Sittenwidrigkeit von
Verträgen nach § 138 I BGB ("Schenkkreise" im Schneeballsystem),
Rückforderungsausschluß nach § 817 S. 2 BGB; Verhältnis zu § 826 BGB
OLG Köln, Urteil vom 6. 5.
2005 - 20 U 129/04
Fundstelle:
NJW 2005, 3290
(Eigene) Leitsätze:
1. Der
"Schenkungsvertrag" im Rahmen eines sog. Schenkkreises ist nach § 138 I BGB
nichtig.
2. Die Rückforderung aus diesem Grunde rechtsgrundloser Leistungen ist
jedoch nach § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen. Einem solchen
Kondiktionsausschluß steht insbesondere nicht die ratio der
Verbotsnorm entgegen.
3. Ansprüche aus § 826 BGB bleiben von § 817 S. BGB unberührt.
Zentrale Probleme:
Zum Kondiktionsausschluß nach § 817 S. 2 s. auch die Anm.
zu BGH NJW
1994, 187 sowie
BGH NJW 2005, 1490.
zum Verhältnis zur Vindikation s.
RGZ 145, 152. Zur Unanwendbarkeit von § 817 BGB
auf Fälle der Nichtleistungskondiktion s.
BGH NJW 2003, 582.
Der BGH hat einen Kondiktionsausschluß nach § 817 S. 2 BGB nunmehr aber
verneint. Er stützt sich dabei auf den Schutzzweck der
nichtigkeitsbegründenden Norm: Der sittenwidrige Zustand würde durch die
Anwendung von § 812 S. 2 BGB perpetuiert und das "Spiel" nicht effektiv
unterbunden, s. dazu die Urteile vom 10. November 2005 - III ZR 72/05.
©sl 2005
Zum Sachverhalt:
Die Ehefrau des Kl. hat sich an dem als „Schenkkreis“ bekannt gewordenen
Gewinnspiel beteiligt. Dabei leistete Sie an dei Bekl. eine Zahlung von
10000 €, die der der Kl. aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau
zurückfordert.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg.
Gründe:
Die an sich statthafte, form- und
fristgerecht eingelegte und mit Gründen versehene Berufung ist unbegründet.
Der Kläger kann aus dem abgeleiteten Recht seiner Ehefrau von dem Beklagten
nicht die Rückzahlung des für den Eintritt in den Schenkkreis gezahlten
Betrages von 10.000 € verlangen. Das Landgericht hat in den wesentlichen
Streitpunkten richtig entschieden.
1. Die an den Beklagten geleistete Zahlung wurde im Sinne des § 812 Abs. 1
Satz 1,1. Alt. BGB ohne rechtlichen Grund erbracht, weil die zwischen der
Ehefrau des Klägers und dem Beklagten getroffene Vereinbarung betreffend die
Übernahme einer dritten Rangstelle gegen Zahlung von 10.000 € nach §138 Abs.
1 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig war.
Bei den Regeln, die dem Schenkkreis zugrunde liegen, handelt es sich um ein
Schneeballsystem. Die Gewinnerwartung in einem solchen System beruht alleine
darauf, daß eine immer stärker ansteigende Zahl von Teilnehmern den
geforderten Beitrag leistet. Dabei haben im wesentlichen die Initiatoren als
die ersten Mitspieler eine sichere Chance auf Gewinn, wohingegen die große
Masse der späteren Teilnehmer ihren Einsatz verlieren muss, weil angesichts
des Vervielfältigungsfaktors in überschaubarer Zeit keine Mitspieler mehr
gewonnen werden können. Außerdem ist der Schenkkreis angesichts der
angesprochenen Personenkreise darauf angelegt, daß die Teilnehmer in ihrem
privaten und ihrem beruflichen Umfeld nach neuen Mitspielern suchen, was zu
einer Kommerzialisierung des Privatlebens und zu nachhaltigen Einflüssen in
das Berufsleben führt. Das bringt die Gefahr erheblicher Belastungen im
sozialen Umfeld mit sich. Ein solches System verstößt bereits an sich gegen
die guten Sitten (vgl. BGH, NJW 1997, S.2314; OLG Celle NJW 1996, S. 2660;
OLGR Celle 2000, S. 255; OLG Frankfurt/Main OLGR Frankfurt 2000, S.143; OLG
Bamberg NJW-RR2002, S. 1393). Die hier zu erörternden Größenordnungen zeigen
den Schneeballcharakter des Systems recht deutlich auf, weil für die ersten
8 Schenker, die im vierten Rang in einen Chart eintreten, 64 weitere
Einzahler gefunden werden müssen, bis der nach dem Zuschnitt des Systems in
Aussicht gestellte Gewinn anfällt. Für das vorliegende Regelwerk des Spiels
treten besondere Gefahren hinzu, die seine Verwerflichkeit unterstreichen.
So bleibt für den Neuteilnehmer unklar, ob der Inhaber der Empfangsposition
seinerseits überhaupt Beiträge geleistet hat oder ob er ein Initiator ist,
der möglicherweise die eigene Leistung von Beiträgen nur vorspiegelt.
Angesichts dessen ist dem System ein Überschuss an anlockender Wirkung
eigen, der nicht in dem Umfang, den die äußere Darstellung des Spiels
suggeriert, durch tatsächlich geleistete Vermögensopfer begrenzt wird. Wie
der Sachvortrag des Beklagten zeigt, bietet sich zusätzlich die Gelegenheit,
Strohmänner in die Position der Schenker zu setzen; die Zahlung wird in
diesem Falle von einem Dritten geleistet, der bei naheliegender Gestaltung
des Vorgangs selbst in der Empfängerposition steht oder mit einem Empfänger
zusammenarbeitet. Auf diese Weise wird anderen Teilnehmern eine in Wahrheit
nicht vorhandene Geldbewegung in dem jeweiligen Chart vorgetäuscht und
verstärkt anlockende Wirkung entfaltet. Hinzu kommt die in den Schenkkreisen
übliche Verwendung von Vornamen, mit der man die Identität der Teilnehmer
verschleiert und so die Möglichkeit der Angabe einer Vielfalt von
Scheinbeteiligungen eröffnet, bei denen wiederum die Anlockung neuer
Einzahler, nicht aber die Schaffung von realen Gewinnchancen im Vordergrund
steht. Weitere Unklarheit wird durch die Möglichkeit des Mehrfacheinstiegs
und durch die im Sachvortrag zutage getretene, zumindest theoretisch
bestehende Gelegenheit geschaffen, im Einvernehmen mit dem Inhaber der
Empfangsposition ohne Zahlung in den Chart einzusteigen oder durch
öffentliche Übergabe leerer Kuverts eine Schenkung vorzutäuschen. All dies
unterliegt keiner effizienten Kontrolle, was den Überschuss der anlockenden
Wirkungen über die tatsächliche Gewinnaussicht unterstreicht.
Die zwischen der Ehefrau des Klägers und dem Beklagten getroffene
Vereinbarung wird, obwohl es sich nicht um den unmittelbaren, zwischen einem
Initiator oder einem sonstigen Schenkungsempfänger und einem neuen
Teilnehmer vereinbarten Eintritt in das System, sondern um einen
Seiteneinstieg handelt, bei dem lediglich eine Position im dritten Rang
weitergegeben wurde, von dem das System selbst treffenden
Verwerflichkeitsurteil erfasst. Mag auch der Beklagte nicht aus der Lage des
planmäßig auftretenden Schenkungsberechtigten im ersten Rang aufgetreten
sein, sondern als Teilnehmer, der lediglich den Preis von 10.000 € für
seinen Einstieg entrichtet hatte, um alsdann den ihm zustehenden Platz im
dritten Rang gegen Auslagenerstattung weiterzugeben, so war auch dieses
Geschäft sittenwidrig, weil es zur Förderung des Systems beiträgt. Eine
Vereinbarung der vorliegenden Art entfaltet verstärkt anlockende Wirkung,
weil sie beim Einsteiger die Vorstellung hervorruft, ohne Preisaufschlag
eine von vornherein günstigere Position zu erwerben. Da diese, von den
Initiatoren offenbar gebilligte Variante dem System immanent ist, kann sie
die Zahl der Leistenden erhöhen; andererseits bleibt angesichts der nicht
aufklärbaren Frage, in welchem Umfang hiervon Gebrauch gemacht wird,
letztlich offen, ob auf diese Weise reale Gewinnchancen entstehen oder ob
nicht auch der Einsteiger im dritten Rang am Ende leer ausgeht, weil die bis
zu 32 Teilnehmer, die zusätzlich zu den eventuell im vierten Rang noch
fehlenden Mitspielern geworben werden müssen, sich nicht finden lassen. Die
scheinbar bessere Position des Einsteigers ist also ebenfalls mit einem
hohen Verlustrisiko belastet. Dennoch schaffen Vereinbarungen der
vorliegenden Art einen Anreiz, sich zu einem weiteren Träger des Systems zu
machen und alsdann neue Teilnehmer zu werben. Selbst wenn der
Seiteneinsteiger hierzu keinen unmittelbaren Anlass hat, weil er sich
bereits im dritten Rang befindet, so ist doch alleine die im Verhältnis zu
Neueinsteigern des vierten Rangs größere Nähe zur Empfängerposition Grund
genug, sich möglicherweise noch intensiver um weitere Mitspieler zu bemühen.
Außerdem trägt die bloße Anwesenheit von Teilnehmern, die durch eine
tatsächlich erbrachte Zahlung in den Chart eintreten, infolge der auch
hierdurch entfalteten Anlockung zur Unterstützung des sittenwidrigen Systems
bei. Sie festigt den Überschuss der anlockenden Wirkungen gegenüber den
realen Gewinnaussichten. Der vom Seiteneinsteiger erworbene Scheinvorteil
des günstigeren Rangs verleiht insgesamt dem System zusätzliche Dynamik,
ohne die Erfolgschancen der neuen Mitspieler zu erhöhen und ohne den
systemimmanenten Kollaps der Gewinnerwartungen auch nur hinauszuzögern.
Trägt aber eine entsprechende Vereinbarung auf diese Weise zur
Aufrechterhaltung des Betriebs und zum Erfolg der Initiatoren bei, ist sie
nicht weniger verwerflich als eine Vereinbarung, die der neue Teilnehmer
unmittelbar mit einem Empfangsberechtigten abschließt.
2. Der hiernach an sich gegebene Rückforderungsanspruch ist gem. § 817
Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil die Ehefrau des Klägers mit dem Abschluss
der Vereinbarung und durch die Hingabe des Geldes ihrerseits gegen die guten
Sitten verstoßen hat.
§ 817 Satz 2 BGB erfasst alle Fälle der Leistungskondiktion (vgl.
Staudinger-Lorenz (1999), §817, Rdn. 10). Dem Landgericht ist darin
beizutreten, daß die Ehefrau des Klägers durch ihren Beitritt zu dem
Schenkkreis objektiv verwerflich gehandelt hat. Dies bedarf wegen der
bereits dargelegten, das sittenwidrige System des Schenkkreises
unterstützenden und stabilisierenden Wirkungen des Beitritts keiner weiteren
Erörterung.
Die subjektiven Voraussetzungen des Ausschlusses nach § 817 Satz 2 BGB sind
ebenfalls gegeben.
Zur Vermeidung von Härten, die der strenge Sanktionscharakter des § 817
Satz 2 BGB nach sich zieht, verlangt die Rechtsprechung für die Anwendung
der Norm nicht nur den objektiven Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder
die guten Sitten; vielmehr muss sich der Gläubiger des
Bereicherungsanspruchs des Verstoßes bewusst gewesen sein und ihn trotzdem
gewollt haben; dem steht es gleich, daß er sich einer dahingehenden Einsicht
leichtfertig verschließt (vgl. BGHZ 50, S. 90 [92]; 70, S. 12 [18]; 75,
S. 299 [302]; NJW 1992, S.310 [311]; 1997,
S.2314). Auch dies ist für die Ehefrau des Klägers zu bejahen.
Der Bundesgerichtshof hat allerdings das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit in
dem von ihm entschiedenen Fall eines vergleichbaren Spielkreises (BGH, NJW
1997, S. 2314) unter Hinweis auf das undurchsichtig gestaltete Spielsystem
verneint, weil der Kläger des dortigen Rechtsstreits über die Risiken und
Verlustgefahren weitgehend im Unklaren gelassen worden war und die
Gestaltung des Spiels die Kenntnis der Teilnehmer von den Zusammenhängen
erschwert habe. Dafür sprechen auch im vorliegenden Fall Gesichtspunkte von
nicht ganz geringem Gewicht. Die Einsicht in die Sittenwidrigkeit einer
Vereinbarung besteht nicht nur aus Tatsachenkenntnis, sondern zusätzlich aus
einer Wertung (vgl. BGH, NJW 1989, S.3217 [3218]; 1993, S.2108). Verlangt
man eine solche oder will man den Vorwurf erheben, daß sie leichtfertig
unterlassen wurde, sind auch diejenigen Umstände zu berücksichtigen, die
geeignet sind, die Wertung zu beeinflussen. Dazu zählen die sozialen
Rahmenbedingungen, unter denen das beanstandete Geschäft zustande gekommen
ist, namentlich die in Schenkkreisen erlebten Gemeinsamkeiten mit
Familienangehörigen, Freunden und Arbeitskollegen. Darüber hinaus wird dem
Schenkkreis durch Anwesenheit von Honoratioren ein seriöser Anstrich
verliehen. Die Moderation ist nach allem am ehesten noch auf eine
Verharmlosung der für das System typischen Merkmale und Risiken
zugeschnitten. Insbesondere wird die Einsicht in den Schneeballcharakter des
Spiels durch die bei vielen Einsteigern mit Sicherheit vorhandene Erwartung,
den Einsatz schon irgendwie zurückzubekommen und selbst bei einer bloßen
Verdopplung einen ansehnlichen Gewinn zu machen, nachhaltig vernebelt. Die
durch Verwendung von Vornamen und die Verbreitung einer „Goldgräberstimmung"
geschaffene Atmosphäre sowie Mitläufereffekte, die sich bei
Massenveranstaltungen einstellen, tun ein übriges, die Hemmschwelle für die
Hingabe von Einsätzen herabzusetzen und gleichzeitig eine kritische Wertung
des Systems zu verhindern. Schließlich lässt die berufliche Vorbildung des
Klägers und dessen Ehefrau auf geschäftliche Unerfahrenheit beider
Beteiligter schließen.
Dennoch hat die Ehefrau des Klägers sich zumindest der Einsicht in das
sittenwidrige Konzept des Schenkkreises leichtfertig verschlossen und damit
jedenfalls diese subjektive Voraussetzung des § 817 Satz 2 BGB erfüllt. Das
OLG Celle (NJW 1996, 2660) hat Entsprechendes alleine aus der Kenntnis des
Teilnehmers von der Konzeption des Spiels gefolgert. Das ist auch für die
Ehefrau des Klägers zu bejahen. Trotz aller vorstehend dargestellten, zu
ihren Gunsten zu verwertenden Gesichtspunkte konnte ihr der
Schneeballcharakter des Schenkkreises und damit dessen Grundlage in der
jedweder Gewinnerwartung zugrunde liegenden Schädigung später eintretender
Mitspieler schlechthin nicht entgehen. Darüber hinaus hat sie den Versuch
unternommen, sich durch Erwerb einer Position im dritten Rang gegenüber neu
eintretenden Teilnehmern einen Sondervorteil zu verschaffen. Hierdurch hat
sie erkennbar gemacht, daß sie die grundlegenden Elemente des
Schneeballsystems durchschaut hat und daß sie willens war, die hohen Risiken
der Schenker zugunsten eines schnelleren Vorankommens auf ihrem Weg zum
ersten Rang in Kauf zu nehmen. Ihr konnte nicht verborgen bleiben, daß ihr
bloßes Erscheinen in dem Chart für Dritte wiederum einen erhöhten Anreiz
schuf, selbst Zahlungen zu leisten. Sollte sie angesichts all dessen an der
Verwerflichkeit des Systems gezweifelt haben, so hat sie sich dieser
Einsicht mit Blick auf ihre vermeintlichen Gewinnchancen doch unter
Hintanstellen naheliegender, sich jedem recht und billig denkenden Menschen
aufdrängender Bedenken verschlossen und damit leichtfertig gehandelt.
3. Letztlich fordert auch der Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB,
keine einschränkende Anwendung des § 817 Satz 2 BGB mit dem Ergebnis, daß
dem Kläger der geltend gemachte Anspruch trotz der festgestellten
tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm zuzubilligen wäre.
Gefestigter Rechtsprechung nach kommt es für die Anwendung des § 817 Satz 2
BGB auf den Zweck der verletzten Verbotsnorm an (vgl. BGHZ 111, S. 308
[312f.]; 118, S. 182 [193]; BGH, NJW 1989, S.3217 [3218]). Auch in der
Literatur wird z.T. darauf abgestellt, daß § 817 Satz 2 BGB nicht anzuwenden
ist, wenn der Schutzzweck der verletzten Norm die Wertbewegung gerade
verhindern soll (vgl. MüKo-Lieb, BGB, §817, Rdn. 13). Übertragen auf die
vorliegende Sache, kann sich hieran die Frage anschließen, welche
Zwecksetzung mit dem Unwerturteil über den Eintritt in einen Schenkkreis
verbunden ist. Sie kann letztlich nur im wirkungsvollen Schutz vor einer
Übervorteilung gesehen werden, die im System des Schenkkreises auch über den
Missbrauch sozialer Beziehungen Menschen zu verlustreichen Einsätzen
verleitet, die also nicht nur für die beteiligten Einzelpersonen nachteilig,
sondern darüber hinaus sozialschädlich ist. Hierin liegt kein
durchgreifender Anlass, von der Anwendung des § 817 Satz 2 BGB abzusehen.
Grundlage des § 817 Satz 2 BGB ist die Annahme, daß derjenige, der sich in
ein sittenwidriges Rechtsgeschäft verstrickt, als Sanktion den
Vermögensnachteil des Anspruchsverlustes tragen soll (vgl. BGH WM 1993, S.
1765 [1767f.]). Damit wird rechtspolitisch gesehen bereits im Vorfeld der
Beteiligung an Geschäften der vorliegenden Art auf den Einzelnen Druck
ausgeübt, die Risiken seines Vorgehens mit Blickrichtung darauf zu bedenken,
daß die Rechtsordnung einem Verlangen auf Rückzahlung der Einsätze nicht
beitritt. Die Verantwortung des Einzelnen für seine eigenen Angelegenheiten
und je nach Gestaltung des Falles für das Wohl der Allgemeinheit kommt also
durch ein gesteigertes Verlustrisiko zum Tragen. In der Folge wird, da
verständige Zeitgenossen gegenüber der Beteiligung an sittenwidrigen
Veranstaltungen wie einem Schenkkreis Zurückhaltung üben, das zur Verfügung
stehende Potential an Mitspielern kleiner. Die sozialschädlichen
Auswirkungen von Unternehmungen der vorliegenden Art werden mithin durch
einen verstärkten Appell an die Selbstverantwortung und durch die Erhöhung
der Verlustrisiken begrenzt. Der Senat sieht keinen Grund, hiervon für das
System des Schenkkreises abzugehen. Der Bundesgerichtshof hat eine
bedeutsame Ausnahme von § 817 Satz 2 BGB für die Vergütung der Schwarzarbeit
zugelassen, zugleich aber den eng begrenzten Anwendungsbereich seiner
Rechtsprechung betont (vgl. BGH, NJW 1992, S. 2021 [2023]). Man mag erwägen,
ob nicht auch Schneeballsysteme effizienter bekämpft werden können, wenn man
durch Zubilligung von Rückforderungsansprüchen den Schneeball gleichsam
rückwärts rollen lässt und auf diese Weise zumindest die Möglichkeit
eröffnet, den Initiatoren einen Teil der sittenwidrig erlangten Gewinne
wieder zu entwinden. Andererseits bliebe bei einer so weitgehenden
Einschränkung des § 817 Satz 2 BGB für die Norm kaum noch ein bedeutsamer
Anwendungsbereich; die Intention des Gesetzgebers würde also missachtet. Zu
allem ist fraglich, ob sich durch die Zubilligung von
Rückforderungsansprüchen die Effizienz der vom Gesetzgeber beabsichtigten
Eindämmung sittenwidriger Geschäfte nachhaltig steigern ließe und hierauf
aufbauend eine restriktive Handhabung des eindeutig zum Ausdruck gebrachten
gesetzgeberischen Willens angezeigt wäre. Denn die in einem Schenkkreis
getätigten Geschäfte spielen sich in einer so großen Vielfalt persönlicher
Beziehungen ab, daß eine nennenswerte und damit wirkungsvolle Anzahl von
Rückforderungen nicht mit der erforderlichen Gewissheit zustande käme. Auch
ist trotz der vielfältigen Möglichkeiten unlauterer Gestaltung durch die
Initiatoren und trotz der erheblichen Eigendynamik des Spielsystems
angesichts des grundsätzlich freiwilligen Eintritts in einen Schenkkreis die
grundrechtlich verankerte Privatautonomie durch den Verlust des
Rückzahlungsanspruchs nicht so tiefgreifend beeinträchtigt, daß mit
.Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Bedeutung dieses Rechtsinstituts
(vgl. BVerfG 81, 242 [255]; 89, 214 [232]; 103, 89 [101]) zum Schutz des
Schenkers korrigierend eingegriffen werden müsste. Im Ergebnis bleibt es
damit bei der Selbstverantwortung jedes einzelnen Mitspielers, der aufgrund
des auch ihm vorzuwerfenden sittenwidrigen Verhaltens mit Recht das
Verlustrisiko trägt.
4. Ein Anspruch aus § 826 BGB ist ebenfalls nicht gegeben. Da an die
Voraussetzungen von § 138 Abs. 1 BGB und von § 826 BGB nicht durchgehend
gleiche Maßstäbe anzulegen sind (vgl. Staudinger-Oechsle (2003), § 826, Rdn.
44), genügt die Annahme der Sittenwidrigkeit der zwischen der Ehefrau und
dem Beklagten getroffenen Vereinbarung nicht, um zugleich die Regelung des §
826 BGB auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Vielmehr müssen für die
Annahme einer sittenwidrigen Schädigung besondere Umstände vorliegen, die
das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder wegen des angewandten
Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den
Maßstäben des als anständig Geltenden verwerflich machen (vgl. BGH, VersR
2001, S. 1431 [1432]). Erforderlich ist mithin ein sittlich verwerfliches
Handeln des Schädigers gegenüber dem Geschädigten (vgl. OLG Celle, NJW 1996,
S. 2660[2661]).
Das ist für die hier in Rede stehende Veräußerung nicht zu bejahen, weil die
Ehefrau des Klägers und der Beklagte über die sittenwidrige Natur des
Schenkkreises im wesentlichen den gleichen Kenntnisstand hatten.
Tiefergehende Kenntnisse des Beklagten oder gar ein kollusives
Zusammenwirken mit Hintermännern, das der Entgegennahme der Geldleistung für
die im Grunde wertlose Rangposition zusätzlich zu der Beteiligung beider
Vertragspartner an dem Spiel einen verwerflichen Charakter gäbe, sind dem
Sachvortrag des Klägers und den gesamten Umständen des streitigen Vorgangs
auch im Lichte des Schriftsatzes vom 15.4.2005 nicht hinreichend verlässlich
zu entnehmen. In der gegenteiligen Entscheidung des OLG Bamberg (NJW-RR
2002, S. 1393), in der ein Anspruch aus § 826 BGB bejaht wird, lässt der
Urteilsinhalt den Kenntnisstand des Einzahlers nicht erkennen, so daß aus
dieser Entscheidung hinsichtlich des anzulegenden Maßstabs keine
gegenteiligen Rückschlüsse gezogen werden können.
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr.
10, 713 ZPO. Der Streitwert für die Berufung wird auf 10.000 € festgesetzt.
Die Revision ist nicht nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache
weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die
Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts
erfordern. Der Senat entscheidet auf der Grundlage gefestigter
höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung und im übrigen
unter tragender Berücksichtigung der tatsächlichen Besonderheiten des
Streitfalls. Beachtliche Divergenzen zu Entscheidungen anderer Gerichte, die
sich mit ähnlichen Fällen zu befassen hatten, sind angesichts dessen nicht
festzustellen. |