Rücknahmepflicht des Verkäufers nach Rücktritt
des Käufers wegen eines Sachmangels; Schadensersatz wegen Sachmängeln:
Anknüpfungspunkte für das Vertretenmüssen
BGH, Urteil vom 29. November 2023 - VIII ZR 164/21 - OLG
Zweibrücken
Fundstelle:
noch nicht bekannt für
BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
Die Weigerung des Verkäufers, nach dem Rücktritt
des Käufers vom Kaufvertrag die vom Käufer zum Zwecke der Rückgewähr in
Natur gemäß § 346 Abs. 1 BGB angebotene mangelhafte Kaufsache
zurückzunehmen, kann jedenfalls unter den besonderen Umständen des
Einzelfalls (hier: Arsenbelastung großer Mengen vom Verkäufer gelieferten
Recycling-Schotters) als Verletzung von Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs.
2 BGB) im Rückgewährschuldverhältnis anzusehen sein, die zu einem
Schadensersatzanspruch des Käufers gegen den Verkäufer gemäß § 280 Abs. 1
BGB führen kann.
Zentrale Probleme:
Ein Werkunternehmer (hier: der Kläger) bestellt
Baustoffe, die er bei seinem Besteller zur Errichtung eines Park- und
Verladeplatzes verwendet. Konkret ging es um Recycling-Schotter als Unterbau
zur Asphaltdecke des Platzes. Später stellt sich heraus, dass dieser
Schotter mit Giftstoffen (Arsen) verseucht ist. Der Besteller verlangt -
erfolgreich - Nacherfüllung von dem Werkunternehmer. Dieser erklärt
gegenüber seinem Verkäufer, der lediglich Zwischenhändler ist, den Rücktritt
vom Kaufvertrag und verklagt ihn erfolgreich auf Rückzahlung des Kaufpreises
sowie - im Rahmen einer Feststelliungsklage - auf Ersatz der Mehrkosten für
den Einkauf mangelfreien Schotters. Danach fordert der den Verkäufer
unter Fristsetzung auf, den mangelhaften Schotter abzuholen. Nachdem dies
nicht geschieht, verlangt der Kläger im vorliegenden Verfahren Ersatz der
Kosten für die Entsorgung des mangelhaften Schotters.
Da der
Kaufvertrag im Jahr 2012 geschlossen und der Schotter im Juni 2012 geliefert
wurde, kann man hier auch die - im Urteil nicht problematisierte - Frage der
Verjährung erörtern. Die Verjährungsfrist beträgt hier nämlich, weil es sich
um Baustoffe handelt, welche die Mangelhaftigkeit des Bauwerks verursacht
haben, gem. § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB fünf Jahre.
1. Zunächst muss
eine Besonderheit des Falles festgehalten werden: Auf ihn dies das Kaufrecht
im Stand vor dem 1.1.2018 anwendbar, bei welchem es im allgemeinen Kaufrecht
- anders als heute - noch keine Pflicht zum (verschuldensunabhängigen)
Ersatz von Aus- und Wiedereinbaukosten gab (s. dazu jetzt § 439 Abs. 3 BGB).
Zudem sieht das allgemeine Kaufrecht seit dem 1.1.2022 auch eine
Rücknahmepflicht des Verkäufers eine mangelhaften Sache im Zusammenhang mit
der Nacherfüllung ebenfalls ausdrücklich vor (s. § 439 Abs. 6 S. 2 BGB).
2. Man kann also - nach heutigem Rechtsstand - den Fall zumindest dann,
wenn der Sachmangel behebbar ist und es daher einen Nacherfüllungsanspruch gibt,
deutlich einfacher lösen: Wenn der Käufer Nacherfüllung verlangt, ist
der Verkäufer verschuldensunabhängig dazu verpflichtet, die Kosten für Aus-
und Wiedereinbau zu ersetzen (§ 439 Abs. 3 BGB). Er ist bei Nacherfüllung
durch Neulieferung auch verpflichtet, die mangelhafte Sache auf seine Kosten
zurückzunehmen (§ 439 Abs. 6 S. 2 BGB). Wenn also der Käufer hier eine Frist
zur Nacherfüllung gesetzt hätte, die fruchtlos abläuft, hätte der Käufer im
Wege des Schadensersatzes statt der Leistung (§§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB)
Kostenersatz für die Entsorgung verlangen können. Das ist zwar vom
Vertretenmüssen abhängig, jedoch kommt es dabei nicht darauf an, ob der
Verkäufer (was hier nicht der Fall war) den Sachmangel, d.h. die Verletzung
der Pflicht aus § 433 Abs. 1 S. 2 BGB zu vertreten hat, sondern ob er die
Nichtvornahme der Nacherfüllung zu vertreten hat. Das aber ist regelmäßig zu
bejahen. Nach § 325 BGB kann das auch neben dem Rücktritt verlangt werden,
so dass man im vorliegenden Fall relativ mühelos einen Anspruch des Käufers
auf Ersatz der Entsorgungskosten im Wege des Schadensersatzes statt der
Leistung bejahen kann (wenn man diese nicht bereits gem. § 439 Abs. 3 BGB
als Ausbaukosten für ersetzbar hält).
3. Dennoch bleibt die hier
zentral aufgeworfene Frage, ob infolge des Rücktritts der Rücktrittsgegner
(hier: der Verkäufer) zur Rücknahme verpflichtet ist, weiter von Interesse.
§ 346 Abs. 1 BGB gibt ihm zwar einen Anspruch auf Rückgabe, aber damit muss
ja nicht zwingend eine Pflicht zur Rücknahme korrespondieren. Dafür gibt der
(uralte) sog. Dachziegelfall des Bundesgerichtshof
(BGHZ 87, 104 ff) in der Tat nicht viel her. Vorliegend war ein
verschuldensunabhängiger Rücknahmeanspruch des Käufers deshalb wichtig, weil
der Verkäufer den Mangel nicht zu vertreten hatte und damit ein
Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt der Lieferung einer
mangelhaften Sache nicht in Betracht kam. Dazu erwähnt der BGH die bekannte
Rspr., dass der Verkäufer grundsätzlich keine Untersuchungspflichten hat und
er sich ein Verschulden des Herstellers nicht zurechnen lassen muss (s. dazu
ausführlich bei Rn. 26 ff.). Etwas ungeschickt formuliert
ist dabei, dass sich "höhere Anforderungen" ergeben, "wenn der Verkäufer eine
Garantie übernommen hat". Denn im Fall einer Garantie haftet der
Verkäufer ja gerade ohne Verschulden
und ohne Rücksicht auf eine Untersuchungspflicht. Der BGH legt die
Stimmen in der Literatur dar. Dort wird u.a. vertreten, dass eine
Rücknahmepflicht des Rücktrittsgegner zumindest dann bestehe, wenn dieser
ein berechtigtes Interesse an der Rücknahme habe. Der Senat lässt diese
Frage aber leider offen, indem er darlegt, dass es zumindest im vorliegenden
Fall eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB aus dem
durch den Rücktritt entstandenen Rückabwicklungsverhältnis darstelle (s.
dazu auch § 346 Abs. 4 BGB), wenn der Verkäufer das stark belastete Material
nicht zürcknehme. So kommt er dann über §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB zu
einem entsprechenden Schadensersatzanspruch.
4. Eigentlich schade: Es wäre
nicht ganz unwichtig gewesen, wenn sich der BGH genereller zur
Rücknahmepflicht nach Rücktritt geäußert hätte. Der Begründungsaufwand dafür
wäre sicher nicht größer gewesen als das mühevolle Herleiten einer
Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB. Man kann nämlich mit denselben
Argumenten genau das herleiten, was die m.E. vollkommen zutreffende, bei
Rn. 32 zitierte (wohl herrschende) Ansicht vertritt: Aus §
346 Abs. 1 BGB ergibt sich als aus § 242 BGB hergeleitete Nebenpflicht aus
dem Rückgewährschuldverhältnis eine mit dem Rückgabeanspruch
korrespondierende Rücknahmepflicht, wenn der Käufer ein besonderes Interesse
gerade auch an der Rücknahme durch den Verkäufer hat. Das ist bei der jetzt
geltenden Rechtslage dann wichtig, wenn man den Rücknahmeanspruch nicht aus
§ 439 Abs. 6 S. 2 BGB herleiten kann (dazu oben 2.), weil es - bei einem
unbehebbaren Mangel - wegen § 275 BGB keinen Nacherfüllungsanspruch gibt
oder der Verkäufer die Nacherfüllung nach § 439 Abs. 4 BGB verweigern kann.
Der bei Nichtrücknahme entstehende Schadensersatzanspruch wäre dann ein
Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 I, III, 281 BGB) mit der Folge,
dass der Käufer dem Verkäufer zunächst eine Frist setzen zur Rücknahme
setzen muss. Das wäre deutlich sachgerechter als ein sofortiger
Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, 241 II BGB.
©sl 2024
Tatbestand:
1 Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen.
Sie wurde von der L. Immobilien GmbH & Co. KG (nachfolgend: Bauherrin)
beauftragt, auf dem von dieser angemieteten Grundstück der B (nachfolgend:
Grundstückseigentümerin) in F. einen Park- und Containerverladeplatz zu
errichten. Hierfür bestellte die Klägerin im März 2012 bei der
Beklagten, einer Baustoffhändlerin, 22.488,84 t Recycling-Schotter zur
Verwendung als Unterbau zu einem Kaufpreis von 156.283,29 €.
Die Beklagte bezog dieses Material von der Streithelferin, einer
Baustoffvertriebsgesellschaft, welche es ihrerseits bei der Herstellerin
bestellte.
2 Die Herstellerin lieferte den
Recycling-Schotter im Juni 2012 auf Veranlassung der Streithelferin und im
Auftrag der Beklagten unmittelbar an die Baustelle der Klägerin, wo er von
dieser eingebaut wurde. Die Klägerin zahlte den vereinbarten Kaufpreis an
die Beklagte.
3 Im Jahr 2016 sollte auf dem Grundstück eine Halle
errichtet werden. Hierfür wurde ein Teil des von der Klägerin im Jahr 2012
eingebrachten RecyclingSchotters im Umfang von rund 8.000 t ausgebaut und
auf dem Grundstück zusammengeschoben. Nach einer Beprobung des Materials
beanstandete die Bauherrin gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 26.
September 2016 einen über dem tolerierbaren Wert liegenden und nicht der
Zuordnung Z 1.1 des "LAGA-Merkblatts" (der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft
Abfall) entsprechenden Arsengehalt des gelieferten Recycling-Schotters. Die
Klägerin zeigte mit Schreiben vom 30. September 2016 bei der Beklagten den
mit den bisherigen Analyseergebnissen begründeten Anfangsverdacht einer
Überschreitung der zulässigen Werte an und wies auf die Erforderlichkeit
weiterer Beprobungen hin.
4 In der Folgezeit verlangten die
Grundstückseigentümerin und die Bauherrin von der Klägerin den vollständigen
Ausbau des im Jahr 2012 eingebrachten Recycling-Schotters. Die Klägerin
verpflichtete sich im Rahmen eines von der Bauherrin seit Juli 2017 gegen
sie geführten Rechtsstreits durch Prozessver- gleich zur Entfernung und
Entsorgung des Recycling-Schotters sowie zur fachgerechten Einbringung neuen
Schotters und Erstellung eines neuen Pflasters für den gesamten Bereich.
5 Die Klägerin nahm ihrerseits die Beklagte gerichtlich in
Anspruch. Mit rechtskräftigem Urteil vom 13. November 2018
wurde die Beklagte - gestützt auf die Annahme eines wirksamen Rücktritts der
Klägerin vom Kaufvertrag - zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt. Zudem
wurde ihre Verpflichtung festgestellt, der Klägerin die Mehrkosten für die
ersatzweise Beschaffung von Recycling-Schotter zu ersetzen.
6 Mit Schreiben vom 27. Februar 2019 forderte die Klägerin die
Beklagte unter Fristsetzung zur Abholung des von ihr bereits teilweise
ausgebauten und auf dem Gelände zusammengeschobenen Recycling-Schotters von
der früheren Baustelle auf. Ferner kündigte sie für den Fall einer
ausbleibenden Reaktion eine Klage an, die auch auf die Feststellung einer
Verpflichtung der Beklagten gerichtet sein werde, das noch auszubauende
weitere Schottermaterial nach dem Ausbau abzuholen. Die Beklagte kam
der Aufforderung nicht nach.
7 Im vorliegenden
Rechtsstreit hat die Klägerin erstinstanzlich (zuletzt) die Verurteilung der
Beklagten zur Zahlung von 446.896 € - entsprechend 80 %
der voraussichtlichen Kosten für die im Mai 2019 von ihr begonnene
Entsorgung der Teilmenge von 8.000 t - sowie die Feststellung einer
Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der darüber hinaus entstehenden
Kosten für die Entsorgung des gelieferten Recycling-Schotters begehrt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
8 Mit ihrer Berufung hat die Klägerin ihr Klagebegehren weiterverfolgt,
jedoch den Zahlungsantrag - im Hinblick auf die bis zum 31. Dezember
2019 für Ausbau, Abtransport und Entsorgung des mangelhaften und den Einbau
des neuen Recycling-Schotters nach ihrer Behauptung bereits angefallenen
Kosten -auf einen Betrag von 1.333.072,52 € erhöht. Ihren
Feststellungsantrag hat sie nunmehr auf die Feststellung einer Verpflichtung
der Beklagten zur Erstattung der Kosten für die Wiederherstellung des neuen
Pflasters erweitert. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen.
Die Revision hat es "beschränkt auf die Frage" zugelassen, ob nach
Rücktritt vom Kaufvertrag eine verschuldensunabhängige Rechtspflicht des
Rücktrittsgegners zur Rücknahme der Kaufsache bestehe.
9 Die
Klägerin verfolgt mit ihrer unbeschränkt eingelegten Revision ihr
Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Sie meint, die vom Berufungsgericht
gewählte Formulierung enthalte keine wirksame Beschränkung der
Revisionszulassung. Für den Fall, dass der Senat die Beschränkung für
zulässig erachtet, hat sie vorsorglich bezogen auf die nach dem
Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) geltend gemachten Ansprüche
Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
10 Mit Beschluss vom 27.
September 2023 (VIII ZR 164/21, juris) hat der Senat die Revision der
Beklagten, soweit sie sich gegen die Verneinung eines Ausgleichsanspruchs
der Klägerin gegen die Beklagte gemäß den Vorschriften der §§ 4, 24 Abs. 2
BBodSchG richtet, als unzulässig verworfen. Die insoweit vorsorglich
eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe:
11 Die Revision hat - soweit
sie vom Senat nicht bereits als unzulässig verworfen worden ist - Erfolg.
I.
12 Das Berufungsgericht (OLG Zweibrücken, ZfBR 2021, 755) hat
zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von
Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
13 Der Klägerin stehe ein
Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der Kosten für den Ausbau des
Recycling-Schotters und für den Einbau von Ersatzmaterial nach § 437
Nr. 3, § 280 Abs. 1, § 281 BGB in Verbindung mit § 433 Abs. 1 Satz 2, § 434
BGB aF nicht zu. Hierbei könne dahinstehen, ob der verkaufte
Recycling-Schotter bei Gefahrübergang wegen einer Arsenbelastung
mangelhaft gewesen sei. Eine diesbezügliche Pflichtverletzung habe
die Beklagte jedenfalls nicht zu vertreten. Zwar liege die
Darlegungs- und Beweislast zur Verschuldensfrage bei ihr. Da aber
ein Negativum - die nicht vorwerfbare Unkenntnis von Umständen, welche die
Beklagte hinsichtlich des Vorliegens eines Sachmangels hätten argwöhnisch
machen müssen - im Streit stehe, treffe die Klägerin eine sekundäre
Behauptungslast hinsichtlich des Vorhandenseins von Verdachtsmomenten bei
Gefahrübergang. Ihr Vortrag erschöpfe sich jedoch in
Mutmaßungen und zeige konkrete Verdachtsmomente nicht auf. Aufgrund einer
Gesamtschau des Prozessstoffs sei der Senat davon überzeugt (§ 286 Abs. 1
ZPO), dass die Beklagte an der Lieferung verunreinigten Materials
kein eigenes Verschulden treffe. Dem außergerichtlichen Schreiben
der Klägerin vom 30. September 2016 sei zu entnehmen, dass für das
gelieferte Material Prüfzeugnisse und Lieferscheine vorgelegt worden seien,
welche die Kategorie LAGA Z 1.1 bescheinigten. Die Beklagte habe als
Letztverkäuferin in einem Streckengeschäft grundsätzlich darauf vertrauen
dürfen, dass sich die in die Lieferkette eingeschalteten Fachhändler für
Baubedarf redlich verhielten und die über das Material erstellten und auf
die Herstellerin ausgestellten Prüfzeugnisse zuträfen. Ein etwaiges
Fremdverschulden innerhalb der Lieferkette müsse sie sich nicht nach
§ 278 BGB zurechnen lassen.
14 Die Klägerin könne einen
Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB auch nicht darauf stützen, dass
die Beklagte eine Pflicht zur Rücknahme des Recycling-Schotters im
Rückgewährschuldverhältnis nach §§ 346 ff. BGB schuldhaft verletzt habe.
Die Vorschrift des § 346 Abs. 1 BGB verpflichte den Verkäufer nicht
zur Rücknahme der Kaufsache, sondern gebe ihm allein einen Anspruch auf
Rückgewähr. Der früheren Rechtsprechung, die eine Verpflichtung des
Verkäufers zur Rücknahme einer mangelhaften Kaufsache angenommen habe
(insbesondere im sogenannten Dachziegelfall des
Bundesgerichtshofs, BGHZ 87, 104 ff.), sei durch den Wegfall der
kaufrechtlichen Wandelung im reformierten Schuldrecht die Grundlage
entzogen. In der Folgezeit habe bis zum Inkrafttreten des
Bauvertragsrechtsreformgesetzes (BauVtrRRefG) zum 1. Januar 2018
nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei Kaufverträgen zwischen
Unternehmern - wie hier - ein Anspruch auf Ersatz von Einbau-,
Ausbau- und Transportkosten für eine mangelhafte Sache nur bestanden, wenn
der Verkäufer die Verletzung der Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien
Sache - anders als die Beklagte hier - zu vertreten habe.
Diese Konzeption des für den vorliegenden Vertrag maßgeblichen
Gewährleistungssystems dürfe nicht durch eine in § 346 Abs. 1 BGB
hineingelesene Rechtspflicht des Verkäufers zur Rücknahme der Kaufsache
ausgehebelt werden. Eine entsprechende Pflicht lasse sich auch nicht für
Ausnahmefälle aus einer analogen beziehungsweise "spiegelbildlichen"
Anwendung von § 433 Abs. 2 BGB oder aus Treu und Glauben (§ 242 BGB)
herleiten.
II.
15 Diese Beurteilung hält rechtlicher
Nachprüfung, soweit diese aufgrund des beschränkten Umfangs der
Revisionszulassung eröffnet ist, nicht stand. Auf der Grundlage der
bislang getroffenen Feststellungen kann nicht angenommen werden, dass die
Beklagte die Lieferung mangelhaften Recycling-Schotters gemäß § 437 Nr. 3
BGB, § 434 Abs. 1 BGB aF, § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB nicht zu vertreten habe.
Zudem hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft außer Betracht gelassen,
dass ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte auch
aus einer schuldhaften Verletzung einer Rücksichtnahmepflicht im
Rückgewährschuldverhältnis gemäß §§ 346 ff. BGB in Verbindung mit § 241 Abs.
2, § 280 Abs. 1 BGB folgen kann.
16 1. Das Berufungsgericht
hat zu Unrecht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte
gemäß § 437 Nr. 3 BGB, § 434 Abs. 1 BGB aF, § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB mit
der Begründung verneint, die Beklagte habe sich hinsichtlich der in der
behaupteten Mangelhaftigkeit des gelieferten RecyclingSchotters liegenden
Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB entlastet. Die bislang
insoweit vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen bieten keine
tragfähige Grundlage für eine dahingehende Würdigung.
17 a) Das
Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass im
Streitfall wegen des Vertragsschlusses im Jahr 2012 die Vorschriften der §§
433 ff. BGB in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung Anwendung
finden (Art. 229 § 39 EGBGB). Ebenso hat das Berufungsgericht zu
Recht angenommen, dass nach der hierzu ergangenen Senatsrechtsprechung im
geschäftlichen Verkehr zwischen Unternehmen - wie hier - ein
Schadensersatzanspruch des Käufers auf Erstattung der vorliegend geltend
gemachten Kosten für den Ausbau der Kaufsache und den Einbau einer
Ersatzsache nur in Betracht kommt, wenn der Verkäufer seine
Vertragspflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache verletzt und dies
auch zu vertreten hat (vgl. nur Senatsurteile vom 17.
Oktober 2012 - VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 11;
vom 2. April 2014 - VIII ZR 46/13, BGHZ 200, 337 Rn. 29).
Hingegen scheidet vorliegend ein diesbezüglicher Schadensersatzanspruch
wegen Pflichtverletzung im Rahmen der Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) aus,
weil der Verkäufer bei solchen Verträgen im Rahmen der Nacherfüllung durch
Ersatzlieferung weder den Ausbau der mangelhaften Sache noch den Einbau der
neuen mangelfreien Sache schuldet (vgl. Senatsurteile vom
17. Oktober 2012 - VIII ZR 226/11, aaO Rn.
14; vom 2. April 2014 - VIII ZR 46/13, aaO Rn.
27).
18 Mangels abweichender Feststellungen ist für die
revisionsrechtliche Überprüfung die im Berufungsurteil wiedergegebene
Behauptung der Klägerin als zutreffend zu unterstellen, dass der von der
Beklagten an sie (weiter-)verkaufte Recycling-Schotter aufgrund einer
unzulässig hohen Arsenbelastung im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht
vertragsgemäß war und die Beklagte somit ihre Vertragspflicht gegenüber der
Klägerin zur Lieferung einer mangelfreien Sache verletzt hat (§ 434 Abs. 1
Satz 1 oder Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB aF).
19 b) Rechtsfehlerhaft
hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Beklagte habe die Verletzung
ihrer Vertragspflicht zur Lieferung mangelfreien Recycling-Materials nicht
zu vertreten (§ 280 Abs. 1, § 276 BGB). Zwar muss sich die Beklagte,
wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat und was auch die Revision nicht
in Frage stellt, ein etwaiges Verschulden der Herstellerin sowie der
Streithelferin als Vorlieferantin nicht gemäß § 278 BGB zurechnen
lassen, weil diese nicht Erfüllungsgehilfen der Beklagten sind
(vgl. hierzu nur Senatsurteil vom 18. Oktober 2017 - VIII ZR 86/16, BGHZ
216, 193 Rn. 24; Senatsbeschluss vom 9. Juni 2020 - VIII ZR 315/19, NJW
2020, 3312 Rn. 18; jeweils mwN). Dagegen hat es - wie die Revision mit Recht
rügt - auf der Grundlage unzureichender tatsächlicher Feststellungen und
damit rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Beklagte auch kein eigenes
Verschulden an der Pflichtverletzung treffe.
20 aa) Die Darlegungs-
und Beweislast hinsichtlich der sie entlastenden Umstände obliegt der
Beklagten. Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB muss der Schuldner darlegen und
gegebenenfalls beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten
hat (vgl. hierzu BT-Drucks. 14/6040, S. 226). Hiervon ist grundsätzlich auch
das Berufungsgericht ausgegangen.
21 Soweit es in diesem Zusammenhang
gemeint hat, die Klägerin treffe eine "sekundäre Behauptungslast
(Substantiierungslast)" dahingehend, dass es für die Beklagte als
Verkäuferin bei Gefahrübergang bestimmte Verdachtsmomente für die
Mangelhaftigkeit des Schotters gegeben habe (so auch OLG Koblenz, Beschluss
vom 5. Juni 2014 - 5 U 408/14, juris Rn. 11), begegnet dies zwar - wie die
Revision mit Recht rügt - rechtlichen Bedenken. Denn im Rahmen des
Entlastungsbeweises gibt es - auch bei auf Vorsatz beschränkter Haftung
des Schuldners - keinen sachlichen Grund, dem Gläubiger des Anspruchs
gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB ausnahmsweise eine Darlegungslast
aufzubürden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, NJW 2009,
2298 Rn. 17).
22 Hierauf beruht die Annahme des Berufungsgerichts,
die Beklagte treffe kein eigenes Verschulden, jedoch nicht. Denn das
Berufungsgericht hat sich in tatrichterlicher Würdigung auf der Grundlage
der von ihm herangezogenen Umstände die Überzeugung gebildet (§ 286 ZPO),
dass es aus Sicht der Beklagten keine Anhaltspunkte für das Vorhandensein
einer Arsenbelastung bei dem gelieferten Recycling-Schotter gegeben habe.
23 bb) Mit Recht beanstandet die Revision jedoch die Annahme des
Berufungsgerichts, die Beklagte habe den ihr obliegenden Entlastungsbeweis
hinsichtlich eines eigenen Verschuldens gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB
(erfolgreich) geführt, als rechtsfehlerhaft. Die bislang vom
Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen eine dahingehende
Würdigung nicht.
24 (1) Da die Klägerin die Beklagte wegen
fahrlässiger Unkenntnis von der Arsenbelastung des gelieferten
Recycling-Schotters in Anspruch nimmt, kommt es - wovon das Berufungsgericht
noch zutreffend ausgegangen ist - für den Entlastungsbeweis darauf an, ob
die Beklagte diese Beschaffenheit der Kaufsache im Zeitpunkt der Anlieferung
auf der Baustelle der Klägerin bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt
(§ 276 Abs. 2 BGB) hätte erkennen können.
25 Zur Führung des
Entlastungsbeweises nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB genügt es insoweit
grundsätzlich, wenn der Schuldner darlegt und nachweist, dass nach dem
vorgetragenen Sachverhalt ernstlich in Betracht kommende - einschließlich
der von dem Gläubiger geltend gemachten - Möglichkeiten eines eigenen
Verschuldens nicht bestehen, weil er insoweit alle ihm obliegende
Sorgfalt beachtet hat (vgl. BGH, Urteile vom 12. November 1952 - II
ZR 67/52, NJW 1953, 59 unter 1; vom 14. November 1989 - X ZR 116/88, NJW-RR
1990, 446 unter I 2 c; Beschluss vom 20. Juli 2016 - VIII ZR 238/15, WuM
2016, 682 Rn. 16 mwN [zur Entlastung des Mieters bei aufgelaufenen
Mietrückständen]; Staudinger/Schwarze, BGB, Neubearb. 2019, Stand: 3. März
2023, § 280 Rn. F 22 [jeweils zu § 282 BGB aF bzw. § 280 BGB allgemein]).
26 Von dem Verkäufer verlangt die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt zwar regelmäßig keine Untersuchung der Kaufsache
(vgl. nur BGH, Urteile vom 25. September 1968 - VIII ZR 108/66, NJW
1968, 2238 unter II 1 b; vom 10. November 1976 - VIII ZR 112/75, WM 1977,
220 unter II 1 b aa [jeweils für Zwischenhändler - Verbraucher];
vom 19. Juni 2009 - V ZR 93/08, BGHZ 181, 317 Rn.
19). Höhere Anforderungen ergeben sich allerdings dann, wenn der
Verkäufer eine Garantie übernommen hat (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB), wenn er
Anhaltspunkte für die Mangelhaftigkeit der Sache hat oder wenn sonst
besondere Umstände vorliegen, die eine höhere Sorgfalt gebieten
(vgl. nur BGH, Urteile vom 19. Juni 2009 - V ZR 93/08,
aaO [für den Verkäufer eines Grundstücks]; vom
19. Juni 2013 - VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 24;
vom 15. April 2015 - VIII ZR 80/14, NJW 2015, 1669
Rn. 14 [jeweils für den Verkäufer eines Gebrauchtfahrzeugs]). Letzteres kann
bei besonders hochwertigen oder fehleranfälligen Produkten oder dann
der Fall sein, wenn der Verkäufer eine besondere Sachkunde besitzt
(vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 210) oder aufgrund konkreter
Anhaltspunkte Veranlassung hat, die Vertragsgemäßheit der Lieferung
anzuzweifeln (vgl. Senatsurteile vom 25. September 1968 - VIII ZR
108/66, aaO; vom 10. November 1976 - VIII ZR 112/75, aaO unter II 1 b aa und
bb).
27 (2) Der angefochtenen Entscheidung lässt sich nicht
(ausdrücklich) entnehmen, welche Sorgfaltsanforderungen das Berufungsgericht
im Streitfall aufgrund der konkreten Einzelfallumstände als seitens der
Beklagten geschuldet angesehen hat. Der von ihm zur Widerlegung der gegen
die Beklagte sprechenden Verschuldensvermutung (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) für
maßgeblich gehaltene Umstand, dass in dem Schreiben der Klägerin vom 30.
September 2016 eine "seinerzeit" erfolgte Vorlage von Prüfzeugnissen und
Lieferscheinen - ohne Angabe näherer Einzelheiten - erwähnt wird, bietet für
sich genommen jedenfalls ohne weitere konkrete Feststellungen keine
tragfähige Grundlage für die Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte
habe ihrerseits die mangelhafte Lieferung nicht zu vertreten, sondern auf
die Richtigkeit der Prüfzeugnisse ebenso vertrauen dürfen wie auf ein
redliches Verhalten der in die Lieferkette eingeschalteten Fachhändler für
Baubedarf.
28 Das Berufungsgericht hat keine (hinreichenden)
Feststellungen dazu getroffen, welchen konkreten Inhalt die in dem Schreiben
genannten Prüfzeugnisse hatten, insbesondere ob sie der Beklagten eine
Überprüfung des tatsächlich für die Lieferung an die Klägerin vorgesehenen
Materials auf die Einhaltung der vereinbarten Beschaffenheit ermöglichten,
sowie in welchem Zusammenhang und zu welchem Zeitpunkt die Beklagte sie
erhalten und gegebenenfalls geprüft hat. Es bleibt zudem offen, für welchen
Zeitpunkt die Prüfzeugnisse eine Einhaltung der vereinbarten Güte des
Recycling-Schotters bescheinigten. Aus der im Schreiben vom 30. September
2016 enthaltenen Bitte der Klägerin um "Übersendung der Prüfzeugnisse für
den Zeitraum der Schotterlieferungen" ergibt sich, dass die "seinerzeit"
vorgelegten Prüfzeugnisse jedenfalls nicht eine Prüfung im unmittelbaren
zeitlichen Zusammenhang mit der konkreten Anlieferung des Materials auf der
Baustelle der Klägerin betrafen. Die Revision rügt insoweit mit Recht,
hieraus könne nicht entnommen werden, dass und wie die Beklagte die Güte des
angelieferten Materials ihrerseits geprüft habe.
29 2. Mit
der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann zudem ein
Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen
schuldhafter Verletzung von Pflichten im Rahmen des
Rückgewährschuldverhältnisses gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§
346 ff. BGB nicht verneint werden. Ist die Klägerin - wie revisionsrechtlich
zu unterstellen ist - wegen der Vertragswidrigkeit des gelieferten
Recycling-Schotters wirksam von dem mit der Beklagten geschlossenen
Kaufvertrag zurückgetreten, kann sich - was das Berufungsgericht nicht in
den Blick genommen hat - die Weigerung der Beklagten, den von der Klägerin
ausgebauten und auf der früheren Baustelle zum Zwecke der Rückgewähr nach §
346 Abs. 1 BGB bereitgestellten Schotter - wie von der Klägerin ausdrücklich
verlangt - zurückzunehmen, jedenfalls unter den im Streitfall gegebenen
besonderen Umständen als Verletzung einer (auch) im
Rückgewährschuldverhältnis bestehenden Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241
Abs. 2 BGB darstellen.
30 a) Nach der Vorschrift des § 346
Abs. 1 BGB sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen
zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Ob und unter
welchen Voraussetzungen im Falle des Rücktritts des Käufers vom Kaufvertrag
eine Pflicht des Verkäufers zur Rücknahme der Kaufsache besteht, ist
umstritten.
31 Nach einer Ansicht soll der Verkäufer aufgrund
einer - gewissermaßen spiegelbildlichen - Anwendung der Vorschrift des § 433
Abs. 2 BGB stets zur Rücknahme der Kaufsache verpflichtet sein
(vgl. jurisPK-BGB/Faust, Stand: 1. Februar 2023, § 346 Rn. 38;
BeckOGK-BGB/Höpfner, Stand: 1. Oktober 2023, § 439 Rn. 120.2; ähnlich
Erman/Metzger, BGB, 17. Aufl., § 346 Rn. 4 ["Anlehnung"]; OLG Nürnberg, NJW
1974, 2237, 2238).
32 Die Gegenansicht bejaht eine
Rücknahmepflicht des Verkäufers nur ausnahmsweise (vgl. etwa
MünchKommBGB/Gaier, 9. Aufl., § 346 Rn. 66 [als Nebenpflicht im
Rückgewährschuldverhältnis bei besonderem Interesse des Käufers];
Staudinger/Kaiser/Sittmann-Haury, BGB, Neubearb. 2022, § 346 Rn. 94 f.
[aufgrund vertraglicher Störungsbeseitigungspflicht bei übermäßiger
Belastung des Käufers]; BeckOGK-BGB/Schall, Stand: 1. Oktober 2023, § 346
Rn. 377 [aus § 242 BGB bei besonderer Lage der Dinge]; Soergel/Lobinger,
BGB, 13. Aufl., § 346 Rn. 21, 23 [aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog bei
fehlender Mitwirkung an der Erfüllung des Rückgewähranspruchs]; siehe zu §
439 BGB Lorenz, NJW 2009, 1633, 1634 f. [Rücknahmepflicht aus Sinn und Zweck
der Nacherfüllung durch Neulieferung]).
33 b) Der Senat hat zur
Rechtslage vor der Neufassung des Kaufrechts aufgrund des Gesetzes zur
Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138;
nachfolgend: Schuldrechtsmodernisierung) in dem vom Berufungsgericht
erwähnten sogenannten Dachziegelfall (Senatsurteil
vom 9. März 1983 - VIII ZR 11/82, BGHZ 87, 104 ff.) dem Käufer
mangelhafter Dachziegel nach Wandelung des Kaufvertrags (§ 462 BGB aF) einen
Verzugsschadensersatzanspruch gegen den Verkäufer gemäß § 284 Abs. 1, § 286
Abs. 1 BGB aF (jetzt § 280 Abs. 1, 2, § 286 Abs. 1 BGB) auf Ersatz der
Kosten für die versäumte Verpflichtung, die nur provisorisch auf dem Dach
verlegten Dachziegel wieder abzudecken, zuerkannt. Er hat dabei ausdrücklich
offen gelassen, ob der Verkäufer im Rahmen des Wandelungsvollzuges stets
oder nur bei einem besonderen Interesse des Käufers zur Rücknahme der
Kaufsache verpflichtet sei, weil er im damaligen Fall einen aus einem
besonderen Interesse abgeleiteten - mit dem Rückgabeanspruch des Verkäufers
nach §§ 467, 346 BGB aF korrespondierenden - Rücknahmeanspruch des Käufers
bejaht hat (vgl. Senatsurteil vom 9. März 1983 - VIII ZR 11/82, aaO S. 109;
siehe hierzu auch Senatsbeschluss vom 14. Januar 2009 - VIII ZR 70/08, NJW
2009, 1660 Rn. 21 [Vorlage an EuGH]).
34 Nach dem Inkrafttreten der
Schuldrechtsmodernisierung hat sich der Senat in mehreren Entscheidungen mit
Inhalt und Umfang der Pflichten des Verkäufers im Rahmen der Nacherfüllung
durch Ersatzlieferung (§ 439 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2 BGB) befasst. Er hat die
vorbezeichnete Bestimmung - im Anschluss an die Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 3 der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2011 - Rs.
C-65/09 und C-87/09, NJW 2011, 2269 - Gebr. Weber und Putz) - für die Fälle
des Verbrauchsgüterkaufs richtlinienkonform dahin ausgelegt, dass die
Verpflichtung des Verkäufers zur "Lieferung einer mangelfreien Sache" auch
den Ausbau und den Abtransport der mangelhaften Kaufsache umfasst (vgl.
Senatsurteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 25 f.
[Bodenfliesen]; vom 17. Oktober 2012 - VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 16
[Granulat; dort auch zum Einbau der als Ersatz gelieferten Kaufsache]; siehe
auch Senatsurteil vom 2. April 2014 - VIII ZR 46/13, BGHZ 200, 337 Rn. 27
[Aluminium-Profilleisten]). Um die im Falle eines Rücktritts des Käufers vom
Kaufvertrag bestehenden Pflichten des Verkäufers im
Rückgewährschuldverhältnis nach den Vorschriften der §§ 346 ff. BGB ging es
hierbei nicht.
35 c) In den Gesetzesmaterialien finden sich lediglich
vereinzelte Äußerungen des Gesetzgebers zur Frage einer Rücknahmepflicht des
Verkäufers.
36 Im Gesetzgebungsverfahren zur
Schuldrechtsmodernisierung wurde die Frage einer Verpflichtung des
Verkäufers zum Ausbau der bestimmungsgemäß eingebauten Kaufsache
beziehungsweise zum Ersatz von Aufwendungen der Rückabwicklung im Vergleich
der beabsichtigten Regelungen zur Nacherfüllung einerseits (§ 439 BGB-E) und
zum Rücktritt andererseits (§§ 346 ff. BGB-E) unter Bezugnahme auf den
Dachziegelfall des Senats zwar erörtert. Indessen ist der Regierungsentwurf
trotz der vom Bundesrat geäußerten Bedenken hinsichtlich möglicher
Wertungswidersprüche (vgl. BT-Drucks. 14/6857, S. 25) insoweit unverändert
geblieben. Nach Ansicht der Bundesregierung führte die Neuregelung nicht zu
einer Änderung der Rechtslage. Der Käufer habe künftig wie bisher auch nach
Verzugsgrundsätzen (§ 286 Abs. 1 BGB aF, § 280 Abs. 1 BGB-E) einen Anspruch
auf Ersatz der Kosten der Rückabwicklung, wenn der Verkäufer
die Nicht-Rücknahme der Sache zu vertreten habe. In dem Dachziegelfall habe
der Bundesgerichtshof als Erfüllungsort für die Rückgewährpflichten den Ort
angenommen, an dem sich die Sache zurzeit vertragsgemäß befinde, und
deshalb den Verkäufer verpflichtet, die Sache bei dem Käufer abzuholen (vgl.
BT-Drucks. 14/6857, S. 59).
37 In der Begründung des
Regierungsentwurfs zum Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit
digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags vom 25. Juni 2021
(BGBl. I S. 2133), mit dem der Gesetzgeber anlässlich der Umsetzung der
Warenkaufrichtlinie unter anderem eine ausdrückliche Verpflichtung des
Verkäufers zur Rücknahme der im Rahmen der Nacherfüllung durch
Ersatzlieferung ersetzten Sache auf seine Kosten angeordnet hat (vgl. § 439
Abs. 6 Satz 2 BGB nF), heißt es zwar, dass eine solche Pflicht nicht
gänzlich neu sei, "da sie sich schon nach geltendem Recht in vielen Fällen
etwa aus § 242 BGB ergeben haben dürfte" (vgl. BT-Drucks. 19/27424, S. 27).
Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Rücknahmepflicht des Verkäufers
trifft indessen allein die Bestimmung zur kaufrechtlichen Nacherfüllung (§
439 BGB).
38 d) Ob der Verkäufer vor diesem Hintergrund im
Falle des Rücktritts des Käufers vom Kaufvertrag im Rahmen des
Rückgewährschuldverhältnisses nach den Vorschriften der §§ 346 ff. BGB zur
Rücknahme der Kaufsache verpflichtet ist und unter welchen Voraussetzungen
gegebenenfalls eine solche Rücknahmepflicht besteht, bedarf im Streitfall
keiner abschließenden Entscheidung. Die Klägerin begehrt eine
dahingehende Verurteilung der Beklagten nicht. Der von ihr (allein) geltend
gemachte Schadensersatzanspruch kann sich unter den hier gegebenen
besonderen Umständen - einen wirksamen Rücktritt der Klägerin
vom Kaufvertrag unterstellt - ohne weiteres bereits aufgrund einer von der
Beklagten zu vertretenden Verletzung von Rücksichtnahmepflichten im
Rückgewährschuldverhältnis (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB) ergeben.
39 aa) Die Weigerung des Verkäufers, nach dem Rücktritt des Käufers
vom Kaufvertrag die vom Käufer zum Zwecke der Rückgewähr in Natur gemäß §
346 Abs. 1 BGB angebotene mangelhafte Kaufsache zurückzunehmen, kann
jedenfalls unter den besonderen Umständen des Einzelfalls als Verletzung von
Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) im Rückgewährschuldverhältnis
anzusehen sein, die zu einem Schadensersatzanspruch des Käufers gegen den
Verkäufer nach § 280 Abs. 1 BGB führen kann.
40 (1)
Gemäß § 241 Abs. 2 BGB kann ein Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden
Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen
Teils verpflichten.
41 Der Inhalt der Schutz- und
Rücksichtnahmepflichten ist - bei Fehlen entsprechender Absprachen - jeweils
nach der konkreten Situation unter Bewertung und Abwägung der beiderseitigen
Interessen zu bestimmen (vgl. Senatsurteil vom 30. September 2009 - VIII ZR
238/08, NZM 2009, 853 Rn. 15; BT-Drucks. 14/6040, S. 126). Schutzpflichten
sollen die gegenwärtige Güterlage jedes an dem Schuldverhältnis Beteiligten
vor Beeinträchtigungen bewahren (vgl. Senatsurteil vom 28. Februar 2018 -
VIII ZR 157/17, BGHZ 218, 22 Rn. 20; BT-Drucks. 14/6040, S. 125).
Insbesondere hat sich jede Vertragspartei bei der Abwicklung des
Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass Person, Eigentum und sonstige
Rechtsgüter - einschließlich bloßer Vermögensinteressen (vgl. BT-Drucks.
14/6040, S. 125 f.) - des anderen Teils nicht verletzt werden (vgl.
BGH, Urteile vom 10. März 1983 - III ZR 169/81, NJW 1983, 2813 unter I 2 a;
vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 38 mwN;
Grüneberg/Grüne-berg, BGB, 82. Aufl., § 242 Rn. 35; siehe auch BT-Drucks.
14/6040, S. 136).
42 Der von der Rücksichtnahmepflicht bezweckte
Schutz dieses sogenannten Erhaltungs- oder Integritätsinteresses beruht auf
den mit dem Schuldverhältnis verbundenen besonderen Einwirkungsmöglichkeiten
der einen Partei auf die Interessensphäre der anderen (vgl. etwa
Staudinger/Schwarze, BGB, Neube-arb. 2014, § 280 Rn. C 38, 43;
MünchKommBGB/Bachmann, 9. Aufl., § 241 Rn. 67; BeckOK-BGB/Sutschet, Stand:
1. August 2023, § 241 Rn. 90).
43 (2) Derartige Schutz- und
Rücksichtnahmepflichten bestehen auch im Rückgewährschuldverhältnis nach den
§§ 346 ff. BGB.
44 (a) Der Rücktritt wandelt den Vertrag in
ein Abwicklungsverhältnis mit vertraglicher Grundlage um (vgl. nur
BT-Drucks. 14/6040, S. 191; Senatsurteil vom 9. Mai 2018 - VIII ZR 26/17,
BGHZ 218, 320 Rn. 49). Er ist auf eine Rückabwicklung des
Leistungsaustauschs gerichtet (vgl. Senatsurteil vom 14. April 2010 - VIII
ZR 145/09, NJW 2010, 2426 Rn. 23). Die vor dem Vertragsschluss bestehende
Rechtslage soll wiederhergestellt werden (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 189
f.). Zu diesem Zweck sind beide Vertragsteile gemäß § 346 Abs. 1 Alt. 1 BGB
in erster Linie zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen in Natur
verpflichtet (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 189;
BGH, Urteil vom 10. Oktober
2008 - V ZR 131/07, BGHZ 178, 182 Rn. 20).
45 Auch im Rahmen des
Rückgewährschuldverhältnisses besteht ein schutzwürdiges Interesse jeder
Partei daran, dass sich ihre gegenwärtige Güterlage - mit Ausnahme der
jeweils zurückzugewährenden Leistung - durch den Vollzug der Rückabwicklung
nicht verschlechtert. Denn auch bei der Rückabwicklung ergeben sich als
Folge der von den Parteien zuvor mit dem Vertrag
eingegangenen schuldrechtlichen Sonderverbindung und des damit verbundenen
Leistungsaustauschs erhöhte Einwirkungsmöglichkeiten auf die Rechtsgüter
und Interessen des jeweils anderen.
46 (b) Insbesondere kann im
Einzelfall (schon) der weitere Verbleib der - nach § 346 Abs. 1 BGB in Natur
zurückzugewährenden - Kaufsache beim Käufer bis zu ihrer Rücknahme durch den
Verkäufer im Hinblick auf die an die tatsächliche Verfügungsgewalt und das
zunächst noch fortbestehende Eigentum anknüpfende Verantwortlichkeit für
deren Zustand, Aufbewahrung und Behandlung (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 194
f.; BT-Drucks. 14/7052, S. 194; siehe auch BGH, Urteil vom 20. Januar
1989 - V ZR 137/87, NJW-RR 1989, 650 unter II 2 a) mit erheblichen (auch
finanziellen) Belastungen für den Käufer verbunden sein. Erst recht gilt
dies für eine gegebenenfalls gebotene Entsorgung der mangelhaften Kaufsache.
47 Erweisen sich in einer solchen Situation aufgrund besonderer Umstände
des jeweiligen Einzelfalls die vom Gesetzgeber allgemein zur Wahrung der
Interessen des (Rückgewähr-)Schuldners einer Leistung vorgesehenen
Möglichkeiten - vor allem die Regelungen zum Verwendungs- und
Aufwendungsersatz (§ 347 Abs. 2 BGB), zu den Folgen eines Annahmeverzugs des
Gläubigers (§§ 293 ff. BGB) mit den Erleichterungen beim Verschuldensmaß (§
300 Abs. 1 BGB) und hinsichtlich des Umfangs der geschuldeten
Nutzungsherausgabe (§ 302 BGB), dem Recht zur Besitzaufgabe (§ 303 BGB)
sowie dem Anspruch auf Ersatz von Mehraufwendungen für die Aufbewahrung und
Erhaltung der Sache (§ 304 BGB, § 354 HGB), ferner die Regelungen zur
Hinterlegung und Versteigerung beweglicher Sachen (§§ 372 ff., 383 ff. BGB)
- für den Käufer als unzureichender Schutz, wird es regelmäßig als Verstoß
gegen die Rücksichtnahmepflicht des Verkäufers anzusehen sein, wenn dieser
die vom Käufer zum Zwecke der Rückgewähr gemäß § 346 Abs. 1 BGB angebotene
Kaufsache nicht zurücknimmt, obwohl ihm die besondere Belastung des Käufers
und die daraus folgende erhebliche Gefährdung seiner Rechte, Rechtsgüter und
Interessen erkennbar geworden ist. In einem solchen Fall wird mit der an die
Verletzung der Rücksichtnahmepflicht anknüpfenden Schadensersatzhaftung der
Zustand hergestellt, der bei einem vollständigen Vollzug der Rückabwicklung
des Kaufvertrags im Sinne des § 346 Abs. 1 BGB bestünde.
48
Die
Annahme der von dem Käufer im Rückgewährschuldverhältnis geschuldeten
Leistung - die Rückgabe und Rückübereignung der Kaufsache in Natur - ist dem
Verkäufer auch in einer solchen Fallkonstellation zumutbar. Zwar verlangen
Rücksichtnahme- und Schutzpflichten grundsätzlich nicht, dass die
verpflichtete Partei ihre eigenen Interessen unbeachtet lässt oder die
Interessen der anderen Partei über ihre eigenen stellt (vgl. Senatsurteil
vom 14. März 2012 - VIII ZR 220/11, NJW 2012, 2184 Rn. 23; siehe auch Blank,
WuM 2004, 243, 244). In dem hier in Rede stehenden Fall, in dem nur die
Rückgewähr der Kaufsache im Sinne des § 346 Abs. 1 BGB eine Verletzung des
Integritätsinteresses auf Seiten des Käufers abwenden kann, hat jedoch das
Interesse des Verkäufers, gleichfalls von der mit dem Besitz oder dem
Eigentum an der nunmehr lästig gewordenen Kaufsache einhergehenden
besonderen Belastung verschont zu bleiben, nach Treu und Glauben mit
Rücksicht auf den Zweck des Rückgewährschuldverhältnisses (§ 242 BGB)
zurückzustehen. Denn nach der den Vorschriften der § 437 Nr. 2, §§ 440, 323,
326 Abs. 5 BGB in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB zugrunde liegenden
gesetzgeberischen Bewertung der beiderseitigen Interessen, die auch im
Rahmen der Bestimmung dessen zu berücksichtigen ist, was einer Partei
billigerweise an Rücksichtnahme auf die Interessen der anderen Partei
zugemutet werden kann (vgl. Staudinger/Olzen, BGB, Neubearb. 2019, § 241 Rn.
491), ist die Kaufsache einschließlich der mit ihr verbundenen
wirtschaftlichen Belastungen im Verhältnis der Kaufvertragsparteien
zueinander mit der Umgestaltung des Kaufvertrags in ein
Rückgewährschuldverhältnis wert- und wertungsmäßig endgültig wieder dem
Verkäufer zugewiesen.
49 bb) Hiervon ausgehend kommt es - was das
Berufungsgericht von seinem rechtsfehlerhaft eingenommenen Rechtsstandpunkt
aus nicht in den Blick genommen hat und wozu den Parteien noch Gelegenheit
zur Äußerung zu geben ist - in Betracht, dass die Beklagte mit ihrer
Weigerung, den von der Klägerin sukzessiv ausgebauten und auf der früheren
Baustelle zum Zwecke der Rückgewähr gemäß § 346 Abs. 1 BGB bereitgestellten
Recycling-Schotter - wie von der Klägerin ausdrücklich verlangt - abzuholen,
ihre Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat.
50
Bei den verkauften insgesamt rund 22.000 t handelte es sich um eine große
Menge Recycling-Schotters, deren Anlieferung nach dem von der Revision in
Bezug genommenen vorinstanzlichen Vortrag der Klägerin mehr als 800
LkwFuhren erfordert hatte. Auch war der Beklagten nach den bislang
getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts bekannt, dass der wegen
einer - im Revisionsverfahren zu Gunsten der Klägerin zu unterstellenden -
unzulässig hohen Arsenbelastung als mangelhaft beanstandete
Recycling-Schotter nicht auf der früheren Baustelle würde verbleiben können,
weil die Grundstückseigentümerin und die frühere Bauherrin als Kundin der
Klägerin dessen vollständige Entfernung verlangt hatten. Hinzu kommt, dass
die oben erwähnten gesetzlichen Möglichkeiten eines Schuldners (vgl. II 2 d
aa (2) (b)) der Klägerin angesichts der Arsenbelastung des
Recycling-Schotters nur einen unzureichenden Schutz hinsichtlich ihres
Integritätsinteresses bieten dürften.
51 Auf der Grundlage der bislang
getroffenen Feststellungen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass
sich die Beklagte hinsichtlich einer Verletzung der Rücksichtnahmepflicht
von der Verschuldensvermutung gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB entlastet hat,
zumal sie im Zeitpunkt der Aufforderung zur Abholung bereits in einem
Vorprozess rechtskräftig zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt war.
Deshalb musste sie davon ausgehen, dass die Klägerin wirksam vom Kaufvertrag
zurückgetreten und somit der erfolgte Leistungsaustausch auch im Übrigen -
wie von der Klägerin ausdrücklich verlangt - rückabzuwickeln war. Insoweit
hatte das Gericht des Vorprozesses - worauf die Klägerin in dem an
die Beklagte gerichteten Schreiben vom 27. Februar 2019 ausdrücklich
hingewiesen hat - ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten am Kaufpreis mit
der Begründung verneint, dass die Klägerin mit dem Ausbau und dem Angebot
einer Abholung des Recycling-Schotters durch die Beklagte ihrerseits alles
zur Rückgewähr Erforderliche getan habe.
III.
52 Nach alledem
kann das angefochtene Urteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
keinen Bestand haben. Es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die
nicht zur Endentscheidung reife Sache ist im Umfang der Aufhebung an das
Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die
Kosten des Revisionsverfahrens, zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
53 Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf folgenden
Gesichtspunkt hin: Entgegen der von der Revision auch in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat vertretenen Rechtsauffassung entfaltet das im
Vorprozess über die Verpflichtung der Beklagten zur Rückzahlung des
Kaufpreises sowie zur Erstattung der Mehrkosten für die Beschaffung von
Austauschmaterial ergangene rechtskräftige Urteil vom 13. November 2018 (1
HK O 9/17) keine Bindungswirkung für den hiesigen Rechtsstreit. Insbesondere
liegt kein Fall der sogenannten Präjudizialität vor, weil die im Vorprozess
rechtskräftig entschiedene Rechtsfolge in dem vorliegenden Rechtsstreit
keine Vorfrage ist (vgl. etwa BGH, Urteile vom 21. Oktober 2020 - VIII ZR
261/18, BGHZ 227, 198 Rn. 32 ff.; vom 17. Februar 2023 - V ZR 212/21, NJW
2023, 2281 Rn. 11 ff.).
|