Gefährdungshaftung nach §
7 StVG; Begriff des "Betriebs" des Kraftfahrzeugs (Entladen von Heizöl aus
einem Tankfahrzeug)
BGH, Urteil vom 8. Dezember 2015 - VI
ZR 139/15 - OLG München
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
1. Werden beim Entladen von Heizöl aus einem
Tanklastwagen wegen einer Undichtigkeit des zur Schlauchtrommel des Wagens
führenden Verbindungsschlauches die Straße und das Hausgrundstück des
Bestellers beschädigt, ist das dem Betrieb des Kraftfahrzeuges zuzurechnen
(Abgrenzung zum Senatsurteil vom 23. Mai 1978 - VI ZR 150/76, BGHZ 71, 212
ff.).
2. Das Entladen von Öl aus einem Tanklastwagen mittels einer auf ihm
befindlichen Entladevorrichtung gehört zum "Gebrauch" des Kraftfahrzeuges
(Anschluss an Senatsurteil vom 26. Juni 1979 - VI ZR 122/78, BGHZ 75, 45
ff.).
Diese Auslegung steht mit der 1. und 5. KH-Richtlinie in Einklang.
Zentrale Probleme:
Die Entscheidung, die auch einen für die
Pflichtfachausbildung nicht relevanten versicherungsrechtlichen Schwerpunkt
hat, betrifft haftungsrechtlich den Begriff der Haftung "beim Betrieb" eines
Kfz nach § 7 StVG. Dieser Begriff ist weit auszulegen (s. dazu die Nachweise
im Urteil sowie zu BGH, Urteil vom 21. Januar 2014
- VI ZR 253/13 sowie BGH v. 20.10.2020 - VI ZR
158/19).
©sl 2016
Tatbestand:
1 Die Kläger verlangen von den Beklagten Schadensersatz für die
Beschädigung ihres Hausgrundstücks anlässlich des Austritts von Öl bei einer
Lieferung mit einem Tankwagen. Ein Nachbar der Kläger hatte für diese und
mehrere Anwohner bei der Beklagten zu 1 Heizöl bestellt. Die Beklagte zu 1
ließ am 24. August 2006 mit ihrem bei der Beklagten zu 2 kraftfahrzeug- und
betriebshaftpflichtversicherten Tanklastwagen das bestellte Öl anliefern.
Das Fahrzeug wurde dabei von einem bei dem Beklagten zu 1 angestellten
Fahrer gefahren. Der Fahrer stellte den Tanklastwagen vor dem Haus der
Kläger auf der öffentlichen Straße ab und verband den Öltank des Fahrzeugs
mit Hilfe eines Schlauchs mit dem Öleinfüllstutzen am Haus der Kläger. Er
begab sich gemeinsam mit dem Kläger zu 2 in den Keller, um die Beladung der
Öltanks zu überwachen. Da eine gleichmäßige Beladung nicht stattfand, gingen
beide nach oben, öffneten die Haustür und sahen, dass aus einem
Verbindungsschlauch an einer Stelle zwischen Messeinheit und Schlauchtrommel
des Tanklastwagens in einer Art Fontäne Öl herausspritzte. Der Fahrer
stellte die Betankungsanlage ab, um weiteren Ölaustritt zu verhindern.
Das
Öl war jedoch bereits auf die Hausfassade des Anwesens der Kläger gespritzt
und in das Erdreich vor dem Haus eingedrungen. Infolge des Öffnens der Tür
war Öl in den Hausflur gelangt, durch ein geöffnetes gekipptes Küchenfenster
auch in die Küche. Auch die Straße vor dem Haus der Kläger war mit Öl
verschmutzt.
2 Die Kläger haben den ihnen entstandenen Schaden unter dem Gesichtspunkt
der Gefährdungshaftung auf der Grundlage von § 7 Abs. 1 StVG sowie von § 2
Abs. 1 Satz 1 HPflG geltend gemacht. Der Schaden sei auf den Entladevorgang
zurückzuführen und werde damit von § 7 Abs. 1 StVG erfasst. Der Tanklastzug
sei auch eine Anlage im Sinn von § 2 Abs. 1 Satz 1 HPflG. Für jede
Anspruchsgrundlage bestehe ein Direktanspruch, denn die Betätigung der Be-
und Entladevorrichtung eines Sonderfahrzeugs gehöre zum Gebrauch des
Fahrzeugs im Sinne von § 10 AKB.
3 Das Landgericht hat der auf Zahlung von Schadensersatz gerichteten Klage
teilweise - in Höhe von 72.251,88 € - stattgegeben und weiter festgestellt,
dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, den Klägern
jeglichen weiteren, nicht bereits durch die Zahlung ausgeglichenen Schaden
zu ersetzen, der ursächlich auf dem Ölaustritt beruhe und der Beseitigung
weiterer im Einzelnen genannter Schäden diene. Im Übrigen hat es die Klage
abgewiesen.
4 Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision der
Beklagten zu 2, mit der sie ihr Ziel der Klageabweisung insgesamt
weiterverfolgt. Ferner hat die Beklagte zu 1 in der Revisionsverhandlung
beantragt, auf ihre Revision das Endurteil des Oberlandesgerichts
aufzuheben.
Entscheidungsgründe:
I.
5 Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass die Beklagte zu 1 gegenüber den Klägern sowohl nach § 7 Abs. 1 StVG als auch nach § 2 Abs. 1 Satz 1
HPflG hafte. Ob den Klägern darüber hinaus vertragliche oder deliktische
Ansprüche zustünden, könne deshalb offen bleiben. Der Ölaustritt, der zu den
Schäden am klägerischen Anwesen geführt habe, sei dem Betrieb des Tankwagens
zuzurechnen. Der vorliegende Fall sei dadurch gekennzeichnet, dass der
Tankwagen auf einer öffentlichen Straße gestanden habe, der
Verbindungsschlauch dort geleckt habe, dass das Heizöl dort ausgetreten sei
und zudem einen, wenn auch völlig untergeordneten, durch die Feuerwehr rasch
beseitigten Schaden auf der Straße verursacht habe. Der wohl größere Teil
des Heizöls sei auf das Grundstück der Kläger gespritzt. Dies unterscheide
den zu beurteilenden Sachverhalt von zahlreichen oberlandesgerichtlichen
Entscheidungen, bei denen der Ölaustritt aus unterschiedlichen Gründen im
Bereich des Öltanks im Anwesen des Kunden erfolgt sei. Der von den Klägern
geltend gemachte Schaden sei zwar außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums
eingetreten. Letzteres könne für eine Haftung nach dem StVG jedoch nicht
maßgeblich sein, da sie nach einhelliger Ansicht auch dann eingreife, wenn
ein Fahrzeug von der Straße abkomme und dabei ein Haus beschädige. Zudem
bestehe ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 2 Abs. 1 HPflG, denn bei dem
Tankwagen handele es sich um eine Anlage zur Abgabe von Flüssigkeiten.
6 Den Klägern stehe aufgrund der Haftung des Beklagten zu 1 nach den
§ 7 Abs. 1 StVG, § 2 Abs. 1 Satz 1 HPflG auch ein Direktanspruch gegen die
Beklagte zu 2 nach § 3 Nr. 1 PflVG aF zu. In Bezug auf die Haftung nach § 7
Abs. 1 StVG sei der Direktanspruch unproblematisch. Auch wenn der Einsatz
des Tankwagens nicht dem "Betrieb" im Sinne dieser Regelung zugeordnet
würde, würde dies einen Direktanspruch nicht ausschließen, da der "Gebrauch"
eines Kraftfahrzeugs weiter reiche als der "Betrieb". Gebraucht werde ein
Fahrzeug auch dann, wenn es nur als Arbeitsmaschine eingesetzt werde. Die
Zulässigkeit einer Direktklage setze voraus, dass mit ihr ein
Schadensersatzanspruch verfolgt werde, der im Rahmen der
Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung von der Drittbeklagten gedeckt werden
müsse. Zu diesen Ansprüchen gehöre auch der Anspruch aus § 2 Abs. 1 Satz 1
HPflG.
II.
7 Die Revision der Beklagten zu 1 ist unzulässig.
8 Das Berufungsurteil ist der Beklagten zu 1 am 27. Januar 2015 zugestellt
worden. Die Beklagte zu 1 hat mit am 27. Mai 2015 beim Bundesgerichtshof
eingegangenem Schriftsatz beantragt, auf ihre Revision dieses Urteil
aufzuheben, und hat in der Revisionsverhandlung am 8. Dezember 2015 den
Antrag
aus diesem Schriftsatz gestellt. Diese Revision war verspätet, weil die
Monatsfrist des § 548 ZPO überschritten war.
III.
9 Die zulässige Revision der Beklagten zu 2 ist unbegründet.
10 1. Das Berufungsgericht hat zu Recht Schadensersatzansprüche der Kläger
gegen die Beklagte zu 1 aus § 7 Abs. 1 StVG bejaht.
11 a) Voraussetzung des § 7 Abs. 1 StVG ist, dass eines der dort genannten
Rechtsgüter "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges" verletzt bzw. beschädigt
worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats ist
dieses Haftungsmerkmal entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm
weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür,
dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges erlaubterweise eine
Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den
Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist
demgemäß bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeuges entstanden,
wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt
haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das
Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist (vgl.
Senatsurteile vom 5. Juli 1988 - VI ZR 346/87, BGHZ 105, 65, 66 f.; vom 6.
Juni 1989
- VI ZR 241/88, BGHZ 107, 359, 366; vom 31. Januar 2012 - VI ZR 43/11, BGHZ
192, 261 Rn. 17; vom 19. April 1988 - VI ZR 96/87, VersR 1988, 641; vom 3.
Juli 1990 - VI ZR 33/90, VersR 1991, 111, 112; vom 27. November 2007
- VI ZR 210/06, VersR 2008, 656 Rn. 7, und vom 26. Februar 2013 - VI ZR
116/12, VersR 2013, 599 Rn. 15). Für die Zurechnung der Betriebsgefahr
kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen
örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang
oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht (vgl.
Senatsurteile vom 21. Januar 2014 - VI ZR 253/13, BGHZ 199, 377
Rn. 5; vom
11. Juli
1972 - VI ZR 86/71, VersR 1972, 1074; vom 10. Oktober 1972 - VI ZR 104/71,
VersR 1973, 83; vom 10. Februar 2004 - VI ZR 218/03, VersR 2004, 529, 531;
vom 27. November 2007 - VI ZR 210/06, VersR 2008, 656 Rn. 9;
vom 26. Februar
2013 - VI ZR 116/12, VersR 2013, 599 Rn. 15; vom 24. März 2015 - VI ZR
265/14, VersR 2015, 638 Rn. 5).
12 Bei Kraftfahrzeugen mit Arbeitsfunktionen ist es erforderlich, dass ein
Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeuges als eine der
Fortbewegung und dem Transport dienende Maschine (vgl. § 1 Abs. 2 StVG)
besteht. Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entfällt daher, wenn die
Fortbewegungsund Transportfunktion des Kraftfahrzeuges keine Rolle mehr
spielt und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird
(vgl.
Senatsurteile vom 5. Juli 1988 - VI ZR 346/87, BGHZ 105, 65, 67; vom 23. Mai
1978 - VI ZR 150/76, BGHZ 71, 212, 214, und vom 27. Mai 1975 - VI ZR 95/74,
VersR 1975, 945, 946 ; BGH, Urteil vom 13. Dezember 1990 - III ZR 14/90,
BGHZ 113, 164, 165) oder bei Schäden, in denen sich eine Gefahr aus einem
gegenüber der Betriebsgefahr eigenständigen Gefahrenkreis verwirklicht hat
(vgl. Senatsurteil vom 2. Juli 1991 - VI ZR 6/91, BGHZ 115, 84, 87 mwN).
Eine Verbindung mit dem "Betrieb" als Kraftfahrzeug kann jedoch zu bejahen
sein, wenn eine "fahrbare Arbeitsmaschine" gerade während der Fahrt
bestimmungsgemäß Arbeiten verrichtet (vgl. Senatsurteil vom 18. Januar 2005
- VI ZR 115/04, VersR 2005, 566, 567; BGH, Urteil vom 13. Dezember 1990 -
III ZR 14/90, BGHZ 113, 164,
165; vgl. auch OLG Stuttgart, VersR 2003, 1275, 1276; OLG Rostock, DAR 1998,
474, 475).
13 Dieser Gesichtspunkt kann jedoch nicht losgelöst von dem konkreten
Einsatzbereich des Fahrzeuges mit Arbeitsfunktion gesehen werden. Zwar
könnten die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu Schäden beim Füllen von
Heizungstanks (vgl. Senatsurteile vom 23. Mai 1978 - VI ZR 150/76, BGHZ 71,
212; vom 6. Juni 1978 - VI ZR 156/76, VersR 1978, 840; vom 13. Dezember 1994
- VI ZR 283/93, VersR 1995, 427, 428; BGH, Urteil vom 14. Juni 1993 - III ZR
135/92, VersR 1993, 1155) und eines Silos (Senatsurteil vom 27. Mai 1975 -
VI ZR 95/74, VersR 1975, 945 f.), in denen die Zuordnung der
Schadensentstehung zum Betrieb eines Kraftfahrzeuges verneint worden ist,
so
verstanden werden, dass das maßgebliche Kriterium der Differenzierung das
Stehen oder Fahren des Kraftfahrzeuges während der Arbeitsfunktion
darstellt. Dies ist jedoch in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend (vgl.
Senatsurteil vom 24. März 2015 - VI ZR 265/14, VersR 2015, 638 Rn. 13).
Erforderlich ist nämlich stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz
verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich
derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten
werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen,
um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist (st. Rspr.; vgl.
Senatsurteile vom 31. Januar 2012 - VI ZR 43/11, BGHZ 192, 261 Rn. 17;
vom
21. Januar 2014 - VI ZR 253/13, BGHZ 199, 377 Rn. 5; vom 3. Juli 1962 - VI
ZR 184/61, BGHZ 37, 311, 315 ff.; vom 27. Januar 1981 - VI ZR 204/79, BGHZ
79, 259, 262 f.; vom 6. Juni 1989 - VI ZR 241/88, BGHZ 107, 359, 367; vom 3.
Juli 1990 - VI ZR 33/90, VersR 1991, 111, 112; vom 26. April 2005 - VI ZR
168/04, VersR 2005, 992,
993; vom 26. Februar 2013 - VI ZR 116/12, VersR 2013, 599 Rn. 15).
14 Gemessen daran ist eine Verbindung mit dem "Betrieb" des Kraftfahrzeuges
i.S.v. § 7 Abs. 1 StVG beim stehenden Fahrzeug auch dann gegeben, während
das Kraftfahrzeug in innerem Zusammenhang mit seiner Funktion als Verkehrs-
und Transportmittel entladen wird, und zwar auch dann, wenn das
Entladen mit Hilfe einer speziellen Entladevorrichtung des Kraftfahrzeuges
erfolgt. Daher haftet der Halter auch in diesen Fällen für die Gefahr, die
das Kraftfahrzeug beim Entladen in dem in Anspruch genommenen Verkehrsraum
für andere Verkehrsteilnehmer darstellt (Senatsurteil vom 23. Mai 1978 - VI
ZR 150/76, BGHZ 71, 212, 215 f.). Hierhin fällt nicht nur die Gefahr durch
das entladende Kraftfahrzeug als solches, sondern auch diejenige, die von
den Entladevorrichtungen und dem Ladegut ausgeht. So hat etwa der Halter
eines Tanklastzuges für Unfälle einzustehen, die sich bei der Anlieferung
von Öl dadurch ergeben, dass Öl auf die Straße läuft, weil der Schlauch
undicht ist, oder jemand über den Auslassschlauch stolpert (Senatsurteile
vom 23. Mai 1978 - VI ZR 150/76, aaO, 215; vom 5. Juli 1988 - VI ZR 346/87,
BGHZ 105,
65, 67).
15 b) Nach diesen Grundsätzen ist bei der gebotenen Einzelfallbetrachtung
(vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 1975 - VI ZR 95/74, VersR 1975, 945, 946) der
Schaden der Kläger auf den Betrieb des Tankwagens des Beklagten zu 1
zurückzuführen. Dafür genügte es allerdings nicht, dass der Motor des
Kraftfahrzeuges für den Betrieb der Ölpumpe eingesetzt wurde (vgl.
Senatsurteil vom
27. Mai 1975 - VI ZR 95/74, VersR 1975, 945, 946). Im Streitfall ist
vielmehr
maßgeblich, dass der Tankwagen im öffentlichen Verkehrsraum vor dem Haus der
Kläger abgestellt war und eine undichte Stelle in einem Schlauchstück vor
der Schlauchtrommel beim Entladen eine Ölfontäne verursachte, die sowohl zu
einer Ölverschmutzung der öffentlichen Straße als auch zur Beschädigung des
Hausgrundstücks der Kläger führte. Es handelte sich also um Gefahren, die
von einem im Verkehr befindlichen Fahrzeug beim Entladevorgang ausgingen.
Bei diesem Hergang war es allein vom Zufall abhängig, ob nur der
Verkehrsraum, andere Verkehrsteilnehmer oder auch das Hausgrundstück
geschädigt wurden.
16
Soweit die Revision geltend macht, dass dieses Verständnis vom "Betrieb
eines Kraftfahrzeuges" weiter gehe als die 1. KH-Richtlinie (Richtlinie
72/166/EWG des Rates vom 22. April 1972 betreffend die Angleichung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der KraftfahrzeugHaftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden
Versicherungspflicht, ABl. EG L 103 S. 1), dort sei unter der Benutzung von
Kraftfahrzeugen lediglich die als Verkehrsmittel im Straßenverkehr zu
verstehen und nicht der Einsatz bloßer Arbeitsmaschinen, ist festzuhalten,
dass die genannte Richtlinie nicht den Umfang der Haftpflicht im
Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen regelt, sondern den Umfang der
Pflichtversicherung, wenn Haftpflichtansprüche bestehen. Nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sollen die 1., 2. und
3. KH-Richtlinie nicht die Haftpflichtregelungen der Mitgliedstaaten
harmonisieren. Diesen steht es vielmehr nach wie vor frei, die Haftpflicht
für Schäden aus Verkehrsunfällen mit Kraftfahrzeugen selbst zu regeln (EuGH,
Urteil vom 23. Oktober 2012 - C-300/10, Rn. 29 -, Juris - Marques Almeida;
Urteil vom 19. April 2007 - C-356/05, NJW 2007, 269 Rn. 3 - Farrell).
17 Das Berufungsgericht konnte es danach offen lassen, ob eine deliktische
Haftung oder Haftung wegen der Verletzung von vertraglichen Verpflichtungen
seitens des Beklagten zu 1 in Betracht kommt. Auch ob den Klägern auf der
Grundlage einer Gefährdungshaftung gegen den Beklagten zu 1 ein Anspruch aus
§ 2 Abs. 1 HPflG zusteht, wie vom Berufungsgericht angenommen, kann
dahingestellt bleiben.
18 2. Zutreffend hat das Berufungsgericht einen Direktanspruch der Kläger
gegen die Beklagte zu 2, die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung der
Beklagten zu 1, auf der Grundlage von § 3 Nr. 1 PflVG aF i.V.m. § 7 Abs. 1
StVG und dem zwischen den Beklagten abgeschlossenen Vertrag über die
Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung für den streitgegenständlichen
Tankwagen angenommen.
19 Da sich der Schadensfall am 24. August 2006 ereignete, ist für den
Direktanspruch gegen den Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer nicht § 115
VVG, sondern noch § 3 Nr. 1 PflVG aF anwendbar (vgl. Art. 12 Abs. 1, 2, 8, 1
des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23. November
2007, BGBl. I S. 2631; Art. 1 Abs. 2 EGVVG; vgl. auch MünchKomm
VVG/Looschelders, Art. 1 EGVVG Rn. 13; Stiefel/Maier,
Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl., § 115 VVG Rn. 1).
20 Nach § 3 Nr. 1 PflVG aF kann der Dritte im Rahmen der Leistungspflicht
des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis einen Anspruch auf Ersatz
des Schadens auch gegen den Versicherer geltend machen. Die Zulässigkeit
einer Direktklage der Kläger gegen die Beklagte zu 2 setzt mithin voraus,
dass sie einen Schadensersatzanspruch gegen deren Versicherungsnehmerin, die
Beklagte zu 1, geltend machen, der im Rahmen der
Kraftfahrzeughaftpflichtpflichtversicherung von der Beklagten zu 2 gedeckt
werden muss. Die Vorschrift des § 1 PflVG, die hierfür maßgeblich ist,
verpflichtet den Halter eines Kraftfahrzeugs, eine Haftpflichtversicherung
zur Deckung der "durch den Gebrauch des Fahrzeugs" verursachten
Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden abzuschließen
und aufrechtzuerhalten.
21 An das Pflichtversicherungsgesetz knüpfte § 10 Abs. 1 AKB an (vgl. nur §
10 AKB 1988, BAnz. S. 3660; § 10 AKB, Musterbedingungen, Stand Oktober 1996,
in Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl., S. 637 f.; § 10 AKB
i.d.F. vom 12. Mai 2006 in Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3.
Aufl., S. 492 ff.), in dem es heißt, dass die
Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung diejenigen Schäden deckt, die "durch
den Gebrauch des im Vertrag bezeichneten Fahrzeugs" verursacht worden sind
(vgl. Senat, Urteile vom 31. Januar 2012 - VI ZR 43/11, BGHZ 192, 261 Rn. 6;
vom 26. Juni 1979 - VI ZR 122/78, BGHZ 75, 45, 47; Beschluss vom 8. April
2008 - VI ZR 229/07,
SP 2008, 338; BGH, Urteil vom 10. Juli 1980 - IVa ZR 17/80, BGHZ 78, 52, 53
f.). Auch in den AKB 2008 A. 1.1 wird die Freistellung von Schäden
versprochen, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs entstanden sind (vgl. nur
Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. AKB 2008 A. 1.1 Was ist
versichert?). An die Regelung des § 10 AKB hat der Verordnungsgeber (§ 4
Abs. 1 PflVG) angeknüpft, als er in § 2 KfzPflVV als Gegenstand des
Versicherungsschutzes bestimmt hat, dass die Versicherung die Befriedigung
begründeter und die Abwehr unbegründeter Schadensersatzansprüche zu umfassen
hat, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen
Inhalts erhoben werden, wenn durch den Gebrauch des versicherten Fahrzeugs
Schäden eingetreten sind (vgl. Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17.
Aufl., § 2 KfzPflVV Rn. 1). Da § 1 PflVG, der die Versicherungspflicht und
damit den Mindeststandard des zu gewährleisteten
Haftpflichtversicherungsschutzes regelt und an den die Regelung des
Direktanspruchs anknüpft, den Begriff des "Gebrauchs des Kraftfahrzeuges"
unmittelbar nennt, muss diese Norm zur Bestimmung des Mindestschutzes
herangezogen werden, unabhängig davon, ob eine Auslegung der vertraglichen
Regelungen des jeweiligen Haftpflichtversicherungsvertrages möglicherweise
den Wagnisumfang erweitert.
22 Bei der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ist das Interesse
versichert,
das der Versicherte daran hat, durch den Gebrauch des Fahrzeuges nicht mit
Haftpflichtansprüchen belastet zu werden, gleich ob diese auf den §§ 7 ff.
StVG, den §§ 823 ff. BGB oder anderen Haftungsnormen beruhen. Von der
Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung soll die typische, vom Gebrauch des
Fahrzeugs selbst und unmittelbar ausgehende Gefahr gedeckt sein (vgl. BGH,
Urteil vom 27. Oktober 1993 - IV ZR 243/92, VersR 1994, 83, 84). Es kommt
mithin darauf an, ob der Schadensfall zu dem Haftpflichtgefahrenbereich
gehört, für den die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung deckungspflichtig
ist. "Gebraucht" wird ein Kraftfahrzeug auch dann, wenn es nur als
Arbeitsmaschine eingesetzt
wird. Der Entladevorgang gehört danach zu seinem Gebrauch, solange das
Kraftfahrzeug oder seine an und auf ihm befindlichen Verrichtungen dabei
beteiligt sind. Der Schaden, der beim Hantieren mit Ladegut eintritt, ist
dann "durch den Gebrauch" des Kraftfahrzeugs entstanden, wenn es für die
schadensstiftende Verrichtung aktuell, unmittelbar, zeitlich und örtlich
nahe eingesetzt worden ist. Nach diesen Grundsätzen ist das Entladen eines
Tanklastzuges mittels einer auf ihm befindlichen Pumpe dem Gebrauch des
Kraftfahrzeugs zuzuordnen, solange der Druck der Pumpe noch auf das
abzufüllende Öl einwirkt und die Flüssigkeit durch den Schlauch heraustreibt.
Damit wird der Tanklastzug mit seinen speziellen Vorrichtungen unmittelbar
eingesetzt und es verwirklicht sich eine Gefahr, die von dem Fahrzeug selbst
ausgeht (vgl. Senat, Urteil vom 19. September 1989 - VI ZR 301/88, VersR
1989,1187; Beschluss
vom 8. April 2008 - VI ZR 229/07, SP 2008, 338). Der im Streitfall beim
Entladevorgang des Öltankwagens, der sich im öffentlichen Straßenraum
befand, eingetretene Ölschaden ist demnach nicht nur dem Betrieb, sondern
auch dem Gebrauch des Kraftfahrzeuges zuzuordnen.
23 So schließt nach der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und
Literatur der Begriff des Gebrauchs im Sinne von § 1 PflVG den Betrieb des
Kraftfahrzeuges im Sinne von § 7 StVG ein, geht aber noch darüber hinaus
(vgl. nur Senatsurteile vom 31. Januar 2012 - VI ZR 43/11, JR 2013, 140 ff.;
vom 26. Juni 1979 - VI ZR 122/78, BGHZ 75, 45, 48; BGH, Urteile vom 10. Juli
1980 - IVa ZR 17/80, BGHZ 78, 52, 53; vom 23. Februar 1977 - IV ZR 59/76,
VersR 1977, 418, 419; Feyock in Feyock/Jacobsen/Lemor,
Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl., § 1 PflVG Rn. 9; Lampe in Erbs/Kohlhaas,
Strafrechtliche Nebengesetze, § 1 PflVG Rn. 14, Stand September 2015).
24 Diesem Ergebnis steht auch die für den Streitfall noch maßgebliche 1.
KH-Richtlinie nicht entgegen. Zwar diente § 1 PflVG nicht der Umsetzung von
Art. 3 der 1. KH-Richtlinie, der die Pflichtversicherung für die
Kraftfahrzeughaftpflicht regelt, da diese Versicherungspflicht für durch den
Gebrauch des Fahrzeugs verursachte Schäden im nationalen Recht bereits zuvor
bestand (vgl. nur das Gesetz zur Änderung von Vorschriften über die
Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter vom 5. April 1965, BGBl. I S.
123; vgl. auch den historischen Abriss bei Feyock in Feyock/Jacobsen/Lemor,
Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl., Vor § 1 PflVG Rn. 1). Die Umsetzung der 1.
KH-Richtlinie in deutsches Recht erfolgte mit dem Gesetz zur Änderung des
Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge
und Kraftfahrzeuganhänger vom 11. Januar 1974 (BGBl. I S. 43) sowie einer
hierauf gestützten Rechtsverordnung (Verordnung zur Durchführung der
Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 24. April 1972
betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der
entsprechenden Versicherungspflicht vom 8. Mai 1974, BGBl. I S. 1062; vgl.
Lemor in Feyock/Jacobsen/Lemor, aaO, Europa, Rn. 34). Diese ließen jedoch §
1 PflVG ebenso unberührt wie auch die Umsetzungen der nachfolgenden
Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungsrichtlinien.
25 Zu den Umsetzungsvorschriften gehören aber nicht nur solche Vorschriften, die anlässlich der Umsetzung der Richtlinien geschaffen oder geändert
wurden, sondern gleichermaßen solche, die unverändert geblieben sind und von
nun an auch die Richtlinie umsetzen (vgl. Kuhn, EuR 2015, 216 f.). Soweit
sie inhaltlich die Richtlinie umsetzen, sind die nationalen Gerichte
verpflichtet, die Auslegung des nationalen Rechts unter voller Ausschöpfung
des Beurteilungsspielraums, den ihnen das nationale Recht einräumt, soweit
wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit
der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen (vgl. BGH, Urteil vom 26.
November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 19 mwN).
26 Unter welchen Voraussetzungen nach Art. 3 Abs. 1 der 1. KH-Richtlinie
eine Pflichtversicherung für die Haftpflicht bei Fahrzeugen bei gewöhnlichem
Standort im Inland einzurichten ist, hat der Gerichtshof der Europäischen
Union bereits entschieden. In seinem Urteil vom 4. September 2014 (C-162/13,
VersR 2015, 311 Rn. 41 ff. - Vnuk / Zavarovalnica Triglav d.d.) hat er
ausgeführt, dass Art. 3 Abs. 1 der vorgenannten Richtlinie dahin auszulegen
ist, dass der darin enthaltene Begriff der "Benutzung eines Fahrzeuges" jede
Benutzung eines Fahrzeuges umfasst, die dessen gewöhnlicher Funktion
entspricht (vgl. die englische Fassung: "that the concept of ,use of
vehicles' in that article covers any use of a vehicle, that is consistent
with the normal function of that vehicle"; in der französischen Fassung:
"...doit etre interprete en ce sens que releve de la notion de ,circulation
des vehicules' qui y figure toute utilisation d'un vehicule qui est conforme
ä la fonction habituelle de ce vehicule").
27 Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs.
3 AEUV ist aufgrund dieser Klärung nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteile vom
6. Oktober 1982 - C-283/81, Slg. 1982, I-03415 Rn. 16 - CILFIT/Ministero
delle Sanitä; vom 11. September 2008 - C-428/06, Slg. 2008, I-06747 Rn. 42
- UGT-Rioja).
28 Die Subsumtion des konkreten Falles unter diese Voraussetzungen ist Sache
des nationalen Gerichtes (vgl. EuGH, Urteil vom 4. September 2014
- C-162/13, VersR 2015, 311 Rn. 59 - Vnuk / Zavarovalnica Triglav
d.d.), so auch im Streitfall. Die besondere Betonung der Bedeutung des
Schutzes der durch einen Unfall Geschädigten, deren Schaden durch ein
Fahrzeug bei dessen Nutzung verursacht wird, erhellt, dass der Gerichtshof
der Europäischen Union hier von einer weiten Auslegung ausgeht. Deshalb ist
anzunehmen, dass der rechtliche Gehalt des Begriffs "Gebrauch des
Kraftfahrzeuges" des deutschen Rechts in der bisherigen Auslegung durch die
höchstrichterliche Rechtsprechung mit dem des Art. 3 Abs. 1 der 1. KH-Richtlinie in der Auslegung
durch den Gerichtshof der Europäischen Union übereinstimmt. Nicht nur
hinsichtlich der Begriffe "Benutzung" und "Gebrauch", sondern auch im
Abstellen auf den unmittelbaren Einsatz und die von dem Fahrzeug selbst
ausgehenden typischen Gefahren, die als solche nur bei einer Benutzung in
der gewöhnlichen Funktion eintreten können, besteht hier Übereinstimmung. In
jedem Fall gehört ein Entladevorgang bei einem Lastwagen oder sonstigen
Gütertransportfahrzeug wie im Streitfall auch zu der gewöhnlichen Funktion
des Fahrzeuges.
29 Auch wenn man dies anders sehen wollte, wäre hier von einem "Gebrauch" im Sinne von § 1 PflVG auszugehen. Denn der Begriff des "Gebrauchs"
im deutschen Recht würde weiterreichen als die Definition des Gerichtshofs
der Europäischen Union, also weiter als die Richtlinie. Damit gewährte das
deutsche Recht dem Geschädigten weitergehenden Schutz. Dann wäre von einer
überschießenden Umsetzung der Richtlinie auszugehen, die auch bei
unverändert gebliebenen Vorschriften des nationalen Rechts in Betracht kommt
(vgl. Kuhn, EuR 2015, 216 f.). Eine überschießende Umsetzung der Richtlinie
ist hier ausdrücklich gestattet. Darauf weisen schon die Erwägungen der 1.
KH-Richtlinie hin, wonach es geboten ist, in den nationalen
Rechtsvorschriften aller Mitgliedstaaten die Pflicht zur
Haftpflichtversicherung dieser Fahrzeuge mit einer im gesamten Gebiet der
Gemeinschaft gültigen Deckung vorzusehen, die einzelstaatlichen
Rechtsvorschriften aber Abweichungen für bestimmte Personen und Fahrzeuge
vorsehen könnten. Nach Art. 6 Abs. 2 der 5. KH-Richtlinie (Richtlinie
2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 zur
Änderung der Richtlinien 72/166/EWG, 84/5/EWG, 88/357/EWG und 90/232/EWG des
Rates sowie der Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates über die KraftfahrzeugHaftpflichtversicherung, ABl. EU L 149, S. 14),
die in ihrem Art. 4 Nr. 4 den Direktanspruch gegen den Versicherer für
Schäden nach Art. 3 der 1. KH-Richtlinie auf Unfälle in den Wohnsitzmitgliedstaaten der Geschädigten
erweiterte, können die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Vertrag
Bestimmungen beibehalten oder einführen, die für die Geschädigten günstiger
sind als die Bestimmungen, die zur Umsetzung dieser Richtlinie erforderlich
sind (so auch das aktuelle Recht vgl. Art. 28 der sogenannten 6.
KH-Richtlinie, Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung
und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht, ABl. L 263 vom 7.
Oktober 2009, S. 11 bis
31).
30 Soweit von der Revision weiter geltend gemacht wird, dass geschädigte
Grundstückseigentümer von dem Direktanspruch ausgenommen seien, da dieser
sich lediglich auf "Verkehrsunfallopfer" erstrecke, erweist sich das nicht
als durchgreifend. Dies ergibt sich bereits auf der Grundlage der 5.
KH-Richtlinie. In deren Art. 4 Nr. 4 zur Einführung des Direktanspruches ist
nämlich geregelt, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Geschädigte
eines Unfalls, der durch ein im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie
72/166/EWG versichertes Fahrzeug verursacht wurde, einen Direktanspruch
gegen das Versicherungsunternehmen haben, das die Haftpflicht des
Unfallverursachers deckt. In Art. 1 der hierdurch in Bezug genommenen 1.
KH-Richtlinie ist unter Ziff. 2 geregelt, dass Geschädigter jede Person ist,
die ein Recht auf Ersatz eines von einem Kraftfahrzeug verursachten Schadens
hat. Daraus ist eine Beschränkung auf Straßenverkehrsteilnehmer oder
Verkehrsunfallopfer im engen Sinne nicht ableitbar. Auch für diese Frage
gilt im Übrigen, dass nach Art. 6 Abs. 2 der 5. KH-Richtlinie - wie bereits
ausgeführt - die Mitgliedstaaten Bestimmungen beibehalten oder einführen
können, die für den Geschädigten günstiger sind als die
Bestimmungen, die zur Umsetzung der Richtlinie erforderlich sind (vgl. nur
zu Art. 28 Abs. 1 der 6. KH-Richtlinie Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 -
VI ZR 471/12, VersR 2013, 1544 Rn. 10).
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