Voraussetzungen der Heilung eines formnichtigen
Grundstücksgeschäft gem. § 311b I 2 BGB; Grundsatz der Doppelwirkung im
Recht (mehrfache Unwirksamkeitsgründe)
BGH, Urteil vom 13. Mai 2016 - V ZR
265/14
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Ein auf den Abschluss eines nach § 311b Abs. 1
Satz 1 BGB beurkundungspflichtigen Vertrags gerichtetes Angebot, das nicht
notariell beurkundet und daher nichtig ist, kann, soweit es Allgemeine
Geschäftsbedingungen enthält, zusätzlich aufgrund der richterlichen
Inhaltskontrolle gemäß § 308 Nr. 1 BGB als unwirksam anzusehen sein;
außerdem erlischt es, wenn es nicht fristgerecht angenommen wird.
b) Wird ein bereits erloschenes formnichtiges Angebot auf Abschluss eines
nach § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB beurkundungspflichtigen Vertrags angenommen,
führen Auflassung und Eintragung in das Grundbuch nicht dazu, dass der
Vertrag zustande kommt.
Zentrale Probleme:
Die von § 311b I 2 BGB vorgesehen Heilung von
Formmängeln setzt einen mit Ausnahme des Formmangels wirksamen Vertrag
voraus. Fehlt es daran (hier wegen des Erlöschens eines Angebots durch
Ablauf der Angebotsfrist, § 146 BGB), kann auch keine Heilung durch
Auflassung und Eintragung erfolgen. Die Entscheidung bestätigt auch, dass
eine auf einen solchen Vertrag gerichtete, formwidrige Willenserklärung bis
zur Heilung widerruflich (s. dazu BGHZ 127, 129).
Auch kann ein formnichtiges Angebot aus weiteren Gründen nichtig sein
(Grundsatz der Doppelwirkung im Recht), so dass auch aus diesem Grund eine
Heilung nach § 311b I 2 BGB nicht eintreten kann.
©sl 2016
Tatbestand:
1 Im März 2006 entschloss sich der
Kläger auf Vermittlung einer GmbH zum Kauf einer noch zu sanierenden
Eigentumswohnung. Verkäuferin war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts,
deren Gesellschafterin u.a. die Rechtsvorgängerin der Beklagten war. Vor der
Beurkundung schlossen der Kläger und die Verkäuferin eine
„Eigenprovisionsvereinbarung", wonach dem Kläger von dem zu zahlenden
Kaufpreis 13.004,64 € zustehen sollten. Hiervon sollten zunächst die
Erwerbsnebenkosten bezahlt werden; einen Restbetrag von 7.315,11 € sollte
der Kläger erhalten. Am 29. Mai 2006 gab der Kläger vor einem Notar
(Streithelfer zu 1) ein „Angebot über einen Kauf- und Werkvertrag über eine
Eigentumswohnung in einem zu sanierenden Altbau" zum Preis von 81.279 € ab.
Die Eigenprovisionsabrede ging daraus nicht hervor. In der Urkunde heißt es,
dass der Käufer sich bis zum 4. Juli 2006 an das Angebot gebunden halte.
Danach sollte das Angebot bis zu einem gegenüber einem anderen Notar
(Streithelfer zu 2) zu erklärenden Widerruf des Käufers weitergelten. Am 16.
Juni 2006 nahm der Kläger ein Darlehen über 81.200 € auf. Am 10. August 2006
nahm die Verkäuferin das Angebot an und erklärte - zugleich als Vertreterin
des Klägers - die Auflassung. Der Kläger wurde als Eigentümer in das
Grundbuch eingetragen.
2 Die auf Rückabwicklung des Vertrags gerichtete Klage hat in den
Vorinstanzen im Wesentlichen Erfolg gehabt. Mit der von dem Senat
zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, wollen die
Beklagte und ihre Streithelfer die Abweisung der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe:
I.
3 Das Berufungsgericht verneint das Zustandekommen eines Vertrags, weil das
Angebot des Klägers spätestens mit Ablauf des 4. Juli 2006 erloschen und die
Annahme der Verkäuferin erst nach diesem Zeitpunkt erfolgt sei. Das Angebot
habe nicht widerruflich fortgegolten, weil die Fortgeltungsklausel eine
gemäß § 308 Nr. 1 BGB unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung darstelle.
Sie sei für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und gelte gemäß § 310
Abs. 3 Nr. 1 BGB als von der Verkäuferin gestellt. Die Beklagte habe nicht
beweisen können, dass die Klausel auf einer Individualvereinbarung beruhe.
Sie habe schon nicht dargetan, dass die Klausel erörtert worden sei.
4 Dass die Eigenprovisionsabrede aus dem notariellen Vertrag nicht
hervorgehe, wirke sich auf dieses Ergebnis nicht aus. Zwar führe die bewusst
unrichtige Beurkundung einer der Beurkundungspflicht unterliegenden
Vereinbarung dazu, dass der beurkundete Vertrag als Scheingeschäft gemäß §
117 BGB und der wirklich gewollte Vertrag wegen Formmangels gemäß § 125 BGB
nichtig sei. Eine Heilung des Formmangels durch den Eigentumserwerb infolge
der wirksamen Auflassung und der Eintragung in das Grundbuch gemäß § 311b
Abs. 1 Satz 2 BGB sei aber zu verneinen. Sie setze nämlich voraus, dass der
verdeckte Vertrag zustande gekommen sei, woran es hier fehle. Denn auch
insoweit sei die mit § 308 Nr. 1 BGB unvereinbare Fortsetzungsklausel
gewollt gewesen, da sie die Finanzierung habe sichern sollen.
II.
5 Die zulässige Revision hat keinen Erfolg. Die Annahme des
Berufungsgerichts, ein Vertrag zwischen dem Kläger und der Verkäuferin sei
nicht zustande gekommen und die Beklagte hafte in analoger Anwendung von §
128 HGB als Gesellschafterin der Verkäuferin für die Rückzahlung des
Kaufpreises, hält rechtlicher Nachprüfung stand.
6 1. Lässt man im Ausgangspunkt die Eigenprovisionsabrede außer Acht, ist
ein Vertrag nicht zustande gekommen.
7 a) Bei Annahme durch die Verkäuferin war die in dem Angebot des
Klägers bestimmte Bindungsfrist bis zum 4. Juli 2006, die sich - regelmäßig
und auch hier - mit der dem Empfänger für die Annahme des Angebots
eingeräumten Frist (§ 148 BGB) deckt, verstrichen; denn die die
Annahme ist erst am 10. August 2006 erfolgt (vgl. nur Senat, Urteil vom 7.
Juni 2013 - V ZR 10/12, NJW 2013, 3434 Rn. 8).
8 b) Die Erklärung, dass das Angebot nach dem 4. Juli 2006 bis zu einem
Widerruf des Käufers weitergilt, führt nicht zu einer Fortgeltung des
Angebots, weil diese Klausel gemäß § 308 Nr. 1 BGB unwirksam ist.
9 aa) Rechtsfehlerfrei sieht das Berufungsgericht die Klausel als von der
Verkäuferin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung an.
10 (1) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich um
einen Verbrauchervertrag. Weiter sieht es als erwiesen an, dass die Klausel
nicht zur einmaligen Verwendung bestimmt gewesen (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB),
sondern für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert worden ist (§ 305 Abs.
1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Zutreffend meint das Berufungsgericht
deshalb, es sei Sache der Beklagten, ein Aushandeln im Einzelnen im Sinne
von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB darzulegen und zu beweisen. Dies ergibt sich bei
einem Verbrauchervertrag aus der in § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB vorgesehenen
Beweislastverteilung (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2008 - X ZR 126/06,
BGHZ 176, 140 Rn. 14 mwN); das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Februar
2010 (VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 Rn. 11), auf das sich die Beklagte
stützt, um eine Individualvereinbarung herzuleiten, bezieht sich gerade
nicht auf einen Verbrauchervertrag, sondern auf einen zwischen Privatleuten
geschlossenen Vertrag.
11 (2) Dass das Berufungsgericht den Beweis als nicht geführt ansieht, ist
aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die von der Beklagten
erhobene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und als nicht durchgreifend
erachtet. Von einer näheren Begründung wird abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO).
12 bb) Als Allgemeine Geschäftsbedingung unterliegt die Klausel den
Vorschriften über die richterliche Inhaltskontrolle (§§ 307 bis 309 BGB) und
wird als Vertragsabschlussklausel von § 308 Nr. 1 BGB erfasst. Die
Bindungsfrist ist unangemessen lang im Sinne dieser Norm. Denn Klauseln in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach denen das Angebot des anderen Teils
unbefristet fortbesteht und von dem Verwender jederzeit angenommen werden
kann (unbefristete Fortgeltungsklauseln), sind auch dann mit § 308 Nr. 1 BGB
unvereinbar, wenn das Angebot - wie hier - nicht bindend, sondern
widerruflich ist (st. Rspr., vgl. zu Kaufverträgen Senat, Urteil vom 7. Juni
2013 - V ZR 10/12, NJW 2013, 3434 ff.; Urteil vom 9. Mai 2014 - V ZR 266/12,
WE 2014, 118 f.; zu Bauträgerverträgen Senat, Urteil vom 27. September 2013
- V ZR 52/12, NJW 2014, 854 ff.; Urteil vom 17. Januar 2014 - V ZR 5/12, NJW
2014, 857 ff.).
13 c) Infolgedessen war das Angebot im Zeitpunkt der Annahme gemäß §
146 BGB erloschen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die
verspätete Annahmeerklärung der Verkäuferin, die gemäß § 150 Abs. 1 BGB als
neues Angebot gilt, angenommen hat, sind nicht ersichtlich. Eine Annahme
durch Schweigen kommt bei beurkundungsbedürftigen Grundstücksgeschäften
nicht in Betracht. Die von dem anderen Teil zur Erfüllung vorgenommenen
Handlungen wie etwa die Kaufpreiszahlung sind grundsätzlich nicht als
schlüssige Annahmeerklärung auszulegen (näher
Senat, Urteil vom 11. Juni 2010 - V
ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Rn. 16 ff.; Urteil vom 7. Juni
2013 - V ZR 10/12, NJW 2013, 3434 Rn. 27).
14 2. Der Umstand, dass die vertraglich vereinbarte Eigenprovision aus der
notariellen Urkunde nicht hervorgeht, ändert an diesem Ergebnis nichts.
15 a) Aufgrund der Eigenprovisionsabrede stellen die beurkundeten
Erklärungen allerdings Scheingeschäfte dar. Der Beurkundungszwang
für Verträge, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an
einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, erstreckt sich auf alle
Vereinbarungen, aus denen sich das schuldrechtliche Veräußerungsgeschäft
nach dem Willen der Parteien zusammensetzt. Er erfasst deshalb auch eine
Abrede über die Rückzahlung eines Teils des Kaufpreises, wie sie hier
getroffen worden ist (vgl.
Senat, Urteil vom 27. Mai 2011 - V
ZR 122/10, NJW 2011, 2953 Rn. 6). Infolgedessen sind die
notariell beurkundeten Willenserklärungen gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtig,
und es gilt gemäß § 117 Abs. 2 BGB das verdeckt Erklärte.
16 b) Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass die verdeckten
Willenserklärungen abgesehen von dem Kaufpreis und der Eigenprovisionsabrede
mit demselben Inhalt abgegeben wurden wie die beurkundeten Erklärungen, und
zwar zeitgleich mit diesen.
17 aa) Zunächst gibt es keine Anhaltspunkte für die Annahme der Beklagten,
die Fortgeltungsklausel sei kein Bestandteil der verdeckten
Willenserklärungen, diese hätten also über Kaufpreis und
Eigenprovisionsabrede hinaus einen anderen Inhalt als die beurkundeten
Erklärungen. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass nach dem Parteiwillen die
in dem beurkundeten Kaufangebot im Übrigen vorgesehene inhaltliche
Gestaltung des Vertrags - wie beispielsweise die Regelung der
Mängelansprüche - Inhalt sowohl des verdeckten Angebots als auch der
verdeckten Annahme war. Infolgedessen ist die Fortgeltungsklausel
gleichermaßen für das verdeckte Angebot als Allgemeine Geschäftsbedingung
von der Verkäuferin gestellt worden; einer Beantwortung der von dem
Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem
Senat aufgeworfenen Frage, unter welchen Voraussetzungen Allgemeine
Geschäftsbedingungen mündlich gestellt werden können, bedarf es nicht, weil
die durch mündliche Absprache einbezogene Klausel in notariell beurkundeter
Form vorlag (vgl. § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB).
18 bb) Ebenso wenig gibt es einen Hinweis darauf, dass die verdeckten
Willenserklärungen zu einem von den Beurkundungsterminen abweichenden
Zeitpunkt abgegeben wurden. Richtig ist zwar, dass der Abfassung des
beurkundeten Angebots eine Absprache der Parteien unter anderem über die
Eigenprovision voranging; darin liegt das von § 117 Abs. 1 BGB
vorausgesetzte Einverständnis der Verkäuferin mit der zum Schein erfolgten
Abgabe des Angebots. Anders als die Beklagte meint, erlaubt dies aber nicht
den Rückschluss, dass der für einen Vertragsschluss erforderliche
Rechtsbindungswille beider Parteien schon vor der Beurkundung des Angebots
bestanden hätte. Im Zweifel wollte der Kläger sein verdecktes Angebot erst
bei der Beurkundung am 29. Mai 2006 abgeben. Auch entbehrt die Behauptung
der Beklagten, spätestens mit Ab-schluss des Darlehensvertrags am 16. Juni
2006 sei die verdeckte Annahme erfolgt, einer tatsächlichen Grundlage; der
Rechtsbindungswille der Verkäuferin bestand hinsichtlich der verdeckten
Annahme im Zweifel erst bei der am 10. August 2006 erfolgten Beurkundung.
19 c) Mit dem verdeckten Inhalt waren Angebot und Annahme jedoch
formunwirksam (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB) und damit nichtig (§ 125 Satz 1
BGB). Ohne Erfolg wenden sich die Revisionsführer gegen die Annahme
des Berufungsgerichts, der Vertrag sei nicht zustande gekommen, und eine
Heilung gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB sei trotz wirksamer Auflassung und
Eintragung nicht eingetreten.
20 aa) Richtig ist allerdings, dass Angebot und Annahme ex nunc und
damit gleichzeitig wirksam werden, sofern ein formnichtiger Vertrag gemäß §
311b Abs. 1 Satz 2 BGB gültig wird (vgl.
Senat, Urteil vom 27. Mai 2011 - V
ZR 122/10, NJW 2011, 2953 Rn. 6). Hieraus folgern die
Streithelfer, dass der Formmangel gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt
worden sei, weil die erforderliche Willensübereinstimmung bei der Auflassung
vorgelegen habe. Die verspätete Annahme habe sich wegen des Formmangels
nicht ausgewirkt. Denn ein nichtiges Angebot könne ohnehin nicht - also auch
nicht verspätet -angenommen werden. Ebenso wenig könne es erlöschen.
21 bb) Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Ein auf den Abschluss
eines nach § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB beurkundungspflichtigen Vertrags
gerichtetes Angebot, das nicht notariell beurkundet und daher nichtig ist,
kann, soweit es Allgemeine Geschäftsbedingungen enthält, zusätzlich aufgrund
der richterlichen Inhaltskontrolle gemäß § 308 Nr. 1 BGB als unwirksam
anzusehen sein; außerdem erlischt es, wenn es nicht fristgerecht angenommen
wird.
22 (1) Im Ausgangspunkt schließen logische Gründe es nicht aus, dass
ein nichtiges Angebot (auch) aufgrund der richterlichen Inhaltskontrolle von
Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam ist, oder dass ein nichtiges
Angebot erlischt. Nach dem Verständnis der Streithelfer sind die
formnichtigen Erklärungen - einem vernichteten realen Gegenstand
vergleichbar - nicht existent. Aber wenn eine Willenserklärung nichtig ist,
bedeutet dies nicht, dass sie nicht abgegeben worden ist. Vielmehr
wird der Lebenssachverhalt von der Rechtsordnung mit den dafür vorgesehenen
Rechtsfolgen als nichtig bewertet. Nach diesem normativen Verständnis kann
derselbe Sachverhalt denklogisch noch anderen rechtlichen Bewertungen
unterliegen, indem etwa mehrere Nichtigkeitsgründe zusammentreffen
(vgl. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. II, 4. Aufl., §
30, 1 und § 31, 6; Herbert, JZ 2011, 503, 506; Schreiber, AcP 211 (2011),
34, 40; Lorenz, Gedächtnisschrift Wolf, 2011, S. 77, 78 f.). Dies
entspricht der Vorstellung von sogenannten Doppelwirkungen im Recht
(grundlegend Kipp, Festschrift v. Martitz, 1911, S. 211 ff.). Danach
können unter anderem nichtige Willenserklärungen angefochten werden, was -
jedenfalls im Ergebnis - heute allgemein anerkannt ist (vgl. Senat,
Urteil vom 2. Oktober 2009 - V ZR 235/08, BGHZ 182, 307 Rn. 23;
Staudinger/Roth, BGB [2015], § 142 Rn. 27 ff.; Palandt/Ellenberger, BGB, 75.
Aufl., vor § 104 Rn. 35; Herbert, JZ 2011, 503, 506; Lorenz,
Gedächtnisschrift Wolf, 2011, S. 77, 78; Würdinger, JuS 2011, 769, 771,
jeweils mwN; aus prozessualer Sicht Senat, Urteil vom 21. Juni 1955 - V ZR
53/54, WM 1955, 1290 f. sowie BGH, Urteil vom 11. Juni 1992 - IX ZR 255/91,
BGHZ 118, 374, 380). Unter Berufung hierauf hat der
Bundesgerichtshof einen nichtigen Vertrag zugleich als widerruflich
angesehen (vgl.
BGH, Urteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, BGHZ
183, 235 Rn. 18).
23 (2) Ob die Unwirksamkeit einer Willenserklärung (im Sinne einer
sogenannten Doppelwirkung) aus mehreren rechtlichen Gründen eintritt, oder
ob sich die in Betracht kommenden Unwirksamkeitsgründe gegenseitig
ausschließen, richtet sich nach der Auslegung der jeweils maßgeblichen
Normen, insbesondere nach der diesen zugrunde liegenden rechtlichen Wertung
(vgl. Kipp, Festschrift v. Martitz, 1911, S. 211, 228 ff.; Herbert,
JZ 2011, 503, 507 f.; Würdinger, JuS 2011, 769, 771). Hier ist davon
auszugehen, dass die verdeckten Willenserklärungen mangels notarieller
Beurkundung ohne weiteres formnichtig sind (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m.
§ 125 Satz 1 BGB). Entscheidend ist daher zunächst, ob eine
formularmäßige unbefristete Fortgeltungsklausel auch dann gemäß § 308 Nr. 1
BGB unwirksam ist, wenn sie in einem formnichtigen Angebot enthalten ist,
und wenn ja, ob das formnichtige Angebot gemäß § 146 BGB erlischt; beides
bejaht der Senat.
24 (a) Nach Sinn und Zweck der richterlichen Inhaltskontrolle gemäß
§ 308 Nr. 1 BGB ist diese Bestimmung auch auf formnichtige Allgemeine
Geschäftsbedingungen anzuwenden. Die Gründe, aus denen - wie oben
unter II.1.b)bb) ausgeführt - (formwirksame) unbefristete
Fortgeltungsklauseln der richterlichen Inhaltskontrolle gemäß § 308 Nr. 1
BGB selbst dann nicht standhalten, wenn das Angebot widerruflich
fortbesteht, gelten gleichermaßen bei einem formnichtigen Angebot mit
demselben Inhalt.
25 (aa) § 308 Nr. 1 BGB dient dem Schutz des Vertragspartners des Verwenders
vor den Nachteilen übermäßig lang andauernder Schwebezustände (vgl. Senat,
Urteil vom 7. Juni 2013 - V ZR 10/12, NJW 2013, 3434 Rn. 20). Auf
(formwirksame) unbefristete Fortgeltungsklauseln, bei denen das Angebot
widerruflich fortbesteht, hat der Senat die richterliche Inhaltskontrolle
erstreckt, obwohl der Antragende aufgrund der Widerrufsmöglichkeit nicht in
gleicher Weise wie bei einem nach § 145 BGB bindenden Angebot in seiner
Dispositionsfreiheit beschränkt ist. Dies hat der Senat damit begründet,
dass die mit einer unbefristeten Fortgeltungsklausel für den Antragenden
verbundenen Nachteile nicht annähernd ausgeglichen würden. Diese bestünden
einmal darin, dass der Antragende möglicherweise auch sehr lange Zeit nach
der Abgabe seines Angebots nicht wisse, ob der von ihm gewünschte Vertrag
zustande komme oder nicht. Nachteilig für ihn sei es zudem, dass der Vertrag
auch nach Monaten oder Jahren, also in einem Zeitpunkt, in dem der
Antragende (selbst wenn er sein Angebot nicht widerrufen hat) das lange
Schweigen des Angebotsempfängers auf sein Angebot regelmäßig als dessen
Nichtannahme verstehen müsse, mit der Annahmeerklärung des Verwenders
überrascht werden könne, die den (von dem Antragenden möglicherweise
inzwischen nicht mehr gewünschten) Vertrag zustande bringe (Senat, Urteil
vom 7. Juni 2013 - V ZR 10/12, NJW 2013, 3434 Rn. 24).
26 (bb) Diese Erwägungen sind auf eine formnichtige unbefristete
Fortgeltungsklausel übertragbar. Nur vordergründig lässt sich dem
entgegenhalten, dass der von § 308 Nr. 1 BGB vorausgesetzte, unangemessen
lang andauernde Schwebezustand nicht entstehen kann, wenn das Angebot
ohnehin formnichtig ist. Richtig ist zwar, dass ein solches Angebot
selbst nach der Annahme aufgrund der Formnichtigkeit frei widerruflich ist,
solange die Auflassung nicht erfolgt ist (vgl.
BGH, Urteil vom 21. September 1994
- VIII ZR 257/93, BGHZ 127, 129, 134 f.; RGZ 54, 107,
109), und dass der Antragende auch ohne Widerruf nicht verpflichtet
ist, an dem Erfüllungsgeschäft mitzuwirken. Dies macht die
richterliche Inhaltskontrolle aber schon deshalb nicht entbehrlich, weil bei
der gebotenen typisierenden Betrachtung nicht davon ausgegangen werden kann,
dass der Antragende die Formnichtigkeit erkennt und hieraus zutreffende
rechtliche Schlüsse zieht. Infolgedessen kann er mit der Annahme auch eines
formunwirksamen Angebots nach geraumer Zeit überrascht werden, was § 308 Nr.
1 BGB gerade verhindern soll. Wäre die Fortgeltungsklausel nicht (auch) nach
dieser Bestimmung unwirksam, könnte der Formmangel durch Vornahme des
Erfüllungsgeschäfts gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt werden.
Dies könnte sogar ohne weiteres Zutun des Antragenden geschehen, wenn dieser
- wie hier - entsprechende Vollmachten erteilt hat; aber auch wenn seine
Mitwirkung an Auflassung und Eintragung erforderlich ist, müsste er sich der
Formnichtigkeit bewusst sein, um zu erkennen, dass er aus Rechtsgründen zu
der Erfüllung des vermeintlich durch die Annahme zustande gekommenen
Vertrags nicht verpflichtet ist.
27 (b) Gilt das Angebot nicht widerruflich weiter, ist es gemäß §
146 BGB mit Ablauf der gemäß § 148 BGB bestimmten Bindungsfrist erloschen.
Es ist nicht ersichtlich, warum diese gesetzlich vorgeschriebene Rechtsfolge
nicht eintreten sollte, wenn das Angebot (zusätzlich) formnichtig ist. Im
Gegenteil erfüllen beide Unwirksamkeitsgründe nebeneinander jeweils
spezifische Funktionen. Während § 146 BGB die Dispositionsfreiheit des
Antragenden schützt, soll die Beurkundungspflicht Veräußerer und Erwerber
vor übereilten Verträgen bewahren, sie auf die Wichtigkeit des Geschäfts
hinweisen und ihnen die Möglichkeit rechtskundiger Belehrung und Beratung
eröffnen (vgl. Senat, Urteil vom 25. März 1983 - V ZR 268/81, BGHZ
87, 150, 153). Zudem unterscheiden sich die rechtlichen Folgen der
Unwirksamkeit. Das Erlöschen des Antrags beseitigt nicht nur die Bindung des
Antragenden nach § 145 BGB, sondern führt dazu, dass der Antrag nicht mehr
angenommen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 11. Juni 2010 - V ZR
85/09, NJW 2010, 2873 Rn. 15 mwN; ebenso für ein nicht bindendes Angebot
Senat, Urteil vom 26. Februar 2016 - V ZR 208/14, ZNotP 2016, 63 Rn. 21).
Daher kann der Antragende einem erloschenen Angebot nur durch Bestätigung
gemäß § 141 BGB oder durch eine Neuvornahme Rechtswirksamkeit verschaffen
(vgl. Senat, Urteil vom 10. Februar 2012 - V ZR 51/11, NJW 2012, 1570 Rn. 17
f.). Dagegen lässt sich der Formmangel unter den Voraussetzungen von § 311b
Abs. 1 Satz 2 BGB beheben.
28 cc) Wird - wie hier - ein bereits erloschenes formnichtiges
Angebot auf Abschluss eines nach § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB
beurkundungspflichtigen Vertrags angenommen, führen Auflassung und
Eintragung in das Grundbuch nicht dazu, dass der Vertrag zustande kommt.
29 (1) Nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB wird ein „ohne Beachtung dieser [in §
311b Abs. 1 Satz 1 BGB vorgeschriebenen] Form geschlossener Vertrag" durch
Auflassung und Eintragung „seinem ganzen Inhalt nach gültig".
Bereits aus dem Wortlaut folgt, dass nur ein geschlossener Vertrag gültig
werden kann. Hierfür bedarf es einer Willensübereinstimmung, die im
Zeitpunkt der Auflassung fortbestehen muss (vgl. Senat, Urteil vom
9. November 1979 - V ZR 38/78, DNotZ 1980, 222, 224; BGH, Urteil vom 21.
September 1994 - VIII ZR 257/93,
BGHZ 127, 129,
136 f.; jeweils mwN). Dann bewirken Auflassung und Eintragung, dass
an denselben Lebenssachverhalt andere Rechtsfolgen geknüpft werden, indem
das im Übrigen unveränderte Verpflichtungsgeschäft mit Wirkung ex nunc
insgesamt wirksam wird. War aber das Angebot - wie hier - im Zeitpunkt der
Annahme erloschen, ist es zu der erforderlichen Willensübereinstimmung nicht
gekommen.
30 (2) Dieses Ergebnis entspricht auch dem maßgeblichen Zweck des § 311b
Abs. 1 Satz 2 BGB, der in dem Gedanken der Erfüllung zu sehen ist.
Einem (im Übrigen wirksam geschlossenen) Vertrag soll, nachdem die Verfügung
erfolgt ist, allein wegen des Formmangels nicht weiterhin die Wirksamkeit
versagt werden (vgl. grundlegend
Senat, Urteil vom 8. Oktober 2004
- V ZR 178/03, BGHZ 160, 368, 370 ff.).
Anerkanntermaßen erstreckt sich die Heilungswirkung daher nicht auf weitere
Nichtigkeitsgründe, die dazu führen, dass die Rechtsordnung dem nunmehr
formwirksamen Rechtsgeschäft die Wirksamkeit versagt, wie etwa die fehlende
Geschäftsfähigkeit, Verstöße gegen §§ 134, 138 BGB oder das Fehlen
erforderlicher Genehmigungen (vgl. Senat, Urteil vom 8. November
1968 - V ZR 60/65, WM 1969, 163, 164; Staudinger/R. Schumacher, BGB [2012],
§ 311b Rn. 312; Erman/Grziwotz, BGB, 14. Aufl., § 311b Rn. 79; jeweils mwN).
Ebenso wenig soll § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB bewirken, dass ein Vertrag
entsteht, wenn die hierfür nach allgemeinem Vertragsrecht erforderlichen
Voraussetzungen fehlen.
31 dd) Weil das Zustandekommen eines formunwirksamen Vertrags
üblichen Regeln folgt, kommt - wie unter II.1c) ausgeführt - eine Annahme
der nach § 150 Abs. 1 BGB als neues Angebot geltenden verspäteten
Annahmeerklärung durch Schweigen nicht in Betracht. Vergeblich
berufen sich die Revisionsführer auf die Entscheidung des Senats vom 27. Mai
2011 (V ZR 122/10, NJW 2011, 2953 Rn. 14). Dort hat der Senat zwar
ausgeführt, dass eine Vertragspartei, die die Eigentumsumschreibung fördert
bzw. nicht verhindert, im Zweifel von dem Willen geleitet ist, den
(formnichtigen) Vertrag so zu behandeln, als wäre er von Anfang an wirksam;
dies bezog sich aber gerade nicht auf das (dort unzweifelhaft erfolgte)
Zustandekommen des Vertrags, sondern auf die (von dem Senat verneinte)
Frage, ob der Käufer mit dem Festhalten an dem Vertrag (durch Mitwirkung an
dem Erfüllungsgeschäft) konkludent auf Mängelrechte verzichtet.
32 3. Die Rückforderung ist nicht gemäß § 817 Satz 2 BGB
ausgeschlossen. Die Zahlung des falsch beurkundeten Kaufpreises verstößt für
sich genommen nicht gegen die guten Sitten. Dies ergibt sich schon daraus,
dass es möglich gewesen wäre, die Eigenprovisionsabrede durch Aufnahme in
den notariellen Vertrag wirksam zu vereinbaren (vgl. Senat, Urteil
vom 23. September 1983 - V ZR 91/82, WM 1983, 1340, 1342; Urteil vom 17.
Dezember 1965 - V ZR 115/63, WM 1966, 161, 162 f.).
33 4. Mit seiner Berufung auf die Unwirksamkeit der Klausel verstößt der
Kläger nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Zwar hat er den höheren
Kaufpreis möglicherweise beurkunden lassen, um die Gewährung eines den
Kaufpreis übersteigenden Kredits zu ermöglichen. Als treuwidrig könnte sich
ein solches Verhalten aber allenfalls gegenüber dem Kreditgeber erweisen,
nicht jedoch im Verhältnis zu dem Verkäufer, mit dem die
Eigenprovisionsabrede vereinbart worden ist.
III.
34 1. Nach alledem ist die Revision zurückzuweisen. Entgegen der Ansicht der
Streithelfer ist dem Berufungsgericht kein Rechenfehler unterlaufen. Den in
der Hauptsache zugesprochenen Rückzahlungsbetrag in Höhe von 54.950,01 € hat
es zutreffend berechnet, indem es von dem gezahlten Kaufpreis in Höhe von
68.274,36 € die von dem Kläger vorgetragenen Nutzungen in Höhe von 13.324,35
€ abgezogen hat. Dass die Nutzungen in den Urteilsgründen aufgrund eines
Schreibfehlers mit 13.224,35 € beziffert werden, hat sich auf den Tenor
nicht ausgewirkt.
35 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 Halbsatz 2
ZPO. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen allein der Beklagten zur
Last, da die Streithelfer neben ihr als der prozessführenden Partei Revision
eingelegt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 1963 - III ZR 131/61, BGHZ
39, 296, 297 f.; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 101 Rn. 4)
|