Anfechtung
wegen arglistiger Täuschung: Vorhandensein von Täuschungswillen; Irrelevanz
des Mitverschuldens des Getäuschten; keine schadensersatzrechtliche
Vertragsaufhebung wegen fahrlässiger Täuschung aus culpa in contrahendo
(§§ 280 I, 241 II, 311 II, 249 BGB) bei überwiegendem Mitverschulden des
Getäuschten
BGH, Urt. v.
22. Februar 2005 - X ZR 123/03
Fundstelle:
NJW-RR 2005, 1082
Leitsatz:
Zur Anfechtung wegen Arglist, wenn das
zugesandte Angebotsschreiben zur Irreführung geeignete Angaben hinsichtlich
der Entgeltlichkeit und der Laufzeit des abzuschließenden Vertrags enthält.
Zentrale Probleme:
Die Entscheidung behandelt grundsätzliche
Fragen der Anfechtung nach § 123 BGB. Da der Senat hier keinen Rechtsfehler
darin erkennen kann, daß das Berufungsgericht Arglist verneint hat (was man
hier auch anders hätte sehen können, aber als Tatfrage insoweit keiner
weiteren revisionsrechtlichen Kontrolle unterlag), war noch die
Vertragsaufhebung aus culpa in contrahendo zu erörtern (s. dazu die
Anm. zu BGH NJW 1998,
302 sowie BGH
NJW 1998, 898 und BGH NJW 2002, 2774). Diese
verneint der BGH wegen eines überwiegenden Mitverschuldens, das anders als
bei vorsätzlicher Täuschung (s. dazu unter dem Aspekt der c.i.c. auch
die Anm. zu BGH NJW 2002, 1335). Naheliegend
ist hier freilich auch noch eine - in der Entscheidung nicht erörterte -
Anfechtung wegen Inhaltsirrtums (§ 119 I BGB), weil die Klägerin ja dachte,
einen unentgeltlichen Verzeichniseintrag zu bestellen. Die Anfechtung nach §
119 I BGB dürfte aber im vorliegenden Fall daran scheitern, daß die
Anfechtungsfrist (§ 121 BGB: unverzüglich) anders als diejenige der
Täuschungsanfechtung (§ 124 BGB: 1 Jahr ab Entdeckung der Täuschung, maximal
10 Jahre) bereits verstrichen war, als der Kläger die Anfechtung erklärte.
Wohl deshalb ist sie in der Entscheidung nicht erörtert (ob § 119 I BGB von
den Revisionsklägern gerügt wurde, wäre unbeachtlich, denn nach § 557 III
ZPO werdedn nicht nur die gerügten Rechtsfehler berücksichtigt).
©sl 2005
Tatbestand:
Die Klägerin ist ein Unternehmen, das Veranstaltungen der
Unterhaltungsbranche organisiert und mit Technik ausstattet. Die Beklagte
unterhält im Internet ein Firmenverzeichnis, in das sich interessierte
Unternehmen eintragen lassen können.
Unter dem 7. März 2001 übersandte die Beklagte unter anderem der Klägerin
ein mit "Online Verlag" und "Offerte" überschriebenes und als
"Eintragungsantrag und Korrekturabzug" bezeichnetes Angebot "zur Aufnahme in
unser bundesdeutsches Online-Firmenverzeichnis im Internet". In dem
Schreiben hieß es dann weiter: "Bitte wählen Sie aus unserem Angebot die von
Ihnen gewünschte Eintragungsform und senden Sie uns den Eintragungsauftrag
bis spätestens 30.04.2001 zurück." Als Eintragungsformen konnten ein
Grundeintrag, ein hervorgehobener Eintrag, ein hervorgehobener Eintrag mit
Firmenlogo und ein zusätzlicher Verweis auf die Internet-Homepage angekreuzt
werden. Während bei den anderen ankreuzbaren Einträgen ein Betrag als
Aufpreis angegeben war, war der Preis für den Grundeintrag nur
anschließenden, kleiner gedruckten Hinweisen zu entnehmen, wo es u.a. hieß:
"Die Richtigkeit der oben aufgeführten Firmendaten sowie die Aufnahme in das
Firmenverzeichnis zum Preis von jährlich 845,-€ netto für den Grundeintrag
wird durch Unterschrift bestätigt." Auf der Rückseite des Schreibens waren
die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten abgedruckt. Unter der mit
"Eintragungszeitraum" überschriebenen Nr. 2 hieß es: "Die Laufzeit des
Vertrages beträgt zwei Jahre."
Die Klägerin sandte das Schreiben mit Unterschriften vom 30. April 2001 und
ihrem Firmenstempel versehen an die Beklagte zurück, nachdem sie den
Grundeintrag an der dafür vorgesehenen Stelle angekreuzt und ihr Unternehmen
betreffende Angaben ergänzt hatte, die bisher gefehlt hatten oder falsch
angegeben waren. Die Beklagte berechnete das Entgelt für einen einjährigen
Grundeintrag und mahnte die sich ergebende Summe von 1.917,11 DM später bei
der Klägerin an. Hierauf zahlte die Klägerin.
Mit Schreiben vom 18. September 2001 focht die Klägerin den Vertrag mit der
Beklagten wegen arglistiger Täuschung an. Hierzu behauptet sie, sie sei
aufgrund der Gestaltung des Anschreibens davon ausgegangen, daß es sich um
ein Formular eines Telefonbuchverlags handele, der sich nach Mitteilung der
Telekom mit ihr in Verbindung setzen würde, weil sie ihre Telefonnummer bei
der Telekom gewechselt habe. Bei Ankreuzen des "Grundeintrags" und
Unterzeichnung des Schreibens habe sie gemeint, eine kostenlose Leistung zu
erhalten. Außerdem sei sie über die Laufzeit des Vertrags getäuscht worden.
Erst nach Erhalt der Rechnung und der darauf folgenden Mahnung habe sie
erkannt, daß sie einen entgeltlichen Vertrag über zwei Jahre geschlossen
habe. Den angemahnten Betrag habe sie bezahlt, um einer gerichtlichen
Auseinandersetzung aus dem Wege zu gehen. Erst danach habe sie Rechtsrat
eingeholt.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags
vom 30. April 2001 sowie Rückzahlung des berechneten Betrags nebst Zinsen
begehrt.
Das angerufene Amtsgericht hat diese Klage abgewiesen. Die von der Klägerin
hiergegen eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben.
Die Klägerin verfolgt nunmehr mit der Revision ihr Klagebegehren weiter.
Die Beklagte tritt diesem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die zugelassene und auch sonst zulässige Revision der Klägerin bleibt in der
Sache ohne Erfolg.
1. Das Landgericht hat eine arglistige Täuschung der Klägerin durch die
Beklagte verneint, weil das von der Beklagten verwendete Angebotsschreiben
alle für die Entschließung des Angebotsempfängers maßgeblichen Angaben
enthalte und diese bei einem Studium des Schriftstücks mit der gebotenen
Aufmerksamkeit hätten erkannt werden können. Das bekämpft die Revision
vergeblich.
a) § 123 Abs. 1 BGB erlaubt die Anfechtung einer Willenserklärung, wenn
der Betreffende zu deren Abgabe durch arglistige Täuschung bestimmt worden
ist. Das setzt voraus, daß er sich bei Abgabe seiner Willenserklärung über
einen Umstand geirrt hat, weil ein anderer eine Täuschungshandlung begangen
hat, sowie daß der Irrtum den Entschluß zur Abgabe der Willenserklärung
veranlaßt hat, wobei es ausreicht, wenn die Täuschungshandlung eine von
mehreren Ursachen ist und die Entschließung lediglich beeinflußt hat (BGHZ
83, 283, 291 - Hartmetallkopfbohrer; RGZ 77, 309, 314). Die
Täuschungshandlung kann in Angaben bestehen, die Tatsachen vorspiegeln,
entstellen oder - bei Bestehen einer Aufklärungspflicht - verschweigen
(vgl. Sen.Urt. v. 18.03.2003 - X ZR 19/01, GRUR 2003, 702, 703 -
Gehäusekonstruktion). Sofern sie nur geeignet ist, den entstandenen
Irrtum hervorzurufen und hierdurch den Entschluß zur Abgabe der
Willenserklärung zu beeinflussen, kommt als Täuschungshandlung aber auch
jede andere Handlung in Betracht, wenn der Handelnde sich der Eignung bewußt
ist (BGH, Urt. v. 28.11.1984 - IV ZR 81/83, VersR 1985, 156) oder
jedenfalls mit der Möglichkeit rechnet, der Gegner werde bei Kenntnis die
Willenserklärung nicht oder nicht mit dem gewünschten Inhalt abgeben (BGHZ
83, 283, 291 - Hartmetallkopfbohrer, m.w.N.), und er gleichwohl die
Handlung mit dem Willen vornimmt, den Irrtum hervorzurufen und den Gegner
zur Abgabe der Willenserklärung zu veranlassen. Denn dann ist der - bereits
bei bedingtem Vorsatz gegebene - Täuschungswille vorhanden, der die Arglist
im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB kennzeichnet (vgl. Sen.Urt. v. 03.02.1998
- X ZR 18/96, GRUR 1998, 650, 651 - Krankenhausmüllentsorgungsanlage).
b) Was die hiernach erforderlichen Voraussetzungen anbelangt, ist im
Streitfall der revisionsrechtlichen Überprüfung zunächst zugunsten der
Klägerin zugrunde zu legen, daß sie dem Irrtum erlegen ist, kein Angebot
zu einem entgeltlichen Vertrag über eine Laufzeit von zwei Jahren erhalten
zu haben und mit der Unterzeichnung der "Offerte" keine
Zahlungsverpflichtung und keine Bindung über zwei Jahre einzugehen. Denn
das Berufungsgericht hat weder das Gegenteil festgestellt, noch die
entsprechende Behauptung der Klägerin als nicht bewiesen angesehen.
c) Ferner hat der Senat davon auszugehen, daß das Anschreiben der Beklagten
geeignet war, diesen Irrtum bei der Klägerin hervorzurufen und hierdurch
deren Entschließung zur Unterzeichnung des Angebots zu beeinflussen. Denn
das Berufungsgericht hat nicht nur darauf hingewiesen, nicht zu verkennen,
daß die "Offerte" durch ihre Gestaltung erhebliches Irreführungspotential
enthalte; es hat auch seinen weiteren Überlegungen zugrunde gelegt, daß ein
unaufmerksamer Leser, wie es die Klägerin gewesen sei, Gefahr laufe, im
Hinblick auf die Entgeltlichkeit des Grundeintrags und die Laufzeit des
Vertragsverhältnisses einem Irrtum zu unterliegen. Die hiermit vom
Berufungsgericht angenommene Eignung, jedenfalls bestimmte Adressaten, zu
denen auch die Klägerin gehört, zu täuschen und auf diese Weise zu
beeinflussen, reicht aus, weil das Anfechtungsrecht nach § 123 Abs. 1 BGB
nicht ausgeschlossen ist, wenn der dem Irrtum Unterlegene die wahre Sachlage
aus Fahrlässigkeit nicht kannte (st. Rspr., z.B. BGH, Urt. v. 28.04.1971
- VIII ZR 258/69, NJW 1971, 1795, 1798 m.w.N.; Urt. v. 28.09.1988 - VIII ZR
160/87, NJW 1989, 287, 288). Bedenken, die erforderliche Eignung der
weiteren revisionsrechtlichen Überprüfung des angefochtenen Urteils zugrunde
zu legen, bestehen auch nicht deshalb, weil das Berufungsgericht seine
Annahme einer zur Irreführung und zur Beeinflussung geeigneten Handlung
nicht weiter als soeben angegeben begründet hat. Denn Gegenrügen sind
insoweit seitens der Beklagten nicht erhoben. In der Revisionserwiderung
spricht diese vielmehr selbst davon, daß ihr Anschreiben Darstellungsmängel
enthalte.
d) Schließlich ist ohne weiteres davon auszugehen, daß der Irrtum der
Klägerin auf dem Anschreiben der Beklagten und dessen Irreführungseignung
beruht und hierin eine Ursache für den Entschluß der Klägerin liegt, das
Schreiben zu unterzeichnen und zurückzuschicken. Der Hinweis des
Berufungsgerichts, der Irrtum der Klägerin beruhe nicht auf der "Offerte",
sondern auf einer Unaufmerksamkeit der Klägerin, die der in eigener
Angelegenheit anzuwendenden Sorgfalt zuwiderlaufe, kann das nicht in Frage
stellen. Er besagt lediglich, daß auch die Klägerin ihrerseits eine Ursache
für ihren Irrtum gesetzt hat. Das schließt - wie die Revision zu Recht
ausführt - eine arglistige Täuschung jedoch nicht aus. Da es Ziel des § 123
Abs. 1 BGB ist, daß einem auf Täuschungswillen beruhenden Verhalten begegnet
werden kann, muß vielmehr auch der anfechten können, der dem Täuschenden die
Irreführung leicht gemacht hat (vgl. BGH, aaO).
e) Die Beantwortung der Frage, ob die Klägerin ein Anfechtungsrecht nach §
123 Abs. 1 BGB hat, hängt mithin davon ab, ob die Beklagte die "Offerte" in
dem Bewußtsein, daß sie sich in der geschehenen Weise zur Irreführung und
Beeinflussung eignet, und mit dem Willen, den Adressaten zu täuschen, der
Klägerin zugesandt hat. Da es hierbei ausschließlich um Gegebenheiten geht,
die zum subjektiven Bereich menschlichen Handelns gehören, sind diese
Voraussetzungen regelmäßig dem unmittelbaren Beweis nicht zugänglich. Auf
das Wissen und Wollen des Anfechtungsgegners muß vielmehr in aller Regel aus
den objektiv feststellbaren Umständen des jeweiligen Falls geschlossen
werden (vgl. Sen.Urt. v. 15.01.1985 - X ZR 16/83, WM 1985, 673).
(1) In Fällen, in denen - wie hier - eine Täuschung durch ein Anschreiben in
Frage steht, bietet vor allem dessen Inhalt und Aufmachung Anhaltspunkte.
Enthält das Schreiben objektiv unrichtige Angaben, wird insoweit regelmäßig
bereits hieraus auf den erforderlichen subjektiven Tatbestand geschlossen
werden können (Sen.Urt. v. 03.02.1998 - X ZR 18/96, GRUR 1998, 650, 651 -
Krankenhausmüllentsorgungsanlage). Bei Aufmachung eines Angebotsschreibens
in Art einer Rechnung (typische Rechnungsmerkmale; Angabe einer
Zahlungsfrist), bei dem kleingedruckte Hinweise auf den Angebotscharakter
völlig in den Hintergrund treten, hat die Rechtsprechung das ebenfalls
angenommen (BGHSt 47, 1; OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 2002, 47; AG Bückeburg
Mitt. 2004, 326; vgl. aber auch LG Frankfurt/Main NStZ-RR 2000, 7). Der
Schluß auf den erforderlichen Täuschungswillen wird ferner dann häufig
möglich sein, wenn erkennbar für den Adressaten wichtige Umstände
verschwiegen sind, obwohl eine Offenbarungspflicht besteht.
Keiner dieser Sachverhalte ist hier jedoch zu beurteilen. Das
Berufungsgericht hat hinsichtlich des Anschreibens der Beklagten, das
angesichts seiner einleitenden Bezeichnung "Offerte" und der weiteren
Angabe, man möge aus einem Angebot auswählen, den Angebotscharakter nicht
verbirgt, festgestellt, daß es alle für die Entschließung des
Angebotsempfängers maßgeblichen Angaben enthält. Auch die Revision zieht
nicht in Zweifel, daß sämtliche Umstände, über welche die Klägerin sich nach
ihrer Behauptung geirrt hat, vollständig und richtig angegeben sind.
(2) Damit rückt vor allem in den Blickpunkt die Frage, ob aus der Art und
Weise, wie diese Umstände in dem Anschreiben dargestellt sind, auf den
erforderlichen Täuschungswillen der Beklagten geschlossen werden kann. Deren
Beantwortung ist jedoch entgegen der der Revision zugrundeliegenden Meinung
in keiner Hinsicht vorgegeben. Insbesondere kann ein Täuschungswille nicht
schon deshalb ohne weiteres angenommen werden, weil die Darstellung zur
Irreführung geeignet ist. So kann eine irreführende Darstellung
beispielsweise auch auf einem bloß ungeschickten Vorgehen bei der
Formulierung beruhen, das allein nicht Ausdruck einer arglistigen Täuschung
ist (Sen.Urt. v. 03.02.1998 - X ZR 18/96, GRUR 1998, 650, 651 -
Krankenhausmüllentsorgungsanlage). Bei lediglich irreführender Darstellung
wird es deshalb vor allem darauf ankommen, wie stark die maßgeblichen Punkte
verzerrt oder entstellt wiedergegeben sind und ob vom Absender wegen des
Grades der Verzerrung oder Entstellung hätte erwartet werden können, daß
Adressaten die wahren Umstände nicht richtig oder nicht vollständig erkennen
können. Bejahendenfalls wird eher darauf geschlossen werden können, daß das
Schreiben tatsächlich in der Erwartung, daß die Adressaten sich irren, und
in dem Bewußtsein und mit dem Willen zu täuschen, abgesandt wurde, als wenn
das Schreiben nur eine geringe Irreführungsgefahr in sich birgt.
(3) Die hiernach erforderliche Abwägung im Einzelfall ist Sache des
Tatrichters. Das Berufungsgericht hat sie im Streitfall ersichtlich dahin
getroffen, daß die von ihm angenommene Irreführungsgefahr nicht von solchem
Gewicht sei, daß auf eine arglistige Täuschung geschlossen werden könne oder
gar müsse. Denn das Berufungsgericht hat, und zwar entgegen der auf § 547
Nr. 6 ZPO gestützten Rüge der Revision sowohl hinsichtlich der
Entgeltlichkeit als auch hinsichtlich der Laufzeit des angebotenen Vertrags,
schon eine Entstellung von Tatsachen verneint angesichts des Umstands, daß
das Anschreiben der Beklagten den kaufmännischen Verkehr betreffe, der
beinhalte, sich vor rechtsverbindlicher Unterzeichnung eines Schriftstücks
erschöpfend - auch was das sogenannte Kleingedruckte anbelange -
vergewissert zu haben, welche Wirkungen hierdurch hervorgerufen werden.
(4) Als tatrichterliche Würdigung ist die solchermaßen begründete Verneinung
des erforderlichen Täuschungswillens bei der Beklagten nur daraufhin zu
überprüfen, ob sie vollständig und rechtlich möglich sowie nicht gegen
Denk-, Natur- oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., z.B. BGH, Urt. v.
11.02.1987 - IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558), wenn der Revisionsführer
insoweit Mängel rügt (§§ 551 Abs. 3 Nr. 2 b, 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Einen
solchen Rechtsfehler zeigt die Revision jedoch nicht auf. Die
Schlußfolgerung des Berufungsgerichts liegt vielmehr im Rahmen der dem
Tatrichter nach § 286 ZPO übertragenen Bewertung und Tatsachenfeststellung.
Denn daß für den Grundeintrag der in den nachfolgenden Hinweisen genannte
Preis von jährlich 845,- € netto zu zahlen ist, ist durch ein Sternchen
sowohl beim Grundeintrag als auch bei den Hinweisen in einer gebräuchlichen
Form der Verweisung auf der Vorderseite des Anschreibens der Beklagten
dokumentiert und über die zweijährige Laufzeit verhalten sich die - wie
ebenfalls durchaus üblich - auf der Rückseite wiedergegebenen Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Beklagten, die auch nicht etwa in besonders kleinem
Druck gehalten oder wegen ihres Umfangs besonders unübersichtlich sind.
Soweit die Revision sich auf ein Urteil des Oberlandesgerichts München vom
15. März 2001 bezieht, welches ein gegenüber der Beklagten vom Landgericht
München I am 23. August 2000 ausgesprochenes Verbot zum Gegenstand hat, im
geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für die Eintragung in ein
Firmenverzeichnis mit dem auch der Klägerin zugesandten Formular zu werben,
kann dem Berufungsgericht nicht vorgeworfen werden, die im Rahmen des § 3
UWG a.F. getroffene Einschätzung einer in hohem Maße bestehenden Irreführung
nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Das Berufungsgericht hat diese
Einschätzung eines anderen Gerichts lediglich nicht für im Streitfall
entscheidungserheblich gehalten, wie seinem Hinweis entnommen werden kann,
es brauche nicht entschieden zu werden, ob die "Offerte" den Bestimmungen
des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb unterfalle, weil das im
Hinblick auf § 123 Abs. 1 BGB ohne Belang sei. Auch diese Wertung ist aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden, weil ein wettbewerbsrechtliches Verbot
bereits ergehen kann, wenn eine zu Wettbewerbszwecken begangene Handlung zur
Irreführung geeignet ist (vgl. z.B. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht,
22. Aufl., § 3 UWG Rdn. 25 m.w.N.) und § 3 UWG a.F. anders als § 123 Abs. 1
BGB einen Täuschungswillen auf seiten des Werbenden nicht voraussetzt.
Auch aus dem Umstand, daß die Beklagte trotz des vom Landgericht München I
ausgesprochenen gerichtlichen Verbots die Versendung ihres Vertragsangebots
an die Klägerin vorgenommen hat, mußte das Berufungsgericht im Streitfall
nicht auf eine Arglist der Beklagten schließen. Ein auf § 3 UWG a.F.
gestütztes gerichtliches Verbot - auch wenn es wie hier (nur) im Wege
einstweiliger Verfügung ergangen und noch anfechtbar ist - kann allerdings
durchaus als Anzeichen genommen werden, daß der gleichwohl weiterhin in der
untersagten Weise im Wettbewerb Auftretende den im konkreten Fall
eingetretenen Irrtum jedenfalls billigend in Kauf genommen und daher
insoweit mit Täuschungswillen gehandelt hat. Denn durch ein auf § 3 UWG a.F.
gestütztes gerichtliches Verbot wird dem Unterlassungsschuldner
normalerweise die Eignung seiner Handlung, Irrtum zu erregen, vor Augen
geführt, so daß im Wiederholungsfall angenommen werden kann, er nehme
jedenfalls in Kauf, daß sich hier die vom Gericht festgestellte Gefahr
realisiert und der Irrtum tatsächlich eintritt. Ein solcher auf Arglist
hinweisender Normalfall ist vorliegend jedoch nicht gegeben, weil das
Anschreiben der Beklagten auch Gegenstand einer wettbewerbsrechtlichen
Auseinandersetzung in Düsseldorf war und das Landgericht Düsseldorf - anders
als das Landgericht München I - durch am 11. Oktober 2000 verkündetes Urteil
den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen hatte. Bei
Absendung der Offerte vom 7. März 2001 lagen der Beklagten also zwei
widerstreitende Urteile vor, was die Irreführungseignung des Anschreibens
anbelangt. Unter diesen Umständen ist es im Ergebnis aus
revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht
das Verhalten der Beklagten nicht als Ausdruck einer arglistigen Täuschung
der Klägerin gewertet hat.
2. Die Abweisung der Klage begegnet auch nicht etwa deshalb rechtlichen
Bedenken, weil die Rechtsprechung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei
Vertragsschluß eine Verantwortlichkeit bereits dann anerkennt, wenn eine
Partei auch nur fahrlässig einen zum Vertragsschluß führenden Irrtum der
anderen Partei veranlaßt hat (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 07.02.1968 - VIII
ZR 139/66, NJW 1968, 985, 987; Urt. v. 26.09.1997 -
V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 ff.) und die Vertragserfüllung dann
unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs verweigert werden kann
(vgl. z.B. BGH, Urt. v. 11.05.1979 - V ZR 75/78, NJW 1979, 1983 m.w.N.;
Urt. v. 26.09.1997 aaO). Denn ein solcher
Gegenanspruch kann gemäß § 254 BGB bei überwiegendem Mitverschulden des
Geschädigten entfallen. Ein solches einer Schadensersatzpflicht der
Beklagten entgegenstehendes eigenes Verschulden der Klägerin hat das
Landgericht ersichtlich mit seinen Hinweisen bejahen wollen, daß es
einerseits gerade im kaufmännischen Verkehr Sache jeder Partei sei, sich vor
Leistung einer rechtsverbindlichen Unterschrift erschöpfend vergewissert zu
haben, welche Wirkungen durch die Unterzeichnung hervorgerufen werden, und
daß andererseits der Inhalt des Angebots der Beklagten unschwer erkennbar
gewesen sei. Die Revision befaßt sich mit einem Schadensersatzanspruch aus
culpa in contrahendo nicht und erinnert gegen diese Bewertung des
beiderseitigen Verhaltens nichts.
3. Das angefochtene Urteil ist entgegen der insoweit erhobenen Rüge der
Revision ferner nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil es Ausführungen zu
einem Rücktrittsrecht der Klägerin nach § 13 a UWG a.F. nicht enthält.
Dieses Rücktrittsrecht setzt nicht nur eine zur Irreführung geeignete
Werbeangabe voraus; die Werbung muß - kumulativ - unwahr sein, also eine
oder mehrere Tatsachen unrichtig angeben oder verschweigen. Das
Berufungsgericht hat das für den Streitfall verneint. Die Revision legt
nicht dar, daß Gegenteiliges geltend gemacht gewesen sei. Besondere
Ausführungen zu § 13 a UWG a.F. erübrigten sich deshalb.
4. Ein entscheidungserheblicher Rechtsfehler des angefochtenen Urteils
ergibt sich schließlich auch nicht daraus, daß das Berufungsgericht weder
auf die Regelung der Entgeltlichkeit des Grundeintrags noch auf die eine
Laufzeit von zwei Jahren beinhaltende Klausel in dem Angebotsschreiben der
Beklagten § 3 AGBG angewandt hat. Die Entgeltlichkeit hat das
Berufungsgericht nicht als überraschend angesehen, weil der
durchschnittliche Angebotsempfänger nicht damit rechne, auch nur den
Grundeintrag in das Online-Firmenverzeichnis der Beklagten kostenlos zu
erhalten. Gegen diese im Rahmen des § 286 ZPO mögliche Bewertung bringt die
Revision nichts vor. Was die Klausel über die Laufzeit des angebotenen
Vertrags anbelangt, hat das Berufungsgericht weder diese selbst noch ihre
Aufnahme in die auf der Rückseite abgedruckten Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Beklagten als ungewöhnlich angesehen. Mit dem
Hinweis, daß hierdurch sogenannte essentialia negotii nicht an versteckter
Stelle genannt seien, hat das Berufungsgericht insoweit auch eine Begründung
gegeben, so daß die Berufung der Revision auf § 547 Nr. 6 ZPO hier ebenfalls
von vornherein ins Leere geht. Soweit die Revision noch als übersehen rügt,
daß derjenige, dem ein jährlicher Preis für eine Leistung genannt werde,
grundsätzlich nicht damit rechne, daß die Mindestlaufzeit des Vertrags zwei
Jahre betrage, argumentiert sie damit, daß das nach § 13 a UWG a.F. neben
der Ungewöhnlichkeit der Klausel notwendige Überraschungsmoment im
Streitfall nicht fehle. Hierauf kommt es jedoch nicht an, wenn der
Tatrichter - wie hier das Berufungsgericht hinsichtlich der Laufzeit von
zwei Jahren - in Anwendung des § 286 ZPO bereits die Ungewöhnlichkeit der
Klausel verneint. Abgesehen davon kann die Frage, ob die Laufzeitklausel
Vertragsbestandteil geworden ist, sowohl hinsichtlich des auf § 123 Abs. 1
BGB bzw. § 13 a UWG a.F. gestützten Begehrens nach Feststellung der
Unwirksamkeit des Vertrags als auch hinsichtlich des nur das Entgelt für das
erste Vertragsjahr betreffenden Rückzahlungsbegehrens dahinstehen.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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