Haftung eines
Wirtschaftsprüfers gegenüber Anlegern aus Vertrag mit Schutzwirkung für
Dritte, Verhältnis zur Prospekthaftung, konkurrierende Verjährung
BGH, Urt. v. 8. Juni 2004 -
X ZR 283/02
Fundstelle:
NJW 2004, 3420
Amtl. Leitsätze:
1.) Ein Wirtschaftsprüfer, der einem Kapitalanleger
wegen Prüfung des Werbeprospekts als sogenannter Garant aus Prospekthaftung
Schadensersatz schuldet, kann auch aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten
Dritter haften (Anspruchsgrundlagenkonkurrenz).
2.) Haftet ein Wirtschaftsprüfer sowohl als Garant aus Prospekthaftung als
auch aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, so verjährt letzterer
Anspruch nach den für die vertragliche Haftung des Wirtschaftsprüfers
geltenden Regeln (bis zum 31.12.2003 § 51 a WPO, jetzt § 195 BGB).
Zentrale
Probleme:
Im Mittelpunkt
der Entscheidung stehen Grundfragen des Vertrags mit Schutzwirkung für
Dritte in Abgrenzung zur Prospekthaftung. Es geht dabei zentral um die Frage
der Schutzbedürftigkeit des Dritten (s. dazu auch den "Nitrierofenfall"
BGHZ 133, 168.
Die Entscheidung fasst den Stand und die Entwicklung der Rspr. ebenso wie
20.04.2004 - X ZR 250/02
hervorragend zusammen. Im Gegensatz zu S.
dazu auch die Anm. zu BGH NJW
2002, 3625 sowie BGHZ 145, 187, 197;
BGHZ 127, 378, 380 f;
Senat, Urt. v. 13.11.1997 - X ZR 144/94, NJW 1998, 1059, 1062.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der beklagten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Schadensersatz wegen Prüfung und Bestätigung von Angaben eines Prospekts,
mit dem er für die Beteiligung an einer Kapitalanlagegesellschaft geworben
wurde.
Der Kläger trat am 1. Dezember 1994 einer Treuhandgesellschaft bei, die
ihrerseits eine Kommanditbeteiligung an der Publikums-Kommanditgesellschaft
"A. KG" hielt. Grundlage seiner Beitrittserklärung war ein von der
Initiatorin herausgegebener zweiteiliger Prospekt. In diesem wurde der Fonds
als Modell zur Finanzierung eines kompletten Abwasserentsorgungssystems für
mehrere Gemeinden vorgestellt und einkommensstarken Anlegern zur Beteiligung
empfohlen. Der Entsorgungsvertrag zwischen dem von den beteiligten Gemeinden
gebildeten Abwasserzweckverband E. und der Fondsgesellschaft garantiere
feste Ausschüttungen über die Laufzeit von 25 Jahren. In dem Prospekt hieß
es unter der Überschrift "Prospektprüfung":
"Wir haben eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der Prüfung des
vorliegenden Prospekts beauftragt. Sobald der Bericht über diese Prüfung
fertiggestellt ist, sind wir bereit, diesen jedem ernsthaften Interessenten
auf Anfrage zur Verfügung zu stellen."
Die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist die Beklagte. In deren
Prüfbericht vom 23. November 1993 hieß es:
"Als Ergebnis unserer Prüfung können wir zusammenfassend feststellen, daß
die Angaben des Prospekts vollständig und richtig sind entsprechend den uns
vorgelegten Verträgen und Vertragsentwürfen und den uns erteilten
Auskünften. Tatsachen sind zutreffend dargestellt, getroffene Annahmen sind
plausibel und glaubhaft und Folgerungen sind aus den Tatsachen oder Annahmen
rechnerisch und sachlich richtig entwickelt."
Mit dem Bau der Anlage war bereits im Dezember 1993 begonnen worden. Die
Baukosten sollten teilweise durch den Abwasserzweckverband E. finanziert
werden. Die Dimension der Anlage und die Finanzierung waren für 16 Gemeinden
in B. konzipiert worden. Tatsächlich schlossen sich dem Abwasserzweckverband
jedoch nur sieben Gemeinden an. Die erwarteten Zuwendungen und Darlehen der
öffentlichen Hand blieben aus. Der Abwasserzweckverband leistete ab 1996
keine Zahlungen mehr an die Kommanditgesellschaft. Auch Ausschüttungen an
die Fondsgesellschafter erfolgten seit 1996 nicht mehr.
Mit Urteil des Kammergerichts in Berlin vom 27. Januar 1999 (3 U 5134/98)
wurde auf die Klage eines anderen Anlegers hin die Initiatorin rechtskräftig
zum Schadensersatz verurteilt. In den Urteilsgründen wurde ihr hauptsächlich
vorgeworfen, die von den Behörden geäußerten Bedenken gegen das Projekt, das
frühzeitige Ausscheiden der "Südgemeinden" und die daraus resultierende
Überdimensionierung der Anlage nicht offengelegt zu haben. Die Anlage könne
erst bei einer völlig illusorischen Abwassergebühr von 32,-- DM/cbm - der
Durchschnittspreis betrage in Deutschland weniger als 5,-- DM/cbm -
kostendeckend betrieben werden.
Der Kläger vertritt die Auffassung, die Beklagte hätte die geäußerte
Erwartung öffentlicher Fördermittel überprüfen und die aufgrund der geringen
Zahl teilnehmender Gemeinden gegebene Unschlüssigkeit und
Unwirtschaftlichkeit des Gesamtkonzeptes erkennen müssen. Er verlangt
deshalb die Erstattung der von ihm geleisteten Einlagesumme abzüglich der
erhaltenen Ausschüttungen (101.545,94 €) Zug um Zug gegen die Abtretung
seiner Beteiligung an der Treuhandgesellschaft. Er hat am 20. November 1998
einen entsprechenden Mahnbescheid gegen die Beklagte beantragt, der am 11.
Dezember 1998 erlassen und am 21. Dezember 1998 zugestellt worden ist.
Sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht haben die Klage unter
dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung geprüft und wegen Verjährung
abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen. Mit dieser
verfolgt der Kläger seine Klage weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur
Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an
das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung
für denkbar gehalten, die Klage aber gleichwohl ohne nähere Prüfung des
Anspruchs abgewiesen, weil dieser jedenfalls verjährt sei. Hierzu hat es
ausgeführt: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trete die
Verjährung der Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne bei einer
gesellschaftsrechtlichen Beteiligung, auch an einem geschlossenen
Immobilienfonds, aufgrund analoger Anwendung der in den gesetzlich
geregelten Fällen der Prospekthaftung bestimmten kurzen Verjährung (§ 20
Abs. 5 KAGG, § 12 Abs. 5 AuslInvestmG) in sechs Monaten ab Kenntnis des
Anlegers vom Prospektfehler, spätestens aber in drei Jahren seit dem Erwerb
der Kapitalanlage ein. Diese drei Jahre seien schon verstrichen gewesen, als
der Kläger das verjährungsunterbrechende Mahnverfahren gegen die Beklagte
eingeleitet habe. Zwar habe ein anderer Senat des Bundesgerichtshofs bei
Bauherrenmodellen auf die Prospekthaftung die regelmäßige Verjährungsfrist
von damals 30 Jahren angewandt. Diese Rechtsprechung könne aber nicht auf
den streitgegenständlichen Immobilienfonds übertragen werden, weil dort die
Interessenlage der Anteilserwerber gesellschaftsrechtlich geprägt und somit
eine andere sei als bei den auf den Erwerb von Teileigentum gerichteten
Bauherrenmodellen.
II. Wenngleich das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler Verjährung der
Prospekthaftung angenommen hat, hält das Urteil der rechtlichen Nachprüfung
doch nicht stand. Das Berufungsgericht hat übersehen, daß als
Anspruchsgrundlage neben der Prospekthaftung auch der sogenannte Vertrag mit
Schutzwirkung zugunsten Dritter in Betracht kommt. Dieser verleiht im Falle
eines fehlerhaften Wirtschaftsprüfergutachtens dem geschädigten Dritten
einen vertraglichen Schadensersatzanspruch gegen den Wirtschaftsprüfer, der
nach § 51 a WPO in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung (a.F.)
erst in fünf Jahren verjährt.
1. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann sich der Kläger auf den Anspruch
aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im Revisionsverfahren
berufen, obwohl er sich im Berufungsverfahren, den Gründen des
erstinstanzlichen Urteils folgend, nur mit der Prospekthaftung der Beklagten
auseinandergesetzt hat. Im Revisionsverfahren ist das angefochtene Urteil
auf Rechtsfehler zu prüfen. Das Recht ist unter anderem verletzt, wenn eine
Rechtsnorm nicht angewendet worden ist (§ 546 ZPO). Hat das Berufungsgericht
eine Anspruchsgrundlage übersehen und daher nicht angewendet, so hat es auch
dann rechtsfehlerhaft entschieden, wenn der Kläger diese Anspruchsgrundlage
selbst nicht erkannt und sich deshalb nicht darauf berufen hatte. Die
rechtliche Würdigung des tatsächlichen Parteivorbringens ist Aufgabe des
Gerichts, das daher von Amts wegen sämtliche Anspruchsgrundlagen zu prüfen
hat (BGH, Urt. v. 11.03.1997 - K ZR 44/95, ZIP 1997, 938 unter II; Zöller/Vollkommer,
ZPO, 24. Aufl., Einl. Rdn. 70).
Anders als die Beklagte meint, ändert daran auch die Pflicht des
Berufungsklägers nichts, in seiner Berufungsbegründung die Umstände zu
bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 520 Abs. 3 Nr. 2
ZPO). Der Berufungsführer darf sich darauf beschränken, zu den Gründen
Stellung zu nehmen, aus denen die Vorinstanz seine Klage abgewiesen hat
(BGH, Urt. v. 20.02.1975 - VI ZR 183/74, NJW 1975, 1032 unter II 2). Eine
derartige zulässige Beschränkung des Berufungsangriffs entbindet das
Berufungsgericht jedoch nicht von seiner Pflicht, das vorinstanzliche Urteil
auch auf solche Rechtsfehler zu prüfen - wie zum Beispiel eine übergangene
Anspruchsgrundlage -, die der Berufungskläger nicht erkannt hat. Die der
Konzentration des Streitstoffs in der Berufungsinstanz dienende Anforderung
an eine Berufungsbegründung, sich inhaltlich mit den Gründen der
angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 04.10.1999
- II ZR 361/98, NJW 1999, 3784 unter II), führt nicht zu einer Einschränkung
der umfassenden materiell-rechtlichen Prüfungspflicht des Berufungsgerichts.
2. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist von einem Vertrag mit
Schutzwirkung zugunsten Dritter auszugehen.
a) Neben dem gesetzlich geregelten Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB),
bei dem ein Dritter unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern,
hat die Rechtsprechung den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
herausgebildet, bei dem der Anspruch auf die geschuldete Hauptleistung
allein dem Gläubiger zusteht, der Dritte jedoch in der Weise in die
vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten, aber auch
Hauptleistungspflichten, einbezogen ist, daß er bei deren Verletzung
vertragliche Schadensersatzansprüche geltend machen kann. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können insbesondere Personen, die über
eine besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde verfügen und in dieser
Eigenschaft ein Gutachten oder eine gutachterliche Äußerung abgeben, wie
etwa öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, Wirtschaftsprüfer
oder Steuerberater, Dritten haften, denen gegenüber der Auftraggeber von dem
Gutachten bestimmungsgemäßen Gebrauch gemacht hat (st. Rspr. des BGH; z.B.
Sen.Urt. BGHZ 145, 187, 197
und v. 20.04.2004 - X ZR
250/02 unter II 1 a, zur Veröffentlichung
vorgesehen). Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall vor, in dem
eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Auftrag des Initiators den
Werbeprospekt für eine Kapitalanlage geprüft und ihm Vollständigkeit und
Richtigkeit, Plausibilität und Glaubhaftigkeit bescheinigt hat, wobei ihr
bekannt war, daß ihr Prüfbericht den Interessenten vorgelegt werden sollte,
um sie zu einer Einlage in die Fondsgesellschaft zu bewegen.
b) Die von der Rechtsprechung geforderte Schutzbedürftigkeit des Dritten ist
gegeben. Sie kann fehlen, wenn der geschädigte Dritte eigene vertragliche
Ansprüche, auch gegen andere Schuldner, z.B. den Gläubiger, hat, die
denselben oder einen gleichwertigen Inhalt haben wie diejenigen, die er auf
dem Weg über seine Einbeziehung in den Schutzbereich eines zwischen anderen
geschlossenen Vertrages durchsetzen will (BGHZ 70, 327, 330; 129, 136, 169;
133, 168, 173, 176;
Sen.Urt. v. 02.07.1996 - X ZR 104/94, NJW 1996, 2927 unter II 1 b; kritisch
Schwarze, AcP 203 (2003), 348, 351, 353 f., 363, der für eine
gesamtschuldnerische Haftung des Auftraggebers und des Sachverständigen
eintritt). Hier kommt ein eigener vorvertraglicher Anspruch des Klägers in
Betracht, nämlich ein Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung. Dieser
richtet sich sowohl gegen die Initiatorin als Auftraggeber des
Wirtschaftsprüfungsgutachtens als auch gegen die beklagte
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Der Prospekthaftungsanspruch ist jedoch dem Anspruch aus Vertrag mit
Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht gleichwertig, auch wenn er im
vorliegenden Fall hinsichtlich des Inhalts der Leistungspflicht des
Schuldners dem Anspruch aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
nicht nachstehen mag, weil in beiden Fällen der Schuldner aufgrund der
Lebenserfahrung, daß ein wesentlicher Prospektfehler für die
Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGHZ 123, 106, 114 und BGH, Urt.
v. 14.01.2002 - II ZR 40/00, NJW 2002, 1711 unter III 3), verpflichtet ist,
den geschädigten Prospektgläubiger bzw. Dritten so zu stellen, als hätte er
die Anlage nie getätigt (Ersatz des negativen Interesses; vgl. für die
Prospekthaftung Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des
Kapitalanlagerechts, 2. Aufl., § 7 Rdn. 155).
(1) Die fehlende Gleichwertigkeit ergibt sich schon aus der
unterschiedlichen Zielrichtung der beiden Rechtsinstitute. Die
Prospekthaftung geht davon aus, daß im Interesse des Kapitalanlegerschutzes
auf eine wahrheitsgemäße und vollständige Aufklärung über das Risiko
möglicher Anlagen hingewirkt werden muß und daß zu diesem Zweck, weil der
Emissionsprospekt in der Regel die einzige Informationsquelle für den
Anlageinteressenten darstellt (BGHZ 77, 172, 176; 111, 314, 317), die
Prospektverantwortlichen haftbar gemacht werden müssen (BGHZ 79, 337, 341).
Die Prospekthaftung ist somit eine Haftung für die Vollständigkeit und
Richtigkeit von Werbeaussagen. Demgegenüber ist die Haftung wegen eines
fehlerhaften Gutachtens oder Prüfberichts aus Vertrag mit Schutzwirkung
zugunsten Dritter eine Berufshaftung der Experten gegenüber Dritten, die auf
dem besonderen Vertrauen beruht, das Experten aufgrund der von ihnen
erwarteten beruflichen Sachkunde und persönlichen Zuverlässigkeit in
Anspruch nehmen (vgl. Canaris, ZHR 163 (1999), 206 f., 220 ff., 232 ff.,
243; Schwab, JuS 2002, 872, 876; Schwarze, AcP 203 (2003), 349, 357;
MünchKomm./Gottwald, BGB, 4. Aufl., § 328 Rdn. 105, 138). Bei fehlerhafter
Prüfung von Prospektangaben haftet der Wirtschaftsprüfer aus Vertrag mit
Schutzwirkung zugunsten Dritter also weniger für die Richtigkeit dieser
Angaben als dafür, daß er ihnen durch seinen Prüfbericht Unbedenklichkeit
bescheinigt bzw. Glaubwürdigkeit verliehen und dadurch die von dem
fehlerhaften Prospekt ausgehende Gefahr für die Anlageinteressenten erhöht
hat.
(2) Ferner kommt in Betracht, daß der Prospekthaftungsanspruch dem Anspruch
aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auch deshalb nicht
gleichwertig ist, weil er in erheblich kürzerer Frist verjährt. Die
Prospekthaftung verjährt nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des
Bundesgerichtshofs, der der erkennende Senat sich anschließt, weil das
Privileg der kurzen Verjährungsfrist mit der im Vergleich zur Deliktshaftung
sehr weitreichenden Prospekthaftung korrespondiert (v. Morgen, NJW 1987,
474; Schießl, NJW 1987, 1684, 1685), ohne Rücksicht auf Kenntnis des
Geschädigten in drei Jahren seit dessen Beitritt zu der Fonds- oder zu der
zwischengeschalteten Treuhandgesellschaft. Dies gilt jedenfalls bei solchen
Anlageprojekten, die nicht, wie Bauherrenmodelle, auf den Erwerb von
Teileigentum an Grundstücken abzielen (BGHZ 83, 222, 224 ff.; BGH, Urt. v.
18.12.2000 - II ZR 84/99, NJW 2001, 1203
unter I). Es gilt auch für geschlossene Immobilienfonds (BGH, Urt. v.
14.01.2002 - II ZR 40/00, NJW 2002, 1711 unter I 1). Die Berechtigung der
Annahme des Berufungsgerichts, das streitgegenständliche
Abwasserentsorgungssystem könne zu den geschlossenen Immobilienfonds gezählt
werden, mag dahinstehen. Jedenfalls handelt es sich nicht um ein auf den
Erwerb von Teileigentum abzielendes Bauherrenmodell, auf das der VIII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die damals dreißigjährige Regelverjährung
angewandt hat (BGHZ 126, 166, 171 f.). Für den Prospekthaftungsanspruch des
Klägers beträgt die Verjährungsfrist daher höchstens drei Jahre. Der
Schadensersatzanspruch aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
hingegen verjährt nach § 51 a WPO a.F. grundsätzlich in fünf Jahren ab
Entstehung des Anspruchs. Diese berufsspezifische
Verjährungsvorschrift greift ein, weil sich bei der Expertenhaftung Beginn
und Dauer der Verjährung nach dem zwischen dem Auftraggeber und dem Experten
zustande gekommenen Werkvertrag richten (MünchKomm./Gottwald, aaO Rdn. 132;
Zugehör, NJW 2000, 1601, 1604). § 51 a WPO a.F. ist zwar mit Wirkung ab 1.
Januar 2004 durch die regelmäßige Verjährung nach § 195 BGB ersetzt worden.
Für vor diesem Tag abgeschlossene Verjährungstatbestände gilt aber weiterhin
§ 51 a WPO a.F. (§ 139 b Abs. 2 Satz 2 WPO).
3. Der Anspruch aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter tritt auch
nicht hinter der Prospekthaftung zurück. Auf der Grundlage der bisherigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spricht alles dafür, daß Prospekt- und
Expertenhaftung zwei verschiedene Formen der Ersatzhaftung darstellen, die
eine unterschiedliche Zielsetzung aufweisen, verschiedene Gegenstände und
auf unterschiedlichen Grundlagen beruhen, so daß für einen wechselseitigen
Ausschluß kein Grund erkennbar ist.
(a) Sinn und Zweck der Prospekthaftung sind der Schutz der Kapitalanleger,
in deren Interesse auf eine wahrheitsgemäße und vollständige Aufklärung über
das Risiko möglicher Anlagen hingewirkt werden muß. Zu diesem Zweck müssen
für unzutreffende oder irreführende Angaben im Emissionsprospekt nicht nur
die am Vertragsschluß Beteiligten oder diejenigen haften, die einen auf ihre
Person bezogenen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen hätten, sondern
auch die Initiatoren, Gestalter und Gründer der Anlagegesellschaft und die
sogenannten Hintermänner. Dogmatisch hat der Bundesgerichtshof dabei die
Grundsätze der Vertrauenshaftung des Vertreters oder Sachwalters für
Verschulden bei den Vertragsverhandlungen dahin weiterentwickeln wollen, daß
Grundlage dieser Haftung kein persönliches Vertrauen sein muß, sondern daß
das Vertrauen auch auf einer besonderen Fachkunde oder auf einer
hervorgehobenen wirtschaftlichen Stellung beruhen kann (sogenanntes
typisiertes Vertrauen, vgl. BGHZ 79, 337, 341; 83, 222, 223 f.). Diese
Haftung ist dann auf die sogenannten Garanten des Prospekts (Rechtsanwälte,
Steuerberater und Wirtschaftsprüfer) erstreckt worden, auch soweit sie die
Prospektangaben lediglich geprüft haben (BGHZ 77, 172, 177). Ziel der
Prospekthaftung ist also der Schutz der Kapitalanleger vor unrichtigen
Prospektangaben, und dogmatischer Ausgangspunkt ist, auch bei Garanten, die
- typisierte - Vertrauenshaftung. (b) Demgegenüber soll der
Schadensersatzanspruch aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
Personen schützen, die durch die Leistung des Schuldners gefährdet werden.
Dogmatisch wird der Ausgangsvertrag wegen seiner notwendigen Drittbeziehung
dahin verstanden, daß die Vertragspartner den Dritten in den Schutzbereich
der vertraglichen Neben- oder Hauptpflichten einbezogen haben (BGHZ 56, 269,
273; BGH, Urt. v. 02.11.1983 - IVa ZR 20/82, NJW 1984, 355 unter 11).
Grundlage dieser Haftung ist danach die Erweiterung der die Vertragspartner
treffenden vertraglichen Schutzpflichten zugunsten des Dritten, dem
gegenüber die Parteien die gleichen Schutz- und Sorgfaltspflichten beachten
müssen wie untereinander.
4. Der Schadensersatzanspruch des Klägers aus Vertrag mit Schutzwirkung
zugunsten Dritter ist nicht verjährt.
a) Der Anspruch ist frühestens entstanden, als der Kläger am 1. Dezember
1994 der Treuhandgesellschaft beitrat, so daß die fünfjährige
Verjährungsfrist nach § 51 a WPO a.F. nicht vor dem 30. November 1999
ablaufen konnte. Der Kläger hat aber schon am 20. November 1998 die
Verjährung durch Einreichung seines Antrags auf Erlaß eines Mahnbescheides
unterbrochen. Der Mahnbescheid wurde, wenngleich erst am 21. Dezember 1998,
so doch "demnächst" im Sinne des Gesetzes zugestellt, weil die Verzögerung
durch die gerichtliche Bearbeitung verursacht wurde (§ 209 Abs. 1, Abs. 2
Nr. 1 BGB, § 270 Abs. 3 ZPO, jeweils in der bis zum 31. Dezember 2000
geltenden Fassung).
b) Die kurze Verjährung der Prospekthaftung hat auch nicht etwa Vorrang vor
der längeren beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.
(1) Grundsätzlich verjährt jeder Anspruch selbständig nach seiner eigenen
Verjährungsregelung. Die kurze Verjährung hat nur dann Vorrang, wenn sie
nach ihrem Schutzzweck auch die konkurrierenden Ansprüche erfassen will (BGHZ
116, 297, 300). Das ist der Fall, wenn die Befugnis des Gläubigers, nach
Verjährung des einen Anspruchs auf die aus demselben Sachverhalt
hergeleiteten anderen Ansprüche mit längerer Verjährung ausweichen zu
können, den Zweck der besonders kurz bemessenen Verjährungsfrist vereiteln
und die gesetzliche Regelung im Ergebnis aushöhlen würde (BGHZ 66, 315,
319). So liegt es hier nicht. Die berufsspezifische längere Verjährung der
Ansprüche gegen Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Rechtsanwälte betrifft
nur einige der in Frage kommenden Prospekthaftenden, nämlich die sogenannten
Garanten. Die kurze dreijährige Verjährung der Gründer, Initiatoren,
Gestalter und Hintermänner der Gesellschaft bleibt bestehen.
(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten gebietet auch der Umstand, daß bei
Anwendung der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 51 a WPO a.F. der Garant
schärfer haftet als der Initiator, nicht den Vorrang der kurzen Verjährung.
Zwar ist für die Falschangaben im Prospekt primär der Initiator
verantwortlich. Die Expertenhaftung aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten
Dritter hat jedoch, wie bereits dargelegt, einen anderen Grund als die
Prospekthaftung, nämlich die Inanspruchnahme eines besonderen, auf der
Annahme von Fachkunde und persönlicher Zuverlässigkeit beruhenden
Vertrauens, kraft dessen der Experte die Überzeugungswirkung des Prospekts
auf die Anlageinteressenten gesteigert und somit einen selbständigen, über
den reinen Inhalt der Prospektaussagen hinausgehenden Beitrag zur
Beeinflussung der Interessenten geleistet hat. Hat er aber das ihm
entgegengebrachte berufsspezifische Vertrauen ausgenutzt, so muß ihn auch
seine berufliche Haftung einschließlich einer etwaigen berufsspezifischen
Verjährungsregelung treffen. Deshalb ist keine Notwendigkeit für eine
Angleichung der Haftung des Wirtschaftsprüfers, der seine Berufspflichten
bei der Prüfung eines Prospekts verletzt hat, an die mildere Prospekthaftung
des Initiators ersichtlich. Gegen eine Angleichung spricht auch, daß der
Bundesgerichtshof es bereits abgelehnt hat, die kurze Verjährung der
Prospekthaftung auf konkurrierende Ersatzansprüche gegen solche
Prospektverantwortlichen auszudehnen, die mit dem Anlageinteressenten unter
Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens verhandelt haben (BGHZ 83, 222, 227;
BGH, Urt. v. 27.06.1984 - IVa ZR 321/82, NJW 1984, 2524 unter III, und v.
01.10.1984 - II ZR 158/84, NJW 1985, 380 unter II 5). Das muß auch für
Experten gelten, die zwar keine persönlichen Verhandlungen geführt, aber
kraft ihres überlegenen Fachwissens ebenfalls besonderes Vertrauen in
Anspruch genommen haben.
(3) Schließlich besteht auch kein Grund, den Sachverständigen, der einen
Anlageprospekt prüft, im Vergleich zu demjenigen, der unmittelbar den
Geschäftsgegenstand, beispielsweise ein Grundstück, bewertet, haftungsmäßig
durch eine kürzere Verjährung zu privilegieren. Insbesondere wird dies nicht
durch den Umstand gerechtfertigt, daß bei der Prospektprüfung in der Regel
eine Vielzahl von Geschädigten in Betracht kommt. Denn der Sachverständige
haftet immer nur bis zum Wert des im Vertrauen auf seine Expertise
getätigten Geschäfts. Wird dieses nicht von einem einzigen Dritten, sondern
von mehreren oder auch einer Vielzahl von Anlegern getätigt, so erhöht
dieser Umstand nur die Zahl der Schadensersatzgläubiger des
Sachverständigen, nicht aber den Umfang des von ihm geschuldeten
Schadensersatzes und damit nicht sein Risiko (Sen.Urt. v. 20.04.2004 - X ZR
250/02, zur Veröffentlichung vorgesehen, unter II 1 c, in Abgrenzung von
BGHZ 138, 257, 262).
III. Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben; es ist
aufzuheben. Da noch tatrichterliche Feststellungen zu Grund und Höhe des
Anspruchs erforderlich sind, kann der Senat nicht selbst entscheiden,
sondern muß die Sache an das Berufungsgericht zurückverweisen. Dieses wird
gegebenenfalls zum einen noch die streitige Frage zu klären haben, ob der
Prüfbericht der Beklagten objektiv fehlerhaft war. Das Berufungsgericht hat
zwar ein Prüfungsverschulden der Beklagten bejaht, jedoch mit dem Vorbehalt,
daß die vom Kammergericht im Prozeß gegen die Initiatorin festgestellten
Fehler zutreffen. Bisher hat das Berufungsgericht also weder eine eigene
Fehlerfeststellung getroffen, noch sich die des Kammergerichts zueigen
gemacht. Das Berufungsgericht muß ferner prüfen, ob die Prospektprüfung der
Beklagten für den Anlageentschluß des Klägers ursächlich war. Falls das
Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beklagte dem Kläger dem
Grunde nach aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Schadensersatz
schuldet, wird es weiter feststellen müssen, ob und in welcher Höhe dem
Kläger ein Schaden entstanden ist.
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