Anwendung der Regelungen
über den Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 BGB) auf den Schuldbeitritt
(Grundsatz der Einzelbetrachtung); Verbrauchereigenschaft des
GmbH-Alleingesellschafters/Geschäftsführers; Voraussetzung der arglistigen
Berufung auf den Formmangel
BGH, Urteil vom 8. November
2005 - XI ZR 34/05
Fundstelle:
noch nicht bekannt
BGHZ 165, 43
Amtl. Leitsatz:
An der gefestigten
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 133,
71, 77, 78; 133, 220, 223; 144, 370, 380
und Senatsurteil vom 25. Februar 1997 - XI ZR 49/96, WM 1997, 710 jeweils
m.w.Nachw.) zur entsprechenden Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes auf
die Mithaftungsübernahme des geschäftsführenden Allein- oder
Mehrheitsgesellschafters einer GmbH wird festgehalten. Die in der Literatur
zum Teil bejahte Gleichstellung dieser Geschäftsführungsorgane mit den
Kaufleuten des Handelsgesetzbuches oder kaufmannsähnlichen Personen
entspricht nicht der Vorstellung des Gesetzgebers und überschreitet die
Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung.
Zentrale Probleme:
Es geht um die Anwendung des früheren
Verbraucherkreditgesetzes auf die Haftungsmitübernahme eines
geschäftsführenden GmbH-Alleingesellschafters. Die entsprechenden Regelungen
sind seit dem 1.12002 in das BGB integriert (§§ 491 ff BGB), die Problematik
aber gleich geblieben: § 491 BGB findet analoge Anwendung auf den
Schuldbeitritt zu einem Kreditvertrag (s. BGHZ 133, 71
sowie die Anm. zu BGH
NJW 2000, 3496). Maßgeblich ist also, ob der
GmbH-Alleingesellschafter/Geschäftsführer "Verbraucher" i.S.v. § 14 BGB ist
(zu diesem Grundsatz der Einzelbetrachtung s. die Anm. zu BGH
NJW 2000, 3496). Der BGH bejaht dies de lege lata. Die
Entscheidung ist insbesondere in Bezug auf die Grenzen richterlicher
Rechtsfortbildung von methodischem Interesse.
©sl 2005
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Mithaftungsübernahme des
früheren Gesellschafters und Geschäftsführers für die Darlehensschuld der
insolventen GmbH. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die klagende Landesbank gewährte durch ihr organisatorisch verselbständigtes
Förderungsinstitut aufgrund eines entsprechenden Bescheides des Landes
Mecklenburg-Vorpommern am 29. September/ 7. Oktober 1997 der S. GmbH
(nachfolgend: GmbH) ein Darlehen über 2.979.000 DM aus dem Programm
"Sondervermögen Unternehmenshilfe". Der Beklagte war damals alleiniger
Geschäftsführer der GmbH und an ihrem Stammkapital mit 48,8% beteiligt,
während sein Sohn die restlichen Geschäftsanteile hielt. Wie im
Darlehensvertrag vorgesehen, übernahmen beide Gesellschafter am 27.
September 1997 die persönliche Mithaftung für die
Darlehensrückzahlungsforderung in Höhe ihrer Beteiligungsquote. Der zunächst
zur Überwindung von Liquiditätsproblemen der GmbH ausgereichte und auf sechs
Monate befristete Kredit wurde mit Vertrag vom 1./4. Dezember 1998 in ein
zehnjähriges Darlehen umgewandelt. In den Darlehensverträgen und in der
Mithaftungsabrede waren weder der Gesamtbetrag aller von der GmbH zu
leistenden Zahlungen noch der effektive Jahreszins angegeben.
Im Dezember 2001 eröffnete das Amtsgericht über das Vermögen der GmbH das
Insolvenzverfahren. Die Klägerin kündigte daraufhin den Kreditvertrag am 19.
Dezember 2001 bei einem Debet von 2.085.300 DM fristlos.
Gestützt auf den Schuldbeitritt vom 27. September 1997 nimmt die Klägerin
den Beklagten auf Rückzahlung des Darlehens in Höhe eines Teilbetrages von
50.000 € zuzüglich Zinsen in Anspruch. Der Beklagte hält die
Mithaftungsvereinbarung wegen Verstoßes gegen Formvorschriften des
Verbraucherkreditgesetzes für nichtig. Im Wege der Hilfswiderklage begehrt
er die Feststellung, der Klägerin keine weiteren Zahlungen zu schulden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten
antragsgemäß verurteilt und seine Widerklage abgewiesen. Mit der - vom
Berufungsgericht zugelassenen - Revision erstrebt der Beklagte die
Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet.
I. Das Berufungsgericht hat die Mithaftungsübernahme des Beklagten für
wirksam erachtet und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fänden die
Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes auf den Schuldbeitritt zu einem
Kreditvertrag zwar auch dann entsprechende Anwendung, wenn der
Sicherungsgeber geschäftsführender Alleingesellschafter der kreditnehmenden
GmbH sei. Dem könne im Streitfall aber nicht gefolgt werden. Das
Verbraucherkreditgesetz wolle Personen wie den Beklagten, der sich als
alleinvertretungsberechtigter Gesellschafter einer GmbH mit einem
beträchtlichen Umsatz am Wirtschaftsleben beteiligt und die persönliche
Mithaftung im Rahmen dieser wirtschaftlichen Betätigung übernommen habe,
nicht schützen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum
Verbraucherkreditgesetz seien Kaufleute, Handwerker, Landwirte und
Angehörige der freien Berufe, die einen Kredit für ihre Gewerbs- oder
Berufstätigkeit aufnehmen, aus dem Schutzbereich des Gesetzes ausgenommen.
Bei der gebotenen wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung müsse der Beklagte zur
Vermeidung untragbarer Wertungswidersprüche diesen Personen gleichgesetzt
werden. Er sei zwar kein Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches gewesen,
aber faktisch wie ein solcher tätig geworden. Auch nach seiner Ausbildung
und Berufserfahrung bestehe kein wesentlicher Unterschied zu einem echten
Kaufmann.
Für diese Betrachtungsweise spreche außerdem die frühere Organstellung des
Beklagten. Mit der Aufnahme des Förderdarlehens habe er eine
unternehmerische Entscheidung im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit der GmbH
getroffen. Auch seine nach den Darlehensvertragsbedingungen vorgesehene
Mithaftungsübernahme stelle sich als unternehmerisches Handeln dar. Der
Beklagte sei daher nicht als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB anzusehen.
Davon abgesehen finde das Verbraucherkreditgesetz auch deshalb keine
Anwendung, weil die Klägerin gegenüber der GmbH - und damit auch dem
Beklagten - nicht als "Kreditgeber" gemäß § 1 VerbrKrG aufgetreten sei. Die
Klägerin sei nicht in ihrer Eigenschaft als Bank tätig geworden, sondern
durch ihr organisatorisch verselbständigtes Landesförderungsinstitut. Das
Land Mecklenburg-Vorpommern entscheide allein über die Bewilligung
staatlicher Fördermittel. Rechtlich und wirtschaftlich handele es sich daher
um ein Darlehen des Landes Mecklenburg-Vorpommern, welches von der Klägerin
bzw. ihrem Landesförderungsinstitut lediglich "verwaltet" worden sei.
II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die
Mithaftungsübernahmevereinbarung der Prozessparteien ist wegen Verstoßes
gegen § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b und e VerbrKrG nichtig (§ 6 Abs. 1 VerbrKrG)
und sichert daher nicht die Darlehensrückzahlungsforderung der Klägerin.
1. Der Schuldbeitritt ist seinem Wesen nach zwar selbst kein Kreditvertrag
im Sinne des § 1 Abs. 2 VerbrKrG. Er ist aber nach der gefestigten
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 133,
71, 74 f.; 133, 220, 222 f.; 155, 240,
243; Senatsurteile vom 28. Januar 1997 - XI ZR 251/95, WM 1997, 663, 664 und
vom 27. Juni 2000 - XI ZR 322/98, WM 2000, 1799
m.w.Nachw.) einem Kreditvertrag bei wertender Betrachtung
gleichzustellen, wenn es sich bei dem Vertrag, zu dem der Beitritt erklärt
wird, wie hier um einen Kreditvertrag handelt. An die Formwirksamkeit des
Schuldbeitritts sind deshalb dieselben strengen Anforderungen zu stellen wie
an den Kreditvertrag selbst. Dies gilt im besonderen Maße für das
Schriftformerfordernis und die Mindestangaben des § 4 Abs. 1 VerbrKrG, die
Informations- und Warnfunktion für den Verbraucher haben und ihm überdies
die Entscheidung über die Ausübung des Widerrufsrechts erleichtern sollen
(vgl. BGHZ 142, 23, 33). Dem Beitretenden müssen daher bei Abgabe der
Mithaftungserklärung die wesentlichen Kreditkonditionen im Sinne des § 4
Abs. 1 Satz 4 VerbrKrG - einschließlich der sich aus ihnen ergebenden
Gesamtbelastung - klar und deutlich vor Augen geführt werden, damit er wie
der Hauptschuldner rechtzeitig und zuverlässig erkennen kann, auf was er
sich einlässt (Senatsurteile vom 27. Juni 2000, aaO
und 24. Juni 2003, BGHZ 155, 240, 243 f.).
2. Der Beklagte ist in Bezug auf die persönliche Mithaftungsübernahme
nicht wie ein Kaufmann, Unternehmer, Gewerbetreibender oder Freiberufler zu
behandeln, sondern als Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 VerbrKrG. Die
gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts entspricht nicht der Gesetzeslage
und vermag eine richterliche Rechtsfortbildung nicht zu rechtfertigen.
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes findet das
Verbraucherkreditgesetz auch in den Fällen Anwendung, in denen der Kredit
einer GmbH gewährt wird und der der Gesellschaftsschuld Beitretende deren
geschäftsführender Gesellschafter ist. Dies gilt nicht nur dann, wenn der
Beitretende Mehrheitsgesellschafter und Alleingeschäftsführer (vgl.
BGHZ 133, 71, 77, 78) oder Hauptgesellschafter
und Mitgeschäftsführer der kreditnehmenden Hauptschuldnerin ist (vgl. BGHZ
133, 220, 223), sondern auch dann, wenn es sich bei ihm um den
geschäftsführenden Alleingesellschafter handelt (vgl. BGHZ 144, 370, 380
und Senatsurteil vom 25. Februar 1997 - XI ZR 49/96, WM 1997, 710 jeweils
m.w.Nachw.). An dieser in der Literatur (MünchKommBGB/ Ulmer, 4.
Aufl. § 491 Rdn. 41; Kurz NJW 1997, 1828 f.; Wackenbarth DB 1998, 1950, 1951
ff.; Canaris AcP 200 (2000), 273, 355, 359; Hänlein DB 2001, 1185, 1187;
Dauner-Lieb/Dötsch DB 2003, 1666, 1667 f.; siehe auch Bungeroth, in:
Festschrift für Schimansky S. 279 ff.) zum Teil auf Kritik gestoßenen
Ansicht hält der erkennende Senat auch unter Berücksichtigung der Erwägungen
des Berufungsgerichts fest.
aa) Der Geschäftsführer einer werbenden GmbH ist weder Kaufmann im Sinne
der §§ 1 ff. HGB noch Unternehmer gemäß § 14 BGB (BGH,
Urteil vom 15. Juli 2004 - III ZR 315/03, ZIP 2004, 1647, 1648 f.: für
den Geschäftsführer einer deutschen GmbH bzw. einer französischen S.A.R.L.).
Nur die GmbH selbst ist nach § 13 Abs. 3 GmbHG, § 6 Abs. 1 HGB Kaufmann.
Daran ändert auch der Besitz aller oder einiger GmbH-Anteile durch den
Geschäftsführer nichts, weil die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft
zur reinen Vermögensverwaltung zählt. Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes stellt die Übernahme einer Bürgschaft durch den
Geschäftsführer/Gesellschafter einer GmbH für deren Verbindlichkeiten daher
kein Handelsgeschäft im Sinne des § 350 HGB dar (BGHZ 121, 224, 228; 132,
119, 122 m.w.Nachw.; zustimmend u.a. Heymann/Horn, HGB § 350 Rdn. 5; Oetker,
Handelsrecht 4. Aufl. § 7 III Rdn. 57; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg, HGB
§ 350 Rdn. 12; vgl. auch Koller/Roth/Morck, HGB 5. Aufl. § 350 Rdn. 5).
bb) Wie die vorgenannten Kritiker der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist
zwar auch ein Teil der handelsrechtlichen Literatur (MünchKommHGB/Karsten
Schmidt, § 350 Rdn. 10; ders. ZIP 1986, 1510, 1515; vgl. auch P. Bydlinski,
Die Bürgschaft im österreichischen und deutschen Handels-, Gesellschafts-
und Wertpapierrecht, 1991, S. 31 f.) der Ansicht, dass
Geschäftsführer/Gesellschafter einer GmbH oder jedenfalls Allein- bzw.
Mehrheitsgesellschafter mit Geschäftsführungsbefugnis (Canaris, Handelsrecht
23. Aufl. § 26 Rdn. 13; Münch-KommBGB/Habersack, 4. Aufl. § 766 Rdn. 3; vgl.
auch Koller/Roth/Morck aaO: für geschäftsführende Alleingesellschafter)
bei wertender Betrachtung wie echte Kaufleute nicht vor den Gefahren einer
im Auftrag der kreditsuchenden Gesellschaft übernommenen Bürgschaft oder
eines Schuldversprechens bzw. Schuldanerkenntnisses gewarnt werden müssen.
Damit werden aber nicht nur die Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung
überschritten, sondern auch zu geringe Anforderungen an eine
Gleichbehandlung des Geschäftsführers/Gesellschafters einer GmbH mit einem
Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches gestellt.
(1) Richtig ist allerdings, dass zumindest geschäftsführende
Alleingesellschafter das von der GmbH betriebene Unternehmen regelmäßig
genauso beherrschen und leiten wie ein Kaufmann sein Handelsgeschäft. Ebenso
ist nicht zu bestreiten, dass sich die Geschäftsführertätigkeit als solche
an kaufmännischen Gepflogenheiten orientiert und der Rechtsverkehr insoweit
im Allgemeinen nicht zwischen dem Geschäftsführer einer GmbH und einem
Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches unterscheidet. Für einen Kaufmann
ist nach der Wertung der §§ 1 ff. HGB aber auch charakteristisch, dass er
für die unter seiner Geschäftsleitung begründeten Betriebsschulden
persönlich mit seinem ganzen Privatvermögen haftet (Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg
aaO). Dies ist mit ein Grund dafür, dass das Gesetz den Kaufleuten bei
bestimmten Handelsgeschäften mit Nichtkaufleuten rechtliche Vorteile
einräumt. Gemäß § 13 GmbHG gilt das Prinzip von Unternehmensleitung und
persönlicher Haftung aber nicht einmal für geschäftsführende
Alleingesellschafter einer GmbH. Selbst sie können daher den Kaufmannsstatus
nicht erlangen. Folgerichtig dürfen sie auch nicht mit den bei
Handelsgeschäften bestehenden Besonderheiten wie etwa bei der kaufmännischen
Bürgschaft oder dem kaufmännischen Schuldversprechen bzw. Schuldanerkenntnis
gemäß § 350 HGB belastet werden (Ebenroth/ Boujong/Joost/Hakenberg aaO).
Überdies ist fraglich, ab welcher Beteiligungsquote ein Gesellschafter die
Gesellschaft gewöhnlich so beherrscht, dass er nach der allgemeinen
Verkehrsanschauung mit einem Einzelunternehmer verglichen werden kann, zumal
- wie der vorliegende Streitfall zeigt - bei einer Familien-GmbH insoweit
besondere Regeln zu beachten sein könnten.
(2) Davon abgesehen liegt entgegen der Ansicht der Kritiker der
höchstrichterlichen Rechtsprechung auch keine Gesetzeslücke vor, die im Wege
richterlicher Rechtsfortbildung geschlossen werden könnte. Zwar mag es
im Laufe der Zeit zu einer Ausbreitung der Handelsgesellschaften gekommen
sein, während der Einzelkaufmann immer mehr an Bedeutung verloren hat (vgl.
MünchKommHGB/Karsten Schmidt aaO). Dies bedeutet aber nicht, dass das vom
Gesetzgeber für den Erwerb des Kaufmannsstatus entwickelte Konzept durch
eine Veränderung der Wirtschaftswirklichkeit lückenhaft und reformbedürftig
geworden ist. Die Handelsrechtsreform von 1998 hat an der bestehenden
Rechtslage nichts geändert. Auch haben Überlegungen,
Geschäftsführer/Gesellschafter einer GmbH generell oder unter bestimmten
Voraussetzungen künftig zu den Kaufleuten oder Unternehmern zu zählen, im
Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung keine Rolle gespielt (vgl. §§ 13, 14
BGB).
(3) Auch die vom Berufungsgericht zur Begründung seiner gegenteiligen
Ansicht angeführten Gesichtspunkte wie ein "beträchtlicher Umsatz" der
seinerzeit vom Beklagten allein geleiteten GmbH und/oder seine "ersichtlich
vorhandenen Erfahrungen in geschäftlichen Dingen", vermögen eine
Rechtsfortbildung nicht zu rechtfertigen. Denn abgesehen davon, dass die
Umsatz- bzw. Ertragslage einer GmbH im Regelfall keine zuverlässigen
Schlüsse auf die beruflichen Erfahrungen und/oder Kenntnisse des einzelnen
Geschäftsführers zulässt, ist selbst eine noch so große geschäftliche
Erfahrung für sich genommen kein den Kaufmannsstatus begründendes Element.
Dies zeigt sich auch deutlich daran, dass andernfalls nicht nur
berufserfahrene Fremdgeschäftsführer einer GmbH (dagegen aber ausdrücklich
MünchKomm/Karsten Schmidt aaO; MünchKommBGB/Ulmer aaO) und Prokuristen oder
vergleichbare Berufsgruppen in die Rechtsfortbildung einbezogen werden
müssten, sondern das Merkmal der "Geschäftserfahrung" sogar bei
Privatgeschäften eines Kaufmanns haftungsverschärfend (vgl. Koller/Roth/Morck
aaO § 1 Rdn. 19) wirken müsste.
Ebenso ist unerheblich, welche Motive der Bürgschafts- oder
Mithaftungserklärung des geschäftsführenden Gesellschafters der
kreditnehmenden GmbH zugrunde liegen. Denn auch wenn der Beklagte mit der
Übernahme der persönlichen Haftung für die Rückzahlung des Förderdarlehens
den Fortbestand des Familienunternehmens und damit auch seine eigene
wirtschaftliche Existenzgrundlage dauerhaft sichern wollte, so ändert dies
nichts daran, dass er insoweit nicht als Geschäftsführungsorgan der GmbH
sondern als Privatmann gehandelt hat.
cc) Aus der Entstehungsgeschichte des Verbraucherkreditgesetzes ergibt sich
nichts anderes. Nichts spricht dafür, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung
des Verbraucherkreditgesetzes von den Vorgaben des Handelsgesetzbuches
abweichen und Geschäftsführer/Gesellschafter einer GmbH zu den
kaufmannsähnlichen Personen (Gewerbetreibende oder Freiberufler) zählen
wollte. Vielmehr soll nach seinem eindeutigen Willen das
Verbraucherkreditgesetz in Zweifelsfällen Anwendung finden und seine
Schutzwirkung uneingeschränkt entfalten (BGHZ 133,
71, 78). Dabei hat es der Gesetzgeber bei der Übernahme des
Verbraucherkreditgesetzes in das Bürgerliche Gesetzbuch im Rahmen der
Schuldrechtsmodernisierung in Kenntnis der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs, dass ein Schuldbeitritt eines geschäftsführenden
GmbH-Gesellschafters die Mindestangaben des § 4 Abs. 1 VerbrKrG erfordert,
belassen.
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts führt die ständige
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch nicht zu untragbaren
Ergebnissen. Zwar würde der Geschäftsführer einer GmbH, der als Alleinoder
Mehrheitsgesellschafter die Geschäftspolitik des in kaufmännischer Weise
eingerichteten Betriebes bestimmt, nicht unzumutbar belastet, wenn er in den
vorliegenden Fällen nicht mehr in den Schutzbereich des
Verbraucherkreditgesetzes fiele. Dabei handelt es sich aber um eine Erwägung
de lege ferenda (vgl. Bungeroth, aaO S. 285 ff.). Das geltende Recht hat
auch nicht zu Missständen in einem Ausmaß geführt, das eine Korrektur
besonders dringlich erscheinen ließe. Dem steht schon entgegen, dass es für
die Bank problemlos möglich ist, durch Einhaltung der entsprechenden
Formvorschriften eine wirksame Verpflichtung des Geschäftsführers bei der
Übernahme einer Personalsicherheit für die kreditsuchende GmbH zu begründen.
Dies hat die Klägerin hier versäumt, obwohl ihr bei Hereinnahme der
Schuldbeitrittserklärung vom 27. September 1997 bekannt sein musste, dass
eine solche Erklärung eines geschäftsführenden GmbH-Gesellschafters nach
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 5. Juni 1996 (BGHZ 133, 71, 76 ff.
= NJW 1996, 2156), vom 10. Juli 1996 (BGHZ 133, 220, 224 = NJW 1996, 2865)
und vom 25. Februar 1997 (XI ZR 49/96, NJW 1997, 1443, 1444) dem § 4 Abs. 1
VerbrKrG unterliegt.
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist nicht das Land
Mecklenburg-Vorpommern, sondern die Klägerin Kreditgeberin (§ 1 Abs. 1
VerbrKrG).
a) Nach dem Schutzzweck des Verbraucherkreditgesetzes und dem Grundsatz der
Rechtssicherheit kommt es für die Frage, wer der Vertragspartner des
Verbrauchers ist, entscheidend auf dessen verständige Sicht zum Zeitpunkt
des Vertragsschlusses an. Bei der Gewährung staatlich geförderter Darlehen
unter Einschaltung eines privaten Kreditinstituts als Hausbank des
Kreditnehmers ist insoweit der letzte Akt der Kreditvergabe entscheidend,
auch wenn die Bank auf fremde Rechnung handelt, also nur durchleitende
Funktion hat (vgl. Senat BGHZ 155, 240, 247). Gleiches gilt, wenn ein
öffentlich-rechtliches Kreditinstitut wie die Klägerin Förderdarlehen im
eigenen Namen vergibt. Dass die Klägerin dabei durch ihr organisatorisch
verselbständigtes Landesförderinstitut im Innenverhältnis im Auftrag des
Landes Mecklenburg-Vorpommern handelte und an dessen Weisungen gebunden war,
ist ohne Bedeutung. Da die Klägerin die Darlehensvergabe durchgeführt hat,
ist sie Kreditgeberin im Sinne des § 1 Abs. 1 VerbrKrG.
b) Aus der Spezialregelung des § 3 Abs. 1 Nr. 5 VerbrKrG (§ 491 Abs. 2 Nr. 3
BGB n.F.) ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine
andere rechtliche Beurteilung. Der Umstand, dass die Kreditvergabe durch die
öffentliche Hand nach dieser Vorschrift unter bestimmten Voraussetzungen
ausnahmsweise nicht den Regelungen des Verbraucherkreditgesetzes unterliegt,
zeigt vielmehr, dass dieses ansonsten auch bei Abschluss eines
Darlehensvertrages mit der öffentlichen Hand selbst Anwendung findet.
4. Die Mithaftungsübernahme des Beklagten genügt nicht den Anforderungen des
Verbraucherkreditgesetzes und ist daher wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1
Satz 4 Nr. 1 b und e VerbrKrG i.V. mit § 6 Abs. 1 VerbrKrG nichtig. Dass die
Kreditsumme entsprechend der darlehensvertraglichen Vereinbarung an die GmbH
ausgezahlt worden ist, vermag eine Heilung des Formmangels - wie auch das
Berufungsgericht nicht verkannt hat - nach dem Schutzzweck des § 6 Abs. 2
Satz 1 VerbrKrG nicht herbeizuführen (Senatsurteil BGHZ 134, 94, 98 f.; BGH,
Urteil vom 30. Juli 1997 - VIII ZR 244/96, WM 1997, 2000, 2001).
III. Die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch
nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Dem Beklagten ist es
nicht nach dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB)
verwehrt, sich gegenüber der Klägerin auf die Nichtigkeit der
Mithaftungsabrede zu berufen.
Ein Mangel der durch Gesetz vorgeschriebenen Form kann nur unter
besonderen Umständen und Verhältnissen wegen unzulässiger Rechtsausübung
unbeachtlich sein. Ein solcher Ausnahmefall liegt nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofes in aller Regel vor, wenn eine Partei sich unter
Berufung auf den Formmangel ihrer vertraglichen Verpflichtung entziehen
will, obwohl sie längere Zeit aus dem nichtigen Vertrag geldwerte Vorteile
im beträchtlichen Umfang gezogen hat. Zwar kommt dabei grundsätzlich
auch ein bloßer mittelbarer Vorteil, den ein Gesellschafter durch eine
rechtsgrundlose Leistung an die Gesellschaft erlangt hat, als
Anknüpfungspunkt für ein treuwidriges Verhalten in Betracht (BGHZ 121, 224,
233 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Juli 1997 - VIII ZR 244/96, WM 1997,
2000, 2001). Dafür, dass der Beklagte von dem Förderdarlehen als
ehemaliger Geschäftsführer/Gesellschafter der Hauptschuldnerin in einem
Ausmaß persönlich profitiert hat, das seine Zahlungsverweigerung als
widersprüchliches und damit treuwidriges Verhalten erscheinen lässt, ist
aber in den Tatsacheninstanzen nichts vorgetragen.
IV. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der
Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die landgerichtliche
Entscheidung wiederherstellen. |