Erledigung in der
Hauptsache (§ 91a ZPO) und Einrede der Verjährung: Erhebung der Einrede als
maßgeblicher Zeitpunkt; Einredecharakter der Verjährung (§ 214 BGB)
BGH, Urteil vom 27.01.2010
- VIII ZR 58/09
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Die erstmalige Erhebung der Einrede
der Verjährung im Laufe des Rechtsstreits stellt auch dann ein erledigendes
Ereignis dar, wenn die Verjährung bereits vor Rechtshängigkeit eingetreten
ist.
Zentrale Probleme:
Eine schöne und lehrreiche Entscheidung an
der Grenze zwischen materiellem Recht und Zivilprozeßrecht. Es geht um das
Problem der Erledigung in der Hauptsache. Diese ist in § 91a ZPO nur in
Bezug auf die Kosten geregelt (§ 91a ZPO). Sie tritt nur ein, wenn eine anfänglich zulässige und
begründete Klage durch ein nach Rechtshängigkeit liegendes Ereignis
unzulässig bzw. unbegründet wird (s. dazu nur
BGH
NJW 1986, 588 ff ; BGH NJW 1994, 2363
ff, BGHZ 83, 12 sowie die Anm. zu
BGH v. 13.12.2006 - XII ZB 71/04).
erhebt der Bekl. im Prozeß die Einrede der Verjährung, so stellt sich die
Frage, ob die Klage schon von Anfang an unbegründet war (dann liegt keine
Erledigung vor und dem Kl. können nach § 91a ZPO die gesamten Kosten
auferlegt werden). Der BGH hatte dieses Problem bereits im Hinblick auf die
Aufrechnung entschieden (s. die Anm. zu
BGHZ 155, 392).
Für die Verjährung entscheidet er jetzt ebenso. Lehrreich sind dabei die
Ausführungen über den Charakter der Verjährung, die der BGH bereits in
BGHZ 156, 269
dargelegt hatte.
©sl 2010
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten, nachdem die Klägerin ursprünglich
die Zahlung von 300 € aus einem Vergleich verlangt hatte und die Beklagte in
erster Instanz die Einrede der Verjährung erhoben hat, um die Erledigung des
Rechtsstreits in der Hauptsache.
2 Die Beklagte mietete von der Klägerin mit Vertrag vom 26. November 1996
eine Wohnung in H.…. Wie im Mietvertrag vorgesehen, zahlte die Beklagte eine
Kaution von 1 800 DM (920,33 €). Das Mietverhältnis endete zum 31. Juli
2003. Im Anschluss hieran machte die Klägerin Schadensersatzansprüche in
Höhe von 926 € wegen Schäden an der Wohnung sowie eine Restmietforderung für
den Monat Juli 2003 in Höhe von 316,39 €, mithin insgesamt 1 242,39 €
geltend. Mit Anwaltsschreiben vom 16. Dezember 2003 forderte die Klägerin
die Beklagte nach vorangegangenem Schriftwechsel erneut zur Zahlung des oben
genannten Gesamtbetrages auf, erklärte hilfsweise mit dieser Forderung die
Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch der Beklagten bis zu
dessen Höhe und unterbreitete der Beklagten den Vorschlag, die
Gesamtforderungen von 1 242,39 € mit der Mietkaution abzugelten. Der hierauf
bezogene Teil des Schreibens lautet:
„Um vorliegenden Bagatellstreit abzuschließen, schlagen wir für unsere
Mandantschaft vergleichsweise vor, die mit Schreiben vom 09.10.2003
aufgemachten Ansprüche in Höhe von 1 242,39 EUR mit der Mietkaution
abzugelten. Insoweit bitten wir höflichst um Rückäußerung, ob diesem
Vergleichsvorschlag näher getreten wird.“
3 Hierauf teilte die Beklagte durch Anwaltsschreiben vom 13. Januar 2004
mit, die von der Klägerin vertretenen Ansichten könnten nicht geteilt werden
und die aufgestellten Forderungen seien überzogen, gleichwohl werde ein
Einigungsvorschlag unterbreitet. Hierzu wird im genannten Schreiben
ausgeführt:
„Wir wollen uns zunächst nicht weiter mit Ihren Ausführungen
auseinandersetzen und schlagen Ihrer Mandantschaft – ohne Anerkennung einer
Rechtspflicht – namens und in Vollmacht unserer Mandantin ausschließlich im
Interesse einer endgültigen und einvernehmlichen Erledigung der Sache vor,
dass unsere Mandantin an Ihre Mandantschaft einen Betrag in Höhe von EUR
300,00 zur Abgeltung aller Ansprüche im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis
gemäß Mietvertrag vom 26.11.1996 und dessen Beendigung zahlt. Wir weisen Sie
vorsorglich darauf hin, dass dieses Vergleichsangebot nur für den Fall einer
endgültigen Erledigung der Sache abgegeben wird […].“
4 Die Beklagte ging zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass ihr Anspruch auf
Herausgabe des verpfändeten Mietkautionssparbuchs nicht gegenüber der
Klägerin, sondern gegenüber deren Geschäftsführer bestehe.
5 Mit Anwaltsschreiben vom 9. Februar 2004 erklärte die Klägerin die Annahme
des Vergleichsvorschlags der Beklagten. Sie führte hierzu aus, das
Vergleichsangebot der Beklagten werde so verstanden, dass diese zur
Abgeltung sämtlicher Ansprüche 300 € zahle, womit auch gemeint sei, dass die
Klägerin keine Betriebskostenabrechnung mehr erstellen und auf einen zu
erwartenden Nachforderungsbetrag ebenso verzichten werde wie die Beklagte
auf die Rückgewähr der Mietkaution.
6 Mit Anwaltsschreiben vom selben Tage teilte die Beklagte der Klägerin mit,
sie könne deren mit dem vorgenannten Schreiben unterbreiteten „(Gegen)
Vorschlag“ nicht nachvollziehen, da ihrerseits zu keinem Zeitpunkt
beabsichtigt oder erklärt worden sei, auf die Herausgabe des
Mietkautionssparbuchs zu verzichten. Zugleich forderte die Beklagte die
Klägerin zur Herausgabe dieses Sparbuchs auf.
7 Eine im Jahre 2006 von der Beklagten erhobene Klage gegen die Klägerin auf
Rückzahlung der Mietkaution wurde mit der Begründung abgewiesen, die
Parteien hätten am 9. Februar 2004 eine umfassende Einigung erzielt, welche
auch den Kautionsrückzahlungsanspruch umfasse. Die von der Beklagten
hiergegen eingelegte Berufung nahm diese, nachdem das Berufungsgericht auf
die fehlende Erfolgsaussicht der Berufung hingewiesen hatte, zurück.
8 Die Klägerin hat die Beklagte vorliegend auf Zahlung des
Vergleichsbetrages von 300 € nebst Prozesszinsen in Anspruch genommen. Die
Beklagte hat im Prozess die Einrede der – unstreitig bereits vorprozessual
eingetretenen -Verjährung erhoben. Daraufhin hat die Klägerin den
Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich
der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.
9 Das Amtsgericht hat die auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits
gerichtete Klage abgewiesen. Auf die vom Amtsgericht zugelassene Berufung
der Klägerin hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und
die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festgestellt. Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die
Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
10 Die Revision hat Erfolg.
I.
11 Das Berufungsgericht ( LG Halle, Urteil vom 24. Februar 2009 – 2 S
228/08, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
12 Die auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache
gerichtete Klage sei begründet, da die Zahlungsklage bis zur Erhebung der
Verjährungseinrede zulässig und begründet gewesen sei.
13 Die Beklagte habe sich in dem von ihr mit Schreiben vom 13. Januar 2004
angebotenen und von der Klägerin angenommenen Vergleich wirksam zur Zahlung
von 300 € verpflichtet. Diese Verpflichtung sei nicht durch Anfechtung des
Rechtsgeschäfts rückwirkend entfallen.
14 Mit der Erhebung der Verjährungseinrede durch die Beklagte sei die Klage
unbegründet geworden, da die Verjährung des Klageanspruchs bereits
eingetreten gewesen sei. Bei der Verjährungsfrist sei auf die ursprünglichen
Forderungen aus dem Mietverhältnis und nicht auf den später abgeschlossenen
Vergleich abzustellen, da dieser nicht zu einer Umschaffung des
ursprünglichen Rechtsverhältnisses geführt habe. Die Verjährung sei demgemäß
schon vor der Beantragung des Mahnbescheids eingetreten. Dies ändere jedoch
nichts an der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache. Eine
Erledigung der Hauptsache trete auch dann ein, wenn die Verjährungsfrist für
den Klageanspruch bereits vor Erhebung der Klage vollendet gewesen sei, sich
die beklagte Partei jedoch erstmals im Prozess auf die Verjährung berufe.
Die fehlende Durchsetzbarkeit des Anspruchs ( § 214 Abs. 1 BGB ) und damit
die materiell-rechtliche Wirkung, welche die Unbegründetheit der Klage zur
Folge habe, werde nicht durch den Eintritt der Verjährung, sondern erst
durch die Erhebung der Verjährungseinrede herbeigeführt. Die mit der
Erhebung der Verjährungseinrede verbundenen Rückwirkungen, wonach die
Forderung bereits ab dem Zeitpunkt des Verjährungseintritts nicht mehr
durchsetzbar sei und ein Verzugsschaden nicht geltend gemacht werden könne,
änderten hieran nichts. Denn diese Rückwirkung trete ebenfalls erst mit
Erhebung der Verjährungseinrede ein. Dementsprechend habe der
Bundesgerichtshof für den vergleichbaren Fall der im Prozess erfolgten
Aufrechnungserklärung die Erledigungswirkung nicht an deren
materiell-rechtlicher Rückwirkung ( § 389 BGB ) scheitern lassen, da diese
Wirkungen erst mit der Aufrechnungserklärung einträten und das Vorliegen der
Aufrechnungslage allein, wenn und solange die Aufrechnung nicht erklärt
werde, noch nicht zum Erlöschen der beiderseitigen Forderungen führe (BGHZ
155, 392, 398 f.).
15 Billigkeitsgesichtspunkte sprächen nicht dagegen, eine Erledigung im
prozessualen Sinne auch dann anzunehmen, wenn die Klage aus Gründen
unzulässig oder unbegründet werde, die im Verantwortungsbereich des Klägers
lägen. Dadurch entstehende Kostennachteile der beklagten Partei könnten nach
deren Zustimmung zur Erledigung im Rahmen der gemäß § 91a ZPO nach billigem
Ermessen zu treffenden Kostenentscheidung abgewendet werden. Dagegen hätten
Billigkeitserwägungen keinen Einfluss auf den Eintritt der Erledigung. Es
bestehe auch kein Anlass, aus Billigkeitserwägungen die Erhebung der
Verjährungseinrede gegenüber einem bei Klageerhebung bereits verjährten
Anspruch allein deshalb nicht als erledigendes Ereignis im prozessualen
Sinne zu behandeln, weil die beklagte Partei in diesem Fall stets vor
Kostennachteilen geschützt werden müsse. Denn jedenfalls dann, wenn der
Schuldner vor Beginn des Prozesses von der Verjährungseinrede keinen
Gebrauch gemacht habe, obwohl Anlass hierzu bestanden habe, könne dem Kläger
regelmäßig kein die Kostentragungspflicht in jedem Fall begründender Vorwurf
daraus gemacht werden, die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs zumindest
versucht zu haben. Ob der Geltendmachung der verjährten Forderung im
Einzelfall billigenswerte Erwägungen des Klägers zugrunde gelegen hätten,
sei im Rahmen der gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu treffenden
Kostenentscheidung zu klären, sofern der Beklagte sich der
Erledigungserklärung des Klägers anschließe und damit von der Möglichkeit
Gebrauch mache, eine für ihn günstige Kostenentscheidung zu erwirken.
II.
16 Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung in einem
wesentlichen Punkt nicht stand.
17 Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht angenommen, dass die Erhebung
der Einrede der Verjährung auch gegenüber einer bei Klageerhebung bereits
verjährten Forderung ein erledigendes Ereignis darstellt. Nicht gefolgt
werden kann jedoch seiner Auffassung, die Zahlungsklage sei bis zum
Zeitpunkt der Erhebung der Verjährungseinrede (zulässig und) begründet
gewesen.
18
1. Die Hauptsache ist erledigt, wenn die Klage im Zeitpunkt des nach
ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und
begründet war und durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde
( BGHZ 155, 392, 395;
106, 359, 366 f. ) . Ein erledigendes Ereignis ist der Eintritt einer
Tatsache mit Auswirkungen auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der
Zulässigkeit oder Begründetheit der Klage (
BGHZ 155, 392,
398 ).
19 Zu der Frage, ob die Erhebung der Einrede der Verjährung auch gegenüber
einer bei Klageerhebung bereits verjährten Forderung ein erledigendes
Ereignis darstellt, werden sowohl in der Rechtsprechung der Instanzgerichte
als auch in der Literatur unterschiedliche Auffassungen vertreten.
20 a) Nach der überwiegenden Auffassung der Instanzgerichte und der
Literatur stellt die Erhebung der Einrede der Verjährung ein erledigendes
Ereignis dar. Für die Frage, ob eine Erledigung der Hauptsache vorliege,
sei es grundsätzlich ohne Bedeutung, auf welchen Umständen die nachträglich
eingetretene Unzulässigkeit oder Unbegründetheit der Klage beruhe. Eine
Erledigung der Hauptsache könne auch dann eintreten, wenn die Klage aus
Gründen unzulässig oder unbegründet werde, die allein im
Verantwortungsbereich des Klägers lägen. Daher könne auch die Verjährung der
Klageforderung zur Erledigung des Rechtsstreits führen, obwohl es der Kläger
selbst in der Hand gehabt hätte, den Eintritt der Verjährung zu vermeiden
(vgl. OLG Frankfurt a.M., MDR 2002, 778, 779, WRP 1982, 422 und WRP 1979,
799, 801; OLG Karlsruhe, WRP 1985, 288; OLG Hamburg, MD 1985, 951, 952 f.;
OLG München, WRP 1987, 267, 268; OLG Düsseldorf, WRP 1980, 701, 702; OLG
Stuttgart, NJW-RR 1996, 1520; OLG Nürnberg, WRP 1980, 232, 233; OLG Celle,
WRP 1983, 96 und GRUR 1987, 716; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 91a
Rdnr. 6; Prütting/Gehrlein/Hausherr, ZPO, § 91a Rdnr. 8 und 11; Thomas/Putzo/Hüßtege,
ZPO, 30. Aufl., § 91a Rdnr. 5; Saenger/Gierl, Hk-ZPO, 3. Aufl., § 91a Rdnr.
7; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 91a Rdnr. 59 –
„Verjährung“; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Aufl., § 130
Rdnr. 2; El-Gayar, MDR 1998, 698 f.; Meller-Hannich, JZ 2005, 656, 663;
Peters, NJW 2001, 2289 f.; Wernecke, JA 2004, 331, 334; Thesen, WRP 1981,
304, 305). Eine Erledigung der Hauptsache trete deshalb auch dann ein,
wenn die Verjährungsfrist für den Klageanspruch bereits bei Erhebung der
Klage abgelaufen gewesen sei, sich der Beklagte jedoch erstmals im Prozess
auf die Verjährung berufe (OLG Frankfurt a.M., aaO; Prüttung/Gehrlein/Hausherr,
aaO, Rdnr. 11; Peters, aaO; Meller-Hannich, aaO; Wernecke, aaO;
offengelassen: OLG Nürnberg, aaO). Gründe, die Kosten des Rechtsstreits
trotz Eintritts eines erledigenden Ereignisses dem Kläger – in den Fällen
der übereinstimmenden Erledigungserklärung – aus Billigkeitserwägungen
aufzuerlegen, können nach dieser Auffassung etwa dann gegeben sein, wenn der
Kläger einen bereits verjährten Anspruch rechtshängig gemacht hat, ohne dass
der Beklagte Gelegenheit gehabt hatte, die Verjährung zu prüfen und bereits
vorprozessual geltend zu machen (OLG Frankfurt a.M., aaO; Wernecke, aaO;
vgl. auch Meller-Hannich, aaO; aA Peters, aaO, 2291).
21 b) Nach anderer Auffassung handelt es sich bei der Erhebung der Einrede
der Verjährung nicht um ein erledigendes Ereignis. Umstände, deren Eintritt
der Kläger beeinflussen könne, insbesondere solche, die auf einem Verhalten
des Klägers selbst beruhten und deren Eintritt er hätte verhindern können,
müssten als Erledigungsereignisse außer Betracht bleiben. Bei der Verjährung
liege es alleine an dem Gläubiger, der den geltend gemachten Anspruch habe
verjähren lassen, dass letzterer infolge der Verjährungseinrede unbegründet
geworden sei. Es bestehe kein überzeugender Grund, den Kläger vor den Folgen
seines Verhaltens zu schützen. Eine Klage werde zwar erst dann
unbegründet, wenn der Beklagte eine begründete Verjährungseinrede erhebe.
Voraussetzung sei allerdings, dass die Verjährungsfrist auch abgelaufen sei,
der Kläger also die Verjährung nicht durch die im Gesetz vorgesehenen
Maßnahmen unterbrochen habe ( OLG Koblenz, WRP 1982, 657, 658; OLG
Schleswig, NJW-RR 1986, 38 f.; OLG Hamm, WRP 1977, 199 f.; OLG Hamburg, WRP
1982, 161, das diese Rechtsprechung aber aufgegeben hat, vgl. OLG Hamburg,
MD 1985, aaO; MünchKommZPO/Lindacher, ZPO, 3. Aufl., § 91a Rdnr. 152;
Wieczorek/Schütze/Steiner, ZPO, 3. Aufl., § 91a Rdnr. 33; Ulrich, WRP 1990,
651, 654; Bork, WRP 1987, 8, 12). Begründet wird diese Auffassung auch
damit, dass die Geltendmachung der Einrede im Prozess auf den Zeitpunkt des
Verjährungseintritts zurückwirke (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 28.
Aufl., § 91a Rdnr. 58 – „Verjährung“; El-Gayar, MDR 1998, aaO, S. 699).
Die Verjährungseinrede führe deshalb dazu, dass die ab Verjährungseintritt
bestehende Undurchsetzbarkeit des Anspruchs beachtlich werde und die Klage
damit ab dem Zeitpunkt des Verjährungseintritts als unbegründet anzusehen
sei. Werde ein bereits verjährter Anspruch eingeklagt und erhebe der
Beklagte danach erstmals die Verjährungseinrede, so werde die Klage dadurch
nicht unbegründet, vielmehr sei sie dies aufgrund der genannten Rückwirkung
bereits vor Klageerhebung gewesen (El-Gayar, aaO). Auch unter
kostenrechtlichen Gesichtspunkten sei es nicht sachgerecht, den Kläger für
eine nachlässige Prozessführung zu begünstigen (vgl. OLG Schleswig, aaO; OLG
Koblenz, aaO; vgl. auch MünchKommZPO/Lindacher, aaO). Sinn und Zweck sowohl
des § 91a ZPO als auch der Erledigungsentscheidung bei einseitiger
Erledigungserklärung sei es, den Kläger vor ungerechtfertigten Nachteilen zu
bewahren, wenn eine ursprünglich zulässige und begründete Klage ohne sein
Zutun unzulässig oder unbegründet werde (vgl. OLG Schleswig, aaO; OLG
Koblenz, aaO).
22 c) Eine weitere Auffassung unterscheidet danach, ob der Eintritt der
Verjährung vor oder nach Erhebung der Klage oder der Beantragung einer
einstweiligen Verfügung erfolgt ist. Nach dieser Auffassung stellt die
Einrede der Verjährung gegenüber einer bereits vor Verfahrensbeginn
verjährten Forderung kein erledigendes Ereignis dar, während ein solches im
Falle des erst während des laufenden Verfahrens erfolgenden
Verjährungseintritts bejaht wird (Zöller/Vollkommer, aaO, Rdnr. 5 und 58 –
„Verjährung“; El-Gayar, aaO, S. 698; Hase, WRP 1985, 254, 255 f.).
23 d) Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob die Erhebung der Einrede der
Verjährung auch gegenüber einer bei Klageerhebung bereits verjährten
Forderung ein erledigendes Ereignis darstellt, noch nicht entschieden. Er
hatte sich allerdings bereits mit der vergleichbaren Frage zu befassen, ob
die im Prozess erfolgte Aufrechnungserklärung auch dann ein erledigendes
Ereignis darstellt, wenn die Aufrechnungslage bereits vor Rechtshängigkeit
der Klageforderung bestand (
BGHZ 155, 392, 396 ff. ). Auch über
die Frage, welche Auswirkungen es hat, wenn das erledigende Ereignis in den
Verursachungs- oder Verantwortungsbereich des Klägers fällt, hatte der
Bundesgerichtshof bereits zu entscheiden ( BGH, Urteil vom 13. Mai 1993 – I
ZR 113/91, NJW-RR 1993, 1319, unter [II] 2b – Radio Stuttgart).
24 aa) In der erwähnten Grundsatzentscheidung vom 17. Juli 2003 zur
Aufrechnungserklärung bei schon vor Rechtshängigkeit bestehender
Aufrechnungslage (BGHZ 155,
aaO) hat sich der Bundesgerichtshof der
Auffassung angeschlossen, dass trotz der in § 389 BGB vorgesehenen
materiell-rechtlichen Rückwirkung der Aufrechnungserklärung nicht die
Aufrechnungslage, sondern erst die Aufrechnung als solche, also die
Aufrechnungserklärung, das erledigende Ereignis darstelle. Die
materiell-rechtliche Wirkung, die bei der Aufrechnung die Geltendmachung der
Klageforderung berühre, sei deren Erlöschen. Dieser Erfolg werde aber, wie §
389 BGB eindeutig besage, (erst) durch die Aufrechnung, d.h. durch die
Aufrechnungserklärung ( § 388 Satz 1 BGB ) „bewirkt“ und nicht (bereits)
durch die Aufrechnungslage. Das Vorliegen einer Aufrechnungslage führe, wenn
und solange die Aufrechnung nicht erklärt werde, noch nicht zum Erlöschen
der beiderseitigen Forderungen. Trete die Erlöschenswirkung erst mit der
Erklärung der Aufrechnung ein, so sei die Klage bis dahin zulässig und
begründet gewesen. Die von § 389 BGB angeordnete Fiktion („gilt“) der
Rückwirkung des Erlöschens auf den Zeitpunkt der Aufrechnungslage ändere
daran nichts. Diese Fiktion der Rückwirkung habe lediglich zur Folge, dass
nicht nur die Hauptforderungen erlöschen, sondern auch Ansprüche etwa auf
Verzugszinsen für den Zeitraum bis zur Erklärung der Aufrechnung, die ohne
die Rückwirkung nach wie vor bestünden, ab dem Zeitpunkt der
Aufrechnungslage wegfielen. Diese materiell-rechtliche Rückwirkung trete
aber gleichfalls erst mit Abgabe der Aufrechnungserklärung ein. Sie stehe
damit der Auffassung, dass prozessual die Aufrechnungserklärung und nicht
die Aufrechnungslage das erledigende Ereignis darstelle, nicht entgegen.
Weder die Abwägung der Interessen der Beteiligten noch sonstige
Billigkeitserwägungen rechtfertigten ein abweichendes Ergebnis. Es sei
grundsätzlich dem beklagten Schuldner zur freien Entscheidung überlassen, ob
und wann er durch Erklärung der Aufrechnung ( § 388 Satz 1 BGB ) die
Erlöschenswirkung (mit der materiellrechtlichen Folge des § 389 BGB )
eintreten lassen wolle. Fordere ihn der Kläger vorprozessual zur Zahlung
auf, so könne der Schuldner, dem die Aufrechnungslage bekannt sei, durch
Erklärung der Aufrechnung vor Rechtshängigkeit eine etwaige Klage von Anfang
an unbegründet machen. Sehe der Kläger von einer vorprozessualen
Aufforderung ab, könnten ihm gemäß § 93 ZPO die Prozesskosten zur Last
fallen. Im Falle einer übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien
könne im Rahmen der gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu treffenden
Kostenentscheidung bei der Verteilung der Kostenlast berücksichtigt werden,
ob und gegebenenfalls welcher Partei es billigerweise zuzumuten gewesen sei,
die Aufrechnung bereits vorgerichtlich zu erklären.
25 bb) Im Urteil vom 13. Mai 1993 (I ZR 113/91, aaO) hat sich der
Bundesgerichtshof ausgehend von einem während des Prozesses durch Aufgabe
der Benutzung des Titels erloschenen Werktitelschutzes mit der Frage der
Auswirkungen eines vom Kläger verursachten erledigenden Ereignisses befasst.
Er ist der oben unter 1b angeführten Mindermeinung, die für die Frage der
Wirksamkeit einer einseitigen Erledigungserklärung auch darauf abheben will,
ob das Ereignis, auf das sie sich bezieht, in den Verursachungs- bzw.
Verantwortungsbereich des Klägers selbst fällt, nicht beigetreten. Diese
Auffassung vernachlässige mit ihrer im Wesentlichen auf
Billigkeitserwägungen gründenden Argumentation, dass die befürchteten
Kostennachteile der beklagten Partei nach deren Zustimmung zur Erledigung
ohne weiteres auch im Rahmen der nach § 91a ZPO ohnehin nach billigem
Ermessen zu treffenden Kostenentscheidung abgewendet werden können. Mit
Recht stelle die herrschende Meinung daher nur auf den objektiven Eintritt
des Ereignisses und nicht auf die Frage einer subjektiven Verantwortlichkeit
ab (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 1984 – VII ZR 64/84, NJW 1986, 588,
unter 3).
26 2. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hält der Senat bezüglich der
im Streitfall entscheidenden Frage die unter 1a dargestellte überwiegende
Auffassung für zutreffend. Die erstmalige Erhebung der Einrede der
Verjährung im Laufe des Verfahrens stellt ein erledigendes Ereignis dar.
Dies gilt auch dann, wenn die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs
bereits vor Rechtshängigkeit eingetreten ist.
27 Der Eintritt der Verjährung hat für sich genommen weder Auswirkungen
auf das Bestehen noch auf die Durchsetzbarkeit des Anspruchs (vgl.
BGHZ 156, 269,
271; MünchKommBGB/Grothe, 5. Aufl., vor § 194 Rdnr. 5 und § 214 Rdnr. 1;
Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 214 Rdnr. 1/2). Der Schuldner ist
ab dem Verjährungseintritt lediglich berechtigt, dauerhaft die Leistung zu
verweigern ( § 214 Abs. 1 BGB; BGH, Urteil vom 15. Oktober 2004 – V ZR
100/04, WM 2004, 2443, unter II 2c; Palandt/Ellenberger, aaO), was dem
Anspruch die Durchsetzbarkeit nimmt ( BGH, Beschluss vom 4. Dezember
2007 – XI ZR 144/06, BauR 2008, 666, unter IV 3d; Meller-Hannich, aaO, S.
661). Die Verjährung berührt nach der Konzeption des Bürgerlichen
Gesetzbuchs mithin weder den anspruchsbegründenden Tatbestand noch das
Bestehen des Rechts des Gläubigers; im Rechtsstreit hat deshalb, selbst wenn
die verjährungsbegründenden Umstände als solche vom Kläger selbst
vorgetragen werden, auf Antrag Versäumnisurteil gegen den ausgebliebenen
Beklagten zu ergehen (BGHZ 156, aaO). An dieser Konzeption hat der
Gesetzgeber bei der Novellierung des Verjährungsrechts durch das
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz festgehalten (BGHZ
156, aaO).
28 Ob der Schuldner von der ihm nach Verjährungseintritt zustehenden
Einrede der Verjährung Gebrauch macht, steht in seinem freien Belieben (Münch-KommBGB/Grothe,
aaO). Erhebt der Beklagte erstmals während des Prozesses die Einrede der
Verjährung, so wird hierdurch für den Kläger ein Hindernis geschaffen, den
geltend gemachten Anspruch erfolgreich durchzusetzen. Seine ursprünglich
zulässige und begründete Klage wird durch die Erhebung der Einrede
unbegründet. Erst letztere und nicht bereits der Eintritt der Verjährung
führt zur sachlichen Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache
(vgl. BGHZ 155, 392,
398 f., zur Aufrechnungserklärung).
29 a) Dass die Verjährungseinrede materiell-rechtlich – etwa hinsichtlich
des Verzuges (vgl. hierzu BGHZ 104, 6, 11; 48, 249, 250 ) – auch auf den
Zeitpunkt des Verjährungseintritts zurückwirkt (Meller-Hannich, aaO, S.
658; El-Gayar, aaO), ändert hieran nichts (ebenso Stein/Jonas/Bork,
aaO, Rdnr. 6, hinsichtlich der materiell-rechtlichen Rückwirkung bei der
Aufrechnungserklärung) und hat insbesondere nicht zur Folge, dass die Klage
im Falle der Einredeerhebung als von Anfang an unbegründet zu gelten hat (Meller-Hannich,
aaO, S. 663; aA El-Gayar, aaO). Wie der
Bundesgerichtshof in dem oben unter 1d aa erwähnten Urteil vom 17. Juli 2003
(BGHZ 155,
aaO) hinsichtlich der im Prozess erfolgten Aufrechnungserklärung bereits
entschieden hat, tritt die materiell-rechtliche Rückwirkung erst durch die
Aufrechnungserklärung ein. Letzterer kommt mithin die Bedeutung des
erledigenden Ereignisses im Prozess zu. Es besteht kein sachlicher Grund,
dies bei der Einrede der Verjährung anders zu behandeln. In beiden Fällen
ist es alleine dem Schuldner überlassen, ob er von der genannten Möglichkeit
der Anspruchsabwehr Gebrauch macht. Zudem weist die Verjährungseinrede eine
Ähnlichkeit mit der Aufrechnungserklärung insoweit auf, als sie ebenfalls
die materielle Rechtslage – mit der entsprechenden Folge für die
Begründetheit der Klage – ändert und einen rechtsgeschäftsähnlichen
Charakter (vgl. hierzu
BGHZ 156,
aaO) hat (vgl. Meller-Hannich, aaO; Wernecke, aaO; El-Gayar, aaO; Letzterer
allerdings mit entgegengesetzter Schlussfolgerung).
30 b) Für die Bewertung der Verjährungseinrede als erledigendes Ereignis
ist es ohne Belang, dass der Kläger mit der gerichtlichen Geltendmachung
eines bereits verjährten Anspruchs einen wesentlichen Verursachungsbeitrag
für die spätere Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache geleistet
hat. Wie vom Bundesgerichtshof bereits entschieden, ist bei der Frage, ob
ein erledigendes Ereignis vorliegt, allein auf den objektiven Eintritt des
Ereignisses und nicht auf die Frage einer subjektiven Verantwortlichkeit
abzustellen; auf Billigkeitserwägungen kommt es in diesem Zusammenhang nicht
an (BGH, Urteil vom 13. Mai 1993, aaO; Urteil vom 6. Dezember 1984, aaO;
ebenso OLG Frankfurt a.M., aaO; OLG Düsseldorf, aaO; OLG München, aaO; OLG
Karlsruhe, aaO; Meller-Hannich, aaO, S. 664; El-Gayar, aaO).
Billigkeitsgesichtspunkte können im Rahmen einer nach billigem Ermessen zu
treffenden Kostenentscheidung gemäß § 91a ZPO Bedeutung erlangen, sofern
sich der Beklagte – anders als im vorliegenden Fall – der
Erledigungserklärung des Klägers anschließt.
31 3. Das Berufungsgericht hat mithin zu Recht der Erhebung der
Verjährungseinrede auch im Falle der bereits vor Rechtshängigkeit
eingetretenen Verjährung die Eignung als erledigendes Ereignis beigemessen.
Nicht frei von Rechtsfehlern ist hingegen seine auf dieser Grundlage
getroffene Entscheidung über die Erledigung des Rechtsstreits in der
Hauptsache, bei der es zu der Bewertung gelangt ist, die Klage sei bis zum
Zeitpunkt der Erhebung der Verjährungseinrede zulässig und begründet
gewesen, da zwischen den Parteien ein Vergleich wirksam zustande gekommen
sei und der Klägerin aus diesem ein Anspruch auf Zahlung von 300 €
zugestanden habe. Diese Auslegung der im Rahmen der vorgerichtlichen
Verhandlungen der Parteien über eine gütliche Einigung abgegebenen
Willenserklärungen weist revisionsrechtlich beachtliche Rechtsfehler auf und
bindet den Senat daher nicht (vgl. BGHZ 150, 32, 37; BGH, Urteile vom 23.
Januar 2009 – V ZR 197/07, NJW 2009, 1810, Tz. 8; vom 8. Januar 2009 – IX ZR
229/07, NJW 2009, 840, Tz. 9).
32 a) Das Berufungsgericht ist – ohne dies im Einzelnen zu begründen – bei
seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass sich die Beklagte durch das mit
Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 13. Januar 2004 unterbreitete,
von der Klägerin durch Anwaltsschreiben vom 9. Februar 2004 angenommene
Vergleichangebot zur Zahlung des ursprünglich eingeklagten Betrages von 300
€ verpflichtet hat und durch diesen Vergleich alle Ansprüche im Zusammenhang
mit dem Mietverhältnis der Parteien und dessen Beendigung einschließlich des
Kautionsrückzahlungsanspruchs der Beklagten abgegolten sein sollten. Dies
beruht auf durchgreifenden Rechtsfehlern.
33 aa) Nach §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und
Verträgen der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen. Dabei ist vom
Wortlaut der Erklärung auszugehen (Senatsurteil vom 19. Januar 2000 – VIII
ZR 275/98, NJW-RR 2000, 1002, unter II 2a m.w.N.; MünchKommBGB/Busche, aaO,
§ 133 Rdnr. 56) und demgemäß in erster Linie dieser und der ihm zu
entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 150,
32, 37; 121, 13, 16; Senatsurteil vom 17. Januar 2001 – VIII ZR 186/99, WM
2001, 1031, unter II 1b bb). Bei seiner Willenserforschung hat der
Tatrichter aber auch den mit der Absprache verfolgten Zweck, die
Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände zu
berücksichtigen, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen
können ( BGH, Urteil vom 16. November 2007 – V ZR 208/06, NJW-RR 2008, 683,
Tz. 7 m.w.N.). Dabei sind empfangsbedürftige Willenserklärungen so
auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter
Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste ( BGHZ 103, 275, 280;
36, 30, 33; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 – I ZR 23/06, NJW 2009, 774,
Tz. 25).
34 bb) Diesen Anforderungen wird die Auslegung des Berufungsgerichts nicht
gerecht. Zwar spricht, wovon auch die Revision ausgeht, der Wortlaut des im
Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 13. Januar 2004
enthaltenen Vergleichsangebots dafür, dass von der vorgesehenen Abgeltung
sämtliche Ansprüche aus dem Mietverhältnis und damit auch der Anspruch auf
Rückzahlung der Mietkaution umfasst sein könnten. In diese Richtung weisen
bereits die Eingangsformulierung des Vergleichsangebots, wonach der
Vergleichsvorschlag im Interesse einer endgültigen und einvernehmlichen
Erledigung der Sache erfolge, sowie der anschließende Hinweis, das
Vergleichsangebot werde nur für den Fall einer endgültigen Erledigung der
Sache abgegeben. Für eine Erstreckung auf sämtliche Ansprüche aus dem
Mietverhältnis der Parteien spricht schließlich auch die Formulierung des
Vergleichsvorschlags selbst, wonach die Beklagte sich „zur Abgeltung aller
Ansprüche im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis gemäß Mietvertrag vom
26.11.1996 und dessen Beendigung“ verpflichtet, einen Betrag in Höhe von 300
€ zu zahlen.
35 Bereits im Rahmen der am Wortlaut orientierten Auslegung hätte das
Berufungsgericht allerdings berücksichtigen müssen, dass nicht isoliert auf
den Wortlaut des unmittelbar auf den Vergleichsabschluss bezogenen Teils des
Schreibens der Beklagten vom 13. Januar 2004 abgestellt werden darf, sondern
auch der weitere Inhalt dieses Schreibens in die Auslegung einzufließen hat.
So wird in den vorhergehenden Absätzen ausgeführt, dass die von der Klägerin
geforderte Restmiete für Juli 2003 nicht geschuldet werde und die
Schadensersatzforderung „maßlos überzogen“ sei. Angesichts dieses Inhalts
des Schreibens drängt sich bereits bei der Auslegung anhand des Wortlauts
auf, dass der Vergleichsvorschlag der Beklagten nicht so zu verstehen war,
dass diese ein Angebot unterbreiten wollte, welches wirtschaftlich zu ihrem
Nachteil über dasjenige der Klägerin hinausging.
36 cc) Erst recht legen, wie die Revision zutreffend rügt, die
Begleitumstände eine andere Auslegung als die des Berufungsgerichts nahe.
Zwar hat das Berufungsgericht, anders als die Revision meint, das zuvor
unterbreitete Vergleichsangebot der Klägerin vom 16. Dezember 2003, wie sich
insbesondere aus den Ausführungen im letzten Absatz der Ziffer II 1 des
Berufungsurteils ergibt, als Auslegungsmaterial berücksichtigt. Es hat
hierbei den darin enthaltenen Auslegungsstoff jedoch nicht vollständig
gewürdigt und hierdurch allgemein anerkannte Auslegungsregeln verletzt.
37 Während die Klägerin angeboten hatte, die von ihr vorgerichtlich
geforderte Zahlung von 1 242,39 € (Schadensersatz und Mietrückstand) mit der
Mietkaution zu verrechnen, was bedeutet hätte, dass seitens der Beklagten
außer der Einbuße der Mietkaution keine weitere Zahlung zu leisten gewesen
wäre, geht das im Anschluss hieran erfolgte Angebot der Beklagten nach
seinem isoliert betrachteten Wortlaut dahin, dass die Beklagte die
Mietkaution nicht zurückerhält und darüber hinaus eine Zahlung von 300 € an
die Klägerin leistet. Auch der Klägerin ist, wie sich deren Schreiben vom 9.
Februar 2004 entnehmen lässt, nach Erhalt des Angebots der Beklagten
aufgefallen, dass ein so verstandenes Vergleichsangebot über ihren eigenen
Vorschlag hinausging. Unter Berücksichtigung der Begleitumstände kann jedoch
nicht angenommen werden, dass die Beklagte ohne erkennbaren Grund eine
höhere finanzielle Belastung hätte tragen wollen, als dies nach dem Angebot
der Klägerin der Fall gewesen wäre, zumal sich, worauf die Revision
zutreffend hinweist, den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Änderung
der Sachlage zwischen den Schreiben vom 16. Dezember 2003 und 13. Januar
2004 entnehmen lässt.
38 Die Auslegung des Berufungsgerichts verstößt hiernach gegen den Grundsatz
einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. hierzu BGHZ
137, 69, 72; 131, 136, 138; Senatsurteil vom 7. November 2001, aaO; BGH,
Urteil vom 3. April 2000, aaO, unter B I 2b bb). Auch wenn beiden Parteien
erkennbar daran gelegen war, zu einer gütlichen Einigung hinsichtlich der
aus dem beendeten Mietverhältnis noch bestehenden Ansprüche zu gelangen,
steht angesichts des Gesamtinhalts des Vergleichsangebots der Beklagten
außer Frage, dass diese die Forderungen der Klägerin als überhöht angesehen
hat. Bei vernünftiger Betrachtung kann es daher keinesfalls im Interesse der
Beklagten gelegen haben, über den Vergleichsvorschlag der Klägerin hinaus,
der rund drei Viertel der von der Beklagten für „maßlos überzogen“
erachteten Forderung betrug, zusätzlich 300 € zu zahlen. Hieran ändert der
Umstand nichts, dass die Klägerin, wie sich ihrem Schreiben vom 9. Februar
2004 entnehmen lässt, davon ausging, bei einem so verstandenen
Vergleichsinhalt ihrerseits von der Erstellung einer
Betriebskostenabrechnung abzusehen und auf eine mögliche Nachforderung zu
verzichten. Die Betriebskostenabrechung war nicht Gegenstand der
Vergleichsverhandlungen der Parteien und insbesondere nicht des
Vergleichsangebots der Beklagten vom 13. Januar 2004.
39 b) Da das Vergleichsangebot der Beklagten mithin nicht den Inhalt hatte,
von dem das Berufungsgericht ausgegangen ist und den die Klägerin bei ihrer
mit Schreiben vom 9. Februar 2004 erklärten Annahme zugrunde gelegt hatte,
fehlt es bereits an einer Einigung der Parteien, auf die die Klägerin den
mit der Klage ursprünglich geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von 300 €
hätte stützen können. Auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage der
Anfechtung des Vergleichsangebots durch die Beklagte kommt es daher nicht
an.
40 Damit war die Klage bereits vor der Erhebung der Verjährungseinrede
unbegründet. Für die durch das Berufungsgericht ausgesprochene Feststellung
der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist folglich kein Raum.
III.
41 Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist
aufzuheben ( § 562 Abs. 1 ZPO ). Der Senat hat in der Sache selbst zu
entscheiden, weil keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die
Sache damit zur Endentscheidung reif ist ( § 563 Abs. 3 ZPO ). Da sich die
auf Feststellung der Erledigung gerichtete Klage als unbegründet erweist,
ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts, das die
Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat, zurückzuweisen. |