Keine Verpflichtung des Verkäufers zur Zahlung
eines Transportvorschusses zum Nacherfüllungsort bei Bereitschaft des
Verkäufers zur Abholung der Kaufsache
BGH, Urteil vom 30. März 2022 - VIII ZR 109/20 - OLG
Karlsruhe
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des
Käufers setzt die Zurverfügungstellung der Kaufsache am Erfüllungsort der
Nacherfüllung voraus (im Anschluss an Senatsurteile vom
13. April 2011 - VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 13 ff.; vom
19. Juli 2017 - VIII ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 21, 27; vom 30.
Oktober 2019 - VIII ZR 69/18, NJW 2020, 389 Rn. 37). b) Erfordert die
Nacherfüllung hiernach eine Verbringung der Kaufsache an einen entfernt
liegenden Nacherfüllungsort und fallen beim Käufer hierfür Transportkosten
an, kann er im Falle eines Verbrauchsgüterkaufs grundsätzlich schon vorab
einen (abrechenbaren) Vorschuss zur Abdeckung dieser Kosten verlangen
(jetzt: § 475 Abs. 4 BGB; im Anschluss an Senatsurteile vom 13.
April 2011 - VIII ZR 220/10, aaO Rn. 37; vom
19. Juli 2017 - VIII ZR 278/16, aaO Rn. 29). c) Ein solcher Anspruch
auf Zahlung eines (abrechenbaren) Transportkostenvorschusses steht dem
Verbraucher grundsätzlich nicht zu, wenn der Verkäufer zu einer für den
Verbraucher unentgeltlichen Abholung der Kaufsache und deren Verbringung zum
Erfüllungsort bereit ist.
Zentrale Probleme:
Ein - eigentlich simpler - Kaufrechtsfall, in dessen
Zentrum die Frage steht, ob der Käufer für den Transport der mangelhaften
Sache zum Nacherfüllungsort Vorschuss auch dann verlangen darf, wenn der
Verkäufer sich bereit erklärt, die Kaufsache (hier: ein Pferd, § 90a BGB)
bei Käufer abzuholen, Der Senat verneint das mit sicherlich zutreffender
Argumentation. Da es sich hier um einen Altfall vor der erstmaligen
Kodifikation des Vorschussanspruches handelt, war noch auf die frühere Rspr.
abzustellen. Die Bezugnahme auf die Verbrauchsgüterkauf-Rl. ist dabei
ebenfalls intertemporal bedingt. Sie wurde inzwischen durch die
Warenkauf-Richtlinie abgelöst. Der Sache nach hat sich aber in Bezug auf
die vorliegende Problematik nichts geändert. Nach dem seit dem 1.1.2022
geltenden Kaufrecht ergibt sich der Anspruch auf Vorschuss aus § 475 Abs. 4
BGB, das hier ebenfalls Element, dass die Nacherfüllung dem Käufer keine
"erheblichen Unannehmlichkeiten" bereiten darf, ist in § 475 Abs. 5 BGB
kodifiziert. Deshalb kann man mit dem Senat ganz einfach sagen: Für
Aufwendungen, die nicht entstehen, gibt es weder Aufwendungsersatz noch
Vorschuss. Dass der Käufer dem Verkäufer die Kaufsache zum Zweck der
Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen hat, ergibt sich seit dem 1.1.2022
direkt aus § 439 Abs. 5 BGB, so dass man diese Frage nicht mehr als ein
Element der Fristsetzung bzw. des Nacherfüllungsverlangens in § 323 BGB
"einbauen" muss. Stellt der Käufer die Sache nicht zur Verfügung, hat der
Verkäufer gegen den Nacherfüllungsanspruch eine Einrede aus § 273 Abs. 1
BGB. Damit fehlt es in diesem Fall an der (ungeschriebenen)
Tatbestandsvoraussetzung des § 323 (und des § 281) eines nicht nur fälligen,
sondern auch durchsetzbaren Anspruchs.
©sl 2022
Tatbestand:
1 Die Klägerin erwarb als Verbraucherin am 15. Juni 2017 vom Beklagten
den fünf Jahre alten Oldenburger Wallach "D." zum Kaufpreis von 12.000 €.
2 Ab August 2017 rügte die Klägerin dem Beklagten gegenüber mehrmals ein
Zungenstrecken des Pferds und forderte ihn jeweils unter Fristsetzung zur
Mangelbeseitigung auf. Der Beklagte erklärte sich (mehrfach) zur
Nachbesserung bereit und bot an, das Pferd hierzu am Belegenheitsort
abzuholen. Die Klägerin lehnte eine Herausgabe des Pferds an den Beklagten
ab. Stattdessen forderte sie von ihm die Zahlung eines
Transportkostenvorschusses in Höhe von 1.200 €, um den Transport des Pferds
zum Beklagten selbst durchzuführen. Der Beklagte zahlte den geforderten
Vorschuss nicht.
3 Nach fruchtlosem Ablauf der zur
Nachbesserung - und zur Zahlung des Vorschusses - gesetzten Frist erklärte
die Klägerin mit Schreiben vom 4. September 2019 den Rücktritt vom
Kaufvertrag. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2019 wiederholte sie die
Rücktrittserklärung und vertrat die Auffassung, eine Fristsetzung
sei wegen endgültiger und ernsthafter Erfüllungsverweigerung entbehrlich.
4 Die zuletzt auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von
12.000 €, auf Erstattung von Aufwendungen in einer Gesamthöhe von 5.261,59 €
(Stallmiete, Sattelmiete, Reitausrüstung, Kosten für eine osteopathische
Behandlung, Kosten einer Haftpflicht- und Operationsversicherung, einer
Trense sowie Tierarztkosten) jeweils nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe
des Pferds, auf Feststellung des Annahmeverzugs des Beklagten und der
Pflicht zur Erstattung weiterer notwendiger Aufwendungen sowie auf Zahlung
vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage hat in den
Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
5 Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
6 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung -
soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen
ausgeführt:
7 Der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche
nicht zu, da die Voraussetzungen eines Rücktritts nicht vorlägen. Die
Klägerin habe dem Beklagten nicht erfolglos eine - vorliegend erforderliche
- Frist zur Nacherfüllung gesetzt (§ 437 Nr. 2, §§ 440, 323 Abs. 1, § 281
Abs. 1 BGB), da sie ihm das Pferd nicht so zur Nachbesserung angeboten habe,
dass dieser von seinem Nacherfüllungsrecht hätte Gebrauch machen können.
8 Dabei könne unterstellt werden, dass der Ankauf des Pferds im Rahmen
eines Verbrauchsgüterkaufs erfolgt sei. Ebenso könne davon ausgegangen
werden, das von der Klägerin beanstandete Zungenstrecken des Pferds stelle
einen - bereits bei Übergabe vorhandenen - Sachmangel dar. Dieser
Zungenfehler sei jedoch behebbar. Der Sachverständige habe vor dem
Landgericht ausgeführt, es handele sich um eine Schmerzäußerung des Pferds
und dieses Verhalten sei behandelbar, wobei die Behandlung sich schwieriger
gestalte, falls das Pferd sich das Zungenstrecken mittlerweile zur
Gewohnheit gemacht habe.
9 Damit sei die Klägerin
verpflichtet gewesen, dem Beklagten eine Mangelbeseitigung zu ermöglichen.
Dem sei sie nicht nachgekommen, da sie nicht bereit gewesen sei, das Pferd
vom Beklagten abholen zu lassen, so dass es an einem wirksamen Rücktritt vom
Kaufvertrag - durch Erklärung vom 4. September 2019 - fehle. Einen
Transportkostenvorschuss könne die Klägerin nicht verlangen, nachdem der
Beklagte die kostenfreie Abholung des Pferds angeboten habe.
10
Zwar habe die Klägerin bei einem - zu unterstellenden -
Verbrauchsgüterkauf einen Vorschussanspruch für die anfallenden
Transportkosten (§ 475 Abs. 6 BGB in der vom 1. Januar 2018 bis 31.
Dezember 2021 geltenden Fassung). Die Kostentragungsregelung des §
439 Abs. 2 BGB begründe in Fällen, in denen eine Nacherfüllung die
Verbringung der Kaufsache an einen entfernt liegenden Nacherfüllungsort
erfordere und bei dem Käufer deshalb Transportkosten zwecks Überführung
an diesen Ort anfielen, bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht nur einen
Erstattungsanspruch gegen den Verkäufer. Vielmehr könne der Käufer nach dem
Schutzzweck der von Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie geforderten Unentgeltlichkeit der
Nacherfüllung schon vorab einen (abrechenbaren) Vorschuss zur Abdeckung
dieser Kosten beanspruchen.
11 Danach komme es im
Zusammenhang mit der Nachbesserung allein darauf an, dass der Käufer nicht
mit Transportkosten belastet werde. Wie dies zu geschehen habe, bleibe
offen. Die Berechtigung des Verbrauchers, einen Vorschuss zu verlangen,
schließe es daher nicht aus, dass der Verkäufer den Transport für den Käufer
kostenfrei selbst übernehme.
12 Soweit die Klägerin der Auffassung
sei, eine Überlassung des Pferds an den Beklagten sei ihr insgesamt nicht
zuzumuten, da eine solche, wie auch der Transport, mit Unwägbarkeiten
verbunden sei, überzeuge dies nicht. Die von ihr angeführten Umstände,
wonach es sich um ein Tier handele, welches unter Stress leiden könne und
Gefahren, zum Beispiel durch Erkrankungen, ausgesetzt sei, begründeten keine
erheblichen Unannehmlichkeiten im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, sondern gehörten zum allgemeinen Risiko eines
Pferdehalters. Dies gelte erst recht, weil die Klägerin das Pferd
zur Teilnahme an Dressurturnieren erworben habe. Auch zu diesen Turnieren
hätte sie das Pferd transportieren müssen, womit Stress verbunden und das
Tier den Gefahren des Straßenverkehrs ausgesetzt gewesen wäre. Es sei weder
vorgetragen noch ersichtlich, dass ein Transport durch den Beklagten für das
Tier ein höheres Risiko in sich berge.
13 Anders als die
Klägerin meine, könne der Beklagte das Pferd nicht bei ihr untersuchen, da
es vorliegend nicht nur um die Feststellung eines Mangels gehe, sondern um
dessen Beseitigung. Dazu werde die Ursache des Zungenfehlers zu ermitteln,
der Fehler zu behandeln und, sollte dem Pferd dieses Verhalten zur
Angewohnheit geworden sein, was der Sachverständige nicht habe
ausschließen können, abzutrainieren sein.
14 Auch der Rücktritt vom
2. Dezember 2019 sei unwirksam. Insoweit mache die Klägerin ohne Erfolg
geltend, dass das gesamte Verhalten des Beklagten darauf schließen lasse, er
sei zur Nachbesserung nicht bereit, weshalb es einer Fristsetzung nicht
bedurft hätte.
II.
15 Diese Beurteilung hält rechtlicher
Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.
16 Das
Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend Ansprüche der Klägerin auf
Rückzahlung des Kaufpreises gemäß § 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB (in
der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Fassung; im Folgenden: aF), §
90a Satz 3, §§ 323, 346 Abs. 1 BGB und auf Ersatz frustrierter, vor der
Rücktrittserklärung erfolgter Aufwendungen nach § 437 Nr. 3 BGB, § 434 Abs.
1 Satz 1 BGB aF, § 90a Satz 3, §§ 284, 325 BGB (auch solche sind von der
Vorschrift des § 325 BGB erfasst - vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2019 -
VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 22 mwN) jeweils nebst Zinsen, Zug um Zug
gegen Rückgabe des Pferds, sowie auf Erstattung vorgerichtlicher
Rechtsanwaltskosten (§ 280 Abs. 1, 2, §§ 286, 288 Abs. 4 BGB) nebst Zinsen
verneint und die von der Klägerin darüber hinaus begehrte Feststellung des
Annahmeverzugs (§ 293 BGB) und der Verpflichtung des Beklagten, ihr alle
notwendigen zukünftigen vergeblichen Aufwendungen beziehungsweise
notwendigen Verwendungen für das Pferd zu ersetzen (§ 437 Nr. 3, § 280 Abs.
1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1, §§ 284, 325, § 347 Abs. 2 Satz 1 BGB), abgelehnt.
17 Die Klägerin ist nicht mit Schreiben vom 4. September 2019 wirksam
vom Kaufvertrag zurückgetreten. Dass die weiteren Rücktrittserklärungen der
Klägerin, insbesondere diejenige vom 2. Dezember 2019, unwirksam waren, hat
das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt; hiergegen bringt die
Revision Einwände nicht vor.
18 Zwar hat die Klägerin dem
Beklagten vor der Erklärung des Rücktritts eine Frist zur Beseitigung des
gerügten Mangels in Form eines Zungenstreckens des Pferds gesetzt. Sie ist
jedoch ihrer darüber hinaus bestehenden Obliegenheit, dem Beklagten eine
Gelegenheit zur Nacherfüllung - vorliegend in Form der von ihr geforderten
Nachbesserung - zu geben, nicht in gehöriger Weise nachgekommen, da sie ihm
das Pferd nicht zur Verfügung gestellt hat. Die Klägerin hat
die Abholung des Pferds durch den Beklagten verweigert, auf der eigenen
Verbringung zu dem beim Beklagten gelegenen Nacherfüllungsort bestanden und
diese von der Zahlung eines Transportkostenvorschusses abhängig gemacht.
Eine solche Zahlung konnte sie indes nicht verlangen, da der
Beklagte (durchgehend) bereit war, das Pferd zwecks Untersuchung und
Nachbesserung auf seine Kosten bei der Klägerin abzuholen.
19 1. Zugunsten der Klägerin ist auch im Revisionsverfahren zu unterstellen,
dass der Zungenfehler des Pferds aufgrund einer (behaupteten)
Beschaffenheitsvereinbarung, wonach sich dieses zu Dressurzwecken eignen
sollte, einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF darstellt
und dieser sowohl bei Übergabe als auch noch im Zeitpunkt der
Rücktrittserklärung (vgl. zur Maßgeblichkeit auch dieses
Zeitpunkts: Senatsurteile vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 315/18, BGHZ 226, 1 Rn.
43; vom 10. November 2021 - VIII ZR 187/20, NJW
2022, 686 Rn. 78, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) vorgelegen hat.
Ebenso ist das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs (§ 474 Abs. 1 BGB in der
bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung) zu unterstellen.
20 2.
Das Berufungsgericht ist im Ergebnis rechtsfehlerfrei davon ausgegangen,
dass die Klägerin nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten ist, da sie
dem Beklagten eine wirksame Frist zur Nacherfüllung nicht gesetzt hat.
21 a) Das Recht des Käufers, vom Vertrag gemäß § 437 Nr. 2 BGB
nach den Bestimmungen der §§ 440, 323 BGB zurückzutreten, setzt nach § 323
Abs. 1 BGB grundsätzlich voraus, dass der Käufer dem Verkäufer zuvor
erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung (§ 439 BGB) bestimmt hat.
Eine solche Fristsetzung war auch vorliegend erforderlich. Das
Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen
einen Fall, in welchem ausnahmsweise hiervon hätte abgesehen werden können -
insbesondere nach § 440 BGB -, verneint. Zwar hat die Klägerin (mehrfach)
eine Frist zur Nachbesserung gesetzt. Dennoch fehlt es an einem den
Anforderungen der § 323 Abs. 1, § 439 Abs. 1 BGB entsprechenden
Nacherfüllungsverlangen der Klägerin, so dass die Voraussetzungen für ein
Rücktrittsrecht nach § 437 Nr. 2 BGB in Verbindung mit § 323 BGB nicht
erfüllt sind.
22 b) Denn ein taugliches
Nacherfüllungsverlangen des Käufers muss nach der ständigen Rechtsprechung
des Senats - neben einer Fristsetzung - auch die Bereitschaft des Käufers
umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen
Mängelrügen am rechten Ort, nämlich dem Erfüllungsort der Nacherfüllung, für
eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen (vgl. auch
§ 439 Abs. 5 BGB in der ab dem 1. Januar 2022 geltenden Fassung; hierzu
BT-Drucks. 19/27424, S. 26 f.). Hierdurch soll es diesem ermöglicht
wer- den, die verkaufte Sache darauf zu überprüfen, ob der behauptete
Mangel besteht, ob er bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen
hat, auf welcher Ursache er beruht sowie ob und auf welche Weise er
beseitigt werden kann. Dementsprechend ist der Verkäufer grundsätzlich nicht
verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen,
bevor dieser ihm die Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung der Kaufsache
gegeben hat (Senatsurteile vom 23.
Februar 2005 - VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 228; vom
10. März 2010 - VIII ZR 310/08, NJW 2010, 1448
Rn. 12; vom 19. Dezember 2012 - VIII ZR 96/12,
NJW 2013, 1074 Rn. 24; vom 1. Juli 2015 - VIII ZR
226/14, NJW 2015, 3455 Rn. 30; vom 19. Juli
2017 - VIII ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 27; vom
30. Oktober 2019 - VIII ZR 69/18, NJW 2020, 389
Rn. 37). Diese Gelegenheit zur Untersuchung des Pferds am
Erfüllungsort hat die Klägerin dem Beklagten nicht gewährt.
23 c) Das Berufungsgericht ist der Sache nach rechtsfehlerfrei und von
der Revision unangegriffen davon ausgegangen, dass der Erfüllungsort der
Nachbesserung (vgl. hierzu Senatsurteile vom
13. April 2011 - VIII ZR
220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 20 ff.; vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 278/16, aaO
Rn. 21 ff.; vom 30. Oktober 2019 - VIII ZR 69/18, aaO) vorliegend am
(Wohn-)Sitz des Beklagten liegt.
24 Zur Beurteilung, ob das gerügte
Zungenstrecken gegeben ist, zur Ermittlung von dessen Ursache sowie zu einer
etwaigen Behandlung ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine
auf gewisse Zeit angelegte Obhut des Beklagten über das Pferd und eine nach
seinen Dispositionen jederzeit mögliche Einwirkung notwendig. Dies stellt
auch die Klägerin nicht in Frage, die gerade einen Transportkostenvorschuss
zwecks Verbringung des Pferds zum Beklagten fordert, diesen "im Hinblick auf
die erhebliche Entfernung des Standortes [des Pferds] zum Wohnort" des
Beklagten mit 1.200 € bemessen und ausgeführt hat, das Pferd werde nach Eingang dieses
Transportkostenvorschusses "sofort an den Erfüllungsort der Nacherfüllung
verbracht".
25 d) Hierdurch ist die Klägerin ihrer Obliegenheit, die
Kaufsache zur Verfügung zu stellen nicht nachgekommen, da sie die gebotene
Verbringung des Pferds zum Beklagten selbst ausführen wollte und diese von
der Zahlung eines Transportkostenvorschusses abhängig gemacht hat, obgleich
der Beklagte von Anfang an bereit war, das Pferd auf seine Kosten bei der
Klägerin beziehungsweise an dessen Standort abzuholen. Denn aufgrund dieses
Angebots des Beklagten zu einer für die Klägerin kostenfreien Abholung des
Pferds konnte sie die Zahlung eines Transportkostenvorschusses nicht
verlangen.
26 aa) Zwar hat ein Verbraucher unter bestimmten Voraussetzungen
einen Anspruch auf Zahlung eines Transportkostenvorschusses gegen den
Verkäufer.
27 Anders als das Berufungsgericht meint, kann ein solcher
Anspruch vorliegend nicht aus § 475 Abs. 6 BGB aF (jetzt: § 475 Abs. 4 BGB)
hergeleitet werden. Diese Vorschrift wurde erst durch Art. 1 Nr. 10 des
Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung der kaufrechtlichen
Mängelhaftung, zur Stärkung des zivilprozessualen Rechtsschutzes und zum
maschinellen Siegel im Grundbuch- und Schiffsregisterverfahren vom 28. April
2017 (BGBl. I S. 969) mit Wirkung zum 1. Januar 2018 eingeführt. Somit sind
auf den im Juni 2017 geschlossenen Kaufvertrag gemäß Art. 229 § 39 EGBGB die
Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 31. Dezember 2017
geltenden Fassung anzuwenden.
28 Jedoch entsprach es schon vor Einführung
des § 475 Abs. 6 BGB aF ständiger Rechtsprechung des Senats, dass ein
solcher Vorschussanspruch aus der Vorschrift des § 439 Abs. 2 BGB folgt.
Hiernach hat ein Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen
Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten
zu tragen. Dabei handelt es sich um eine Kostentragungsregelung mit
Anspruchscharakter, welche die von Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie geforderte Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung
gewährleisten soll (Senatsurteil vom 30. April 2014 - VIII ZR 275/13, BGHZ
201, 83 Rn. 11 mwN). Dies begründet in Fällen, in denen eine Nacherfüllung
die Verbringung des Kaufgegenstands an einen entfernt
liegenden Nacherfüllungsort erfordert und bei dem Käufer deshalb
Transportkosten zwecks Überführung der Kaufsache an diesen Ort anfallen,
aber nicht nur einen Erstattungsanspruch gegen den Verkäufer. Vielmehr kann
der Käufer in solchen Fällen nach dem Schutzzweck des
Unentgeltlichkeitsgebots grundsätzlich schon vorab einen (abrechenbaren)
Vorschuss zur Abdeckung dieser Kosten beanspruchen. Denn die dem Verkäufer
auferlegte Verpflichtung, die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der
Kaufsache unentgeltlich zu bewirken, soll den Verbraucher vor drohenden
finanziellen Belastungen schützen, die ihn in Ermangelung eines solchen
Schutzes davon abhalten könnten, solche Ansprüche geltend zu machen. Ein
solcher Hinderungsgrund kann sich auch daraus ergeben, dass der Verbraucher
mit entstehenden Transportkosten in Vorlage treten muss (Senatsurteile vom
13. April 2011 - VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196
Rn. 37; vom 21. Dezember 2011
- VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 49 f.; vom 19. Juli 2017 - VIII ZR
278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 29; vgl. auch EuGH, Urteil vom 23. Mai 2019 -
C-52/18, NJW 2019, 2007 Rn. 51 mwN). Für ein taugliches
Nacherfüllungsbegehren reicht es daher aus, wenn der Käufer zeitnah einen -
nicht ersichtlich unangemessenen - Transportkostenvorschuss vom Verkäufer
anfordert und alternativ bereit ist, dem Verkäufer selbst die Durchführung
des Transports zu überlassen (Senatsurteil vom
19. Juli 2017 - VIII ZR
278/16, aaO Rn. 19; vgl. auch Senatsurteil vom 13. April 2011 - VIII ZR
220/10, aaO Rn. 44).
29 bb) Nach diesen Grundsätzen besteht, was das
Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat, ein Anspruch der
Klägerin auf Zahlung eines Transportkostenvorschusses nicht.
30 (1) Dies folgt bereits aus dem Inhalt dieses Vorschussanspruchs,
der - wie ausgeführt - verhindern soll, dass der Verbraucher mit
entstehenden Transportkosten in Vorlage treten muss.
31 Derartiges hat
die Klägerin nicht zu befürchten. Aufgrund der Bereitschaft des Beklagten,
das Pferd abzuholen, entstehen der Klägerin keine Auslagen, für welche sie
in Vorlage treten müsste. Daher kann die Revision auch nicht mit Erfolg auf
den Anspruchscharakter abstellen und anführen, der Käufer sei (stets) für
den Transport zuständig und der Verkäufer habe (stets) die Kosten dafür
zu tragen sowie einen Vorschuss zu leisten. Zwar hat der Verbraucher einen
Anspruch auf Aufwendungsersatz. Wenn jedoch - wie hier - Aufwendungen
nicht entstehen (werden), besteht auch kein Anspruch. Vielmehr hat der
Beklagte, worauf die Revisionserwiderung zutreffend verweist, durch seine
Bereitschaft zur Abholung des Pferds eine im Vergleich zum Transport durch
die Klägerin "günstigere Alternative" (vgl.
Senatsurteil vom 13. April 2011
- VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 44) angeboten.
32 (2)
Der Sinn und
Zweck des Vorschussanspruchs gebietet es nicht, ihn auch demjenigen Käufer
zu gewähren, gegenüber dem der Verkäufer zu einer - für den Käufer
kostenfreien - Abholung der Kaufsache bereit ist.
33 Wie ausgeführt, soll
der Käufer mittels des Vorschussanspruchs vor finanziellen Belastungen
geschützt werden, die ihn davon abhalten könnten, seine Ansprüche auf
Herstellung des vertragsgemäßen Zustands geltend zu machen. Ist der
Verkäufer - wie hier - bereit, die Kaufsache zwecks Nachbesserung
beim Käufer abzuholen und auf seine Kosten zum Erfüllungsort zu verbringen,
erleidet der Käufer keine finanziellen Nachteile und wird somit auch
nicht von der Geltendmachung seiner Rechte abgehalten. Ihm wird eine
Mangelbeseitigung ohne Einsatz eigener Mittel und sonstiger Vorleistungen
ermöglicht (vgl. hierzu Senatsurteil vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 278/16, NJW
2017, 2758 Rn. 33). Der Schutz des Käufers ist gewährleistet, da
Transportkosten zu seinen Lasten erst gar nicht entstehen (vgl. auch OLG
Köln, NJW-RR 2019, 308 Rn. 2; Staudinger/Kaiser, Eckpfeiler des Zivilrechts,
7. Aufl., Rn. H 59).
34 (3) Der Versagung eines
Transportkostenvorschusses in Fällen wie dem vorliegenden stehen die
Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht entgegen. Denn der
Schutzzweck des Unentgeltlichkeitsgebots aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4
der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie verlangt gerade nicht, dass der Verkäufer
für die Transportkosten "systematisch in Vorkasse" treten müsste, sondern
gebietet vielmehr einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des
Verbrauchers und denjenigen des Verkäufers (vgl. EuGH, Urteil vom 23.
Mai 2019 - C-52/18, NJW 2019, 2007 Rn. 54). Dabei sind nicht nur die
Interessen des Verbrauchers zu wahren, indem ihm ein umfassender und
wirksamer Schutz dagegen gewährt wird, dass der Verkäufer seine
vertraglichen Verpflichtungen schlecht erfüllt, sondern es ist auch ein
gerechter Ausgleich mit den vom Verkäufer angeführten wirtschaftlichen
Überlegungen zu gewährleisten (vgl. EuGH, Urteile vom 16. Juni 2011 -
C-65/09 und C-87/09, Slg. 2011, I-5257 Rn. 75 - Gebr. Weber und Putz; vom
23. Mai 2019 - C-52/18, aaO Rn. 41, 52). Hiernach ist dem zur Nachbesserung
verpflichteten Verkäufer das für ihn im Einzelfall wirtschaftlich günstigere
Abholen der Kaufsache zu gestatten, wodurch die Unentgeltlichkeit der
Nachbesserung für den Käufer im Ergebnis gewahrt ist.
35 (4) Zur Begründung
ihrer gegenteiligen Ansicht kann sich die Revision nicht mit Erfolg auf Art.
3 Abs. 3 Satz 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie berufen, wonach die
Nachbesserung oder die Ersatzlieferung für den Verbraucher ohne erhebliche Unannehmlichkeiten erfolgen muss, und
kann insoweit auch nicht - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat -
auf die "Art des Verbrauchsguts" abstellen.
36 (a) Zwar verweist die
Revision insoweit noch zutreffend darauf, dass die Beurteilung der
erheblichen Unannehmlichkeit für den Verbraucher nicht allein auf
finanzielle Aspekte beschränkt ist (vgl. Senatsurteil vom 13. April 2011 -
VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 41). Jedoch stellt nicht jeglicher
Aufwand des Käufers im Zuge der Nacherfüllung eine erhebliche Belastung für
ihn dar. Der Verbraucher muss nicht vor sämtlichen Unannehmlichkeiten
geschützt werden; vielmehr ist ihm ein gewisses Maß an Unannehmlichkeiten
zumutbar (vgl. Senatsurteil vom 13. April 2011 - VIII ZR 220/10, aaO Rn.
43). Entscheidend ist auch hier, dass der Käufer keiner Belastung ausgesetzt
wird, die geeignet wäre, einen durchschnittlichen Verbraucher von der
Geltendmachung seiner Ansprüche abzuhalten (vgl. EuGH, Urteil vom 23. Mai
2019 - C-52/18, NJW 2019, 2007 Rn. 40).
37 (b) Eine solche Belastung bringt
die Klägerin nicht vor.
38 (aa) Soweit sie allgemein auf ein angebliches
Transportrisiko für das Pferd abstellt, handelt es sich um eine mit der
Nachbesserung regelmäßig einhergehende Belastung. Ein solches Risiko zu
tragen, ist die Klägerin gegen Zahlung eines Transportkostenvorschusses
bereit. Damit hat sie selbst zu erkennen gegeben, dass bei einem vorab zu
leistenden finanziellen Ausgleich das mit einem Transport des Pferds
verbundene Risiko - auch über eine längere Strecke - grundsätzlich für sie
keine, zumindest keine erhebliche Unannehmlichkeit bedeutet.
39 (bb) Die von
der Klägerin weiter angeführte Einschränkung in der "eigenen
Alltagsorganisation" infolge der Abholung des Pferds durch den Beklagten
geht ebenfalls nicht über die mit der Durchführung jeder Nachbesserung
einhergehende zeitliche Inanspruchnahme eines Käufers hinaus (vgl.
Senatsurteil vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 26).
Zudem müsste die Klägerin auch im Falle der eigenen Ausführung des
Transports sicherstellen, dass der Beklagte das Pferd am Erfüllungsort in
Empfang nehmen kann, und sich daher terminlich mit diesem abstimmen, was
sich im Rahmen des ohnehin notwendigen Zusammenwirkens der Vertragsparteien
hält. Die von der Klägerin als erforderlich angesehene Vorbereitung des
Pferds auf den Transport durch eine Bezugsperson, der das Tier vertraue, ist
ihr auch dann möglich, wenn der Beklagte das Pferd - nach vorheriger
Terminabstimmung - bei ihr abholt.
40 Soweit die Klägerin
schließlich eine Transportstrecke von mehreren hundert Kilometern - in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat demgegenüber eine solche von etwa 1.000
Kilometern -, eine erhebliche Verletzungsgefahr für das Pferd und damit ein
aus ihrer Sicht bestehendes "spezifisches Risiko" anführt, hat das
Berufungsgericht zutreffend darauf abgestellt, der Transport des Tiers
gehöre zum "allgemeinen Risiko" jedes Pferdehalters und hieraus folge keine
erhebliche Unannehmlichkeit, aufgrund derer die Klägerin auf der
Zahlung eines Transportkostenvorschusses trotz der Abholbereitschaft des
Beklagten bestehen könne. Feststellungen dazu, dass die vorgenannten Risiken
bei einem Transport durch den Beklagten höher wären als bei einem solchen
durch die Klägerin, hat das Berufungsgericht nicht getroffen; übergangenen
Sachvortrag zeigt die Revision nicht auf.
41 3. Mangels tauglichen
Nacherfüllungsverlangens und damit mangels wirksamen Rücktritts stehen der
Klägerin auch Ansprüche auf Ersatz entstandener beziehungsweise künftiger
vergeblicher Aufwendungen und notwendiger Verwendungen (§ 437 Nr. 3 BGB, §
434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF, § 90a Satz 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz
1, §§ 284, 325, § 347 Abs. 2 Satz 1 BGB; vgl. hierzu Senatsurteile vom 15.
November 2006 - VIII ZR 3/06, BGHZ 170, 31 Rn. 41; vom 29. April 2015 - VIII
ZR 180/14, BGHZ 205, 151 Rn. 38) sowie auf Feststellung des Annahmeverzugs
(§ 293 BGB) nicht zu. Damit scheidet auch ein Anspruch auf Zahlung
vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (§ 280 Abs. 1, 2, §§ 286, 288 Abs. 4
BGB) aus.
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