IZPR:
Verbrauchergerichtsstand nach Art. 15 Abs. 1 lit.c EuGVO: Begriff des
"Ausrichtens" bei Vertragsanbahnung im Internet durch "passive"
Webseite (Vorlagebeschluss an den EuGH)
BGH, Beschluss vom 1. Februar 2012 -
XII ZR 10/10
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden
folgende Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 267 AEUV
zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Liegt eine Verbrauchersache i.S.v. Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO vor, wenn
ein Gewerbetreibender durch die Gestaltung seiner Website seine Tätigkeit
auf einen anderen Mitgliedstaat ausgerichtet hat und sich ein Verbraucher
mit Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats aufgrund der
Informationen auf der Website des Gewerbetreibenden zu dessen Geschäftssitz
begibt und die Vertragsparteien dort den Vertrag unterzeichnen
oder
setzt Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO in diesem Fall einen Vertragsschluss mit
Mitteln des Fernabsatzes voraus?
2. Falls Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO dahingehend auszulegen ist, dass in
diesem Fall der Vertragsschluss grundsätzlich mit Mitteln des Fernabsatzes
erfolgen muss: Ist der Verbrauchergerichtsstand nach Art. 15 Abs. 1 lit. c
EuGVVO i.V.m. Art. 16 Abs. 2 EuGVVO gegeben, wenn die Vertragspartner mit
Mitteln des Fernabsatzes eine vorvertragliche Bindung eingehen, die später
unmittelbar in den Vertragsschluss mündet?
Zentrale Probleme:
Ein lehrreicher Fall zum IZPR:
Ein in Deutschland ansässiger Vermieter von Wohnmobilen vermietet ein
Wohnmobil an einen in den Niederlanden ansässigen Verbraucher. Die AGB des
Vermieters enthalten eine Gerichtsstandsklausel für die Gerichte seines
Niederlassungsorts. Diese ist nach Art. 17 EuGVO unwirksam, wenn eine
Verbrauchersache i.S.v. Art. 15 I lit. c EuGVO vorliegt. Das setzt voraus,
dass der Unternehmer seine Tätigkeit auch auf die Niederlande "ausgerichtet"
hat. Hier fand der Vertragsschluss allerdings in der Niederlassung des
Unternehmers statt, allerdings erfolgte die Kontaktaufnahme über eine
"passive" Webseite, d.h. der Vertragsschluss war nicht "im Internet"
möglich. Der BGH legt die Frage, ob das für ein "Ausrichten" genügt, nach
Art. 267 AEUV dem EuGH vor. Dieser hatte zwar bereits entschieden, dass der
Verbrauchergerichtsstand keine "aktive" Webseite voraussetze (so noch
BGH v. 17.9.2008 - III ZR 71/08),
aber auch die bloße Abrufbarkeit einer Webseite im Staat des Verbrauchers
nicht zur Begründung des Verbrauchergerichtsstands ausreicht. Er hat dabei
auch die Frage offengelassen, ob Art. 15 I lit. c EuGVO voraussetzt, dass
der Vertrag selbst im Fernabsatz zustande gekommen ist (was hier gerade
nicht der Fall war), s. dazu EuGH NJW 2011, 505.
Der BGH neigt mit überzeugender Begründung dazu, hier ein "Ausrichten" zu
bejahen, muss die Frage aber , da kein "acte clair" (s. dazu die Nachweise
in BGH NJW 2010, 148)
vorliegt, als letztinstanzliches Gericht an den EuGH vorlegen.
Die Frage kann sich nicht nur im Rahmen der internationalen Zuständigkeit,
sondern auch bei der Frage des anwendbaren Rechts gem. Art. 6 Rom I-VO
stellen, denn auch dort findet sich das Kriterium in Art. 6 I lit b wieder.
Zur Fortsetzung des Verfahrens
s. BGH v. 24.4.2013 -
XII ZR 10/10.
©sl 2012
Gründe:
I.
1 1. Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche aufgrund
eines Mietvertrags über ein Wohnmobil geltend. Zwischen den Parteien ist die
internationale Zuständigkeit des angerufenen deutschen Gerichts streitig.
2 Die Klägerin, die ihren Geschäftssitz in Deutschland hat, vermietet
Wohnmobile. Im Januar 2008 unterhielt sie eine Homepage, auf der die
Möglichkeit bestand, einen mit "Wegbeschreibung" bezeichneten Link
anzuklicken. Dieser Link führte zu einer Straßenkarte, in der auch die
Anfahrt aus der Grenzregion der Niederlande eingezeichnet war. Außerdem
befand sich an mehreren Stellen des Internet-Auftritts der Klägerin neben
einer niederländischen Flagge der Hinweis "Wij spreken Nederlands!".
3 Der Beklagte, der in den Niederlanden wohnt, erkundigte sich im Januar
2008 nach der Anmietung eines Wohnmobils. Nachdem die Parteien mehrere
E-Mails gewechselt hatten, schickte die Klägerin dem Beklagten per Fax einen
Reservierungsantrag, den der Beklagte unterschrieben an die Klägerin -
ebenfalls per Fax - zurückschickte. Auf der Rückseite des
Reservierungsantrags waren die von der Klägerin verwendeten Allgemeinen
Mietbedingungen für die Anmietung eines Reisemobils abgedruckt, die in
Ziffer 19 eine Gerichtsstandsvereinbarung enthielten, nach der für alle
Streitigkeiten aus oder über diesen Vertrag als Gerichtsstand der Sitz des
Vermieters vereinbart wird, soweit der Mieter keinen allgemeinen
Gerichtsstand im Inland hat.
4 Zu einem späteren Zeitpunkt leistete der Beklagte in den Geschäftsräumen
der Klägerin die für die Reservierung des Fahrzeugs vereinbarte Anzahlung.
Im Juli 2008 schlossen die Parteien in den Geschäftsräumen der Klägerin den
Mietvertrag über das reservierte Wohnmobil.
5 Wegen technischer Defekte des Motors, die zwischen den Parteien streitig
sind, erhielt die Klägerin das Fahrzeug erst nach Ablauf der vereinbarten
Mietzeit zurück. Mit der Klage macht sie den ihr aus der verspäteten
Rückgabe entstandenen Schaden geltend.
6 Das Landgericht hat über die Zulässigkeit der Klage gesondert verhandelt
und durch Zwischenurteil festgestellt, dass es für die Entscheidung des
Rechtsstreits international zuständig sei. Die Berufung des Beklagten ist
erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
möchte der Beklagte weiter die Abweisung der Klage erreichen.
7 2. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in NZM 2010, 495 ff.
veröffentlicht ist, hat zur Begründung ausgeführt, die internationale
Zuständigkeit richte sich nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr.
44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung
und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.
Dezember 2000 (ABl. EG Nr. L12 S. 1 vom 16. Januar 2001, nachfolgend: EuGVVO).
Die Parteien hätten eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen, die
entsprechend der Bestimmung des Art. 23 EuGVVO wirksam sei und als
Gerichtsstand den Sitz der Klägerin bestimme.
8 Die getroffene Gerichtsstandsvereinbarung sei nicht gemäß Art. 17
EuGVVO i.V.m. Art. 23 Abs. 5 EuGVVO unwirksam, weil keine Verbrauchersache
im Sinne des hier allein in Betracht kommenden Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO
vorliege. Zwar sei der Beklagte Verbraucher im Sinne des Art. 15 Abs. 1
EuGVVO. Es liege aber gleichwohl keine Verbrauchersache vor, weil die
Klägerin ihre berufliche Tätigkeit nicht im Sinne des Art. 15 Abs. 1 lit. c
EuGVVO auf den Wohnsitzstaat des Beklagten "ausgerichtet" habe. Diese
Voraussetzung sei nur erfüllt, wenn der Vertragspartner des Verbrauchers
eine "aktive" Website betreibe, bei der über das Internet Verträge
abgeschlossen werden könnten. Eine solche "aktive" Website habe die Klägerin
nicht betrieben. Bei einer "passiven" Website könne ein "Ausrichten" i.S.v.
Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO nur dann angenommen werden, wenn der
Verbraucher im Internet zum Vertragsschluss zumindest motiviert worden sei.
Ob der Beklagte durch den Internetauftritt der Klägerin zum Vertragsschluss
motiviert worden sei, könne aber dahinstehen. Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO
finde jedenfalls deshalb keine Anwendung, weil der Abschluss des
Mietvertrags nicht im Fernabsatz erfolgt sei, sondern anlässlich eines
persönlichen Kontaktes der Parteien am Sitz der Klägerin.
II.
9 Der Erfolg der Revision des Beklagten ist davon abhängig, ob die
Instanzgerichte ihre internationale Zuständigkeit zur Entscheidung des
Rechtsstreits zu Recht bejaht haben.
10 1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bestimmt
sich im vorliegenden Fall gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 3 Abs. 1 EuGVVO
nach Maßgabe der Art. 5 bis 24 EuGVVO, da die Parteien ihren Sitz jeweils im
Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates haben und der in den Niederlanden
wohnhafte Beklagte abweichend von Art. 2 EuGVVO vor den Gerichten eines
anderen Mitgliedstaates, nämlich in Deutschland, verklagt wird. Die
Instanzgerichte haben ihre internationale Zuständigkeit deshalb für gegeben
erachtet, weil sie die in Ziffer 19 der in den Vertrag einbezogenen
Allgemeinen Mietbedingungen der Klägerin für die Anmietung eines Reisemobils
enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung für wirksam gehalten haben.
Die Wirksamkeit dieser Gerichtsstandsvereinbarung hängt indes davon ab, ob
es sich bei dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag um eine
Verbrauchersache nach Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO handelt, bei der die
Klage gegen einen Verbraucher gemäß Art. 16 Abs. 2 EuGVVO nur vor den
Gerichten des Mitgliedstaates erhoben werden kann, in dessen Hoheitsgebiet
der Verbraucher seinen Wohnsitz hat und eine Gerichtsstandsvereinbarung nur
unter den - im vorliegenden Fall nicht gegebenen - Voraussetzungen des Art.
17 EuGVVO möglich ist (vgl. Art. 17 i.V.m. Art. 23 Abs. 5 EuGVVO).
11 a) Nach Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO handelt es sich um eine
Verbrauchersache, wenn der Vertragspartner des Verbrauchers in dem
Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat,
eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf
irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten,
einschließlich dieses Mitgliedstaats, ausrichtet und der Vertrag in den
Bereich dieser Tätigkeit fällt. Durch diese Regelung sollte neben
der gezielt auf den Wohnsitzstaat des jeweiligen Verbrauchers gerichteten
Werbung vor allem auch der so genannte elektronische Handel über das
Internet erfasst werden, bei dem ein Vertragsschluss auf ausschließlich
elektronischem Wege zustande kommt (BGH
Urteil vom 17. September 2008 - III ZR 71/08 - NJW 2009, 298 Rn. 8;
Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht 3. Aufl. A. 1 Art. 15
EuGVVO Rn. 37; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht 9. Aufl.
Art. 15 EuGVO Rn. 23). Da bei Verträgen, die über das Internet
abgeschlossen wurden, meist kaum festzustellen ist, wo die Handlung, die zum
Vertragsschluss führte, vorgenommen worden ist, kommt es, anders als nach
dem bisherigen Recht (vgl. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b des
Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung
gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September
1968, BGBl. 1972 II S. 774, im Folgenden EuGVÜ), auf den Ort des
Vertragsschlusses oder der Vornahme der dafür erforderlichen
Rechtshandlungen nicht an. Nach Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO wird die
notwendige Verbindung zum Staat des Verbrauchers schon dadurch geschaffen,
dass dessen Vertragspartner seine Tätigkeit auf diesen Staat ausrichtet
(vgl. BGH Urteil vom 17. September 2008 -
III ZR 71/08 - NJW 2009, 298 Rn. 8; Kropholler/von Hein Europäisches
Zivilprozessrecht 9. Aufl. Art. 15 EuGVO Rn. 23 mwN).
12 b) Umstritten ist, unter welchen Voraussetzungen ein
Gewerbetreibender, der eine Internetseite unterhält, in diesem Sinne seine
Tätigkeit auf einen Mitgliedstaat ausrichtet. Die bislang herrschende
Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum differenzierte danach, ob der
Gewerbetreibende eine aktive oder nur eine passive Website unterhält.
Während Einigkeit darüber bestand, dass der Verbraucherschutzgerichtsstand
des Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO jedenfalls dann gegeben ist, wenn der
Gewerbetreibende eine aktive Website betreibt, bei der unmittelbar über die
Internetseite, etwa durch das Anklicken eines entsprechenden Symbols, ein
Vertragsschluss erfolgen kann (vgl. BGH
Beschluss vom 17. September 2009 - III ZR 71/08 - NJW 2009, 298 Rn. 9 mwN),
wird der Betrieb einer passiven Website nur dann für ausreichend
gehalten, wenn sie eine Aufforderung zum Vertragsschluss im Fernabsatz
enthält und es auf diesem Weg auch tatsächlich zu einem Vertragsschluss
kommt (vgl. zum Streitstand Kropholler/von Hein Europäisches
Zivilprozessrecht 9. Aufl. Art. 15 EuGVO Rn. 27; Geimer/Schütze Europäisches
Zivilverfahrensrecht 3. Aufl. Art. 15 EuGVVO Rn. 37 f.).
13 c) Nach Erlass des angegriffenen Berufungsurteils hat sich der
Gerichtshof der Europäischen Union (nachfolgend: Europäischer Gerichtshof)
aufgrund einer Vorlage des Österreichischen Obersten Gerichtshofs in einem
Vorabentscheidungsverfahren erstmals zu der Frage geäußert, unter welchen
Voraussetzungen ein Gewerbetreibender durch einen Internetauftritt seine
Tätigkeit auf einen anderen Mitgliedstaat i.S.v. Art. 15 Abs. 1 lit. c
EuGVVO ausrichtet (Urteil vom 7. Dezember 2010 -
C-585/08 und C-144/09 - Pammer/Schlüter und Alpenhof/Heller - ABl. EU 2011,
Nr. C 55, 4-5 = NJW 2011, 505 ff.).
14 In der von der bisher herrschenden Meinung herangezogenen
Unterscheidung zwischen Websites, die eine Kontaktierung des
Gewerbetreibenden per E-Mail oder sogar einen Vertragsschluss online mittels
einer sogenannten "interaktiven" Website ermöglichen, und Websites ohne
diese Möglichkeit sieht der Europäische Gerichtshof kein taugliches
Kriterium für die Auslegung des Begriffs des "Ausrichtens" i.S.v. Art. 15
Abs. 1 lit. c EuGVVO. Diese Kontaktmöglichkeit bestehe unabhängig davon, ob
der Gewerbetreibende Geschäfte mit Verbrauchern zu tätigen beabsichtige, die
in anderen Mitgliedstaaten als dem seiner Niederlassung wohnhaft sind
(EuGH aaO Rn. 79).
15 Für die Anwendbarkeit des Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO sieht der
Europäische Gerichtshof als entscheidendes Merkmal an, ob der
Gewerbetreibende bereits vor dem eigentlichen Vertragsschluss seinen Willen
zum Ausdruck gebracht hat, Geschäftsbeziehungen zu Verbrauchern eines oder
mehrerer anderer Mitgliedstaaten, darunter des Wohnsitzmitgliedstaats des
Verbrauchers, herzustellen (EuGH aaO
Rn. 75). Deshalb sei im Fall eines Vertrags zwischen einem
Gewerbetreibenden und einem bestimmten Verbraucher zu ermitteln, ob
vor dem Vertragsschluss mit diesem Verbraucher Anhaltspunkte dafür
vorgelegen haben, dass der Gewerbetreibende Geschäfte mit Verbrauchern
tätigen wolle, die in anderen Mitgliedstaaten wohnhaft sind, darunter in dem
Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der fragliche Verbraucher seinen
Wohnsitz habe, und zwar in dem Sinne, dass der Gewerbetreibende zu einem
Vertragsschluss mit diesen Verbrauchern bereit gewesen sei (EuGH
aaO Rn. 76).
16 Anhaltspunkte dafür, dass ein Gewerbetreibender seine Tätigkeit
auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers ausgerichtet hat, können sich
nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs beispielsweise aus dem
internationalen Charakter der Tätigkeit des Gewerbetreibenden, der Angabe
von Anfahrtsbeschreibungen von anderen Mitgliedstaaten aus zu dem Ort, an
dem der Gewerbetreibende niedergelassen ist oder der Verwendung einer
anderen Sprache oder Währung als der in dem Mitgliedstaat der Niederlassung
des Gewerbetreibenden üblicherweise verwendeten Sprache oder Währung mit der
Möglichkeit der Buchung und Buchungsbestätigung in dieser anderen Sprache
ergeben (EuGH aaO Rn. 93; kritisch
dazu Leible/Müller NJW 2011, 495, 496 f.; von Hein JZ 2011, 954, 955;
Clausnitzer EuZW 2011, 104, 105).
17 Dabei obliege es dem nationalen Richter zu prüfen, ob diese Anhaltspunkte
vorliegen (EuGH aaO Rn. 93).
18 2. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 7. Dezember 2010
verhält sich allerdings nicht zu der Frage, ob Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO
in Fällen, in denen der Internetauftritt eines Gewerbetreibenden das Merkmal
des "Ausrichtens" erfüllt, zusätzlich voraussetzt, dass der mit dem
Verbraucher geschlossene Vertrag mit Mitteln des Fernabsatzes zustande
gekommen ist (vgl. hierzu die Entscheidungsbesprechungen von
Staudinger/Steinrötter EWS 2011, 70, 73 f.; Mankowski EWiR 2011, 111, 112;
Höppner jurisPR-ITR 8/2011 Anm. 3; Clausnitzer EuZW 2011, 104, 105).
In der deutschen Rechtsprechung und im deutschen Schrifttum finden sich
hierzu unterschiedliche Auffassungen.
19 (1) Teilweise wird vertreten, dass eine Verbrauchersache i.S.v. Art. 15
Abs. 1 lit. c EuGVVO nur unter der zusätzlichen Voraussetzung angenommen
werden könne, dass es zu einer vertraglichen Bindung mit den Mitteln des
Fernabsatzes gekommen sei (Kropholler/von Hein Europäisches
Zivilprozessrecht 9. Aufl. Art. 15 EuGVO Rn. 27; von Hein JZ 2011, 954,
957).
20 (2) Eine andere Auffassung hält dagegen einen Vertragsschluss im Wege des
Fernabsatzes nicht für zwingend erforderlich. Um eine unangemessene
Ausdehnung des Anwendungsbereichs von Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO zu
verhindern, sei es jedoch neben der Erfüllung des Begriffs des "Ausrichtens"
erforderlich, dass der Internetauftritt des Gewerbetreibenden für den
konkreten Vertragsschluss mit dem Verbraucher zumindest ursächlich geworden
ist (vgl. OLG Karlsruhe IPRax 2008, 348, 349; OLG Dresden IPRax 2006, 44,
46; LG München IPRspr. 2007 Nr. 143, 405, 406; Rauscher/Staudinger EuZPR/EulPR
[2011] Art. 15 Brüssel l - VO Rn. 18; Schlosser EuGVVO 3. Aufl. Art. 15 Rn.
8; Leible/Müller NJW 2011, 495, 497; Mankowski IPRax 2009, 238, 242 f.;
Höppner jurisPR-ITR 8/2011 Anm. 3; Staudinger/Czaplinksi NZM 2010, 461, 462
f.; Musielak/Stadler ZPO 8. Aufl. Art. 15 EuGVVO Rn. 8).
21 (3) Der Bundesgerichtshof hatte bislang nicht zu entscheiden, ob
der Vertrag mit Mitteln des Fernabsatzes zustande gekommen sein muss. Er
hält es für die Erfüllung des Merkmals des "Ausrichtens" der gewerblichen
Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers jedoch für erforderlich,
dass der Verbraucher in seinem Wohnsitzstaat durch die von dem
Gewerbetreibenden betriebene Website zumindest zum Vertragsschluss motiviert
worden ist, auch wenn der Vertragsschluss selbst nicht in dem Wohnsitzstaat
erfolgt (BGH Urteil vom 17. September 2008
- III ZR 71/08 - NJW 2009, 298 Rn. 11).
22 3. Der Senat neigt dazu, die Anwendbarkeit des Art. 15 Abs. 1 lit.
c EuGVVO in diesen Fällen nicht von der Voraussetzung abhängig zu machen,
dass der Vertrag im Wege des Fernabsatzes abgeschlossen wurde, sondern es
genügen kann, wenn zwischen dem Internetauftritt des Gewerbetreibenden und
dem späteren Vertragsschluss ein Kausalzusammenhang besteht.
23 a) Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 7.
Dezember 2010 die schon bisher ganz herrschende Rechtsauffassung
(vgl. hierzu Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht 9. Aufl.
Art. 15 EuGVO Rn. 24 mwN und die gemeinsame Erklärung des Rates und der
Kommission zu den Art. 15 und 73 der Verordnung Nr. 44/2001, abgedruckt in
IPRax 2001, 259, 261), dass die bloße Abrufbarkeit einer Website
nicht genügt, um den Verbrauchergerichtsstand nach Art. 15 Abs. 1 lit. c
EuGVVO i.V.m. Art. 16 Abs. 2 EuGVVO zu erfüllen (EuGH
aaO Rn. 69, 70) bestätigt. Nach Auffassung des Senats muss dies
auch dann gelten, wenn der Gewerbetreibende eine Website betreibt, die das
Merkmal des "Ausrichtens der gewerblichen Tätigkeit auf einen anderen
Mitgliedstaat" gemäß Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO erfüllt. Kommt es
zu einem Vertragsschluss, bei dem der Verbraucher keine Kenntnis von dem
Internetauftritt des Gewerbetreibenden hatte, ist der Zweck des Art. 15 Abs.
1 lit. c EuGVVO, den kompetenzrechtlichen Verbraucherschutz (vgl.
hierzu Rauscher/Staudinger EuZPR/EulPR [2011] Vorbem. Art. 15 - 17 Brüssel l
- VO Rn. 1; Stein/Jonas/Wagner ZPO 22. Aufl. Art. 1 EuGVVO Rn. 1) zu
verbessern, nicht berührt. Ein Verbraucher, der sich
unabhängig von Werbemaßnahmen des Gewerbetreibenden entscheidet, in einem
anderen Mitgliedstaat vertragliche Bindungen einzugehen, bedarf des durch
Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO gewährten verfahrensrechtlichen
Verbraucherschutzes nicht (vgl. BGH Urteil
vom 17. September 2008 - III ZR 71/08 - NJW 2009, 298 Rn. 11; Rauscher/
Staudinger EuZPR/EulPR [2011] Art. 15 Brüssel l - VO Rn. 18; Geimer/Schütze
Europäisches Zivilverfahrensrecht 3. Aufl. Art. 15 EuGVVO Rn. 38).
24 b) Kann somit allein die Ausgestaltung des Internetauftritts des
Gewerbetreibenden das abgeschlossene Rechtsgeschäft nicht zur
Verbrauchersache machen, bedarf es in diesen Fällen einer zusätzlichen
Voraussetzung, um den Verbrauchergerichtsstand nach Art. 15 Abs. 1 lit. c
EuGVVO i.V.m. Art. 16 Abs. 2 EuGVVO zu begründen. Diese muss nach Auffassung
des Senats jedoch nicht darin bestehen, dass der Vertragsschluss im Wege des
Fernabsatzes erfolgt sein muss. Ausreichend dürfte sein, dass zwischen dem
Internetauftritt des Gewerbetreibenden und dem konkreten Vertragsschluss ein
Kausalzusammenhang besteht.
25 (1) Dem Wortlaut des Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO sind keine
Hinweise dafür zu entnehmen, dass für die Qualifikation eines
Rechtsgeschäfts als Verbrauchersache die Form des Vertragsschlusses von
Bedeutung ist. Art. 15 EuGVVO knüpft lediglich an die Verbrauchereigenschaft
des Vertragspartners (Art. 15 Abs. 1 EuGVVO), an die Art des Vertrages (Art.
15 Abs. 1 lit. a und lit. b EuGVVO), an die Ausübung der beruflichen oder
gewerblichen Tätigkeit des anderen Vertragspartners in dem Mitgliedstaat, in
dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat (Art. 15 Abs. 1 lit. c Fall 1 EuGVVO)
oder an die Ausrichtung der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des
anderen Vertragspartners auf den Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher
seinen Wohnsitz hat (Art. 15 Abs. 1 lit. c Fall 2 EuGVVO), an. Sind diese
Voraussetzungen erfüllt, liegt nach dem Wortlaut der Vorschrift unabhängig
von der Form des Vertragsschlusses eine Verbrauchersache vor, wenn der
Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit des Gewerbetreibenden fällt. Dabei
unterscheidet insbesondere Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO nicht danach, in
welcher Form der Gewerbetreibende seine berufliche oder gewerbliche
Tätigkeit auf den Mitgliedstaat, in dem der andere Vertragspartner wohnhaft
ist, ausgerichtet hat. Dies spricht dafür, in Fällen, in denen ein
Gewerbetreibender seine Tätigkeit durch eine entsprechende Gestaltung seines
Internetauftritts auf einen anderen Mitgliedstaat ausgerichtet hat, keine
weitergehenden Anforderungen an die Form des Vertragsschlusses zu stellen
als bei der Verwendung herkömmlicher Werbemittel.
26 (2) Nach Auffassung des Senats ergäbe sich sonst ein Wertungswiderspruch
zu den Fällen, in denen der Gewerbetreibende durch andere Maßnahmen, wie
beispielsweise der Verteilung von Flyern, versucht, Kunden aus einem anderen
Mitgliedstaat zu werben. Denn bei dieser Form der Werbung ist anerkannt,
dass Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO auch dann anwendbar ist, wenn sich der
Verbraucher an den Geschäftssitz des Gewerbetreibenden begibt und dort den
Vertrag abschließt (vgl. Staudinger/Steinrötter EWS 2011, 70, 74 mwN). Der
Ort des Vertragsschlusses ist für den Verbrauchergerichtsstand unerheblich
(Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht 3. Aufl. Art. 15 EuGVVO
Rn. 40; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht 9. Aufl.
Art. 15 EuGVO Rn. 27).
27 (3) Auch der Schutzzweck des Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO gebietet es
nach Meinung des Senats nicht, die Anwendbarkeit des
Verbrauchergerichtsstands vom Vorliegen eines Vertragsschlusses im
Fernabsatz abhängig zu machen. Im Gegensatz zu der früheren Regelung in Art.
13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ verzichtet Art. 15 Abs. 1 EuGVVO auf das Erfordernis
eines Vertragsschlusses im Wohnsitzstaat des Konsumenten, um den
kompetenzrechtlichen Verbraucherschutz durch eine Erweiterung des
Anwendungsbereichs der Vorschrift zu verbessern (vgl. Zöller/Geimer ZPO 29.
Aufl. Anh. I Art. 17 EuGVVO Rn. 20 mwN). Veranlasst worden ist diese
Erweiterung zwar durch den Wunsch, auch Verträge zu erfassen, die über eine
vom Gewerbetreibenden unterhaltene aktive Internetseite abgeschlossen
werden. Sie beschränkt sich jedoch nicht auf solche Vorgänge (BGHZ 167, 83 =
NJW 2006, 1672 Rn. 28; BGH Urteil vom 29. November 2011 - XI ZR 172/11 - WM
2012, 36 Rn. 21). Durch die Änderung sollte gerade auch der "aktive"
Verbraucher, der seinen Wohnsitzstaat verlässt, um einen Vertrag mit einem
Gewerbetreibenden in einem Mitgliedstaat zu schließen, in den Schutzbereich
der Regelung einbezogen werden (Stein/ Jonas/Wagner ZPO 22. Aufl. Art. 15
EuGVVO Rn. 41; Rauscher/Staudinger EuZPR/EulPR [2011] Art. 15 Brüssel l - VO
Rn. 136). Außerdem ist es anerkannt, dass der Verbrauchergerichtsstand auch
dann gegeben sein kann, wenn der Verbraucher von dem Gewerbetreibenden dazu
bewegt wurde, zum Vertragsschluss seinen Wohnsitzstaat zu verlassen (vgl.
Rauscher/Staudinger EuZPR/EulPR [2011] Art. 15 Brüssel l - VO Rn. 14 a;
Staudinger/Czaplinski NZM 2010, 461, 462 jeweils mwN).
28 Soweit im deutschen Schrifttum eine einschränkende Auslegung des Art. 15
Abs. 1 lit. c EuGVVO mit der Begründung befürwortet wird, der Verbraucher,
der persönlich am Geschäftssitz des Gewerbetreibenden einen Vertrag
abschließe, sei nicht schutzwürdig, weil er sich nicht in einer für den
Fernabsatz charakteristischen Situation befinde, die dadurch gekennzeichnet
sei, dass die Parteien sich nicht persönlich begegnen und der Verbraucher
die angebotene Ware nicht in Augenschein nehmen könne (so Kropholler/von
Hein Europäisches Zivilprozessrecht 9. Aufl. Art. 15 EuGVO Rn. 27; von Hein
JZ 2011, 954, 957), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn der
Schutzzweck des Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO erstreckt sich nicht auf den
Schutz des Verbrauchers vor den Gefahren eines Vertragsschlusses im
Fernabsatz. Durch den Verbrauchergerichtsstand nach Art. 15 Abs. 1 lit. c
EuGVVO i.V.m. Art. 16 Abs. 2 EuGVVO soll dem Verbraucher, der gezielt von
einem Gewerbetreibenden mit Geschäftssitz im Hoheitsgebiet eines anderen
Mitgliedstaates als Kunde geworben wurde, der Vorteil erhalten bleiben, nur
an seinem Wohnsitz verklagt werden zu können, wenn er mit diesem
Gewerbetreibenden einen Vertrag abschließt. Wegen dieses
Schutzzwecks kann nach Meinung des Senats die Anwendbarkeit des Art. 15 Abs.
1 lit. c EuGVVO nicht von unterschiedlichen Voraussetzungen abhängig sein,
je nachdem, ob der Gewerbetreibende versucht, Kunden aus einem anderen
Mitgliedstaat mit Hilfe herkömmlicher Werbemittel zu gewinnen oder diese
Absicht durch eine entsprechende Gestaltung seines Internetauftritts
verfolgt.
29 (4) Schließlich spricht auch der systematische Auslegungszusammenhang mit
den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen
Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse
anzuwendende Recht vom 17. Juli 2008 (ABl. EU Nr. L 177, S. 6; ber. 2009 Nr.
L 309 S. 87 - Rom l - VO), wie sie Erwägungsgrund 7 zu Rom l - VO verlangt,
dafür, einen Kausalzusammenhang zwischen dem Internetauftritt des
Gewerbetreibenden und dem Vertragsschluss durch den Verbraucher für die
Anwendbarkeit des Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO genügen zu lassen. Im
Erwägungsgrund 25 zu der Parallelnorm des Art. 6 Abs. 1 Rom l - VO wird
ausgeführt, dass ein Verbraucher auch dann durch die Regelungen des Staates
seines gewöhnlichen Aufenthalts geschützt werden soll, wenn der
Vertragsschluss darauf zurückzuführen ist, dass ein Gewerbetreibender seine
Tätigkeiten auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausgerichtet hat (vgl.
hierzu auch Leible/ Müller NJW 2011, 495, 497).
30 4. Sollte Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO indes dahingehend auszulegen sein,
dass in Fällen, in denen der Gewerbetreibende durch die Gestaltung seines
Internetauftritts das Merkmal des "Ausrichtens" erfüllt, der Vertrag unter
Einsatz von Mitteln des Fernabsatzes abgeschlossen worden sein muss, neigt
der Senat dazu, zumindest im vorliegenden Fall eine Verbrauchersache
anzunehmen. Denn im vorliegenden Fall sind die Parteien bereits vor der
Unterzeichnung des Mietvertrags mit Mitteln des Fernabsatzes eine
vertragliche Bindung eingegangen, die unmittelbar in den eigentlichen
Abschluss des Mietvertrags mündete (so auch Rauscher/Staudinger EuZPR/EulPR
[2011] Art. 15 Brüssel l - VO Rn. 14 a; Staudinger/Steinrötter EWS 2011, 70,
74; Staudinger/Czaplinski NZM 2010, 461, 462 f.; kritisch dagegen
Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht 9. Aufl. Art. 15 EuGVO
Rn. 27; von Hein JZ 2011, 954, 957).
31 a) Die Klägerin hat durch die Gestaltung ihres Internetauftritts
nicht nur ihre Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Beklagten ausgerichtet.
Durch die Angabe einer E-Mailadresse auf ihrer Website hat sie auch die
Möglichkeit geschaffen, dass Verbraucher aus den Niederlanden im Wege der
Fernkommunikation Kontakt zu ihr aufnehmen konnten. Nachdem der Beklagte auf
diesem Weg sein Interesse zur Anmietung eines Wohnmobils bekundet hatte,
nutzte sie selbst diese Kommunikationsform, um dem Beklagten ein Wohnmobil
zu einem Sonderpreis anzubieten, wenn er bis zu einem bestimmten Zeitpunkt
eine Reservierung vornehmen würde. Dafür übermittelte die Klägerin dem
Beklagten per Fax einen Reservierungsantrag, den der Beklagte unterzeichnete
und per Fax an die Klägerin zurückschickte.
32 b) Dadurch kam es zwischen den Parteien allein mit Kommunikationsmitteln,
die typischerweise im Fernabsatz verwendet werden, zu einer vertraglichen
Bindung, die unmittelbar in den späteren Abschluss des Mietvertrags mündete.
33 In einem solchen Fall kann der Umstand, dass der Vertragsschluss selbst
nicht im Fernabsatz erfolgte, für die Anwendung des Art. 15 Abs. 1 lit. c
EuGVVO keine entscheidende Bedeutung mehr haben. Dies würde zu einer
ungerechtfertigten Privilegierung von Gewerbetreibenden führen, die ihren
Geschäftssitz in einer grenznahen Region haben. Diese könnten ihren
Internetauftritt so gestalten, dass zwar die Kontaktaufnahme durch den
Kunden und die gesamte vorvertragliche Korrespondenz mit
Fernkommunikationsmitteln erfolgt. Dem Risiko, Ansprüche gegen Verbraucher
in deren Wohnsitzstaat geltend machen zu müssen, könnten sie aber dadurch
entgehen, dass der endgültige Vertragsschluss durch den Verbraucher am
Geschäftssitz des Gewerbetreibenden erfolgen muss.
34 5. Die Frage, wie Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO in der vorliegenden
Fallkonstellation auszulegen ist, ist auch entscheidungserheblich.
35 a) Der Beklagte hat das Fehlen der internationalen Zuständigkeit
deutscher Gerichte in beiden Rechtszügen von Anfang an gerügt und in
zulässiger Weise lediglich vorsorglich für den Fall, dass das angerufene
deutsche Gericht den Gerichtsstaat nach dem maßgeblichen Zuständigkeitsrecht
für international zuständig halten sollte, auch Ausführungen zur Hauptsache
gemacht, so dass es im Sinne von Art. 24 EuGVVO an einer
zuständigkeitsbegründenden Einlassung auf das Verfahren fehlt (vgl.
Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht 3. Aufl. A. 1 Art. 24 Rn.
46 mwN).
36 b) Auf der Grundlage der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs hat
die Klägerin durch die Gestaltung ihres Internetauftritts ihre
Geschäftstätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Beklagten ausgerichtet.
37 Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin
zwar nur eine "passive" Webseite betrieben, weil ihr Internetauftritt die
Möglichkeit nicht vorsah, "online" einen Mietvertrag abzuschließen. Sie hat
jedoch durch die Gestaltung ihrer Website ihre Absicht zum Ausdruck
gebracht, Personen mit Wohnsitz in den Niederlanden als Kunden werben zu
wollen. Mit der Verwendung der niederländischen Flagge und dem
ausdrücklichen Hinweis "Wij spreken Nederlands" auf ihrer Homepage hat sich
die Klägerin gezielt an Personen aus den Niederlanden gerichtet. Außerdem
konnte über die Website eine Anfahrtsskizze aufgerufen werden, in die auch
eine Wegbeschreibung aus dem Grenzbereich der Niederlande eingezeichnet war.
Auf der Grundlage der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 7.
Dezember 2010 liegen damit ausreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die
Klägerin i.S.v. Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO ihre Geschäftstätigkeit auf den
Wohnsitzstaat des Beklagten ausgerichtet hat.
38 c) Findet im vorliegenden Fall Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO Anwendung,
obwohl der Mietvertrag zwischen den Parteien ohne den Einsatz von Mitteln
des Fernabsatzes zustande gekommen ist, wäre die in Ziff. 19 der von der
Klägerin verwendeten allgemeinen Mietbedingungen für die Anmietung eines
Reisemobils enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 17 EuGVVO
i.V.m. Art. 23 Abs. 5 EuGVVO unwirksam. Da der Beklagte seinen Wohnsitz in
den Niederlanden hat, wäre die internationale Zuständigkeit der deutschen
Gerichte zu verneinen und die erhobene Klage als unzulässig abzuweisen.
39 6. Die Entscheidung über die Vorlagefrage zur Auslegung des
Gemeinschaftsrechts ist gemäß Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen
Union vorbehalten.
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