Vertrag
mit Schutzwirkung für Dritte, Einwand des Mitverschulden des Vertragspartners
(Haftung des Sachverständigen bei vom Verkäufer arglistig herbeigeführter
Unrichtigkeit eines Wertgutachtens) BGH, Urteil v. 10.11.1994 - III ZR 50/94
Fundstellen:
Zur Frage, ob ein Käufer, der in den Schutzbereich
eines Vertrages einbezogen ist, aufgrund dessen ein Bausachverständiger
für den Verkäufer ein Gutachten über den Wert des Grundstücks
zu erstatten hat, auch dann von dem Sachverständigen Schadensersatz
wegen schuldhaft unrichtiger Begutachtung verlangen kann, wenn die Unrichtigkeit
des Gutachtens von dem Verkäufer (arglistig) herbeigeführt worden
ist.
Zum Sachverhalt:
Der Bekl. ist Architekt und verpflichteter Bausachverständiger
der Kreissparkasse A. Im März 1988 erstattete er im Auftrag der Eigentümerin
ein Wertgutachten über ein in W. gelegenes Hausgrundstück, das,
wie bei Auftragserteilung mitgeteilt worden war, veräußert werden
sollte. In dem Wertgutachten wird ein Betrag für "Reparaturanstau"
nicht festgesetzt; vielmehr werden "nennenswerte Reparaturen ... zur Zeit"
nicht für erforderlich gehalten. Der Untersuchungszustand des Hauses
wird insgesamt als gut bezeichnet. Die Kl., denen bei den Vertragsverhandlungen
das Wertgutachten vorgelegt worden war, kauften mit notariellem Vertrag
vom 9. 5. 1988 das Hausgrundstück unter Ausschluß der Haftung
des Veräußerers für sichtbare oder unsichtbare Sachmängel.
Im März 1989 stellten die Käufer bei Renovierungsarbeiten auf
dem Dachboden Feuchtigkeitsschäden fest, die ein von ihnen eingeschalteter
Sachverständiger für so schwerwiegend erachtete, daß "wahrscheinlich
die gesamte Dachkonstruktion abgebrochen und durch ein neues Dach ersetzt
werden" müsse. Die daraufhin gegen die Verkäuferin angestrengte
Schadensersatzklage ist in erster Instanz abgewiesen worden. Die hiergegen
eingelegte Berufung nahmen die Kl. nach Abschluß eines außergerichtlichen
Vergleichs zurück. Die Kl. verlangen nunmehr von dem Bekl. Schadensersatz
wegen schuldhaft unrichtiger Bewertung des Kaufgrundstücks. Sie beanstanden,
daß die Mitarbeiter des Bekl. bei der Besichtigung des Hauses nicht
auch den Dachspitzboden in Augenschein genommen haben. Wäre dies geschehen,
hätten ihnen die gravierenden Baumängel auffallen müssen.
Wären diese Baumängel bei der Erstattung des Gutachtens berücksichtigt
worden, hätten sie, die Kl., von dem Kauf des Grundstücks Abstand
genommen. Die Kl. machen mit der Zahlungsklage den ihnen durch den Abschluß
des Kaufvertrages entstandenen Schaden geltend.
Das LG hat der Klage in Höhe von 44552,68
DM nebst Zinsen stattgegeben und die weitergehende Klage abgewiesen. Das
OLG hat die Klage auf die Berufung des Bekl. in vollem Umfang abgewiesen.
Die Revision der Kl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen:
1. Das BerGer. hat nicht erörtert, ob den
Kl. ein Schadensersatzanspruch aufgrund unmittelbarer vertraglicher Beziehungen
der Parteien - und zwar aufgrund eines stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrages
(vgl. eingehend hierzu Senat, NJW 1992, 2080 (2082) = LM H. 9/1992 §
301 ZPO Nr. 46 m.w. Nachw.) - zusteht. Dies ist aus Rechtsgründen
nicht zu beanstanden, da die Parteien vor dem Kauf des Grundstücks
in keinem direkten Kontakt zueinander standen und im übrigen die Kl.
in den Vorinstanzen eine dahingehende rechtliche Bewertung ihres Tatsachenvortrags
selbst nicht vorgenommen haben. Auch die Revision greift diesen Aspekt
nicht auf.
2. Das BerGer. legt den Gutachtenvertrag dahin
aus (§§ 133, 157 BGB), daß für den Bekl. aus dem Vertrag
mit der Grundstückseigentümerin auch Schutzpflichten zugunsten
der Kl. erwachsen sind. Es stellt hierbei entscheidend darauf ab, daß
der Sohn der Grundstückseigentümerin, der den Vertrag als deren
Vertreter geschlossen hat, bei der Auftragserteilung mitteilte, daß
die Wertermittlung für Verkaufszwecke benötigt werde. Die Einbeziehung
der Kl. in den Schutzbereich des Gutachtenvertrages begegnet keinen rechtlichen
Bedenken.
a) Das Vorliegen eines Vertrags mit Schutzwirkung
für Dritte ist hier insbesondere nicht deshalb zu verneinen, weil
die Interessen der Kl. und der Auftraggeberin hinsichtlich der Bewertung
des Grundstücks gegenläufig waren. Wer bei einer Person, die
über eine besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde verfügt (z.B.
öffentlich bestellter Sachverständiger, Wirtschaftsprüfer,
Steuerberater), ein Gutachten oder eine gutachterliche Äußerung
bestellt, um davon gegenüber einem Dritten Gebrauch zu machen, ist
in der Regel daran interessiert, daß die Ausarbeitung die entsprechende
Beweiskraft besitzt. Dies ist jedoch nur dann gewährleistet, wenn
der Verfasser sie objektiv nach bestem Wissen und Gewissen erstellt und
auch dem Dritten gegenüber dafür einsteht. Dementsprechend hat
der BGH wiederholt entschieden, daß in einem solchen Falle die Gegenläufigkeit
der Interessen des Auftraggebers und des Dritten nicht gegen seine Einbeziehung
in den Schutzbereich des Vertrages spricht (BGH, NJW-RR 1989, 696; NJW
1987, 1758 (1759f.) = LM § 675 BGB Nr. 120; NJW-RR 1986, 484 (486)
= LM § 328 BGB Nr. 78). Daß dem Bekl. bei Erstellung des Gutachtens
nicht bekannt war, daß das Wertgutachten gerade den Kl. vorgelegt
werde, ist dabei ohne Belang. Die Bejahung einer Schutzpflicht setzt nicht
voraus, daß der Schutzpflichtige die Zahl oder den Namen der zu schützenden
Personen kennt. Es genügt vielmehr, daß dem Bekl. bekannt war,
daß sein Wertgutachten für einen (potentiellen) Käufer
bestimmt war (vgl. nur BGH, NJW 1987, 1760 = LM § 675 BGB Nr. 120).
Die besondere, durch staatliche Anerkennung oder
einen vergleichbaren Akt nachgewiesene Sachkunde, auf die in der angeführten
Rechtsprechung des BGH entscheidend abgehoben wird, ist auch - worauf das
BerGer. nicht näher eingeht - in der Person des Bekl. vorhanden. Zwar
ist dieser kein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger
i.S. des § 36 GewO (so die Fallgestaltung bei den BGH-Urteilen NJW-RR
1986, 484 = LM § 328 BGB Nr. 78 und NJW 1984, 355 = LM § 328
BGB Nr. 75). Der Bekl. ist jedoch verpflichteter Bausachverständiger
der Kreissparkasse A. einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen
Rechts (§ 2 NWSparkassenG). Grundlage einer solchen Verpflichtung
sind die jeweiligen Beleihungsgrundsätze für die öffentlichrechtlichen
Sparkassen. Die derzeit gültigen Beleihungsgrundsätze in Nordrhein-Westfalen
beruhen auf dem Runderlaß des Ministers für Wirtschaft und Verkehr
vom 4. 9. 1989 (NWSMBl S. 764), den dieser aufgrund § 20 I 1 der Mustersatzung
für die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen vom 1. 4. 1958 (NWGV S.
111) erlassen hat (vgl. nunmehr § 12 S. 1 NWSparkassenVO i.d.F. vom
8.11. 1988, NWGV S. 461). § 3 dieser Beleihungsgrundsätze bestimmt,
daß Schätzungen des Beleihungsgegenstands - damit sind insbesondere
Grundstücke gemeint (§ 1 der Beleihungsgrundsätze) - unter
anderem von einem mit den örtlichen Verhältnissen besonders
vertrauten, vom Vorstand bestellten und verpflichteten Sachverständigen
vorgenommen werden können. Daraus wird deutlich, daß auch eine
aufgrund dieser Bestimmung vorgenommene Verpflichtung durch eine juristische
Person des öffentlichen Rechts geeignet ist, in der Öffentlichkeit
die berechtigte Erwartung einer gegenüber dem bloß "privaten"
Sachverständigen hervorgehobenen Sachkunde und Zuverlässigkeit
hervorzurufen. Erstattet ein solcher Sachverständiger - wie hier -
ein Wertermittlungsgutachten für private Dritte unter Verwendung der
von der Sparkasse vorgesehenen Wertermittlungsvordrucke und unter Hinweis
auf seine Eigenschaft als verpflichteter Bausachverständiger der Sparkasse,
so nimmt er die im Verhältnis zur verpflichtenden Sparkasse bestehende
Vertrauensstellung auch gegenüber seinem Auftraggeber in Anspruch.
Dieser darf sich daher darauf verlassen, daß der Sachverständige
das Wertgutachten mit der Sorgfalt erstellt, die für eine Beleihungswertschätzung
im Auftrag der Sparkasse aufzubringen ist.
Aufgrund dessen bestehen vorliegend keine Bedenken,
den Bekl., soweit es um die Einbeziehung der Kl. in den Schutzbereich des
Gutachtenvertrages geht, einem öffentlich bestellten und vereidigten
Sachverständigen gleichzustellen.
b) Der Annahme eines Vertrags mit Schutzwirkung
für Dritte steht auch - entgegen den von der Revisionserwiderung geäußerten
Zweifeln - nicht entgegen, daß der Vertreter der Grundstückseigentümerin
bei der Besichtigung des Anwesens dessen Mängel bewußt verheimlichte
(s. nachfolgend unter 4). Zwar mag dies ein Indiz dafür sein, daß
dieser ein objektiv richtiges, auch den Interessen eines Kaufinteressenten
entsprechendes Wertgutachten gar nicht wollte. Dieser verborgen gebliebene
innere Wille wäre jedoch bei der Frage, welcher objektive Erklärungswert
der bei der Auftragserteilung erfolgten Mitteilung des Zwecks der Begutachtung
mit Blick auf eine etwaige Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich des
Vertrages beizumessen ist, nicht maßgebend.
3. Das BerGer. geht davon aus, daß ein Sachverständiger,
der sich in einem Wertgutachten zu einem etwaigen Abschlag wegen eines
"Reparaturanstaus", zum Unterhaltungszustand und zu erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen
verhält, bei der Besichtigung des Objekts auch den Versuch unternehmen
muß, die Beschaffenheit des Dachs und des Dachstuhls festzustellen.
Diese Ausführungen sind ersichtlich dahin zu verstehen, daß
nach Auffassung des BerGer. der Bekl. bzw. dessen Mitarbeiter bei der Ortsbesichtigung
auch den Dachspitzboden in Augenschein hätten nehmen müssen oder,
wenn eine solche Besichtigung nicht möglich oder zu beschwerlich wäre,
ein entsprechender Vermerk in das schriftliche Gutachten hätte aufgenommen
werden müssen. Diese Einschätzung der Pflichten eines Bausachverständigen
bei Erstellung eines Wertgutachtens durch das BerGer. ist aus Rechtsgründen
nicht zu beanstanden. Dem läßt sich auch nicht entgegenhalten,
wie in der Revisionserwiderung erstmals vorgebracht wird, indem der Sohn
der Grundstückseigentümerin darauf hingewirkt habe, daß
eine Besichtigung des Dachspitzbodens unterblieben sei, seien dahingehende
Gutachterpflichten stillschweigend abbedungen worden. Eine solche Auslegung
ist fernliegend, da eine dieser Beschränkung der Gutachterpflichten
entsprechende schriftliche Begutachtung unvollständig und damit für
die Zwecke des Auftraggebers weitgehend unbrauchbar gewesen wäre.
Im übrigen hat der Bekl. in den Tatsacheninstanzen eine solche Deutung
der Vorgänge bei der Besichtigung des Hauses nie in Erwägung
gezogen (§ 561 I ZPO).
Das BerGer. läßt offen, welche Wahrnehmungen
bei einer Besichtigung des Dachspitzbodens im Zeitpunkt der Durchführung
des Ortstermins hätten gemacht werden können. Es ist daher bei
der revisionsrechtlichen Beurteilung zu unterstellen, daß bei einer
solchen Besichtigung erhebliche Baumängel hätten festgestellt
werden können. Auf der Grundlage dieser Sachverhaltsunterstellung
ist davon auszugehen, daß der Bekl., der sich das Fehlverhalten seiner
Mitarbeiter nach § 278 BGB zurechnen lassen muß, seinen Gutachtenauftrag
schlecht ausgeführt und dieser Pflichtverstoß zur inhaltlichen
Unrichtigkeit des Gutachtens geführt hat.
Darüber hinaus ist das BerGer. davon überzeugt,
daß ein "richtiges" Gutachten die Kl. vom Kauf des Grundstücks
abgehalten hätte, das Fehlverhalten des Bekl. mithin für den
geltend gemachten Schaden kausal ist.
4. Das BerGer. ist gleichwohl der Auffassung,
daß der Bekl. den Kl. nicht nach den Grundsätzen der positiven
Forderungsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet ist.
Es begründet dies damit, daß - wie
unter den Parteien unstreitig - der Sohn der auftraggebenden Verkäuferin,
der den wahren Zustand des Gebälks gekannt habe, sich gegenüber
den Mitarbeitern des Bekl. die Schwierigkeiten bezüglich der Zugänglichkeit
des Spitzbodens zunutze gemacht habe, um diese Mängel zu verheimlichen
und sodann arglistig von dem objektiv unrichtigen Gutachten Gebrauch zu
machen. Aufgrund dieses Verhaltens könne die Auftraggeberin selbst
keine Ansprüche gegen den Bekl. wegen schuldhafter Schlechterfüllung
des Gutachtenauftrags herleiten. Dies könne der Bekl. entsprechend
§ 334 BGB auch den Kl. entgegenhalten (vgl. auch OLG Köln, NJW-RR
1988, 335).
Diese Ausführungen halten, wie die Revision
zu Recht rügt, der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Zutreffend geht das BerGer. davon aus, daß
ein Auftraggeber, der es bewußt darauf anlegt, daß ein Wertgutachten
den Erhaltungszustand des zu begutachtenden Objekts unrichtig wiedergibt,
wegen dieses Fehlers keine Schadensersatzansprüche gegen den Auftragnehmer
geltend machen kann.
Gutachtenverträge der vorliegenden Art sind
als Werkverträge gem. § 631 BGB einzuordnen mit der Folge, daß
der Auftraggeber bei einer schuldhaft unrichtigen Bewertung des Grundstücks
einen Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB oder - wenn der eingetretene
Schaden als (weiterer) Mangelfolgeschaden einzustufen ist - wegen positiver
Vertragsverletzung herleiten kann (vgl. nur BGHZ 67, 1 = NJW 1976, 1502
= LM § 638 BGB Nr. 30). Zwar stünde einem solchen Schadensersatzanspruch
die bloße Kenntnis der Mangelhaftigkeit des Gutachtens nicht entgegen,
da § 640 II BGB in diesem Falle nur wegen der in den §§
633, 634 BGB bestimmten Ansprüche einen Vorbehalt der Rechte des Auftraggebers
bei der Abnahme verlangt; auf Schadensersatzansprüche ist diese Bestimmung
nicht anwendbar (BGHZ 77, 134 = NJW 1980, 1952 = LM § 13 (A) VOB/B
1973 Nr. 8). Ein Auftraggeber, der die Mangelhaftigkeit des Gutachtens
gezielt herbeiführt, setzt sich jedoch dem Einwand der unzulässigen
Rechtsausübung aus (venire contra factum proprium), wenn er wegen
dieses Mangels nachträglich Schadensersatzansprüche erhebt (vgl.
Glanzmann, in: RGRK, 12. Aufl., § 640 Rdnr. 26). Diesem Arglisteinwand
ist er auch dann ausgesetzt, wenn der Vorwurf des widersprüchlichen
Verhaltens auf ein Tätigwerden seines Vertreters zurückzuführen
ist (§ 166 I BGB; vgl. hinsichtlich der Zurechnung der Arglist des
Vertreters im Falle des § 463 BGB BGHZ117, 104 = NJW 1992, 1099 =
LM H. 5/1992 § 463 BGB Nr. 62).
b) Weiterhin befindet sich das BerGer. im Ansatzpunkt
in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH, wonach dem geschützten
Dritten, der seine Rechte aus den Vertragsbeziehungen der unmittelbaren
Vertragspartner herleitet, grundsätzlich keine weitergehenden Rechte
zustehen als dem unmittelbaren Vertragspartner des Schädigers. Daraus
hat die Rechtsprechung gefolgert, daß sich der durch den Schutzpflichtigen
schuldhaft geschädigte Dritte ein Mitverschulden des Vertragspartners
seines Schädigers nach § 254 BGB auch dann entgegenhalten lassen
muß, wenn dieser Vertragspartner nicht der gesetzliche Vertreter
oder Erfüllungsgehilfe des Dritten i.S. des § 278 BGB ist (BGHZ
33, 247 (250) = NJW 1961, 211 = LM § 254 (E) BGB Nr. 3; NJW 1965,
1757 (1759) = LM § 328 BGB Nr. 28; NJW 1975, 867 (868f.) = LM §
328 BGB Nr. 50). Gleiches gilt für eine vertragliche Freizeichnung
(BGHZ 56, 269 (272) = NJW 1971, 1931). Diese Begrenzung des Drittschutzes
wird dabei sowohl dem Rechtsgedanken des § 334 BGB als auch
dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entnommen. Beide Begründungen
zeigen, daß es sich hierbei nur um einen Grundsatz (so ausdrücklich
auchBGHZ 56, 269 (272) = NJW 1971, 1931), nicht aber um ein unverrückbares
Prinzip handelt. Das versteht sich, soweit der Grundsatz von Treu und Glauben
herangezogen wird, von selbst. Aber auch aus dem Rechtsgedanken oder -
so das BerGer. - der entsprechenden Anwendung des § 334 BGB ergibt
sich nichts anderes.
Die den echten Vertrag zugunsten Dritter betreffende
Bestimmung des § 334 BGB, wonach dem Versprechenden die Einwendungen
aus dem Vertrage auch gegenüber dem Dritten zustehen, ist dispositives
Recht. Diese Vorschrift kann - auch stillschweigend - abbedungen werden,
was sich insbesondere aus der Natur des Deckungsverhältnisses ergeben
kann (BGHZ 93, 271 (275f.) = NJW 1985, 1457 = LM § 328 BGB Nr. 79).
Wenn es - wie hier - bei der Ermittlung des Inhalts und der Reichweite
des Drittschutzes durch Auslegung des Vertrages darum geht, diese Bestimmung
entsprechend oder ihrem Rechtsgedanken nach anzuwenden, ist nicht ersichtlich,
warum insoweit strengere Maßstäbe gelten sollten. Dies hat das
BerGer. verkannt. Eine solche, sich aus der "Natur des Vertrages" ergebende
Durchbrechung des Grundsatzes, daß die Haftung des Schutzpflichtigen
gegenüber dem Dritten nicht weiterreicht als gegenüber dem unmittelbaren
Vertragspartner, hätte das BerGer. auch bei der Auslegung des vorliegenden
Gutachtenvertrages in Erwägung ziehen müssen.
Dem Bekl. war bekannt, daß das Wertermittlungsgutachten
zu Verkaufszwecken in Auftrag gegeben worden war. Er mußte demnach
nicht nur damit rechnen, daß dieses Gutachten Kaufinteressenten vorgelegt
wird, ihm mußte auch weiter bewußt sein, daß angesichts
des besonderen Vertrauens, das Kaufinteressenten regelmäßig
in die Zuverlässigkeit und Sachkunde eines anerkannten Sachverständigen
haben, seinen gutachterlichen Äußerungen möglicherweise
ein größeres Gewicht zukommt als den Angaben des Verkäufers
selbst und deshalb ein Gutachten dazu geeignet ist, ein etwaiges Mißtrauen
dieser Kaufinteressenten gegenüber der Richtigkeit der Angaben des
Verkäufers zu zerstreuen. Darin liegt auch der erkennbare, die Verkaufsabsicht
fördernde besondere Wert des Gutachtens für den Auftraggeber.
Vor allem entspricht es dem offenkundigen Interesse des möglichen
Käufers, daß sein Vertrauen auf die Richtigkeit des Gutachtens
gerade in den Fällen rechtlich geschützt wird, in denen der Verkäufer
die willkürliche Beschaffenheit des Kaufgegenstands in unredlicher
Weise zu verschleiern sucht. Ist deshalb ein Gutachtenvertrag dahin auszulegen,
daß auch mögliche Käufer in den Schutzbereich des Vertrages
fallen, so liegt die Annahme nahe, daß das Vertrauen des Dritten
in die Richtigkeit der gutachterlichen Aussagen auch dann geschützt
werden soll, wenn die Unrichtigkeit durch den Auftraggeber (mit-)veranlaßt
worden ist, und zwar unabhängig davon, welche Auswirkungen diese Veranlassung
auf die Haftung des Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber hat
(so im Ergebnis auch Musielak, Haftung für Rat, Auskunft und Gutachten,
1974, S. 41f.; Ziegltrum, Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte,
1992, S. 217f., die mit Recht hervorheben, daß die bisherige
Rechtsprechung zur Anwendung des Rechtsgedankens des § 334 BGB auf
Verträge mit Schutzwirkung für Dritte Fälle betraf, in denen
der Vertragspartner des Schutzpflichtigen für das "Wohl und Wehe"
des Dritten verantwortlich war, mithin beide im "gleichen Lager" standen;
diese Rechtsprechung läßt sich auf die Fälle, in denen
trotz gegenläufiger Interessen von Vertragspartner und Drittem gleichwohl
ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte bejaht wird, nicht unbesehen
übertragen; in diesem Sinne auch Gottwald, in: MünchKomm, 3.
Aufl., § 328 Rdnr. 104).
Durch eine solche Vertragsauslegung würde
dem Sachverständigen auch kein unzumutbares Haftungsrisiko aufgebürdet,
insbesondere keine umfassende Einstandspflicht für die Redlichkeit
seines Auftraggebers. Der Sachverständige darf Informationen des Auftraggebers
auch dann bei der Erstellung seines Gutachtens berücksichtigen - und
wird dies vielfach auch tun müssen -, wenn er deren Wahrheitsgehalt
nicht nachprüfen kann. Er muß dann aber diesen Umstand in seinem
Gutachten kenntlich machen (vgl. auchBGH, NJW 1984, 356 = LM § 328
BGB Nr. 75). Tut er dies, so gibt er damit regelmäßig zu erkennen,
daß er für die Richtigkeit der Angaben seines Auftraggebers
nicht einstehen will.
5. Somit erweist sich die Begründung, mit
der das BerGer. eine Schadensersatzpflicht des Bekl. gegenüber den
in den Schutzbereich des Vertrages einbezogenen Kl. verneint, als rechtsfehlerhaft.
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 565 I ZPO). Das BerGer.
wird den Gutachtenvertrag nach der Maßgabe des zuvor Gesagten erneut
auszulegen und gegebenenfalls weitere Feststellungen zu treffen haben.
Für die weitere Verhandlung und Entscheidung weist der Senat vorsorglich
darauf hin, daß ein Mitverschulden der Kl. am Entstehen des Schadens
nicht schon deshalb bejaht werden kann, weil sie ihrerseits bei der Besichtigung
des Hauses keine Baumängel festgestellt haben (vgl. BGH, NJW 1984,
356f. = LM § 328 BGB Nr. 75).