Grundlage von § 9a Nrn. 1 und 2 der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB.
Hiernach sind Vereine und Tochtergesellschaften für das Verhalten ihrer
Spieler, Offiziellen, Mitarbeiter, Erfüllungsgehilfen, Mitglieder, Anhänger,
Zuschauer und weiterer Personen, die im Auftrag des Vereins eine Funktion
während des Spiels ausüben, verantwortlich; der gastgebende Verein und der
Gastverein bzw. ihre Tochtergesellschaften haften im Stadionbereich vor,
während und nach dem Spiel für Zwischenfälle jeglicher Art. Damit beruht die
ausgesprochene Strafe direkt auf der Störung durch den Beklagten.
Sie ist gerade nicht nur "zufällig" aus Anlass der Störung verhängt worden
(so aber im Ergebnis Pfister, SpuRt 2014, 10, 11 f., da die Strafe
die Sorgfaltspflichtverletzung der Vereine sanktioniere und vor allem dazu
diene, sie zu besseren Sicherungsmaßnahmen anzuhalten; LG für ZRS Wien,
SpuRt 2012, 198 f. zur Österreichischen Fußballbundesliga). Ihr materieller
Grund ist die hier vom Beklagten verursachte Spielstörung. Ihr Zweck ist
dementsprechend auch ausweislich des dem Urteil des Sportgerichts
zugrundeliegenden Antrags des Kontrollausschusses des DFB, zukünftiges
Zuschauerfehlverhalten auszuschließen oder zumindest zu minimieren; dieses
Ziel würde auch gefördert, wenn potentielle Täter damit zu rechnen hätten,
solche Strafzahlungen ersetzen zu müssen.
22 Dem Zuschauervertrag kann nicht durch (ergänzende)
Vertragsauslegung entnommen werden, trotz dieser Umstände hafte der
Zuschauer für den hier eingetretenen Schaden ausnahmsweise nicht.
Einen solchen Ausschluss hätten die Parteien redlicherweise, hätten sie den
Fall bedacht, nicht vereinbart. Der Veranstalter, der selbst ein
spielstörendes Verhalten des Zuschauers nicht sicher verhindern kann, hat
ein berechtigtes Interesse daran, dass die Folgen, denen er sich nicht
entziehen kann, von dem Störer getragen werden. Ein redlicher und
verständiger Zuschauer hätte sich auf eine solche umfassende Haftung
eingelassen. Denn ohne eine Handlung, die den Spielablauf zu stören geeignet
ist, droht ihm eine derartige Haftungsfolge nicht. Er kann sie ohne weiteres
vermeiden. Ihm ist beim Abschluss des Zuschauervertrages zudem klar, dass
ein Veranstalter einen Zuschauer gar nicht erst zuließe, der nicht bereit
wäre, für sich selbst eine solche Handlung auszuschließen.
23 Der Zurechnungszusammenhang kann auch nicht mit der Erwägung
verneint werden, die Klägerin hätte die Geldstrafe nicht zahlen müssen, weil
§ 9a der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB unwirksam sei
(allgemein zum Diskussionsstand: Walker, NJW 2014, 119; 120 ff.; Kober,
Pyrotechnik in deutschen Fußballstadien, 2015, S. 126 ff.; Müller-Eiselt,
Die Gewährleistung der Sicherheit bei Fußballspielen, 2015, S. 219 ff., 267;
M. Fröhlich/H.-W. Fröhlich, causa sport 2015, 157, 158 f.; Scheuch, SpuRt
2016, 58, 61, jeweils m.w.N.). Hierauf kommt es im vorliegenden Fall nicht
an, weil ihre Entscheidung zur Zahlung der Geldstrafe durch das
vertragswidrige Verhalten des Beklagten herausgefordert worden ist und keine
ungewöhnliche oder unsachgemäße Reaktion hierauf darstellt (vgl. BGH,
Urteile vom 23. November 2006 - I ZR 276/03, WM 2007, 1192 Rn. 23; vom 7.
März 2002 - VII ZR 41/01, NJW 2002, 2322, 2323, juris Rn. 27 m.w.N).
24 Verurteilungen auf dieser Grundlage erfolgen regelmäßig und
werden von den betroffenen Vereinen auch befolgt (vgl. Walker, NJW
2014, 119, 124). Sowohl in der deutschen als auch in der internationalen
Verbandsschiedsgerichtsbarkeit ist die Zulässigkeit dieser und
vergleichbarer Normen, nach denen der Verein für ein schuldhaftes Verhalten
der Zuschauer einzustehen hat, anerkannt worden (Ständiges Schiedsgericht
für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen, Urteil vom 14. Mai
2013, SpuRt 2013, 200; TAS/CAS, Schiedsspruch vom 20. April 2007 - CAS
2007/A/1217 - Feyenoord Rotterdam v/ UEFA, SpuRt 2007, 164). Aus diesen
Gründen kann es der Klägerin auch nicht zum Mitverschulden gereichen, dass
sie die Strafe gezahlt hat, ohne Rechtsmittel gegen die Verurteilung auf der
Grundlage dieser Norm einzulegen.
25 cc) Die Bedenken des Berufungsgerichts greifen demgegenüber nicht durch.
26 Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spricht der Umstand, dass
es nicht bei jedem Verstoß eines Zuschauers gegen seine Verhaltenspflichten
zu einem Vermögensschaden in Form einer Verbandsstrafe auf Seiten der
Klägerin kommt, nicht gegen die Zurechenbarkeit eines solchen Schadens. Dass
es im Einzelfall zunächst ungewiss ist und von der Entscheidung des
Sportgerichts des DFB abhängt, ob und welche Strafe verhängt wird, ändert
nichts daran, dass gerade das Verhalten des störenden Zuschauers diesen
Schaden angelegt hat. Es entspricht generell dem Schadensrecht, dass es
häufig vom Zufall abhängt, ob Pflichtverletzungen zu einem Vermögensschaden
führen, der zu ersetzen ist.
27 Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts spielt es auch keine Rolle, ob
der Beklagte bewusst das Risiko übernommen hat, dass die Klägerin mit einer
Verbandsstrafe belegt wird. Unzutreffend ist ferner die Auffassung des
Berufungsgerichts, dass die in der Stadionordnung enthaltene Vereinbarung
einer Vertragsstrafe für den Fall des Abbrennens pyrotechnischer Gegenstände
einen Hinweis darauf liefere, die Klägerin sei davon ausgegangen, bei einem
Verstoß keine weiteren Ansprüche auf Schadensersatz zu haben. Dieser
Rückschluss ist schon deshalb unzulässig, weil, wie das Berufungsgericht
selbst feststellt, die Stadionordnung zudem den Hinweis enthält, dass
weitere Schadensersatzansprüche von der Vertragsstrafe unberührt bleiben.
III.
28 Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Von seinem
Standpunkt aus folgerichtig hat das Berufungsgericht die weiteren Angriffe
des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts nicht geprüft und hierzu
keine Feststellungen getroffen.
29 Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen.
30 Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
31 Ein anspruchsminderndes Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 Abs. 1, 2
Satz 2, § 278 Satz 1 BGB kann bereits aus Rechtsgründen weder auf eine vom
Beklagten behauptete ungenügende, oberflächliche Kontrolle beim Betreten des
Stadions durch von der Klägerin eingesetzte Ordner noch darauf gestützt
werden, ein Ordner hätte ihn bereits in der ersten Halbzeit des Spiels
- 13 -
aufgrund seines Verhaltens des Stadions verweisen müssen. Denn im
Verhältnis zum Beklagten bestand für die Klägerin weder eine Verpflichtung
noch eine Obliegenheit, Handlungen vorzunehmen, die ihn von Störungen des
Spiels abhielten. Eine solche Beaufsichtigung oder Kontrolle darf ein
Zuschauer nicht erwarten; er benötigt sie nicht, um Spielstörungen ohne
weiteres unterlassen zu können. Eingesetzte Ordner sind deshalb keine
Personen, derer sich die Klägerin zur Erfüllung einer Obliegenheit im Sinne
einer gemäß § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechenden Anwendung von § 278 Satz
1 BGB gegenüber dem Beklagten bedient hat (vgl.
BGH, Urteile vom 15. Mai 2013 - VII
ZR 257/11, BGHZ 197, 252 Rn. 20-22; vom 14. Juli 2016 -
VII ZR 193/14 Rn. 16-18).
32 Sollte es hierauf noch ankommen, wird die Zurückverweisung dem
Berufungsgericht auch die Gelegenheit geben, erneut eine Haftung nach § 826
BGB zu prüfen. Mit der bisher gegebenen Begründung kann eine solche
Haftung nicht verneint werden. Das Berufungsgericht hat einerseits
festgestellt, dass auch dem Beklagten nicht entgangen sein dürfte, dass der
DFB dem Verein bei entsprechenden Vorfällen eine Verbandsstrafe auferlegen
kann. Andererseits sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte eine hinreichend
konkrete Vorstellung von den schädigenden Folgen seines Handelns gehabt
habe, und zwar gerade in Bezug auf die Verhängung einer Geldstrafe durch das
Sportgericht des DFB. Die Begründung des Berufungsgerichts lässt nicht
erkennen, inwiefern dies bei dem Beklagten nicht der Fall gewesen sein soll.
Denn es bedarf zwar der Feststellung, dass der bedingte Schädigungsvorsatz
die gesamten Schadensfolgen umfasst hat. Dabei braucht sich der Schädiger
den genauen Kausalverlauf allerdings nicht vorgestellt und den Umfang sowie
die Höhe des Schadens nicht vorausgesehen zu haben (BGH, Urteil vom
23. Juni 1987 - VI ZR 213/86, NJW 1987, 3205, 3206, juris Rn. 18 m.w.N.).
Das Berufungsgericht wird, wenn es nach nochmaliger Überprüfung die bei dem
Beklagten vorhandene Kenntnis von den möglichen Schadensfolgen für
ausreichend erachten sollte, sodann zu prüfen haben, ob der Beklagte diese
bei seinem Handeln billigend in Kauf genommen hat. Hierbei kann eine Rolle
spielen, mit welcher Wahrscheinlichkeit er mit dem Eintritt des Schadens
gerechnet hat. Außerdem können die übrigen Umstände seines konkreten
Handelns zu berücksichtigen sein.
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