Inhalt der
Rückgewährpflicht nach Rücktritt (§ 346 I BGB), Voraussetzungen der
Wertersatzpflicht nach § 346 II BGB: Pflicht zur Beseitigung von Belastungen
des zurückzugewährenden Gegenstandes, Unmöglichkeit der Rückgewähr als
ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung von § 346 II BGB
BGH, Urt. v. 10. Oktober
2008 - V ZR 131/07
Fundstelle:
NJW 2009, 63
BGHZ 178, 182
s. auch die Anm. von Benicke LMK 2009, 277237
Amtl. Leitsatz:
a) Im Falle des
Rücktritts ist der Rückgewährschuldner verpflichtet, eine von ihm begründete
Belastung des empfangenen Gegenstands zu beseitigen.
b) Wertersatz wegen der Belastung kann der Rückgewährgläubiger nur
verlangen, wenn feststeht, dass dem Rückgewährschuldner deren Beseitigung
unmöglich ist.
Zentrale Probleme:
Es geht um ein zentrales und umstrittenes Problem des
Rücktrittsrechts: Nach § 346 II BGB hat der Rücktrittsschuldner anstelle des
erlangten Gegenstandes u.a. dann Wertersatz zu leisten, wenn er den
empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder
umgestaltet hat oder empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder
untergegangen ist. In der Literatur ist streitig, ob dies voraussetzt, daß
die Rückgewähr in natura unmöglich ist, also etwa der Rückgewährschuldner,
der den Gegenstand beschädigt hat, diesen reparieren muß, oder einen
veräußerten Gegenstand beschaffen oder eine Belastung beseitigen muß und
erst dann, wenn dies nicht möglich ist, Wertersatz leisten darf oder muß.
Der BGH spricht sich dafür aus, daß § 346 II Unmöglichkeit voraussetzt, so
daß vorrangig eine Belastung des Gegenstandes zu beseitigen ist. Die
Rückgewährpflicht enthalte also auch "Beschaffungselemente". Für
Beschädigungen gilt dies aber nicht, weil dies einer
verschuldensunabhängigen Schadensersatzpflicht gleichkäme.
Zur Höhe des Wertersatzes s. auch die Anm. zu
BGH v. 19.11.2008 - VIII ZR 311/07
und BGH v. 14.7.2011 - VII ZR
113/10.
©sl 2008
Tatbestand:
1 Mit notariellem Vertrag vom 11. April 2002 verkauften die Kläger der
Beklagten ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück und ermächtigten
sie, das Grundstück zur Finanzierung des Kaufpreises von 385.000 € mit
Grundpfandrechten zu belasten.
2 Die Beklagte finanzierte die erste Rate des Kaufpreises durch ein Darlehen
und bestellte zu dessen Absicherung eine Grundschuld in Höhe von 307.000 €
zugunsten der Darlehensgeberin. Anschließend nahm sie das Grundstück in
Besitz.
3 Im Mai 2003 forderten die Kläger die Beklagte vergeblich auf, die
inzwischen fällige zweite Kaufpreisrate (78.000 €) zu zahlen. Da die
Beklagte ihren Zahlungsverpflichtungen auch gegenüber der Darlehensgeberin
nicht nachkam, wurde auf deren Antrag im Juli 2003 die Zwangsversteigerung
des Grundstücks angeordnet.
4 Im Oktober 2003 rügte die Beklagte, dass die Fußbodenheizung, deren
Mangelfreiheit von den Klägern zugesichert worden war, defekt sei und
forderte die Kläger vergeblich zur Mängelbeseitigung auf.
5 Im September 2004 erklärten die Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und
erhoben anschließend Klage auf Herausgabe des Grundstücks und Erteilung
einer Löschungsbewilligung für die zugunsten der Beklagten eingetragene
Auflassungsvormerkung. Im Dezember 2004 erklärte die Beklagte wegen der
Mängel der Fußbodenheizung ihrerseits den Rücktritt vom Vertrag.
6 Nachdem das Grundstück im März 2006 im Rahmen der Zwangsversteigerung
einem Dritten für 161.000 € zugeschlagen worden war, haben die Kläger den
Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich
der Erledigungserklärung nicht angeschlossen und widerklagend Schadensersatz
in Höhe der noch offenen Darlehensforderung sowie Freistellung von etwaigen
weiteren Forderungen der Darlehensgeberin verlangt.
7 Das Landgericht hat festgestellt, dass die Klage in der Hauptsache
erledigt ist; die Widerklage hat es abgewiesen. Die Berufung der Beklagten
ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat – beschränkt auf die Klage –
zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Abweisungsantrag weiter.
Die Kläger beantragen die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe:
I.
8 Das Berufungsgericht meint, die Klage sei vor Eintritt des erledigenden
Ereignisses begründet gewesen. Die Kläger seien zum Rücktritt vom
Kaufvertrag berechtigt gewesen, weil die Beklagte dessen Durchführung
gefährdet habe, indem sie ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der
Grundschuldgläubigerin nicht nachgekommen sei. Dass die Kläger die Rückgabe
des Grundstücks nicht Zug um Zug gegen Rückzahlung der ersten Kaufpreisrate,
sondern unbedingt verlangt hätten, sei nicht zu beanstanden. Nach § 346
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB habe ihnen ein Anspruch auf Wertersatz in Höhe des
zur Beseitigung der Belastung erforderlichen Betrags zugestanden. Da
dieser der empfangenen Kaufpreisrate mindestens entsprochen habe, hätten die
Kläger beide Positionen saldieren und anschließend die Herausgabe des
belasteten Grundstücks verlangen können.
II.
9 Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10 1. Nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts,
dass der Beklagten die Herausgabe des zurückzugewährenden Grundstücks nach
dessen Zwangsversteigerung unmöglich geworden ist und zugunsten der Kläger
deshalb nur die Feststellung der Hauptsachenerledigung in Betracht kommt
(vgl. Senat, BGHZ 97, 178, 181 sowie BGHZ 155, 392, 398). Bei
Schuldverhältnissen, die auf die Verschaffung oder die Rückgewähr eines
Gegenstands gerichtet sind, begründet der Umstand, dass der Schuldner die
rechtliche Verfügungsmacht über den Gegenstand verloren hat, sein Unvermögen
zur Leistung, solange er nicht behauptet und beweist, dass er zum
Wiedererwerb der Sache willens und in der Lage ist (vgl. Senat, Urt. v.
29. Juni 2007, V ZR 1/06, NJW 2007, 2841; BGH, Urt. v. 21. Mai 1973, II ZR
54/72, WM 1973, 1202). So verhält es sich hier. Infolge des Zuschlags an den
Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren (§ 90 ZVG) fehlt der Beklagten die
Rechtsmacht, den Besitz an dem Grundstück an die Kläger zurückzuübertragen.
Zugleich haben die Kläger das Eigentum an ihrem Grundstück und damit die
Berechtigung verloren, die Löschung der zugunsten der Beklagten
eingetragenen Auflassungsvormerkung zu verlangen.
11 2. Nicht frei von Rechtsfehlern ist dagegen die Auffassung des
Berufungsgerichts, die von den Klägern unbedingt erhobene Klage sei im
Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses begründet gewesen.
12 a) Richtig ist zwar, dass es für die Beurteilung, ob die Klage zulässig
und begründet war, auf den Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses ankommt
(vgl. BGH, Urt. v. 6. Dezember 1984, VII ZR 64/84, NJW 1986, 588, 589; Urt.
v. 27. Februar 1992, I ZR 35/90, NJW 1992, 2235, 2236) und dass zu diesem
Zeitpunkt (Erteilung des Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren am 10.
März 2006) infolge der beiderseitigen Rücktrittserklärungen der Parteien ein
Rückgewährschuldverhältnis im Sinne der §§ 346 ff. BGB bestand.
13 b) Unzutreffend ist aber die Annahme, die Kläger hätten ihren Klageantrag
auf die entsprechende Einrede der Beklagten nicht dahin einschränken müssen,
diese nur Zug um Zug gegen Rückzahlung der ersten Kaufpreisrate von 307.000
€ zu verurteilen, weil sie aufgrund der Belastung ihres Grundstücks gemäß §
346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB von der Beklagten Wertersatz in derselben Höhe
verlangen konnten. Ein solcher Anspruch stand den Klägern nicht zu.
14 Die Voraussetzungen, unter denen ein Rückgewährgläubiger Wertersatz
beanspruchen kann, sind allerdings umstritten.
15 a) Nach einer Auffassung besteht der Wertersatzanspruch des § 346 Abs.
2 Satz 1 Nr. 2 BGB immer dann, wenn einer der dort genannten Tatbestände
vorliegt, der empfangene Gegenstand also veräußert, belastet, verarbeitet
oder umgestaltet wurde. Der Anspruch hänge nicht davon ab, dass es dem
Rückgewährschuldner unmöglich sei, den Gegenstand in dem Zustand
herauszugeben, in dem er ihn empfangen habe. Eine Verpflichtung zur
Wiederherstellung des früheren Zustands sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Allerdings sei der Rückgewährschuldner hierzu berechtigt; er könne also
beispielsweise eine Belastung beseitigen und den Gegenstand dann lastenfrei
zurückgewähren (so Staudinger/Kaiser, BGB [2004], § 346 Rdn. 153 f.;
MünchKomm-BGB/Gaier, 5. Aufl., § 346 Rdn. 39; Erman/Röthel, BGB, 12. Aufl.,
§ 346 Rdn. 10; jurisPK-BGB/Faust, 2. Aufl., § 346 Rdn. 34; Benicke ZGS 2002,
369, 371; Annuß, JA 2006, 184, 186; Lorenz, Karlsruher Forum 2005:
Schuldrechtsmodernisierung, S. 91 f.; ders.,
NJW
2005, 1889, 1892 f.; vgl. auch Börner/Steimle, in:
Frankfurter Handbuch zum neuen Schuldrecht, D.VIII. Rdn. 18 f.; Arnold, Jura
2002, 154, 157).
16 bb) Nach der wohl überwiegenden Auffassung kommt ein
Wertersatzanspruch nur in Betracht, wenn es dem Rückgewährschuldner
unmöglich ist, den empfangenen Gegenstand in seiner ursprünglichen Form
zurückzugeben. Die Rückgewähr in Natur sei gegenüber der Verpflichtung,
Wertersatz zu leisten, vorrangig. § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB sei daher um
das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Unmöglichkeit zu ergänzen (so
Palandt/Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 346 Rdn. 8a; Bamberger/Roth/Grothe,
BGB, 2. Aufl., § 346 Rdn. 41; AnwK/Hager, BGB, § 346 Rdn. 37; Kohte/Micklitz/Rott/
Tonner/Willingmann, Das neue Schuldrecht, § 346 Rdn. 16; Jauernig/Stadler,
BGB, 12. Aufl., § 346 Rdn. 5; Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 2002, S.
XXXVII; Schwab, JuS 2002, 630, 632; Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 9.
Aufl., Rdn. 558; Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl., Rdn.
840; Armbrüster, EWiR 2002, 869, 870; Schulze/Ebers, JuS 2004, 366; früher
auch: Gaier, WM 2002, 1, 9; ders. ZfIR 2002, 608, 610).
17 cc) Der Senat hält die zuletzt genannte Auffassung für zutreffend.
18 (1) Das Gesetz knüpft die Verpflichtung zum Wertersatz in § 346 Abs. 2
BGB an Fälle an, in denen die empfangene Leistung typischerweise überhaupt
nicht oder nur in veränderter Form zurückgewährt werden kann. Ihre
Aufzählung ist nicht abschließend zu verstehen, vielmehr kommt in Satz 1 Nr.
1 bis 3 der Norm ein allgemeiner Rechtsgedanke des Inhalts zum Ausdruck,
dass der Rückgewährschuldner in allen Fällen, in denen ihm die Rückgewähr
der empfangenen Leistung unmöglich ist, zum Wertersatz verpflichtet ist
(BGH, Urt. v. 20. Februar 2008, VIII ZR 334/06,
NJW 2008, 2028, 2030 – zur Veröffentlichung in BGHZ 175, 286 bestimmt).
Dieses Verständnis rechtfertigt umgekehrt den Schluss, dass auch in Bezug
auf die in § 346 Abs. 2 Satz 1 BGB genannten Fälle ebenfalls allein die
Folgen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit geregelt werden sollten.
Auch wenn die Vorschrift den Begriff der Unmöglichkeit nicht ausdrücklich
verwendet, kann aufgrund des systematischen Zusammenhangs mit Absatz 1 und
im Hinblick auf die Funktion des Wertersatzanspruchs, einen Rücktritt auch
dann zu ermöglichen, wenn der Rücktrittsberechtigte zur Rückgewähr der
empfangenen Leistung außerstande ist (vgl. die Materialien zum
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz BT-Drs. 14/6040, S. 194; Schmidt-Räntsch,
Das neue Schuldrecht, Rdn. 579 f.), nicht zweifelhaft sein, dass es der
Sache nach um die Unmöglichkeit geht, den empfangenen Gegenstand überhaupt
oder in der ursprünglichen Form zurückzugeben (vgl. Canaris,
Schuldrechtsmodernisierung 2002, S. XXXVII).
19 (2) Hiervon gehen Vertreter der Gegenmeinung ebenfalls aus (vgl.
MünchKomm-BGB/Gaier, 5. Aufl., § 346 Rdn. 39; Erman/Röthel, BGB, 12. Aufl.,
§ 346 Rdn. 2). Sie halten die Schlussfolgerung, dass der
Rückgewährschuldner beispielsweise im Fall einer Belastung nur dann
Wertersatz schuldet, wenn er außer Stande ist, das Grundstück unbelastet
zurückzugeben, aber deshalb für verfehlt, weil sie meinen, dem Gesetz lasse
sich eine Verpflichtung zur Beseitigung der Belastung nicht entnehmen
(vgl. Staudinger/Kaiser, BGB [2004], § 346 Rdn. 153; MünchKomm-BGB/Gaier,
aaO). Dieser Einwand überzeugt nicht.
20 (a) Die durch einen Rücktritt entstehenden primären
Rückgewährpflichten, deren sachlicher Gehalt durch das
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nicht verändert werden sollte
(Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 2002, S. XXXVI), folgen aus § 346
Abs. 1 BGB. Die Vorschrift verpflichtet die Vertragspartner in
gleicher Weise wie § 346 Satz 1 BGB a.F. in erster Linie zur Rückgewähr der
empfangenen Leistungen in Natur (vgl. MünchKomm-BGB/Gaier, 5. Aufl., §
346 Rdn. 16). Diese Verpflichtung beschränkt sich nicht auf die
Herausgabe einer noch vorhandenen Bereicherung (vgl. Soergel/Hadding,
BGB, 12. Aufl., § 346 BGB a.F. Rdn. 6; Staudinger/Kaiser, BGB [2001], § 346
BGB a.F. Rdn. 25), sondern zielt auf die Herstellung eines Zustands ab,
der im Wesentlichen am negativen Interesse der Vertragsparteien ausgerichtet
ist (BGH, Urt. v. 28. November 2007, VIII ZR
16/07, NJW 2008, 911 – zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 290 bestimmt).
Sie umfasst auch Beschaffungselemente.
21 Beispielsweise ist der Grundstückskäufer, dem zusätzlich der
Pachtbesitz eingeräumt worden war, nach § 346 Satz 1 BGB a.F. als
verpflichtet angesehen worden, dem Verkäufer den Pachtbesitz wieder zu
verschaffen, auch wenn dies die Zustimmung des Verpächters, also die
Mitwirkung eines Dritten, erforderte (Senat, Urt. v. 29. Januar 1993, V
ZR 160/91, NJW-RR 1993, 626, 627). Ebenso wenig zweifelhaft ist das
Bestehen eines primären Rückgewähranspruchs, wenn der Rückgewährschuldner
einen fälligen Anspruch auf Herausgabe des Leistungsgegenstandes gegen einen
Dritten hat (vgl. BGHZ 56, 308, 311 für einen Anspruch aus § 556 Abs. 1
BGB a.F.). Weitergehend ist der Rückgewährschuldner nach § 346 Satz 1 BGB
a.F. als verpflichtet angesehen worden, nach Empfang begründete Belastungen
eines Grundstücks zu beseitigen (vgl. Senat, Urt. v. 21. Januar 1994, V
ZR 238/92, NJW 1994, 1161, 1162; ebenso MünchKomm-BGB/Janßen, 4. Aufl. (Band
2), Vor § 346 Rdn. 37 u. § 346 Rdn. 12; vgl. auch Reuter, Festschrift für
Gernhuber, S. 369, 378). Hieran hat sich durch die Neuregelung des
Rücktrittsrechts nichts geändert.
22 (b) Bei der Bestimmung des Umfangs der primären
Rückgewährpflichten ist allerdings zu berücksichtigen, dass dem Schuldner
keine Beschaffungspflichten auferlegt werden dürfen, die einer
Schadensersatzverpflichtung gleichkommen. Denn die
Vorschriften der §§ 346 ff. BGB sehen, wenn der empfangene Gegenstand nicht
in unveränderter Form zurückgegeben werden kann, statt der Rückgewähr keinen
Schadensersatz vor, sondern nur einen Ausgleich für dessen geminderten oder
verloren gegangenen Substanzwert (vgl. Schwab, JuS 2002, 631 u. 636).
23 Aus diesem Grund kann aus § 346 Abs. 1 BGB keine Verpflichtung des
Rückgewährschuldners abgeleitet werden, einen nach Empfang beschädigten
Gegenstand vor seiner Herausgabe an den Rückgewährgläubiger zu reparieren
(vgl. Schwab, aaO, S. 633; a.A. Canaris, Schuldrechtsmodernisierung
2002, S. XXXVII). Die Reparatur käme nämlich einer Schadensersatzleistung
in Form der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) gleich. Im Fall der
Verschlechterung des empfangenen Gegenstands beschränkt sich der Anspruch
des Rückgewährgläubigers aus § 346 Abs. 1 BGB daher auf dessen Herausgabe im
gegenwärtigen Zustand; wegen der Verschlechterung steht ihm ein Anspruch auf
– im Vergleich zu den Reparaturkosten nicht selten geringeren – Wertersatz
gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 BGB zu.
24 Vor diesem Hintergrund zwingt auch das von den Vertretern der
Gegenansicht vorgebrachte Argument, der Rückgewährschuldner könne schon
deswegen nicht zur Rückgängigmachung von "Störungen" verpflichtet sein, weil
andernfalls die in § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB vorgesehene Privilegierung
des Berechtigten im Fall eines gesetzlichen Rücktritts weitgehend leer liefe
(so Staudinger/Kaiser, BGB [2004], § 346 Rdn. 153; jurisPK-BGB/Faust, 2.
Aufl., § 346 Rdn. 34; Erman/Röthel, BGB, 12. Aufl., § 346 Rdn. 10; Lorenz,
NJW
2005, 1889, 1893), nicht zu einem anderen
systematischen Verständnis der Rücktrittsregelungen. Die Privilegierung
betrifft nach dem Wortlaut des Gesetzes – neben den nicht behebbaren Fällen
des Untergangs – die Verschlechterung des empfangenen Gegenstandes, also
Beeinträchtigungen der Sachsubstanz. Deren – häufig mögliche – Beseitigung
schuldet der Rückgewährschuldner, wie dargelegt, aber nicht, weil dies einer
vom Gesetz nicht vorgesehenen Schadensersatzpflicht gleichkäme.
25 Inwieweit § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB erweiternd auch auf die in
Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 BGB genannten Fälle anzuwenden und dabei ein
Wertungswiderspruch zu den sich aus § 346 Abs. 1 BGB ergebenden Pflichten zu
vermeiden ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Eine Privilegierung der
Beklagten scheidet – unabhängig davon, ob ihr ein gesetzliches
Rücktrittsrecht zustand – schon deshalb aus, weil die Kläger, wie das
Berufungsgericht zutreffend annimmt, zum Rücktritt berechtigt waren, nachdem
die Beklagte ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der
Grundschuldgläubigerin nicht nachgekommen und dadurch die Durchführung des
Vertrages gefährdet hatte.
26 (c) Die Beseitigung einer der Kreditsicherung dienenden dinglichen
Belastung stellt dagegen keine einer Naturalrestitution gleichkommende
"Reparatur" des empfangenen Gegenstands dar. Ein belastetes Grundstück ist
nicht beschädigt, sondern wird von dem Rückgewährschuldner zum Zwecke der
Kreditsicherung genutzt. Die Beseitigung der Belastung stellt sich mithin
als Aufgabe einer andauernden Nutzung des herauszugebenden Grundstücks dar.
Diese ist nach § 346 Abs. 1 BGB geschuldet. Dem entspricht es, dass der
Senat den Bereicherungsschuldner, der das ihm überlassene Grundstück mit
einer Grundschuld belastet oder für dieses eine Baulast bestellt hat, nach §
818 Abs. 1 BGB für verpflichtet hält, die Belastung zu beseitigen, also für
die Löschung der Grundschuld bzw. der Baulast Sorge zu tragen (vgl. BGHZ
150, 187, 193 f.; Urt. v. 7. Oktober 1994, V ZR 4/94, NJW 1995, 53, 55).
27 (3) Ist die Beseitigung der Belastung möglich, kommt ein Anspruch des
Rückgewährgläubigers auf Wertersatz nicht in Betracht. Denn die primären
Rückgewährpflichten nach § 346 Abs. 1 BGB gehen der Verpflichtung zum
Wertersatz nach § 346 Abs. 2 BGB vor (so zutreffend Bamberger/Roth/Grothe,
BGB, 2. Aufl., § 346 Rdn. 41; AnwK/Hager, BGB, § 346 Rdn. 33; Schwab, JuS
2002, 630, 632; zum alten Recht: BGH, Urt. v. 3. März 1998, X ZR 106/96, NJW
1998, 3355, 3357). Das entspricht der Regelung im Bereicherungsrecht, die
dem Gesetzgeber als Vorbild für das durch die Neufassung der §§ 346 ff. BGB
eingeführte Modell der "Rückabwicklung dem Werte nach" gedient hat (vgl.
BT-Drs.14/6040, S. 194 f.). Dort ist anerkannt, dass die Pflicht zum
Wertersatz (§ 818 Abs. 2 BGB) nur dann an die Stelle der primären Pflicht
zur Herausgabe des Erlangten (§ 818 Abs. 1 BGB) tritt, wenn die
Unmöglichkeit zur Herausgabe feststeht. Weder der Bereicherungsschuldner
noch der Bereicherungsgläubiger kann hier zwischen der Herausgabe in Natur
und der Abfindung durch Wertersatz wählen (vgl.
BGHZ 168, 220, 231; Senat, Urt. v. 7. Oktober 1994, V ZR 4/94, NJW 1995,
53, 55). Nichts anderes gilt für das Verhältnis von § 346 Abs. 1 und Abs.
2 BGB.
28 Der Vorrang der primären Rückgewährpflichten gilt auch dann, wenn dem
Schuldner die finanziellen Mittel fehlen, um das Grundpfandrecht zu
beseitigen. Denn die Regelung des § 346 Abs. 2 Satz 1 BGB soll – ebenso wie
§ 818 Abs. 2 BGB – die Unmöglichkeit der Herausgabe durch einen
Wertersatzanspruch ausgleichen. Stehen aber der Rückgewähr des unbelasteten
Leistungsgegenstandes nur finanzielle Gründe entgegen, dann kann diese
Illiquidität nicht durch einen Wertersatzanspruch kompensiert werden, dessen
Erfüllung wiederum entsprechende Geldmittel voraussetzt. Es bleibt dann
bei dem allgemeinen Grundsatz, dass jeder für seine finanzielle
Leistungsfähigkeit einzustehen hat (vgl. Senat, BGHZ 150, 187, 194).
29 (4) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts führt der Vorrang der
primären Leistungspflichten nicht dazu, dass der Anspruch des
Rückgewährgläubigers auf Rückübertragung des Grundstücks auf unbestimmte
Zeit hinausgeschoben wäre. Der Rückgewährgläubiger kann einen auf Geld
gerichteten Anspruch nämlich dadurch erlangen, dass er dem
Rückgewährschuldner eine Frist zur Beseitigung der Belastung setzt und nach
deren fruchtlosem Ablauf Schadensersatz statt der Leistung verlangt (§§
346 Abs. 4, 280 Abs. 1 u. 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB). Im Hinblick darauf,
dass die sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflichtungen Zug um Zug zu
erfüllen sind (§§ 348, 320 BGB), muss er zuvor allerdings die Rückgewähr der
von ihm empfangenen Leistungen in einer den Annahmeverzug begründenden Weise
anbieten. Andernfalls fehlt es an einer Pflichtverletzung des
Rückgewährschuldners im Sinne des § 346 Abs. 4 BGB.
30 Dass es sich bei der Verpflichtung zur Beseitigung der Belastung und der
Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises nicht um gleichartige, der
Aufrechnung zugängliche Ansprüche handelt, ist der Rückabwicklung in
tatsächlicher Hinsicht sogar förderlich. Der Rückgewährschuldner, der über
keine freien Mittel zur Ablösung der Grundschuld verfügt, kann dem
Grundpfandgläubiger nämlich anbieten, die gesicherte Forderung durch
Abtretung seines Anspruchs auf Rückgewähr des Kaufpreises ganz oder
zumindest teilweise zu erfüllen. Könnte der Rückgewährgläubiger dagegen ohne
weiteres Wertersatz verlangen, hätte der Rückgewährschuldner – weil der
Wertersatzanspruch in der Regel mit dem Anspruch auf Rückzahlung des
Kaufpreises verrechnet würde – keine Möglichkeit, die ihm zurückzugewährende
Leistung, bei der es sich in der Regel um den Kaufpreis handelt, zur
Beseitigung der Belastung einzusetzen.
31 3. Für den hier zu beurteilenden Sachverhalt folgt daraus, dass den
Klägern kein Wertersatzanspruch, sondern ein Anspruch auf Löschung der
Grundschuld gegen die Beklagte zustand. Die Beseitigung der Belastung war
schon deshalb möglich, weil das gesicherte Darlehen von der Darlehensgeberin
vorzeitig zur Rückzahlung fällig gestellt worden war. Mit der Rückzahlung
des Darlehens wäre zugleich die Aufhebung der Beschlagnahme des Grundstücks
(§ 20 ZVG) zu erreichen gewesen, da die Zwangsversteigerung aus der das
Darlehen sichernden Grundschuld betrieben wurde. Dass die nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts amtsbekannt pfandlose Beklagte
außerstande war, die für die Darlehenstilgung notwendigen Mittel
aufzubringen, lässt ihre Beseitigungspflicht, wie dargelegt, nicht
entfallen. Mangels Gleichartigkeit der Ansprüche kommt die von dem
Berufungsgericht angenommene Aufrechnung der auf Beseitigung der Grundschuld
und Rückzahlung des empfangenen Kaufpreisanteils von 307.000 € gerichteten
Forderungen somit nicht in Betracht.
III.
32 Das Berufungsurteil kann demnach keinen Bestand haben.
33 Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Die Vorinstanzen haben zwar keine Feststellungen dazu getroffen, inwieweit
sich das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten in Höhe von 307.000 € infolge
einer Aufrechnung der Kläger mit sonstigen Ansprüchen verringert hatte. Aus
dem von der Revisionserwiderung hierzu aufgezeigten Vortrag der Kläger im
Schriftsatz vom 3. Januar 2005 ergibt sich aber, dass ihnen auf der
Grundlage einer im Kaufvertrag getroffenen Regelung eine
Nutzungsentschädigung in Höhe von 34.000 € zustand und dass sie mit dieser
Forderung die Aufrechnung gegen den Rückzahlungsanspruch der Beklagten aus §
346 Abs. 1 BGB erklärt haben. Die in dem Schriftsatz angesprochenen weiteren
Aufwendungs- und Schadensersatzansprüche sind demgegenüber nicht schlüssig
dargetan und daher nicht berücksichtigungsfähig. Für die Feststellung des
Umfangs der Erledigung der Hauptsache war daher von einem
Zurückbehaltungsrecht der Beklagten in Höhe von 273.000 € auszugehen
(307.000 € abzüglich 34.000 €).
IV.
34 Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die
Zuvielforderung der Kläger hat keine höheren Kosten veranlasst, weil sich
das Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts grundsätzlich nicht
streitwerterhöhend auswirkt. Das steht, wenn die Parteien in erster Linie um
das Bestehen eines Zurückbe-haltungsrechts streiten, einer Verteilung der
Kosten nach dem Maß des Obsiegens und Unterliegens hinsichtlich der
Gegenforderung zwar nicht entgegen (vgl. dazu MünchKomm-BGB/Emmerich, 5.
Aufl., § 322 Rdn. 13). Eine solche Kostenverteilung ist hier aber nicht
angezeigt. Die Kläger haben der Sache nach nämlich keine unbedingte
Verurteilung der Beklagten erstrebt. Da sie nicht die Herausgabe des
Grundstücks im unbelasteten, sondern im belasteten Zustand verlangt haben,
war die Gegenforderung der Beklagten in ihrem Klageantrag berücksichtigt.
Unzutreffend war lediglich die Annahme der Kläger, der ihnen wegen der
Belastung des Grundstücks zustehende Anspruch sei auf Geld gerichtet und
könne daher mit der Gegenforderung der Beklagten verrechnet werden. Das
rechtfertigt es zugleich, eine etwaige Zuvielforderung der Kläger als
geringfügig im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO anzusehen.
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