Bürgschaft auf erstes Anfordern:
Akzessorietät und Beweislast
BGH, Urt. v. 25. 2. 1999- IX ZR 24/98 (Hamm)
Fundstelle:
NJW 1999, 2361
Zentralprobleme des Falles:
S. Anm. zu BGH NJW 1999,
55 ff sowie zu BGH NJW 2003, 352
vgl. auch:
BGH NJW
1996, 2869 f
BGH NJW
1997, 255
BGH NJW
1998, 2280
BGH ZIP 1999,
18 f = NJW 1999, 570
Amtl. Leitsätze
1. Dem Gläubiger einer Bürgschaft
auf erstes Anfordern obliegt der Beweis, daß der geltend gemachte
Anspruch durch die vom Bürgen übernommene Verpflichtung gesichert
ist. Die Sicherung muß sich aus der Bürgschaft selbst in Verbindung
mit den Urkunden, auf die sie verweist, ergeben; sonstige dem Gericht vorliegende
Urkunden sowie unstreitige Tatsachen können ergänzend mitberücksichtigt
werden.
2. Scheitert der auf eine Bürgschaft auf
erstes Anfordern gestützte Anspruch, weil dessen Sicherung aus der
Urkunde nicht zu entnehmen ist, kann er jedoch aus einer einfachen Bürgschaft
begründet sein.
Zum Sachverhalt:
Die Kl., die Versicherungsgeschäfte betreibt,
nimmt die bekl. Bank aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern in
Anspruch. Die Kl. unterhielt ihre Bezirksgeschäftsstelle Münster
in angemieteten Räumen. Der Mietvertrag endete am 31. 12. 1998. Aufgrund
des vierten Nachtrags vom 26. 5. 1994 belief sich der monatliche Mietzins
auf 79687,55 DM zuzüglich 7000 DM für pauschale Nebenkosten.
Die Kl. wollte sich räumlich verändern. Zu diesem Zweck kaufte
sie mit notariellem Vertrag vom 20. 12. 1994 von der A-GmbH (nachfolgend:
Bauträger oder Verkäuferin) das in Nr. 1 jener Urkunde bezeichnete
Grundstück. Der Bauträger verpflichtete sich, auf dem verkauften
Grundbesitz ein fünfgeschossiges Bürogebäude mit Tiefgaragen
und Außenanlagen errichten zu lassen. Die Vertragschließenden
vereinbarten einen Festpreis von 19750000 DM, von dem 17915000 DM auf das
bis zum 30.4. 1996 bezugsfertig zu erstellende Bauwerk und der Rest auf
das Grundstück einschließlich Erschließungskosten entfielen.
Der Kaufpreis war in Raten zu entrichten. Dazu bestimmte der Vertrag in
Nr. V folgendes: "Voraussetzung(en) für die Fälligkeit der ersten
und der folgenden Kaufpreisraten sind: die Beibringung einer selbstschuldnerischen
und unbefristeten Bankbürgschaft durch den Bauträger in Höhe
der jeweils fällig gestellten Kaufpreisrate und (daß) der Notar
die Eintragung der Auflassungsvormerkung zugunsten der Käuferin im
Grundbuch beantragt und sich vergewissert hat, daß der Eintragung
- bis auf die Zahlung der Gerichtskosten - Hinderungsgründe nicht
entgegenstehen. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen und mit den Erdarbeiten
begonnen wurde, ist die erste Kaufpreisrate in Höhe von 30% mit 5925000
DM zur Zahlung fällig. Die Fälligkeit der weiteren Kaufpreisraten
richtet sich nach dem Baufortschritt; auch über die weiteren Kaufpreisraten
wird der Bauträger jeweils vor Fälligkeit eine selbstschuldnerische
und unbefristete Bankbürgschaft beibringen. Diesem Vertrag werden
als Anlage der Bauablaufplan vom 20. 10. 1994 und der Zahlungsplan vom
21. 11. 1994 beigefügt. Den jeweiligen Bautenstand bescheinigt der
bauleitende Architekt. Der Bauträger teilt der Käuferin die Fälligkeit
der einzelnen Kaufpreisraten mit. Die Raten sind dann innerhalb von zehn
Werktagen nach Mitteilung des Bauträgers über die Fälligkeit
zu bezahlen." Weiter enthielt Nr. VI folgende Regelung: ,,Der Baurräger
hat die derzeit bestehenden Mietverträge der Bezirksverwaltung der
Käuferin in Münster ... eingesehen. Ihm ist bekannt, daß
die Käuferin dieses Mietobjekt räumen und den Kaufgegenstand
bei bzw. nach Bezugsfertigstellung belegen wird. Der Bauträger erklärt,
daß er nach Abklärung mit dem Vermieter die Weitervermietung
dieses Mietobjektes ab dem 1. des Monats übernimmt, der der vertragsgemäßen
Räumung des Mietobjektes durch die Käuferin folgt. Die Käuferin
wird daran mitwirken, daß der Bauträger oder ein von ihm zu
benennender Makler von dem Vermieter einen Alleinvermittlungsauftrag für
das Mietobjekt erhält. Der Bauträger übernimmt der Käuferin
gegenüber die Garantie für die Mietzahlung zuzüglich Nebenkosten
bis zum Ende der jeweils vereinbarten Mietdauer." Am 25. 1. 1995 erteilte
die Bekl. im Auftrag der Verkäuferin der Kl. eine "Bankbürgschaft
für Vertragserfüllung" bis zur Höhe von höchstens 19750000
DM, befristet bis zum 2. 5. 1996. Gegen Rückgabe dieser Bürgschaft
übernahm die Bekl. am 21. 9. 1995 eine neue, auf denselben Endtermin
begrenzte Bürgschaft bis zur Höhe von 8285000 DM. Auch diese
Bürgschaft wurde der Bekl. zurückgegeben; dafür übernahm
diese unter dem 22. 3. 1996 eine ,,Bankbürgschaft für Vertragserfüllung‘
bis zur Höhe von 2470000 DM. Diese bezieht sich auf den notariellen
Vertrag und lautet sodann: ,,Gemäß den darin mit Ihnen getroffenen
Vereinbarungen (Nr. V des Vertrages) hat der Verkäufer eine Bankbürgschaft
zu ihren Gunsten beizubringen, welche die ordnungsgemäße Erfüllung
seiner Liefer-/Leistungsverpflichtungen Ihnen gegenüber besichert.
Dies vorausgeschickt übernehmen wir, Bankhaus... (Bekl.), für
den Auftraggeber hiermit Ihnen gegenüber die unbefristete, selbstschuldnerische
Bürgschaft unter Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit, der
Aufrechenbarkeit und der Vorausklage für die ordnungsgemäße
Lieferung Leistung aus dem obigen Vertrag, indem wir uns verpflichten,
an Sie auf Ihre erste schriftliche Anforderung und gegen Vorlage des Originals
unserer Bürgschaftsurkunde jeden Betrag in Höhe der von Ihnen
bei uns gezahlten 30., 31., 33., 39. 45. Kaufpreisrate bis zur Höhe
von maximal 2470000 DM zu zahlen, sofern Sie uns zugleich schriftlich bestätigen,
daß der Verkäufer seiner Verpflichtung zur ordnungsgemäßen
Lieferung/Leistung trotz schriftlicher Aufforderung nicht oder nicht vollständig
nachgekommen ist. Diese Bürgschaft tritt in Kraft, wenn und soweit
die vereinbarten Kaufpreisraten, laufende Nrn. 30, 31, 33, 39 -45 des vorgenannten
Kaufvertrages, vorbehaltlos bei uns ... eingegangen sind und unsere Bürgschaftserklärung
vom 21. 09. 1995 als gegenstandslos an uns zurückgegeben ist." Die
Kl. bezog den von der Verkäuferin errichteten Neubau und bezahlte
die Miete für ihre bisherigen Räume bis Juni 1996. Die Verkäuferin
weigerte sich, die Mietzahlung ab Juli 1996 zu übernehmen. Die Kl.
nimmt deshalb die Bekl. wegen der Miete für den Monat Juli 1996 in
Höhe von 86687,55 DM in Anspruch. Das LG hat die Klage abgewiesen,
das BerGer. hat ihr mit Ausnahme eines Teils der Zinsen stattgegeben. Die
Revision war erfolgreich und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. hat ausgeführt, die Bekl. habe
sich wirksam für die Ansprüche der Kl. aus dem Kaufvertrag vom
20. 12. 1994 auf erstes Anfordern verbürgt. Die Bürgschaft vom
22. 3. 1996 betreffe, wie sich der Bürgschaftsurkunde im Wege der
Auslegung entnehmen lasse, auch die von der Verkäuferin unter Nr.
VI des Kaufvertrages übernommene Mietgarantie. Daß die Kl. ihre
formale Rechtsstellung mißbräuchlich ausnutze, sei nicht ersichtlich.
Die Prüfung, ob der Kl. die Hauptforderung zustehe, müsse einem
Rückforderungsprozeß vorbehalten bleiben.
II. Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen
Nachprüfung nicht stand.
1. Die Bekl. macht geltend, ihre Bürgschaft
auf erstes Anfordern sichere nicht die dem Zahlungsbegehren des Gläubigers
zugrunde liegende Hauptforderung; denn sie betreffe nicht den Anspruch
der Kl. gegen den Bauträger aus der Mietgarantie.
a) Dieser Einwand ist schon im Erstprozeß
erheblich, weil auch derjenige, der eine Bürgschaft auf erstes Anfordern
eingeht, die Möglichkeit haben muß, seine Einstandspflicht auf
einen bestimmten Anspruch innerhalb des zwischen Gläubiger und Hauptschuldner
bestehenden Vertragsverhältnisses zu begrenzen. Eine solche Verteidigung
richtet sich nicht gegen den Bestand der Hauptforderung, sondern den vom
Gläubiger behaupteten Inhalt des zwischen ihm und dem Bürgen
zustande gekommenen Vertrages. Dabei geht es um die Frage, ob überhaupt
eine gültige Zahlungszusage vorliegt. Ergibt sich bereits aus der
Urkunde selbst, daß die Bürgschaft den vom Kl. geltend gemachten
Anspruch nicht trägt, ist die Klage sogleich abzuweisen (BGH, NJW
1996, 717 = LM H. 5/1996 § 765 BGB Nr. 103 = WM 1996, 193 [195]).
b) Die Bürgschaft auf erstes Anfordern dient
- insoweit einer Garantie auf erstes Anfordern vergleichbar - der schnellen
Durchsetzung der von ihr gesicherten Ansprüche. Damit sie diese Funktion
erfüllen kann, müssen die Anspruchsvoraussetzungen weitgehend
formalisiert und die Einwendungsmöglichkeiten stark eingeschränkt
sein. Aus diesen Gründen sind für die Feststellung, welche Forderungen
die Bürgschaft auf erstes Anfordern sichert, grundsätzlich nur
solche Umstände beachtlich, die sich aus der Bürgschaft selbst
und den Urkunden ergeben, auf die sie sich bezieht. Unstreitige oder durch
dem Gericht vorliegende Urkunden belegte Tatsachen dürfen dabei ergänzend
berücksichtigt werden (BGH, NJW 1996, 717 = LMH. 5/1996 § 765
BGB Nr. 103 =WM 1996,193 [195]; Senat, NJW 1998,
2280 = LM H.10/1998 § 765 BGB Nr. 127 = WM 1998, 1062 [10641).
Gegen einen auf diese Weise ermittelten Inhalt der Haftung kann sich der
Bürge im Erstprozeß nicht mit der Behauptung von Tatsachen wehren,
die außerhalb des beschriebenen Erkenntnisbereichs liegen, dem Urkundeninhalt
sowie dem unstreitigem Parteivorbringen also nicht zweifelsfrei zu entnehmen
sind (Senat, BGH, NJW 1996, 717 = LM H. 5/1996 § 765 BGB Nr. 103 =
WM 1996, 193 [195]).
c) Bei einer einfachen Bürgschaft muß
der Gläubiger den Beweis führen, daß die Haftung des Bürgen
die Hauptschuld deckt, auf die sich das Klagebegehren stützt (Senat,
NJW 1995, 959 = LM H. 6/1995 § 765 BGB Nr. 97; Senat, NJW 1998, 1140
=LMH. 5/1998§ 765 BGB Nr. 123 = WM 1998, 333 [334]). An dieser Beweislastverteilung
ändert sich nichts dadurch, daß der Gläubiger aus einer
Bürgschaft auf erstes Anfordern klagt, weil es auch hier darum geht,
ob eine entsprechende vertragliche Verpflichtung des Bürgen überhaupt
begründet wurde, und, soweit es den Haftungsumfang des Bürgen
angeht, keine strukturellen Unterschiede zu einer dem Leitbild der §§
765ff. BGB genau entsprechenden Vereinbarung bestehen. Auch die Interessengegensätze
zwischen Gläubiger und Bürgen unterscheiden sich in diesem Punkt
nicht vom Regelfall. Die berechtigten Belange des Gläubigers gebieten
es auch nicht, ihm die Möglichkeit einzuräumen, den von ihm behaupteten,
aus der Urkunde unmittelbar nicht hinreichend ersichtlichen Haftungsumfang
des Bürgen mit Tatsachen außerhalb dieses Bereichs zu beweisen.
Die Vereinbarung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern macht nur Sinn,
wenn die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Verpflichteten
im wesentlichen durch den Hinweis auf den Inhalt der Urkunde sowie die
dort vorgesehene Erklärung erfüllt werden können. Läßt
dagegen der Urkundeninhalt nicht hinreichend erkennen, ob sich der Haftungsumfang
des Bürgen auf die vom Gläubiger erhobene Forderung erstreckt,
könnte der Anspruch nur dadurch nachgewiesen werden, daß die
Parteien ihre Behauptungen mit allen nach der Prozeßordnung vorgesehenen
Beweismitteln belegen dürfen, wie dies bei einer gewöhnlichen
Bürgschaft, die den vom Gläubiger behaupteten Inhalt nur andeutungsweise
(§ 766 S. 1 BGB; vgl. BGH, NJW 1993, 724 = LM H. 7/1993 § 766
BGB Nr. 24 = WM 1993, 239 [240]; BGH, NJW 1995, 1886 = LM H. 9/1995 §
766 BGB Nr. 29 = WM 1995, 900 [901]) oder gar nicht (§ 350 HGB; vgl.
Senat, NJW 1993, 724 = LM H. 7/1993 § 766 BGB Nr. 24 = WM 1993, 239
[240]) wiederzugeben braucht, der Fall ist. Damit aber wäre der Zweck
einer Bürgschaft auf erstes Anfordern schon im Ansatz verfehlt. Der
Gläubiger wird dadurch, daß der behauptete Haftungsumfang des
Bürgen schon aus der Urkunde selbst hervorgehen muß, nicht unangemessen
belastet. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern soll es ihm in erster
Linie ersparen, sich mit Einwendungen gegen die Hauptschuld auseinanderzusetzen,
weil diese für ihn bei Erteilung der Bürgschaft nicht absehbar
sind und deren Klärung häufig beträchtlichen zeitlichen
und kostenmäßigen Aufwand erfordert. Solche Schwierigkeiten
bestehen nicht, soweit es um den Inhalt der Verpflichtung des Bürgen
geht. Hier hat es der Gläubiger ohne weiteres in der Hand, schon bei
Vertrags-schluß zu klären, welche seiner Ansprüche durch
die Bürgschaft gesichert sind. Von demjenigen, der eine solche Sicherung
zur vereinfachten Durchsetzung seiner Ansprüche entgegennimmt, kann
ohne weiteres erwartet werden, den Vertrags-inhalt so zu gestalten, daß
der Umfang der Bürgenhaftung eindeutig bestimmt ist.
2. Die Auslegung des BerGer. hat diese Grundsätze
nicht beachtet; sie ist im übrigen auch deshalb rechtsfehlerhaft,
weil sie für die Beurteilung wesentliche Umstände außer
Betracht gelassen hat.
a) Das BerGer. verweist auf die Überschrift
der Erklärung der Bekl., die ,,Bankbürgschaft für Vertragserfüllung"
lautet. In den Abschnitten 2 und 3 der Urkunde werde ganz allgemein auf
die ordnungsgemäße Erfüllung der Liefer-/Leistungsverpflichtung
des Verkäufers abgestellt, ohne in diesem Zusammenhang eine Eingrenzung
vorzunehmen. Dabei ist jedoch der Sinnzusammenhang, in den die Begriffe
hineingestellt sind, außer acht gelassen worden; denn diese Verpflichtung
wird mit dem Hinweis eingeleitet, daß die Bankbürgschaft gem.
den in der notariellen Urkunde getroffenen Vereinbarungen ,,(Nr. V des
Vertrages)" beizubringen ist und auf dieser Grundlage (,,dies vorausgeschickt"
.. .) übernommen wird. Damit hat die Bekl. zweifelsfrei zum Ausdruck
gebracht, daß die Bürgschaft inhaltlich mit der Sicherung übereinstimmen
sollte, die zu erbringen der Bauträger sich verpflichtet hatte. In
diesem Sinne haben die Parteien die Bürgschaft übereinstimmend
verstanden; denn die Kl. hat in der Berufungsbegründung selbst vorgetragen:
,,Wie die Bekl. . . . selbst eingeräumt hat, wollte sie diejenige
Bürgschaft übernehmen, zu deren Beibringen sich die ... (Verkäuferin)
... im Kaufvertrag verpflichtet hatte. Genauso sieht es die Kl." Die Bürgschaft
läßt sich daher nicht sachgerecht ohne Einbeziehung der im notariellen
Vertrag erfolgten Vereinbarung auslegen. Darauf geht das Berufungsurteil
indessen nicht ein. Dazu hätte im übrigen schon deshalb Veranlassung
bestanden, weil allein Nr. V des notariellen Vertrages, auf den der Klammerzusatz
der Bürgschaftsurkunde Bezug nimmt, die von den Parteien unterschiedlich
verstandene Verpflichtung des Bauträgers, eine Bankbürgschaft
beizubringen, behandelt.
b) Das BerGer. meint, der Hinweis auf Nr. V des
Vertrages könne damit zu erklären sein, daß die Bürgschaft
vom 22. 3. 1996- im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen vom 25. 1. und
21. 9. 1995 - unbefristet erteilt worden sei und damit - erstmals - den
in Nr. V des notariellen Vertrages vereinbarten An-forderungen entspreche.
Diese Erwägung ist rechtlich verfehlt. Die beiden genannten Punkte
in der Urkunde sind weder sprachlich noch inhaltlich aufeinander bezogen.
Zudem ist es die typische Funktion eines Klammerzusatzes, die vorausgegangenen
Worte zu erläutern. Hier schließt er sich aber gerade an die
von der Kl. mit der Hauptschuldnerin getroffene notarielle Vereinbarung
an.
c) Schließlich ist das BerGer. nicht darauf
eingegangen, daß die beiden von der Bekl. am 25. 1. und am 21. 9.
1995 übernommenen Bürgschaften jeweils bis zum 2. 5. 1996 befristet
und schon deshalb nicht geeignet waren, den hier geltend gemachten Anspruch
zu sichern. Nach dem vereinbarten Fertigstellungsdatum konnten Ansprüche
der Kl. gem. Nr. VI der notariellen Urkunde frühestens ab dem Zeitpunkt
entstehen, zu dem die Miete für den Monat Mai 1996 fällig wurde.
Damit waren jedenfalls alle ab Juni zu erfüllenden Mietverbindlichkeiten
von jenen Bürgschaften offensichtlich nicht erfaßt. Die Kl.
hat nicht behauptet, dieser Befristung widersprochen zu haben.
3. Da die Auslegung im wesentlichen nur die Bürgschaftsurkunde
sowie den notariellen Vertrag, auf den sie sich bezieht, zum Gegenstand
hat und darüber hinaus lediglich die von den Parteien in den Tatsacheninstanzen
vorgelegten Urkunden sowie die unstreitigen Umstände berücksichtigt,
kann sie der Senat selbst vornehmen. Sie führt zu dem Ergebnis, daß
die Bekl. für den von der Kl. erhobenen Anspruch aus der Mietgarantie
nicht aufgrund einer Bürgschaft auf erstes Anfordern einzustehen hat.
a) Die Bürgschaft verweist hinsichtlich des
Inhalts der von der Bekl. übernommenen Verpflichtung auf Nr. V des
notariellen Vertrages. Abgesehen von Nr. X, wo die im Streitfall nicht
bedeutsame Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft geregelt
ist, befaßt sich allein dieser Vertragsabschnirt mit der Verpflichtung
des Bauträgers zur Sicherung der Kl. durch Bürgschaft. Er bezeichnet
den Inhalt der vom Bauträger beizubringenden Sicherheit nur in Umrissen.
Dem Wortlaut nach wird die Vorlage einer Bürgschaft lediglich zur
Voraussetzung für die Fälligkeit der von der Kl. aufzubringenden
Kaufpreisraten erhoben. Daraus ist zwar ohne weiteres zu erkennen, daß
die Kl. wegen der mit den Ratenzahlungen verbundenen Risiken gesichert
sein sollte. Schon was den Umfang der Sicherungsverpflichtung innerhalb
des bauvertraglichen Teils der notariellen Vereinbarung angeht, läßt
Nr. V des notariellen Vertrages für sich genommen nicht erkennen,
ob der Bauträger nur eine Vorauszahlungs-, eine Abschlagszahlungs-
oder eine umfassende Erfüllungsbürgschaft zu stellen hatte (vgl.
zu diesen Sicherungsformen BGH, NJW 1986, 1681 [1682 f.] = LM § 125
BGB Nr. 43; BGH, NJW 1988, 907 = LM § 765 BGB Nr. 56; BGH, WM 1998,
2363 [2364]; BGH, NJW 1999, 1105 = LM H. 6/1999 § 765 BGB Nr. 135).
Insoweit mag die notwendige Klarheit allerdings durch die Bezeichnung der
Verpflichtung der Bekl. als ,,Bankbürgschaft für Vertragserfüllung"
geschaffen worden sein. Zur Sicherung des Mietgarantieanspruchs aus Nr.
VI enthält der notarielle Vertrag überhaupt kein Wort. Da Nr.
V des Vertrages die Verpflichtung zur Bürgschaftsgestellung allein
mit der Zahlung der Kaufpreisraten verknüpft und der Wortlaut der
Regelung keinerlei Anzeichen dafür enthält, daß die Verpflichtung,
eine Bankbürgschaft beizubringen, sich auf die Mietzahlungsgarantie
erstreckt, hat der Bauträger nach dem notariellen Vertrag dafür
keine Sicherheit zu leisten.
b) Dieses Ergebnis wird durch den übrigen
Inhalt der Bürgschaftsurkunde vom 22. 3. 1996 bestätigt; denn
diese erwähnt die Mietgarantie ebenfalls nicht. Im Gegenteil wird
die Bürgschaftssumme von 2 470 000 DM in Beziehung gesetzt zur Zahlung
der Kaufpreisraten lfd. Nrn. 30, 31, 33 und 39-45 -möglicherweise
deshalb, weil sie dem Gesamtbetrag dieser Raten entspricht. Auch dies deutet
daraufhin, daß nur Ansprüche, die die Bauverpflichtung des Bauträgers
betreffen, durch die Bürgschaft gesichert sind. Zudem besitzt der
Bauherr, der mit der Leistung von Ratenzahlungen bereits eigenes Vermögen
eingesetzt hat, ein im Rechtsverkehr allgemein anerkanntes, auch durch
gesetzliche Bestimmungen, etwa die Makler- und Bauträgerverordnung,
geschütztes Sicherungsinteresse, dem häufig durch die Vereinbarung
einer Bürgschaft Rechnung getragen wird. Die hier vom Hauptschuldner
übernommene Garantie-verpflichtung betrifft dagegen nur einen Befreiungsanspruch
des Gläubigers hinsichtlich zukünftiger eigener Verbindlichkeiten
gegenüber Dritten, deren Entstehung bei Vertragsschluß noch
ungewiß war. Daß solche Ansprüche üblicherweise zusätzlich
gesichert werden, hat die Kl. selbst nicht behauptet.
c) Der der Kl. obliegende Beweis läßt
sich auch nicht durch das Schreiben des Bauträgers vom 14. 3. 1996
erbringen. Dieses begründet die Bitte, die zuvor gewährte Bürgschaft
nunmehr auf 2470000 DM zu begrenzen, damit, der Wert noch ausstehender
Bauleistungen betrage lediglich 1293500 DM. Da die Erfüllungsbürgschaft
jedoch, soweit es um die Errichtung des Gebäudes ging, Mängelbeseitigungs-
sowie eventuelle Schadensersatzansprüche aus verzögerter Fertigstellung
(Nr. III der notariellen Urkunde) umfaßte, war es schon allein deshalb
sinnvoll, eine Bürgenhaftung zu vereinbaren, die den noch ausstehenden
Wert der Bauleistungen um etwas mehr als 1 000 000 DM überschritt.
Im Gegenteil erscheint die in der Bürgschaft vom 22, 3. 1996 festgelegte
Summe unverständlich niedrig, wenn die Bekl. für die Mietgarantie
haften soll. Deren finanzielles Risiko betrug rund 2,6 Mio. DM, ging also
schon für sich genommen über die Haftungssumme hinaus.
III. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben
(§ 564 1 ZPO), weil der Kl. den erhobenen Anspruch nicht aus einer
Bürgschaft auf erstes Anfordern herleiten kann.
1. Die Sache ist jedoch nicht zur Endentscheidung
reif; denn nach dem bisherigen Sach- und Streitstand kann nicht ausgeschlossen
werden, daß die Bekl. aufgrund einer gewöhnlichen Bürgschaft
für die Mietgarantie einzustehen hat. Die Bürgschaft auf erstes
Anfordern bildet kein Sicherungsmirtel eigener Art. Sie stellt lediglich
eine infolge des weitgehenden Einwendungsausschlusses den Gläubiger
besonders privilegierende Form der Bürgschaftsverpflichtung dar. Dies
kommt insbesondere darin zum Ausdruck, daß die Akzessorietät
zur Hauptforderung nicht aufgehoben, sondern lediglich gelokert ist und
dem Bürgen - anders als dem Garanten - ein eigener Rückforderungsanspruch
zusteht, dessen Berechtigung sich nach den allgemeinen Bürgschaftsregeln
richtet. So hat der BGH die Bürgschaft auf erstes Anfordern in ständiger
Rechtsprechung behandelt (vgl. BGHZ 74, 244 ff. = NJW 1979, 1500 =LM§
765 BGB Nr. 27; BGH, NJW 1997, 1435 =LM H. 6/1997 § 765 BGB Nr. 115
= WM 1997, 656. [658 f.]; BGH, NJW 1998,2280
= LM H. 10/1998 § 765 BGB Nr. 127 = WM 1998, 1062 [1063 f.]). Danach
entspricht es im Zweifel dem Parteiwillen (§ 157 BGB), eine solche
Vereinbarung in dem Sinne auszulegen, daß sie zugleich eine einfache
Bürgschaft als Verpflichtung enthält. Ist die Bürgschaft
auf erstes Anfordern, auf die sich der Gläubiger beruft, nicht wirksam
zustande gekommen, kann sein Anspruch gleichwohl aus einer gewöhnlichen
Bürgschaft begründet sein, soweit die Voraussetzungen einer solchen
Haftung gegeben sind. Das hat der Senat schon bisher angenommen, falls
eine nicht hinreichend geschäftskundige Person nach der äußeren
Form eine Bürgschaft auf erstes Anfordern erteilt hatte und der Gläubiger,
für den dieser Sachverhalt erkennbar war, die ihn treffende Belehrungspflicht
nicht wahrgenommen hatte (BGH, NJW 1992, 1446 = LM H. 8/1992 § 765
BGB Nr. 81; BGH, NJW 1998, 2280 = LM H. 10/1998
§ 765 BGB Nr. 127 = WM 1998, 1072). Nichts anderes gilt bei einem
Vertrag, der die für eine Bürgschaft auf erstes Anfordern gebotene
Formenstrenge nicht wahrt, sofern eine nach § 765 BGB wirksame Verpflichtung
zustande gekommen ist. Der berechtigte Schutz des Bürgen ist dadurch
gewahrt, daß nunmehr nach den allgemeinen Regeln des bürgerlichen
Rechts, insbesondere den Bestimmungen der §§ 765 ff. BGB, zu
prüfen ist, ob der geltend gemachte Anspruch von der Bürgschaft
gesichert wird. Ist dies zu bejahen, stehen dem Bürgen grundsätzlich
alle Einwendungen nach §§ 768ff. BGB zur Verfügung; denn
damit, daß die Urkunde die behauptete Bürgschaft auf erstes
Anfordern nicht hinreichend wiedergibt, hat der Gläubiger alle ihm
günstigen Rechtsfolgen eines solchen Vertrages unwiederbringlich verloren.
2. Im Streitfall kann die Kl. nach einer Zurückverweisung
möglicherweise den ihr obliegenden Beweis führen. Sie hat durch
Zeugen unter Beweis gestellt, daß das Risiko aus der Mietgarantie
bewußt in die Sicherung durch die Bürgschaft einbezogen wurde.
Das BerGer. wird daher die von beiden Parteien angebotenen Beweise erheben
und dann unter Einbeziehung aller im Streitfall bedeutsamen, insbesondere
der im Revisionsurteil erörterten Umstände umfassend würdigen
müssen, ob die Bürgschaft Ansprüche der Kl. aus der Mietgarantie
erfaßt.
3. Sollte das BerGer. dies erneut bejahen, hat
es sich auch mit den übrigen Einwendungen der Bekl. zu befassen.
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