Inhalt des "Domainvertrags" als
Dauerschuldverhältnis; subjektive (tatsächliche und rechtliche)
Unmöglichkeit (§ 275 I BGB) bei der Pflicht zur Registrierung einer bereits
vergebenen Domain; Unzumutbarkeit der Leistung analog §§ 275 II, III BGB
("gewinn.de")
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 -
VII ZR 146/11 - OLG Frankfurt/Main
Fundstelle:
NJW 2013, 152
BGHZ 195, 195
Amtl. Leitsatz:
a) Die Domainbedingungen der
Domain-Registrierungsstelle DENIC eG von 2004 erfordern für einen
Providerwechsel einen diesbezüglichen vom Domaininhaber autorisierten
Auftrag. Nach den Erläuterungen der DENIC zum Providerwechsel (Stand: 29.
Oktober 2003) kommt dem Schweigen des bisher die Domain verwaltenden
DENIC-Mitglieds auf Anfragen der Beklagten, zu einem Providerwechselauftrag
Stellung zu nehmen, nicht der Erklärungswert zu, dass das bisher die Domain
verwaltende DENIC-Mitglied im Namen des Domaininhabers dem Providerwechsel
zustimmt und damit den neuen Provider im Wege der Erteilung einer
Außenvollmacht bevollmächtigt.
b) Schließt die Domain-Registrierungsstelle DENIC eG sukzessive mehrere
Domainverträge bezüglich derselben Domain ab, so ist die Frage, welchen
Vertrag sie erfüllen muss, grundsätzlich nach dem Prioritätsprinzip zu
Gunsten desjenigen zu beantworten, der als erster den Domainvertrag
abgeschlossen hat.
Zentrale Probleme:
Eine hochinteressante und zu
recht für BGHZ vorgesehene Entscheidung zu einer zentralen Frage des
allgemeinen Schuldrechts, die sich aufgrund der technischen Besonderheiten
der Domainnamen ergibt:
Es geht einmal mehr um den Streit um die Domain "gewinn.de" (s. dazu bereits
BGHZ 192, 204). Der etwas komplizierte
Sachverhalt lässt sich für die interessierenden Fragen des
Leistungsstörungsrechts wie folgt reduzieren: Der Kl. hatte die Domain
"gewinn.de" aufgrund eines "Domainvertrags" bei der DENIC auf sich eintragen
lassen, später wurde die Domain aber für einen Dritten (den Streithelfer im
vorliegenden Verfahren) eingetragen. Er verlangt jetzt Vertragserfüllung von
der DENIC, d.h. Wiedereintragung und Konnektierung der Domain auf seinen
Namen. Die Frage der Befreiung der DENIC von dieser Verpflichtung nach § 275
I BGB wegen subjektiver Unmöglichkeit (§ 275 I BGB) wird dabei zutreffend
verneint (s. Tz. 32 f): Die DENIC kann ja
technisch wieder umstellen. Dass sie damit den Vertrag mit dem Streithelfer
verletzt, begründet keine Unmöglichkeit. Es verhält sich hier nicht anders
als beim Doppelverkauf einer Sache: Solange diese noch nicht an den Dritten
übereignet ist, kann der Verkäufer erfüllen. Dass er dann den Vertrag mit
dem Dritten verletzt, begründet keine Unmöglichkeit. Unmöglichkeit tritt
erst ein, wenn er an den Dritten übereigenet hat und feststeht, dass er auch
die Verfügungsmacht nicht wiedererlangen oder den Dritten nicht bewegen
kann, an den Gläubiger zu übereignen (s. zu diesen engen Voraussetzungen
einer subjektiven Unmöglichkeit auch BGHZ 141, 179
sowie
BGH v. 29.6.2007 - V ZR 1/06).
Damit riskiert die DENIC aber im vorliegenden Fall aber anders als ein
Doppelverkäufer ein ewiges Hin- und Her: Während ein Verkäufer, wenn er eine
Verpflichtung erfüllt, die andere unter den genannten Voraussetzungen nach §
275 I BGB nicht mehr erfüllen muss, weil Unmöglichkeit eintritt (und damit
dem leer ausgegangenen Gläubiger nach §§ 280 I, III, 283 BGB zum
Schadensersatz statt der Leistung verpflichtet ist), könnte hier das Spiel
von vorne beginnen, denn der Streithelfer kann ja auch auf Erfüllung klagen,
wenn ihm die Domain "weggenommen" wird, da auch er einen wirksamen Vertrag
mit der DENIC hat. Aus diesem Grund kommt der Senat (s. Tz. 34
ff) zu einer Zumutbarkeitsabwägung nach dem Rechtsgedanken, der § 275 II
und III BGB zugrundeliegt. Er stellt dabei auf dem dem Domainnamensrecht
zugrundeliegenden Gedanken des Prioritätsprinzips ab (s.
dazu und zu dessen Einschränkungen etwa BGHZ 149,
191- shell.de). Das hat dann zur Folge, dass "der Zweite" (hier also
derjenige, mit dem der spätere Domainvertrag abgeschlossen wurde), dann
keinen Erfüllungsanspruch gegen die DENIC mehr hat, obwohl auch hier
Unmöglichkeit im Sinne von § 275 I BGB nicht vorliegen würde. Es besteht
dann vielmehr ein Verweigerungsrecht analog dem §§ 275 II, III BGB
zugrundeliegenden Rechtsgedankens. Freilich schuldet die DENIC dann dem
"Zweiten" unter den weiteren Voraussetzungen des §§ 280 I, III, 283 BGB oder
(wohl eher) § 311a II BGB Schadensersatz statt der Leistung. Inwieweit hier
Vertretenmüssen vorliegt, ist allerdings angesichts des Wirr-Warrs der
Providerwechsel fraglich. Vielleicht gibt es ja noch einen Folgeprozess ....
Ähnlich könnte man übrigens die Fälle lösen, in welchen bei teilweisem
Untergang einer Gattung nicht alle Gläubiger der Gattungsschuld befriedigt
werden können (das RG war hier nach § 242 BGB von anteiliger Befriedigung
ausgegangen, s. RGZ 84, 125).
©sl 2012
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten im
Zusammenhang mit der Registrierung und Konnektierung der Domain "gewinn.de".
2 Im Sommer 1996 beauftragte der Kläger unter der Bezeichnung "N."
einen Provider mit der Reservierung der Domain "gewinn.de"; sie wurde von
der Vorgängerin der Beklagten am 6. August 1996 für den Inhaber "N."
registriert. Mit ihrer Gründung im Dezember 1996 übernahm die
Beklagte, eine eingetragene Genossenschaft, die Aufgabe ihrer Vorgängerin
und fungiert seitdem als zentrale Registrierungsstelle für Domains unter der
Top-Level-Domain ".de". Registrierte Domains können nach den Regelungen der
Beklagten von ihren Mitgliedern oder von der Beklagten selbst verwaltet
werden.
3 Am 4. Mai 2004 erfolgte ein Wechsel des die Domain "gewinn.de"
verwaltenden Providers. An die Stelle des bisherigen Providers trat die K.
GmbH, die Mitglied der Beklagten ist. Zudem beauftragte der Kläger die P.
GmbH, die nicht Mitglied der Beklagten ist.
4 Im Jahr 2005 trat als neuer Provider des Klägers die S. AG auf,
ein Mitglied der Beklagten. Diese leitete der Beklagten per E-Mail vom 22.
Mai 2005 einen Providerwechselauftrag betreffend die Domain "gewinn.de" zu.
Die Beklagte forderte die K. GmbH per E-Mail zweimal zur Stellungnahme
hierzu auf, wobei sie jeweils darauf hinwies, dass Schweigen als Zustimmung
gewertet werde. Der Kläger bestreitet insoweit, dass die K. GmbH die E-Mails
erhalten habe. Nachdem die K. GmbH auch auf die zweite Aufforderung binnen
der gesetzten Frist nicht reagiert hatte, teilte die Beklagte ihr
mit, dass die fehlende Reaktion als Zustimmung zu dem vorgelegten
Providerwechselauftrag gewertet werde. Am 2. Juni 2005
löschte die S. AG die Domain "gewinn.de" und registrierte sie für einen
Dritten, dessen Existenz streitig ist. Derzeit weist eine
WHOIS-Abfrage den Streithelfer zu 1 der Beklagten als Domaininhaber aus.
Zwischenzeitlich war die Streithelferin zu 2 als Domaininhaberin
eingetragen.
5 Die Beklagte ist der Auffassung, die S. AG sei wirksam zum neuen
Provider des Klägers berufen worden und habe in dessen Namen ebenso wirksam
die Kündigung erklärt. Sie beruft sich auf Domainbedingungen aus
dem Jahr 2004. § 1 Abs. 4 der Domainbedingungen 2004 lautet auszugsweise:
"Der Domaininhaber kann die Verwaltung der Domain ... von einem auf ein
anderes DENIC-Mitglied überleiten. Die Überleitung erfolgt, wenn der
Domaininhaber über das DENIC-Mitglied, das künftig die Domain verwalten
soll, ... einen entsprechenden Auftrag erteilt und das bisher die Domain
verwaltende DENIC-Mitglied . davon unterrichtet."
6 Zur Zeit des vermeintlichen Providerwechsels auf die S. AG waren auf der
Homepage der Beklagten Erläuterungen zum Providerwechsel (Stand: 29. Oktober
2003) veröffentlicht, in denen zudem ein standardisiertes
Providerwechselverfahren beschrieben wird.
7 Der Kläger behauptet, weder den Providerwechsel von der K. GmbH zur S. AG
noch eine Kündigung des Domainvertrags veranlasst zu haben. Beides sei ohne
sein Wissen erfolgt. Ein in seinem Namen verfasstes Schreiben vom 7. Mai
2005, das einen Antrag auf Provider- und Domaininhaberwechsel enthält, sei
eine Fälschung.
8 Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihn in die
WHOIS-Datenbank der Beklagten und als Inhaber und administrativen
Ansprechpartner der Domain "gewinn.de" einzutragen. Hilfsweise hat
er beantragt, die Domain "gewinn.de" mit ihren technischen Daten zu seinen
Gunsten in die Nameserver der Beklagten aufzunehmen und darin für die Dauer
des Domainvertrags zu belassen. Äußerst hilfsweise hat er beantragt, die
Verpflichtung der Beklagten festzustellen, ihm den Schaden zu ersetzen, der
ihm daraus entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagte zur
Domain "gewinn.de" einen neuen Registrierungsvertrag geschlossen und den
Kläger hierdurch von der Nutzung dieser Domain ausgeschlossen hat.
9 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete
Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte gemäß dem ersten
Hilfsantrag verurteilt, die Domain "gewinn.de" mit ihren technischen Daten
zu seinen Gunsten in die Nameserver der Beklagten aufzunehmen und darin für
die Dauer des Domainvertrags zu belassen.
10 Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagte
sowie deren Streithelfer die Wiederherstellung des landgerichtlichen
Urteils.
Entscheidungsgründe:
11 Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
12 Das Berufungsgericht hat den Hauptantrag des Klägers abgewiesen, weil es
keine WHOIS-Datenbank gebe. WHOIS stelle lediglich ein Auskunftssystem dar,
das aus der Registrierungsdatenbank gespeist werde.
13 Begründet sei der erste Hilfsantrag. Der hinsichtlich der Domain
"gewinn.de" geschlossene Domainvertrag sei nicht durch Kündigung beendet
worden. Der Kläger sei als Vertragspartei des Domainvertrags
aktivlegitimiert. Mit der Löschung des Klägers als Domaininhaber habe die S.
AG zwar konkludent gegenüber der Beklagten die Kündigung des mit dem Kläger
bestehenden Domainvertrags erklärt. Dies sei im Namen des Klägers geschehen.
Die S. AG habe jedoch als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt.
14 Es könne offenbleiben, ob die von der S. AG abgegebene
Kündigungserklärung dem Kläger dann zuzurechnen wäre, wenn es sich bei der
S. AG um den rechtmäßigen Provider des Klägers gehandelt hätte. Ein
wirksamer Providerwechsel zur S. AG habe nicht stattgefunden. Der Kläger
selbst habe die S. AG nicht mit der Kündigung beauftragt. Bei dem
angeblichen Auftrag des Klägers vom 7. Mai 2005 zum Providerwechsel handele
es sich um eine Fälschung. Die Voraussetzungen eines Providerwechsels nach
den von der Beklagten herangezogenen Domainbedingungen von 2004 lägen nicht
vor, weil der Kläger als Domaininhaber weder über die S. AG einen wirksamen
Auftrag erteilt habe noch der bisherige Provider die Beklagte von dem
Providerwechsel unterrichtet habe. Unklar sei auch, ob und welche
Domainbedingungen überhaupt Bestandteil des Domainvertrags geworden seien.
Ohne Erfolg verweise die Beklagte auf die auf ihrer Homepage abrufbaren
Erläuterungen zum Providerwechsel, denen zufolge das Schweigen des alten
Providers zur Anfrage hinsichtlich eines Providerwechsels als Zustimmung
gewertet werde. Auch diese Erläuterungen gingen davon aus, dass tatsächlich
ein entsprechender Auftrag des Domaininhabers vorliege. Es sei zudem nicht
zu erkennen, dass es sich bei diesen Erläuterungen um allgemeine
Bestimmungen für die Inanspruchnahme von Genossenschaftsleistungen und für
die Benutzung von Gemeinschaftseinrichtungen handele, an die die Mitglieder
der Beklagten gemäß dem Statut der Beklagten gebunden seien. Im Übrigen sei
zweifelhaft, ob diese Bestimmungen Wirkung gegenüber den Domaininhabern
entfalteten. Mangels wirksamen Providerwechsels habe die S. AG den
Domainvertrag nicht wirksam kündigen können.
15 Der Erfüllungsanspruch des Klägers sei nicht aufgrund subjektiver
Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Der Beklagten
sei es faktisch nicht unmöglich, die Domain "gewinn.de" für den Kläger zu
registrieren.
Die Beklagte sei auch aus rechtlichen Gründen nicht gehindert, diese Domain
für den Kläger einzutragen. Dabei könne offenbleiben, ob die Beklagte mit
dem Streithelfer zu 1 einen wirksamen Domainvertrag abgeschlossen habe. Die
Beklagte stelle durch Eintragung des Klägers einen rechtmäßigen Zustand her,
indem sie den zuerst abgeschlossenen Vertrag erfülle. Der Kläger sei
der erste gewesen, der mit der Beklagten einen Registrierungsvertrag
hinsichtlich der streitgegenständlichen Domain abgeschlossen habe, und diese
Position könne er auch gegenüber der Beklagten durchsetzen.
II.
16 Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
17 1. Dem Kläger geht es mit dem ersten Hilfsantrag, wie er mit der
Antragsbegründung im Schriftsatz vom 31. Juli 2009, Seite 1 f. klargestellt
hat, darum, als Inhaber der Domain "gewinn.de" in die
Registrierungsdatenbank eingetragen zu werden und die Konnektierung der
Domain für sich zu erreichen. In diesem Sinne sind der erste Hilfsantrag und
der Urteilsausspruch des Berufungsgerichts auszulegen. Der von der Beklagten
im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemachte Einwand,
der erste Hilfsantrag sei in technischer Hinsicht nicht hinreichend, weil
neben der Aufnahme technischer Daten in die Nameserver die Eintragung des
Domaininhabers in die Registrierungsdatenbank erforderlich sei, greift
deshalb nicht durch.
18 2. Das Berufungsgericht hat die Aktivlegitimation des Klägers mit
der Begründung bejaht, dass er den Domainvertrag bezüglich der im Jahr 1996
registrierten Domain "gewinn.de" abgeschlossen hat. Dies lässt keine
Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht beanstandet.
19 Mit dem Abschluss eines Domainvertrags entsteht ein
Dauerschuldverhältnis zwischen dem Anmelder und der Beklagten. Aufgrund
dessen schuldet die Beklagte nach erfolgter Konnektierung der Domain
insbesondere die Aufrechterhaltung der Eintragung im Nameserver
(vgl. BGH, Beschluss vom 5.
Juli 2005 - VII ZB 5/05, NJW 2005, 3353, 3354 m.w.N.).
Dieser zunächst gegen die Vorgängerin der Beklagten bestehende Anspruch
richtete sich nach der Gründung der Beklagten gegen diese. Dieser
Ausgangspunkt wird von den Parteien nicht in Zweifel gezogen.
20 3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass die
S. AG mit der Löschung der Domain "gewinn.de" am 2. Juni 2005 in der
Datenbank der Beklagten konkludent zugleich den Domainvertrag bezüglich
dieser Domain im Namen des Klägers gekündigt hat. Keinen Erfolg hat
der Kläger mit der gegen die Feststellung einer Kündigung erhobenen
Gegenrüge. Die Umstände tragen die Würdigung des Berufungsgerichts, dass die
S. AG mit der Löschung der bis dahin dem Kläger zugeordneten Domain die
Kündigung des Domainvertrags im Namen des Klägers erklärt hat.
21 4. Der rechtlichen Nachprüfung hält es stand, dass das
Berufungsgericht die Kündigung des Domainvertrags für unwirksam erachtet
hat. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass es an dem für einen
Providerwechsel erforderlichen Auftrag des Klägers als Domaininhaber und
damit auch an einer Bevollmächtigung der S. AG zur Kündigung fehlt.
22 a) Zutreffend hat das Berufungsgericht die Domainbedingungen 2004, auf
die sich die Beklagte beruft, dahingehend ausgelegt, dass danach für einen
Providerwechsel von einem DENIC-Mitglied zu einem anderen ein vom
Domaininhaber erteilter Auftrag erforderlich ist. Nach § 1 Abs. 4 Satz 2 der
genannten Domainbedingungen erfolgt die Überleitung der Domainverwaltung von
einem DENIC-Mitglied auf ein anderes DENIC-Mitglied, wenn der Domaininhaber
über das DENIC-Mitglied, das künftig die Domain verwalten soll, einen
entsprechenden Auftrag erteilt und das bisher die Domain verwaltende
DENIC-Mitglied unterrichtet. Nach Sinn und Zweck der Regelung muss dieser
Auftrag durch den Domaininhaber autorisiert sein, wie sich daraus ergibt,
dass der Domaininhaber einen solchen Auftrag "über" das DENIC-Mitglied
erteilt, das künftig die Domain verwalten soll. Ein solcher Auftrag des
Domaininhabers wird auch in den Erläuterungen zum Providerwechsel (Stand:
29. Oktober 2003), auf die sich die Beklagte ebenfalls beruft,
vorausgesetzt.
23 b) Mit dem unter dem Namen des Klägers verfassten Schreiben vom 7. Mai
2005 hat dieser keinen Auftrag zu einem Providerwechsel erteilt und auch
keinen Domaininhaberwechsel autorisiert. Das Berufungsgericht hat
festgestellt, dass es sich bei diesem angeblichen Schreiben des Klägers um
eine Fälschung handelt. Dagegen erinnert die Revision nichts.
24 c) Ohne Erfolg macht die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung geltend,
durch das als stillschweigende Zustimmung zu wertende Schweigen der K. GmbH
auf die E-Mail-Aufforderungen der Beklagten, zum Providerwechselauftrag
Stellung zu nehmen, sei ein wirksamer Providerwechsel zustande gekommen,
weshalb die S. AG als neuer Provider zur Kündigung befugt gewesen sei.
25 aa) In der Revision ist entsprechend dem Vorbringen der Beklagten davon
auszugehen, dass die K. GmbH die beiden E-Mail-Aufforderungen der Beklagten,
zum von der S. AG übermittelten Providerwechselauftrag Stellung zu nehmen,
erhalten hat.
26 bb) Die Auslegung, welchen Erklärungswert das Schweigen der K. GmbH hat,
kann der Senat selbst vornehmen, weil weitere Feststellungen nicht zu
erwarten sind. Dieser Erklärungswert ist vor dem Hintergrund der
Erläuterungen zum Providerwechsel (Stand: 29. Oktober 2003) zu bestimmen,
die dem Schweigen des bisher die Domain verwaltenden DENIC-Mitglieds auf
Anfragen der Beklagten, zu einem Providerwechselauftrag Stellung zu nehmen,
eine bestimmte Bedeutung beimessen und denen nach dem Vorbringen der
Beklagten seinerzeit eine allgemeine Übung entsprach. Unter Berücksichtigung
dieser Erläuterungen kommt dem Schweigen der K. GmbH indes nicht der
Erklärungswert zu, dass die K. GmbH im Namen des Klägers dem Providerwechsel
zur S. AG zugestimmt und damit die S. AG im Wege der Erteilung einer
Außenvollmacht bevollmächtigt hätte. Aus Treu und Glauben und nach
allgemeinen Grundsätzen ergibt sich nichts anderes.
27 Soweit die genannten Erläuterungen eine Beteiligung des bisher die Domain
verwaltenden DENIC-Mitglieds bei einem Providerwechsel vorsehen, geschieht
dies im Interesse dieses DENIC-Mitglieds, das die Verwaltung der Domain
abgeben und aus der Geschäftsbeziehung ausscheiden soll. Das bisher die
Domain verwaltende DENIC-Mitglied soll den genannten Erläuterungen zufolge
auf Anfrage der Beklagten zu einem Providerwechselauftrag prüfen, ob der
Domaininhaber tatsächlich wechseln möchte, und in Zweifelsfällen versuchen,
mit dem Domaininhaber Kontakt aufzunehmen. Erfolgt auf eine zweite Anfrage
der Beklagten keine Reaktion des bisher die Domain verwaltenden
DENIC-Mitglieds, so wird dies von der Beklagten nach den genannten
Erläuterungen als Bestätigung gewertet, dass die "initiale Prüfung des
zukünftigen Providers vom abgebenden Mitglied als korrekt anerkannt" wird.
Diese Bestätigung bezieht sich auf das Ergebnis der eigenen Prüfung, die das
bisher die Domain verwaltende DENIC-Mitglied vornehmen soll. Danach kann dem
Schweigen des bisher die Domain verwaltenden DENIC-Mitglieds auf derartige
Anfragen der Beklagten zwar der Erklärungswert beigemessen werden, dass
dieses DENIC-Mitglied mit der Abgabe der Domainverwaltung und dem
Ausscheiden aus der Geschäftsbeziehung einverstanden ist. Dagegen kann
diesem Schweigen nicht der Erklärungswert beigemessen werden, dass das
bisher die Domain verwaltende DENIC-Mitglied dem Providerwechsel im Namen
des Domaininhabers zustimmt und damit im Wege der Erteilung einer
Außenvollmacht das zukünftig die Domain verwaltende DENIC-Mitglied
bevollmächtigt. Insbesondere kann einem derartigen Schweigen nicht der
Erklärungswert beigemessen werden, dass es einen fehlenden
Providerwechselauftrag des Domaininhabers, der sowohl in den Erläuterungen
als auch in den Domainbedingungen 2004 vorausgesetzt wird, ersetzt.
28 d) Unabhängig von diesen Erwägungen kann entgegen der Auffassung der
Streithelfer in dem Schweigen der K. GmbH auf die Aufforderungen der
Beklagten, zum Providerwechselauftrag Stellung zu nehmen, schon deshalb
nicht eine Genehmigung (§ 180 Satz 2, § 177 Abs. 1, § 184 Abs. 1 BGB) der
Kündigung des Domainvertrags gesehen werden, weil diesem Schweigen als
Reaktion auf die Aufforderungen der Beklagten kein Erklärungswert im Sinne
einer Genehmigung der Kündigung zukommt. Die genannten Aufforderungen
bezogen sich lediglich auf eine Bestätigung oder Ablehnung des
Providerwechsels und nicht auf eine Kündigung des Domainvertrags, die zum
Zeitpunkt der Aufforderungen auch noch nicht erfolgt war. Es ist nicht
festgestellt, dass der K. GmbH die bevorstehende Kündigung mitgeteilt worden
wäre. Deshalb bleibt auch die Rüge der Streithelfer ohne Erfolg, die K. GmbH
sei nach Treu und Glauben gehalten gewesen, auf die Kündigungserklärung
einen abweichenden Willen zu äußern.
29 5. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der vom Kläger mit dem
ersten Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch sei nach § 275 Abs. 1 BGB wegen
subjektiver Unmöglichkeit ausgeschlossen.
30 a) In der Revision ist entsprechend dem Vorbringen der
Beklagten davon auszugehen, dass der Streithelfer zu 1 mit der Beklagten
einen wirksamen Domainvertrag hinsichtlich der Domain "gewinn.de"
abgeschlossen und damit ein relativ wirkendes vertragliches Nutzungsrecht an
diesem Domainnamen (vgl.
BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 - I
ZR 187/10, BGHZ 192, 204 Rn. 23 - gewinn.de)
erworben hat. Ferner ist in der Revision entsprechend dem
Vorbringen der Beklagten davon auszugehen, dass sich der Streithelfer zu 1
endgültig weigert, die Domain "gewinn.de" zu Gunsten des Klägers aufzugeben.
31 b) Subjektive Unmöglichkeit ist gegeben, wenn der Schuldner
selbst zur Leistung außerstande ist, sie aber von einem anderen oder unter
Mitwirkung eines anderen erbracht werden könnte (vgl.
NK-BGB/Dauner-Lieb, 2. Aufl., § 275 Rn. 34; Palandt/Grüneberg, BGB, 71.
Aufl., § 275 Rn. 23).
32 aa)
Unmöglichkeit aus tatsächlichen Gründen liegt im Streitfall nicht vor. Denn
der Beklagten ist es auch bei bereits erfolgter Konnektierung der Domain
"gewinn.de" für einen Dritten faktisch möglich, die Domain in Zukunft zu
Gunsten des Klägers mit ihren technischen Daten in ihre Nameserver
aufzunehmen und dort für die Dauer des mit dem Kläger geschlossenen
Domainvertrags zu belassen sowie den Kläger als Domaininhaber in der
Registrierungsdatenbank einzutragen.
33 bb) Unmöglichkeit aus rechtlichen Gründen liegt im Streitfall
ebenfalls nicht vor. Rechtliche Unmöglichkeit ist gegeben, wenn ein
geschuldeter Erfolg aus Rechtsgründen nicht herbeigeführt werden kann oder
nicht herbeigeführt werden darf (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar
2010 - Xa ZR 175/07, NZG 2010, 310 Rn. 23 m.w.N.). Dies ist hier
nicht der Fall. Allerdings ist zu unterstellen, dass die Beklagte
einen wirksamen Domainvertrag bezüglich der Domain "gewinn.de" nicht nur mit
dem Kläger, sondern auch mit dem Streithelfer zu 1 abgeschlossen hat.
Da ein Domainname aus technischen Gründen nur einmal vergeben werden
kann (vgl. BGH,
Urteil vom 18. Januar 2012 - I ZR 187/10, BGHZ 192, 204 Rn. 23 - gewinn.de;
Heckmann in jurisPK-Internetrecht, 3. Aufl., Kap. 2.1 Rn. 6), kann
die Beklagte nicht beide Verträge gleichzeitig erfüllen. Indes führt der
Umstand, dass sich der Schuldner zwei Gläubigern gegenüber zu einer Leistung
verpflichtet, die er nur einmal erbringen kann, nicht ohne Weiteres zu einem
Ausschluss der Leistungspflichten (vgl. Staudinger/
Löwisch/Caspers, BGB [2009], § 275 Rn. 65). Zwar kann Unmöglichkeit
mangels Verfügungsmacht des Schuldners gegeben sein, wenn eine vom Schuldner
doppelt eingegangene Verpflichtung auf die Verschaffung eines Gegenstands
gerichtet ist und der Schuldner einen der beiden Verträge erfüllt. In
derartigen Fällen ist die Leistung gemäß dem anderen Vertrag unmöglich, wenn
feststeht, dass der Schuldner die Verfügungsmacht über diesen Gegenstand
nicht mehr erlangen kann, etwa weil die erforderliche Zustimmung von
demjenigen, der den Gegenstand erworben hat, endgültig verweigert wird
(vgl. BGH, Urteil
vom 26. März 1999 - V ZR 368/97, BGHZ 141, 179, 182 m.w.N.;
Staudinger/Löwisch/Caspers aaO § 275 Rn. 69 f.; MünchKommBGB/Ernst, 6.
Aufl., § 275 Rn. 52). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Die mit
dem ersten Hilfsantrag geltend gemachte Leistung bezieht sich nicht auf
einen Gegenstand, über den die Beklagte Verfügungsmacht nicht mehr erlangen
kann, sondern auf eine Aufnahme von Daten in ihrem Verfügungsbereich.
34 6. Ohne
Erfolg beruft sich die Revision des Weiteren auf ein
Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten mit der Begründung, es sei ihr
nicht zumutbar, abwechselnd vom Kläger und vom Streithelfer zu 1 auf
Erfüllung des jeweiligen Domainvertrags in Anspruch genommen zu werden.
Diese Gefahr besteht nicht.
35 a) Schließt die Beklagte, wovon hier in der Revision bezüglich
der Domain "gewinn.de" auszugehen ist, sukzessive mehrere Domainverträge
bezüglich derselben Domain, so befindet sie sich allerdings in dem Konflikt,
nur den einen oder den anderen Vertrag erfüllen zu können. Die
Beklagte, die als zentrale Registrierungsstelle Domains unter der
Top-Level-Domain ".de" vergibt, hat aus Gründen der Rechtssicherheit ein
berechtigtes Interesse, beim Abschluss mehrerer Domainverträge bezüglich
derselben Domain nicht abwechselnd den einen und den anderen Vertrag
erfüllen zu müssen. Es kann dahinstehen, ob diese Konstellation von
§ 275 Abs. 3 BGB unmittelbar erfasst wird, wie die Beklagte und die
Streithelfer meinen. Jedenfalls ist dem Regelungskonzept des § 275
BGB, wie sich aus den Absätzen 2 und 3 dieser Vorschrift ergibt, eine
Begrenzung der Leistungspflicht aufgrund von Abwägungen insbesondere im
Hinblick auf die Zumutbarkeit für den Schuldner nicht fremd. Es ist deshalb
nicht systemwidrig, den genannten Konflikt unter angemessener
Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten zu lösen. Wird
die Beklagte aus einem der geschlossenen Domainverträge auf Erfüllung in
Anspruch genommen, so ist jedenfalls auf ihre Einrede hin eine solche
Abwägung vorzunehmen. Diese kann zu dem Ergebnis führen, dass der
Erfüllungsanspruch aus einem der geschlossenen Domainverträge nicht
durchgesetzt werden kann.
36 b) Auf den Streitfall bezogen geht diese Abwägung im Verhältnis
zwischen dem Kläger und der Beklagten zu Gunsten des Klägers aus, während
sie im Verhältnis der Beklagten zum Streithelfer zu 1 zu dessen Lasten
ausginge.
37 aa) Das Interesse des Klägers an der Erfüllung des Domainvertrags
ist erheblich, weil er als erster einen Domainvertrag bezüglich der
kommerziell verwertbaren Domain "gewinn.de" geschlossen hat. Denn bei der
Vergabe von Domains durch die Beklagte, der zentralen Registrierungsstelle
für Domains unter der Top-Level-Domain ".de", hat das Prioritätsprinzip, dem
Gerechtigkeitsgehalt zukommt (vgl.
BGH, Urteil vom 22. November 2001 -
I ZR 138/99, BGHZ 149, 191, 200 - shell.de),
Gewicht. Es kann dahinstehen, ob das Leistungsinteresse des Klägers
schwächer zu bewerten wäre, wenn der Kläger Kenntnis von der bevorstehenden
Kündigung des Domainvertrags durch die S. AG gehabt hätte oder sich eine
solche Kenntnis zurechnen lassen müsste. Das Berufungsgericht hat
Entsprechendes nicht festgestellt. Auch aus dem in der Revision zugrunde zu
legenden Vorbringen der Beklagten, diese habe den von der S. AG
eingereichten Providerwechselauftrag an die K. GmbH geschickt, die ihn an
die vom Kläger beauftragte P. GmbH weitergeleitet habe, ergibt sich nicht,
dass die P. GmbH, die möglicherweise Wissensvertreter des Klägers ist,
Kenntnis von der bevorstehenden Kündigung des Domainvertrags erlangt hätte.
Denn die Anfrage der Beklagten bezog sich nur auf den von der S. AG
eingereichten Providerwechselauftrag, nicht auf eine beabsichtigte Kündigung
des Domainvertrags. Es bleibt daher dabei, dass das Interesse des Klägers an
der Erfüllung des Domainvertrags erheblich ist.
38 Demgegenüber ist das Interesse der Beklagten, einer etwaigen
vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Streithelfer zu 1 nachzukommen und
etwaige Schadensersatzpflichten diesem gegenüber zu vermeiden, von
geringerem Gewicht. Dem Prioritätsprinzip entspricht es, beim sukzessiven
Abschluss mehrerer Domainverträge bezüglich derselben Domain das
Leistungsinteresse desjenigen, der als erster den Domainvertrag
abgeschlossen hat, grundsätzlich höher zu bewerten als das Interesse der
Beklagten, der Verpflichtung aus einem später abgeschlossenen Domainvertrag
nachzukommen und etwaige Schadensersatzpflichten gegenüber demjenigen, der
den Domainvertrag als zweiter abgeschlossen hat, zu vermeiden. Dies
gilt auch deshalb, weil die Beklagte den weiteren Domainvertrag zusätzlich
zu dem zuerst abgeschlossenen und nicht beendeten Domainvertrag eingegangen
ist.
39 bb) Im Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Streithelfer zu
1 ist dementsprechend das Interesse der Beklagten, den zuerst mit dem Kläger
abgeschlossenen Domainvertrag zu erfüllen, höher zu bewerten als das
Leistungsinteresse des Streithelfers zu 1, der als zweiter den Domainvertrag
geschlossen hat. Dies entspricht dem Prioritätsprinzip, das bei der
Vergabe von Domains für die Beteiligten gleichermaßen Gewicht hat.
III.
40 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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