Teilweise
Rückforderungen vom Schenkungen (Teilwertersatz) bei Verarmung des Schenkers
(§ 528 BGB), Verjährung des Anspruchs aus §§ 528, 818 BGB nach § 196 BGB;
Auslegung formbedürftiger Willenserklärungen, Andeutungstheorie;
Voraussetzungen eines Scheingeschäfts
BGH, Urteil vom 22. April
2010 - Xa ZR 73/07
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Erreicht der Unterhaltsbedarf nicht
den Wert des geschenkten Grundstücksrechts, unterliegt auch der
Teilwertersatz für einen Schenkungsrückforderungsanspruch der zehnjährigen
Verjährung gemäß § 196 BGB.
Zentrale Probleme:
Trotz der speziellen Problematik des § 528 BGB ein darüber
hinaus lehrreiche Entscheidung, insbesondere in Bezug auf die
"Andeutungstheorie" (die auch im Erbrecht ein wichtige Rolle spielt, vgl.
nur
BayObLG
NJW 1988, 2742) : Diese ist kein Auslegungsproblem, sondern ein
Formproblem. D.h. es ist zunächst nach den normalen Auslegungsregeln der
Inhalt eines Rechtsgeschäfts festzustellen, die Andeutungstheorie fragt
dann, ob der so bestimmte Inhalt des Rechtsgeschäfts formgerecht
niedergelegt ist. Ist er das nicht, ist das Rechtsgeschäft nach § 125 S. 1
BGB nicht. S. dazu auch
BGHZ
87, 150 (zur Frage der falsa demonstratio) sowie
BGH v. 2.11.2005 - XII ZR 233/03.
Weiter befaßt sich die Entscheidung mit dem Problem des Scheingeschäfts (§
117 BGB). Von Interesse ist die Entscheidung schließlich auch hinsichtlich
der Anwendbarkeit von § 196 BGB für die Verjährung: Die lange Verjährung
eines Anspruchs auf Übereignung eines Grundstücks gilt auch für gesetzliche
Ansprüche (hier: Bereicherungsanspruch aus §§ 528, 818 BGB) und das selbst
dann, wenn dieser Anspruch in einen (Sekundär-)Anspruch auf anteilige
Zahlung umgewandelt ist, weil der Wert des Geschenkes hinter dem
Unterhaltsbedarf zurückbleibt (s. dazu sowie zur Frage, ob der Beschenkte
diesen Zahlungsanspruch durch Herausgabe des Gegenstandes abwenden darf
BGH v. 17.12.2009 - Xa ZR 6/09 = NJW 2010,
2655). Argument:
Der Gläubiger darf bei einem Wertersatzanspruch, der an die Stelle des
Rückübereignungsanspruchs tritt, nicht besser und nicht schlechter stehen
als bei letzterem. S. dazu auch
BGH v. 3.12.2014 - XII ZB 181/13.
©sl 2010
Tatbestand:
1 Der Kläger macht gegen den Beklagten aus übergeleitetem
Recht Ansprüche zur Rückforderung einer Schenkung geltend.
2 Am 26. Januar 1981 und 18. Oktober 1982 verkauften der Beklagte und seine
Ehefrau ihre Miteigentumsanteile an einem Grundstück jeweils zur Hälfte an
die Mutter des Beklagten und deren Ehemann gegen Zahlung eines Kaufpreises
(Kaufvertrag vom 26.01.1981) bzw. gegen Übernahme eines durch das Grundstück
gesicherten Darlehens (Kaufvertrag vom 18.10.1982).
3 Mit notariellem Überlassungsvertrag vom 21. Januar 1999 übertrug die
Mutter des Beklagten ihren hälftigen Miteigentumsanteil an dem Anwesen
teilweise gegen Gegenleistung, im Übrigen schenkungshalber auf den
Beklagten.
4 Mit weiterem notariellen Überlassungsvertrag vom 29. Juli 1999 übertrug
die Mutter des Beklagten auch den zweiten Miteigentumsanteil an dem
Grundstück, den sie zuvor von ihrem zwischenzeitlich von ihr geschiedenen
Ehemann übertragen bekommen hatte, unentgeltlich auf den Beklagten.
5 Der Kläger gewährt der Mutter des Beklagten als überörtlicher
Sozialhilfeträger seit dem 1. August 2001 Hilfe zur Pflege in einem
Pflegezentrum sowie einen Barbetrag. Mit Überleitungsbescheid vom 21. April
2005 leitete er den Anspruch der Hilfeempfängerin auf Rückforderung der
Schenkung auf sich über.
6 Mit der Klage begehrt der Kläger Zahlung in Höhe der von ihm erbrachten
Sozialhilfeleistungen nebst Zinsen und stützt sich hierfür auf den
Überlassungsvertrag vom 29. Juli 1999, hilfsweise auf denjenigen vom 21.
Januar 1999. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und
hilfsweise die Aufrechnung mit Gegenansprüchen wegen zugunsten seiner Mutter
verauslagter Pflegeheimkosten, Rechtsanwaltskosten und sonstiger laufender
Kosten erklärt.
7 Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die hiergegen
eingelegte Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom
Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte weiter das Ziel einer
Klageabweisung.
Entscheidungsgründe:
8 I. Das Berufungsgericht hat dem Kläger den geltend gemachten
Rückforderungsanspruch zugebilligt. Es ist der Auffassung, bei der
Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück durch den
notariellen Vertrag vom 29. Juli 1999 habe es sich um eine Schenkung
gehandelt, denn gemäß Nr. III dieses Vertrags sei die Übertragung
unentgeltlich erfolgt. Angesichts des klaren Wortlauts der Vereinbarung
bestehe kein Anlass, die notarielle Urkunde auszulegen. Im Übrigen könnten
für eine Auslegung formbedürftiger Verträge nur solche Umstände
berücksichtigt werden, die in der Urkunde einen, wenn auch unvollkommenen
Ausdruck gefunden hätten. Für eine Auslegung, wonach die Mutter des
Beklagten, wie vom Beklagten behauptet, mit der Übertragung eine Schuld
ihres früheren Ehemanns habe tilgen wollen, finde sich in der Urkunde
indessen kein Anhaltspunkt.
9 Der Schenkungsrückforderungsanspruch sei auf Teilwertersatz gerichtet. Die
Klageforderung bleibe auch unter Berücksichtigung der von dem Beklagten
geltend gemachten Verwendungen hinter dem Wert des durch notariellen Vertrag
vom 29. Juli 1999 übertragenen Miteigentumsanteils zurück.
10 Der Anspruch des Klägers sei nicht verjährt. Er unterliege der für
grundstücksbezogene Ansprüche geltenden zehnjährigen Verjährungsfrist gemäß
§ 196 BGB. Grundsätzlich sei der Rückforderungsanspruch gemäß § 528 Abs. 1
Satz 1, § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Naturalrückgabe gerichtet. Sei der
Bedarf des Schenkers geringer als der Wert des geschenkten Gegenstands, sei
gemäß § 818 Abs. 2 BGB Teilwertersatz in Geld zu leisten, weil bei einem
real unteilbaren Geschenk wie einem hälftigen Grundstücksanteil eine
Teilherausgabe unmöglich sei. Ein solcher Teilwertersatzanspruch diene der
Begrenzung des ursprünglich auf Naturalherausgabe zielenden
Rückforderungsanspruchs und sei daher nur dessen Ausprägung in den Fällen,
in denen ein wiederkehrender Unterhaltsbedarf zu befriedigen sei, der
geringer sei als der Wert des geschenkten Gegenstands. Es handele sich daher
um einen einheitlichen Anspruch auf teilweise Herausgabe des Geschenks in
Form einer Ersatzleistung in Geld.
11 Schließlich sei der Rückforderungsanspruch des Klägers auch nicht durch
Aufrechnung untergegangen. Aufrechenbare Forderungen stünden dem Beklagten
nicht zu.
12 II. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Der
Beklagte schuldet dem Kläger aufgrund der Überleitung der Ansprüche seiner
Mutter gemäß § 528 Abs. 1, § 812 Abs. 1, § 818 Abs. 2 BGB die Rückgabe des
mit dem Überlassungsvertrag vom 29. Juli 1999 geschenkten Grundstücksanteils
in Form von Geldleistungen in Höhe des jeweils entstandenen und vom Kläger
gedeckten Unterhaltsbedarfs.
13 1. Die Annahme des Berufungsgerichts, bei der Übertragung der
Miteigentumshälfte aufgrund des Überlassungsvertrags vom 29. Juli 1999
handele es sich um eine Schenkung i.S. des § 516 BGB, ist im Ergebnis
rechtsfehlerfrei.
14 a) Entgegen seiner Auffassung war das Berufungsgericht allerdings
nicht aufgrund des klaren Wortlauts der notariellen Urkunde, nach der die
Übertragung unentgeltlich erfolgte, der Aufgabe enthoben, das von den
Vertragsparteien tatsächlich Gewollte festzustellen.
15 Vielmehr ist auch bei formbedürftigen Willenserklärungen zunächst der
Bedeutungsgehalt des Rechtsgeschäfts unter Berücksichtigung sämtlicher
Umstände zu ermitteln, soweit solche Umstände einen Schluss auf den
Sinngehalt der Erklärung zum damaligen Zeitpunkt zulassen (vgl. BGH,
Urt. v. 19.1.2000 - VIII ZR 275/98, NJW-RR 2000, 1002 unter II 2 a). Bei
dieser ersten Stufe der Auslegung sind auch solche Umstände zu
berücksichtigen, die keine Erwähnung oder Andeutung in der beurkundeten Form
gefunden haben. Erst nach Ermittlung des wirklich gewollten und für den
Erklärungsempfänger erkennbaren Erklärungsinhalts ist in einer zweiten Stufe
zu prüfen, ob und inwieweit das Rechtsgeschäft in seiner beurkundeten Form
den Formzwängen genügt (vgl. BGHZ 86, 41, 47; BGH, Urt. v. 12.7.1996 - V
ZR 202/95, NJW 1996, 2792 unter III 1; Staudinger/Singer, BGB, Bearb. 2004,
§ 133 Rn. 30). Die "Andeutungstheorie", wonach eine Willenserklärung auch
dann der gesetzlich vorgeschriebenen Form genügen kann, wenn ihr im Wege der
Auslegung ermittelter Inhalt in der Urkunde einen wenn auch nur
unvollkommenen Ausdruck gefunden hat, gewinnt erst für diese zweite Stufe
der Auslegung Bedeutung (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.1996 - V ZR 202/95 aaO;
Staudinger/Singer, BGB aaO, § 133 Rn. 31). Genügt die beurkundete Form
des Rechtsgeschäfts nicht den Formanforderungen, liegt ein Formmangel vor,
weil die tatsächlich und erkennbar gewollte Willenserklärung nur
unvollständig beurkundet wurde (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.1998 - V ZR
379/97, NJW 1999, 351 unter 2.), sofern der Formmangel nicht aufgrund von
Vorschriften wie etwa § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt wurde.
16 b) Im Streitfall ergibt sich daraus jedoch keine vom Berufungsurteil
abweichende Auslegung. Soweit der Beklagte vorgetragen hat, der Kaufpreis
für den ersten Kaufvertrag vom 26. Januar 1981 sei nie bezahlt worden, hätte
dies ohne weitere rechtsgestaltende Erklärungen nur das weitere Bestehen des
Kaufpreisanspruchs zur Folge. Soweit nach dem streitigen Vortrag des
Beklagten die im Kaufvertrag vom 18. Oktober 1982 erklärte
Eigentumsübertragung mit der darin bestimmten Gegenleistung nur deshalb
vereinbart worden sein sollte, um den Anschein eines Mietverhältnis zu
konstruieren und damit eine günstigere steuerrechtliche Veranlagung erzielen
zu können, müssen die Vertragsparteien sich daran festhalten lassen. Bei
einer aus steuerrechtlichen Gründen gewählten Vertragsgestaltung fehlt es in
der Regel nicht am erforderlichen Rechtsbindungswillen und steht dem Vertrag
der Einwand eines Scheingeschäfts nicht entgegen, denn die steuerrechtliche
Anerkennung setzt ein gültiges, ernstlich gewolltes Rechtsgeschäft voraus
(vgl. BGH, Urt. v. 2.3.2009 - II ZR 264/07, WM 2009, 986 Tz. 13 m.w.N.;
Staudinger/Singer, BGB, Bearb. 2004, § 117, Rn. 13). Der weitere Vortrag des
Beklagten führt zu keinem anderen Ergebnis. Verfahrensrügen sind von der
Revision hierzu nicht erhoben worden.
17 2. Auch soweit das Berufungsgericht die weiteren Voraussetzungen des
geltend gemachten Rückforderungsanspruchs bejaht und Gegenansprüche des
Beklagten verneint hat, lässt seine Entscheidung keinen Rechtsfehler
erkennen; die Revision erhebt auch insoweit keine Rügen.
18 3. Der Rückforderungsanspruch des Klägers ist nicht verjährt. Dieser
Anspruch verjährt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, gemäß
§ 196 BGB in zehn Jahren.
19 a) Die zehnjährige Verjährungsfrist des § 196 BGB gilt für Ansprüche
auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück. Hierzu zählen auch
gesetzliche Ansprüche, insbesondere Ansprüche auf Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung (vgl. BGH, Urt. v. 25.1.2008 - V ZR
118/07, NJW-RR 2008, 824 Tz. 19; Urt. v. 6.2.2009 - V ZR 26/08, NVwZ-RR
2009, 412 Tz. 30). § 196 BGB ist damit auch auf einen auf Herausgabe
eines Grundstücks gerichteten Schenkungsrückforderungsanspruch gemäß § 528
BGB anzuwenden, der nach den für Bereicherungsansprüche geltenden
Vorschriften zu erfüllen ist.
20 b) § 196 BGB gilt für einen solchen Schenkungsrückforderungsanspruch,
mit dem die Herausgabe eines Grundstücks gefordert wird, auch dann, wenn
dieser in Gestalt eines Teilwertersatzanspruchs geltend gemacht wird, weil
die Höhe des Rückforderungsanspruchs hinter dem Grundstückswert
zurückbleibt.
21 aa) In der Literatur wird überwiegend die Auffassung vertreten, die
zehnjährige Verjährungsfrist des § 196 BGB sei nicht auf Sekundäransprüche
anzuwenden, weil der Gesetzgeber mit der längeren Frist nur dem Umstand habe
begegnen wollen, dass die Abwicklung der Übertragung von Grundstücksrechten
nicht allein vom Willen der Vertragsparteien abhänge, und in der
Rechtspraxis solche Ansprüche mitunter aus sachgerechten Gründen über
mehrere Jahre nicht geltend gemacht würden. Dieser Zweck treffe bei der
Erbringung von Ersatzleistungen nicht zu (vgl. AnwK-BGB/Mansel/Stürner, §
196 Rn. 29; Staudinger/Peters/ Jacoby, BGB, Bearb. 2009, § 196 Rn. 13;
Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 196 Rn. 6; Amann/Brambring/Hertel,
Vertragspraxis nach neuem Schuldrecht, 2. Aufl., S. 284). Jedenfalls sofern
der Sekundäranspruch nicht ebenfalls auf die Übertragung von
Grundstücksrechten gerichtet sei, sei auf ihn die Regelverjährungsfrist
gemäß § 195 BGB anzuwenden (vgl. MünchKomm.BGB/Grothe, 5. Aufl., § 195 Rn.
39; Prütting/ Kesseler, BGB, 4. Aufl., § 196 Rn. 3).
22 bb) Jedenfalls für den Teilwertersatzanspruch ist diese Auffassung
nicht zutreffend.
23 (1) Die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung weist in Bezug
auf die längere Verjährungsfrist in § 196 BGB nicht allein auf zwei
Anwendungsbeispiele hin, bei denen die im Grundbuch zu wahrende Erfüllung
von Ansprüchen auf Übertragung von Grundstücksrechten sich über einen
längeren Zeitpunkt hinziehen kann (BT-Drucks.
14/6040, S. 105). Sie stellt auch grundsätzlich
darauf ab, dass die nach dem bisherigen Recht geltende dreißigjährige
Verjährungsfrist im Immobilienverkehr allgemein zu keinerlei Missständen
geführt habe; insbesondere seien bei Immobiliarrechten
Beweisschwierigkeiten, denen eine Verjährung zu begegnen hätte, kaum zu
befürchten, weil diesbezügliche Ansprüche in der Regel auf notariellen
Urkunden beruhten (BT-Drucks.
14/6857, S. 6). Aus der Begründung des
Gesetzentwurfs lässt sich deshalb keine einschränkende Auslegung des § 196
BGB rechtfertigen, die dessen Verjährungsfrist ausschließlich auf Ansprüche
anwendet, deren Erfüllung eine Eintragung im Grundbuch erfordert. Dagegen
spricht schon, dass § 196 BGB auch auf die Gegenleistung anzuwenden ist.
24 Der Zweck des § 196 BGB ist vielmehr allgemein darauf gerichtet,
Ansprüche nicht der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB zu
unterwerfen, wenn sie sich auf eine Übertragung von Immobiliarrechten
beziehen. Schon nach dem vor der Schuldrechtsreform geltenden Recht waren
solche Ansprüche von einer kurzen Verjährung ausgenommen, indem
Verjährungsfristen von zwei bzw. vier Jahren gemäß § 196 BGB a.F. nur für
den Waren- und Dienstleistungsverkehr vorgesehen waren. Die Neufassung des §
196 BGB ist deshalb Ausdruck des Bestrebens des Gesetzgebers, für auf
Immobiliarrechte bezogene Ansprüche auch weiterhin keine Verjährungsfristen
von nur zwei, drei oder vier Jahren vorzusehen, weil der Umgang mit
Grundstücksrechten einerseits häufig längerer Verjährungsfristen bedarf und
andererseits die Gründe für kurze Verjährungsfristen bei solchen Ansprüchen
regelmäßig weniger relevant erscheinen.
25 Die Verjährungsvorschriften bezwecken vornehmlich, den Schuldner vor
Beweisnöten zu bewahren, die mit einem zu langen zeitlichen Abstand zum
Entstehen des Anspruchsgrunds eintreten können (vgl.
Staudinger/Peters/Jacoby aaO vor § 194 Rn. 5; MünchKomm.BGB/ Grothe aaO vor
§ 194 Rn. 6). Darüber hinaus dient die Verjährung dem Rechtsfrieden und
der Rechtsklarheit (vgl. MünchKomm.BGB/Grothe aaO vor § 194 Rn. 7).
Diese Ziele sind im Rechtsverkehr mit Immobiliarrechten von geringerem
Gewicht als bei Dienstleistungen und dem Handel mit beweglichen Sachen. Der
Formzwang für die Übertragung von Grundstücksrechten und dahingehende
Verpflichtungen reduziert die Beweisnot für alle Beteiligten erheblich.
Weiterhin besteht zwar auch bei Grundstücksrechten ein Interesse an
Rechtsfrieden und Rechtsklarheit, jedoch steht diesem Interesse bei
Übertragungsansprüchen regelmäßig das Interesse an einem der materiellen
Rechtslage entsprechenden Ergebnis mit größerem Gewicht gegenüber.
Grundstücksgeschäfte - auch Grundstücksschenkungen - beruhen im Vergleich zu
Alltagsgeschäften in der Regel auf einer sorgfältigeren Planung und
verfolgen eher langfristige Ziele. Weiterhin betreffen sie häufig
Vermögenswerte von größerem Umfang, weshalb sich die Beschränkung der
Durchsetzbarkeit von Ansprüchen bei Immobiliarrechten im Allgemeinen
gravierender auswirken würde als bei Waren- und Dienstleistungsgeschäften
des täglichen Lebens.
26 Schließlich bedürfen Verjährungsregelungen, um ihrem Zweck zur
Rechtsklarheit gerecht zu werden, grundsätzlich einer generalisierenden
Handhabung. Ihre Anwendung gestattet keine auf den Einzelfall bezogene
Betrachtung, ob die Durchsetzbarkeit oder Nichtdurchsetzbarkeit des
Anspruchs wertungsmäßig der Fallkonstellation entspricht, derentwegen die
Verjährungsfrist vom Gesetzgeber bestimmt wurde.
27 (2) Die sich daraus ergebenden Zwecke des § 196 BGB werden bei einem
unmittelbar auf Herausgabe des Geschenks gerichteten Rückforderungsanspruch
gemäß § 528 BGB in gleicher Weise relevant wie für einen
Teilwertersatzanspruch.
28 Dass der Beklagte nicht den geschenkten Miteigentumsanteil herauszugeben,
sondern einen Wertersatz in Geld zu leisten hat, folgt allein aus dem Umfang
des Rückforderungsanspruchs. Weil der Schenker von vorneherein das Geschenk
nur in dem Umfang zurückfordern darf, der für eine Deckung seines
angemessenen Unterhalts erforderlich (geworden) ist, ist bei einem
unteilbaren Schenkungsgegenstand dessen Herausgabe unmöglich. Diese
Unmöglichkeit führt gemäß § 818 Abs. 2 BGB zu einem Wertersatzanspruch in
Höhe des Teils, der wertmäßig der Deckung des Unterhaltsbedarfs entspricht
(vgl. statt vieler: BGHZ 94, 141, 143 f.; Sen.Urt. v. 17.12.2009 - Xa ZR
6/09, WuM 2010, 94 Tz. 13 m.w.N.). Wie jeder Ersatzanspruch ist dieser
darauf gerichtet, dem Schenker nicht mehr, aber auch nicht weniger zu
verschaffen, als wenn der Wert des Geschenks dem zu deckenden
Unterhaltsbedarf entspräche und somit zur Deckung dieses Bedarfs das
Geschenk insgesamt herausgegeben werden müsste (vgl. Sen.Urt. v.
17.12.2009 aaO Tz. 16).
29 Damit stellt sich die rechtliche Konstellation nicht anders dar als für
die Verjährung solcher Ansprüche nach dem früheren Verjährungsrecht: Der
Wertersatzanspruch soll dem Gläubiger ein volles Äquivalent für den
Erfüllungsanspruch geben, was bedingt, ihn auch hinsichtlich der
Verjährungsfrist nicht besser und nicht schlechter zu stellen als bei dem
Erfüllungsanspruch, an dessen Stelle er tritt (vgl. RGZ 61, 390 f.; BGHZ
50, 25, 29). Da beide Ansprüche auf demselben Lebenssachverhalt beruhen
und dasselbe wirtschaftliche Interesse verfolgen, ist es nicht
gerechtfertigt, unterschiedliche Verjährungsfristen auf sie anzuwenden
(vgl. BGHZ 87, 27, 36 f.). Hierfür bleibt es ohne Bedeutung, ob die
Verjährungsfrist für den Sekundäranspruch eine längere oder eine kürzere
wäre als für den primären Erfüllungsanspruch (vgl. dazu BGH, Urt. v.
3.11.1988 - IX ZR 203/87, NJW-RR 1989, 215 unter II 2 c).
30 (3) Der dem Kläger zustehende Wertersatzanspruch ist deshalb derselben
Verjährungsfrist zu unterwerfen wie der primäre Rückforderungsanspruch gemäß
§ 528 BGB. Da dieser sich auf die Rückgabe eines
geschenkten Miteigentumsanteils an einem Grundstück richtet, gilt für ihn
die zehnjährige Verjährungsfrist gemäß § 196 BGB, welche noch nicht
abgelaufen ist und somit der Durchsetzung der Klageforderung nicht
entgegensteht. |