Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte beim Gutachtervertrag: Haftungsausfüllung
BGH, Urteil vom 14. November 2000 - X ZR 203/98 - OLG Frankfurt/Main, LG Darmstadt 
Fundstelle:

NJW 2001, 514
s. auch BGH NJW 2002, 3625 sowie BGH v. 14.11.2006 - VI ZR 48/06



Amtl. Leitsätze:

a) Wenn ein Dritter in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen ist, kommt es für die Feststellung, welcher Schaden ihm durch die Pflichtverletzung entstanden ist, nicht darauf an, ob überhaupt und inwieweit ein Vertrauenstatbestand gegeben war und sein Vertrauen enttäuscht wurde.
b) Für schädliche Auswirkungen seines Gutachtens kann auch der Gutachter einem Dritten gegenüber haften, dem die Öffentlichkeit nicht in gleicher Weise wie beispielsweise einem öffentlich-bestellten Sachverständigen besonders hervorgehobene Kompetenz, Erfahrung und Zuverlässigkeit zutrauen kann. 



Zentrale Probleme:

Der Kläger ist Käufer eines Grundstücks, welches unter Altlastenverdacht stand. Sowohl in einem noch für im Auftrag des Verkäufers, als auch in einem nach Abschluß des Kaufvertrags für den Kläger erstellten Gutachten hatte der Beklagte auf eine hohe Belastung des Bodens mit Schwermetallen und karzinogenen Chemikalien hingewiesen. Der Kläger erwarb das Grundstück in Kenntnis dieses Befundes, um es nach einer Sanierung mit Eigentumswohnungen zu bebauen. Das Grundstück wurde daraufhin zur Altlast erklärt und sollte einer Sanierung zugeführt werden. Später stellte sich heraus, daß die festgestellte Kontamination tatsächlich nicht bestand und eine Sanierung nicht erforderlich war. Die Altlastenerklärung wurde daraufhin zurückgenommen und die vom Kläger beantragte Baugenehmigung erteilt. Der Kläger hat durch die aufgrund der unrichtigen Gutachten hervorgerufene zeitliche Verzögerung der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks einen Zinsschaden erlitten, den er gegen den Beklagten geltend macht. Das Berufungsgericht hat die Klage mit dem Argument abgewiesen, dem Kläger sei auch bei unterstellter Haftungsbegründung jedenfalls kein ersatzfähiger Schaden entstanden. Die Haftung des Gutachters für die Richtigkeit des von ihm erstellten Gutachtens beschränke sich darauf, dem Ersatzberechtigten den Schaden zu ersetzen, der ihm im Vertrauen auf die Richtigkeit des Gutachtens erwachsen sei. Die Klägerin habe aber die Grundstücke gerade nicht wegen ihrer vorgeblichen Altlasten erworben, sondern aufgrund ihrer Bereitschaft, das hiermit verbundene hohe Risiko zu übernehmen.
Da das Berufungsgericht sich auf die Verneinung eines ersatzfähigen Schadens beschränkt und die Frage der Haftungsbegründung damit offen lassen konnte, hatte der BGH letztere für das Revisionsverfahren zu unterstellen. Er weist immerhin zutreffend darauf hin, daß sich der Anspruch dem Grunde nach nur aus § 635 BGB oder aus positiver Vertragsverletzung des Gutachtervertrags ergeben kann, deliktische Ansprüche wegen des Vorliegens eines primären Vermögensschadens also ausgeschlossen sind, und neben dem Besteller jeder in den Schutzbereich des Vertrages einbezogene Dritte anspruchsberechtigt ist. Die Voraussetzungen einer solchen drittschützenden Wirkung des Gutachtervertrags, die bis in jüngste Zeit Gegenstand bedeutender Entscheidungen des BGH waren (s. insbes. BGHZ 127, 378 sowie jüngst BGH NJW 2001, 360), werden nicht näher dargelegt. Der Senat weist jedoch vorsorglich darauf hin, daß die Rechtsprechung zur Haftung von Gutachtern, die über eine besondere, vom Staat anerkannte oder durch einen vergleichbaren Akt nachgewiesene Sachkunde verfügen (öffentlich-bestellte Sachverständige, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater), keine abschließende Beschreibung des Personenkreises darstellt, der Dritten gegenüber für unrichtige Testate nach vertraglichen Grundsätzen haftbar gemacht werden kann. Während bei diesem Personenkreis die Haftung von der Rechtsprechung bereits stark objektiviert als ein Fall gesetzlicher Vertrauenshaftung ähnlich der Sachwalterhaftung aus culpa in contrahendo konzipiert wird (besonders deutlich nunmehr in BGH NJW 2001, 360), bleibt der "klassische", nach der Rechtsprechung auf (ggf. ergänzender) Auslegung des Vertrages beruhende Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte mit den bekannten Erfordernissen von Leistungs- und Gläubigernähe, Erkennbarkeit und Schutzbedürftigkeit im Einzelfall weiter möglich (vgl. hierzu sowie zur abweichenden dogmatischen Konstruktion der h.L. nur Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Aufl. 2001, § 328 BGB Rn. 14 m.w.N.).
Hinsichtlich des Schadens verwirft der BGH die Argumentation des OLG. Der Schadensersatzanspruch bemesse sich allein an § 249 BGB. Zwar komme es dabei nicht nur auf die rein naturwissenschaftliche Kausalität, sondern auch auf den Schutzzweck der verletzten Pflicht an. Das Gutachten sollte aber, so der BGH, nicht nur dazu dienen, den Kläger vor dem Kauf eines Altlastengrundstücks zu schützen, sondern ihn in die Lage versetzen, bei einem Kauf vorhandene Altlasten in die Preisbildung einfließen zu lassen und anschließend die richtigen wirtschaftlichen Entscheidungen (Sanierung oder sofortige wirtschaftliche Verwertung) zu treffen. Freilich müsse sich dann der Kläger im Rahmen der Vorteilsausgleichung den Vorteil anrechnen lassen, den er aus der Unrichtigkeit des Gutachtens dadurch gezogen hat, daß sich der Verkäufer wegen der angeblichen Altlasten auf einen geringeren Kaufpreis eingelassen hat.
Der Sachverhalt gibt ein gutes Beispiel für die typische Folge des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte, im Gegensatz zur Drittschadensliquidation zu einer Risikokumulierung auf der Seite des Schuldners zu führen: Wenn es nämlich dem Kläger tatsächlich gelungen ist, aufgrund des fehlerhaften Gutachtens einen günstigen, vermeintliche Altlasten berücksichtigenden und damit zu niedrigen Preis auszuhandeln, haftet der Beklagte auch dem Verkäufer als Besteller des Gutachtens auf vertraglicher Grundlage für den Schaden, den dieser durch den Unterwertverkauf des Grundstücks erlitten hat. Der Kläger wäre im vorliegenden Fall freilich besser beraten, die Haftung auf eine Verletzung des nach Abschluß des Kaufvertrags selbst mit dem Beklagten geschlossenen Gutachtervertrags zu stützen. Bezüglich der sich daraus ergebenden Ansprüche wäre nämlich ein vom Kläger aufgrund des Altlastenverdachts erreichter günstiger Kaufpreis mangels Kausalität des (erst nach Abschluß des Kaufvertrags) für ihn erstatteten Gutachtens kein im Rahmen der Vorteilsausgleichung anrechenbarer Vorteil.
Die Entscheidung zeigt - gerade im Zusammenspiel mit der jüngst zur Haftung von Wirtschaftsprüfern ergangenen Entscheidung desselben Senats (BGH NJW 2001, 360) - deutlich die "Zweispurigkeit" der Testathaftung in der Rechtsprechung des BGH. Diese kann einerseits bei einem bestimmten Personenkreis als eine gesetzliche Haftung für in Anspruch genommenes Vertrauen nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo begründet, andererseits aber weiterhin individualvertraglich hergeleitet werden. Sie setzt dann auf der Seite des Schuldners nicht eine besondere "Rolle" voraus, sondern beruht auf der Konstellation des jeweiligen Einzelfalls. Daß der BGH diese Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich eines Vertrages weiterhin einer (ergänzenden) Vertragsauslegung entnimmt (s. dazu die Anm. zu BGH JZ 1962, 570), während sie die Literatur (unter im wesentlichen gleichen Voraussetzungen) auf eine durch § 242 BGB legitimierte richterliche Rechtsfortbildung stützt, spielt für die Praxis in der Regel keine Rolle.

©sl 2001


Tatbestand:

Die Klägerin, ein Bauträgerunternehmen, beabsichtigte im Jahre 1989 ein in M. gelegenes Areal von dem damaligen Eigentümer zu kaufen, um auf ihm Eigentumswohnungen zu errichten. Auf den Grundstücken waren seit dem Jahr 1911 Betriebe der lack- und gummiverarbeitenden Industrie angesiedelt gewesen; der Boden war bereits mehrfach untersucht; es bestand der Verdacht, daß er durch Schadstoffe kontaminiert sein könnte.

Mit Schreiben vom 1. März 1989 wandte sich der damalige Eigentümer an die Beklagte zu 1, damit sie erneut eine Bodenuntersuchung der Grundstücke vornehme. Der Eigentümer führte dabei aus, daß ein Bauträger aus dem Großraum F. an den Grundstücken interessiert sei und deren Bebauung plane.

Aufgrund eines von dem Eigentümer erteilten Auftrages legte die Beklagte zu 1 den sogenannten "dritten Bericht" vom 31. August 1989 vor. In diesem Gutachten wird als Ergebnis der Analyse gewonnener Bodenproben eine hohe Belastung des Bodens mit Schwermetallen, Benzidin und Mercaptan hervorgehoben, wobei darauf hingewiesen wird, daß die beiden letztgenannten organischen Substanzen karzinogen bzw. hochgiftig seien. Daraufhin erklärte der zuständige Regierungspräsident des Landes H. mit Bescheid vom 9. April 1990 die Grundstücke zur Altlast.

Am 8. Mai 1990 nahm die Klägerin das Verkaufsangebot des Eigentümers an. Der Kaufpreis sollte 3 Mio. DM betragen; der Vertrag sah ferner unter anderem ein Rücktrittsrecht für den Fall vor, daß binnen zwei Jahren ein Drittel des vorrangig aus den Erlösen beim Weiterverkauf von Teilflächen zu begleichenden Kaufpreises nicht bezahlt sei.

In der Folgezeit wurde die Beklagte zu 1 als Gutachterin auch für die Klägerin tätig. In ihrem Auftrag legte die Beklagte zu 1 unter dem 31. August 1990 den sogenannten "vierten Bericht" vor. Auch hierin wird von dem Vorhandensein insbesondere von Benzidin und Mercaptan ausgegangen. Wegen der vorhandenen Gutachten überführte die staatliche Sanierungskommission die Grundstücke in die Obhut der Altlastensanierungsgesellschaft (ASG).

Unter dem 19. August 1991 und dem 12. Dezember 1991 erstattete die Beklagte zu 1 im Auftrag der ASG zwei weitere Gutachten (sogenannter "fünfter" und "sechster Bericht"). In dem Gutachten vom 19. August 1991 ist unter anderem ausgeführt, die bisher als Benzidin interpretierten Peaks würden nicht von dieser sehr toxischen Substanz verursacht; die in der Schlacke festgestellten Substanzen erforderten nicht unbedingt eine besondere Bodenbehandlung. Im Gutachten vom 12. Dezember 1991 wurde der ASG empfohlen, das Gelände an den Bauträger zurückzugeben.

Die Klägerin wurde beim Regierungspräsidenten wegen der Rücknahme der Altlastenerklärung vorstellig und stellte am 22. Oktober 1992 für die Grundstücke einen Bauantrag. In ihrem sogenannten "siebten Bericht" vom 17. November 1992 räumte die Beklagte zu 1 Fehlinterpretationen ein und meinte, daß die erste Einschätzung des Gefahrenpotentials des Standorts durch die nun abgesicherten Erkenntnisse der Folgeuntersuchungen zu revidieren sei. Mit Bescheid vom 16. Dezember 1992 nahm der Regierungspräsident die Altlastenerklärung vom 9. April 1990 zurück.

Die Klägerin, die am 17. Juni 1993 eine Baugenehmigung für eine Wohnbebauung mit 121 Wohnungen sowie Tiefgaragen erhielt, zahlte am 30. Dezember 1992 1 Mio. DM zuzüglich 143.777,78 DM an Zinsen und Nebenkosten sowie am 21. Dezember 1993 weitere 2 Mio. DM nebst 150.000,-- DM Zinsen an den ursprünglichen Eigentümer der Grundstücke.

Mit ihrer Klage vom 26. September 1995 hat die Klägerin Zahlung von 743.548,59 DM nebst Zinsen sowie Feststellung begehrt, daß die Beklagte zum Ersatz weiteren Schadens verpflichtet ist. Diese Klage hat die Klägerin später auf das Land H. als Beklagten zu 2 erweitert. Gegenüber der Beklagten zu 1 macht die Klägerin im wesentlichen geltend, der dritte und vierte Bericht seien fehlerhaft gewesen. Diese Gutachten hätten den ursprünglichen Planungsablauf für die von ihr beabsichtigte Bebauung erheblich verzögert. Bei ordnungsgemäßer Abwicklung hätte sie von den Erwerbern der Wohnungen rechtzeitig Teilzahlungen zur Abdeckung des Kaufpreises erhalten. Wegen der ausgefallenen Vorauszahlungen seien ihr zusätzliche Zins- und Finanzierungskosten entstanden.

Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 zur Zahlung eines Teilbetrages von 345.486,11 DM zuzüglich Zinsen verurteilt. Im übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten zu 1 hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage vollen Umfangs abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Soweit das Rechtsmittel das Streitverhältnis zum Beklagten zu 2 betrifft, hat der Senat die Revision nicht angenommen. Gegenüber der Beklagten zu 1 verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Die Beklagte zu 1 ist dem entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:

Das zulässige Rechtsmittel der Klägerin führt, soweit es vom Senat angenommen worden ist, zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Klägerin stünden gegenüber der Beklagten zu 1 deliktsrechtliche Ansprüche nicht zu; in Betracht zu ziehen seien nur vertragsrechtliche Schadensersatzansprüche, und zwar sowohl wegen Nichterfüllung des von dem damaligen Eigentümer erteilten Gutachtenauftrages, aufgrund dessen die Beklagte zu 1 den sogenannten dritten Bericht verfaßt habe, als auch wegen Nichterfüllung des von der Klägerin selbst abgeschlossenen Gutachtenvertrages, der zu dem sogenannten vierten Bericht geführt habe. Das begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Auch die Klägerin geht davon aus, daß als haftungsbegründende Ereignisse nur die von ihr behauptete, sich als nicht gehörige Erfüllung der zugrundeliegenden Werkverträge darstellende Fehlerhaftigkeit dieser beiden Gutachten in Betracht kommt.

2. Bezüglich des sogenannten dritten Berichts hat das Berufungsgericht dahinstehen lassen, ob es sachlich unangemessen gewesen sei, nur die Analysemethode GC-FID anzuwenden, und es der Beklagten zu 1 deshalb als von ihr zu vertretendes Fehlverhalten vorzuwerfen sei, das Vorhandensein gefährlich hoher Werte an Benzidin und Mercaptan festgestellt zu haben. Außerdem hat das Berufungsgericht letztlich offengelassen, ob die Klägerin in den Schutzbereich des dem sogenannten dritten Bericht zugrundeliegenden, ausschließlich zwischen dem damaligen Eigentümer und der Beklagten zu 1 abgeschlossenen Gutachtenvertrages einbezogen sei. Das Vorliegen beider Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin wegen Fehlerhaftigkeit des Gutachtens vom 31. August 1989 ist deshalb in der Revisionsinstanz zu unterstellen.

3. Das Berufungsgericht hat diese Voraussetzungen dahinstehen lassen, weil es gemeint hat, ein ersatzfähiger Schaden der Klägerin lasse sich nicht feststellen. Die Haftung des Gutachters für die Richtigkeit des von ihm erstellten Gutachtens beschränke sich darauf, dem Auftraggeber bzw. dem in den Schutzbereich des Vertrages einbezogenen Dritten den Schaden zu ersetzen, der ihm im Vertrauen auf die Richtigkeit des Gutachtens erwachsen sei. Die Klägerin habe jedoch nicht darauf vertraut, daß die Grundstücke mit Benzidin und Mercaptanen verunreinigt seien; sie habe die Grundstücke gerade nicht wegen ihrer vorgeblichen Umweltbelastungen erworben, sondern aufgrund ihrer Bereitschaft, das hiermit verbundene hohe Risiko zu übernehmen. Die Klägerin habe damit aufgrund eines neuen, selbständigen Entschlusses, der durch den sogenannten dritten Bericht nicht herausgefordert worden sei, die Gefahr geschaffen, die den Schaden hervorgerufen habe.

Diese Begründung der Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 1 bekämpft die Revision zu Recht.

a) Schon der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, eine Haftung eines Gutachters bestehe nur, soweit ein schützenswertes Vertrauen in die Richtigkeit des Gutachtens enttäuscht worden sei, ist nicht frei von Rechtsirrtum.

Ein Gutachten, das Fehler aufweist, die der Gutachter zu vertreten hat, verpflichtet nach § 635 BGB oder wegen positiver Vertragsverletzung zu Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Anspruchsberechtigt sind der Besteller des Gutachtens, wenn und soweit er geschädigt ist, und jeder in den Schutzbereich des Gutachtenvertrages einbezogene geschädigte Dritte. Der Anspruch bemißt sich im Verhältnis zu jedem Anspruchsberechtigten nach §§ 249 ff. BGB. Grundsätzlich ist jeweils der Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand, also die fehlerhafte gutachterliche Aussage, nicht eingetreten wäre. Ob überhaupt und inwieweit ein Vertrauenstatbestand gegeben war und Vertrauen eines Anspruchsberechtigten enttäuscht wurde, ist danach im Bereich der Schadensfeststellung kein tragfähiger Gesichtspunkt. Ein Schadensersatzanspruch kommt vielmehr in Betracht, wenn ein Vergleich der tatsächlichen Vermögenslage mit derjenigen, die sich bei fehlerfreier Begutachtung ergeben hätte, zum Nachteil des klagenden Anspruchstellers ausgeht.

b) Der Senat hat allerdings bei seiner rechtlichen Überprüfung des angefochtenen Urteils von der danach erforderlichen Kausalität zwischen der Aussage des sogenannten dritten Berichts, die Grundstücke seien mit Benzidin und Mercaptan verunreinigt, und den mit der Klage als Schaden geltend gemachten Nachteilen der Klägerin auszugehen. Denn die vom Berufungsgericht angestellten Überlegungen beruhen auf einer entsprechenden Annahme, die aufgrund des unstreitigen Sachverhalts und des Vorbringens der Klägerin, das der Senat mangels näherer Sachaufklärung des Berufungsgerichts zugrunde zu legen hat, auch berechtigt ist.

Danach hat der sogenannte dritte Bericht vom 31. August 1989 dazu geführt, daß die Klägerin zunächst die für eine Vermarktung erforderlichen und förderlichen Maßnahmen nicht ergriffen hat; es sollte ersichtlich die Klärung der Frage der Sanierung abgewartet werden, für deren Durchführung von Gesetzes wegen nicht die Klägerin selbst zu sorgen gehabt hätte (vgl. § 21 HessAbfAG). Das Abwarten seinerseits hatte zur Folge, daß die Klägerin zunächst keine Vermarktungserlöse erzielte, so daß sie hieraus nicht - wie in dem Kaufvertrag mit dem damaligen Eigentümer vorgesehen - den vereinbarten Kaufpreis zahlen konnte. Dies wiederum veranlaßte die Klägerin, zur Abwendung des vereinbarten Rücktrittsrechts dem damaligen Eigentümer gegenüber eine zusätzliche Zinsverpflichtung einzugehen, die dann auch erfüllt worden ist. Hätte die Beklagte zu 1 bereits im sogenannten dritten Bericht die aufgrund später herangezogener Analysenmethoden gewonnene Erkenntnis offenbart, hätte zur Zahlung zusätzlicher Zinsen keine Veranlassung bestanden. Ein Abwarten wegen einer durch karzinogene oder hochgiftige organische Stoffe gebotenen Sanierung wäre nicht notwendig oder sinnvoll gewesen. Die Klägerin hätte - nach dem normalerweise zu erwartenden Geschehensablauf - sogleich mit den notwendigen Maßnahmen zur Vermarktung des Grundbesitzes begonnen; sie hätte dann rechtzeitig Verkaufserlöse erzielt, aus denen sie den Kaufpreisanspruch des Eigentümers erfüllt hätte. Ein durch das Gutachten vom 31. August 1989 (kausal) verursachter Schaden der Klägerin kann mithin nach dem im Revisionsverfahren zu Grunde zu legenden Sachverhalt nicht verneint werden.

c) Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts scheitert ein Schadensersatzanspruch der Klägerin auch nicht aus Gründen der vom Berufungsgericht ergänzend herangezogenen Adäquanz oder wegen des vom Berufungsgericht ferner für entscheidungserheblich gehaltenen Erfordernisses, daß der Ersatz des kausalen Nachteils vom Zweck der haftungsbegründenden Norm erfaßt ist.

Es ist zwar richtig, daß die Rechtsprechung in der Erkenntnis, daß der bloße Kausalzusammenhang keine sachgerechte Abgrenzung zurechenbarer von nicht zurechenbaren Schadensfolgen erlaubt, Schadensersatz nur unter den vom Berufungsgericht genannten zusätzlichen Voraussetzungen zuspricht. Mit dem Erfordernis der Adäquanz sollen ganz außerhalb des zu erwartenden Verlaufs stehende Einbußen ausgeschieden werden; die Abwägung nach Maßgabe des Schutzzwecks der haftungsbegründenden Norm soll sicherstellen, daß nur Schäden der Art ersetzt werden müssen, die durch Befolgung der verletzten gesetzlichen Regel bzw. der verletzten Vertragspflicht verhindert werden sollten.

Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts erlauben jedoch nicht, den geltend gemachten Schaden als außerhalb des zu erwartenden Verlaufs oder des Schutzzwecks der verletzten Vertragspflicht anzusehen.

Nach dem vom Berufungsgericht im angefochtenen Urteil mitgeteilten Vorbringen der Klägerin, das der Senat mangels gegenteiliger Feststellungen zugrunde zu legen hat, hat die Klägerin Interesse an den Grundstücken gehabt, weil damals der Markt erschöpft war und sie andere Grundstücke käuflich nicht erwerben konnte. Sieht sich ein Bauträger bei dieser Sachlage mit einer ungünstigen Begutachtung eines ihm angebotenen Grundstücks konfrontiert, ist es nichts Ungewöhnliches, wenn er an seinem Wunsch festhält und das zur Vermarktung erforderliche Geschäft tätigt. Den in Betracht zu ziehenden Belastungen kann durch günstige Gestaltung der Vertragsbedingungen Rechnung getragen werden. Davon, daß dies auch hier geschehen ist, ist in der Revisionsinstanz auszugehen, weil einerseits die Klägerin geltend gemacht hat, der damalige Eigentümer sei ihr hinsichtlich der Kaufpreiszahlungsmodalitäten so weit entgegengekommen, daß für sie der Ankauf möglich gewesen sei, und andererseits die Beklagte zu 1 darauf hingewiesen hat, die Klägerin habe durch die im sogenannten dritten Bericht festgestellte Belastung des Grundstücks mit Altlasten einen Kaufpreisvorteil erzielt, den sie sich jedenfalls anrechnen lassen müsse. Weder nach dem Vorbringen der Klägerin noch nach dem Vorbringen der Beklagten zu 1 kann danach der tatsächliche Geschehensablauf als gänzlich außerhalb des in einem solchen Fall zu Erwartenden gelten.

Was den Schutzzweck der verletzten Vertragspflicht anbelangt, hat das Berufungsgericht übersehen, daß eine Partei, die möglicherweise sanierungsbedürftiges Gelände zu erwerben wünscht, von einem Gutachten der hier streitigen Art regelmäßig Aufschluß darüber erwartet, ob die tatsächliche Beschaffenheit eine alsbaldige Bebauung erlaubt oder eine Bebauung wegen des Sanierungsbedarfs - wenn überhaupt - erst später möglich sein wird. Die im vorliegenden Fall die Beklagte zu 1 treffende Pflicht, die wahren Gegebenheiten festzustellen und in ihrem Gutachten von 31. August 1989 darzustellen, sollte deshalb durchaus auch eine insoweit falsche Entscheidung verhindern, wie sie die Klägerin sodann getroffen haben will. Auch aus der falschen Entscheidung resultierende Nachteile waren damit vom Zweck der von der Beklagten zu 1 verletzten Vertragspflicht mitumfaßt.

d) Soweit das Berufungsgericht schließlich noch gemeint hat, der Klägerin zum Vorwurf machen zu können, den Erwerb des Grundstücks nicht unterlassen zu haben, berührt auch dies die Schadenszurechnung nicht. Das Berufungsgericht hat insoweit verkannt, daß die Parteien nicht um in Folge des Kaufs eingetretene Vermögenseinbußen der Klägerin, sondern um den Ersatz von Schäden streiten, die durch Verzögerung der in Aussicht genommenen Bebauung und Weiterverwertung entstanden sein sollen.

4. Nach Meinung des Berufungsgerichts führt auch der sogenannte vierte Bericht vom 31. August 1990 nicht zu einer Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1 gegenüber der Klägerin. Hier müsse vor allem gesehen werden, daß dieses Gutachten auf dem dritten Bericht aufbaue und mithin für die Beklagte zu 1 keine Veranlassung bestanden habe, die Richtigkeit der zuvor gewonnenen Erkenntnisse nochmals zu überprüfen. Das Berufungsgericht hat also hier schon ein Fehlverhalten der Beklagten zu 1 verneint.

a) Auch dem kann - wie die Revision wiederum zu Recht rügt - nicht beigetreten werden.

Das Berufungsgericht nimmt selbst an, daß auch der von der Klägerin selbst in Auftrag gegebene sogenannte vierte Bericht aufgrund von Bodenuntersuchungen erstattet werden sollte. Die neuerlichen Bodenproben waren daher ebenfalls zu analysieren; auch hierbei waren die an einen Sachverständigen zu stellenden Sorgfaltsanforderungen zu beachten, was einschließt, nicht allein aufgrund einer angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten unsachgemäßen Methode zu untersuchen und zu urteilen. Die Annahme des Berufungsgerichts, daß der Beklagten zu 1 beim Gutachten vom 31. August 1990 ein Fehler, den sie zu vertreten habe, nicht unterlaufen sei, hätte deshalb Feststellungen zur Wahrung des angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten Gebotenen erfordert. Da das Berufungsgericht - wie hinsichtlich des sogenannten dritten Berichts - diese Feststellungen nicht getroffen hat, hat der Senat zugunsten der Beklagten davon auszugehen, daß auch der sogenannte vierte Bericht ein mangelhaftes Werk war und der Klägerin auch seinetwegen ein Schadensersatzanspruch zustehen kann.

b) Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der erforderliche Zurechnungszusammenhang zwischen dem haftungsbegründenden Ereignis und dem mit der Klage geltend gemachten Schaden fehle auch bezüglich des sogenannten vierten Berichts, rechtfertigt die Abweisung der auf die Fehlerhaftigkeit dieses Berichts gestützten Klage ebenfalls nicht.

Das Gutachten vom 31. August 1990 konnte die Klägerin in der Meinung bestärken, daß der Boden der Grundstücke mit karzinogenen oder hochgiftigen organischen Stoffen kontaminiert sei und deshalb saniert werden müsse, so daß davon auszugehen ist, daß auch der sogenannte vierte Bericht der Beklagten zu 1 dazu beigetragen hat, die anderweitige Nutzung der Grundstücke zu verzögern.

5. a) Das Berufungsgericht wird die nach den Ausführungen zu 2 bis 4 erforderlichen Feststellungen zu treffen haben und gegebenenfalls die hierzu nötigen Beweise erheben müssen.

b) Ergänzend wird darauf hingewiesen, daß nicht etwa schon die Zweifel, die das Berufungsgericht an einer Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des zwischen dem ehemaligen Eigentümer und der Beklagten zu 1 abgeschlossenen Gutachtenvertrages gehabt hat, erneut dazu führen können, der Klägerin einen Schadensersatzanspruch wegen Fehlerhaftigkeit des sogenannten dritten Berichts zu versagen.

Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Falle eines Gutachtenvertrages für einen Dritten, der selbst keinen Anspruch auf die Hauptleistung aus dem Vertrag hat, sich Schutzpflichten dann ergeben können, wenn der Auftraggeber das Werk bei einer Person, die über eine besondere, vom Staat anerkannte oder durch einen vergleichbaren Akt nachgewiesene Sachkunde verfügt (z.B. öffentlich-bestellter Sachverständiger, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater), bestellt, um davon gegenüber einem Dritten Gebrauch zu machen (z.B. BGH, Urt. v. 02.11.1983 - IVa ZR 20/82, NJW 1984, 335, 336; Urt. v. 02.04.1998 - III ZR 245/96, NJW 1998, 1948, 1949). Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, daß ein Gutachter, in den die Öffentlichkeit nicht in gleicher Weise die - beispielsweise bei einem öffentlich-bestellten Sachverständigen berechtigte - Erwartung einer besonders hervorgehobenen Kompetenz, Erfahrung und Zuverlässigkeit setzen kann, Dritten für ihnen schädliche Auswirkungen seines Gutachtens schlechthin nicht haften müsse. Einer solchen Meinung stünde jedenfalls entgegen, daß die Vertragsfreiheit es den Vertragsschließenden erlaubt, außer Leistungspflichten (vgl. § 328 BGB) auch Schutzpflichten zugunsten jedes beliebigen Dritten zu begründen. Dies kann nicht nur durch namentliche Nennung des Dritten geschehen. Eingeschlossen hiervon ist auch die Möglichkeit, stillschweigend einen Dritten, namentlich denjenigen zu begünstigen, der jeweils der Sache nach des sich aus dem Vertrag ergebenden Schutzes bedarf (vgl. BGH, Urt. v. 02.11.1983, aaO). Ob ein solcher rechtsgeschäftlicher Wille besteht, hat der Tatrichter nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln (BGH, Urt. v. 02.11.1983, aaO; Urt. v. 26.11.1986 - IVa ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1759).

Das Berufungsgericht wird deshalb die Zurückverweisung zum Anlaß nehmen müssen, die bisher unterbliebene Auslegung des Gutachtenvertrages, der zu dem sogenannten dritten Bericht geführt hat, vorzunehmen, um zu klären, ob der damalige Eigentümer und die Beklagte zu 1 die Klägerin konkludent in die Schutzpflichten dieses Vertrages miteinbezogen haben. Augenmerk wird hierbei insbesondere auf den Hinweis des damaligen Eigentümers gelegt werden müssen, wonach ein Bauträger aus dem Großraum F. an den Grundstücken interessiert sei und deren Bebauung plane. Es liegt nahe, daß dieser Hinweis nicht nur den Grund für die Vergabe des Gutachtenauftrages angeben sollte, sondern von der Beklagten zu 1 bei verständiger Sicht auch dahin verstanden werden mußte, das zu erstattende Gutachten solle auch im Interesse des dann die zukünftige Bebauung abwickelnden Bauträgers erstellt werden.

c) Sollte sich ergeben, daß die Klägerin in die Schutzpflichten des Gutachtenvertrages, der zu dem sogenannten dritten Bericht geführt hat, einbezogen war und daß das Gutachten vom 31. August 1989 mangels Beachtung der geschuldeten Sorgfalt fehlerbehaftet war, wird die Schadenszurechnung nach Maßgabe der unter 3. aufgezeigten Grundsätze vorzunehmen sein. Dabei wird auch zu erwägen sein, ob nicht ohnehin eine Altlastenerklärung hätte ausgesprochen werden müssen und die mit der Klage geltend gemachten Schäden deshalb insgesamt oder teilweise nicht zu ersetzen sind. Bei der Schadensfeststellung werden insbesondere die nach § 287 ZPO gegebenen Möglichkeiten der Schätzung zu nutzen sein; ferner werden Vorteile, welche die Klägerin aufgrund der Fehlerhaftigkeit des sogenannten dritten Berichts gezogen hat, nach Maßgabe der anerkannten Regeln zur Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen sein.

Ein Fehler des sogenannten vierten Berichts wird nur für die geltend gemachten Schäden von Bedeutung sein, die nicht schon wegen eines Fehlers des sogenannten dritten Berichts von der Beklagten zu 1 zu ersetzen sind.

d) Das Berufungsgericht wird schließlich § 254 BGB zu beachten haben. Den anderweit bereits in Gang gesetzten Schadensverlauf beeinflussende Handlungen des Geschädigten, die nicht schon die Zurechnung des Schadens zu dem auslösenden Ereignis entfallen lassen, sind nach dieser Norm unter Abwägung aller feststellbaren Umstände des Falles angemessen zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang könnte deshalb insbesondere Bedeutung erlangen, daß die Klägerin den Erwerb der Grundstücke nicht unterlassen und das Rücktrittsrecht, das ihr nach dem mit dem damaligen Eigentümer vereinbarten Kaufvertrag eingeräumt war, nicht genutzt hat. Auch diese Umstände haben wesentlich die Klageabweisung durch das Berufungsgericht bestimmt. Die bisher getroffenen Feststellungen reichen allerdings nicht aus, der Klägerin zum Vorwurf zu machen, den sogenannten dritten Bericht nicht zum Anlaß genommen zu haben, den Erwerb der Grundstücke zu unterlassen. Sowohl nach dem Vorbringen der Klägerin als auch nach dem Vorbringen der Beklagten zu 1 gab es nachvollziehbare Gründe, warum die Klägerin zu 1 trotz des Gutachtens vom 31. August 1989 ihr Erwerbsinterresse weiterverfolgte. Damit ist nicht ausgeschlossen, daß der Kaufvertrag, wie er tatsächlich vereinbart worden ist, ebenso wie die zu seiner Aufrechterhaltung ergriffenen Maßnahmen durchaus angemessene Reaktionen auf das Gutachten der Beklagten zu 1 darstellten. Was die Nichtausübung des Rücktrittsrechts anbelangt, ist dabei auch zu berücksichtigen, daß bereits am 19. August 1991 mit dem sogenannten fünften Bericht ein weiteres Gutachten vorlag, das jedenfalls erkennen ließ, daß die Bodenbelastung der Grundstücke nicht so gravierend sein könnte, wie von der Beklagten zu 1 in dem dritten und vierten Bericht zunächst angegeben.

e) Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht schließlich Gelegenheit, auch der Verjährungsfrage nachzugehen, die aus seiner bisherigen Sicht nicht zu beantworten war.