Ausgleichsanspruch
analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB ("zivilrechtlicher Aufopferungsanspruch") bei
Schaffung eines naturschutzrechtlich nicht zu beseitigenden Zustands,
Subsidiarität des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs
BGH, Urt. v. 17. September
2004 - V ZR 230/03 - OLG Frankfurt am Main
Fundstelle:
NJW 2004, 3701
für BGHZ vorgesehen
Zentrales Problem:
Die Rechtsprechung erkennt einen
(verschuldensunabhängigen!) nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog §
906 II 2 BGB bei Schäden an, die ein Nachbar durch Einwirkungen des
Nachbargrundstücks erleidet, die an sich nicht duldungspflichtig sind, die
er aber faktisch nicht abwehren kann (s. dazu etwa
BGH NJW 2004, 603 sowie
BGH NJW 2004, 775). Erfaßt werden dabei auch
Grobimmissionen wie etwa Feuer, Wasser oder - wie hier - das Umstürzen von
Bäumen. Das führt etwa bei einem
übergreifenden Brand, der nicht auf Brandstiftung zurückzuführen ist, zu
einem Ausgleichsanspruch der de facto einem Schadensersatzanspruch
gleichkommt (s. dazu BGH NJW 1999, 2896 = BGHZ 142, 66). Hier geht es jetzt
um die Frage, welchen Einfluß das naturschutzrechtliche Verbot der
Beseitigung des gefährdenden Zustands auf diesen sog. "zivilrechtlichen
Aufopferungsanspruch" hat. Die Entscheidung ist äußerst lehrreich, weil sie
den Stand der Rechtsprechung sehr klar zusammenfaßt. S. auch
BGH, Urt. v. 4. Februar 2005 - V ZR 142/04. Zum
Störerbegriff s. BGH, Urt. v. 27. Januar 2006 - V ZR
26/05 und BGH v.
9.2.2018 - V ZR 311/16; zur Reichweite eines Anspruchs analog § 906 II 2 s.
BGH v. 1.2.2008 - V ZR 47/07.
©sl 2004
Amtl. Leitsatz:
Hat der Grundstückseigentümer eine
Gefahrenlage geschaffen, an deren Beseitigung er durch Rechtsvorschriften
(hier: Naturschutz) gehindert ist, kann er, wenn sich die Gefahr in einem
Schaden des Nachbarn verwirklicht, diesem zum Ausgleich entsprechend § 906
Abs. 2 Satz 2 BGB verpflichtet sein (Abgrenzung zu Senat BGHZ 120, 239).
Tatbestand:
Die Parteien sind Nachbarn. Das Fällen von als Landschaftsbestandteil
geschützten Bäumen auf dem Grundstück der Beklagten ist grundsätzlich
verboten. Im Zuge einer Baugenehmigung war der Beklagten das Roden eines
Teiles des Baumbestandes gestattet worden. Nach Abschluß der Arbeiten wiesen
die Landschaftsarchitekten der Beklagten die Naturschutzbehörde auf die
Gefahr hin, daß die verbliebenen Bäume durch die Rodung ihren Windschutz und
ihre Standsicherheit verloren hätten. Die Naturschutzbehörde hielt als
Ergebnis einer Begehung vom 24. März 1999 fest, sieben Eichen wiesen eine
abnehmende Vitalität auf, gegen ihre Beseitigung sei nichts einzuwenden. Für
diese Bäume erwirkte die Beklagte eine Fällgenehmigung, von der sie am 27.
April 1999 Gebrauch machte. Am 2. Juni 1999 stürzten zwei weitere Bäume
(Stieleiche und Rotbuche), gegen deren Vitalität bei der Begehung keine
Bedenken aufgetreten waren, während eines Gewittersturmes auf das Grundstück
der Kläger. Sie beschädigten dort eine Garage und die Gartenanlage. Die
Beklagte hat eine Ausgleichszahlung (u.a.) mit der Begründung abgelehnt, sie
sei für den Schaden nicht verantwortlich, da sie durch den Naturschutz an
der Beseitigung der schädigenden Bäume gehindert gewesen sei.
Landgericht und Oberlandesgericht haben dem Antrag der Kläger auf Zahlung
von 88.250 DM nebst Zinsen dem Grunde nach stattgegeben. Mit der vom Senat
zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung
weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das
Berufungsgericht bejaht einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch. Die
Beeinträchtigung des Eigentums der Kläger gehe wenigstens mittelbar auf den
Willen der Beklagten zurück. Daß ein Naturereignis (Gewittersturm) alleinige
Ursache des Niederbrechens der Bäume gewesen sei, sei auszuschließen. Im
Hinblick auf den Umstand, daß die Bäume über Jahrzehnte den Naturgewalten
widerstanden hätten, spreche ein erster Anschein dafür, daß die von der
Beklagten veranlaßten Maßnahmen, Rodung und Bebauung, zum Sturz geführt
hatten. Grundlage des Anscheinsbeweises sei die von den Privatgutachtern der
Parteien übereinstimmend getroffene Feststellung, daß das Wurzelwerk der
beiden Bäume in erster Linie auf eine Versorgung mit Wasser und Nährstoffen
aus tieferen Regionen, nicht aber auf seitliche Stabilität ausgelegt und im
Hinblick auf Höhe und Größe der Bäume zu schwach gewesen sei. Da die
Beklagte mit ihrer Baumaßnahme diesen Zustand herbeigeführt habe, könne sie
nicht einwenden, die Vorgaben der Naturschutzbehörde hätten eine Beseitigung
der schadensstiftenden Bäume verhindert.
Dies hält der sachlich-rechtlichen Überprüfung, nicht aber
der Verfahrensrüge der Revision stand.
II. 1. Die Rüge der Revision, das
Berufungsgericht habe dem Anspruch auf nachbarrechtlichen Ausgleich
stattgegeben, ohne zuvor einen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter
Handlung zu prüfen, berührt den Bestand des Berufungsurteils nicht.
Allerdings hat es das Berufungsgericht im Anschluß an die Vorinstanz
offengelassen, ob die Beklagte aus Delikt haftet und sich nur mit dem
Ausgleichsanspruch befaßt. Der Senat hat demgegenüber, worauf sich die
Revision stützt, darauf abgehoben, daß der Ausgleichsanspruch gegenüber dem
Anspruch auf Schadensersatz in dem Sinne subsidiär sei, daß aus seiner
Bejahung die Verneinung des Schadensersatzes folge (BGHZ 120, 239, 249
-Froschlärm; die Entscheidung des Senats vom 18. November 1994, V ZR 98/93,
NJW 1995, 714 f, auf die sich das Berufungsurteil stützt, weicht hiervon
nicht ab). Ob dies, wovon der Senat ausgegangen ist, aus der Rechtsprechung
des III. Zivilsenats (BGHZ 72, 289, 295; Urt. v. 8. März 1990, III ZR
141/88, NJW 1990, 1979; ferner für das Verhältnis des enteignungsgleichen
Eingriffs zur Haftung des Grundstücksbesitzers nach § 836 BGB: BGHZ 125, 19,
21 i. Anschl. an BGHZ 55, 229) herzuleiten ist, mag zweifelhaft sein.
Auch hat der Senat in seiner neueren Rechtsprechung dem nachbarrechtlichen
Ausgleichsanspruch eigenständige Bedeutung gegenüber anderen
Haftungsgrundlagen (Anlagenhaftung nach § 2 HaftPflG, BGHZ 155, 99, 107)
beigemessen und ihn nur für den Fall als subsidiär angesehen, in dem eine
andere gesetzliche Bestimmung den konkreten Tatbestand abschließend regelt (BGHZ
142, 227, 236 - Öltankanlage). Die Rüge scheitert jedenfalls aber daran,
daß revisionsrechtlich von einem deliktischen Verhalten der Beklagten nicht
ausgegangen werden kann.
Für eine Haftung der Beklagten nach § 831 BGB oder, soweit daneben Raum
bleibt, nach § 823 Abs. 1 BGB, jeweils, soweit erforderlich, in Verbindung
mit § 31 BGB, fehlt es an einem hinreichenden Vortrag der Kläger.
Keine Haftung der Beklagten kann es begründen, daß sie es unterlassen hat,
die schadensstiftenden Bäume zu fällen. Dies war ihr, solange sie hierfür
keine Ausnahmegenehmigung (§ 29 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG) erhalten hatte, nach
§ 29 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG verboten. Eine Genehmigung zum Fällen der beiden
Bäume wurde nicht erteilt. Das Unterlassen der Beklagten war damit
rechtmäßig.
Revisionsrechtlich kann auch davon ausgegangen werden, daß die Beklagte
wegen der Rodung des weiteren Waldbestandes, der nach Auffassung des
Berufungsgerichts ursächlich für das Niederstürzen der geschützten Exemplare
war, nicht gemäß § 831 BGB haftete. Daß die Beklagte bei der Auswahl der
Landschaftsarchitekten, die die Rodungsarbeiten leiteten, die erforderliche
Sorgfalt ausgeübt hat, wurde von dieser behauptet und von den Klägern nicht
in Abrede gestellt. Anhaltspunkte für ein Defizit bei der Überwachung der
Verrichtungsgehilfen treten nicht hervor. Die Entscheidung, wie weit die
Rodung gehen durfte, gehörte in die fachliche Kompetenz der umfassend
beauftragten Architekten, deren sich die Beklagte haftungsbefreiend
bediente.
Außerhalb der Verantwortlichkeit der Beklagten lag mithin auch die Frage, ob
und inwieweit eine Teilrodung die Standsicherheit des Restes gefährdete.
Nach Abschluß der Rodung war eine fehlende Standfestigkeit der beiden
schädigenden Bäume nicht einmal der sachkundigen Naturschutzbehörde
aufgefallen. Eine bessere Erkenntnis konnte von der Beklagten selbst nicht
verlangt werden. Aus den gleichen Gründen scheidet auch deren Haftung
unmittelbar nach § 823 Abs. 1 BGB (Organisationsmängel) aus. Die von den
Klägern behaupteten ungeordneten Verhältnisse (versehentliches Fällen
geschützter Bäume, Unzulänglichkeiten bei Erdarbeiten) liegen auf einem
anderen Gebiet.
2. Die sachlich rechtlichen
Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs im übrigen hat das Berufungsgericht
nicht verkannt.
Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2
BGB ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegeben,
wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung
Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die das zumutbare Maß
einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen, sofern
der betroffene Eigentümer aus besonderen (tatsächlichen oder rechtlichen)
Gründen gehindert war, die Einwirkungen gemäß § 1004 Abs. 1 BGB zu
unterbinden (Senat BGHZ 142, 66 - Brandschaden; 144, 200, 208 -
Drogenhilfezentrum; 147, 45, 49 - Besitzstörung).
Der Anspruch ist nicht, wie § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB selbst, auf
feinstoffliche Einwirkungen beschränkt, erfaßt vielmehr auch
Grobimmissionen, wie sie hier zur Folge des Niederbrechens der beiden Bäume
vorlagen (Senat BGHZ 155, 99 - Leitungswasser).
a) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen
stand dem (seinerzeitigen) Eigentümer des beeinträchtigten Grundstücks ein
Abwehranspruch zu, der auf eine Einschränkung der erlaubten Rodungsmaßnahmen
auf das Maß gerichtet war, das für die Standsicherheit der geschützten Bäume
ungefährlich blieb. Der Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2
BGB, auf den sich der Eigentümer stützen konnte, ist über den Wortlaut des
Gesetzes hinaus auch dann gegeben, wenn die Gefahr einer erstmaligen
Beeinträchtigung, wie hier, in Frage kommt (vorbeugender
Abwehranspruch: BGHZ 2, 394; BGH, Urt. v. 10. April 1956, I ZR 165/54, LM
BGB § 1004 Nr. 27; im übrigen statt aller Erman/Ebbing, BGB, 11. Aufl.,
§ 1004 Rdn. 76). Die Beklagte war, unbeschadet des Umstandes, daß die letzte
Ursache der Schädigung ein natürliches Ereignis, der Gewittersturm, war,
Störerin. Die mittelbare, aber in adäquatem Zusammenhang mit der Störung
(Senat, BGHZ 144, 200, 203) stehende Ursache war eine Handlung der
Beklagten, die Rodung des Waldbestandes über das Maß hinaus, das für die
Standsicherheit der verbleibenden Bäume unschädlich war (allgemein zur
Störerhaftung bei Naturereignissen: Senat BGHZ 157, 33 - Kiefernnadeln;
Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, NJW 2004, 603
- Betonplatte; v. 12. Dezember 2003, V ZR 98/03, NJW 2004, 1035 -
Druckstempel).
Den Klägern steht aber ein Abwehranspruch dieses Inhalts nicht zu. Denn sie
haben, worauf die Revision zu Recht hinweist, das geschädigte Grundstück
erst nach Abschluß der Rodungsarbeiten, die unstreitig im wesentlichen im
März 1998 stattgefunden hatten, erworben. Nach den Behauptungen der
Beklagten hat der Erwerb um die Jahreswende 1998/1999 stattgefunden. Die
Kläger sind diesem Vortrag nur mit Zweifeln an seiner rechtlichen
Erheblichkeit entgegengetreten und haben im übrigen behauptet, der
Nutzungsübergang sei auf den September 1998 anzusetzen.
Der Abwehranspruch auf Beschränkung der Rodung war mithin
erloschen, bevor die Kläger, sei es als Besitzer (Senat, BGHZ 147, 45), sei
es als Eigentümer, das Recht erlangten, Abwehrbefugnisse gegen die Beklagte
geltend zu machen.
b) Grundlage des Ausgleichsanspruchs ist
aber die Beeinträchtigung, die nach Abschluß der Rodungsarbeiten von den
beiden geschützten, nunmehr ihrer Standfestigkeit beraubten Bäumen ausging.
Dies gilt unabhängig davon, ob die rechtlichen Voraussetzungen zu deren
Fällen durch eine Ausnahmegenehmigung nach § 29 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG
hätten geschaffen werden können.
aa) Nach der Senatsrechtsprechung (BGHZ 120,
239, 254) stellt der Naturschutz (damals Schutz einer Froschpopulation) die
Störereigenschaft jedenfalls solange nicht in Frage, als der Eigentümer mit
Erfolg eine Ausnahmegenehmigung (§ 31 BNatSchG) für die Beseitigung der
Störquelle beantragen kann. Seinerzeit hat der Senat, was die Bejahung
der Ausnahmegenehmigung angeht, eine Inzidententscheidung durch das
Zivilgericht nur mit der Wirkung zugelassen, daß eine Verurteilung des
Störers zur Unterlassung unter den Vorbehalt der Entscheidung der
Naturschutzbehörde gestellt bleibt. Für den Ausgleichsanspruch, um den es
hier geht, käme ein solcher Vorbehalt nicht in Frage. Eine der
Naturschutzbehörde vorbehaltene Frage, ob die Bäume erhaltenswert sind,
stellt sich nicht mehr. Der Inzidententscheidung des Zivilgerichts, ob die
Ausnahmegenehmigung hätte erlangt werden können, stünde nichts im Wege. Wäre
die Ausnahmegenehmigung zu erlangen gewesen, könnte dem Ausgleichsbegehren
der Kläger nicht entgegengehalten werden, daß sie von der bestehenden
Abwehrmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht haben. Denn sie wären hierzu aus
tatsächlichen Gründen außerstande gewesen. Entscheidend hierfür ist
allerdings nicht der vom Berufungsgericht hervorgehobene Gesichtspunkt, nach
dem Umsturz der Bäume sei ohnehin nichts mehr zu machen gewesen. Hätten die
Kläger vor diesem Zeitpunkt die drohende Gefahr erkennen können, hätten sie
von ihrem vorbeugenden Abwehrrecht Gebrauch machen müssen. Auf der Grundlage
des beiderseitigen Vortrags kann hiervon aber nicht ausgegangen werden. Die
unzureichende Ausbildung des Wurzelwerks der beiden, zudem auf einem fremden
Grundstück stehenden, Bäume war für die Kläger, die über keine
forstwirtschaftlichen Erfahrungen verfügten, nicht erkennbar gewesen. Am
äußeren Zustand der Bäume war die fehlende Standfestigkeit nicht abzulesen.
Deren Vitalität stand selbst für die fachkundige Naturschutzbehörde außer
Zweifel. Daß den Klägern sonstige Erkenntnismittel zur Verfügung gestanden
hätten, ist nicht ersichtlich.
bb) Die Inzidentprüfung, ob eine Ausnahmegenehmigung hätte erlangt werden
können, erübrigt sich indessen unter den hier gegebenen Umständen. Eine
Fallgruppe des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs ("zivilrechtlicher
Aufopferungsanspruch") ist nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 144,
200, 208) dadurch gekennzeichnet, daß der Abwehranspruch (oder seine
volle Durchsetzung) an Vorgaben des öffentlichen Rechts oder Interesses
scheitert. Der Ausgleichsanspruch ist in diesen Fällen Teil eines
rechtlichen Gefüges, das sich aus der Versagung des Abwehrrechts, etwa
verbleibenden residualen Abwehrbefugnissen und der Kompensation der
Abwehrlücke durch Geldausgleich zusammensetzt. Diese Kombination läge im
Ausgangspunkt vor, wenn zur Beseitigung der Bäume die Ausnahmegenehmigung
nach § 29 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG nicht zu erlangen gewesen wäre.
Allerdings unterscheidet sich der hier vorliegende Sachverhalt vom Betrieb
des Drogenzentrums dadurch, daß es der Beklagten, anders als seinerzeit dem
Betreiber, nicht möglich wäre, der Störung abzuhelfen. Der Schutz des § 29
BNatSchG ginge zu ihren wie zu Lasten der klagenden Nachbarn. Dies
entspricht der rechtlichen Situation, in der sich der Störer in dem der in
BGHZ 120, 239 (252) veröffentlichten Entscheidung zugrunde liegenden Falle
befinden konnte. Dort hat der Senat erwogen, ob der auf Ausgleich in
Anspruch Genommene deshalb zur Zahlung verpflichtet sei, weil er den
Gartenteich, in den die geschützten Frösche migriert waren, angelegt hatte.
Er hat dies mit der Begründung abgelehnt, mit der Anlage des Teiches habe
der Störer nur den Zielsetzungen des Naturschutzes (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 und Nr.
10 Satz 2 BNatSchG, damaliger Fassung) entsprochen. Ob hieran
festzuhalten wäre, oder ob die Eröffnung der Möglichkeit, Naturschutz auf
Kosten des Nachbarn zu betreiben, ein dem Verhältnis des Eigentümers zum
Störer fremdes Element darstellt, bedarf hier keiner Entscheidung. Die
der Anlage des Gartenteiches entsprechende ursprüngliche Störung, die
Beseitigung des Windschutzes durch Rodung, lag außerhalb der Zwecke des
Naturschutzes, hier des Schutzes eines Landschaftsbestandteils. Die hierin
liegende Störung konnte zwar von den Klägern nicht abgewendet werden (oben
zu a), sie setzt sich aber in der Störung durch die schadensstiftenden Bäume
fort. Die Beklagte hätte durch ihr Handeln eine Gefahrenlage geschaffen, die
sich später verwirklicht hätte (vgl. Senat, BGHZ 90, 255, 266
-Unkrautvernichtungsmittel). Dem folgte die Pflicht, Ausgleich in Geld zu
leisten.
III. Die Sache ist jedoch an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da die
Revision zu Recht eine Verletzung des § 286 ZPO rügt. Nicht zu beanstanden
ist allerdings der Anscheinsbeweis, von dem das Berufungsurteil ausgeht. Der
Umstand, daß die beiden Bäume vor der Rodung über Jahrzehnte Wind und Wetter
standgehalten hatten und daß ihr Wurzelwerk für eine exponierte Lage zu
schwach ausgeprägt war, läßt nach der Lebenserfahrung den Schluß zu, daß das
Niederstürzen im Gewittersturm auf die Rodung zurückzuführen ist. Der
Beklagten durfte indessen der Gegenbeweis gegen den ersten Anschein nicht
verschlossen werden (BGH, Urt. v. 17. Juni 1997, X ZR 119/94, NJW 1998, 79,
81). Sie hat behauptet, das Niederstürzen der Bäume sei ausschließlich auf
ein Naturereignis (Gewittersturm) zurückzuführen gewesen, der Schadensfall
wäre auch eingetreten, wenn der die Windeinwirkungen abmildernde Baumbestand
noch vorhanden gewesen wäre. Hierzu hat sie sich auf ein
Sachverständigengutachten berufen. Als substanzlos konnte dieser Vortrag
nicht unbeachtet bleiben, denn nach dem von den Klägern selbst vorgelegten
meteorologischen Gutachten erreichte der Gewittersturm vom 2. September 1999
im Bereich des geschützten Landschaftsbestandteils sehr wahrscheinlich
Windstärke 9 Bft, örtlich sogar Windstärke 10 Bft, wobei ein Spitzenwert von
12 Bft während besonders heftiger Böen nicht auszuschließen ist. Wieweit
diese Werte Bestand haben und welche Auswirkungen sie auf das Standverhalten
der Bäume auch in geschützter Lage haben konnten, muß sachverständiger
Begutachtung überlassen bleiben. Die auf den Hinweis der Beklagten, andere
isoliert stehende Bäume seien nicht niedergebrochen, angestellte Überlegung
des Berufungsgerichts, dann müßten diese eben über stärker ausgeprägtes
Wurzelwerk verfügt haben, nimmt die Beweisaufnahme unzulässig vorweg. |