Kaufgewährleistung: Kein Schadensersatz statt der
ganzen Leistung ("großer Schadensersatz") nach erklärter Minderung
BGH, Urteil vom 9. Mai 2018 - VIII ZR
26/17 - OLG Stuttgart
Fundstelle:
noch nicht bekannt
BGHZ 218, 320
Amtl. Leitsatz:
a) Die mangelbedingte Minderung
des Kaufpreises ist vom Gesetzgeber als Gestaltungsrecht ausgeformt worden.
Mit dem Zugang einer wirksam ausgeübten Minderung des Kaufpreises wird diese
Erklärung bindend; der Käufer ist damit daran gehindert, hiervon wieder
Abstand zu nehmen und stattdessen wegen desselben Mangels auf großen
Schadensersatz überzugehen und unter diesem Gesichtspunkt Rückgängigmachung
des Kaufvertrags zu verlangen. b) Nach der
Konzeption des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts ist ein Käufer ferner
daran gehindert, unter Festhalten an der von ihm nicht mehr zu beseitigenden
Gestaltungswirkung der Minderung zusätzlich (nebeneinander) großen
Schadensersatz geltend zu machen und auf diesem Wege im Ergebnis nicht nur
eine Herabsetzung des Kaufpreises zu erreichen, sondern den - gegebenenfalls
um Gegenforderungen reduzierten - Kaufpreis insgesamt zurückzufordern. Denn
der Käufer hat mit der wirksamen Ausübung der Minderung zugleich das ihm vom
Gesetzgeber eingeräumte Wahlrecht zwischen Festhalten am und Lösen vom
Kaufvertrag "verbraucht". c) Aus der Vorschrift des § 325 BGB lässt sich
nicht - auch nicht im Wege einer analogen Anwendung - eine Berechtigung des
Käufers ableiten, von einer wirksam erklärten Minderung zu einem Anspruch
auf großen Schadensersatz und damit auf Rückabwicklung des Kaufvertrags zu
wechseln.
Zentrale Probleme:
Im Kern des Falles steht ein "Montagsauto": Die
Gesellschaft, die bis zum Bundesgerichtshof klagte, ist Leasingnehmerin
eines Fahrzeugs, der Beklagte dessen Verkäufer. Das Fahrzeug wies über einen
Zeitraum von 5 Monaten verschiedene Mängel auf, die der Verkäufer jeweils
behob. Die Leasingnehmerin erklärte daraufhin unter Bezugnahme auf die
offenkundige Fehleranfälligkeit des Fahrzeugs die Minderung des Kaufpreises
um 20 Prozent. Anschließend stellte sie ihr bislang auf anteilige
Rückzahlung des Kaufpreises nach Minderung gestütztes Klagebegehren
(materieller Anspruch aus § 441 Abs. 4 S. 1 BGB) dahingehend um, dass sie
nun Schadensersatz statt der ganzen Leistung, § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1 Satz
3, Abs. 5 BGB verlangt. Dass der Weg zum Rücktritt versperrt ist, ergibt
sich schon aus dem Wortlaut von § 441 BGB ("statt") und dem gestaltenden
Charakter der Minderungserklärung. Da der Käufer mit der Minderung
bindend erklärt, an dem Vertrag festhalten zu wollen, ist ihm aber auch
jeder andere Rechtsbehelf versagt, der de facto zu einer Rückabwicklung des
Vertrags führt. Genau das ist bei Schadensersatz statt der ganzen Leistung
("großer Schadensersatz") der Fall: Er ist nämlich gerichtet auf den
Soll-Wert der Sache in Geld gegen Rückgabe der Sache (s. § 281 V BGB).
Denkbar ist nur noch der "kleine" Schadensersatz, sofern dieser noch nicht
durch die Minderung kompensiert ist (s. dazu BGH,
Urteil vom 27. Mai 2011 - V ZR 122/10 und
BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 - VII
ZR 235/15). S dazu auch die
Anmerkung in LTO. Auch § 325 BGB, der eine Kombination von Rücktritt
und Schadensersatz statt der Leistung zulässt, kann hier nicht analog
angewendet werden. All dies gilzt nur bzgl. "desselben Mangels". Entdeckt
der Käufer nach erklärter Minderung noch einen weiteren Mangel, kann er
wegen dieses Mangels auch noch den Rücktritt erklären oder Schadensersatz
statt der ganzen Leistung verlangen, s. dazu auch BGH
v. 28.5.2021 - V ZR 24/20 bei Rn. 8. Ergänzend stellt sich hier die Frage, warum der
Leasingnehmer Gewährleistungsansprüche geltend machen kann. Das liegt daran,
dass ihm diese vom Leasinggeber (Käufer) typischerweise abgetreten werden
und er gegenüber dem Leasinggeber erst Rechte aus dem Leasingvertrag geltend
machen kann, wenn diese Ansprüche auch durchgesetzt sind (s. dazu
BGH, Urteil vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 317/09).
©sl 2020
Tatbestand:
1 Die Klägerin schloss am 28. Februar 2014 mit der V.
-Leasing AG einen Leasingvertrag über ein von der Beklagten hergestelltes
und zum Verkauf angebotenes Neufahrzeug der Marke Mercedes Benz.
Anschließend erwarb die V. -Leasing AG das Fahrzeug zu einem Kaufpreis in
Höhe von 99.900 € (brutto) von der Beklagten. Das Fahrzeug wurde nach Erhalt
des Kaufpreises am 14. März 2014 an die Klägerin übergeben.
2 Ziffer
9.1 der dem Leasingvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen
Geschäftsbedingungen enthält die Erklärungen, dass die Leasinggesellschaft
alle ihr gegen den Lieferanten zustehenden Ansprüche wegen Sach- und
Rechtsmängeln an den Kunden abtritt und der Kunde die Abtretung annimmt.
3 Im Zeitraum Oktober 2014 bis Februar 2015 brachte die Klägerin
das streitgegenständliche Fahrzeug zur Beseitigung verschiedener gerügter
Mängel (unter anderem: Kurzschluss am Steuergerät der Sitzeinstellung,
Aussetzen der Gangschaltung, mehrere Fehler an der Elektronik) insgesamt
siebenmal in eine Niederlassung der Beklagten. 4 Mit ihrer der Beklagten
am 12. August 2015 zugestellten Klageschrift hat die Klägerin die Minderung
des Kaufpreises um 20 % in Höhe von 19.980 € erklärt und (nach Abzug von
Gebrauchsvorteilen) die Zahlung eines Betrages in Höhe von 8.562,86 € an
sich begehrt. Sie hat geltend gemacht, das Fahrzeug sei herstellungsbedingt
fehleranfällig, da sämtliche bis dahin aufgetretenen Mängel auf
Qualitätsmängeln, namentlich auf schlechter Verarbeitung beruhten; es
handele sich um ein sogenanntes "Montagsauto". Zu diesem Zeitpunkt hatte die
Beklagte allerdings alle von der Klägerin bis dahin gerügten Mängel behoben.
5 Danach suchte die Klägerin im August und Oktober 2015 noch
zweimal eine Niederlassung der Beklagten zur Mängelbehebung (Defekt des
Pulsationsdämpfers der Hydraulikpumpe, grundloses Aufleuchten der
ABC-Lampe) auf. Anschließend hat sie mit Schriftsatz vom 17. November 2015
ihr Begehren - weiterhin mit der Begründung, bei dem streitgegenständlichen
Fahrzeug handele es sich um ein "Montagsauto" - auf Rückabwicklung des
Kaufvertrags im Rahmen des sogenannten großen Schadensersatzes umgestellt
und unter Anrechnung von Gebrauchsvorteilen Rückzahlung von 88.737,19 € an
die Leasinggesellschaft verlangt. Den Defekt am Pulsationsdämpfer der
Hydraulikpumpe hatte die Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits beseitigt. Ob
die ABC-Lampe im August 2015 grundlos aufgeleuchtet hatte, ist zwischen den
Parteien streitig geblieben.
6 Das Landgericht hat der Klage
überwiegend stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 79.920 € nebst
Zinsen an die V. -Leasing AG, Zug um Zug gegen Rückübereignung des
streitgegenständlichen Fahrzeugs, verurteilt. Die von beiden Parteien
hiergegen eingelegten Berufungen hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr
Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
7 Die Revision hat Erfolg.
I.
8 Das Berufungsgericht
hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren
von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
9 Der Klägerin stehe ein
Schadensersatzanspruch gemäß Ziffer 9.1 der Leasingbedingungen in Verbindung
mit § 437 Nr. 3, §§ 281, 280 BGB gegen die Beklagte auf Zahlung von 79.920 €
an die V. -Leasing AG, Zug um Zug gegen Rückübereignung des
streitgegenständlichen Fahrzeugs, zu.
10 Der von der Klägerin im
Laufe des Rechtsstreits erklärte und im Wege eines geänderten Klageantrags
(entweder privilegierte Klageänderung nach § 264 Nr. 2 oder sachdienliche
Klageänderung gemäß § 263 ZPO) geltend gemachte Übergang von der Minderung
zum sogenannten großen Schadensersatz sei analog § 325 BGB möglich. Dies
habe das Oberlandesgericht Stuttgart bereits in einer früheren Entscheidung
(ZGS 2008, 479) unter Bezugnahme auf eine in der Literatur vertretene
Auffassung (Derleder, NJW 2003, 998) bejaht. Das in dieser Norm
verankerte Programm sei durch eine analoge Anwendung der Vorschrift
sachgerecht fortzuschreiben, um dem Käufer eine Kompensation für den
eingetretenen Flexibilitätsverlust zu verschaffen, der mit dem Entfall
des ius variandi infolge der Neuregelung der Minderung im Rahmen der
Schuldrechtsmodernisierung eingetreten sei.
11 Auch die
tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches nach § 437
Nr. 3 BGB, §§ 280, 281 BGB lägen vor. Zwar habe weder bei Erklärung der
Minderung noch zu dem Zeitpunkt, in dem die Klägerin ihr Begehren auf die
Durchsetzung eines schadensersatzrechtlichen Rückgewähranspruchs umgestellt
habe, aktuell ein Mangel vorgelegen. Dies ändere jedoch nichts an der
Berechtigung der Klägerin zur Geltendmachung der Mängelrechte nach § 437
BGB. Denn ein Neufahrzeug, bei dem der bisherige Geschehensablauf aus Sicht
eines verständigen Käufers bei wertender und prognostischer Betrachtung die
Befürchtung rechtfertige, es handele sich um ein Fahrzeug, das wegen seiner
auf herstellungsbedingten Qualitäts-mängeln - namentlich auf schlechter
Verarbeitung - beruhenden Fehleranfälligkeit insgesamt mangelhaft sei und
das auch zukünftig nicht über längere Zeit frei von herstellungsbedingten
Mängeln sein werde, sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW
2013, 1523) als "Montagsauto" zu qualifizieren. Danach liege die
Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs bereits im Verdacht beziehungsweise in der
Befürchtung des Vorliegens eines "Montagsautos". Die Beweiswürdigung des
Landgerichts dahingehend, dass es sich nach den genannten Kriterien beim
streitgegenständlichen Fahrzeug um ein solches "Montagsauto" handele, habe
die Berufung zu Recht nicht angegriffen.
II.
12 Diese
Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Ein Anspruch der
Klägerin auf Rückabwicklung des Kaufvertrags unter dem Gesichtspunkt des
Schadensersatzes statt der ganzen Leistung gemäß § 437 Nr. 3, § 434 Abs. 1,
§ 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 in Verbindung mit §§ 346
ff. BGB wegen der von ihr behaupteten Fehleranfälligkeit des
streitgegenständlichen Fahrzeugs ist ausgeschlossen. Denn die vom
Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme
eines gewährleistungspflichtigen Sachmangels. Aber selbst wenn ein
solcher vorläge, wäre die Klägerin gehindert, Schadensersatz in Form der
Rückabwicklung des Kaufvertrags zu verlangen. Denn in diesem Fall hätte sie
vor der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs bereits unter Berufung
auf denselben Sachmangel wirksam die Minderung des Kaufpreises gemäß § 437
Nr. 2, § 434 Abs. 1, § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB erklärt und sich damit
verbindlich für ein Festhalten am Kaufvertrag (zu einem gemäß § 441 Abs. 3
BGB herabgesetzten Kaufpreis) entschieden. Entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts lässt sich die Möglichkeit eines solchen Wechsels
zwischen diesen beiden Gewährleistungsrechten nicht mit einer
analogen Anwendung der Vorschrift des § 325 BGB begründen.
13 1. Anhand der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen
lässt sich nicht beurteilen, ob das streitgegenständliche Fahrzeug
überhaupt herstellungsbedingte Qualitätsmängel und damit gegebenenfalls
einen Gewährleistungsrechte begründenden Sachmangel im Sinne von § 434 Abs.
1 BGB aufweist. Denn das Berufungsgericht ist - wie die Revision zutreffend
rügt - in grundlegender Verkennung der Rechtsprechung des Senats davon
ausgegangen, eine allein aus in der Vergangenheit aufgetretenen, im
Zeitpunkt der Ausübung des Gewährleistungsrechts aber behobenen Mängeln
abgeleitete Eigenschaft als "Montagsauto" könne nach Maßgabe der im
Senatsurteil vom 23. Januar 2013 entwickelten Kriterien (VIII
ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 26) einen Sachmangel im Sinne von § 434
Abs. 1 BGB darstellen.
14 Der Senat hat sich in dem genannten Urteil
nicht mit der Frage befasst, ob und unter welchen Voraussetzungen ein
sogenanntes "Montagsauto" als mangelhaft zu bewerten ist. Vielmehr war dort
allein die Frage zu beantworten, ob der Käufer einer (unstreitig oder
nachweislich) mangelhaften Sache aufgrund eines entsprechenden
Geschehensablaufs berechtigterweise von einer Fehleranfälligkeit des
betreffenden Fahrzeugs insgesamt ausgehen durfte und deshalb ein vor der
Geltendmachung seiner Gewährleistungsrechte nach § 437 Nr. 2, 3 BGB
grundsätzlich erforderliches Nacherfüllungsverlangen ausnahmsweise wegen
Unzumutbarkeit gemäß § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB entbehrlich war (Senatsurteil
vom 23. Januar 2013 - VIII ZR 140/12, aaO). Dementsprechend hat der
Senat entscheidend darauf abgestellt, ob bei verständiger Würdigung aus
Sicht des Käufers das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Herstellung
des Fahrzeugs durch die gehäuft zutage getretene Fehleranfälligkeit so
ernsthaft erschüttert worden ist, dass ihm eine Nacherfüllung allein aus
diesem Grunde nicht (mehr) zuzumuten ist (Senatsurteil
vom 23. Januar 2013 - VIII ZR 140/12, aaO mwN).
15 Dagegen gibt
die Einordnung eines Fahrzeugs als "Montagsauto" - anders als dies einzelne
Stimmen im Schrifttum aus dem von ihnen missverstandenen Senatsurteil
ableiten wollen (Erger, NJW 2013, 1485, 1486; BeckOGK/Höpfner, Stand: 1.
Februar 2018, § 440 Rn. 40.1; MünchKommBGB/ Westermann, 7. Aufl., § 440 Rn.
8) - keinen Aufschluss darüber, inwieweit das betreffende Fahrzeug
tatsächlich eine vom Käufer befürchtete Fehleranfälligkeit aufweist und
damit mangelhaft ist. Zur Beurteilung dieser Frage hat das Gericht vielmehr
die notwendigen Feststellungen zur Beschaffenheit der Kaufsache zu treffen.
Vorliegend war die (von der Klägerin behauptete) auf herstellungsbedingten
Qualitätsmängeln beruhende Fehleranfälligkeit des streitgegenständlichen
Fahrzeugs - anders als die in den Niederlassungen der Beklagten behobenen
Einzelmängel - nicht unstreitig, so dass das Berufungsgericht einen
derartigen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB nicht ohne Einholung
eines - von der Klägerin auch angebotenen - Sachverständigengutachtens zum
Zustand des Fahrzeugs hätte bejahen dürfen.
16 Entgegen der - auch
von der Revisionserwiderung geteilten - Auffassung des Berufungsgerichts ist
das Vorliegen eines sogenannten "Montagsautos" nicht mit den (Sonder-)Fällen
vergleichbar, in denen der Bundesgerichtshof bereits aufgrund des bloßen
Verdachts eines Mangels einen Sachmangel der Kaufsache bejaht hat (vgl. etwa
BGH, Urteile vom 22. Oktober 2014 - VIII
ZR 195/13, BGHZ 203, 98 Rn. 43; vom 7. Februar 2003 - V ZR 25/02,
NJW-RR 2003, 772 unter II 1; vom 21. Juli 2017 - V ZR 250/15, NJW 2018, 389
Rn. 6 ff.; jeweils mwN). Denn abgesehen davon, dass dort - anders als im
vorliegenden Fall - bereits der Verdacht einer Mangelhaftigkeit allein
ausreichend war, um die Eignung für die im Vertrag vorausgesetzte Verwendung
in Frage zu stellen, ist es überdies dem Käufer eines "Montagsautos"
regelmäßig ohne weiteres zumutbar, den Verdacht der Fehleranfälligkeit
aufgrund herstellungsbedingter Qualitätsmängel durch (sachverständige)
Untersuchungen bestätigen oder entkräften zu lassen.
17 2. Einer
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur Klärung der Frage, ob
das Fahrzeug die von der Klägerin behauptete Fehleranfälligkeit aufweist,
bedarf es jedoch nicht. Denn die Klage ist unabhängig davon aus anderen
Gründen insgesamt abweisungsreif. Der von der Klägerin unter Berufung auf
die - insoweit revisionsrechtlich zu unterstellende - herstellungsbedingte
Fehleranfälligkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs allein noch geltend
gemachte Schadensersatzanspruch statt der ganzen Leistung gemäß §
437 Nr. 3, § 434 Abs. 1, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 BGB
ist bereits aufgrund der von ihr wegen desselben Mangels zuvor erklärten
Minderung (§ 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1, § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB)
ausgeschlossen.
18 a) Die Klägerin hat zwar in prozessual
wirksamer Weise ihren zunächst auf Minderung gestützten Rückzahlungsanspruch
gemäß § 441 Abs. 4 BGB fallen gelassen und stattdessen im Wege einer von den
Vorinstanzen als sachdienlich erachteten Klageänderung (§ 263 ZPO), an die
das Revisionsgericht gebunden ist (§ 268 ZPO), ausschließlich einen Anspruch
auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung nach § 437 Nr. 3, § 434 Abs. 1,
§ 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 BGB geltend gemacht (vgl. zur
Klageänderung BGH, Urteile vom 29. April 2015 - VIII ZR 180/14, BGHZ 205,
151 Rn. 18; vom 1. Juni 1990 - V ZR 48/89, NJW 1990, 2682 unter 1). Dies
wurde von der Revisionserwiderung nochmals im Schriftsatz vom 5. September
2017 ausdrücklich klargestellt. Anders als der Revisionsanwalt der Klägerin
in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gemeint hat, ist es
prozessrechtlich nicht möglich, den entscheidungsreifen Rechtsstreit an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die Klägerin Gelegenheit erhält,
den aufgegebenen Streitgegenstand der Minderung im Wege einer nochmaligen
Klageänderung erneut in den vorliegenden Prozess einzuführen. Es bleibt ihr
aber unbenommen, den ursprünglich geltend gemachten Anspruch auf
minderungsbedingte Rückzahlung eines Teils des Kaufpreises, über den hier
nicht zu entscheiden war, erneut einzuklagen.
19 b) In
materiell-rechtlicher Hinsicht bleibt die Klägerin dagegen an ihre
in der Klageschrift erklärte - und damit bei unterstellter Mangelhaftigkeit
des Fahrzeugs bereits vor Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs statt
der ganzen Leistung wirksam gewordene - Minderung des Kaufpreises
gebunden. Denn die Ausübung des Minderungsrechts des Käufers gemäß § 437 Nr.
2, § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB stellt - ebenso wie die Ausübung des
Rücktrittsrechts gemäß § 437 Nr. 2 in Verbindung mit § 323 BGB - seit dem
Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.
November 2001 (Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BGBl. I S. 3138) eine
bindende Gestaltungserklärung gegenüber dem Verkäufer dar (BT-Drucks.
14/6040, S. 221, 223, 234 f.).
20 aa) Nach § 437 Nr. 2, § 441 Abs. 1
Satz 1 BGB kann der Käufer einer im Sinne von §§ 434 f. BGB mangelhaften
Sache statt zurückzutreten den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber
dem Verkäufer mindern. Damit soll dem möglichen
Käuferinteresse Rechnung getragen werden, die mangelhafte Sache zu behalten
(vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 223) und - statt den
Kaufvertrag nach §§ 346 ff. BGB rückabzuwickeln - durch Herabsetzung des
Kaufpreises um den angemessenen Betrag (§ 441 Abs. 3 BGB) das
Äquivalenzinteresse zwischen Leistung und Gegenleistung wiederherzustellen.
Ist der Kaufpreis zu diesem Zeitpunkt noch nicht bezahlt, erlischt
der Kaufpreisanspruch in Höhe des Minderungsbetrages. Hat der Käufer
hingegen mehr als den geminderten Kaufpreis bezahlt, erhält er einen
entsprechenden Rückzahlungsanspruch (§ 441 Abs. 4 BGB) gegen den Verkäufer.
21 In dieser Weise ist die Klägerin vorliegend (zunächst) verfahren und
hat in ihrer der Beklagten am 12. August 2015 zugestellten Klageschrift
wegen des von ihr geltend gemachten Mangels der herstellungsbedingten
Fehleranfälligkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs die Minderung des
Kaufpreises um 20 % des Bruttokaufpreises erklärt (§ 441 Abs. 1 Satz 1, Abs.
3 BGB) und die Beklagte auf Rückzahlung (§ 441 Abs. 4 BGB) der von ihr unter
Abzug von gezogenen Gebrauchsvorteilen errechneten Überzahlung in Anspruch
genommen. Zweifel an der Wirksamkeit dieser Minderungserklärung sind -
nachdem die von der Klägerin behauptete herstellungsbedingte
Fehleranfälligkeit revisionsrechtlich zu unterstellen und mit dem
Berufungsgericht aufgrund des von ihm bejahten Vorliegens eines
"Montagsautos" von einer Unzumutbarkeit weiterer Nacherfüllungsverlangen
gemäß § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB (vgl.
Senatsurteil vom 23. Januar 2013 - VIII ZR 140/12, aaO), der wegen § 441
Abs. 1 Satz 1 BGB auch für die Minderung gilt, auszugehen ist - nicht
ersichtlich und auch im Revisionsverfahren nicht vorgebracht worden.
22 bb) Das Gestaltungsrecht der Minderung ermöglicht es dem Käufer,
durch einseitiges Rechtsgeschäft eine Veränderung der bestehenden
Rechtslage, nämlich die Herabsetzung des vertraglich vereinbarten
Kaufpreises um den angemessenen Betrag unter Beibehaltung des Kaufvertrags
im Übrigen, herbeizuführen. Diese Gestaltungswirkung tritt unmittelbar mit
dem Zugang (§ 130 Abs. 1 BGB) der das Gestaltungsrecht ausübenden
einseitigen Willenserklärung beim Erklärungsempfänger ein (vgl.
BAG, NZA-RR 2013, 609 Rn. 15 [Kündigung einer Dienstvereinbarung] mwN).
Vorliegend hat die von der Klägerin erklärte Minderung - das
Vorliegen der behaupteten herstellungsbedingten Fehleranfälligkeit
unterstellt - ihre Gestaltungswirkung mithin bereits mit der Zustellung der
Klageschrift an die Beklagte am 12. August 2015 entfaltet und das bisherige
Vertragsverhältnis hinsichtlich des geschuldeten Kaufpreises umgestaltet.
23 Ab dem Eintritt der Gestaltungswirkung ist der
Käufer an die von ihm erklärte Minderung gebunden und kann sie einseitig
weder zurücknehmen noch widerrufen (vgl. BGH, Urteile vom 29. April
2015 - VIII ZR 180/14, aaO Rn. 29; vom 19. Januar 2017 - VII ZR 235/15, NJW
2017, 1607 Rn. 55 [zu § 638 BGB]; Erman/Grunewald, BGB, 15. Aufl., § 437 Rn.
45; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 441 Rn. 5;
Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl., § 441 Rn. 10; BeckOK-BGB/Faust, Stand:
1. März 2018, § 437 Rn. 171; Lögering, MDR 2009, 664, 666; jeweils mwN; vgl.
BT-Drucks. 14/6040, S. 221 [zum Gestaltungsrecht des Rücktritts]).
24
Die beschriebene Bindungswirkung ergibt sich dabei - worauf auch die
Revision mit Recht hinweist - zwingend aus der vom Gesetzgeber bewusst
gewählten Natur eines Gestaltungsrechts (vgl. BAG, aaO [Kündigung
einer Dienstvereinbarung]; NJW 1994, 473, 474 [Kündigung eines
Arbeitsverhältnisses]). Ein solches Recht verträgt grundsätzlich
keinen Schwebezustand (vgl. etwa Palandt/Ellenberger, aaO, Überbl.
v. § 104 Rn. 17). Dies gilt auch für den Rücktritt und die
Minderung, die mit ihrer wirksamen Erklärung das bisherige Rechtsverhältnis
umgestalten. So wie der wirksam ausgeübte Rücktritt unmittelbar zu einem
nicht mehr umkehrbaren Rückabwicklungsverhältnis führt, hat die wirksam
erklärte Minderung zur Folge, dass der vertraglich vereinbarte Kaufpreis
unmittelbar - und ebenfalls unumkehrbar - um den angemessenen Betrag
herabgesetzt (§ 441 Abs. 3 BGB) und damit das Äquivalenzverhältnis zwischen
Leistung und Gegenleistung wiederhergestellt wird.
25 Diese
durch die Ausübung des Gestaltungsrechts eingetretene Änderung des
Vertragsverhältnisses kann der Gestaltungsberechtigte einseitig nicht
mehr ungeschehen machen (vgl. auch BGH, Urteil vom 24. Juni 1998 - XII
ZR 195/96, BGHZ 139, 123, 127 [zur Kündigung eines
Gewerberaummietvertrags]; BAG, NZA-RR 2013, 609 Rn. 15 [Kündigung einer
Dienstvereinbarung]). Der Gesetzgeber des
Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes sah hierfür auch kein Bedürfnis, da der
Käufer vor übereilten ("falschen") Entscheidungen bei der Wahl seiner
Gewährleistungsrechte bereits dadurch geschützt werde, dass er diese
grundsätzlich nicht sofort, sondern erst nach Ablauf einer dem Verkäufer zur
Nacherfüllung gesetzten Frist ausüben könne (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 221
[zum Rücktritt]).
26 cc) Die mit der Ausgestaltung der Minderung als
Gestaltungsrecht einhergehende Bindung des Käufers an eine wirksam erklärte
Minderung kann entgegen einer in verschiedenen Ausprägungen im Schrifttum
vertretenen Auffassung nicht dadurch unterlaufen werden, dass dem Käufer in
der Phase, in der sich der Verkäufer noch nicht auf das ausgeübte
Gestaltungsrecht "eingestellt" oder hierauf eingelassen hat, ein Abrücken
von dem wirksam ausgeübten Gestaltungsrecht erlaubt sein soll.
27 (1)
Im Schrifttum ist zwar nach Inkrafttreten des neuen Schuldrechts teilweise
die Ansicht vertreten worden, der Käufer müsse sich an dem von
ihm ausgeübten Minderungsrecht erst dann festhalten lassen, wenn sich der
Verkäufer auf das vom Käufer gewählte Gewährleistungsrecht "erkennbar
eingestellt", namentlich damit einverstanden erklärt (Gsell, JZ 2004, 643,
649) beziehungsweise hierauf "eingerichtet", also im Vertrauen auf die
getroffene Wahl Dispositionen getroffen oder unterlassen habe (von Olshausen
in Festschrift Huber, 2006, 471, 495; vgl. auch Derleder in
Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, 411,
425 f.; NJW 2003, 998, 1003). Dieser Auffassung liegt letztlich das
Bestreben zugrunde, eine Annäherung an die nach früherem Recht bestehende
Möglichkeit des Käufers zu erreichen, von einer einmal getroffenen Wahl der
Wandelung oder der Minderung (§§ 462, 465 BGB aF) wieder abzurücken, solange
der Verkäufer noch nicht sein Einverständnis erklärt hatte oder hierzu
verurteilt worden war.
29 (2) Die genannten Autoren verkennen
jedoch grundlegend, dass der Gesetzgeber bewusst die bisherige Konzeption
des alten Schuldrechts aufgegeben hat, nach welcher der Käufer wegen eines
vom Verkäufer zu vertretenden Mangels der Kaufsache eine Minderung des
Kaufpreises oder eine Wandelung des Kaufvertrags nach §§ 462, 465 BGB aF nur
mit dem Einverständnis des Verkäufers vornehmen konnte und bis dahin an
seine Wahl nicht gebunden war. Der Gesetzgeber hat das bisherige
kaufrechtliche Gewährleistungsrecht nicht nur der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie angepasst, sondern hat es auch darüber hinaus
gänzlich neu geregelt, weil er das bisherige Recht in Anbetracht der
schutzwürdigen Interessen von Käufer und Verkäufer in verschiedenen
Bereichen als unbefriedigend empfunden hat. Er hat im Interesse beider
Seiten für alle Kaufvertragsarten einen Nacherfüllungsanspruch des Käufers
eingeführt, der Vorrang vor den in § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB aufgeführten
Gewährleistungsrechten hat (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 220 f.). Diesem
Anspruch misst er zentrale Bedeutung zu. Denn dadurch soll erreicht werden,
dass der Käufer letztlich doch noch das erhält, was er zu beanspruchen hat,
und dem Verkäufer die Möglichkeit eingeräumt wird, die Rückabwicklung des
Vertrags oder sonstige Gewährleistungen abzuwenden (BT-Drucks. aaO, S. 220).
Zudem hat er zur Beseitigung der mit der bisherigen Ausgestaltung der
Wandelung und der Minderung nach §§ 462, 465 BGB aF verbundenen rechtlichen
Unsicherheiten die Gewährleistungsrechte des Rücktritts und der Minderung im
neuen Kaufrecht (§ 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1, § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB) als
einseitige Gestaltungsrechte mit Bindungswirkung konzipiert (BT-Drucks.,
aaO, S. 220 f., 234 f.).
29 Im Hinblick auf die durch die Einführung
eines Nacherfüllungsanspruchs im Vergleich zum früheren Recht geschaffene
zusätzliche Phase der Gewährleistung hat der Gesetzgeber die Ausformung der
Minderung des Kaufpreises und des Rücktritts vom Vertrag als bindende
Gestaltungsrechte nicht als unangemessene Benachteiligung des Käufers
bewertet, zumal diesem hierdurch eine ausreichende Überlegungs- und
Entscheidungsfrist eingeräumt worden ist (BT-Drucks. aaO). In den
Gesetzesmaterialien wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in Anbetracht
des Vorrangs des neu eingeführten Nacherfüllungsanspruchs (§ 439 BGB) kein
Bedürfnis dafür besteht, dem Käufer das Recht zum Widerruf eines wirksam
erklärten Rücktritts (oder einer Minderung) einzuräumen (BT-Drucks., aaO, S.
221, 235). Diese von den Gerichten zu beachtende gesetzgeberische
Interessenabwägung wird von der genannten, im Schrifttum vertretenen
Auffassung negiert, die dem Käufer die Flexibilität des
früheren kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts erhalten möchte.
30
(3) Wieder andere Literaturstimmen meinen, der Verkäufer könne sich wegen
des Verbots treuwidrigen Verhaltens gemäß § 242 BGB nicht zu seinen Gunsten
auf die Bindung des Käufers an die Gestaltungswirkung der Rechtsbehelfe der
Minderung und des Rücktritts berufen, wenn er selbst die Durchführung der
vom Käufer gewählten Gewährleistung verweigere, worunter auch die Stellung
eines Klageabweisungsantrags falle (vgl. Wertenbruch, JZ 2002, 862, 865 f.;
Klöhn/Haesen, EWiR 2011, 179, 180; MünchKommBGB/Westermann, aaO, § 437 Rn.
52; vgl. auch Palandt/Weidenkaff, aaO, § 437 Rn. 27). Diese Auffassung
verkennt jedoch, dass sich ein Verkäufer nicht treuwidrig verhält, wenn er
das Vorliegen eines vom Käufer behaupteten Mangels bestreitet und sich gegen
das von diesem geltend gemachte Gewährleistungsrecht zur Wehr setzt sowie im
Zuge dessen die Wirksamkeit der erklärten Minderung oder des erklärten
Rücktritts (etwa bis zur gerichtlichen Überprüfung) in Zweifel zieht. Es ist
nach der gesetzgeberischen Konzeption Sache des Käufers, sich sorgfältig zu
überlegen, für welche der in § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB aufgeführten
Gewährleistungsrechte er sich entscheidet.
31 Der Umstand, dass die
Beklagte das Minderungsrecht der Klägerin vorliegend bis zur Klageänderung
durchgängig in Abrede gestellt hatte, hinderte daher nicht den bindenden
Eintritt der damit verbundenen Gestaltungswirkung.
32 c)
Folglich ist es der Klägerin - bei unterstellter Mangelhaftigkeit des
Fahrzeugs - verwehrt, von der wirksam erklärten und mit der Zustellung
der Klageschrift nicht mehr einseitig abänderbaren Minderung des Kaufpreises
Abstand zu nehmen und stattdessen unter Berufung auf denselben Mangel
(herstellungsbedingte Fehleranfälligkeit des streitgegenständlichen
Fahrzeugs) von der Beklagten Schadensersatz statt der ganzen Leistung gemäß
§ 437 Nr. 3, § 434 Abs. 1, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 BGB
(sogenannter großer Schadensersatz) und damit die Rückabwicklung des
Kaufvertrags zu verlangen. Nach der Konzeption des kaufrechtlichen
Gewährleistungsrechts ist sie aber auch daran gehindert, zusätzlich zu der
von ihr nicht mehr zu beseitigenden Gestaltungswirkung der Minderung (siehe
oben unter II 2 b) großen Schadensersatz geltend zu machen und auf diesem
Wege im Ergebnis nicht nur eine Herabsetzung des Kaufpreises zu erreichen,
sondern den - gegebenenfalls um Gegenforderungen reduzierten - Kaufpreis
insgesamt zurückzufordern.
33 aa) Zwar gestattet es das
Gesetz dem Käufer grundsätzlich, bei Mängeln der Kaufsache neben der
Minderung des Kaufpreises zusätzlich den Ersatz ihm entstandener Schäden
geltend zu machen. Dies bringt es dadurch zum Ausdruck, dass § 437 Nr. 3
BGB, welcher die bei Mängeln in Betracht kommenden Schadensersatzansprüche
des Käufers auflistet, durch das Wort "und" mit dem vorangestellten § 437
Nr. 2 BGB verbunden ist, der den Rücktritt und die Minderung betrifft
(BT-Drucks. 16/6040, S. 226; Erman/Grunewald, BGB, 15. Aufl., § 437 Rn. 48
mwN; Staudinger/Schwarze, BGB, Neubearb. 2015, § 325 Rn. 47; insoweit eine
Analogie zu § 325 BGB für notwendig erachtend etwa NK-BGB/Büdenbender, 3.
Aufl., § 437 Rn. 91; BeckOK-BGB/Faust, aaO, § 437 Rn. 173;
MünchKommBGB/Westermann, aaO, § 441 Rn. 3). Zu den neben
der Minderung dem Käufer eröffneten Schadensersatzansprüchen zählt auch
ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung (§ 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3,
§ 281 Abs. 1 Satz 1 BGB; sogenannter kleiner Schadensersatz). Ein solcher
Anspruch kommt aber nur dann in Betracht, wenn der Käufer zusätzlich zu
dem mangelbedingten Minderwert der Sache Schäden erlitten hat (etwa
entgangenen Gewinn); hinsichtlich derselben Vermögenseinbuße schließen sich
Minderung und kleiner Schadensersatz statt der Leistung dagegen aus
(BGH, Urteil vom 27. Mai 2011 - V ZR 122/10, NJW
2011, 2953 Rn. 16). Denn der Käufer kann nicht für denjenigen
Mangelschaden, der bereits durch die Herabsetzung des Kaufpreises
ausgeglichen worden ist, Schadensersatz verlangen (BGH,
Urteil vom 27. Mai 2011 - V ZR 122/10, aaO; Palandt/Weidenkaff, aaO, §
441 Rn. 19).
34 bb) Hingegen wird dem Käufer vom Gesetz nicht die
Möglichkeit eröffnet, nach einer bindend gewordenen Minderung des
Kaufpreises wegen desselben Mangels anstelle dieses Gestaltungsrechts oder
neben diesem einen auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichteten
Schadensersatzanspruch statt der ganzen Leistung (sogenannten großen
Schadensersatz) nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 3, Abs.
5 BGB zu verlangen. Dass eine Abkehr von einer wirksam ausgeübten Minderung
nicht möglich ist, ergibt sich aus der - oben unter II 2 b bereits eingehend
beschriebenen - Bindungswirkung einer solchen Erklärung (vgl. BT-Drucks.
14/6040, S. 221; BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 - VII ZR 235/15, aaO [zu §
638 BGB] mwN). Nach der Konzeption des § 437 BGB ist aber auch die
Geltendmachung eines großen Schadensersatzes unter Beibehaltung der
Minderung ausgeschlossen. Denn der Käufer hat mit der wirksamen Ausübung der
Minderung zugleich das ihm vom Gesetzgeber eingeräumte Wahlrecht zwischen
Festhalten am und Lösen vom Kaufvertrag "verbraucht".
35 (1)
Mit der Minderung des Kaufpreises erklärt ein Käufer zugleich, die
Kaufsache trotz des betreffenden Mangels - zu einem herabgesetzten
Kaufpreis (§ 441 Abs. 3 BGB) - behalten und insoweit am Kaufvertrag
festhalten zu wollen. Dies ergibt sich aus dem Regelungsgehalt und der
Zielsetzung des dem Käufer vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten
Minderungsrechts (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 223).
36 (a)
Das Sachmangelgewährleistungsrecht der §§ 434 ff. BGB verlangt dem Käufer
einer mangelhaften Sache, der den Verkäufer vergeblich zur Nacherfüllung (§
439 BGB) aufgefordert hat oder hierzu ausnahmsweise nicht verpflichtet war,
die grundlegende Entscheidung ab, ob er den Kaufvertrag (unter Liquidation
entstandener Vermögenseinbußen) weitergelten lassen oder ob er sich von
diesem - was regelmäßig nur unter strengeren Voraussetzungen möglich ist
(vgl. etwa § 323 Abs. 5 Satz 2, § 281 Abs. 1 Satz 3 BGB) - lösen will. Dafür
stehen ihm jeweils zwei Wege zur Verfügung. Will er die Kaufsache behalten,
kann er entweder durch eine Gestaltungserklärung den Kaufpreis unter den
Voraussetzungen des § 437 Nr. 2, § 441 BGB mindern oder im Wege
der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches statt der Leistung gemäß §
437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB die Liquidation des
Minderwerts erreichen (sogenannter kleiner Schadensersatz, BT-Drucks.
14/6040, S. 225 f.; siehe bereits BGH, Urteile vom 22. November 1985 - V ZR
220/84, BGHZ 96, 283, 287; vom 23. Juni 1989 - V ZR 40/88, BGHZ 108, 156,
160 [jeweils zu § 463 BGB aF]). Sofern er zusätzliche, durch die erklärte
Minderung nicht ausgeglichene Schäden erlitten hat, kann er auch - wie oben
unter II 2 c aa bereits ausgeführt - die Gewährleistungsrechte der Minderung
und des kleinen Schadensersatzes nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281
Abs. 1 Satz 1 BGB miteinander kombinieren (BGH, Urteil vom 27. Mai 2011 - V
ZR 122/10, aaO).
37 Will er sich hingegen vom Kaufvertrag
lösen, kann er entweder den Rücktritt vom Vertrag nach § 437 Nr. 2, § 323
BGB erklären oder aber Schadensersatz statt der ganzen Leistung nach § 437
Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 3 BGB fordern, der auf Ersatz des
dem Käufer durch die Nichterfüllung des gesamten Vertrages entstandenen
Schadens gerichtet ist und das Entfallen der Leistungspflicht (§ 281 Abs. 4
BGB) sowie die Rückgewähr bereits erbrachter Leistungen (§ 281 Abs. 5 i.V.m.
§§ 346 ff. BGB) zur Folge hat (großer Schadensersatz,
BT-Drucks. aaO; siehe bereits BGH, Urteile vom 22. November 1985 - V ZR
220/84, aaO; vom 23. Juni 1989 - V ZR 40/88, aaO, S. 159 [jeweils zu § 463
BGB aF]).
38 (b) Der Käufer, der wirksam von dem Gestaltungsrecht der
Minderung Gebrauch macht, bringt deshalb - in Anbetracht des Inhalts, den
der Gesetzgeber diesem Gewährleistungsrecht beigemessen hat - seinen Willen
zum Ausdruck, die Kaufsache trotz des ihr anhaftenden Mangels zu behalten
und an dem Kaufvertrag mit dem durch die Herabsetzung des Kaufpreises
wiederhergestellten Äquivalenzverhältnis festzuhalten (vgl. BT-Drucks.
14/6040, S. 223; in diesem Sinne auch NK-BGB/Büdenbender, aaO Rn. 92;
BeckOK-BGB/Faust, aaO). Diese Erklärung ist integraler Bestandteil der
Gestaltungswirkung der Minderung und mithin ab dem Wirksamwerden dieses
Gestaltungsrechts für den Käufer bindend. Die Klägerin hat daher - das
Vorliegen eines Sachmangels unterstellt - mit der Zustellung ihrer in der
Klageschrift ausgesprochenen Minderungserklärung verbindlich zum Ausdruck
gebracht, den Kaufvertrag nicht rückgängig machen, sondern das (ihrer
Auffassung nach) mit dem Mangel herstellungsbedingter Fehleranfälligkeit
behaftete Fahrzeug zu einem reduzierten Kaufpreis behalten zu wollen.
39 (2) Mit dieser Entscheidung, an dem Kaufvertrag festzuhalten, ist es
jedoch - worauf die Revision mit Recht hinweist - unvereinbar, dass ein
Käufer, wie vorliegend die Klägerin, nach erfolgter Minderung des
Kaufpreises, deren Wirksamkeit im Revisionsverfahren zu unterstellen ist,
unter Berufung auf denselben Mangel Schadensersatz statt der ganzen Leistung
(§ 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 3 BGB) und damit die
Rückabwicklung des Kaufvertrages (§ 281 Abs. 5 i.V.m. §§ 346 ff. BGB)
begehrt.
40( a) Die auf gegenläufige Ziele - Festhalten am Vertrag
oder Lösen vom Vertrag - ausgerichteten Gewährleistungsrechte der Minderung
(§ 441 BGB) und des Rücktritts (§ 323 BGB) hat der Gesetzgeber - wie bereits
oben unter II 2 c bb (1) ausgeführt - als Gestaltungsrechte ausgeformt, die
dem Käufer nur alternativ zur Verfügung stehen. Dies kommt nicht nur in den
Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 14/6040, S. 223) zum Ausdruck, sondern hat
auch im Gesetz an mehreren Stellen Niederschlag gefunden. So kann der Käufer
gemäß § 437 Nr. 2 BGB entweder vom Vertrag zurücktreten "oder" den Kaufpreis
mindern. Dementsprechend sieht § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB vor, dass der Käufer
"statt zurückzutreten" den Kaufpreis mindern kann.
41 (b) Wie bereits
oben unter II 2 c bb (1) ausgeführt, stellt der Gesetzgeber dem Käufer aber
nicht nur bei den in § 437 Nr. 2 BGB aufgeführten Gestaltungsrechten der
Minderung und des Rücktritts zwei Rechte mit gegenläufigen Zielsetzungen
(Festhalten am Vertrag bei Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts
einerseits oder Rückabwicklung des Kaufvertrags unter Rückgewähr der
beiderseitigen Leistungen anderseits) zur Auswahl. Auch bei den in § 437 Nr.
3 BGB genannten Ansprüchen auf kleinen Schadensersatz (§ 437 Nr. 3, § 280
Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) und auf großen Schadensersatz (§ 437 Nr.
3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 BGB) wird dem Käufer die
Wahl zwischen den gegensätzlichen Alternativen abverlangt, ob er am Vertrag
festhalten und den Minderwert (ggf. neben weiteren Schäden) liquidieren
(sogenannter kleiner Schadensersatz) oder Rückgängigmachung des Vertrags
(sogenannter großer Schadensersatz) beanspruchen will (BT-Drucks. 14/6040,
S. 225 f.).
42 Dieser Gleichlauf der "Polarität"
(Unvereinbarkeit) sowohl zwischen Rücktritt und Minderung einerseits als
auch zwischen großem und kleinem Schadensersatz andererseits schließt nach
einer wirksam erklärten Minderung (§ 441 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht nur einen
Rücktritt, sondern überdies auch einen - ebenso wie der Rücktritt auf
Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichteten - Anspruch auf Schadensersatz
statt der ganzen Leistung gemäß § 281 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 BGB aus
(so im Ergebnis auch NK-BGB/Dauner-Lieb/Dubovitskaya, aaO, § 325 Rn. 11;
NK-BGB/Büdenbender, aaO; BeckOKBGB/Faust, aaO; Palandt/Grüneberg, aaO, § 281
Rn. 41; Althammer/Löhnig, AcP 205 (2005), S. 520, 540; Lögering, MDR 2009,
664, 666; offen gelassen bei BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 - VII ZR
235/15, aaO Rn. 49 [zu § 638 BGB]). Denn mit der im Wege einer Minderung
abgegebenen Erklärung des Käufers, er wolle am Vertrag festhalten und
(lediglich) den Kaufpreis wegen des mangelbedingten Minderwerts der
Kaufsache angemessen herabsetzen, ist es unvereinbar, dass er stattdessen
oder zusätzlich hierzu großen Schadensersatz nach § 281 Abs. 1 Satz 3 BGB
verlangt, welcher nach § 281 Abs. 5 in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB die
Rückabwicklung des Vertrages zur Folge hätte. Andernfalls könnte der
Gläubiger, der die Minderung bereits erklärt und sich mit dieser ihn
bindenden Gestaltungserklärung für ein Festhalten am Vertrag entschieden
hat, diese Entscheidung noch revidieren (vgl.
NK-BGB/Dauner-Lieb/Dubovitskaya, aaO; Althammer/Löhnig, aaO; Lögering, aaO).
Dies wäre indes weder mit der bindenden Gestaltungswirkung der Minderung
(siehe dazu oben unter II 2 b) noch mit der vom Gesetzgeber in § 437 Nr. 2
und Nr. 3 BGB vorgegebenen Alternativität zwischen einem Festhalten am
Vertrag und einer Rückgängigmachung des Vertragsverhältnisses in Einklang zu
bringen. Ein Käufer, der sich hinsichtlich eines Mangels für eine Minderung
entschieden hat, hat diesbezüglich sein Wahlrecht insofern "verbraucht" als,
dass er eine Rückgängigmachung des Kaufvertrags weder in Form eines
Rücktritts noch als großen Schadensersatz beanspruchen kann.
43 (c)
Übereinstimmend mit den oben aufgezeigten Grundsätzen hat es
der Bundesgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung dem
Gewährleistungsgläubiger nach einer erfolgten Minderung (§ 437 Nr. 2, § 441
Abs. 1 Satz 1 BGB) stets nur gestattet, ergänzend hierzu Schadensersatz
statt der Leistung in Form des Festhaltens am Vertrag unter Ausgleich des
Minderwerts und etwaiger weiterer mangelbedingter Vermögenseinbußen
(sogenannter kleiner Schadensersatz; § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281
Abs. 1 Satz 1 BGB) geltend zu machen (vgl.
BGH, Urteile vom 27. Mai 2011 - V ZR 122/10, aaO Rn. 16 [kleiner
Schadensersatz neben Minderung]; vom 19. Januar
2017 - VII ZR 235/15, aaO [zu § 638 BGB]; vgl. außerdem
BGH, Urteil vom 5. November 2010 - V ZR 228/09,
NJW 2011, 1217 Rn. 35 [kleiner Schadensersatz statt
fehlgeschlagener Minderung]; Beschluss vom 22. September 2016 - V
ZR 4/16, NJW 2017, 893 Rn. 26 ff. [Minderung nebst kleinem
Schadensersatz]). Denn Minderung und sogenannter kleiner
Schadensersatz beruhen auf der - insoweit deckungsgleichen - Entscheidung
des Käufers, die Liquidation der ihm durch den Mangel entstandenen Nachteile
unter Beibehaltung der Kaufsache herbeizuführen (vgl. BT-Drucks.
14/6040, S. 223, 225 f.). Insofern schließt eine vom Käufer
erklärte Minderung einen solchen Schadensersatz nicht aus.
44 (d) Demgegenüber lässt eine im Schrifttum vereinzelt vertretene
Auffassung die dargestellte, der Vorschrift des § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB
zugrunde liegende Konzeption außer Acht, wenn sie meint, der Käufer sei
durch eine bereits erklärte Minderung deshalb nicht an der Geltendmachung
eines Schadensersatzanspruchs statt der ganzen Leistung gehindert, weil der
Minderungsbetrag letztlich im Schadensersatz statt der ganzen Leistung
"enthalten" sei und der Übergang zum großen Schadensersatz deshalb keine
Rückgängigmachung einer bereits eingetretenen Änderung der Rechtslage,
sondern eine bloße "Erweiterung" der mit der Minderung herbeigeführten,
weniger weitreichenden Änderung darstelle (so Stöber, NJW 2017, 2785,
2788; BeckOGK/Stöber, BGB, Stand: 1. November 2017, § 441 Rn. 22). Die
genannte Auffassung meint, durch ein solches Vorgehen würden lediglich gemäß
§ 281 Abs. 4 BGB die von der Minderung unangetastet gebliebenen
Restleistungspflichten aufgehoben (ähnlich auch Staudinger/Schwarze, aaO Rn.
49).
45 Diese Konstruktion ist jedoch dogmatisch verfehlt, weil eine
Rückabwicklung des Vertrages die von einer zuvor bereits wirksam gewordenen
Minderung ausgehende Gestaltungswirkung nicht "erweitert", sondern die mit
ihr getroffene Käuferentscheidung, am Vertrag (zu einem herabgesetzten
Kaufpreis) festzuhalten, aufhebt und in ihr Gegenteil verkehrt. Sie nimmt
weder die einer ausgeübten Minderung anhaftende Bindungswirkung noch den
Umstand ausreichend in den Blick, dass sich der Käufer hierdurch - unter
"Verbrauch" seines Wahlrechts zwischen Festhalten am oder Loslösung vom
Vertrag - für die Fortgeltung des Kaufvertrags unter Ausgleich des
Minderwerts entschieden hat.
46 d) Schließlich lässt sich
entgegen der Annahme des Berufungsgerichts aus der von ihm bemühten Analogie
zu § 325 BGB eine Berechtigung der Klägerin nicht ableiten, sich von ihrer
in der Klageschrift - bei unterstellter Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs
wirksam - erklärten Minderung (§ 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1, § 441 Abs. 1 Satz
1 BGB) wieder zu lösen und stattdessen zu einem auf den sogenannten großen
Schadensersatz gerichteten Anspruch (§ 437 Nr. 3, § 434 Abs. 1, § 280 Abs.
1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 BGB) überzugehen.
47 aa)
Das Berufungsgericht hat sich dabei die Ausführungen in einer früheren
Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart (ZGS 2008, 479) und einer dort
mehrfach zitierten Literaturstimme (Derleder, NJW 2003, 998) zu
Eigen gemacht. Diese Auffassung will zwar nicht in Frage stellen, dass es
sich bei Minderung und Rücktritt (§ 437 Nr. 2, §§ 441, 323 BGB) um nach
ihrer Ausübung grundsätzlich unwiderrufliche Gestaltungsrechte handelt
(Derleder, aaO S. 1000 f.; OLG Stuttgart, ZGS 2008, 479, 480). Sie ist
jedoch der Ansicht, der Gesetzgeber habe mit der Ausformung dieser
Rechtsinstitute als Gestaltungsrechte nicht die nach früherem Recht auf
Seiten des Käufers bestehende Flexibilität einschränken wollen. Die
Minderung und die Wandelung nach früherem Recht hätten zu ihrem Vollzug das
Einverständnis des Gläubigers vorausgesetzt (§§ 462, 465 BGB aF), was zur
Folge gehabt habe, dass der Käufer bis zu diesem Zeitpunkt die von ihm
getroffene Wahl habe wieder abändern können (ius variandi; siehe dazu
bereits unter II 2 b cc). Dem Käufer einer mangelhaften Sache müsse es auch
unter der Geltung des neuen Schuldrechts weiterhin möglich sein, auf
Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse oder auf eine neue Feststellung
zur Schwere der Mangelfolgen mit einem Wechsel der Gewährleistungsrechte zu
reagieren (Derleder, aaO S. 1000, 1002; OLG Stuttgart, aaO). Dies sei - für
den Rücktritt - durch eine teleologische Auslegung des § 325 BGB
beziehungsweise - für die Minderung - durch eine analoge Anwendung des § 325
BGB sicherzustellen.
48 bb) Diese Erwägungen, die letztlich allein
dem Bestreben geschuldet sind, im Interesse des Käufers die diesem nach
bisherigem Recht - infolge der damals nicht vorgesehenen Bindung des Käufers
an sein Verlangen zur Wandelung oder zur Minderung vor deren Vollzug -
eingeräumte Flexibilität zu erhalten (Derleder, aaO S. 1002), jedoch eine
dogmatische Ableitung der als angemessen empfundenen Analogie zu § 325 BGB
vermissen lassen, sind indes schon im Ausgangspunkt unzutreffend.
49
(1) Nach § 325 BGB wird das Recht, bei einem gegenseitigen Vertrag
Schadensersatz zu verlangen, durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen.
Mit dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber im Rahmen der
Schuldrechtsmodernisierung die im früheren Recht in §§ 325, 326 BGB aF
angelegte, nicht mehr als sachgerecht empfundene Alternativität zwischen dem
Ersatz des Erfüllungsinteresses (Schadensersatz wegen Nichterfüllung) und
der Ausübung des Rücktrittsrechts aufgeben und durch eine Kumulation von
Rücktritt und Schadensersatz ablösen (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 187 f.).
Der Gläubiger soll nunmehr die Rechtsfolgen beider Rechtsbehelfe miteinander
kombinieren können, obwohl das ursprüngliche Schuldverhältnis durch die
Erklärung des Rücktritts in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt
worden ist (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 188; Senatsurteile vom
14. April 2010 - VIII ZR 145/09, NJW 2010, 2426
Rn. 15; vom 28. November 2007 - VIII ZR 16/07,
BGHZ 174, 290 Rn. 10; siehe hierzu auch BGH, Urteil vom 30. Juni 2017 -
V ZR 134/16, NJW 2017, 3438 Rn. 18 ff.). Die Schaffung des § 325 BGB
hatte also zum Ziel, dem Käufer den Ersatz von Vermögenseinbußen, die an
sich nur bei einem weiterbestehenden Kaufvertrag als Schadensersatz
ersatzfähig wären, auch dann zu gewähren, wenn der Käufer infolge eines
wirksam erklärten Rücktritts (§§ 323 f. BGB) den Kaufvertrag in ein
Abwicklungsprogramm (§§ 346 ff. BGB) umgestaltet hat.
50 (2)
Vor dem Hintergrund dieses auf bestimmte Fallgestaltungen
zugeschnittenen Regelungszwecks ist die von den genannten Stimmen bejahte
Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 325 BGB im Wege einer
"teleologischen Auslegung" beziehungsweise einer "Analogie" aus mehreren
Gründen ausgeschlossen.
51 a) Die beschriebene Auffassung
will der Vorschrift des § 325 BGB zunächst im Wege einer am Ziel maximaler
Käuferflexibilität ausgerichteten "teleologischen Auslegung" den
(ergänzenden) Regelungsgehalt entnehmen, dass sie es weiterhin ermögliche,
"voreilige Rücktrittserklärungen zu neutralisieren", und damit den Wechsel
vom Rücktritt zum Schadensersatz gestatte (Derleder, aaO S. 1000, 1002).
Werde der kleine Schadensersatzanspruch nach § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB geltend
gemacht, erlösche "aufgrund schadensrechtlicher Saldierung" der durch den
Rücktritt entstandene Rückgewähranspruch, so dass der Käufer die Sache
behalten und Ersatz des ihm darüber hinaus durch die Nichterfüllung
entstandenen Schadens verlangen könne (Derleder, aaO, S. 1001, 1003;
Palandt/Grüneberg, aaO, § 325 Rn. 2).
52 (aa) Indes gibt es
keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 325
BGB dem Gläubiger über den oben beschriebenen Anwendungsbereich - die
Kumulation von Rücktritt und Schadensersatz (vgl.
Senatsurteil vom 14. April 2010 - VIII ZR 145/09,
aaO Rn. 15, 22) - hinaus hätte ermöglichen wollen, die bindenden
Rechtswirkungen eines bereits wirksam gewordenen Rücktritts (§§ 346 ff. BGB)
wieder rückgängig zu machen und sich stattdessen für die Geltendmachung
eines kleinen Schadensersatzanspruchs (§ 281 Abs. 1 Satz 1 BGB), also für
das Behalten der mangelbehafteten Kaufsache unter Liquidation
mangelbedingter Vermögenseinbußen, zu entscheiden (vgl. auch
Lögering, aaO). Vielmehr ging er davon aus, dass ein Käufer, der an seinem
Rücktritt festgehalten wird, das erhält, "was ihm zusteht"
(BT-Drucks. 14/6040, S. 221), und im Hinblick darauf, dass er den Rücktritt
grundsätzlich erst nach Ablauf der dem Verkäufer zur Nacherfüllung gesetzten
Frist erklären kann, vor einer übereilten ("falschen") Entscheidung bei der
Wahl des Gewährleistungsrechts ausreichend geschützt wird (vgl. BT-Drucks.,
aaO).
53 (bb) Zudem liefe eine solche erweiternde Auslegung des § 325
BGB der Grundkonzeption des kaufrechtlichen Gewährleistungssystems zuwider,
die die Gestaltungsrechte des § 437 Nr. 2 BGB in bewusster Abkehr vom
früheren Recht mit ihrer Ausübung als bindend ausgestaltet hat und sowohl
bei diesen Gewährleistungsrechten als auch bei den in § 437 Nr. 3 BGB
aufgeführten Schadensersatzansprüchen dem Käufer zwei Alternativprogramme
(Festhalten am oder Lösen vom Vertrag) zur Auswahl stellt. Die Vorschrift
des § 325 BGB stellt mit ihrer in den Gesetzesmaterialien verdeutlichten
Zielsetzung lediglich eine punktuelle Durchbrechung dieser im System
angelegten Alternativität dar, die vom Gesetzgeber deswegen für erforderlich
gehalten wurde, weil der Käufer nach altem Recht nur bei Wahl des
Schadensersatzes, nicht aber bei der Wandelung die Rechtsfolgen beider
Rechtsbehelfe kombinieren konnte (BT-Drucks. 14/6040, S. 188; vgl. auch
Senatsurteile vom 14. April 2010 - VIII ZR 145/09, aaO;
vom 28. November 2007 - VIII ZR 16/07, aaO; siehe hierzu auch BGH, Urteil
vom 30. Juni 2017 - V ZR 134/16, aaO Rn. 17 f.).
54 Damit ist
bereits die von der genannten Auffassung zugrunde gelegte
(Ausgangs-)Überlegung unzutreffend, § 325 BGB gestatte in seinem
unmittelbaren Anwendungsbereich im Wege einer "teleologischen Auslegung"
über das Nebeneinander von Rücktritt und Schadensersatzansprüchen hinaus
zusätzlich einen - die rechtsgestaltende Wirkung des Rücktritts im Ergebnis
aufhebenden -Wechsel vom Rücktritt zum sogenannten kleinen
Schadensersatzanspruch.
55 (b) Anknüpfend an die
beschriebene verfehlte "teleologische Auslegung" des § 325 BGB hält die vom
Berufungsgericht geteilte Auffassung einen weiteren Schritt für geboten. Sie
will dem Käufer - nun im Wege der "Analogie" zu § 325 BGB - einen Wechsel
von einer bereits erklärten Minderung (§ 437 Nr. 2, § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB)
zu einem großen Schadensersatzanspruch (§ 437 Nr. 3, § 434 Abs. 1, § 280
Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 3) und damit zur Rückabwicklung des
Kaufvertrages (§ 281 Abs. 5 i.V.m. §§ 346 ff. BGB) ermöglichen. Hierfür
besteht erst recht kein Raum (Lögering, aaO).
56 (aa) Diese Ansicht
stellt die Prämisse auf, der Käufer könne nach einer bereits wirksam
gewordenen Minderungserklärung in entsprechender Anwendung des § 325 BGB
noch zum großen Schadensersatz übergehen und damit auch insoweit seine
voreilig abgegebene Gestaltungserklärung "neutralisieren" (Derleder, aaO S.
1002; Berscheid, ZGS 2009, 17, 18 f.). Das Schadensersatzverlangen lasse
dann den um die Minderungsquote gekürzten Erfüllungsanspruch des Verkäufers
gemäß § 281 Abs. 4 BGB untergehen. Anknüpfungspunkt für die bei einer
Analogie erforderliche planwidrige Lücke im Gesetz könne wiederum "die
Überlegung im Gesetzgebungsverfahren sein, § 325 BGB biete eine Kompensation
für den mit der Abschaffung des Minderungsvertrags verbundenen
Flexibilitätsverlust hinsichtlich des ius variandi" (Derleder, aaO). Zu
einem solchen Ausgleich könne es jedoch nicht kommen, wenn die Minderung
nach Gefahrübergang einem Wechsel des Gläubigers zum Schadensersatzanspruch
im Wege stehe. Die "Schließung" der beschriebenen Unvollständigkeit des
Gesetzes durch eine entsprechende Anwendung des § 325 BGB dahin, dass auch
nach einer Minderung noch ein Wechsel zu einem Schadensersatzverlangen
möglich sei, stelle daher nichts anderes als die
"sachgerechte Fortschreibung des in dieser Norm enthaltenen Programms" dar
(Derleder, aaO; OLG Stuttgart, aaO).
57 (bb) Diese Sichtweise
trifft in mehrfacher Hinsicht nicht zu. Es fehlt sowohl an einer für eine
Analogie erforderlichen vergleichbaren Interessenlage zu den von § 325 BGB
erfassten Fallgestaltungen als auch an einer planwidrigen Regelungslücke.
58 (aaa) Die Bestimmung des § 325 BGB gestattet dem Käufer -
wie bereits ausgeführt - schon in seinem direkten Anwendungsbereich nicht
die "Neutralisierung" voreiliger Rücktrittserklärungen, sondern sieht nur
ein Nebeneinander eines bindenden Rücktritts und der Geltendmachung von
Schadensersatzansprüchen vor. Bereits aus diesem Grunde kann nicht unter
Berufung auf eine vergleichbare Interessenlage aus § 325 BGB analog die
Befugnis zu einem Übergang von einer Minderung zu einem großen
Schadensersatzanspruch abgeleitet werden.
59 Davon abgesehen findet
die Annahme, der Gesetzgeber habe die Vorschrift des § 325 BGB als Ausgleich
dafür geschaffen, dass bei der Minderung und dem Rücktritt in Abweichung zum
früheren Recht das ius variandi entfallen sei, in den Gesetzesmaterialien
keine Stütze. Dass sich der Gesetzgeber entschieden hat, dem Käufer anstelle
des Rechtsinstituts der Wandelung (§ 462 BGB aF) das Gestaltungsrecht des
Rücktritts (§ 323 BGB) einzuräumen und die Minderung (§ 462 BGB aF) nun
ebenfalls in ein Gestaltungsrecht (§ 441 Abs. 1 Satz 1 BGB) umzuwandeln,
beruht allein auf dem Umstand, dass er den in § 465 BGB aF geregelten
Vollzug von Wandelung und Minderung als unnötig kompliziert und den
Bedürfnissen der Praxis nicht gerecht werdend angesehen hat (BT-Drucks.
14/6040, S. 220 f., 235). Die Einführung des Nebeneinanders von Rücktritt
und Schadensersatz sollte dagegen dazu dienen, eine hiervon unabhängige
Unzulänglichkeit des alten Schuldrechts zu bereinigen. Der Gesetzgeber
wollte damit - wie bereits oben unter II 2 c bb (1) ausgeführt - die
im früheren Recht angelegte und von ihm nicht als sachgerecht empfundene
Alternativität zwischen dem Ersatz des Erfüllungsinteresses (Schadensersatz
wegen Nichterfüllung) und der Ausübung des Rücktrittsrechts aufheben und so
dem Käufer auch dann die Geltendmachung des Erfüllungsinteresses
ermöglichen, wenn er durch wirksame Ausübung des Rücktritts den Vertrag in
ein Rückabwicklungsverhältnis umgestaltet hat (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S.
187 f.).
60 (bbb) Auch ist nicht zu erkennen, dass der
Ausschluss eines Wechsels zwischen einer bindend erklärten Minderung und
einem auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichteten großen
Schadensersatzanspruch nach dem gesetzgeberischen Konzept eine (planwidrige)
Regelungslücke darstellt. Der Umstand, dass ein Wechsel von
Minderung auf großen Schadensersatz für den Käufer in einigen Fällen
vorteilhaft sein könnte, etwa wenn sich ein zunächst für unerheblich
gehaltener Mangel später doch noch als erheblich (vgl. § 281 Abs. 1 Satz 3
BGB) herausstellen sollte, rechtfertigt angesichts der vom Gesetzgeber im
Rahmen des Gewährleistungsrechts nach §§ 434 ff. BGB getroffenen
Wertentscheidungen keine Analogie zu § 325 BGB. Bei der Umgestaltung des
Gewährleistungsrechts hatte er nicht nur die schutzwürdigen Belange des
Käufers, sondern auch die gleichermaßen beachtlichen Interessen
des Verkäufers zu berücksichtigen, der auf Rechtssicherheit angewiesen ist,
weil er sich als Reaktion auf die vom Käufer getroffene Entscheidung für
oder gegen den Fortbestand des Vertrages seinerseits darüber klar werden
muss, ob er Dispositionen treffen oder von solchen absehen soll.
61
Um diese gegenläufigen Interessen in einen angemessenen Ausgleich zu
bringen, hat der Gesetzgeber ein in sich geschlossenes Gewährleistungssystem
geschaffen und dabei dem Käufer entlang der Trennlinie zwischen einem
Festhalten am und einem Loslösen vom Vertrag verschiedene
Gewährleistungsrechte zur Auswahl gestellt. Dabei hat er die Minderung
bewusst als bindendes Gestaltungsrecht ausgestaltet (BT-Drucks. 14/6040, S.
234 f. i.V.m. S. 221), dem Käufer aber zugleich die Möglichkeit eröffnet, im
Falle einer Minderung zusätzlich solche Schadensersatzansprüche realisieren
zu können (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 226), die mit einer Minderung nicht
in Widerspruch stehen.
62 Daher kann der Käufer gemäß § 437
Nr. 3 BGB auch nach wirksam ausgeübtem Minderungsrecht wegen ihm darüber
hinaus entstandener Schäden kleinen Schadensersatz statt der Leistung gemäß
§ 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB (siehe dazu oben unter II 2 c aa;
vgl. BGH, Urteile vom 5. November 2010 - V ZR 228/09, aaO; vom 19. Januar
2017 - VII ZR 235/15, aaO [zu § 638 BGB]) verlangen. Hierdurch wird
gewährleistet, dass der Käufer das erhält, "was ihm zusteht" (vgl.
BT-Drucks. 14/6040, S. 221 i.V.m. S. 226). Vor diesem Hintergrund bestand
für einen auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichteten (großen)
Schadensersatz nach erfolgter Minderung aus Sicht des Gesetzgebers kein
Bedürfnis, zumal er einen Schutz des Käufers vor übereilten ("falschen")
Entscheidungen bei Ausübung seines Wahlrechts dadurch als gewährleistet
angesehen hat, dass der Käufer den Verkäufer vor Ausübung seiner weiteren
Gewährleistungsrechte grundsätzlich zur Nacherfüllung aufzufordern hat und
ihm damit eine ausreichende Überlegungsfrist zur Verfügung steht (vgl.
BT-Drucks. 14/6040, S. 221 [zum Rücktritt]).
63 e) Entgegen
der Auffassung der Revisionserwiderung gebietet schließlich auch Art. 3 Abs.
2, 5 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der
Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. EG Nr. L 171 S. 12;
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) nicht, vorliegend einen Übergang der Klägerin
von ihrer bereits erklärten Minderung zum Schadensersatzanspruch statt der
ganzen Leistung zuzulassen (ähnlich allerdings auch Stöber, NJW 2017, 2785,
2786 f.).
64 aa) Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass die
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht alle Aspekte der kaufrechtlichen
Gewährleistung regelt, sondern lediglich Ansprüche auf Nacherfüllung, auf
Minderung des Kaufpreises und auf Vertragsauflösung. Art. 3 Abs. 2, 3, 5 der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie sieht (nur) vor, dass der Verbraucher unter
den dort genannten Voraussetzungen entweder Anspruch auf die unentgeltliche
Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes durch
Nachbesserung oder durch Nacherfüllung nach Maßgabe des Absatzes 3 oder auf
angemessene Minderung des Kaufpreises oder auf Vertragsauflösung in Bezug
auf das betreffende Verbrauchsgut nach Maßgabe der Absätze 5 und 6 hat.
Schadensersatzansprüche des Käufers einer vertragswidrigen Sache werden
daher von der Richtlinie nicht erfasst (vgl. Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie;
BT-Drucks. 14/6040, S. 245; Senatsurteil vom 12. Oktober 2016 - VIII ZR
103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 53), so dass sie naturgemäß keine Aussage zu dem
Verhältnis von Minderung und Schadensersatz trifft. Dies gilt entgegen der
vom Revisionsanwalt der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
vertretenen Auffassung auch für den großen Schadensersatzanspruch, der zwar
auf Rückgängigmachung des Kaufvertrags gerichtet, aber nicht mit einer
"Vertragsauflösung" im Sinne der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie
gleichzusetzen ist.
65 bb) Unabhängig davon eröffnet auch die von der
Revisionserwiderung bemühte überschießende Umsetzung der Richtlinie nicht
den Weg zu der von ihr gewünschten richtlinienkonformen Auslegung.
66
(1) Zunächst sprechen sowohl der Wortlaut als auch der Sinn und Zweck dieser
Bestimmung dagegen, dass dem Käufer eines Verbrauchsgutes ein Anspruch auf
"Vertragsauflösung" (Rücktritt) auch dann noch zustehen soll, wenn er wegen
der betreffenden Vertragswidrigkeit bereits wirksam eine angemessene
Minderung des Kaufpreises herbeigeführt hat. Die
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie räumt dem Käufer im Rahmen eines
Verbrauchsgüterkaufs zwar ein Wahlrecht zwischen den genannten Rechten ein
(vgl. Erwägungsgrund Nr. 10; Art. 3 Abs. 2, 3, 5 der Richtlinie), wobei der
Nacherfüllung der Vorrang zukommt (Art. 3 Abs. 3, 5 der Richtlinie). Sie
trifft aber keine (ausdrückliche) Aussage dazu, dass eine wirksam getroffene
Wahl nicht bindend sein soll. Auch dem Vorschlag der Kommission für eine
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (KOM (95) 520 endg., S. 14 f.) ist eine solche
Abkehr von einer bindend getroffenen Wahl nicht zu entnehmen. Gegen eine
fehlende Bindungswirkung spricht neben dem Wortlaut der Richtlinie
insbesondere der Umstand, dass ihr die Vorstellung zugrunde liegt, die
Vertragswidrigkeit werde durch eine Nacherfüllung oder durch eine Minderung
hinreichend ausgeglichen (vgl. KOM (95) 520 endg., S. 14 f.).
67 (2)
Letztlich kann die Frage, ob eine wirksam ausgeübte Minderung nach
Unionsrecht Bindungswirkung entfaltet, jedoch offenbleiben. Denn selbst
dann, wenn Art. 3 Abs. 2, 5 der Richtlinie dahin auszulegen wäre, dass ein
Käufer berechtigt sein sollte, von einer wirksam ausgeübten Minderung
abzurücken und vom Vertrag zurückzutreten, ließe sich hieraus nicht im Wege
der richtlinienkonformen Auslegung (oder gar Rechtsfortbildung) ableiten,
dass der Käufer von einer nach nationalem Recht bindend ausgestalteten
Minderung wieder abrücken kann.
68 Denn eine
richtlinienkonforme Auslegung (oder Rechtsfortbildung) käme - für den
Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) oder gar (so die Revisionserwiderung) zur
Vermeidung einer Rechtszersplitterung überschießend auch für Kaufverträge
zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern - nur dann in Betracht,
wenn die Möglichkeit des Übergangs von einer wirksam ausgeübten Minderung
zum Rücktritt dem Willen des deutschen Gesetzgebers nicht widerspräche
(vgl. Senatsurteile vom 17. Oktober 2012
- VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 22;
vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 28; vom
28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 43 f. und VIII
ZR 13/12, juris Rn. 45 f.; vom 12. Oktober 2016 - VIII ZR 103/15, aaO Rn.
38; jeweils mwN). Dies ist indes, wie bereits mehrfach ausgeführt, aber der
Fall, da der Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes bewusst
Minderung und Rücktritt als mit ihrer wirksamen Ausübung bindende
Gestaltungsrechte ausgeformt hat und dem Käufer die beiden Rechtsbehelfe
wegen desselben Mangels nur alternativ zur Verfügung stellt (vgl. sowohl den
Text der §§ 437, 441 BGB als auch die Erwägungen in den Gesetzesmaterialien
[BT-Drucks. 14/6040, S. 221, 223]).
69 Aus den vorbezeichneten
Gründen besteht entgegen der vom Revisionsanwalt der Klägerin in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Auffassung in mehrfacher
Hinsicht kein Anlass, die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Union zur
Vorabentscheidung (Art. 267 AEUV) vorzulegen.
III.
70
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts in dem aus dem Tenor
ersichtlichen Umfang keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben
(§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat
in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur
Aufhebung des Berufungsurteils und - unter Abänderung des landgerichtlichen
Urteils - zur Klageabweisung insgesamt.
|