Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m.
öffentlich-rechtlichem Schutzgesetz; Begriff des Verrichtungsgehilfen (§ 831
BGB): Selbständiger Handwerker kein Verrichtungsgehilfe; Beweislast
für das Verschulden; keine Haftung aus § 280 BGB aus "nachbarrechtlichem
Schuldverhältnis", verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher
Ausgleichsanspruch analog § 906 II BGB bei "faktischer" Duldungspflicht,
Verhältnis zum Deliktsrecht
BGH, Urteil vom 15. Juli 2011 - V ZR 277/10
Fundstelle:
NJW 2011, 3294
Amtl. Leitsatz:
Eine an landesrechtliche Nachbarvorschriften
anknüpfende deliktsrechtliche Haftung ist keine den nachbarrechtlichen
Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ausschließende
Sonderregelung.
Zentrale Probleme:
Eine lehrreiche, viele Grundfragen des Haftungsrecht
aufwerfende Entscheidung. Zu beachten sind insbesondere die Ausführungen zu
§ 280 I BGB und der Voraussetzung eines Schuldverhältnisses, das aus der
bloßen Grundstücksnachbarschaft nicht entsteht. Von Interesse ist auch die
Umkehr der Beweislast bzgl. des Verschuldens bei der Haftung nach § 823 II
iVm einem Schutzgesetz. Grundsätzlich liegt die Beweislast für das
Verschulden bei der Deliktshaftung (anders gerade bei § 280 I 2 BGB) beim
Geschädigten. bei verwaltungsrechtlichen Schutzgesetzen muss sich hingegen
nach hM der Schädiger entlasten, wenn ein objektiver Verstoß gegen das
Schutzgesetz festgestellt ist und das Schutzgesetz das verbotene Verhalten
so umschreibt, dass im Falle eines Verstoßes ohne weiteres Handlungsunrecht
feststeht. Zum Begriff des Verrichtungsgehilfen s. auch
BGH v. 6.9.2012 - VI
ZR 174/11.
Zum nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog § 906 II BGB s. die Anm. zu
BGH NJW 2004, 775;
BGH NJW 2010, 3160 und
BGH v. 1.2.2008 - V ZR 47/07.
Zur Anwendung bei Wohnungseigentum s.
BGH v. 25.10.2013 - V
ZR 230/12.
©sl 2011
Tatbestand:
1 Die Parteien sind Eigentümer angrenzender Grundstücke. Die darauf
befindlichen Gebäude stehen mit den Giebeln zur Straße. Traufseitig stoßen
sie unmittelbar aneinander an; dabei liegt das niedrigere Haus des Beklagten
mit Dach und Regenrinne an der benachbarten Außenwand an. Ein an die
Regenrinne anschließendes Wandabschlussblech soll das Eindringen von
Regenwasser in diese Wand verhindern.
2. Nachdem im Haus der Kläger ein Feuchtigkeitsschaden entstanden war,
forderte der frühere Kläger zu 2 den Beklagten im Frühjahr 2007 auf, das
Wandabschlussblech zu überprüfen. Der Beklagte, der einen Dachdecker mit
anderen Dacharbeiten beauftragt hatte, sagte dies zu.
3 Im Juni 2007 kam es nach starken Regenfällen zu einem massiven
Wassereintritt in das Haus der Kläger, den diese auf den schadhaften Zustand
des Abschlussblechs zurückführen. Die Kläger verlangen von dem Beklagten
Schadensersatz in Höhe von 3.948 €; ferner möchten sie festgestellt wissen,
dass er auch zum Ersatz künftiger Schäden aus dem Wassereinbruch
verpflichtet ist. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landgericht
hat ihr stattgegeben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision
verfolgt der Beklagte seinen Abweisungsantrag weiter. Die Kläger beantragen
die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe:
I.
4 Das Berufungsgericht verneint einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch
der Kläger in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Es
meint, der Beklagte sei gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen „positiver Verletzung
des nachbarschaftlichen Schuldverhältnisses" zum Schadensersatz
verpflichtet. Zwar bestehe zwischen Grundstücksnachbarn grundsätzlich kein
gesetzliches Schuldverhältnis. Aus der Zweckbestimmung des allein dem Schutz
des klägerischen Hauses dienenden Wandabschlussblechs folge hier aber eine
besondere Verdichtung der nachbarrechtlichen Gemeinschaft zu einer
schuldrechtlichen Sonderverbindung in Ansehung dieses Blechs. Der Beklagte
habe die aus § 26 Abs. 1 NRG HE folgende Pflicht verletzt, seine bauliche
Anlage so einzurichten, dass Niederschlagswasser nicht auf das
Nachbargrundstück gelange, und nicht dargelegt, dass die Pflichtverletzung
von ihm nicht zu vertreten sei (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Eine etwaige
Beauftragung des Dachdeckers entlaste ihn nicht, da er sich eine mangelhafte
Überprüfung bzw. Reparatur des Abschlussblechs nach § 278 BGB zurechnen
lassen müsse. Im Übrigen falle dem Beklagten auch ein nach § 831 BGB
beachtliches Überwachungsverschulden zur Last.
II.
5 Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6 1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann sich ein
Schadensersatzanspruch der Kläger nicht aus § 280 Abs. 1 BGB
ergeben. Diese Vorschrift setzt ein Schuldverhältnis voraus. Ein solches
besteht zwischen den Parteien nicht.
7 Im Verhältnis von Grundstücksnachbarn fehlt das für ein
gesetzliches Schuldverhältnis typische Geflecht wechselseitiger Duldungs-,
Mitwirkungs- und Leistungspflichten. Zwischen ihnen gelten die besonderen,
auf dem Grundsatz, dass jeder Eigentümer mit seiner Sache nach Belieben
verfahren kann (§ 903 BGB), fußenden Vorschriften der §§ 905 ff. BGB. Ebenso
wie die nachbarrechtlichen Vorschriften der Länder konkretisieren sie im
Wesentlichen die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme und haben
hauptsächlich eine einschränkende und ausgleichende Bedeutung. Sie bilden
aber keine selbständige Grundlage für Rechte und Pflichten, wie es für ein
gesetzliches Schuldverhältnis kennzeichnend ist (vgl. Senat, Urteil
vom 25. November 1964 - V ZR 185/62, BGHZ 42, 374, 377; Urteil vom 30. März
1965 - V ZR 228/62, VersR 1965, 689; BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - III
ZR 294/05, NJW-RR 2007, 457, 458 Rn. 11 ff.).
8 Die nachbarrechtlichen Sonderregelungen bleiben auch dann maßgeblich, wenn
Nachbarn einen Bauteil, etwa eine Nachbarwand im Sinne des § 921 BGB,
gemeinsam nutzen (Senat, Urteil vom 25. November 1964 - V ZR 185/62, BGHZ
42, 374, 377). Für die Annahme eines auf einen solchen Bauteil
bezogenen gesetzlichen Schuldverhältnisses besteht auch hier weder Raum noch
Bedürfnis. Die Kläger sind durch § 26 Abs. 1 NRG HE hinreichend
geschützt; danach ist ein Grundstückseigentümer verpflichtet, seine
baulichen Anlagen so einzurichten, dass von ihnen kein Niederschlagswasser
auf das Nachbargrundstück gelangt. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach
und dringt deshalb Wasser in das benachbarte Haus ein, liegt eine
rechtswidrige Einwirkung auf das Eigentum des Nachbarn vor, welche
Beseitigungs- bzw. Schadensersatzansprüche (§ 1004 Abs. 1, § 823 Abs. 1 u.
Abs. 2 BGB) begründet (vgl. Senat, Urteil vom 12. November 1999 - V ZR
229/98, NJW-RR 2000, 537).
9 2. Das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar
(§ 561 ZPO).
10 a) Zwar kommt nach den getroffenen Feststellungen ein
deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch der Kläger in Betracht.
Denn das Berufungsgericht bezeichnet es als unstreitig, dass
Niederschlagswasser von dem Dach des Hauses des Beklagten durch eine
undichte Stelle des Wandabschlussblechs in das Haus der Kläger abgeleitet
worden ist. Wäre diese Feststellung bindend, stünde ein objektiver
Verstoß gegen die Vorschrift des § 26 Abs. 1 NRG HE fest. Daraus ergäbe sich
das Vorliegen einer widerrechtlichen Eigentumsverletzung (§ 823
Abs. 1 BGB; vgl. Senat, Urteil vom 2. März 1984 - V ZR 54/83, BGHZ 90, 255,
257 f.) sowie der objektive Verstoß gegen ein Schutzgesetz im Sinne
von § 823 Abs. 2 BGB (zum Schutzgesetzcharakter von § 26 Abs. 1 NRG
HE: Hodes/Dehner, Hessisches Nachbarrecht, 5. Aufl., § 26 Rn. 8; Reich,
Hessisches Nachbarrechtsgesetz, § 26 Rn. 1).
11 b) Der genannten Feststellung des Berufungsgerichts kommt für das
Revisionsverfahren aber keine Bindungswirkung zu.
12 Grundsätzlich erbringt das aus dem Berufungsurteil ersichtliche
Parteivorbringen nach § 314 ZPO zwar Beweis für das mündliche
Parteivorbringen in der Berufungsinstanz. Eine etwaige Unrichtigkeit
tatbestandlicher Darstellungen im Berufungsurteil muss deshalb im
Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO geltend gemacht werden (vgl. BGH,
Beschluss vom 26. März 1997 - IV ZR 275/96, NJW 1997, 1931; Urteil vom 13.
Juli 2000 - I ZR 49/98, NJW 2001, 448, 449). Die Beweiskraft
tatbestandlicher Feststellungen entfällt aber, wenn diese Widersprüche,
Lücken oder Unklarheiten aufweisen (BGH, Urteil vom 17. Mai 2000 - VIII ZR
216/99, NJW 2000, 3007). Solche Mängel müssen sich allerdings aus dem Urteil
selbst ergeben. Lassen sie sich nur durch Rückgriff auf die vorbereitenden
Schriftsätze darstellen, bleibt es bei der Beweiswirkung des § 314 ZPO und
dem Grundsatz, dass der durch den Tatbestand des Urteils gelieferte Beweis
nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden kann (vgl. dazu BGH,
Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434, 1435 Rn. 11).
Aus diesem Grund lassen die von der Revision aufgezeigten Widersprüche
zwischen der genannten Feststellung im Berufungsurteil und dem aus den
Schriftsätzen ersichtlichen Parteivorbringen die Wirkung des § 314 ZPO nicht
entfallen.
13 Die im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen zur Schadensursache
sind aber, was auch ohne Rüge zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urteil vom
17. Mai 2000 - VIII ZR 216/99, NJW 2000, 3007), in sich widersprüchlich und
deshalb für das Revisionsverfahren nicht bindend. Das gilt unabhängig davon,
ob sich die Feststellung, es sei unstreitig, dass Niederschlagswasser von
dem Hausdach des Beklagten durch eine undichte Stelle des
Wandabschlussblechs in das Haus der Kläger abgeleitet worden sei, auf den
ersten Schaden aus dem Frühjahr 2007 oder auf den dem Rechtsstreit
zugrundeliegenden Schadensfall vom Juni 2007 beziehen soll.
14 Die Ursache für den Schaden vom 20. Juni 2007 wird an zwei Stellen des
Urteils als ungeklärt und damit als streitig dargestellt. So heißt es unter
I. der Gründe, es sei zu einem massiven Wassereintritt in das Haus der
Kläger gekommen, „den die Kläger auf den ihrer Ansicht nach unverändert
undichten und schadhaften Zustand der Blechaufkantung zurückführen". Unter
II. der Gründe formuliert das Berufungsgericht bei der Erörterung eines
Anspruchs entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, die Bestimmung in § 26 Abs.
1 NRG HE sei maßgebend dafür, ob „die von den Klägern behauptete, von dem
Grundstück des Beklagten ausgehende Einwirkung rechtswidrig ist". Soweit als
unstreitiges Parteivorbringen nur festgestellt werden sollte, dass das Blech
zum Zeitpunkt des ersten Schadens undicht gewesen ist, wäre auch dies nicht
bindend. Denn eine solche Feststellung stünde im Widerspruch zu der sich
unmittelbar anschließenden Formulierung, das Wandabschlussblech sei (vor dem
Schadensfall im Juni 2007) nicht repariert worden, obwohl es „zur
Überzeugung der Kammer" defekt gewesen sei. Wäre der Zustand des Blechs
unstreitig gewesen, hätte dies von dem Berufungsgericht ohne Weiteres
zugrunde gelegt werden können und müssen; es hätte also keinen Anlass
gehabt, sich eine eigene Überzeugung dazu zu bilden.
III.
15 Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben; es ist
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf
Folgendes hin:
16 1. Das Berufungsgericht wird zunächst zu klären haben, ob die
Schadensursache zwischen den Parteien streitig ist; dabei ist insbesondere
der von der Revision aufgezeigte Vortrag des Beklagten in dessen Schriftsatz
vom 3. November 2008 und in der Berufungserwiderung zu beachten. Ist danach
streitig, ob das Wandabschlussblech für den Wassereinbruch ursächlich war,
müssen die Kläger ihre Behauptung beweisen. Vorsorglich weist der Senat
darauf hin, dass das Berufungsgericht seine Überzeugung zu dem Zustand des
Wandabschlussblechs verfahrensfehlerfrei nicht allein durch Würdigung des
Parteivorbringens und von Lichtbildern gewinnen kann, wenn weitere
Erkenntnismöglichkeiten bestehen oder wenn andere Ursachen für den
Wassereintritt nicht auszuschließen sind.
17 Sollte sich erweisen, dass das Niederschlagswasser infolge der
Undichtigkeit des Wandabschlussblechs in das Haus der Kläger eingedrungen
ist, also eine objektive und für den geltend gemachten Schaden kausale
Verletzung von § 26 Abs. 1 Nr. 1 NRG HE vorliegt, wäre es Sache des
Beklagten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die geeignet sind, die aus
der objektiv feststehenden Pflichtverletzung folgende Annahme seines
Verschuldens auszuräumen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1984 -
III ZR 20/83, WM 1985, 590, 591). Mangels Bestehens eines
Schuldverhältnisses findet die Vorschrift des § 278 BGB dabei allerdings
keine Anwendung (vgl. Senat, Urteil vom 25. November 1964 - V ZR
185/62, BGHZ 42, 374, 380; Urteil vom 27. Januar 2006 - V ZR 26/05, NJW
2006, 992, 993). Eine Zurechnung der Tätigkeit des Dachdeckers nach
§ 831 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht, da selbständige Handwerker in
der Regel keine Verrichtungsgehilfen im Sinne dieser Norm sind
(vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 1983 - VI ZR 97/81, NJW 1983, 1108, 1109;
Urteil vom 21. Juni 1994 - VI ZR 215/93, NJW 1994, 2756, 2757 mwN); ein
Ausnahmefall ist hier nicht ersichtlich.
18 2. Anders als das Berufungsgericht meint, kommt - sofern das
Abschlussblech Ursache des Wassereinbruchs war - auch ein
nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch der Kläger (§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in
entsprechender Anwendung) in Betracht.
19 a) Ein solcher Anspruch könnte aus prozessualen Gründen zwar nicht mehr
geprüft werden, wenn das Berufungsgericht die Revision nur in Bezug auf
verschuldensabhängige Ansprüche zugelassen hätte, nicht aber auch
hinsichtlich eines möglichen - einen selbständigen Streitgegenstand
bildenden (Senat, Urteil vom 16. Juli 2010 - V ZR 217/09, Rn. 10, juris
[insoweit in NJW 2010, 3158 nicht abgedruckt]) - nachbarrechtlichen
Ausgleichsanspruchs. Entgegen der von der Revision in der mündlichen
Verhandlung geäußerten Ansicht ist die Revisionszulassung aber nicht
beschränkt worden. Davon wäre - da eine ausdrückliche Beschränkung nicht
erfolgt ist - nur auszugehen, wenn die Rechtsfrage, deretwegen das
Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, lediglich für einen
selbständigen, abtrennbaren Teil des Streitstoffs erheblich ist (Senat, aaO,
Rn. 8). So verhält es sich hier nicht. Grund der Zulassung war die Frage,
„unter welchen, gegenüber dem Normalfall gesteigerten Umständen ein
gesetzliches Schuldverhältnis zwischen Nachbarn besteht". Ein solches -
tatsächlich nicht bestehendes - Schuldverhältnis ist von dem
Berufungsgericht entwickelt worden, weil es das nach dem Gesetz bestehende
und durch die Rechtsprechung fortentwickelte Schutzkonzept zwischen Nachbarn
im konkreten Fall für unzureichend erachtet. Damit sollte inzident auch
dieses - den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2
Satz 2 BGB einschließende - Schutzkonzept zur Überprüfung durch den
Bundesgerichtshof gestellt werden.
20 b) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts nicht auf feinstoffliche Einwirkungen
beschränkt, sondern erfasst auch Grobimmissionen (vgl. Senat,
Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, BGHZ 157, 33 sowie Urteil vom
18. September 2009 - V ZR 75/08, NJW 2009, 3787 Rn. 9). Er kann
daher gegeben sein, wenn (Niederschlags- oder Leitungs-) Wasser von einem
Nachbargrundstück übertritt (vgl. Senat, Urteil vom 30. Mai 2003 -
V ZR 37/02, BGHZ 155, 99, 103; Urteil vom 12. November 1999 - V ZR 229/98,
NJW-RR 2000, 537; Urteil vom 19. April 1985 - V ZR 33/84, WM 1985, 1041).
21 Entscheidend ist, dass es sich um eine rechtswidrige Einwirkung
handelt, die der Eigentümer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss,
aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß § 1004 Abs. 1, § 862 Abs. 1 BGB
unterbinden konnte, und dass er hierdurch Nachteile erleidet, die das
zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung
übersteigen. Diese Grenze ist bei einem Schaden von fast 4.000 €
überschritten. Ein tatsächlicher Hinderungsgrund, die Einwirkung nach § 1004
Abs. 1 BGB rechtzeitig zu unterbinden, kann sich hier insbesondere daraus
ergeben, dass die Kläger auf eine im Frühjahr 2007 gegebene Zusage des
Beklagten vertraut haben, das Blech demnächst reparieren zu lassen (vgl.
Senat, Urteil vom 18. November 1994 - V ZR 98/93, NJW 1995, 714).
22 Einem Anspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB steht die
Sonderbestimmung des § 26 Abs. 1 NRG HE nicht entgegen. Der
nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist zwar subsidiär und kommt daher nur
in Betracht, wenn nicht eine andere gesetzliche Bestimmung den konkreten
Fall abschließend regelt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 1999 - III
ZR 198/98, BGHZ 142, 227, 236 mwN). Das kann hier aber schon deshalb nicht
angenommen werden, weil das Hessische Nachbarrecht zu den Folgen eines
Verstoßes gegen § 26 NRG HE keine Aussage trifft. Eine an
landesrechtliche Nachbarvorschriften anknüpfende deliktsrechtliche Haftung
(§ 823 Abs. 1 u. Abs. 2 BGB) stellt keine abschließende Sonderregelung dar,
die einem Rückgriff auf den Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2
Satz 2 BGB entgegenstünde (vgl. Senat, Urteil vom 8. Oktober 2004 -
V ZR 84/04, AUR 2005, 410 f. zu 2a; unzutreffend daher: OLG Brandenburg,
Urteil vom 30. Juli 2009 - 5 U 133/08, juris Rn. 29 ff. zu § 52 Abs. 1 NRG
Bbg).
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