Kein
Grundbuchberichtigungsanspruch analog § 894 BGB des Eingetragenen gegen
einen Nichteingetragenen; Gutglaubensschutz bei der unwirksamen Vollmacht
nach §§ 171, 172 BGB: Keine Einschränkung im Fall der Mehrvertretung
bzw. bei Initiierung der Vollmachterteilung durch den Vertragspartner
BGH, Urt. v. 17. Juni 2005
- V ZR 78/04
Fundstelle:
NJW 2005, 2983
Amtl. Leitsatz:
Macht der
Anspruchsteller geltend, ihm stehe das im Grundbuch eingetragene Recht nicht
zu, so kann er nicht nach § 894 BGB Grundbuchberichtigung verlangen. Beruht
die Eintragung des Rechts auf einem Rechtsgeschäft, dessen Wirksamkeit er
leugnet, so kann er die Unwirksamkeit im Wege der Feststellungsklage geltend
machen.
Zentrale Probleme:
Es geht primär um die Frage, ob jemand, der
im Grundbuch steht, aber "heraus" will, weil er meint, nicht Eigentümer
geworden zu sein, nach § 894 BGB Grundbuchberichtigung verlangen kann. Der
BGH verneint dies sowie eine analoge Anwendbarkeit von § 894 BGB auf diesen
Fall. Daneben geht es aber wiederum um grundsätzliche Fragen des
Stellvertretungsrechts. Die Vollmacht, mit Hilfe derer hier das dingliche
Rechtsgeschäft vorgenommen wurde, war nämlich wegen eines Verstoßes gegen
das RberG nichtig (s. dazu die Anm. zu BGH v.
20. April 2004 - XI ZR 171/03 sowie BGH v. 14.6.2004- II ZR 407/02
und Urt. v. 26. Oktober 2004,
XI ZR 255/03, NJW 2005, 664). Der BGH bejaht aber mit zutreffenden
Gründen die Anwendbarkeit von §§ 171 - 173 BGB, die hier zu einem
Vertrauensschutz in das Bestehen der Vollmacht führen. Wie bereits
BGH NJW 2005, 664 setzt er sich dabei kritisch
mit BGH v. 14.6.2004- II ZR 407/02
auseinander, wo die Anwendbarkeit von §§ 171 ff BGB verneint wurde, weil der
Geschäftsgegner selbst die Erteilung der Vollmacht bewirkt hatte.
©sl 2005
Tatbestand:
Die Kläger beabsichtigten, eine Eigentumswohnung in Köln zu
erwerben, die von der Beklagten errichtet und vertrieben wurde. Zu diesem
Zweck unterbreiteten sie mit notarieller Urkunde vom 6. April 1993 der S.
Steuerberatungs GmbH (nachfolgend: S. ) ein Angebot zum Abschluß eines auf
den Erwerb der gewünschten Wohnung gerichteten Geschäftsbesorgungsvertrages,
das diese annahm. Bestandteil des Angebots war eine umfassende
Bevollmächtigung der S. zur Vornahme aller für den Eigentumserwerb und die
Finanzierung notwendigen Rechtsgeschäfte und zur Führung etwa erforderlicher
Rechtsstreitigkeiten. Die S. verfügt über keine Erlaubnis nach dem
Rechtsberatungsgesetz.
Am 21. Juni 1993 schlossen die Kläger, vertreten durch die S. diese
vertreten durch ihren Geschäftsführer Dr. K., mit der Beklagten einen
notariellen "Kauf- und Werklieferungsvertrag" nebst Auflassung über die
betreffende Eigentumswohnung zu einem Preis von 395.010,55 DM ab. Dabei
wurde die Beklagte aufgrund notarieller Vollmacht ebenfalls von Dr. K.
vertreten. Sowohl diese Vollmacht wie auch die von den Klägern der S.
erteilte Vollmacht lagen dem beurkundenden Notar in Ausfertigung vor. Beide
Vollmachten enthalten Befreiungen von dem Verbot des In-Sich-Geschäfts bzw.
der Doppelvertretung. Die Kläger wurden als Eigentümer in das
Wohnungsgrundbuch eingetragen.
Sie sind der Auffassung, nicht Eigentümer geworden zu sein, weil die
Bevollmächtigung der S. wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz
unwirksam sei. Ihre auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung gerichtete
Klage hat in den Tatsacheninstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der von dem
Senat zugelassenen Revision verfolgen sie ihren Antrag weiter. Die Beklagte
beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht meint, die
Kläger seien Eigentümer der Wohnung geworden, so daß eine Berichtigung des
Grundbuchs nicht in Betracht komme. Zwar sei die von den Klägern der S. als
Geschäftsbesorgerin erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen das
Rechtsberatungsgesetz nichtig. Der Beklagten gegenüber gelte die Vollmacht
aber entsprechend §§ 171, 172 BGB als fortbestehend, da die
Vollmachtsurkunde dem beurkundenden Notar bei Vertragsschluß vorgelegen habe
und zu diesem Zeitpunkt für die Beklagte nicht erkennbar gewesen sei, daß
der Geschäftsbesorgungsvertrag und mit ihm die Vollmacht nichtig war.
II. Dies hält einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.
1. Die Klage ist nicht schlüssig. Der geltend gemachte Anspruch findet im
Gesetz keine Grundlage. § 894 BGB, auf welche Norm die Klage gestützt
wird, hat nicht die hier vorliegende Konstellation im Auge, daß der
Anspruchsteller geltend macht, daß ihm das im Grundbuch eingetragene Recht
nicht zusteht, sondern regelt den Sachverhalt, daß ein dem Anspruchsteller
zustehendes Recht im Grundbuch nicht oder nicht richtig eingetragen ist.
Wegen dieser grundlegenden Unterschiede wird auch eine analoge Anwendung
der Vorschrift ganz überwiegend verneint (OLG Rostock, OLGE 26, 97 f;
Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 894 Rdn. 65; MünchKomm-BGB/Wacke, 4. Aufl.,
§ 894 Rdn. 20; Meikel/Böttcher, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 22 Rdn. 63; zu
einer Analogie tendierend, aber offengelassen, OLG Karlsruhe, DRiZ 1933, Nr.
377). Dem folgt der Senat. Der zu Unrecht Eingetragene kann in
solchen Fällen die Feststellung beantragen, daß der Eigentumserwerb
unwirksam ist. Ein solcher Antrag ist hier nicht gestellt.
2. Den Klägern ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht durch
Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache Gelegenheit zu geben,
ihren Antrag entsprechend umzustellen. Ein Antrag auf Feststellung der
Unwirksamkeit des Eigentumserwerbs hätte nämlich ebensowenig Erfolg.
a) Trifft der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von der Revision
vorgetragene Sachverhalt zu, daß die gekaufte Eigentumswohnung inzwischen
zwangsversteigert worden ist und daß im Nachgang dazu ein neuer Eigentümer
in das Wohnungsgrundbuch eingetragen wurde, so fehlt es an einem
gegenwärtigen streitigen Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, das einer
Feststellungsklage zugänglich wäre (§ 256 Abs. 1 ZPO). Ob und inwieweit aus
einem früheren Rechtsverhältnis noch Rechte hergeleitet werden können, die
es rechtfertigen, eine Feststellungsklage auf ein der Vergangenheit
angehörendes Rechtsverhältnis zu richten (vgl. BGHZ 27, 190, 196), hat die
Revision nicht mitgeteilt.
b) Trifft dieser Vortrag nicht zu oder ist gleichwohl ein fortbestehendes
Feststellungsinteresse zu bejahen, wäre eine Feststellungsklage jedenfalls
unbegründet, weil die Kläger bei der Auflassung wirksam von der S. bzw.
durch deren Geschäftsführer Dr. K. vertreten worden sind, so daß ihre
Eintragung im Grundbuch der materiellen Rechtslage entspricht bzw.
entsprach.
aa) Allerdings ist die von den Klägern der S. erteilte Vollmacht nach § 134
BGB unwirksam, weil sie gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt.
Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, daß der
Geschäftsbesorgungsvertrag, aufgrund dessen die S. für den Kläger tätig
geworden ist, nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz
nichtig ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt
eine nach Art. 1 § 1 RBerG erlaubnispflichtige Besorgung fremder
Rechtsangelegenheiten vor, wenn eine geschäftsmäßige Tätigkeit darauf
gerichtet und geeignet ist, konkrete fremde Rechtsangelegenheiten zu
verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten (vgl. nur
BGHZ 153, 214, 218 m.w.N.). Das ist bei demjenigen, der ausschließlich oder
hauptsächlich die Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines
Bauträger- oder eines ähnlichen Modells für den Erwerber zu besorgen hat,
der Fall (BGHZ 145, 265, 269 ff; BGH, Urt. v. 26.
Oktober 2004, XI ZR 255/03, NJW 2005, 664 f m.zahlr.N.). Infolgedessen
hätte die S. bei ihrer Tätigkeit für die Kläger einer Erlaubnis nach dem
Rechtsberatungsgesetz bedurft, über die sie nicht verfügte. Die durch die
fehlende Erlaubnis bedingte Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages
erfaßt nach inzwischen ebenfalls gefestigter Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs auch die dem Geschäftsbesorger erteilte Vollmacht (BGHZ
153, 214, 218 f; Urt. v. 26. Oktober 2004, XI ZR
255/03, NJW 2005, 664 f ; Urt. v. 11. Januar 2005, XI ZR 272/03, NJW
2005, 1190, jew. m.zahlr.N.).
bb) Die S. war der Beklagten gegenüber aber nach §§ 171, 172 BGB zur
Vertretung befugt. Nach diesen Vorschriften wird aufgrund des mit einer
Vollmachtsurkunde verbundenen Rechtsscheins eine Vertretungsmacht des
Vertreters auch dann begründet, wenn dessen Vollmacht in Wahrheit nicht oder
nicht mehr besteht. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
(1) Die §§ 171, 172 BGB schützen das Vertrauen auf den mit der
Vollmachtsurkunde verbundenen Rechtsschein unabhängig davon, aus welchen
Gründen die Bevollmächtigung unwirksam ist (BGH, Urt. v. 25. März 2003, XI
ZR 227/02, NJW 2003, 2091, 2092; Urt. v. 3. Juni
2003, XI ZR 289/02, NJW-RR 2003, 1203, 1204;
Senat, Urt. v. 8. Oktober 2004, V ZR 18/04, NJW 2005, 820, 821,
jew.m.w.N.). Es entspricht daher der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs, daß die Vorschriften auf die einem Geschäftsbesorger
erteilte Abschlußvollmacht anwendbar sind, wenn dessen Bevollmächtigung, sei
es unmittelbar, sei es wegen des Zusammenhangs mit dem
Geschäftsbesorgungsvertrag, gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt und nach § 134
BGB nichtig ist (siehe etwa Urt. v. 22. Oktober 2003, IV ZR 33/03, WM 2003,
2375, 2379; Urt. v. 10. März 2004, IV ZR 143/03, WM 2004, 922, 924; Urt. v.
23. März 2004, XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1223 f; Urt. v. 20. April 2004,
XI ZR 164/03, WM 2004, 1227, 1228; Senat, Urt. v. 8. Oktober 2004, V ZR
18/04, NJW 2005, 820, 823; BGH, Urt. v. 26. Oktober
2004, XI ZR 255/03, WM 2005, 127, 130 f; Urt. v. 9. November 2004, XI ZR
315/03, WM 2005, 72, 73 ff; Urt. v. 15. März 2005, XI ZR 135/04, NJW 2005,
1576, 1578). Auch in diesen Fällen ist das Vertrauen des Geschäftsgegners in
den durch die Vollmachtsurkunde gesetzten Rechtsschein schutzwürdig. Etwas
anderes folgt nicht aus der Zielsetzung des Verbots unerlaubter
Rechtsbesorgung. Zwar bezweckt es zu verhindern, daß die unerlaubte
Rechtsbesorgung unter Nutzung der Vollmacht trotz Unwirksamkeit des
Verpflichtungsgeschäfts durchgeführt werden kann (BGH,
Urt. v. 11. Oktober 2001, III ZR 182/00, NJW 2002, 66, 67;
Senat, Urt. v. 8. Oktober 2004, V ZR 18/04, NJW 2005,
820, 823). Daher erfaßt das Verbot die Vollmacht des Rechtsbesorgers,
auch wenn diese, isoliert betrachtet, nicht gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt.
Damit ist aber über den Schutz Dritter, die auf die Wirksamkeit der
Vollmacht vertrauen, nichts gesagt. Das Verbot betrifft nämlich nur das
Innenverhältnis des Rechtsbesorgers zu seinem Auftraggeber (BGH, Urt. v. 25.
März 2003, XI ZR 227/02, NJW 2003, 2091, 2092; Urt.
v. 3. Juni 2003, XI ZR 289/02, NJW-RR 2003, 1203, 1204). Es soll den
Rechtsuchenden vor sachunkundigen unbefugten Rechtsberatern schützen, nicht
aber generell den Abschluß von Verträgen mit Dritten verhindern. Daher steht
die Nichtigkeit der Vollmacht wegen Verstoßes gegen das
Rechtsberatungsgesetz der Anwendung der Vorschriften über den Schutz
gutgläubiger Dritter in ihrem Vertrauen auf den gesetzten Rechtsschein einer
Vollmacht nicht entgegen (Senat aaO). Soweit die Revision meint, in diesem
Punkt setze sich der Senat in Widerspruch zu der Entscheidung des III.
Zivilsenats vom 10. Oktober 2001 (III ZR 182/00, NJW
2002, 66), trifft dies ersichtlich nicht zu. In jener Entscheidung geht
es nur um die, auch hier bejahte, Frage, ob die Nichtigkeit des
Geschäftsbesorgungsvertrages wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz
die Vollmacht erfaßt. Über das Problem des Schutzes Dritter verhält sie sich
nicht.
(2) Die Anwendung der §§ 171, 172 BGB scheitert auch nicht daran, daß die
Einschaltung des Geschäftsbesorgers als Vertreter der Kläger nicht von
diesen selbst, sondern von der Beklagten bewirkt wurde.
In diese Richtung geht allerdings eine in einem obiter dictum geäußerte
Auffassung des II. Zivilsenats (Urt. v. 14. Juni
2004, II ZR 393/02, NJW 2004, 2736 und II ZR
407/02, NJW 2004, 2742). Danach bilden der - unmittelbare oder durch den
Geschäftsbesorger - vermittelte Beitritt zu einer Fondsgesellschaft und der
diesen Beitritt finanzierende Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft im
Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG/§ 358 Abs. 3 BGB (vgl. schon BGHZ 156, 46).
Dies und der Umstand, daß die Einschaltung des Geschäftsbesorgers als
Vertreter des Anlageinteressenten nicht von diesem, sondern von den
Initiatoren und Gründungsgesellschaftern des Fonds in Kenntnis und mit
Billigung der Bank erfolgt, soll dazu führen, daß nicht allein der Anleger
den Rechtsschein einer wirksamen Bevollmächtigung setze. Vielmehr werde die
Art der Geschäftsabwicklung entscheidend von den Initiatoren und
Gründungsgesellschaftern des Fonds bestimmt. Infolgedessen könne die
finanzierende Bank, auch wenn die Nichtigkeit der Vollmacht nach § 134 BGB,
Art. 1 § 1 RBerG noch nicht bekannt sein mußte, nicht wie ein gutgläubiger
Dritter behandelt werden, der im Hinblick auf einen im Rahmen des
Vertriebskonzepts entstandenen Vertrauenstatbestand schutzwürdig wäre. Eine
Abwälzung der mit dem Vertriebskonzept verbundenen Risiken allein auf den
Anleger erscheine in keiner Weise angemessen.
Diesen Erwägungen vermag sich der Senat (ebensowenig wie der XI. Zivilsenat,
vgl. nur Urt. v. 26. Oktober 2004, XI ZR 255/03,
NJW 2005, 664 m.w.N.), jedenfalls für den Bereich kreditfinanzierter
Grundstücksgeschäfte, nicht anzuschließen (noch offengelassen in dem
Urteil vom 8. Oktober 2004, V ZR 18/04, NJW 2005,
820, 823).
(a) Die Erwägungen des II. Zivilsenats führen in der hier vorliegenden
Fallkonstellation schon deswegen nicht weiter, weil dabei die Problematik
eines verbundenen Geschäfts keine Rolle spielt. Es geht hier nicht darum, ob
es einer finanzierenden Bank wegen ihrer engen Beziehungen zu dem Veräußerer
und Initiator eines Anlagegeschäfts verwehrt sein kann, sich auf den
Rechtsschein der Vollmachtsurkunde zu berufen. Es geht allein um das
Verhältnis zwischen dem Erwerber und dem Veräußerer und um das Verhältnis
beider zu dem Treuhänder und Geschäftsbesorger. Die Frage nach einem
verbundenen Geschäft und nach dessen möglichen Auswirkungen stellt sich von
vornherein nicht.
(b) Unabhängig davon sind die in § 9 Abs. 1 VerbrKrG bzw. in § 358 Abs. 3
BGB zum Ausdruck gekommenen Wertungen für die Frage, ob ein Vertrag mit
Hilfe der Rechtsscheinsgrundsätze der §§ 171, 172 BGB zwischen Erwerber und
Veräußerer zustande gekommen ist, nicht bedeutsam (grundlegend:
BGH, Urt. v. 26. Oktober 2004, XI ZR 255/03, NJW
2005, 664, 666 f). Ob die "Abwälzung der mit dem Vertriebskonzept
verbundenen Risiken allein auf den Anleger ... angemessen" erscheint oder
nicht (II. Zivilsenat aaO), ist eine Frage, die aus dem Inhalt des
geschlossenen Vertrages, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der
Besonderheiten eines verbundenen Geschäfts, beantwortet werden muß. Erst
wenn ein wirksam geschlossener Vertrag vorliegt, können diese Wertungsfragen
zum Tragen kommen. Für den Vertragsschluß selbst sind sie ohne Belang. Dies
zeigt sich anschaulich daran, daß "die mit dem Vertriebskonzept verbundenen
Risiken" für den Erwerber dieselben sind, wenn er den "Kauf- und
Werklieferungsvertrag" ohne Einschaltung des Treuhänders selbst schließt.
(c) Angesichts dessen ist es auch belanglos, daß die Beklagte den
Geschäftsbesorger als Vertreter der Kläger, dem Vertriebskonzept
entsprechend, eingeführt hat. Das ändert nichts daran, daß er, von den
Klägern bevollmächtigt, als deren mit Vollmachtsurkunde ausgewiesener
Vertreter auftreten konnte und aufgetreten ist. Der Rechtsschein beruht auf
der Vorlage der Urkunde, nicht auf der Annahme, die Vollmacht sei von dem
Vertretenen aus eigenem Antrieb, ohne bestimmende Mitwirkung des Vertreters
oder des Vertragspartners, erteilt worden. Der XI. Zivilsenat weist
zutreffend darauf hin, daß Vertretene einerseits durch § 173 BGB und
andererseits durch die Regeln über den Mißbrauch der Vertretungsmacht
geschützt werden (Urt. v. 26. Oktober 2004, XI ZR
255/03, aaO S. 667). In diesen Wertungen findet der im Interesse des
Geschäftsverkehrs von §§ 171, 172 BGB bezweckte Vertrauensschutz seine
Grenzen, nicht in der allgemeinen Erwägung, derjenige, der Teil des
Vertriebskonzepts sei und die Bevollmächtigung des Geschäftsbesorgers
initiiert habe, falle nicht in den von §§ 171, 172 BGB geschützten
Personenkreis.
(3) An dieser Bewertung ändert auch nichts der Umstand, daß der für den
Geschäftsbesorger handelnde Dr. K. an dem Veräußerungsgeschäft zugleich als
Bevollmächtigter der Beklagten beteiligt war. Der sich daraus ergebende
abstrakt-generelle Interessenkonflikt wird allein durch § 171 BGB geregelt.
Die Vertretenen können - wie hier - eine solche Mehrvertretung gestatten.
Von ihr gehen dann dieselben Wirkungen aus wie von einer nur einseitigen
Vertretung, auch die Rechtsscheinswirkungen (einschließlich der Befreiung
von den Beschränkungen des § 181 BGB) unter den Voraussetzungen der §§ 171,
172 BGB. Allerdings treten diese Wirkungen nur gegenüber einem Dritten ein.
An dieser Voraussetzung fehlt es indes nicht deswegen, weil Dr. K. für die
S. mit sich als Vertreter der Beklagten gehandelt hat.
Dritter im Sinne der §§ 171, 172 BGB ist die Beklagte als Vertretene und
Vertragsgegnerin. Es besteht auch kein Bedürfnis dafür, in solchen
Fällen der Mehrvertretung die Vorschriften der §§ 171, 172 BGB generell
nicht anzuwenden. Der Vollmachtgeber wird dadurch geschützt, daß etwaige
Kenntnisse oder eine fahrlässige Unkenntnis von Umständen, die nach § 173
BGB die Wirkungen der §§ 171, 172 BGB außer Kraft setzen, dem Vertragsgegner
nach § 166 Abs. 1 BGB zugerechnet werden.
(4) Nach § 172 Abs. 1 BGB setzt die Rechtsscheinswirkung voraus, daß der
Vertreter die ihm vom Vollmachtgeber ausgehändigte Vollmachtsurkunde
vorlegt. Dabei genügt im Falle einer notariellen Vollmachtsurkunde die
Vorlage einer Ausfertigung (BGHZ 102, 60, 63; BGH, Urt. v. 11. Januar 2005,
XI ZR 272/03, NJW 2005, 1190, 1192 m.w.N.). Das war nach den Feststellungen
des Berufungsgerichts der Fall. Entgegen der Auffassung der Revision war die
Vorlage weiterer Unterlagen, etwa der Annahmeerklärung der S. oder der dem
Geschäftsbesorgungsvertrag zugrunde liegenden Stammurkunde, nicht
erforderlich, da die Vollmacht auch für sich genommen verständlich und
hinreichend bestimmt ist (vgl. BGH, Urt. v. 16. März 2004, XI ZR 60/03, NJW
2004, 2090; Urt. v. 26. Oktober 2004, XI ZR 255/03,
NJW 2005, 664, 667; Urt. v. 9. November 2004, XI ZR 315/03, NJW 2005,
668 f). Dies gilt insbesondere für die Vollmacht der S. zur Vornahme der
Auflassung, auf die es vorliegend allein ankommt.
cc) Entgegen der Auffassung der Revision sind die Wirkungen der §§ 171 Abs.
2, 172 Abs. 2 BGB nicht durch § 173 BGB ausgeschlossen. Danach findet eine
Vertretung nach Rechtsscheinsregeln dann nicht statt, wenn der
Geschäftsgegner, hier die Beklagte, das Erlöschen bzw. das Fehlen der
Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt oder kennen muß.
Dabei reicht die Kenntnis bzw. das Kennenmüssen der den Mangel der
Vertretungsmacht begründenden Umstände nicht aus. Vielmehr müssen sich diese
subjektiven Merkmale auf den Mangel der Vertretungsmacht selbst beziehen (BGH,
Urt. v. 26. Oktober 2004, XI ZR 255/03, NJW 2005, 664, 667; Urt. v. 11.
Januar 2005, XI ZR 272/03, NJW 2005, 1190 f; Urt. v. 15. März 2005, XI ZR
135/04, NJW 2005, 1576, 1579, jew.m.w.N.).
Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Zum Zeitpunkt des geschäftlichen
Kontakts der Parteien im Jahre 1993 entsprachen der
Geschäftsbesorgungsvertrag und die zu seiner Durchführung erteilte Vollmacht
einer weitverbreiteten und seinerzeit nicht angezweifelten Praxis (vgl. BGHZ
145, 265, 276 f; Senat, Urt. v. 8. Oktober 2004, V ZR
18/04, NJW 2005, 820, 823; BGH, Urt. v. 15. März 2005, XI ZR 135/04, NJW
2005, 1576, 1579). Dies gilt auch für die in der Vollmacht unter Ziff. II
3.16 enthaltene Ermächtigung der S. zur "Führung von Rechtsstreitigkeiten
und Prozessen" (BGHZ 154, 283, 284; Urt. v. 11. Januar 2005, XI ZR 272/03,
NJW 2005, 1190, 1191). Aufgrund dieser Praxis konnte die Beklagte den
Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz und den damit verbundenen Mangel der
Bevollmächtigung der S. zur Erklärung der Auflassung nicht erkennen. Daß Dr.
K. mit dem Vertriebskonzept der Beklagten vertraut war und die Beziehungen
zwischen ihr und der S. kannte, ist ohne Belang. Bei § 173 BGB kommt es
allein auf die Kenntnis bzw. auf das Kennenmüssen des Vollmachtmangels an.
Selbst wenn man - mit der Revision - eine Kenntnis des Vollmachtmangels
insoweit bejahen wollte, als es um die Ermächtigung der S. zur Führung von
Rechtsstreitigkeiten geht, hätte dies auf das Ergebnis keine Auswirkungen.
Der Rechtsschein einer den Eigentumserwerb ermöglichenden Vollmacht bliebe
davon unberührt.
dd) Die Wirksamkeit des Eigentumserwerbs scheitert nicht daran, daß die von
der Beklagten gegenüber Dr. K. erteilte Vollmacht wegen eines Verstoßes
gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig ist. Zwar zielte auch die von der
Beklagten zur Veräußerung ihrer Wohnungen Dr. K. erteilte Vollmacht auf die
Verwirklichung und Gestaltung fremder Rechtsverhältnisse. Entscheidend für
die Anwendbarkeit des Rechtsberatungsgesetzes ist jedoch die Frage, ob die
Geschäftsbesorgung überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die
Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite
der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung
rechtlicher Verhältnisse geht. Letzteres ist der Fall, wenn der Auftraggeber
im Rahmen der Geschäftsbesorgung eine besondere rechtliche Prüfung oder
Beratung auf der Grundlage besonderer Kenntnisse und Fertigkeiten erwartet.
Bloße wirtschaftliche Tätigkeiten liegen hingegen vor, wenn eine solche
rechtliche Prüfung bzw. Beratung vom Auftraggeber nicht gewünscht wird (BGH,
Urt. v. 13. März 2003, I ZR 143/00, NJW 2003, 3046, 3048). Gemessen daran
ist hier die Beauftragung und Bevollmächtigung von Dr. K. durch die Beklagte
kein Geschäft, das dem Rechtsberatungsgesetz untersteht. Die Beklagte befaßt
sich gewerblich mit Wohnungsbau und verfügt daher über ausreichende eigene
Erfahrungen in diesem Bereich. Die Einschaltung von Dr. K. diente erkennbar
nicht der Beratung der Beklagten, sondern lediglich der Vereinfachung und
Beschleunigung der zur Veräußerung der Wohnung erforderlichen Vorgänge.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO. |