Voraussetzungen einer
Beschaffenheitsgarantie beim Kauf; Fehlerbegriff (§ 434 BGB):
Voraussetzungen einer Beschaffenheitsvereinbarung (subjektiver
Fehlerbegriff); Werbeaussagen als Bestandteil des objektiven Fehlerbegriffs;
deliktische Haftung bei mangelhafter Kaufsache
BGH, Urteil vom 17. März
2010 - VIII ZR 253/08
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Zur Frage der Einstandspflicht des
Verkäufers von Kunststoffverschlüssen für Weinflaschen im Hinblick auf die
Haltbarkeit der damit verschlossenen Weine.
Zentrale Probleme:
Eine interessante Entscheidung zum alten und neuen
Kaufrecht. Im Kern geht es um die verschuldensunabhängige
Schadensersatzhaftung des Verkäufers. Früher war dafür eine
Eigenschaftszusicherung erforderlich (§ 463 BGB a.F.), heute bedarf es einer
Beschaffenheitsgarantie (§ 276 I BGB). Die Anforderungen sind identisch (so
schon
BGH NJW 2006, 434;
BGHZ 159, 215, 218 sowie
insbesondere BGH NJW 2007, 1346, Tz. 20
): Aus Sicht des Käufers muß der Wille des Verkäufers erkennbar sein, in
vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer
Eigenschaft der Kaufsache zu übernehmen, und der Verkäufer damit seine
Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser
Eigenschaft ohne Verschulden einzustehen. Das darf nicht vorschnell
angenommen werden. Da der Fall u.U. auch nach "neuem" Kaufrecht zu
beurteilen ist, prüft der Senat sowohl das alte als auch das neue Recht.
Unter letzterem käme auch ein Sachmangel in Bezug auf eine Werbeaussage (§
434 I S. 3 BGB) in Betracht (s. dazu auch
BGH NJW 2009, 1337).
Interessant ist auch die Frage der deliktischen Haftung. Insofern gleicht
der Fall dem "Weinkorken-Fall"
BGHZ 101, 337:
Wenn durch die mangelhaften Korken Weine des Käufers beschädigt wurden, ist
ein Anspruch aus § 823 I BGB gegeben, denn hier geht dann nicht mehr um den
Mangelunwert der Kaufsache, sondern um Schädigungen am sonstigen Vermögen.
Das hat mit der "Weiterfresser"-Problematik also nichts zu tun (s. dazu etwa
s. dazu ausf. Anmerkungen zu
BGH v.
12.12.2000, VI ZR 242/99 sowie zu
BGH NJW 2004,
1032 und
BGH NJW 2005, 1423).
©sl 2010
Tatbestand:
1 Die Klägerin betreibt ein Weingut. Die Beklagte produziert
und vertreibt unter anderem Kunststoffkorken für Weinflaschen. Die Klägerin
bestellte bei der Beklagten über den Handelsvertreter H. ab April 2000
insgesamt
93.489 Kunststoffkorken; die letzten Bestellungen über jeweils 20.000 Stück
datieren vom 12. März und 4. Mai 2002. Im Jahr 2005 liefen erstmals
Reklamationen von Kunden der Klägerin ein, dass die mit Kunststoffkorken der
Beklagten verschlossenen Weine ungenießbar seien. Am 5. Juli 2005 teilte die
Klägerin dies der Beklagten mit.
2 Mit der Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von insgesamt
129.285,51 € in Anspruch genommen. Zur Begründung hat sie vorgetragen,
sämtliche ihrer mit Kunststoffkorken der Beklagten verschlossenen Weine
seien aufgrund des unzureichenden Oxidationsschutzes der Verschlüsse binnen
eines Zeitraums von zwei bis drei Jahren ungenießbar geworden. In dem mit
dem Handelsvertreter H. geführten Verkaufsgespräch sei ihr jedoch
zugesichert worden, dass mit den Kunststoffkorken eine qualitätssichernde
Verkorkungsdauer von mindestens fünf bis sechs Jahren erzielt werden könne.
Aufgrund der nicht eingehaltenen Zusicherung sei Wein im Verkaufswert von
114.129,67 € ungenießbar geworden. Für den verdorbenen Wein seien der
Klägerin Lagerkosten in Höhe von 5.196,78 € sowie Entsorgungskosten in Höhe
von 6.184,06 € entstanden. Zudem habe sie Nacherfüllungsforderungen ihrer
Kunden erfüllen müssen, die weitere Schäden in Höhe von 3.775 € verursacht
hätten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat
der Klägerin unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung Schadensersatz
in Höhe von 60.209,41 € nebst Zinsen zuzüglich einer monatlichen Zahlung von
138 € auf die insgesamt zu erwartenden Entsorgungskosten zugesprochen.
3 Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die
Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
4 Die Revision hat Erfolg.
I.
5 Das Berufungsgericht hat - soweit revisionsrechtlich von Interesse -
ausgeführt:
6 Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gemäß §
463 Satz 1, § 459 Abs. 2 BGB aF, da den von ihr vertriebenen
Kunststoffkorken eine von der Beklagten zugesicherte Eigenschaft gefehlt
habe. Der Klägerin sei jedenfalls konkludent zugesichert worden, dass auch
mit der Verwendung von Kunststoffkorken, ähnlich wie bei der Verwendung von
Naturkorken, eine Lagerfähigkeit der hiermit verschlossenen Weine von fünf
bis sechs Jahren ermöglicht werde. Diese Zusicherung sei nicht eingehalten
worden, da mit den von der Beklagten vertriebenen Kunststoffkorken
üblicherweise nur eine Lagerfähigkeit des Weines von maximal drei Jahren
erreicht werde.
7 Die Zusicherung ergebe sich vorliegend zum einen aus dem von der Beklagten
verbreiteten Werbematerial, mit dem Kunststoffkorken als "Alternative zum
Naturkork" beworben worden seien. Diese Werbung sei im Zusammenhang mit dem
auf der Website des Handelsvertreters H. befindlichen Hinweis zu sehen, mit
der Verwendung von Kunststoffkorken könne eine "enorme Qualitätssicherung
für Ihre Kunden" erreicht werden. Zudem habe der Handelsvertreter der
Beklagten unstreitig die mit Naturkork vergleichbare Lagerfähigkeit des
Weines eigens hervorgehoben, indem er im Kundengespräch mit einem Vertreter
der Klägerin darauf hingewiesen habe, dass einzelne Winzer sogar Weine mit
typisch langer Lagerzeit (z.B. Beerenauslesen) mit Kunststoffkorken der
Beklagten verschlössen. Mit dem Einwand, der Zeuge H. habe durch diese
Bemerkung lediglich auf den Wagemut einiger Winzer verweisen wollen, könne
die Beklagte nicht gehört werden, denn es komme nicht darauf an, wie die
Beklagte die Bemerkung verstanden wissen wolle, sondern allein darauf, wie
die Klägerin sie aus ihrem objektiven Empfängerhorizont habe verstehen
dürfen. Angesichts der dem Handelsvertreter der Beklagten für die
Kaufentscheidung der Klägerin bekannten Bedeutung der Lagerfähigkeit habe
die Klägerin die Aussage dahin verstehen dürfen, dass mit Kunststoffkorken
die gleiche Lagerfähigkeit des Weines erreicht werde wie durch die
Verwendung von Naturkorken, zumal diese Erklärung durch die Benennung von
Referenzadressen anderer Winzer noch verstärkt worden sei.
II.
8 Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher
Nachprüfung nicht stand. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen
vermögen seine Auffassung, der Klägerin sei konkludent eine Eigenschaft
zugesichert worden, nicht zu tragen.
9 Jedenfalls soweit Lieferungen der Beklagten auf Bestellungen der Klägerin
vor dem 1. Januar 2002 beruhen, sind gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 BGB die bis
zum 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches
anwendbar. Danach besteht eine vertragliche Haftung der Beklagten gemäß §
463 Satz 1, § 459 Abs. 2 BGB aF nicht.
10 Ob eine Angabe zur Kaufsache lediglich deren Beschreibung dient (§ 459
Abs. 1 aF BGB) oder mit ihr eine Eigenschaft zugesichert wird (§ 459 Abs. 2
BGB aF), ist wie bei jeder Willenserklärung nach anerkannten
Auslegungsgrundsätzen (§§ 133, 157 BGB) in erster Linie danach zu
beurteilen, in welchem Sinn sie der Geschäftsgegner als Erklärungsempfänger
verstehen durfte. Entscheidend für die Annahme einer Zusicherung ist, dass
aus Sicht des Käufers der Wille des Verkäufers erkennbar wird, in
vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer
Eigenschaft der Kaufsache zu übernehmen, und der Verkäufer damit seine
Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser
Eigenschaft einzustehen (Senatsurteile vom 17. April 1991 - VIII ZR
114/90, WM 1991, 1224, unter II 2 a aa; vom 21. April 1993 - VIII ZR 113/92,
NJW 1993, 1854, unter II 1 a; vgl. auch
Senatsurteil vom 29. November 2006 - VIII ZR 92/06, NJW 2007, 1346, Tz. 20
zur Beschaffenheitsgarantie nach § 443 Abs. 1 Alt. 1, § 444 Alt. 2 BGB;
jeweils m.w.N.). Die Einstandspflicht des Verkäufers erstreckt sich
hierbei gemäß § 463 Satz 1 BGB aF auch auf die Verpflichtung zum
Schadensersatz, wobei Schadensersatz selbst dann zu leisten ist, wenn den
Verkäufer hinsichtlich des Fehlens der zugesicherten Eigenschaft kein
Verschulden trifft (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB), während dem Käufer
gemäß § 464 BGB aF nur positive Kenntnis des Mangels schadet
(Senatsurteile vom 13. Mai 1998 - VIII ZR 292/97, WM 1998, 1590, unter II;
vom 20. März 1996 - VIII ZR 109/95, WM 1996, 1592, unter II 1 b). Mit
Rücksicht auf diese weitreichenden Folgen ist insbesondere bei der Annahme
einer - grundsätzlich möglichen - konkludenten Übernahme einer solchen
Einstandspflicht Zurückhaltung geboten (BGHZ 128, 111, 114; 132, 55, 57 ff.;
Senatsurteil vom 13. Dezember 1995 - VIII ZR 328/94, WM 1996, 452, unter II
2 a; jeweils m.w.N.).
11 Ausgehend hiervon reichen die vom Berufungsgericht festgestellten
Umstände im Streitfall nicht aus, um eine konkludente Zusicherung der
Beklagten des Inhalts annehmen zu können, mit den von ihr vertriebenen
Kunststoffkorken werde, ähnlich wie bei Naturkorken, eine Lagerfähigkeit des
hiermit verschlossenen Weines von fünf bis sechs Jahren oder länger
ermöglicht. Sowohl die Broschüre der Beklagten, mit der Kunststoffkorken
als "Alternative zum Naturkork" beworben wurden, als auch der Hinweis auf
der Website des Handelsvertreters der Beklagten, mit der Verwendung von
Kunststoffkorken könne eine "ernorme Qualitätssicherung für Ihre Kunden"
erreicht werden, erschöpfen sich in der anpreisenden Beschreibung der
Kaufsache, der ein Haftungswille nicht entnommen werden kann. Daran vermag
auch die - unstreitige - Äußerung des Handelsvertreters der Beklagten,
einige Winzer verschlössen sogar langlebige Weine mit Kunststoffkorken,
nichts zu ändern. Entgegen der Auffassung der Revision hat es das
Berufungsgericht allerdings aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin
zutreffend als zweifelhaft erachtet, hierin lediglich einen Hinweis auf den
Wagemut mancher Winzer zu sehen. Es erscheint jedenfalls - je nach dem
Gesprächskontext, in dem die Bemerkung fiel - nicht ausgeschlossen, dass die
Klägerin diese Bemerkung dahin verstehen durfte, die Beklagte sei damals der
Auffassung gewesen, ein verantwortungsbewusster Winzer könne selbst
langlebige Weine mit Kunststoffkorken der Beklagten fachgerecht und
qualitätssichernd verschließen. Eine konkludente Zusicherung, mit
Kunststoffkorken der Beklagten verschlossene Weine hätten die gleiche
Haltbarkeit wie mit Naturkorken verschlossene Weine, liegt hierin jedoch
noch nicht. Denn es fehlt jeder Anhaltspunkt für die Annahme, mit den
Angaben habe die Beklagte - aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin - in
vertragsmäßig bindender Weise die Bereitschaft zu erkennen gegeben, für alle
Folgen des Fehlens dieser Beschaffenheit verschuldensunabhängig einstehen zu
wollen.
III.
12 Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), da der Senat in der Sache nicht
abschließend entscheiden kann. Der von der Klägerin erhobene Anspruch
richtet sich ausschließlich auf den Ersatz von ihr behaupteter
Mangelfolgeschäden, die ihr durch die Verwendung von Kunststoffkorken der
Beklagten entstanden seien. Ob die hierauf gerichtete Klage insgesamt
abweisungsreif ist, kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen
derzeit nicht abschließend beurteilt werden.
13 1. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin bisher nur auf der
Grundlage der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften des
Bürgerlichen Gesetzbuches unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Fehlens
einer zugesicherten Eigenschaft (§ 459 Abs. 2, § 463 Satz 1 BGB aF) geprüft.
Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin könnte sich jedoch auch aus
positiver Vertragsverletzung ergeben, falls die von der Beklagten
gelieferten Kunststoffkorken einen Fehler aufwiesen, der ihre Tauglichkeit
zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufhob oder beeinträchtigte
(§ 459 Abs. 1 BGB aF), und dadurch ein Schaden an weiteren Rechtsgütern der
Klägerin - hier dem Wein - entstanden ist. Ein derartiger Mangel könnte sich
nach den bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen aus der
Äußerung des Handelsvertreters der Beklagten ergeben, einige Winzer
verschlössen selbst langlebige Weine (z.B. Beerenauslesen) mit
Kunststoffkorken der Beklagten. Denn dieser Erklärung könnte - wie dargelegt
(siehe oben II) - aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin unter Umständen
entnommen werden, ein verantwortungsbewusster Winzer könne selbst langlebige
Weine, die regelmäßig eine längere als die durch den Verschluss mit
Kunststoffkorken üblicherweise erreichbare Haltbarkeit von drei Jahren
aufweisen, mit den Produkten der Beklagten fachgerecht und qualitätssichernd
verschließen. Ob der Bemerkung dieser Sinngehalt beigemessen werden kann und
sie mit diesem Verständnis Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen der
Parteien geworden ist, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden;
denn es kommt entscheidend auf den gesamten Gesprächskontext an, in dem die
Erklärung des Handelsvertreters fiel. Hierzu hat das Berufungsgericht
bislang keine Feststellungen getroffen. Auch rügt die Revision in diesem
Zusammenhang zu Recht, dass das Berufungsgericht insoweit erheblichen
Sachvortrag der Beklagten übergangen hat.
Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass es in den
Verkaufsgesprächen mit dem Zeugen H. um den Verschluss sogenannter "schnell
drehender Weine" gegangen sei, die üblicherweise innerhalb von ein bis zwei
Jahren getrunken würden. Damit hat sich das Berufungsgericht bislang nicht
auseinandergesetzt. Dies wird nachzuholen sein. Denn sollte dies zutreffen,
konnte die Klägerin eine längere, über drei Jahre hinausgehende Haltbarkeit
der mit Kunststoffkorken der Beklagten verschlossenen Weine bereits nach dem
Vertragszweck nicht erwarten.
14 Wie die Revision zutreffend ausführt, wird sich das Berufungsgericht
darüber hinaus - neben dem Gesichtspunkt des Verschuldens (§ 276 Abs. 1 Satz
1 BGB) - auch mit dem Vorbringen der Beklagten zu beschäftigen haben, der
Klägerin sei bereits ab Mitte des Jahres 2001 bekannt gewesen, dass die
Kunststoffkorken der Beklagten einen zuverlässigen Oxidationsschutz nicht
gewährleisteten. Hierauf könnte eine protokollierte Aussage der Klägerin im
Termin vor dem Landgericht am 3. September 2007 hindeuten, wonach die
Klägerin erklärt habe, dass ihr im Jahre 2001 ein "penetranter Geschmack der
Weine" aufgefallen sei, der "mit den Kunststoffkorken der Beklagten zu tun"
gehabt habe.
15 2. Das Berufungsgericht hat für seine rechtliche Würdigung ausschließlich
die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen
Gesetzbuches herangezogen. Dies ist indes nach den getroffenen
Feststellungen nicht zweifelsfrei, denn danach hat die Klägerin am 12. März
und 4. Mai 2002 jeweils 20.000 Korken bestellt. Weitere Feststellungen zu
Inhalt und Ausgestaltung der Lieferbeziehungen der Parteien sind in den
Tatsacheninstanzen nicht getroffen worden. Auf dieser Grundlage kann derzeit
nicht beurteilt werden, ob die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden
Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches auch auf die im Jahr 2002
erfolgten Bestellungen anwendbar sind. Denn dies wäre gemäß Art. 229 § 5
Satz 2 EGBGB nur dann der Fall, wenn sich die Lieferbeziehung der Parteien
als vor dem 1. Januar 2002 entstandenes, bis in das Jahr 2002 hinein
reichendes Dauerschuldverhältnis darstellen würde. Dies wäre etwa
anzunehmen, wenn bereits im Jahr 2000 eine verbindliche Liefervereinbarung
über von der Klägerin sukzessive abzurufende Teilmengen zustande gekommen
wäre. Sollten sich die Bestellungen der Klägerin hingegen als jeweils
selbständige Kaufverträge darstellen, sind auf die Bestellungen der Klägerin
aus dem Jahr 2002 die ab dem 1. Januar 2002 geltenden Vorschriften des
Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden. In diesem Fall wären für die aufgrund
der Bestellungen aus dem Jahr 2002 gelieferten Korken lediglich Ansprüche
der Klägerin aus einer Beschaffenheitsgarantie gemäß § 443 BGB zu verneinen,
da hierfür die gleichen - hier nicht vorliegenden (siehe oben II) -
Anforderungen erfüllt sein müssen wie bei einer zugesicherten Eigenschaft
nach § 459 Abs. 2 BGB aF (Senatsurteil vom 29.
November 2006, aaO). Dagegen käme nach dem seit dem 1. Januar 2002
geltenden Recht hinsichtlich der Bestellungen vom 14. März und 4. Mai 2002
ein (allerdings verschuldensabhängiger) Schadensersatzanspruch der Klägerin
aus § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB in Betracht.
16 a) Gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt ein Sachmangel der Kaufsache vor,
wenn dieser eine vertraglich vereinbarte Beschaffenheit fehlt. Eine
derartige Beschaffenheitsvereinbarung könnte sich nach den bislang vom
Berufungsgericht getroffenen Feststellungen, je nach dem Gesprächskontext,
aus der Äußerung des Handelsvertreters der Beklagten ergeben, einige Winzer
verschlössen selbst langlebige Weine (z.B. Beerenauslesen) mit
Kunststoffkorken der Beklagten (siehe oben III 1). Auch hinsichtlich dieses
möglichen Anspruchs der Klägerin wird sich das Berufungsgericht mit der von
der Beklagten behaupteten Kenntnis der Klägerin von der mangelnden Eignung
der Produkte der Beklagten zu beschäftigen haben (§ 442 Abs. 1 Satz 1 BGB).
17 b) Sollte das Berufungsgericht eine Beschaffenheitsvereinbarung nach §
434 Abs. 1 Satz 1 BGB verneinen, könnte sich die Mangelhaftigkeit der
Kunststoffkorken aus § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Satz 3 BGB ergeben, da die
Kunststoffkorken von der Beklagten als "Alternative zum Naturkork" beworben
wurden, mit deren Verwendung nach den Aussagen auf der Website des
Handelsvertreters H. eine "enorme Qualitätssicherung für Ihre Kunden"
erreicht werden könne. Die öffentlichen Äußerungen der Beklagten
beziehungsweise ihres Handelsvertreters hätten - worauf die Revision
zutreffend hinweist (RB 4-6) - allerdings schon dann keine Bedeutung für die
Kaufentscheidung der Klägerin gewinnen können, wenn sie bei Vertragsschluss
in dieser Form noch gar nicht vorlagen. Dies hat die Beklagte behauptet. Zu
dieser gemäß § 434 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 BGB von der Beklagten zu
beweisenden Tatsache sind bislang keine Feststellungen getroffen worden.
18 3. Unabhängig davon könnte ein Anspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 1
BGB gegeben sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine
Verletzung des Eigentums an einer Sache nicht nur durch eine
Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch die sonstige
Verletzung des Integritätsinteresses des Käufers erfolgen, etwa dadurch,
dass durch einen Sachmangel auf die Nutzungs- und Verkaufsfähigkeit der
Sache eingewirkt wird (BGHZ 55, 153, 159). So kann zum Beispiel eine
über die Störung des Äquivalenzinteresses hinaus gehende, das Eigentum des
Käufers verletzende Handlung darin gesehen werden, dass eine mangelhafte
Verkorkung den damit verschlossenen Wein stärker als normal oxidieren lässt
und der Wein deshalb wegen Qualitätsminderung seine amtliche Prüfnummer
verliert (BGH, Urteil vom 21. November 1989 - VI ZR 350/88, NJW 1990, 908,
unter II 2 b bb). Falls das Berufungsgericht daher
nach erneuter Verhandlung einen Mangel feststellen sollte, ist der Anspruch
der Klägerin auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen.
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