Sachmangelbegriff beim Mietvertrag (§ 536 BGB):
Verstoß gegen eine mietrechtliche Konkurrentenschutzklausel; Minderung;
Voraussetzungen und Beweislast für die Leistungsbefreiung nach § 275 I
(Unmöglichkeit)
BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 -
XII ZR 117/10 - OLG Dresden
Fundstelle:
NJW 2013, 44
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
Die Verletzung der in einem
Gewerberaummietvertrag vereinbarten Konkurrenzschutzklausel durch den
Vermieter stellt einen Mangel der Mietsache gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB
dar, der zur Minderung der Miete führen kann.
Zentrale Probleme:
Eine sehr lehrreiche Entscheidung nicht nur zum
Mietrecht, sondern auch zum allgemeinen Schuldrecht.
Im Kern geht es um die vom BGH bejahte Frage, ob die Verletzung einer
Konkurrentenschutzklausel, durch die sich der Vermieter einer Arztpraxis
verpflichtet hat, nicht in demselben Gebäude weitere Praxisräume an andere
Fachärzte der gleichen Fachrichtung zu vermieten, einen Sachmangel der
Mietsache darstellt und daher ein Minderungsrecht nach § 536 BGB begründet
(s. zum Sachmangelbegriff auch
BGH NJW 2010, 1133;
zu Rechtsmängeln im Mietrecht s.
BGH NJW 2009, 3421;
zur Abgrenzung von Rechts- und Sachmangel s. auch
BGH NJW 2011, 3151).
Darüber hinaus ist auch der Hinweis darauf von Interesse, dass sich eine
solche Verpflichtung des Vermieters zum Konkurrentenschutz auch ohne
besondere Klausel bereits aus dem Sinn des Mietvertrags ergeben kann (sog.
"vertragsimmanenter Konkurrentenschutz").
Für das allgemeine Schuldrecht ist die Behandlung des geltend gemachten
Unterlassungsanspruchs sowie die Frage, ob der Beklagte nach § 275 I BGB
wegen Unmöglichkeit befreit ist, von Interesse einmal mehr wird gezeigt,
dass subjektive Unmöglichkeit nicht voreilig angenommen werden darf (s. dazu
etwa auch BGHZ
141, 179 und speziell zum Mietrecht
BGH NJW 2005, 3284).
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©sl 2012
Tatbestand:
1 Der Kläger macht gegen die
Beklagte Ansprüche wegen Verletzung einer mietvertraglich vereinbarten
Konkurrenzschutzklausel geltend.
2 Der Kläger - ein Facharzt für Orthopädie - schloss am 26. April 2002 mit
dem Rechtsvorgänger der Beklagten einen Mietvertrag über Räume in der
"Praxisklinik am J. " zur Nutzung als "Arztpraxis für die Fachdisziplin
Orthopädie (Prävention, Erkennung und Behandlung von angeborenen und
erworbenen Formveränderungen und Funktionsstörungen, Erkrankungen,
Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane und die
Rehabilitation) unter Einschluss der laut Sächsischer Weiterbildungsordnung
damit verbundenen Zusatzqualifikationen" (§ 1 Ziffer 1 Abs. 3 des
Mietvertrages). Gemäß Ziffer 2 der Vorbemerkung des Mietvertrages
beabsichtigte der Kläger operative Eingriffe in dem dafür im Projekt
vorgesehenen OP-Zentrum durchzuführen. Der Mietvertrag wurde ab 1. Juni 2002
für zehn Jahre mit zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils fünf Jahren
zu Gunsten des Klägers abgeschlossen.
3 In § 9 des Mietvertrages heißt es zum Konkurrenzschutz:
"Der Vermieter gewährt für die Fachrichtung Orthopädie und den Schwerpunkt
Chirotherapie des Mieters Konkurrenzschutz im Projekt, ausgenommen ist die
Traumatologie für Kinder und Jugendliche und die Chirotherapie Kinder und
Jugendlicher. Der Vermieter kann an einen Arzt derselben Fachdisziplin mit
demselben Schwerpunkt, die bereits im Projekt vertreten ist, nur dann eine
Vermietung an einen solchen Kollegen vornehmen, wenn der Mieter sein
Einverständnis hierzu schriftlich erklärt hat. ..."
4 Im Sommer 2003 schloss der Rechtsvorgänger der Beklagten mit dem Facharzt
für Chirurgie Dr. H. einen Mietvertrag über Räume im selben Haus zur Nutzung
als Arztpraxis für die Fachdisziplin Chirurgie/Unfallchirurgie, in den im
Sommer 2004 der Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunktbezeichnung
Unfallchirurgie Dr. S. als weiterer Mieter eintrat. Die Gemeinschaftspraxis
Dr. H. und Dr. S. (im Folgenden: Gemeinschaftspraxis) bezeichnet sich in
ihrem Internetauftritt als Schwerpunktpraxis für Arthroskopie und
Gelenkchirurgie. Sie führt u.a. operative und nicht operative Behandlungen
an den Stütz- und Bewegungsorganen durch. Darüber hinaus ist sie auf dem
Gebiet der Unfallchirurgie tätig.
5 Der Kläger ist der Ansicht, die operativen und nicht operativen
Behandlungen an den Stütz- und Bewegungsorganen fielen unter den in § 9 des
Mietvertrages vereinbarten Konkurrenzschutz. Darüber hinaus umfasse die
Konkurrenzschutzklausel die Traumatologie für Erwachsene, weshalb insoweit
auch ein Konkurrenzverhältnis zu der von der Gemeinschaftspraxis angebotenen
Unfallchirurgie bestehe.
6 Der Kläger hat im August 2005 einen Verstoß der Beklagten gegen
die vertragliche Konkurrenzschutzklausel gerügt, sie zur Beseitigung der
Konkurrenzsituation aufgefordert und erklärt, dass er Minderungsansprüche
geltend mache und die Miete nur noch unter Vorbehalt zahle.
7 Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Beseitigung
der eingetretenen Konkurrenzsituation zum nächstmöglichen Zeitpunkt
(Klageantrag zu 2) und Unterlassung der Vermietung weiterer Räumlichkeiten
an die Gemeinschaftspraxis ohne den Konkurrenzschutz des Klägers
wiederherzustellen (Klageantrag zu 3). Ferner begehrt er Feststellung, dass
die Miete wegen der bestehenden Konkurrenzsituation um 50 % der Warmmiete
gemindert ist (Klageantrag zu 4) und verlangt Rückzahlung der infolge der
Minderung überzahlten Miete für die Zeit von August 2005 bis September 2007
in Höhe von 23.334,93 € nebst Zinsen (Klageantrag zu 1), hilfsweise
Schadensersatz in dieser Höhe für den ihm durch die Konkurrenz entgangenen
Gewinn.
8 Die Beklagte hat das Grundstück, auf dem sich die Praxisklinik am
J. befindet, nach Rechtshängigkeit an die W. Immobilien GbR veräußert, die
mit Wirkung zum 1. Januar 2009 in den Mietvertrag eingetreten ist.
9 Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten
hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert
und die Klage hinsichtlich der Anträge zu 1 und 4 abgewiesen. Mit der vom
Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die vollständige
Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagten verfolgen mit
der Anschlussrevision ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Aus den Gründen:
10 Die zulässige Revision des Klägers hat Erfolg und führt insoweit zur
Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an
das Berufungsgericht. Die zulässige Anschlussrevision der Beklagten ist
dagegen unbegründet.
I.
11 Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in NZM 2010, 818 veröffentlicht
ist, ist davon ausgegangen, die Tätigkeit der Gemeinschaftspraxis falle,
soweit sie operative und nichtoperative Behandlungen von Verletzungen und
Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane umfasse, in den
Schutzbereich der Konkurrenzschutzklausel des § 9 des Mietvertrages. Zu der
geschützten Fachrichtung Orthopädie gehörten, wie sich aus § 1 Ziffer 1 Abs.
3 des Mietvertrages und der dort in Bezug genommenen Weiterbildungsordnung
der Sächsischen Landesärztekammer in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
bis zum 21. Dezember 2005 geltenden Fassung ergebe, die Prävention,
Erkennung und Behandlung von angeborenen und erworbenen Formveränderungen
und Funktionsstörungen, Erkrankungen, Verletzungen und Verletzungsfolgen der
Stütz- und Bewegungsorgane und die Rehabilitation. Ein Vergleich dieser
Definition des Begriffes der Fachdisziplin Orthopädie mit der Definition der
Chirurgie in derselben Weiterbildungsordnung ergebe, dass die Orthopädie im
Vergleich zur Chirurgie nach der Weiterbildungsordnung die speziellere
Fachdisziplin für die Prävention, Erkennung sowie operative und
nichtoperative Behandlung von Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz-
und Bewegungsorgane sei. Soweit die Gemeinschaftspraxis auf diesem Gebiet
Behandlungen durchführe, fielen diese deshalb in den Schutzbereich des dem
Kläger gewährten Konkurrenzschutzes für die Fachrichtung der Orthopädie.
Darüber hinaus spreche der Wortlaut von § 9 des Mietvertrages, nach dem die
Traumatologie für Kinder und Jugendliche ausdrücklich von dem
Konkurrenzschutz ausgenommen worden sei, dafür, dass dem Kläger für die
Traumatologie (Unfallchirurgie) im Übrigen Konkurrenzschutz habe gewährt
werden sollen.
12 Die Gemeinschaftspraxis werde auch in diesen Schutzbereichen tätig. Sie
bezeichne sich selbst als Schwerpunktpraxis für Arthroskopie und
Gelenkchirurgie und habe ausweislich ihrer eigenen Internetseite im Jahr
2007 eine große Anzahl von arthroskopischen Gelenkoperationen,
Schulteroperationen, Kniegelenkoperationen sowie Operationen des Ellenbogens
durchgeführt.
13 Das Eingreifen des Konkurrenzschutzes könne auch nicht mit der Begründung
verneint werden, die Überschneidung der Tätigkeitsbereiche erstrecke sich
nur auf ein Nebengebiet der klägerischen Tätigkeit und werde deshalb nicht
vom Konkurrenzschutz erfasst. Die Umschreibung des Konkurrenzschutzes mit
einer im Vertrag genau definierten Fachdisziplin spreche dafür, dass sich
der Schutz vor Konkurrenz auf die gesamte Bandbreite der geschützten
Fachrichtung habe erstrecken sollen. Dagegen spreche auch nicht das
medizinische Grundkonzept der Praxisklinik, auf das in der Vorbemerkung zum
Mietvertrag Bezug genommen worden sei. Zwar sehe dieses eine enge
Zusammenarbeit der dort niedergelassenen Ärzte vor. Es gehe aber davon aus,
dass die einzelnen Ärzte voneinander getrennte Fachrichtungen vertreten.
Nach dem den Konkurrenzschutz beherrschenden Prioritätsprinzip genieße der
Kläger demnach Konkurrenzschutz vor den dargestellten Behandlungen der
Gemeinschaftspraxis an den Stütz- und Bewegungsorganen. Den Kläger treffe
auch kein Mitverschulden an der eingetretenen Konkurrenzsituation. Denn er
habe das in § 9 Satz 2 des Mietvertrages vorgesehene schriftliche
Einverständnis zu einer Vermietung an Dr. H. nicht abgegeben.
14 Der Anspruch des Klägers auf Herstellung und Beibehaltung des
Konkurrenzschutzes sei auch nicht wegen Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB
erloschen. Denn die Beklagte habe weder dargelegt noch bewiesen, dass die
Erfüllung ausgeschlossen sei. Dafür genüge ihre bloße Behauptung,
es sei ihr nicht möglich, den mit der Gemeinschaftspraxis bestehenden
befristeten Mietvertrag zu kündigen, nicht. Die auf Beseitigung der
Konkurrenzsituation gerichteten Klageanträge zu 2 und 3 seien deshalb
begründet.
15 Demgegenüber seien die auf Minderung gestützten Klageanträge zu 1 und zu
4 unbegründet. Die unter Verstoß gegen § 9 des Mietvertrages
eingetretene Konkurrenzsituation sei kein Mangel der Mietsache im Sinne von
§ 536 BGB. Voraussetzung für einen Mangel sei eine unmittelbare
Beeinträchtigung der Tauglichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf die
Gebrauchstauglichkeit der Mietsache. Umstände, welche die Eignung der
Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berührten, seien
demgegenüber nicht als Mängel zu qualifizieren. Danach falle die
vertragswidrige Konkurrenzsituation nicht unter den Begriff des Mangels,
weil sie nur zu einer mittelbaren Beeinträchtigung der Eignung der Mietsache
zum vertragsgemäßen Gebrauch führe.
16 Soweit der Kläger hilfsweise gemäß § 280 Abs. 1 BGB Ersatz des Schadens
verlange, der ihm durch den Verstoß der Beklagten gegen die vertragliche
Pflicht zum Schutz vor Konkurrenz entstanden sei, habe er nicht schlüssig
vorgetragen, dass ihm der geltend gemachte Schaden entstanden sei.
17 Das Oberlandesgericht hat die Revision zur Klärung der Frage zugelassen,
ob die Verletzung eines vertraglich eingeräumten Konkurrenzschutzes als
Sachmangel im Sinne von § 536 BGB anzusehen sei.
II.
18 Zu Recht wendet sich die Revision dagegen, dass das
Berufungsgericht die auf Minderung gerichteten Klageanträge abgewiesen hat.
19 1. Allerdings ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass
die Gemeinschaftspraxis in Bereichen tätig ist, für die die Beklagte dem
Kläger gemäß § 9 des Mietvertrages Konkurrenzschutz gewährt hat.
20 a) Die Auslegung von § 9 des Mietvertrages durch das Berufungsgericht
dahin, dass die Klausel den Kläger vor künftiger Konkurrenz auf dem Gebiet
der operativen und nichtoperativen Behandlungen an den Stütz- und
Bewegungsorganen, somit auch auf dem dem Fachbereich der Orthopädie
zuzuordnenden Gebiet der orthopädischen Chirurgie durch einen Facharzt für
Chirurgie schützt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
21 Die Auslegung von Verträgen ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten.
Dessen Auslegung ist für das Revisionsgericht bindend, wenn sie
rechtsfehlerfrei vorgenommen worden ist und zu einem vertretbaren
Auslegungsergebnis führt, auch wenn ein anderes Auslegungsergebnis möglich
erscheint.
22 Die Auslegung durch den Tatrichter kann deshalb vom Revisionsgericht
grundsätzlich nur darauf überprüft werden, ob der Auslegungsstoff
vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche oder allgemein
anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze
verletzt sind oder ob die Auslegung auf einem im Revisionsverfahren gerügten
Verfahrensfehler beruht (Senatsurteil vom 21. September 2005 - XII ZR 66/03
- NJW 2006, 899, 900).
23 Die Auslegung der Klausel durch das Berufungsgericht enthält keinen
solchen relevanten Auslegungsfehler
....(wird ausgeführt)
28 2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die vertragswidrige
Konkurrenzsituation stelle keinen Mangel der Mietsache dar, der zur
Minderung führe, hält jedoch einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
29 a) Nach § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB führt ein Mangel der Mietsache,
der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert, zur
Befreiung von der Miete bzw. zu deren Herabsetzung.
30 Ein Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB ist die für den Mieter
nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem
vertraglich vereinbarten (st. Rspr. Senatsurteil vom 15. Oktober
2008 - XII ZR 1/07 - NJW 2009, 664, 666 mwN). Zu dem vertraglich
vereinbarten Zustand der Mietsache gehören über deren physische
Beschaffenheit hinaus auch die tatsächlichen Zustände und rechtlichen
Verhältnisse, die mit der Mietsache zusammenhängen und ihre
Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigen. Dazu gehören auch
Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen. Um eine Ausuferung des
Fehlerbegriffs zu vermeiden, führen solche außerhalb der Mietsache selbst
liegenden Umstände allerdings nur dann zu einem Mangel der Mietsache, wenn
sie deren Gebrauchstauglichkeit unmittelbar beeinträchtigen
(Senatsurteile vom 15. Oktober 2008 - XII ZR 1/07 - NJW 2009, 664, 665 zur
Behinderung des Zugangs zu einem Geschäftslokal und zur Einhaltung eines
bestimmten Mietermix; vom 21. September 2005 - XII ZR 66/03 - NJW 2006, 899,
900 zur Zusicherung einer Vollvermietung und bestimmten Mieterstruktur; vom
16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714, 1715 zur enttäuschten
Gewinnerwartung in einem Einkaufszentrum; vom 11. Dezember 1991 - XII ZR
63/90 - WM 1992, 583, 585 zu öffentlich-rechtlichen Hindernissen; BGH
Urteile vom 1. Juli 1981 - VIII ZR 192/80 - NJW 1981, 2405 zur enttäuschten
Gewinnerwartung bei geringer Kundenfrequenz; vom 9. Dezember 1970 - VIII ZR
149/69 - NJW 1971, 424, 425 zur Hochwassergefährdung des Mietobjekts; RGZ
95, 175 zur Zusicherung der Brauereifreiheit einer Gaststätte;
Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 10. Aufl. § 536 BGB Rn. 13 f.;
MünchKommBGB/Häublein 6. Aufl. § 536 Rn. 14 f.; Staudinger/Emmerich BGB
[Neubearbeitung 2011] § 536
Rn. 7).
31 Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob eine unmittelbare
Beeinträchtigung der Mietsache vorliegt, ist danach in erster Linie der von
den Parteien vereinbarte vertragsgemäße Gebrauch (BGH Urteil vom 1.
Juli 1981 - VIII ZR 192/80 - NJW 1981, 2405; Staudinger/Emmerich BGB
[Neubearbeitung 2011] § 536 Rn. 5 mwN). Aus dem zur Erfüllung des
vertragsgemäßen Gebrauchs erforderlichen Zustand der Mietsache ergibt sich
deren geschuldeter Zustand.
32 b) Ob eine Verletzung des Konkurrenzschutzes, sei er
vertragsimmanent oder vertraglich vereinbart, einen Mangel der Mietsache
darstellt, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden (offen
gelassen im Senatsbeschluss vom 9. August 2006 - XII ZR 165/05 - NJW 2006,
3060, 3061 und im Senatsurteil vom 11. Januar 2012 - XII ZR 40/10 - juris
Rn. 34).
33 Die überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur geht
davon aus, dass ein Verstoß gegen die Pflicht, Konkurrenzschutz zu gewähren,
einen Sachmangel begründet (RGZ 119, 353, 355 f.; OLG Koblenz NZM
2008, 405; KG NZM 2007, 566; OLG Frankfurt NZM 2004, 706, 707; OLG
Düsseldorf NZM 2001, 1033 f., NZM 1998, 307; OLG Karlsruhe NJW-RR 1990,
1234, 1235; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 10. Aufl. § 536 BGB Rn.
183; MünchKommBGB/Häublein 6. Aufl. § 536 Rn. 19, § 535 Rn. 143; Staudinger/
Emmerich BGB [Neubearb. 2011] § 535 Rn. 23; Soergel/Heintzmann [Stand 2003]
§ 535 BGB Rn. 74; Neuhaus Handbuch der Geschäftsraummiete 3. Aufl. Rn. 1037;
Kraemer in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. III
B 1250; Jendrek NZM 2000, 1116, 1120; einschränkend für den
vertragsimmanenten Konkurrenzschutz Hübner/Griesbach/Fuerst in
Lindner-Figura/Opree/Stellmann 3. Aufl. Geschäftsraummiete Kap. 14 Rn. 182
f. mwN; aA: Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und
Leasingrechts 10. Aufl. Rn. 729; Leo/Ghassemi-Tabar NZM 2009, 337, 342 ff.).
34 Der Bundesgerichtshof hatte bisher nur über die Frage zu
entscheiden, ob es ein Mangel eines vermieteten Ladenraums ist, wenn der
Vermieter zuvor dem Mieter eines anderen Ladens Konkurrenzschutz vor der von
dem zweiten Mieter beabsichtigten Nutzung zugesagt hatte (Urteil
vom 23. Dezember 1953 - VI ZR 244/52 - nur teilweise abgedruckt in BB 1954,
177). Er hat diese Frage mit der Begründung verneint, die Zusage von
Konkurrenzschutz gegenüber einem anderen Mieter stelle keinen Sachmangel der
dem zweiten Mieter vermieteten Räume dar. Ein Sachmangel sei eine
Eigenschaft der Mietsache, die für jeden in gleichen Umständen befindlichen
Mieter sich als Mangel darstelle, d. h. für jeden Mieter, der die Sache zu
dem gleichen Zweck benutzen wolle. Die Wettbewerbsschutzklausel bewirke aber
nur eine schuldrechtliche Verpflichtung des Vermieters gegenüber dem anderen
Mieter und betreffe nicht die Rechtssphäre des klagenden zweiten Mieters.
Das von diesem gemietete Ladenlokal und dessen Wert würden von der Klausel
nicht beeinflusst. Denn die auf der Klausel beruhenden Rechte des
ersten Mieters richteten sich nicht gegen den zweiten Mieter, sondern nur
gegen den Vermieter. Zu der Frage, ob der Verstoß des Vermieters
gegen ein vertraglich vereinbartes Konkurrenzschutzgebot einen Sachmangel
der vertragsgegenständlichen Mietsache darstellt, verhält sich die
Entscheidung nicht.
35 c) Der Senat schließt sich der überwiegenden Auffassung an, nach
der eine Verletzung der Konkurrenzschutzpflicht zu einem Mangel der
Mietsache führt.
36 Sowohl die Verletzung des sogenannten vertragsimmanenten als auch
die des ausdrücklich vereinbarten Konkurrenzschutzes stellen Störungen dar,
die außerhalb der Mietsache liegen und die Tauglichkeit der Mietsache zum
vertragsgemäßen Gebrauch unmittelbar beeinträchtigen können.
37 aa) Bei der Vermietung von Räumen zum Betrieb eines bestimmten
Geschäfts gehört es auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung zur
Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs gemäß § 535 BGB, in anderen Räumen
des Hauses oder auf unmittelbar angrenzenden Grundstücken des Vermieters
kein Konkurrenzunternehmen zuzulassen (sogenannter
vertragsimmanenter Konkurrenzschutz, BGHZ 70, 79 ff. = NJW 1978,
585 zur Vermietung von Arztpraxisräumen; BGH Urteil vom 24. Januar 1979 -
VIII ZR 56/78 - NJW 1979, 1404, 1405). Die Verpflichtung des
Vermieters zum Schutz des Mieters vor Konkurrenz auch bei Fehlen einer
vertraglichen Regelung beruht auf der Erwägung, dass es zur Gewährung des
vertragsgemäßen Gebrauchs gehört, dass der Vermieter den Mieter in dem
vertraglich vereinbarten Gebrauch zum Betrieb des vereinbarten Geschäfts
bzw. Gewerbes nicht behindert. Dabei ist der Vermieter allerdings
nicht gehalten, dem Mieter jeden fühlbaren oder unliebsamen Wettbewerb
fernzuhalten. Vielmehr ist nach den Umständen des einzelnen Falles
abzuwägen, inwieweit nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der
Belange der Parteien die Fernhaltung von Konkurrenz geboten ist.
38 Zur Begründung des vertragsimmanenten Konkurrenzschutzes für eine
Arztpraxis hat der Bundesgerichtshof auf die Bedeutung des Umfelds für den
Ertrag einer Arztpraxis abgestellt und ausgeführt, dass insbesondere dann,
wenn eine Konkurrenz im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages im Haus
oder in der Nachbarschaft noch nicht bestanden habe, die Annahme nahe liege,
dass der bereits niedergelassene Arzt durch die Eröffnung einer Praxis im
selben Hause erheblich beeinträchtigt werde. Deshalb gehöre es zum
vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache, dass dem ersten Mieter auch ohne
ausdrückliche vertragliche Regelung der Schutz vor Konkurrenz gewährt werde
(BGHZ 70, 79, 84 f.).
39 In diesem vertragsgemäß geschuldeten Gebrauch wird der Mieter
durch die Verletzung des sogenannten vertragsimmanenten Konkurrenzschutzes
unmittelbar beeinträchtigt. Die Beeinträchtigung stellt sich für jeden
Mieter, der die Sache zu dem gleichen Zweck benutzen will, als Mangel dar.
40 bb) Für einen vertraglich vereinbarten Konkurrenzschutz kann
nichts anderes gelten (aA Hübner/Griesbach/Fuerst in
Lindner-Figura/Opree/Stellmann Geschäftsraummiete 3. Aufl. Kap. 14 Rn. 183).
Durch die ausdrückliche Vereinbarung der Verpflichtung wird der geschuldete
vertragsgemäße Gebrauch dahin konkretisiert, dass dem Mieter der von
bestimmter Konkurrenz ungestörte Gebrauch der Mieträume eingeräumt wird. In
diesem ausdrücklich vereinbarten vertragsgemäßen Gebrauch wird der Mieter
durch die vertragswidrige Konkurrenz unmittelbar beeinträchtigt.
41 3. Neben dem Vorliegen eines Mangels setzt die Minderung der
Miete voraus, dass dadurch der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache mehr
als nur unerheblich beeinträchtigt wird. Hierzu hat das Berufungsgericht -
aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Ob und
gegebenenfalls in welcher Höhe der Anspruch auf Feststellung der Minderung
der Miete und der Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Miete begründet
sind, hängt dann davon ab, in welchem Umfang das Äquivalenzverhältnis
zwischen Leistung und Gegenleistung durch das Bestehen der
Konkurrenzsituation gestört ist (vgl. Senatsurteil vom 6. April
2004 - XII ZR 225/03 - NZM 2005, 455; Schmidt-Futterer/ Eisenschmid
Mietrecht 10. Aufl. § 536 BGB Rn. 183 mwN).
42 Der Senat kann deshalb nicht abschließend entscheiden. Die Sache ist zur
Nachholung dieser Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
III.
43 Die Anschlussrevision hat keinen Erfolg.
44 1. Der Zulässigkeit der Anschlussrevision (§ 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO) steht
die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung der Revisionszulassung
auf den Ausspruch zur Mietminderung (Klageanträge zu 1 und 4) schon deshalb
nicht entgegen, weil die Beschränkung jedenfalls insoweit unwirksam ist
(vgl. allgemein zur Zulässigkeit der Anschlussrevision bei beschränkter
Revisionszulassung: Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ
2009, 1207, 1208).
45 2. Die Anschlussrevision ist jedoch nicht begründet.
46 a) Wie oben (unter II.) ausgeführt, ist das Berufungsgericht zu Recht
davon ausgegangen, dass die Beklagte gemäß § 9 des Mietvertrages
verpflichtet ist, dem Kläger Konkurrenzschutz für die operative und
nichtoperative Behandlung von Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz-
und Bewegungsorgane zu gewähren.
47 Die Beklagte ist deshalb gemäß § 9 des Mietvertrages
verpflichtet, diese Konkurrenzsituation zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu
beseitigen. Sie ist weiter verpflichtet, es zu unterlassen, die bestehende
Konkurrenzsituation dadurch zu verstärken, dass sie weitere Räume an die
Konkurrenten vermietet, ohne den Konkurrenzschutz des Klägers
wiederherzustellen.
48 b) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass mit der
Veräußerung des Grundstücks und dem Eintritt der Erwerberin gemäß § 566 BGB
in den Mietvertrag die Passivlegitimation der Beklagten gemäß §§ 265, 325
ZPO nicht entfallen ist (vgl. RGZ 102, 177, 179 ff.; BGH Urteil vom 16.
Dezember 2009 - VIII ZR 313/08 - NJW 2010, 1068 Rn. 20).
49 c) Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision ist der Tenor des
Berufungsurteils hinreichend bestimmt und vollstreckungsfähig und entspricht
den in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht gestellten
Anträgen.
50 Zu Recht hat das Berufungsgericht den Weg, auf dem die Beklagte die
eingetretene Konkurrenzsituation beseitigen soll, dieser überlassen. Denn es
ist von ihr zu entscheiden, wie sie den rechtswidrigen Zustand beseitigen
will (vgl. BGH Urteil vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03 - NJW 2004, 1035,
1037; Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 253 Rn. 13 mwN). Es ergibt sich auch
hinreichend deutlich aus den Gründen des Berufungsurteils, welche
Tätigkeiten der Gemeinschaftspraxis unter den Konkurrenzschutz fallen.
51 Die Vollstreckung dieser unvertretbaren Handlung erfolgt nach §
888 ZPO (Senatsbeschluss vom 13. Dezember 1995 - XII ZR 161/95 -
NJW-RR 1996, 460).
52 d) Der Anspruch auf Beseitigung der Konkurrenzsituation ist auch
nicht wegen Unmöglichkeit der Erfüllung gemäß § 275 Abs. 1 BGB
ausgeschlossen.
53 Die für die Unmöglichkeit der Leistung darlegungs- und
beweisbelastete Beklagte (MünchKommBGB/Ernst 6. Aufl. § 275 Rn. 162
mwN) hat, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, schon
nicht hinreichend dargelegt, dass diese Leistung für sie oder für jedermann
schlechthin unmöglich ist.
54 Aufgrund der Verurteilung der Beklagten zur Beseitigung der
Konkurrenzsituation zum nächstmöglichen Zeitpunkt ist die Beklagte bzw. ihre
Rechtsnachfolgerin gehalten, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren darauf
hinzuwirken, dass die Ärzte Dres. H. und S. in dem Mietobjekt bestimmte
ärztliche Tätigkeiten unterlassen.
55 Zwar hat die Beklagte behauptet, dass der mit den Ärzten
abgeschlossene Mietvertrag nicht aufgelöst werden könne, weil er langfristig
abgeschlossen sei; auch seien die Ärzte nicht bereit, freiwillig
auszuziehen. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des
Berufungsgerichts hat die Beklagte jedoch mit den beiden Ärzten bislang kein
Gespräch darüber geführt, ob sie gegen Zahlung einer Entschädigung bereit
wären, den Mietvertrag vorzeitig zu beenden. Eine Bereitschaft hierzu kann
nicht von vorneherein ausgeschlossen werden. Nach dem Vortrag der
Beklagten ist für die Dres. H. und S. eine Erweiterung ihrer
Gemeinschaftspraxisräume von großer Bedeutung. Eine solche Erweiterung ist
im Hinblick auf die Verurteilung der Beklagten bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin
zur Unterlassung der Vermietung weiterer Räume an die Gemeinschaftspraxis,
ohne zuvor den klägerischen Konkurrenzschutz wieder herzustellen, nicht
möglich. Es ist deshalb nicht
unwahrscheinlich, dass die Dres. H. und S. Interesse an einer vorzeitigen
Auflösung des Mietvertrages gegen Zahlung einer Entschädigung haben.
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