Konkurrenz zwischen c.i.c./pVV und Gewährleistungsregeln, Schadensersatz und Verjährung bei Verletzung von unselbständigen und selbständigen Beratungspflichten (Fortsetzung von BGH NJW 1997, 3227 ff)

BGH, Urt. v. 23. 6. 1999-  VIII ZR 84/98 (Stuttgart)


Fundstelle:

NJW 1999, 3192
s. nunmehr auch BGH NJW 2001, 2630 sowie BGH NJW 2004, 2301



Amtl. Leitsatz:

Mit der Beratung über die sachgemäße Anwendung oder den Einsatz einer Ware erbringt der Verkäufer in aller Regel lediglich eine kaufvertragliche Nebenleistung; Ansprüche wegen Verletzung einer solchen Beratungspflicht unterliegen deshalb der kurzen kaufrechtlichen Verjährung des § 477 BGB. Nur wenn die beratende Tätigkeit nach Inhalt, Umfang, Intensität und Bedeutung für den Käufer diesen Rahmen deutlich übersteigt, ist ausnahmsweise die Annahme eines selbständigen Beratungsvertrags gerechtfertigt, für den die allgemeine Verjährungsfrist des § 195 BGB gilt.



Zentralproblem des Falles:

Die Haftung des Verkäufers für fahrlässige Falschangaben über fehlerbegründene Eigenschaften oder zusicherungsfähige Eigenschaften der Kaufsache ist nach ganz h.M. zumindest ab Gefahrenübergang von den §§ 459 ff BGB verdrängt (vgl. hierzu etwa BGHZ 60, 319 "Seegrundstück-Fall"). In der Praxis ist es deshalb häufig sehr wichtig, ob ein Umstand eine solche Eigenschaft darstellt. Ist dies nämlich nicht der Fall, besteht "freie Bahn" für die Haftung aus c.i.c., die - anders als die kaufrechtliche Gewährleistung - zwar Verschulden voraussetzt, andererseit aber nicht an deren Einschränkungen, insbesondere an die kurze Verjährung des § 477 I gebunden ist. Besonders wichtig ist dies bei Umsatzangaben im Unternehmenskauf (vgl. hierzu zuletzt BGH NJW 1999,1404).
Die Haftung für solche Falschangaben ist aber ausnahmsweise dann nicht verdrängt, wenn sich die Beratung nicht auf die Eigenschaften der Kaufsache beschränkt, sondern eine besondere Beratungs- und Vertrauensposition besteht (vgl. den Klebstoff-Fall BGHZ 88, 130 [135] = NJW 83, 2697). Dann liegt nicht mehr eine aus Konkurrenzgründen ausgeschlossene c.i.c., sondern die Verletzung einer selbständigen Nebenpflicht aus dem Kaufvertrag vor, die Schadensersatzansprüche aus pVV nach sich zieht. Auch diese Ansprüche verjähren aber nach der Rspr. gem. § 477 BGB (Arg.: Verk. darf nicht schlechter stehen, als habe er eine bestimmte Eigenschaft zugesichert). Nur wenn bei einem unselbständigen Beratungsvertrag der Bezug zu einer Eigenschaft der Sache fehlt, ist § 477 BGB nicht anwendbar (so etwa in BGH NJW 1985, 2472 [Wäschetrockner-Fall], anders in BGH NJW 1962, 1196 [Kreissäge-Fall] und BGH NJW 1984, 2938 [unterdimensionierte EDV-Anlage]).
Bei Beratung durch Dritte (zB Hersteller) liegt aber stets eine selbständige Beratungspflicht (selbständiger Beratungsvertrag) vor, die durch § 477 BGB nicht berührt wird. Diese Vereinbarung ist nach § 305 BGB,  § 676 BGB  eigene Grundlage der Schadensersatzpflicht (vgl.  etwa BGH NJW-RR 1992, 1011).
Bei Beratung durch den Verkäufer wird zwar idR eine unselbständige Nebenpflicht vorliegen, dies ist aber nicht zwingend. Wenn die Beratung deutlich über das normale Maß einer Verkäuferberatung hinausgeht, kann eine selbständige, neben dem Kaufvertrag bestehende Verpflichtung angenommen werden. Dies kann allerdings  in aller Regel nicht bei eigenschaftsbezogener Beratung angenommen werden. Wenn sich die Beratungspflicht aber nach Inhalt und Umfang verselbständigt hat und als gleichwertige, wenn auch nicht besonders vergütete Leistung neben die Verkäuferpflichten tritt, ist die Annahme einer selbständigen Beratungspflicht denkbar (sehr lehrreich hierzu auch BGHZ 140, 111 = NJW 1999, 638).
BGH läßt in casu offen, ob die Falschberatung auf Eigenschaften der Sache bezogen war, denn jedenfalls liege eine selbständige Beratungspflicht vor. Er legt die Kriterien dar, aus welchen sich hier ausnahmsweise die Selbständigkeit der Beratungspflicht ergibt.



Zum Sachverhalt:

Die Bekl., ein mittelständisches Unternehmen, stellt hochwertige Gartenmöbel und Zaunanlagen aus Holz her. Hierfür verwendete sie zunächst - bis etwa 1988 - Kiefern- und Merantiholz. Neben den Lackprodukten einer anderen Herstellerin setzte die Bekl. seit 1987 für die Beschichtung ihrer Erzeugnisse auch Lacke der Kl. ein. Die Lackierarbeiten ließ sie seit Anfang der 80er Jahre in Dänemark durchführen. Nachdem es Ende 1988 zu Problemen bei der Beschichtung ihrer aus Irokoholz gefertigten Erzeugnisse mit den Lacken der anderen Herstellerin gekommen war, wandte sich die Bekl. mit der Bitte um Beratung an die Kl.. Weiteren Rat holte sie Anfang 1989 bei der Kl. ein, als sie sich entschlossen hatte, in ihrem Betrieb in Norddeutschland eine eigene Lackieranlage zu errichten. Sie erwarb für rund 500 000 DM eine Lackieranlage, die im Juli1989 bei ihr installiert wurde und in welcher ihre Erzeugnisse in der Folgezeit beschichtet wurden, u. a. mit den von der Kl. bezogenen Lacken. Die Parteien hatten die Lieferung von Acryllacken im Umfang von etwa 80 Tonnen jährlich vereinbart. Nachdem an verschiedenen mit Produkten der Kl. beschichteten Zaunanlagen Farbabplatzungen aufgetreten waren, schaltete die Bekl. erneut die Kl. ein. Als sich auch in der Folgezeit Reklamationsfälle häuften, ließ die Bekl. ein Gutachten zum Verhalten von Acrylsystemen auf Irokoholz erstellen. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten vom Februar 1992 zu dem Ergebnis, daß das von der Kl. empfohlene Beschichtungsverfahren untauglich sei. Mit ihrer Klage verlangt die Kl. für die nach dem 21. 6. 1991 erfolgten Lacklieferungen Zahlung von insgesamt 59260,15 DM. Die Bekl. macht Schadensersatzansprüche über 1060767,21 DM geltend, mit denen sie gegen die Klageforderung aufrechnet und die sie in Höhe von 1001507,06 DM im Wege der Widerklage fordert. Ihre Gegenansprüche, die sie im einzelnen mit zusätzlichen Personalkosten für die Bearbeitung der Reklamationsfälle, mit Sachverständigengebühren und mit dem Mehrpreis für die im Jahre 1992 von einem anderen Produzenten bezogenen Lacke begründet, stützt die Bekl. auf einen zwischen den Parteien zustande gekommenen selbständigen Beratungsvertrag, den die Kl. schlecht erfüllt habe, weil sie ihre für Irokoholz ungeeigneten Beschichtungsmittel empfohlen habe. Die Kl. bestreitet den Schadensersatzanspruch u. a. mit der Begründung, für die Mängel seien eine unzureichende Verarbeitung und Beschichtung bei der Produktion seitens der Bekl. verantwortlich, und wendet überdies Verjährung ein.
Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Bekl. hat das OLG zurückgewiesen. Es hat wegen der Identität von Verkäufer und Hersteller einen selbständigen Beratungsvertrag zwischen den Parteien verneint und aufgrund der kurzen kaufrechtlichen Verjährungsfrist des § 477 I BGB etwaige Schadensersatzansprüche der Bekl. als verjährt angesehen. Auf die Revision der Bekl. hat der Senat mit Urteil vom 23. 7. 1997 (NJW 1997, 3227 = LM H. 3/1998 § 477 BGB Nr. 65 = WM 1997, 2315) das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen. Das OLG hat die Berufung der Bekl. erneut zurückgewiesen. Die Revision der Bekl. war erfolgreich und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das BerGer.

Aus den Gründen:

I. Das BerGer. hat ausgeführt:

Die Bekl. habe keine neuen Umstände vorgetragen, die die Annahme eines selbständigen Beratungsvertrags nahelegen könnten. Es sehe sich deshalb nicht in der Lage, einen solchen selbständigen Beratungsvertrag mit 30-jähriger Verjährung der Schadensersatzansprüche anzunehmen. Die Parteien hätten bereits seit 1987 in intensiven kaufvertraglichen Beziehungen gestanden; daraus habe sich mehr oder weniger zwangsläufig entwickelt, daß die Bekl. wegen der aufgetretenen Mängel mit anderen Beschichtungssystemen die Kl. um Rat gefragt habe. Die Aussagen der Kl. seien auch aus der Sicht der Bekl. Teil ihrer Absatzbemühungen gewesen. Dies gelte auch für die Beratung hinsichtlich der Lackieranlage, für die die Kl. nur grobe Vorgaben gemacht und welche die Bekl. schließlich von einer anderen als der von der Kl. benannten Firma bezogen habe. Die Bekl. behaupte selbst nicht, daß sie hierbei besonderes Fachwissen der Kl. in Anspruch genommen habe und daß es infolge von Beratungsfehlern der Kl. zu den später gerügten Lackabplatzungen gekommen sei. Auch wenn ein Käufer bei einem Großhersteller mit speziellen Erkenntnissen und Erfahrungen eine intensivere und kompetentere Beratung als bei einem normalen Lackhändler erwarte, werde das gesamte Vertragsverhältnis von dem Umstand geprägt, daß es den Parteien gerade auf den Abschluß eines Kaufvertrags ankomme und der Hersteller in diesem Rahmen sein spezielles Fachwissen zur Verfügung stelle, um damit den Kaufvertragsabschluß zu fördern. Dieses kaufvertragliche Beratungsverhältnis habe die Kl. nicht verlassen, vielmehr sei es ihr zuallererst um ihre Verkaufsabsichten gegangen.
Zu der Frage, ob sich die Verletzung der Beratungspflicht seitens der Kl. möglicherweise nicht auf Mängel der gelieferten Lacke oder auf andere deren Verwendungsfähigkeit beeinflussende Eigenschaften bezogen habe, so daß auch bei Annahme eines unselbständigen Beratungsvertrags die 30-jährige Verjährungsfrist eingreife, hätten sich gegenüber dem ersten Berufungsurteil keine neuen Gesichtspunkte ergeben. Es müsse deshalb nicht geklärt werden, ob seitens der Kl. tatsächlich eine Falschberatung vorgelegen und diese zu den von der Bekl. gerügten Mängeln geführt habe.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Ohne Erfolg bleibt allerdings die Rüge der Revision, das Berufungsurteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 551 Nr. 7 ZPO).
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH ist ein Urteil ohne Entscheidungsgründe abgefaßt, wenn nicht zu erkennen ist, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren (BGHZ 39, 333 [337] = NJW 1963, 2272 = LM § 41p PatG Nr. 1). Dies ist u. a. dann der Fall, wenn zwar Gründe vorhanden, diese aber ganz unverständlich, verworren oder sachlich inhaltslos sind und deshalb in Wirklichkeit nicht erkennen lassen, welche Überlegungen für die Entscheidung maßgebend waren. Auch das vollständige Übergehen einzelner Ansprüche oder einzelner selbständiger Angriffs- und Verteidigungsmittel stellt einen Mangel i. S. des § 551 Nr. 7 ZPO dar.
b) Nach diesen Maßstäben kann hier ein Verstoß gegen § 551 Nr. 7 ZPO nicht angenommen werden. Das BerGer. ist zutreffend von den Grundsätzen ausgegangen, die der Senat insbesondere in seinen Urteilen vom 25. 3.1958 (LM § 459 Abs. 1 BGB Nr. 5) und vom 23.7.1997 (NJW 1997, 3227 = LM H. 3/1998 § 477 BGB Nr. 65; vgl. auch BGHZ 88, 130 [135] = NJW 1983, 2697 = LM § 477 BGB Nr. 39) zu den Voraussetzungen des selbständigen und des unselbständigen Beratungsvertrags im Zusammenhang mit Kaufverträgen und zur Abgrenzung dieser beiden Arten des Beratungsvertrags aufgestellt hat, und es hat die Erwägungen dargestellt, auf deren Grundlage es erneut einen Schadensersatzanspruch der Bekl. verneint hat.
2. Dennoch kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Das BerGer. hat sich, wie die Revision zu Recht beanstandet, mit den Umständen des Falls nicht in ausreichendem Maße unter Berücksichtigung der vom Senat herausgestellten Gesichtspunkte auseinandergesetzt (§ 286 ZPO). Der Senat hat das erste Berufungsurteil aufgehoben, weil das BerGer. seiner Entscheidung die Rechtsauffassung zugrunde gelegt harte, bei einer Beratung des Käufers durch den Verkäufer komme stets nur eine unselbständige nebenvertragliche Verpflichtung des Verkäufers in Betracht. Der Senat hat ausgeführt, dies treffe zwar in aller Regel, aber nicht ausnahmslos zu; dann nämlich, wenn die Beratung des Verkäufers eindeutig über das hinausgehe, was im allgemeinen seitens des Verkäufers für die sachgemäße Anwendung oder den Einsatz des Kaufgegenstandes in beratender oder empfehlender Weise, auch in Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, geleistet werde, könne es ausnahmsweise gerechtfertigt sein, zwischen Käufer und Verkäufer eine besondere, selbständig neben dem Kaufvertrag stehende Rechtsbeziehung anzunehmen. Die Würdigung, ob eine beratende Tätigkeit, die ein Verkäufer auf Verlangen des Käufers im Rahmen einer schon bestehenden oder angestrebten Kaufvertragsbeziehung entfaltet, gewissermaßen als andersartige, auf eigener rechtlicher und tatsächlicher Grundlage beruhende Aufgabe des Verkäufers erscheint und als vertragliche Verpflichtung eigener Art neben dem Kaufvertrag steht (Senat, NJW 1997, 3227 = LM H. 3/1998 § 477 BGB Nr. 65), damit also nach den vom Senat dargestellten Maßstäben als eigene selbständige Beratungsverpflichtung zu werten ist, ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Dementsprechend hat der Senat die Sache an das OLG zurückverwiesen. Die neue Berufungsverhandlung sollte es überdies den Parteien ermöglichen, auf der Grundlage der vom Senat herausgestellten rechtlichen Kriterien ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen. Das BerGer. hat die für seine Entscheidung maßgebliche Tatsachengrundlage einschließlich der vor der Aufhebung seines früheren Urteils getroffenen Feststellungen jedoch nicht anhand der Vorgaben des Senats fehlerfrei gewürdigt, so daß dieser hieran nicht gebunden ist (vgl. § 561 II ZPO).
a) Zu Recht beanstandet die Revision, daß das Berufungsurteil das Vorbringen der Bekl., sie habe "von Anbeginn der Geschäftsbeziehungen seit 1988 deutlich gemacht, daß es erste und vorrangige Aufgabe der Kl. und für die Bekl. existentiell sei, herauszufinden, wie Schäden der aufgetretenen Art künftig vermieden werden könnten", übergangen hat.
b) Das BerGer. hat ferner den für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Hinweis des Senats unberücksichtigt gelassen, die Kl. habe - nach der vorangegangenen Bitte der Bekl. um umfassende fachliche Beratung hinsichtlich der Beschichtung der Irokoholzteile und der Konstruktion einer Lackieranlage - zur Information der Bekl. über einen langen Zeitraum hinweg ihr spezielles Fachpersonal und ihr anwendungstechnisches Zentrum eingesetzt, praktische Versuche durchgeführt und ins einzelne gehende Verarbeitungshinweise gegeben. Das BerGer. hat die Besonderheiten des Sachverhalts auch nicht ausgeschöpft, wenn es darlegt, aus den bereits seit 1987 bestehenden intensiven kaufvertraglichen Beziehungen habe sich "mehr oder weniger zwangsläufig" die Bitte der Bekl. um Beratung wegen der aufgetretenen Mängel mit anderen Beschichtungssystemen ergeben. Es ist schon nicht ersichtlich, auf welche Feststellungen das BerGer. seine Annahme von den bereits seit 1987 bestehenden "intensiven" kaufvertraglichen Beziehungen stützt. Zudem wird durch den Umstand, daß die Bekl. damals auch Produkte einer Konkurrenzfirma verarbeitete, die Bedeutung ihrer kaufvertraglichen Verbindungen mit der Kl. zumindest relativiert.
c) Zu Recht beanstandet die Revision weiter, daß die Darstellung in dem (neuen) Berufungsurteil, die Kl. habe für die Lackieranlage "nur grobe Vorgaben in ihrem Beratungsschreiben gemacht", nicht in Einklang mit den im unstreitigen Tatbestand wiedergegebenen Feststellungen des ersten Berufungsurteils steht, wonach die Kl. für die Konstruktion der Lackieranlage ins einzelne gehende Vorgaben gemacht und die Bekl. auf dieser Grundlage eine Lackieranlage gekauft habe. Grundlage jener Ausführungen war in beiden Urteilen ein und dasselbe Schriftstück vom 5. 4. 1989. Der Einwand der Revisionserwiderung, die Revision übersehe hierbei den neuen Vortrag der Kl. im Schriftsatz vom 13. 1. 1998, aufgrund dessen das BerGer. seine zunächst unzutreffende Feststellung korrigiert  habe, greift nicht durch. In dem genannten Schriftsatz wird lediglich die Bedeutung jenes Schriftstückes abgeschwächt, neue Tatsachen werden jedoch nicht vorgetragen. Da der Komplex "Beratung Lackieranlage" auch in dem Senatsurteil vom 23. 7. 1997 eine nicht unerhebliche Rolle gespielt hat, hätte sich das BerGer. zumindest mit diesem Widerspruch zwischen dem in Bezug genommenen ersten und dem neuen Berufungsurteil auseinandersetzen müssen. Daran fehlt es.
Der Annahme des BerGer., die Bekl. habe selbst nicht behauptet, daß sie bezüglich der Empfehlung der Lackieranlage besonderes Fachwissen der Kl. in Anspruch genommen habe, kann gleichfalls nicht gefolgt werden. Um nichts anderes als die besonders sachkundige Unterstützung der Bekl. durch das Fachpersonal der Kl. ging es nach den getroffenen Feststellungen bei der Planung der neuen Anlage. Das von der Bekl. hierzu vorgelegte Schriftstück enthält Angaben über die zu verwendenden Lackmaterialien sowie eine ins einzelne gehende Beschreibung der Funktionsweise und eine Grobskizze der Anlage. Einer detaillierten Konstruktionszeichnung, wie sie das BerGer. möglicherweise für erforderlich hält, bedurfte es nicht.
d) Mit Erfolg rügt die Revision schließlich, daß das OLG das Vorbringen der Bekl., sie habe die Kl. bereits 1 988 auf Probleme hingewiesen, die bei der Beschichtung von Irokoholz mit einem Konkurrenzprodukt aufgetreten seien, - ein Gesichtspunkt, der für die Bitte nach einer von einem Kaufvertragsverhältnis unabhängigen Beratung spricht - nicht hinreichend gewürdigt hat. Den vom Senat hervorgehobenen weiteren Umstand, der fachkundigen Beratung könne auch deshalb besonderes Gewicht zugekommen sein, weil etwaige Mängel der Beschichtung - von der Rufschädigung der Bekl. abgesehen - erkennbar Schadensersatz- und Gewährleistungsansprüche der Kunden nach sich ziehen mußten, die den Wert der gekauften Lacke unter Umständen um ein Vielfaches überstiegen, hat das BerGer. gleichfalls nicht in seine Wertung einbezogen.
3. Da nunmehr, nachdem die Parteien in der erneuten Verhandlung vor dem BerGer. Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vortrags hatten, weitere Feststellungen nicht mehr zu erwarten sind, kann der Senat selbst die erforderliche Bewertung vornehmen (§ 565 III Nr. 1 ZPO). Diese führt hier zur Annahme eines selbständigen Beratungsvertrags zwischen den Parteien.
a) In seinem vorangegangenen Urteil in dieser Sache hat der Senat unter Hinweis auf seine gefestigte Rechtsprechung ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen auch in der Beziehung zwischen Käufer und Verkäufer ausnahmsweise ein selbständiger, neben dem Kaufvertrag stehender Beratungsvertrag gegeben ist (Senat, NJW 1997, 3227 = LM H. 3/1998 § 477 BGB Nr. 65 [unter II 2a bis c]).
b) Die tatsächlichen Umstände des vorliegenden Falls rechtfertigen es, das Bestehen eines selbständigen Beratungsvertrags zwischen den Parteien zu bejahen. Anlaß der Beratungstätigkeit der Kl. waren die Probleme, die die Bekl. jedenfalls seit Ende der 80er Jahre bei der Beschichtung von Irokoholz hatte. Es mag sein, daß sich die Beratung der Kl. anfangs noch im Rahmen normaler Absatzbemühungen hielt, zumal sich die Empfehlung zunächst lediglich auf eine Zwischenlösung bis zum Abschluß einer Versuchsreihe bezog, die die Kl. mit verschiedenen Musterhölzern der Bekl. in ihrem anwendungstechnischen Zentrum durchführte. Das änderte sich jedoch spätestens dann, als die Kl. der Bekl. im April 1989 das Konzept für die geplante Lackieranlage übermittelte, auf dessen Grundlage die Bekl. sodann im Juli 1989 eine entsprechende Anlage erwarb. Zwar hatte die Kl. Lacke aus ihrem Produktionsprogramm für den Einsatz in der Lackieranlage empfohlen; eine verbindliche Abmachung hierüber gab es jedoch nicht. Nach den von der Revisionserwiderung nicht angegriffenen Feststellungen des BerGer. wurden in der Anlage zunächst ausschließlich Lacke einer anderen Herstellerin und erst später auch solche der Kl. verarbeitet. Ein derartiger nur loser Zusammenhang beratender Tätigkeit mit einem möglichen späteren Kauf stellt jedenfalls ein nicht unwesentliches Indiz für die Selbständigkeit der Beratung dar, zumal dann, wenn - wie hier - der Beratende zugleich und vorrangig in seiner Eigenschaft als Hersteller der Ware tätig wird, der über eine herausragende, bei dem Verkäufer sonst nicht ohne weiteres zu erwartende Sachkunde verfügt. Um die Bekl. fachgerecht beraten zu können, hatte die Kl., eine Tochtergesellschaft des weltweit tätigen Chemieunternehmens A, ihr anwendungstechnisches Zentrum eingeschaltet. Nach - allerdings noch nicht abgeschlossenen - Versuchsreihen mit verschiedenen Beschichtungssystemen hatte sie der Bekl. als vorläufige Lösung schriftlich Vorschläge für zwei alternative Verfahren zur Lackierung ihrer aus dem Tropenholz Iroko herzustellenden Gartenzaunpfeiler unterbreitet. Zugleich hatte sie bis zur Inbetriebnahme der Lackieranlage ein neuartiges Anstrichsystem in Aussicht gestellt. Mit einem weiteren Schreiben vom 6.4.1989 hatte sie der Bekl. eine Beschreibung der geplanten Lackieranlage und deren Funktionsweise übersandt, die auf die Verwendung von bestimmten Lacken ausgerichtet war, und sie hatte sie wegen der Herstellung der Anlage an ein Unternehmen in Hamburg verwiesen.
Nachdem in der Folgezeit weiterhin Probleme bei der Beschichtung von Irokoholz aufgetreten waren, entwickelte sich ab Januar 1990 zwischen den Parteien ein ständiges Beratungsverhältnis mit Gesprächen zwischen den Mitarbeitern der Parteien und einem umfangreichen Schriftwechsel. Das anwendungstechnische Zentrum der Kl. erstellte auf den Bedarf der Bekl. abgestimmte spezielle ,,Technische Richtlinien" und führte Versuchsreihen und Laboruntersuchungen durch. Die Parteien vereinbarten eine Qualitätssicherung durch eine ständige Kontrolle lackierter Ware der Bekl. in dem anwendungstechnischen Zentrum, und es fanden zahlreiche Besuche erfahrener Anwendungstechniker der Kl. im Betrieb der Bekl. statt. Am 30. 1. 1991 wurden die möglichen Schadensursachen bei der Verwendung der Lacke der Kl. zwischen der Bekl. und Mitarbeitern der Kl. erörtert, die daraufhin Änderungen des Verarbeitungsprozesses empfahl, eine Untersuchung der Anstrichproben der schadhaften Zaunanlagen in ihrem Labor veranlaßte und den Besuch ihres "Anwendungstechnikers mit der größten Erfahrung" zur Planung eines neuen Beschichtungsverfahrens (Tauchverfahren) ankündigte. Als Ergebnis dieses Besuches schlug die Kl. mit Schreiben vom 12. 2. 1991 vor, an Stelle des an sich geeigneten, derzeit aber nicht durchführbaren Tauchverfahrens die Grundbeschichtung im sogenannten Flutverfahren aufzubringen und es für die Zwischenbeschichtung weiterhin beim Spritzverfahren zu belassen. Auch dieses Schreiben schloß mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Erörterung technischer Fragen mit zwei namentlich benannten Angestellten der Kl. Angesichts dieser Umstände ist festzustellen, daß die beratende Tätigkeit der Kl. nach Inhalt, Umfang, Intensität und Bedeutung für die Bekl. deutlich über das hinausging, was im allgemeinen seitens des Verkäufers für die sachgemäße Anwendung oder den Einsatz des Kaufgegenstands in beratender oder empfehlender Weise, auch in Erfüllung einer entsprechenden Verpflichtung, geleistet wird. Die Bewertung als bloße kaufvertragliche Nebenleistung oder als (unselbständiger) Teil der Absatzbemühungen des Verkäufers wird den besonderen Umständen des Falls nicht gerecht; er unterscheidet sich wesentlich von den Fallgestaltungen, in denen der Senat einen selbständigen Beratungsvertrag im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer verneint hat (Senat, NJW 1983, 392 = LM § 477 BGB Nr. 35 = WM 1983, 17 [unter II 2a]; Senat, NJW 1984, 2938 = LM § 477 BGB Nr. 41 = WM 1984, 1092 [unter II 2 c]; Senat, NJW 1985, 2472 = LM § 459 BGB Nr. 78 WM 1985, 1167 [unter I 1]). Die Bekl. hatte, wie erwähnt, schon zu Beginn des Beratungsverhältnisses unter Hinweis auf die aufgetretenen Probleme in bezug auf eine Beschichtung des Tropenholzes Iroko und die "existentielle" Bedeutung der damit zusammenhängenden Fragen gezielt um fachliche Unterstützung gebeten. Es kam ihr erkennbar darauf an, für die künftige Produktion ihrer hochwertigen Güter aus diesem Holz umfassend das besondere Fachwissen der Kl. zu nutzen. Es ging daher nicht lediglich darum, der Bekl. im Rahmen normaler "Kundenpflege" praktische Hinweise für die Verwendung bestimmter Produkte zu geben. Vielmehr war die beratende Tätigkeit der Kl. auf ihrer Seite geprägt durch den Einsatz speziellen Fachpersonals und technischer Einrichtungen sowie durch umfangreiche praktische Versuche und Untersuchungen. Nach ihrem Gesamtbild entsprach die Beratung der Kl. mehr der Tätigkeit einer unabhängigen sachverständigen Einrichtung als der im Zusammenhang mit einem Kauf, sei es auch im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung, üblichen und erforderlichen Instruktion des Käufers durch den fachkundigen Verkäufer mit dem Ziel der Absatzförderung. Besonderes Gewicht kommt dem selbständigen Charakter dieser Beratung auch deshalb zu, weil die Anschaffung der Lackieranlage eine unternehmerische Entscheidung von erheblicher finanzieller Tragweite betraf und mit dem beabsichtigten Kauf von Produkten der Kl. nur mittelbar und keineswegs zwangsläufig zusammenhing.
c) Da nach alledem abweichend vom Regelfall hier ausnahmsweise ein selbständiges Beratungsverhältnis neben den kaufrechtlichen Beziehungen der Parteien jedenfalls für den Zeitraum ab April 1989 gegeben ist, kommt es für die Verjährungsfrage nicht mehr darauf an, ob sich die beratende Tätigkeit der Kl., wie die Revision geltend macht, ausschließlich auf die Verarbeitung der Lacke oder auf ihre generelle oder vertraglich vorausgesetzte Verwendungsfähigkeit bezog. Denn auch wenn letzteres zutrifft - wofür insbesondere die von der Bekl. gerügte Gelbfärbung und mangelnde Haftfähigkeit bei der Verwendung auf Irokoholz spricht -, greift die grundsätzlich anwendbare Vorschrift des § 477 I 1 BGB mit der kurzen kaufrechtlichen Verjährung (vgl. BGHZ 88, 130 [136ff.] = NJW 1983, 2697 = LM § 477 BGB Nr. 39) wegen der Selbständigkeit des Beratungsverhältnisses nicht ein. Schadensersatzansprüche wegen Verletzung einer derartigen Beratungspflicht verjähren vielmehr nach den allgemeinen Bestimmungen, mithin in 30 Jahren (§ 195 BGB).
III. Aufgrund des zwischen den Parteien zustande gekommenen selbständigen Beratungsvertrags war die Kl., wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 23. 7. 1997 ausgeführt hat, verpflichtet, die Bekl. umfassend und vollständig über alle mit der Beschichtung von Irokoholz verbundenen Risiken und geeignete Gegenmaßnahmen aufzuklären.
Das BerGer. hat sich - aus seiner Sicht folgerichtig - mit dieser Frage nicht näher befaßt. Für das Revisionsverfahren ist deshalb davon auszugehen, daß die Kl. ihre Beratungspflichten verletzt hat und der Bekl. mithin, sofern auch ein Ursachenzusammenhang gegeben ist, jedenfalls dem Grunde nach unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet ist. Hierzu hat die Bekl. bereits früher im einzelnen Tatsachen vorgetragen, die geeignet sind, den Vorwurf der fahrlässigen Schlechtberatung zu begründen. Diesem Vorbringen und der Frage der Kausalität wird das BerGer. in der neuen Berufungsverhandlung nachzugehen haben. 



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